Minus 1 Million 15 Tausend; minus 872 Tausend; minus 380 Tausend!
Von Karl Weiss
Blankes Entsetzen: Ein Desaster! So muss man die Reaktion der Regierenden in Deutschland auf den Ausgang der Wahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) bezeichnen. Zwar hatten sie sich aufgrund der Umfragen schon vorbereiten können, aber der wirkliche Wahlausgang traf sie dann doch wie ein Schock. Die CDU verlor mehr als ein Viertel ihrer Wählerstimmen von der Landtagswahl im Jahr 2005, das sind etwa 1 Million und 15 Tausend Stimmen weniger.
Die andere Regierungspartei FDP wurde gegenüber ihrem Ergebnis vor kurzem bei der Bundestagswahl (nordrhein-westfälischer Anteil) mit einem Verlust von etwa 872 Tausend Stimmen „abgewatscht“. Sie verlor mehr als 62% ihrer nordrhein-westfälischen Wähler vom vergangenen Jahr!
Die CDU hat gerade einmal etwas mehr als 20% der Wahlberechtigten in NRW auf ihrer Seite, die FDP nur 3,9%! Zusammen kommen beide etwa auf 24% der Wahlberechtigten.
Auch die SPD kam keineswegs zurück, wie sie das so gerne gehabt hätte (und behauptete). Auch sie verlor gegenüber der vorherigen Landtagswahl in NRW, die bereits als SPD-Desaster apostrophiert worden war, noch einmal etwa 380 Tausend Stimmen!
Dabei hatten die beiden Regierungsparteien, die zur Wahl standen, seit den Bundestagswahlen auf jede harte Maßnahme verzichtet, weil sie unbedingt die Landtagswahlen in NRW gewinnen wollten. Die „Zahlstunde“ für den Bürger, die eigentlich schon nach der Bundestagswahl erwartet worden war, kam gar nicht – noch nicht!
Weder wurde die Mehrwertsteuer auf 25% erhöht, wie es bereits angekündigt worden war, noch hat man bisher die Kopfpauschale eingeführt. Die Krankenkassenbeiträge wurden noch nicht (oder nur teilweise) erhöht. Das Rentenalter wurde noch nicht auf 69 heraufgesetzt und die Hartz-IV-Zahlungen wurden bisher noch nicht gekappt. Es wurden noch keine Steuern für Höherverdienende verringert und dafür die Sozialabgaben der wenig Verdienenden heraufgesetzt. Und das waren ja nur einige der „Wohltaten“, die vorgesehen sind. Das „Aufschieben“ der Gelder für die Schulen und Universitäten, das Kappen jener für die Kindertagesstätten, na, Herr Koch hatte die Liebenswürdigkeit uns daran zu erinnern, das kann man auch noch machen.
Man schätzte einfach die Steuereinnahmen nach oben und konnte so die „schweren Geschütze“ bis auf nach den NRW-Wahlen verschieben
Und was tat der NRW-Wähler, dieser undankbare Flegel, diese (mit Verlaub) wilde Sau? Er reagierte, als hätte es all das schon gegeben! Und er konnte doch unmöglich wissen, was man mit ihm vorhatte – oder?
Na, vielleicht hat er etwas geahnt, als er las, alle Atomkraftwerke würden weiterfunktionieren bis zum Sankt Nimmerleinstag. Der deutliche Zuwachs der Grünen spricht Bände.
„Auf jeden Fall, er hat bereits abgestraft, als hätten wir jene Maßnahmen schon durchgedrückt. Was wird er erst machen, wenn die nun wirklich kommen?“ Und da sind wir offenbar am springenden Punkt. Das ist offenbar das Entsetzen, das man auf manchen Politiker-Gesichtern am Wahlabend sah. Man sah die Bilder von massiven Demonstrationen in Griechenland und Portugal, man sah jene aus Irland, man sah den Aufruhr in Thailand. Man musste befürchten, etwas ähnliches konnte sich auch bei uns tun.
Und da liegt man vielleicht gar nicht so weit daneben.
Sie werden so weitermachen. Sie werden nun auf „harten Kurs“ umschalten. Wir müssen gewappnet sein. Sie werden das nicht widerstandslos durchsetzen! Wir müssen kämpfen!
Veröffentlicht am 14. Mai 2010 in der Berliner Umschau
Und die LINKE -ich komme gerade vom Treffen der KPF, in Vorbereitung des Bundesparteitages-
Traurig...
30% hätte sie in NRW haben können, wenn sie sich die systemische Krise zur Brust genommen hätte.
Hätte.
Neuauflage "Grüne"?
du bist ja offensichtlich ein Insider, könntest du uns kurz erklären, was denn SL in der "Linken" bedeutet, und was KPF und was "Realo-Flügel"?
Vielleicht hilft es bei der ganzen Sache, die Grabenkämpfe in der Partei "Die Grünen" zu studieren, denn es scheint so, als würde in der "Linken" fast das gleiche, nur mit zwei Jahrzehnten Zeitverzug, ablaufen. Erzähle uns doch ein bisschen von dem, was du da mitbekommst.
Karl Weiss