Wahnsinnig geworden
Von Karl Weiss
Wie zu Zeiten des tiefsten kalten Krieges hetzt der Kommentator Denkler der „Süddeutschen“ gegen Linke. Er schreibt über sie und titelt „Die Spitze des Wahnsinns“. Er, der immer wieder Positionen des Neoliberalismus verfochten hat, welcher die Krise ausgelöst hat, ist nicht bereit dazuzulernen. Nein, alles richtig gemacht! Wir müssen uns auf die Linken einschießen!
Er macht sich dabei nicht auch nur ein wenig die Mühe, auch nur ein einziges Argument zu bringen, z.B. der Kapitalismus sei doch so schön, denn die Banker würden mit den Hunderten von Milliarden, die immer wieder aus den einfachen Leuten herausgepresst werden, doch so hübsch fett werden.
Nein, es braucht nicht argumentiert zu werden. Man benutzt einfach den „Verfassungsschutz“. Und der weiß, wie alle, die nie über die Fünfziger Jahre hinausgekommen sind, das Böse ist immer der Kommunismus, den man „Linksextremismus“ nennt. Der Feind steht immer links. Das sind doch diese fiesen Gesellen, die den Bankern diese Hunderte von Milliarden nicht gönnen! Die müssen verfolgt werden! Wie gut, dass wir einen „Verfassungsschutz“ haben, nicht wahr?
Und diese Gauner, diese Linksextremen, die vergleichen auch noch unsere tapferen Kämpfer vom Verfassungsschutz mit den Leuten von der Stasi! Ist das nicht die Höhe?
Da muss man dann schon mal den dicken Hammer herausholen. Denkler schreibt allen Ernstes „Die Spitze des Wahnsinns“, wenn er von den neuen Linken-Abgeordneten in Nordrhein-Westfalen spricht. Jawohl, die müssen ins Irrenhaus, denn die sind nicht nur wahnsinnig, sondern die Spitze des Wahnsinns!. Die könnten ja glatt fordern, beim Nächsten mal keine Hunderte von Milliarden Euro mehr an die Banker zu geben! Das stelle man sich nur mal vor! Die wären zu so etwas fähig! Alles Wahnsinnige! Ins Irrenhaus einliefern!
Dabei werden die vom „Verfassungsschutz“ überwacht! Das ist doch Beweis genug, dass es Bösewichte sind, oder etwa nicht? Die kleine Nebensächlichkeit , dass der „Verfassungsschutz“ im wesentlichen aus NPDlern besteht bzw. die NPD im wesentlichen aus Verfassungsschützern, wollen wir mal einfach nicht erwähnen, nicht wahr? Da könnte ja jemand auf den Gedanken kommen, die hätten was mit Rechtsextremismus am Hut.
Dass es in Wirklichkeit Wahnsinn ist, Hunderte von Milliarden in den Finanzmarkt zu stecken, wo er als fetter Profit bei Banken und anderen Monopolkonzernen auftaucht, das sieht Denkler natürlich nicht so. Das ist nicht Wahnsinn, denn das ist Kapitalismus und Kapitalismus ist ja an sich gut, wie wir alle wissen, nicht wahr?
Und die sind auch dagegen, unsere Soldaten in Afghanistan zu verheizen und Massaker unter Zivilisten anstellen zu lassen! Ist das nicht empörend? Dabei weiß doch jeder, wir sind in Afghanistan, um die Rechte der Frauen zu schützen! Na, das sind eben Wahnsinnige!
Und die sind auch noch gegen Hartz IV! Wo das doch die Profite so wunderbar hat in die Höhe gehen lassen! Wie kann man da dagegen sein? Na, sind eben Wahnsinnige!
Und nun kommt das Wichtigste: Bei einem von ihnen soll noch vor kurzem die Büste eines Russen auf dem Klavier gestanden haben, von dem er glaubte, er sei Musiker. Der war aber nicht Musiker, sondern ein Kommunist, der, wie ja alle wissen, jeden Morgen zum Frühstück mindestens ein Kind verspeist hat, wie das alle Kommunisten tun.
Seht euch dagegen unsere Banker an, die verspeisen nur unser Geld, keine Kinder!
Und da wir gerade von Russen reden, Herr Denkler, die Idee, politische Gegner solle man für verrückt erklären und ins Irrenhaus sperren lassen, die haben Sie von Chruschtschow und Breschnew, die ist nicht auf Ihrem Mist gewachsen.
Das ist die „Süddeutsche“, die sich selbst als „Qualitätsjournalismus“ betitelt.
Veröffentlicht am 17. Mai 2010 in der Berliner Umschau
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