Samstag, 1. September 2007

Absurde Logik, um haarsträubende Gesetze zu rechtfertigen

Angeblich führt Konsum von Kinderporno zu Kindsmissbrauch


Von Karl Weiss


Was würden Sie sagen, wenn Ihnen als Journalist eine Nachrichtenagentur den folgenden Text auf den Tisch wehen lassen würde: „Nach einer Untersuchung von Wissenschaftlern in den USA haben fast 80% der verurteilten Mörder in den US-Gefängnissen als Babys Muttermilch genossen. „Es gibt offensichtlich einen Zusammenhang von Ernährung durch Muttermilch und Tendenz zum Morden“ wird einer von ihnen zitiert. Trotzdem wollten die Wissenschaftler nicht generell vom Stillen abraten.“

Nun verehrter Leser, Sie haben natürlich die Falle gemerkt: Die Tatsache, dass zwei Ereignisse im Leben eines Menschen nacheinander passieren, gibt noch keinerlei Hinweis auf eine Ursächlichkeit, nach dem Motto, das vorher stattgefundene Ereignis sei ursächlich für das darauffolgende.

Genauso wenig kann man etwa sagen, weil man bei Gefängnisinsassen festgestellt habe, sie hätten oft mit kleinen Diebstählen angefangen, sei der Umkehrschluss erlaubt, alle, die in jungen Jahren kleine Diebstähle begehen, seinen unausweichlich zu einer kriminellen Karriere verurteilt.

Ein ähnlicher Trugschluss wird oft verwendet, wenn man das Verbot von Marihuana rechtfertigen will. Dies sei angeblich eine „Einstiegsdroge“, weil sehr viele der Konsumenten harter Drogen vorher Marihuana geraucht hätten.

Selbstverständlich müsste man, wollte man so etwas beweisen, den umgekehrten Weg gehen. Man müsste eine wesentliche Zahl der Marihuana-Konsumenten erfassen und dann feststellen, wie viele von ihnen später harte Drogen verwenden. Wäre dies ein über eine kleine Prozentzahl hinausgehende Zahl, gäbe es einen ersten Anhaltspunkt, das Konzept der „Einstiegsdroge“ könnte tatsächlich existieren. Allerdings hat aus naheliegenden Gründen niemand bisher eine solche Studie angestellt.

Nun hat aber die sonst eher sehr sorgfältige österreichische Nachrichtenagentur ‚pressetext’ genau einen solchen Fehlschluss zu einer Meldung gemacht:

Es wird von einer Untersuchung bei 155 US-Gefängnisinsassen berichtet, die wegen sexueller Delikte im Zusammenhang mit Kindern verurteilt wurden und die sich einem Rehabilitierungsprogramm für Pädophile freiwillig gestellt hatten. Ein Teil von ihnen war eben wegen Kinderpornos verurteilt, ein anderer Teil wegen aktiven sexuellen Übergriffen auf Kinder. Auf jeden Fall stellen sie aber eine Auswahl aus allen wegen sexuellen Übergriffen auf Kinder Verurteilten dar, denn sie haben sich ja für das Rehab-Programm gemeldet, waren also für sich selbst überzeugt, Hilfe zu brauchen.

Ein grosser Teil von ihnen hatte Kinderpornos konsumiert (etwa 80%). Daraus schliessen nun die unsäglichen Wissenschaftler (jedenfalls nach Aussage von ‚pressetext’): „Männer, die Kinderpornografie konsumieren, haben mit großer Wahrscheinlichkeit auch Kinder sexuell missbraucht.“

Dass ein solcher Rückschluss selbstverständlich nicht zulässig ist, hat bereits dazu geführt, dass die Untersuchung nicht von der wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht wurde, zu der man sie eingereicht hatte.

Das hat aber die Psychologin, die ‚pressetext’ hierzu befragte, nicht beeindruckt. Sie bestätigt vielmehr den Trugschluss: „Jeder Sexualstraftäter, mit dem ich je zu tun hatte, hatte auch Pornografie konsumiert.“

Dass dies nun schon auf Pornographie allgemein ausgeweitet wurde, lässt aber nun wirklich alle Alarmglocken schrillen.

Denn da sind wir natürlich nicht mehr weit davon entfernt, das Verbot jeglicher Pornographie zu fordern, denn das sei eben immer nur der erste Schritt zum Kinderschänder.

Aber selbst wenn man das nur auf Kinderpornographie einschränkt (die ja bereits vollständig verboten ist), kann die Folgerichtigkeit, Konsum führe (fast) immer zur aktiven Tat, eben nach allen Erfahrungen keineswegs bestätigt werden.

Liest man dazu wissenschaftliche Untersuchungen, so sieht das Bild ganz anders aus. Hier ein Auszug aus der deutschen Wikipedia:

„Besitzer von Kinderpornografie müssen nicht in jedem Fall pädophil sein; sie können sich das Material auch wegen des "Reizes des Verbotenen" verschafft haben. Oft wird in Ermittlungsverfahren zusätzlich Pornographie unterschiedlichster Art sichergestellt. Vor der Verbreitung über das Internet Ende der 1980er lag der Anteil nicht-pädophiler Konsumenten (sogenannte "Neugierkäufer") bei schätzungsweise 5-15% .“

Auf der gleichen Site kann man auch nachlesen: Die überwiegende Zahl von Konsumenten von „Kinderporno“, das Personen zwischen 14 und 18 Jahren abbildet, haben überhaupt kein spezielles Interesse an Sex mit Kindern, das „Kinderporno“ ist innerhalb anderer Pornotypen nur eine verschiedene Art der ‚reizenden Abbildung’. Wirkliche Pädophile sind ausschliesslich an Kindern interessiert, die noch nicht in die Pubertät eingetreten sind, also in der Regel mit 10 oder weniger Jahren.

Hier spielt eine entscheidende Rolle, dass man heute als Kinderporno auch die Abbildung von Jugendlichen definiert und damit aus dem eigentlichen Zusammenhang völlig ausschert. Kinderporno war bisher auf Personen bis zu 14 Jahren beschränkt. Nun wird alles bis 18 Jahren als Kinderporno definiert und damit ein wesentlicher Teil der schon sexuell aktiven Bevölkerung erfasst.

Diese ganze Diskussion hat deshalb eben auch einen extrem ernsten Hintergrund: Ausgehend von den USA und den extremistisch-christlichen Fanatikern dort wird in Europa im Moment eine Welle von Verschärfungen des Sexualstrafrechts durchgeführt, bei der plötzlich alle bis zu 18 zu „Kindern“ werden und jeglicher Sex mit ihnen zur Straftat erklärt wird, auch der von einem Eheman mit seiner 16-jährigen Ehefrau (das Heiratsalter von Mädchen) – er vergewaltigt nämlich angeblich ein „Kind“, denn ein solches ist noch nicht fähig zu beurteilen, was da von ihm verlangt wird und kann daher keine gültige Zustimmung geben.

Im Zuge dieser neuen Sexualstrafrechts-Welle (in Deutschland ist ein absurdes Gesetz mit dieser Tendenz - allerdings ohne die neue Mindeststrafe - bereits bei der Beratung der Bundestagsausschüsse) soll auch die bisher noch relativ mässige Bestrafung des reinen Konsums von Kinderporno massiv verschärft werden. Aus einem Delikt von der Klasse der Sachbeschädigung (2 Jahre Gefängnis Höchststrafe) soll ein Delikt mit 4 Jahren Mindesttrafe werden, etwa so wie ein bewaffneter Raubüberfall, wird der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission verwirklicht.

Da sind natürlich solche absurden Notizen in der Presse extrem willkommen, um dann diese haarsträubende Gesetzgebung damit zu rechtfertigen.

In den folgenden drei Artikeln wird die Tendenz der neuen Gesetzgebung aufgedeckt:

Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1

Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger“:

und

Sex?? – Gefängnis!!”

Donnerstag, 30. August 2007

Was VW alles kann - wenn man will

Das neue Auto von Werner F.

Von Karl Weiss


Interview mit Werner F., Belo Horizonte, Brasilien, über sein neues Auto. Werner F. ist ein Deutscher, der schon länger in Brasilien lebt. Für den deutschen Auto-Konsumenten dürfte interessant sein, was VW alles so kann – wenn man nur wollte – und was man dem deutschen Autokäufer vorenthält.

K.W.: Hallo Werner, danke, dass du dich bereit erklärt hast, ein Interview über dein neues Auto zu geben. Du hast dich also entschieden, einen VW Gol in der einfachen Grundausstattung zu kaufen. Was war ausschlaggebend für die Wahl? Dass es ein deutscher Hersteller ist?



W.F.: Nein, ich bin kein Nationalist. Ich habe mich aus rein sachlichen Gründen für dies Auto entschieden. Ich habe hier in Brasilien auch schon Fiat gefahren, hatte einen Peugeot und auch schon einmal ein Fahrzeug von GM.

Nein, meine Gründe waren ganz sachlich. Zum einen musste ich mir ein möglichst billiges Auto kaufen, denn ich hatte keinen Altwagen zum In-Zahlung-geben, musste also den vollen Preis einkalkulieren da bleibt nicht viel Auswahl, wenn man nicht mit viel Geld bestückt ist.

Es hätte noch zwei geringfügig billigere Autos gegeben in Brasilien, den Ford Ka und den Fiat Uno. Aber über den Ford habe ich viele Dinge bezüglich Unzuverlässigkeit gehört und der Fiat Uno ist nun wirklich ein überholtes Konzept und er wird wohl auch nicht mehr lange auf dem Markt sein, dann verliert man unheimlich an Wiederverkaufswert.

Gleich teuer wie der Gol wäre der GM Celta gewesen, aber der ist noch kleiner als der Gol, der sowieso schon ein kleines Auto ist. Da ich eine vierköpfige Familie habe, war da also der relativ etwas größere im Vorteil. Zu einem ähnlichen Preis wie den Gol hätte es noch den Fiat Palio in der 1-Liter-Version gegeben, aber der war zum einen 1000 Reais (etwa 370 Euro) teurer und bot auch keine so billige Finanzierung. Das gleiche gilt für den Renault Clio in der Grundausstattung. Die nächstmöglichen Autos sind dann gleich 3000 Reais (etwa 1100 Euro) teurer oder mehr, zum Beispiel der GM Corsa, der Peugeot 206, der eben erschienene Renault Logan oder eben auch von VW der Fox, alle in der 1-Lier-Version und erst recht alle diese Autos mit größeren Motoren, also mit 1,4-Litern Hubraum oder 1,6 Liter Hubraum.



K.W.: Du hast dich also für einen 1,0-Liter-Motor entschieden. So etwas gibt es in Europa nur für Motorräder. Ist das nicht eine Untermotorisierung?

W.F.: Ja, eigentlich schon. Als die brasilianische Regierung im Jahr 1994 den Absatz von Autos ankurbeln wollte, beschloss man eine geringere Steuer für Autos mit einem 1-Liter-Motor. Daher sind die seitdem deutlich billiger und daher auch bei weitem die meistverkauften. Wenn man vier Leute im Auto hat und eine der steilen Strassen hier in der Stadt hinauf muss, dann hilft nichts als Hinunterschalten in den ersten Gang. Der Gol ist aber ziemlich leicht gebaut (zum Beispiel im Vergleich zum Renault Clio) und er hat auch die höchste Leistung im Vergleich der Acht-Ventiler. Das war auch einer der Gründe, sich für ihn zu entscheiden.

K.W.: Es gibt also auch 16-Ventiler in einem 1-Liter-Motor?

W.F.: Ja. VW hat seinen 16-Ventil-Motor vom Markt genommen. Ich habe gehört, man habe Schwierigkeiten wegen der Wärmeabfuhr gehabt. Aber es gibt bei den anderen weiterhin 1-Liter-16-Ventiler: Bei GM, bei Fiat, bei Ford, bei Peugeot und bei Renault, das sind jene, die 1-Liter-Motoren anbieten. Mir scheint aber der Aufpreis zu hoch für die relativ geringe Mehrleistung – und da ist eben das Problem mit der Wärmeabfuhr. Da fahre ich den Wagen lieber mit Alkohol, da habe ich dann auch mehr Leistung.



K.W.: Dein Gol ist also ein Flex-Fuel-Fahrzeug?

W.F.: Ja, er kann Benzin und Alkohol in jedem Mischungsverhältnis vertragen, auch reinen Alkohol. Reines Benzin gibt es ja in Brasilien sowieso nicht mehr. VW baut in Brasilien jetzt alle Fahrzeuge in der Flex-Fuel-Ausführung, lediglich der Fox für Europa wird noch in der reinen Benzin-Form gebaut.

K.W.: Hätte VW in Europa nicht einen Wettbewerbsvorteil, wenn man einen Fox mit Flex-Fuel-Motor anbieten würde?

W. F.: Ja sicherlich! Man will das wohl nicht aus ideologischen Gründen. Alle Autohersteller (ausser Ford) haben sich darauf eingeschworen, keinen Bio-Sprit zu fördern, da will VW wohl nicht aussscheren.

K.W.: Aber warum? Was haben die Autohersteller davon, wenn die Einführung von Bio-Sprit hinausgezögert wird?

W.F.: Ja , ich vermute, die sind eng verbunden mit den Ölkonzernen, die ihren Hauptprofit aus Benzin und Diesel ziehen. Da will man nicht dazwischenfunken.



K.W.: Sie sind also anderen Konzernen mehr verbunden als ihren Kunden? Wenn man Alkohol tanken kann, kann man doch den ständig steigenden Benzin-Preisen entwischen?

W.F.: Ja, das ist schon verwunderlich, wie wenig die Autokonzerne sich um die Interessen ihrer Kunden kümmern.

K.W.: Zum Glück haben wir hier in Brasilien ja schon seit Jahrzehnten Alkohol als Kraftstoff. Wie ist denn jetzt der Preivergleich?

W.F.: Im Moment tanke ich Benzin für meinen Dienstwagen mit 2,30 Reais [etwa 85 Euro-Cents]. Den ersten Alkohol für den Gol habe ich für 1,30 [etwa 48 Cents] bekommen, das sind also etwa 55 % des Benzinpreises. Man rechnet üblicherweise, mit Benzin braucht man 70% des Alkohols, also liegt man deutlich billiger.

K.W.: Das Auto verbraucht also mehr mit Alkohol?

Treibstoffpreise Brasilien
Dies Foto wurde etwa zur Zeit des Interviews an einer brasilianischen Tankstelle gemacht. Der hier angezeigte Benzinpreis ("gasolina") von 2,23 entspricht etwa 86 Euro-Cents, der Alkohol-Preis ("álcool") von 1,35 etwa 52 Euro-Cent.

W.F.: Ja, aber es ist auch deutlich sportlicher mit Alkohol. Mit meinem Gol mit Alkohol kann ich glatt vergessen, dass er nur einen 1-Liter-Motor hat.

K.W.: Wenn man ihn aber zurückhaltend fährt und das Plus an Leistung von Alkohol nicht ausnützt, hat er dann auch noch einen Mehrverbrauch?

W.F.: Theoretisch verschwindet dann der Mehrverbrauch bzw. wird so gering, dass man es praktisch nicht messen kann. Aber nur die wenigsten bringen es fertig, die Mehrleistung nicht auszunützen, speziell in diesem Fall, wenn man sowieso einen schwachen Motor hat.



K.W.: Was hat ein Flex-Fuel-Fahrzeug, was ein normaler Benzinsäufer nicht hat?

W.F.:Ja, zunächst eine Sonde im Tank, die misst, wieviel Alkohol und wieviel Benzin im Gemisch ist. Dann haben die Ventile und Ventilsitze eine zusätzliche Härtung, weil das Fahrzeug mit Alkohol sportlicher ist. Diese Härtung ist allerdings bei Autos in Europa sowieso üblich, sie wird zum Beispiel auch beim Fox angewandt, der nach Europa geht. Die Einspritzung ist von Bosch in Brasilien entwickelt worden, sie arbeitet unterschiedlich, je nachdem wie das Mischungsverhältnis zwischen Benzin und Alkohol ist. Als letzten Unterschied gibt es neben dem Wassertank für das Scheibenwischerwasser noch einen kleinen Plastiktank unter der Motorhaube, in den man 1 Liter Benzin einfüllt und von Zeit zu Zeit nachfüllt, weil der Alkohol Schwierigkeiten beim Kaltstart macht und daher für den Start hochprozentiges Benzin gebraucht wird.

K.W.: Und was hat das Auto jetzt gekostet? – Das ist die zweitürige Ausführung, ja?

W.F: Ja, genau gesagt dreitürig. Ich habe ein kleines Ausstattungspaket für 480 Reais (etwa 180 Euro) dazu gekauft, zusammen mit ihm kam es fast genau auf 25 000 Reais (etwa 9260 Euro) für das Modell Jahrgang 2008. Was dabei für mich ausschlaggebend war: Es wurde eine Vollfinanzierung angeboten, die mit 0,99% Zinsen pro Monat läuft und mit 60 Monatsraten.

K.W.: Sind das nicht fast 13% Zins pro Jahr – und dann auf 5 Jahre?

W.F.: Ja , das ist unser Problem in einem Entwicklungsland. Die Zinsen für jede Art von Krediten sind weit höher als in entwickelten Ländern. Während in Deutschland 2,5% Jahreszinsen bei Finanzierungen von Neuwagen angeboten werden – manchmal sogar weniger -, zahlt man hier im Bereich von 20 bis 40% Zinsen pro Jahr – und das sind schon Sonderangebote, die man nur bei Neuwagenkäufen bekommt. Normale Kredite zahlen um die 50% Zinsen pro Jahr und mehr.

Insofern waren weniger als 13% pro Jahr schon ein „Schnäppchen“. Auf diese Weise – und zusammen mit der 5-jährigen Laufzeit – konnte ich auf eine Monatsbelastung kommen, die mir noch Luft zum Atmen lässt bei meinem Einkommen.

K.W.: Wieviel zahlst du monatlich?

W.F.: Das sind fast genau 620 Reais (etwa 230 Euro) pro Monat.

K.W.: Lass mich mal rechnen - damit wirst du also am Ende etwa 37 000 Reais gezahlt haben, das sind fast genau 50% mehr als der Preis auf dem Etikett?!

W.F.: Ja, das ist hart. Aber es wird etwas abgemildert, weil hier die Autos nicht so schnell an Wert verlieren wie in Deutschland. Hier gibt es ja nicht Schnee und Glatteis auf den Strassen, die mit Salz bekämpft werden müssen. Mit zehn Jahren z.B. ist ein Auto in Deutschland nur noch einen Bruchteil seines Neupreises wert, wohl weniger als ein Viertel -, während hier nach zehn Jahren so ein Auto noch etwa die Hälfte des Kaufpreises oder mehr bringt beim Weiterverkauf oder beim "In-Zahlung-geben"".

K.W.:Und nun zur Ausstattung. Du sagtest, du hast ein Ausstattungspaket gekauft. Was beinhaltet das?

W.F.: Das war das kleinstmögliche Paket. Ansonsten ist er völlig Grundausstattung. Das Paket habe ich hauptsächlich gekauft, weil es 14-Zoll-Räder beinhaltet. Ich habe die Autos mit 13-Zoll-Rädern nicht so gerne. Außerdem hat er ein paar äußerliche Verbesserungen, die seinen Wiederverkaufspreis einmal heben werden, z.B. Stossstangen in der Karosseriefarbe. Darüber hinaus waren da noch der Heckscheibenwischer und die Heckscheibenheizung dabei.

K.W.: Und ansonsten? Hydraulische Lenkhilfe?

W.F.: Nope! Aber der Wagen ist sehr leicht.

K.W.: Wieviel Airbags?

W.F.: Keine!

K.W.: Keinen einzigen? Und „Air condition“ – bei den hiesigen Temperaturen wünschenswert?

W.F.: Nein, keine „Air condition“.

K.W.: Metallic-Lackierung? Scheibenbremsen hinten?

W.F.: Fehlanzeige – und auch bei elektrischen Fensterhebern, elektrischem Schliesssystem und Alarmanlage!

K.W.: Also die purest mögliche Grundausstattung! Aber vier Räder hat er schon?

W.F.: Hahaha! Ja, vier Räder und sogar ein Reserverad!

K.W.: Also, wäre das nicht ein Basis-Auto für den europäischen Markt? Deutlich unter 10 000 Euro, bereits fertig für Alkohol, fährt aber auch mit Benzin! Mit einer guten Finanzierung könnte es zu Monatsraten von wenig mehr als 150 Euro auf den Markt gebracht werden. Angesichts der allgemeinen Verarmung sicherlich eine Alternative – und mit Qualität VW!

W.F.: Ja, habe ich mir auch schon überlegt. VW könnte sich gut im unteren Marktsegment installieren mit so einem Auto, auch wenn es für europäische Verhältnisse natürlich spartanisch ist. Aber wird der Transport nach Europa nicht den niedrigen Preis verderben?

K.W.: Beim Transport in ganzen Schiffsladungen ist der Kostenanteil pro Auto minimal. VW hat da ja ausführlich Erfahrungen aus den Zeiten, als man täglich Schiffe mit Käfern nach USA geschickt hatte. - Aber wahrscheinlich müsste man wirklich einige kleine Verbesserungen anbringen für Europa, aber der Preis enthält ja bereits eine gute Marge und die Tendenz des steigenden Euro gegen den Real würde zusätzliche Gewinne bringen – ohne dass man etwas dazu tun müsste. Warum VW das wohl nicht tut?

W.F.: Also meine Theorie dazu ist: Zum einen will man nicht der Spielverderber sein, der als erster die Flex-Fuel-Fahrzeuge in grossem Masse in Europa auf den Markt bringt. Aber der Haupgrund dürfte sein: VW ist seit den Zeiten des ersten Golf bemüht, von dem Image des Kleinwagenherstellers wegzukommen. Man will Prestige und man will teurere Wagen verkaufen. Denn es gilt weiterhin: Kleines Auto – kleine Gewinne – grosses Auto - grosse Gewinne.

Obwohl man sich ja mit der Nobelmarke Audi bereits eine Tochter hierfür zugelegt hat, versucht man doch auch die Hauptmarke auf ein höheres Marktniveau zu bringen. Man will „Passat“ verkaufen – und man sehe sich nur das Abenteuer mit dem „Phaeton“ an! Da scheint ein Auto unterhalb des Fox- und Polo-Levels kontraproduktiv.

K.W.: ...und überlässt so den Kleinwagenmarkt der Fiat und nun auch Renault.

W.F.: Ja, übrigens Renault: Eine Woche bevor ich endgültig den Gol gekauft habe, wurde der Logan von Renault in Brasilien vorgestellt. Er wurde hier etwas oberhalb vom 1-Liter-Clio im Preis angesiedelt und ist in der 1-Liter-Auführung mit kleinerer Karrosserie erhältlich und mit dem 1,6-Liter-Motor in einer grösseren Karosserie. Für mich war das also keine Alternative, denn ich brauchte einen niedrigen Preis. Ausserdem hatte Renault keine so günstigen Finanzierungen.

K.W.: Ist die Idee mit dem Image des Herstellers von teuren Autos nicht etwas verbogen, wenn man Volkswagen heisst und mit dem Käfer berühmt wurde?

W.F.: Ja, das ist kurios. Dabei hatte man ja extra eine Nobelmarke mit einem anderen Namen geschaffen, aber Audi scheint wohl eher ein Stiefkind zu sein als die Nobel-Tochter von VW.

K.W.: Nach den letzten Meldungen ist der Inlandsabsatz von VW deutlich eingebrochen in diesem Jahr. Das wäre eigentlich der richtige Moment einen Kleinwagen auf den Markt zu bringen. Die Leute haben nicht mehr soviel Geld in Deutschland.

W.F.: Nun, das ist nicht die erste Fehlentscheidung von VW und wird wohl nicht die letzte bleiben. Man sehe sich nur an, wie die mit der Aufklärung der Bestechung des Betriebsrates mit Prostituierten-Reisen herumeiern, statt endlich reinen Tisch zu machen.

K.W.: Ja, schlecht geführte Konzerne scheinen eine deutsche Spezialität zu sein.

W.F.: Nur die Gehälter und Zulagen für die Konzernchefs, die sind nicht von schlechten Eltern!

– Danke für das Interview!


Veröffentlicht am 30. August 2007 in der Berliner Umschau


Originalartikel

Samstag, 25. August 2007

Merkel sitzt Probleme aus

Die Meseberg-Tagung

Von Karl Weiss

Das Bundeskabinett traf sich in Meseberg, um Pläne für die zweite Hälfte der Legislaturperiode zu machen. Die Ergebnisse sind praktisch gleich null, wie schon beim G8-Gipfel in Heiligendamm. Das einzige, was noch Konsens ist, sei es unter den Vertretern der Weltmächte, sei es unter den Koalitionären, ist „Weiter wie gehabt“. Bei Kohl nannte man das „Aussitzen“ (und spielte auf sein zweifellos großes Hinterteil an), mit Rücksicht auf die Dame Merkel wird dies Wort für die Ergebnislosigkeit solcher Treffen bisher noch nicht gebraucht.

Meseberg-Tagung Bundesregierung
Angesichts der "Ergebnisse" fragt sich wiklich, über wen die lachen.

Weder wurde ein Anheben der Hartz-IV-Hungerhilfe beschlossen noch irgendwelche Maßnahmen gegen die Verarmung, die Kinderarmut oder die steigende Altersarmut.
Volles ALG 2 für Kinder: Fehlanzeige! Mindestlohn: Fehlanzeige!

Am weitesten klafft Schönsprech und Wirklichkeit beim Klimaschutz auseinander: Es wird lauthals von „Klimapakt“ gesprochen und erneut, wie schon seit 17 Jahren, ein Ziel der Verminderung des Kohlendioxids angegeben, diesmal um 36% gegen 1990 bis 2020, ohne zu erklären, warum alle diese Ziele, z.B. das bis 2005 angekündigte, bei weitem verfehlt wurden. Das Referenzjahr 1990 ist ein alter Schwindel, weil damit die geschlossenen Fabriken und Kraftwerke der damaligen DDR als „Klimaschutzmassnahme“ gezählt werden.

Schmelzendes Eis

Was konkret zum Klimaschutz beschlossen wurde, wird kaum einige Prozente Verringerung bringen. Vor allem aber: Die Kosten sollen auf die Verbraucher, auf die Mieter und die Autofahrer (Besteuerung nach Kohlendioxid-Ausstoß) abgeschoben werden. Die großen Konzerne dagegen, seien es die Energiekonzerne, die Ölkonzerne oder die Autokonzerne, die ja dem kleinen Mann gar nichts anderes übrig lassen, als deren Produkte zu verwenden, sind die eigentlichen Täter des steigenden Kohlendioxid-Ausstoßes. Sie werden aber nicht zur Verantwortung gezogen und brauchen nicht einen Cent beizusteuern, um die Klimakatastrophe abzuwehren.

Es bleibt völlig offen, warum die leicht durchzuführenden Maßnahmen nicht beschlossen wurden. Nur wenn es in Wirklichkeit darum geht, den Konzernen mehr Profite zuzuschanzen und der Klimaschutz in Wahrheit diese Regierung einen Dreck schert, lassen sich diese Beschlüsse (Nicht-Beschlüsse) erklären.
  • Sofortiger Stop des Baus neuer Kohlekraftwerke? Fehlanzeige!
  • Steuerbefreiung für Bio-Sprit wie Alkohol und Biodiesel? Fehlanzeige!
  • Verpflichtung der Ölkonzerne, Alkohol und Biodiesel an den Tankstellen bereit zu stellen? Fehlanzeige!
  • Grosszügige Förderprogramme für Blockheizkraftwerke auf der Basis von Bio-Gas /Pflanzen- und Tierabfällen? Fehlanzeige!
  • Grosszügige Programme der Förderung von Wärmedämmung von Altbauten? Fehlanzeige! Stattdessen sollen auch hier neue Strafen eingeführt werden.
  • Verpflichtung der Energiekonzerne, lokal erzeugten Strom zu akzeptablen Preisen ins Netz einzuspeisen? Fehlanzeige!
  • Schliessen der klima- und umweltschädlichen Müllverbrennungsanlagen und Übergang zum völligen Kreislauf der Stoffe? Fehlanzeige!
  • Sofortiger Stop des Handels mit Verschmutzungsrechten, der nur zu einer Verewigung des Kohlendioxid-Ausstoßes führt? Fehlanzeige!
  • Sofortiger Beginn von internationalen Programmen zur Energierzeugung durch Sonnenenergie/Photovoltaik in den Wüsten der Welt? Fehlanzeige!
  • Sofortiger Beginn der Errichtung eines internationalen Netzwerks von Gleichstom-Hochspannungsleitungen, um die Energieerzeugungszentren in den Wüsten mit den Verbrauchszentren zu verbinden? Fehlanzeige!
Synthesis Hochspannungsleitungen-Verbund
Dies ist der weltweite Verbund von Hochspannungsleitungen, den das Projekt Synthesis zum Verbund zwischen den Photovoltaik-Paneelen in den Wüsten und den Verbrauchszentren vorschlägt.

Selbst Wolfgang Roth in der „Süddeutschen“, der diesen Politikern traditionell extrem wohlgesinnt ist, musste das Klimaschutzprogramm in seinem Kommentar vom 22. August als „lauwarm“ bezeichnen.

Großes Getue auch um einige Öffnungen für ausländische Arbeitnehmer mit hoher Qualifikation, die bestenfalls soviel Effekt haben werden wie die damalige Schrödersche Öffnung für eine Anzahl indischer Computer-Fachleute, die heute praktisch alle bereits enttäuscht der Bundesrepublik den Rücken gekehrt haben.

Was eigentlich notwendig gewesen wäre, den deutschen vertrottelten Managern klarzumachen, dass hoch Qualifizierte auch mit mehr als 40 oder 50 Jahren noch Höchstleistungen erbringen, wenn man ihnen die bezahlte Möglichkeit zur Weiterbildung gibt, wird nicht einmal versucht. Die „jungen, dynamischen Teams“, die allenthalben vergöttert werden und dann die Projekte an die Wand fahren, weil Erfahrung fehlt, sind nun wirklich zur Genüge bekannt. Siehe die Fälle "pendolino", "Toll-System"-Maut, Trans-Rapid-Unfall und -Pannen, "Zwischenfälle" in Atomkraftwerken und jahrelange Verzögerung des Super-Airbus.

So ist es denn auch keine Wunder, was der Kommentator „elvloots“ zum entsprechenden Artikel in der „Süddeutschen“ schreibt:

„Einerseits:
- Es gibt mindestens 7 Millionen Arbeitslose
- Es gibt zig [Tausend]1-Euro-Jobs
- Firmen schmeißen massenhaft Leute raus und schreiben dabei riesige Gewinne
- Es gibt massig Hochqualifizierte über 40 Jahre, die keine Anstellung finden
- Es gibt massig Hartz-4-Empfänger, davon viele mit Kindern, diese haben letztendlich nichts mehr - Die Kinderarmut steigt permanent.
- Das Bildungsniveau sinkt seit Jahren, gleichzeitig steht immer weniger Geld für Schulen und Ausbildung zur Verfügung
- Abschaffung des deutschen, weltweit angesehenen Ingenieurs bei gleichzeitigen "Ersatz" durch den sogenannten "Billigingenieurs" namens Bachelor, und Wehklagen der Wirtschaft wegen Ingenieursmangel !!!
- ca. 120.000 qualifizierte Fachkräfte verlassen dieses Land jährlich.
- Eliteuniverstäten für wenige, Geld-, Professoren- und Lehrmittelmangel andererseits.
- Einführung der Studiengebühr
- Erhöhung der Mehrwertsteuer
(...)
- usw.
- Und viele Dinge, von denen wir Bürger nichts ! Wissen.

Andererseits:
- Selbstbereicherung der Parteien
- Weitverbreiteter, offener Lobbyismus (Korruption!)
- Einschränkung der Grundrechte durch angeblichen "Kampf gegen den Terror" (Online-Untersuchung, Biometrische Daten, ....)
- Versuchter und stattgefundener (G8-Gipfel) Einsatz der Bundeswehr im Innern
- Systematischer Wahlbetrug, Täuschung der Bevölkerung,
- Steuerverschwendung, Verschachern von Volkseigentum (Deutsche Bahn ....)
- zunehmende Meinungsdiktatur (...) [Gleichgeschaltete Medien]
- "freiwillige" Selbstzensur und gesteuerte Berichterstattung der Medien
- usw.
- Und viele Dinge, von denen wir Bürger nichts ! Wissen.“


Eine interessante Aufzählung und Gegenüberstellung!

Wenn man nun prüft, was die Bundesregierung nun in der zweiten Hälfte ihrer Regierung zu den Punkten dieser Anklage tun will, gibt es nur eine Antwort: Nichts! Alles soll so bleiben, wie es ist und wie es „elvloots“ beschreibt!

Also „Aussitzen“ der Probleme!

Dagegen ist man auf anderen Gebieten extrem aktiv und knobelt einen Gesetzentwurf nach dem anderem aus:

- Videoüberwachung auf deutschen Strassen und Plätzen: Frau Merkel will bestrafen, wer jemand auf der Strasse anrempelt. Dafür wird die Verfolgung der organisierten Kriminalität eingestellt.

Siehe hierzu diesen Artikel.

Bespitzelung des Bundesbürgers im Stil Stasi. Gesetzentwürfe sind in der Mache.

Siehe hierzu diesen Artikel.

- Europäische Vernetzung und Vereinheitlichung der geheim gewonnen Daten über die Bürger unter dem Vorwand der „nationalen Sicherheit“ – die europäische Rahmenrichtlinie dazu steht schon.

Übung von KSK-Truppe gegen Zivilisten

Siehe hierzu diesen Artikel.

Einführung der Rasterfahndung und des Bundestrojaners. Statt der Klimakatastrophe soll das ensetzliche Verbrechen der Verwendung „geistigen Eigentums“ von Grosskonzernen verfolgt werden.

Siehe hiezu diesen Artikel.

Die Freiheit soll am Hindukusch verteidigt und dafür in Deutschland abgeschafft werden!


Veröffentlicht am 25. August 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Montag, 20. August 2007

Was schert es den Mond ...

Niemeyer wird 100

Von Karl Weiss, Belo Horizonte

Brasilien hat begonnen, den 100. Geburtstag von Oscar Niemeyer zu feiern. Am 4. August wurde hier in Belo Horizonte im „Kultur-Palast“ die offizielle Ausstellung zu diesem Ereignis eröffnet. Die Hauptstadt von Minas Gerais kam zu dieser Ehre, weil hier die ersten bedeutenden Bauten erstellt worden waren, die der Architekt von Weltruf entworfen hatte und weil hier sein wohl bedeutendstes Werk steht, die kleine Sankt-Franziskus-Kirche am Ufer des Pampulha-Sees.

Sankt-Franziskus-Kirche von Niemeyer

Andere kulturelle Ereignisse sind bereits in Rio de Janeiro und in São Paulo geplant. Auch wenn der eigentliche Geburtstag erst am 15. Dezember sein wird: Die Feierlichkeiten haben begonnen. Wird das Geburtstagskind interviewt, dann spricht das Genie Niemeyer nicht von sich. Er spricht von Bush, der die Welt in eine gefährliche Kriegssituation gebracht hat und wie wichtig jetzt die sozialistische Revolution ist.

Das Niemeyer-Bad in Potsdam wird dagegen nicht gebaut – ein Verlust für Deutschland, aber sicherlich nicht für den Brasilianer Oscar Niemeyer, den wohl berühmtesten Architekten des 20. Jahrhunderts (und wie es scheint, auch des Beginns des 21.), der weiterhin 6 Tage in der Woche arbeitet und letztes Jahr wieder geheiratet hat.

Das Bad wäre neben dem Interbau-Hochhaus in Berlin von 1957 das zweite Werk von Niemeyer in Deutschland gewesen, von wo ja seine Vorfahren stammten. Es wäre sicherlich ein Anziehungspunkt geworden, aber was will man machen.

Niemeyer

Oscar Niemeyer ist es gewohnt, von Politikern und anderen, deren Ideologie und Religion der Antikommunismus ist, angefeindet zu werden, denn er ist Kommunist und verteidigt bis heute vehement seine Überzeugungen.

Da sind der CDU-Wirtschaftsminister von Brandenburg, mit Namen Junghans und ein dubioser FDP-Politiker mit Namen Lanfermann nicht die einzigen. Bezeichnend, wenn ausgerechnet ein Politiker der unsäglichen FDP von Grössenwahn bei Architektur spricht, einer Partei, die mitverantwortlich war für die Monumentalbauten des Bundesumzugs nach Berlin unter Kohl .

Werden doch Architekturstudenten aus den verschiedensten Ländern eigens nach Berlin geschickt, um sich ein Beispiel anzusehen, wie Architektur nicht sein darf, die sogenannte Bundesfallera-Architektur, ausdruckslos, einfallslos, ungewollt monumentalistisch, eklektisch, ohne Bezug zum Ort und beziehungslos nebeneinandergestellt.

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-3

Die Bauten von Niemeyer dagegen sind ebenfalls Wallfahrtsorte von Architektur-Studenten, aber deshalb, weil man von jedem von ihnen lernen kann, was wirklich gute Architektur ist. Niemeyer gilt als der Meister der Leichtigkeit, was naturgemäss bei Bauten nicht einfach ist.

Die Anfeindungen gegen Niemeyer begannen bereits im Jahr 1940, als die Pläne für die Sankt-Franziskus-Kirche in Belo Horizonte in Brasilien fertig waren. Die katholische Kirche tönte, sie wolle keine Kirche von einem Kommunisten und antikommunistische Politiker erklärten den Entwurf für „hässlich“.

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-2

Juscelino Kubitschek, der damals Bürgermeister von Belo Horizonte war, der später der Präsident Brasiliens mit dem grössten Weitblick werden und den Bau Brasilias entscheiden sollte, erkannte die Einmaligkeit des Niemeyer-Entwurfs und setzte den Bau der Kirche durch. Wer heute Architektur studiert und seinen Beruf ernst nimmt, von dem wird erwartet, dass er zumindest einmal hierher nach Belo Horizonte kommt und das Werk im Original sieht, das heute nicht einfach nur als exzellente Architektur, sondern als Kunstwerk angesehen wird.

Die ganze Rückwand der Kirche ist in blauen Fliesen des brasilianischen Künstlers Portinari ausgeführt, das Leben des Heiligen zeigend. Die vier Bögen der Kirche lehnen sich einerseits an die Wellen des Wassers an, denn Franziskus sprach ja unter anderen zu den Fischen. Anderseits sind diese Bögen aber auch eine Nachahmung der Bergkette, an der Belo Horizonte liegt und die der Stadt den Namen "schöner Horizont" gegeben hat.

Nach der Fertigstellung weigerte sich die katholische Kirche für über 10 Jahre, das Kirchlein anzunehmen und zu weihen. Erst als sie merkten, wie berühmt die kleine Kirche schon war, fand sich endlich ein Bischof, der die Kirche weihte.

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-4

Ähnliches erlebte Niemeyer in vielen Ländern. Das UN-Gebäude in New York z.B. das auf einem Entwurf von ihm beruht, durfte ihm nicht offiziell zugeschrieben werden, denn man begann gerade den kalten Krieg und konnte unmöglich einen Kommunisten als Architekten des Gebäudes nennen.

Die wohl treffendste Ehrung hat ihm seine Heimatstadt Rio de Janeiro zukommen lassen: Die Strasse in der Stadt am steilen Felsenufer, welche die Strände São Conrado und Leblon verbindet, wurde nach ihm 'Avenida Niemeyer' benannt, einer der landschaftlich schönsten Punkte der Erde.

Der vorletzte dieser zahlreichen Fälle von antikommunistischer Hysterie geschah in seiner Heimatstadt. Niemeyer, dessen Büro im Obergeschoss eines Gebäudes an der weltberühmten Copacabana liegt, hatte als Geschenk an 'seine Stadt' am nördlichen Teil der Copacabana, genannt Leme, eine Anzahl von Skulpturen aufstellen lassen, die auch gut von der Bevölkerung angenommen wurden.

Dann allerdings kam ein Bürgermeister in Rio de Janeiro ans Ruder, dessen Religion Antikommunismus heisst, von der Partei mit dem damaligen Namen PFL (Parteien wechseln in Brasilien den Namen wie unsereiner die Unterhosen), einer Partei, die mit der Militärdiktatur im Bett gelegen hatte. Er ordnete die Entfernung der Niemeyer-Skulpturen an. Sie hätten keine Genehmigung.

Diese Art von Politikern hat immer heuchlerische Ausreden, so wie auch jetzt wieder in Potsdam. Angeblich sei die Förderfähigkeit nicht gegeben. Wenn das so wäre, hätte man das schon vor vier Jahren feststellen können, als noch kein Geld ausgegeben worden war. Also ein vorgeschobenes Argument.

Warum nur gibt es unter unseren heissgeliebten Politikern nicht einen einzigen, der Mut hat, zu seiner Ideologie zu stehen? „Ich habe die Macht, also wird unter meiner Ägide kein Bad verwirklicht, das von einem Kommunisten entworfen würde.“ Das wäre ehrlich gewesen. Aber ehrlich, wer erwartet schon Ehrlichkeit von unsere Politikern?

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-5

Was als moderne Architektur bezeichnet wird, also jene im 20. Jahrhundert, die nicht einfach irgendetwas Älteres nachahmt, begann mit dem ‚Bauhaus’ eines Mies van der Rohe und anderer in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Es handelte sich um einen Gegenentwurf zu jenem verschnörkelten Stil vom Anfang des Jahrhunderts, der auf deutsch als „Jugendstil“ bezeichnte wird, der aber nichts mit Jugend zu tun hatte, sondern der Versuch war, mit Pflanzenformen der Architektur ein „weicheres“, ein menschlicheres Antlitz zu geben.

Die Bauhaus-Architektur, so sehr sie Ausdruck des neuen Zeitgeistes wurde, ist aber auch für die grössten architektonischen Sünden des 20. Jahrhunderts verantwortlich, denn sie wurde in ihrer Baukastenform und in ihrer Schnörkellosigkeit von Hunderten von Architekten nachgeahmt. Die einfallslosen Blöcke, die allenthalben wie Bauklötze in der (Stadt-)Landschaft stehen, sind eine der Folgen davon.

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-6

Demgegenüber verwenden die modernen Architekten wie Niemeyer und der mit ihm in vieler Hinsicht vergleichbare Franzose Le Corbusier (mit dem er von 1935 bis 1953 zusammenarbeitete) runde und abgerundete und andere ungewöhnliche Formen. Mit der Erfindung des Stahlbetons in den dreissiger Jahren war die Möglichkeit gegeben, runde Formen zu schaffen und grosse Überhänge und ähnliches, was die Möglichkeiten der Architekten immens erweiterte.

Trotzdem klammert sich bis heute die Mehrheit der Architekten an Bauklotz-Formen. Dagegen wurde Niemeyers Hauptwerk Brasilia von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, eine Ehrung, die kaum ein anderer lebender Architekt vorweisen kann.

Nun wird also Deutschland kein neues Niemeyer-Werk haben, aber was schert es den Mond, wenn die Hunde ihn anbellen.

Beeindruckend an Niemeyer auch: Er ist immer noch in voller Aktivität. Hier in Belo Horizonte, wo seine Karriere begann, ist gerade das neue Zentrum der Landesregierung in Bau, das von ihm entworfen wurde.

Oscar Niemeyer 99

Die deutschen Manager, die bereits Menschen ab 50 zum alten Eisen werfen, dürften rot werden, wenn nur sein Name erwähnt wird. Sie haben sich diesen roten Kopf redlich verdient.

Wer noch mehr über Oscar Niemeyer wissen will, hier noch der Link zu seinem Artikel in wikipedia

und zu einem anderen Artikel über ihn:

Niemeyer wird 97 – Auf dem Höhepunkt des Schaffens


Veröffentlicht in der Berliner Umschau am 20. August 2007, hier ergänzt und redigiert

Originalartikel

Freitag, 17. August 2007

Kapitalismus für die Armen, Sozialismus für die Reichen

Zentralbanken "verschenken" über 350 Milliarden Dollar

Von Karl Weiss

Ein Kommentar von Martin Wolf in der Financial Times vom 15. August 2007 hat Aufsehen erregt. Der Kommentator kritisiert scharf die Entscheidung der Zentralbanken der EU, Japans und der USA, Milliardenbeträge in den Markt zu pumpen und an Finanzinstitutionen zu „verschenken“, die mit Geringst-Zinsen versehen sind, von denen andere nicht einmal träumen können. Er erklärt: „Also gilt der Kapitalismus nur für die Armen, für die Reichen haben wir Sozialismus.“

Angesichts der Verengung des Marktes von Krediten (Anleihen), der sich in der vergangenen Woche einstellte, weil eine Anzahl von Banken und anderen Finanzinstitutionen in riesigem Umfang in riskanten Vergaben von Krediten an Kunden verwickelt sind, die sie nicht zurückzahlen können, hatten die Zentralbanken der USA und Japans sowie die Europäische Zentralbank (EZB)riesige Summen „in den Markt gepumpt“, die zusammen über 350 Milliarden Dollar ausmachen. Allein die EZB hat von Donnerstag bis Dienstag 211 Milliarden Euro locker gemacht.

Immobilienkrise USA

Das frohe Pumpwerk

Unter „in den Markt pumpen“ muss man verstehen, die Zentralbanken vergaben Kredite an Finanzinstitutionen, die mit lächerlichen 4% Zinsen (genau 4,07% in Europa) jährlich (oder vergleichbaren Zinsraten) versehen waren, deutlich unter den offiziellen Refinanzierungsraten (Leitzinsen), die z.B. in den USA im Moment bei 5,25% stehen.

Das wird von Kritikern als „Verschenken von Geld“ bezeichnet. Ein Finanzmann sagte gegenüber der brasilianischen Wirtschaftsagentur „invertia“: „Das wird bei einigen Banken am Jahresende ein paar Prozent des ausgewiesenen Profits mehr ausmachen“. Gleichzeitig wies er die Vorstellung zurück, das kurzzeitige Verleihen von Geld durch die Zentralbanken könnte den Weg in die „Rezession“ (sprich Wirtschaftskrise) aufhalten. „Die Ursache ist überbordende Liquidität. Das kann nicht durch noch mehr Liquidität bekämpft werden.“

Eine andere Krisenursache hat Detlev von Larcher vom Attac-Koordinierungskreis ausgemacht:

"Vordergründig ist die Krise entstanden, weil finanzschwache Häuslebauer in den USA ihre Raten nicht mehr bezahlen können. Die eigentliche Ursache aber ist die politisch gewollte Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte“.

Housing Slump

Er spricht von Lotteriespielen der Banken.

„Echtes Lotto unterliegt allerdings gesetzlichen Regeln und strenger Aufsicht.“

Auf die Kontrolle und Bankaufsicht hebt auch der Kommentar von „peeperkorn“ auf einen einschlägigen Artikel der „Süddeutschen“ (14.8./15.8) ab:

„Natürlich ist es richtig, dass der "Kleine (und mittlere) Mann" von den Banken mit aufgedrängten Hypotheken abgezockt wurde und in vielen Fällen in Ruin und Armut gebracht wurde. Hatten wir das nicht auch bei uns - siehe Schrottimmobilien in der Ex-DDR? Unsere Banken und unsere Finanzaufsicht sind offenbar nicht besser als die in den USA.“

Ein anderer Kommentator (Willy Frey) hebt eher auf die Überschuldung der USA ab:

„(...) der ökonomische Effekt kommt daher, dass alles Geld der Welt in den amerikanischen Schuldenmarkt strömt, weil keine Nation sich so gewissenlos verschuldet wie die US-amerikanische. Und damit ist die Erklärung des unglaublich hohen Engagement der EZB gefunden. Die haben schlicht Bammel davor, dass dieses völlig überschuldete US-System zusammenbricht und die USA als Weltmacht den Staatsbankrott erklären müssen. (...) Nach den Regeln der Kunst bewertet, ist die USA schon längst pleite. Let´s face the facts.“

In die gleiche Richtung zielt auch der Kommentator „Bundesboy“:

„Da das Vertrauen nachhaltig gestört ist, wird es nur eine Frage der Zeit sein, wann sich die nächsten Abgründe auftun. (...) dann werden neue Friktionen kommen, denn Amerika hat sich einfach zuviel Geld gepumpt, das wir nie mehr wiedersehen.“

„Vatermann“ dagegen schreibt:

„Ich denke die Banken haben hier einen schönen Reibach gemacht und es vielleicht bewusst kalkuliert das Menschen in den Bankrott getrieben werden! (...) Die europ. deutschen Banken haben sich im Wettstreit jetzt wieder günstiges Geld verschafft . 200 Mrd. € sind doch gutes Geld um bankrotte Hypotheken zu übernehmen!!“

Der Kommentator „fesh“ sieht dagegen eine „Systemkrise“:

„(...) unsere "real existierende Marktwirtschaft" [ist] ein Pyramidenspiel ..., welches ständiges Wachstum benötigt um weiter zu funktionieren. Zu dumm, dass man auf einem endlichen Planeten nicht unendlich weiter wachsen kann. Solvente Schuldner wachsen nunmal nicht auf Bäumen.“

Die Meinung, die Wolf von der Financial Times vertritt, ist dagegen (sinngemäss): Die haben sich verspekuliert. Wenn sie jetzt nicht die Folgen zu spüren bekommen, weil die Zentralbanken ihnen „helfend unter die Arme greifen“, so werden sie genau das gleiche erneut machen.

Auch die Banken müssen die Folgen ihrer Fehlentscheidungen tragen. Der kleine Hausbesitzer in den USA hat zu niedrigsten Zinsen Hypotheken aufgenommen, weil er die Monatsraten zahlen konnte. Nun aber ist der Wert seines Hauses drastisch gefallen und die Zinsen sind nach oben gegangen und er muss monatlich weit mehr zahlen. Da kommt es zu haufenweisen Zahlungsausfällen, gefolgt in der Regel von Verlust des Hauses und evtl. Versteigerung. Es sind Millionen von Fällen in den USA.

"Diese Auswirkung ist katastrophal"

Warum haben die Zentralbanken nicht diesen Häuschenbesitzern geholfen, sondern helfen nun den Banken, die solche Verluste verkraften könnten? In diesem Zusammenhang kam die Aussage vom Kapitalismus, der nur für die Armen gilt, dagegen Sozialismus für die Reichen. Er sagt: „Diese Auswirkung ist nicht einfach nur angreifbar, sie ist katastrophal.“

Die „Bubbles“ (Blasen, überhöhte Preise, die zusammenbrechen müssen) sind nach seiner Ansicht immer sichtbar gewesen, sowohl die japanische Börsenblase in den 80ern, als auch die Börsen- und Immobilienblase in Asien in der Mitte der 90er wie auch die der europäischen und amerikanischen Börsen Ende der 90er-Jahre, genauso wie die aktuelle Immobilienblase in vielen Ländern der Welt, die von 2000 an aufgebaut wurde und nun platzt. Wenn man sehenden Auges in solche Ereignisse hineinläuft, kann es nicht Aufgabe der Zentralbanken sein, die negativen Auswirkungen auf Kreditinstitute abzufedern.

Der Analyst Mario Mattera vom Bankhaus Metzler sagte der Deutschen Presse- Agentur (dpa), es sei frappierend, wie viele europäische und deutsche Banken von der US-Immobilienkrise betroffen seien.

"Deshalb ist das Misstrauen hier sehr groß und der Handel zwischen den Banken derzeit sehr eingeschränkt. Jeder vermutet beim anderen noch schlummernde Risiken.“

Da können der Chef der EZB und Wirtschaftsminister Gloss noch so laut im Wald pfeifen. Es ist nichts ausgestanden, nur hinausgeschoben!


Veröffentlicht am 16. August 2007 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel

Donnerstag, 16. August 2007

Die Hetze brandet hoch

Generelle Hetze gegen Muslims und spezifisch gegen den Iran

Von Karl Weiss

Im Vorfeld eines anstehenden Luftschlages gegen den Iran, der wohl einen voraussichtlichen Iran-Krieg eröffnen wird, haben sich einige Medien bereits auf eine Anti-Moslem-Hetze der niedrigsten möglichen Schublade eingeschossen. Es wird versucht, im Takt von Tagen das plumpest mögliche Niveau von Kriegshetze und Völkerhetze zu erreichen und manches Presseorgan hat dies auch schon geschafft.

Hatte die ‚Welt’ zum Beispiel am 16.2. noch die Hetze eines gewissen ‚Lord Weidenfeld’ ungekürzt im Forum abgedruckt,

„Dieses Regime [das in Teheran] ist ein Gemisch aus populistischer Gossen-Demagogie und religiösem Fanatismus, Bilderstürmerei und dem Lechzen nach moderner Technologie - ein tödliches Elixier des Teufels. Teherans Fixierung auf die Vernichtung Israels, die Dämonisierung des Weltzionismus und die Holocaust-Leugnung sind wohl ernst gemeint, aber nur eine erste Haltestelle auf dem Weg zu einem islamistischen Weltreich.(...) Das Risiko einer militärischen Intervention könnte zwar Opfer in Größenordnungen des Ersten und Zweiten Weltkriegs mit sich bringen, doch der Triumph des islamistischen Terrors würde an Grässlichkeit alles überbieten, was uns die Weltgeschichte vermittelte."

so meinte man schon am nächsten Tag, noch einen oben drauf setzen zu müssen und zu beweisen, dass es die Redaktion noch besser kann:

‚Welt’ vom 17.2.:

„Die größte Gefahr aber geht für die Despoten-Regimes der Region von dem aus, was unter der Zauberformel "Euro-Islam" immer hartnäckiger durch ihre Grenzen einsickert: das Bestehen darauf, dass Islam und Demokratie eben doch keine unversöhnlichen Gegensätze sind (oder jedenfalls keine bleiben sollten), dass Scharia und Koran doch immer noch getrennte Reiche bilden ..."

„Nicht die Gotteslästerung, sondern die der tristen Wirklichkeit abgeschaute Darstellung von Moslems als Herdentiere, die sich im Namen der Religion zu allem bereit finden - und dann noch um den Preis der Jungfrauen gebracht werden; finstere, tumbe, in Hass, Neid und Rachsucht zementierte Hinterwäldler, die als menschliche Zeitbomben durch die Welt schleichen."


Ahmedinedschad

Rekapitulation

Also rekapitulieren wir: DIE Moslems (keinerlei Einschränkung gemacht) sind Tiere! Sie sind noch viel mehr: Herdentiere! Und als solche sind sie finstere, tumbe, in Hass, Neid und Rachsucht zementierte Hinterwäldler! Nur eins wird nicht ganz klar: Wie können Tiere als ‚menschliche’ Zeitbomben durch die Welt schleichen?

Also wie war das? Als im Vorfeld der letzten Bundestagswahlen einige, darunter auch der damalige SPD-Chef und Lafontaine, die „Hedge Fonds" als Heuschrecken bezeichneten, da ging ein Aufschrei durchs Land. Man dürfe Menschen nicht mit Tieren vergleichen, dies seinen vielmehr Methoden der Hitler-Faschisten gewesen. Lafontaine, so hörten wir damals u.a. von einem Geschichtsprofessor der Münchner Bundeswehr-Hochschule, sei daher ein rechter Populist usw. usw.

Und nun? Nun darf man DIE Moslems als Tiere bezeichnen, als Herdentiere? Wo ist der bundesweite Aufschrei? Wo die Stimme des Münchner Professors?

Gun

Kaum etwas ist verabscheuenswerter in der Publizistik als Heuchelei. Das ganze Mitleid mit den armen Menschen, die hinter den Hedge-Fonds stehen, war also nichts als Heuchelei. Man wollte lediglich etwas gegen Lafontaine finden. Jetzt plötzlich ist die Tendenz mehr die, einzustimmen in den Chor: „Die Moslems sind Tiere!"

Plant der Iran Sprengstoffanschläge in Deutschland ? Exportiert der Iran Selbstmordattentäter? Dafür gibt es keinen Beleg - ebenso wenig wie für die Existenz eines iranischen Atomwaffenprogramms (im Gegensatz zu den bewiesenen israelischen, pakistanischen und indischen Atomwaffenprogrammen, ganz zu schweigen von den US-Atomwaffen).

Auch hier: Man darf Vorbereitung zum Völkermord betreiben, so viel man will, man darf Volksverhetzung betreiben, zum Beispiel alle Moslems als Tiere bezeichnen, man darf Kriegshetze betreiben, DIE Moslems als finstere tumbe Hinterwäldler bezeichnen, die lebende Zeitbomben darstellen. All das ist erlaubt!

Iranische Atomanlagen

Kein Problem für deutschen Presserat

Kein deutscher Presserat, der irgendein Problem damit hat, kein Münchener Professor.

Auch H.M. Broder, der immer heuchlerisch darum bemüht ist, dass man Israels Schlächtereinen nicht mit den faschistischen Verbrechen vergleicht, hat keine Problem, wenn die 'Welt' versucht sich mit aller Macht auf „Stürmer"-Niveau zu begeben. Nun, sie mag es noch nicht erreicht haben, aber das Bemühen muss man doch anerkennen.

Man sucht und sucht und sucht im Spiegel, im Focus, in den ZDF-Sendungen, bei allen jenen, die so leicht aufschreien und so oft aufschrien – kein Schrei, kein Aufschrei, nichts.

Es ist Kriegshetze-Zeit, da darf man schon mal etwas härter zulangen, nicht? Da ist kein Raum für Aufschreie! Da muss man die Bevölkerung einstimmen, nicht wahr, liebe Welt-Redaktion?

Wieder, wie vor den Jugoslawien-Krieg, vor dem Überfall auf Afghanistan, sind sich die Medien einig: Alle an einem Strang ziehen – in Kriegszeiten kann man nicht fein differenzieren, da muss man gegenhalten, auch wenn’s weh tut, nicht wahr, liebe HaGalil-Redaktion?

Fette Frucht

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Ja, die Früchte sind zu sehen, sie sind fett und faulen bereits – und sie stammen durchweg von jenen, die Israel hochzujubeln pflegen, es besteht ein enger Zusammenhang von militantem Zionismus und Völkerhetze, Kriegshetze und Rassenhetze gegen DIE Moslems und gegen den Iran. Ihr seid zu erkennen, an euren faulen Früchten!

Es hagelt auf die Deutschen herein: „DIE Moslems sind finster, Zeitbomben!" „Sie tragen Bombengürtel." „Im Turban: Eine Bombe!" „Es sind Tiere!"
Und die Hetze hat bereits ihre Spuren hinterlassen: Fast ein Drittel der Deutschen sollen in einer Umfrage bereits positiv zu einem Krieg gegen den Iran stehen.

Würde man eine Umfrage in Deutschland machen: „Glauben Sie, dass bewiesen ist, dass das Regime des Iran für die Unterstützung von Terroranschlägen auf Zivilbevölkerung in USA und Europa verantwortlich ist?" bekäme man wahrscheinlich bereits heute eine gewisse Zahl von Ja-Antworten.

Dabei hat kein einziges der Massenmedien diese Behauptung aufgestellt. Es wäre auch zu einfach, sie der Lüge zu überführen. So arbeiten sie mit Karikaturen, der Bombe im Turban und den schleichenden finsteren Zeitbomben. Das bleibt haften.

Back to the Future?

Die Deutschen wurden schon einmal mit einer solchen Propagandakampagne überzogen, die hauptsächlich mit Eindrücken, Gefühlen, Appellen ans Unterbewusstsein arbeitete. Als die große Politik die Grundgesetzänderung vorbereitete, die das Asylrecht am Ende praktisch völlig aufhob, wurde mit fast täglichen Wellen von Meldungen über „Asylmissbrauch", „überschwappende Wogen von Asyl-Einwanderern" und „Wirtschaftsflüchtlinge" die öffentliche Meinung in Deutschland vorbereitet. Die Tagesschau im Ersten zeigte täglich mindestens eine Meldung darüber, die jeweils von einem Symbol begleitet war, das über dem Sprecher schwebte wie ein drohendes Ungeheuer: Eine stilisierte Menschenmenge, die den Grenzzaun überschreitet.

Das Ergebnis dieser Hetz-Kampagne war damals, dass in einer Umfrage ein großer Teil der Deutschen angab, es seien nach ihrer Meinung bereits die Hälfte der deutschen Bevölkerung Ausländer, obwohl der Ausländeranteil an der Bevölkerung damals wie heute nicht einmal 5% erreicht (und darunter viele, die in Deutschland geboren wurden und längst eingebürgert sein müssten).

Irak-Krieg US-Aggression

In den USA z.B., in dem der Irak-Krieg mit einer solchen Hetzkampagne vorbereitet wurde, glauben heute noch mehr als vierzig Prozent der Befragten, dass Saddam Hussein Chemische und Biologische Waffen hatte und nach der Atombombe strebte.

Irak: Weinendes blutbeflecktes Kind, dessen Vater und Mutter soeben von US-Soldaten ermordet wurden

Diesmal darf es ihnen nicht gelingen, das deutsche Volk in Kriegsstimmung zu versetzen!


Dieser Artikel wurde im März in "Journalismus - Nachrichten von heute" veröffentlicht, hier redigiert. Aus gegebenem Anlass, den verstärkten Vorbereitungen eines Überfalls auf den Iran, wird er hier in das Blog gestellt.

Originalartikel

Dienstag, 14. August 2007

Brasilien: São Paulo F.C. ist Wintermeister

Flamengo Vorletzter


Von Karl Weiss


An diesem Sonntag, den 12. August 2007, wurde die Hinrunde der brasilianischen Fussballmeisterschaft abgeschlossen. An der ersten Stelle, die bei uns Herbstmeister heißt und eigentlich nichts bedeutet, in Brasilien wohl eher „Wintermeister“, steht der São Paulo Futebol Clube, der Meister des letzten Jahres, mit 7 Punkten Vorsprung vor Botafogo Rio de Janeiro.

São Paulo hat in 19 Spielen lediglich 7 Tore einstecken müssen und ist damit der Verein mit der weit überragenden Hintermannschaft. Man hat zwar nur 24 Tore geschossen, weniger als Náutico Recife, das auf dem Abstiegsplatz Nr. 17 steht, aber die Wahrheit bestätigt sich eben immer wieder: Im heutigen Fußball muss man zunächst Gegentore verhindern – erst in zweiter Linie darf man ans Tore schießen denken.

Allerdings stehen noch einige Nachholspiele an, weil durch die Benutzung einiger Stadien für die Panamerikanischen Spiele in Rio de Janeiro im Juli eine Anzahl von Spielen verlegt werden mussten. Flamengo Rio de Janeiro z.B. muss noch drei Spiele nachholen, Botafogo noch eins, kann aber damit São Paulo nicht mehr von der „zeitweiligen“ Spitze verdrängen.

Dass São Paulo da vorne steht, ist keine Überraschung, aber so ziemlich alles andere. Das fängt schon mit dem Zweiten an, Botafogo, eine Mannschaft, die eigentlich eher im Kampf gegen den Abstieg erwartet worden war. Mit Botafogo ist das geschehen, was von Zeit zu Zeit mit mittelmäßigen Mannschaften geschieht. Sie finden zueinander, bilden eine Mannschaft und eilen eine Zeit lang von Erfolg zu Erfolg. Man erinnere sich an Wolfsburg letztes Jahr oder an Nürnberg in der ersten Jahreshälfte oder auch an Stuttgart.

Bis zum ersten August-Sonntag war Botafogo fast ununterbrochen Tabellenführer und es gab sogar schon kurzzeitig Befürchtungen, die Mannschaft könnte einen Alleingang veranstalten und die Meisterschaft uninteressant machen, genau das, was man jetzt von São Paulo befürchtet. Dann aber musste sich Botafogo im heimischen Maracanã-Stadion im direkten Vergleich der beiden Ersten São Paulo mit 0:2 geschlagen geben und so einen schweren Rückschlag einstecken.

Zu Beginn des Jahres, als noch die regionalen Staatsmeisterschaften ausgetragen wurden und die Spiele der südamerikanischen „Champions Leage“, der Libertadores, schienen zwei ganz andere Mannschaften die deutlich besten in Brasilien zu sein: Gremio Porto Alegre und der F.C. Santos (mit Zé Roberto als Spielmacher und Torschütze), die jeweils die hoch eingeschätzten São-Paulo- und Rio-Grande-do-Sul-Meisterschaften gewannen und in der Libertadores bis ins Halbfinale vorstiessen, wo Gremio Santos eliminierte. Heute stehen Gremio auf dem sieben und Santos auf dem achten Platz. Sie mussten Clubs den Vorrang lassen, die man nicht auf der Rechnung hatte im Kampf um die Meisterschaft und die anderen vorderen Plätze, die nächstes Jahr das Recht auf Teilnahme an der Libertadores garantieren.

Dritter ist Cruzeiro Belo Horizonte (Bester Sturm mit 40 Toren in 19 Spielen), einen Punkt hinter Botafogo (Zweitbester Sturm: 36 Tore), der zu Beginn des Jahres im ersten Endspiel der Meisterschaft von Minas Gerais dem Lokalrivalen Atletico Mineiro (heute auf Platz 12) noch mit einem ernüchternden 0:4 unterlegen war.

Vierter ist Vasco da Gama Rio de Janeiro, ein Verein, der Anfang des Jahres nicht ins Endspiel um die Rio-Meisterschaft gekommen war und wo Romario mit fast 41 immer noch erfolgreich Fußball spielt, mit einem weiteren Punkt Rückstand.

Fünfter ist Palmeiras, eine andere der vier grossen São Paulo-Mannschaften, wieder mit einem Punkt weniger, die aber in den letzten Jahren ziemlich in der Versenkung verschwunden war, sogar ein Jahr in der zweiten Liga verbrachte.

Sechster schliesslich, mit noch einem Punkt weniger, ist ein alter Bekannter aus der Liste jener, die immer vordere Plätze einnehmen, aber am Ende doch nie ganz vorne stehen, Goias Goiánia, so eine Art von Brasiliens Bayer Leverkusen, ein Verein, der eigentlich bei weitem der beste seines Staates ist, aber dieses Jahr einem zweitklassigen Verein die Goias-Meisterschaft überlassen musste.

Wer auch noch einer der klaren Meisterschafts-Anwärter war, ist Internacional Porto Alegre, Vorjahreszweiter und Gremios Lokalrivale. Man hatte immerhin im Dezember noch die FIFA-Vereins-Weltmeisterschaft gegen Barcelona gewonnen. Danach fiel die Mannschaft aber in ein tiefes Loch, schied früh aus der Libertadores aus und hat sich bis heute noch nicht richtig erholt, was sich am 9. Tabellenplatz ausdrückt. Nun hat man auch noch den begabten Nachwuchsstürmer Pato an den A.C. Mailand verloren, sprich verkauft, und man muss eventuell wirklich noch ein gute Zeit warten, bis die goldenen Jahre wieder kommen.

Wo man aber die grössten Überraschungen findet, sind die vier Abstiegsplätze und die Zone unmittelbar davor. Dort, auf den Plätzen zwischen 15 und 20, finden sich nämlich ausser zwei typischen Kandidaten, dem bereits abgeschlagenen América Natal als Letztem und dem Club Juventude Caxias do Sul als Drittletztem, die beiden Vereine mit der grössten Anhängerschaft über ganz Brasilien hinweg, Flamengo Rio de Janeiro, die Nr.1, auf dem vorletzten Platz und Corinthians São Paulo, die Nr. 2, auf dem 15.

Corinthians war 2005 noch Meister gewesen, Flamengo dieses Jahr noch Rio-Meister (vor Botafogo, der nun Zweiter ist und Vasco, jetzt Dritter) und im Vorjahr Pokalsieger Brasiliens.

Auf dem Platz 16, der ebenfalls höchste Gefahr bedeutet, findet man Atlético Paranaense aus Curitiba, ein Team, das vorletztes Jahr noch im Endspiel der Libertadores (gegen São Paulo) stand und im darauffolgendes Jahr ebenfalls eine gute Figur in der Meisterschaft macht.

Da auch Paraná Clube mit dem 13. Platz nur einen Punkt mehr hat als Corinthians, kann man von einem Niedergang der Curitiba-Vereine sprechen. Während die Haupstadt des südlichen Bundesstaates Paraná für viele Jahr als einzige Stadt ausserhalb der Mega-Metropolen São Paulo und Rio de Janeiro drei Vereine in der ersten Liga aufweisen konnte (von denen meistens Atlético der stärkste war), ist man nach dem Abstieg von Coritiba nun nur noch mit zwei Vereinen vertreten, die nun auch noch in der zweiten Hälfte der Tabelle herumkrebsen.

Für die Rückrunde bis zum letzten Spieltag am 2. Dezember 2007 kann man weiterhin viele Überraschungen erwarten. Aber São Paulo ist jetzt schon heissester Kandidat auf den Titel, ebenso wie Flamengo wohl bis zum Ende Abstiegskandidat bleiben wird.

Von Santos kann man, obwohl weiterhin unter Trainer Luxemburgo, wohl kaum noch ein entscheidendes Aufbäumen erwarten. Dazu war der Weggang von Zé Roberto zu ausschlaggebend. Man kann nur hoffen, dass er nun bei den Bayern positiv von sich hören lassen wird.


Veröffentlicht am 14. August 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Montag, 13. August 2007

Deutschland: Nummerierung der Bundesbürger

Kein Schnüffeln unter dieser Nummer?

Von Karl Weiss

Ein Kommentator der deutschen Financial Times mit dem Titel „Kein Schnüffeln unter dieser Nummer“ vom 8. August schlägt gegen die lebenslängliche Steuernummer aller Bundesbürger vor, sich eine falsche zuzulegen, die man immer angibt, wenn jemand Unberechtigter die Nummer verlangt – oder Schäubles Nummer zu verwenden.

Eines der Überbleibsel aus jener Zeit, als man dem deutschen Bundesbürger den „liberalen Rechtsstaat“ vorspielte, war die Abwesenheit einer Nummer für jeden Bürger. Man konnte sich im Licht sonnen, man sei keine Nummer in diesem Land. Es hat sich ausgesonnt! Neben dem vorbeugenden Todesschuss bei Terrorverdacht wird nun die lebenslange Steuernummer für jeden Bundesbürger eingeführt.

Stasi 2.0

Was daran schlecht ist? Sie kann missbraucht werden. Genau das ist nämlich in den USA mit der dortigen einzigen Nummer der Fall, die jeder US-Bürger verpasst bekommt: Die `Social Security Number` SSN.

Natürlich wird mit treuem Augenaufschlag versichert, die Nummer werde außer für Steuerzwecke nicht verwendet. Was von diesen Zusagen zu halten ist, hat man bei der Lkw-Maut gesehen. Die Verwendung für Personenwagen sei nicht vorgesehen, hieß es damals. Jeder weiß, genau dies ist jetzt bereits in Vorbereitung, Beckstein sei Dank. Auch sollten die Kontrollkameras des Toll-Systems nicht zur Bürgerüberwachung eingesetzt werden (Stichwort Bewegungsprofil). Genau das wird jetzt vorbereitet. Natürlich nur wegen der akuten Terrorgefahr.

Die Gesichtserkennung der Videokameras für das Bewegungsprofil sei nicht vorgesehen. Wollen Sie eine Wette abschließen, wann sie eingeführt wird? Die Fingerabdrücke der Bundesbürger für den neuen Pass würden zu nichts anderem verwendet. Es steht bereits der Regierungsbeschluss, sie allen Polizei-Dienststellen zur Verfügung zu stellen in einer zentralen Kartei, nur der Zeitpunkt ist noch offen.

Missbrauch der SSN in den USA

In den USA verlangt jeder Arzt die SSN, bevor er überhaupt den Patienten ansieht. Seine Helferin hat dann auch bereits abgecheckt (Zentrales Register), ob sie mit dem angegebenen Namen übereinstimmt. Das Gleiche bei der Bank, bei jeglicher Behörde, an den Universitäten, bei dem Provider des Internet-Anschlusses, der Handy-Firma usw.

Die Verbindung von SSN und Name mit Adresse und einem weiteren Kennzeichen kann zum Erstellen von Profilen führen, für die bereits eine ganze Industrie in den USA entstanden ist. Diese verkauft solche Profile – hauptsächlich von zahlungskräftigen Personen – an die Reklame-Versender – zu recht beachtlichen Preisen. Wer einmal in diese Mühle geraten ist, braucht jeden Tag lange, bis er eventuelle wirkliche Briefe an ihn aus dem sackweisen Müll herausfindet, der sich in und an seinem Briefkasten einfindet.

Nicht zuletzt hilft eine Nummer auch der Polizei und der Stasi, Namen eindeutig bestimmten Personen zuzuordnen, wenn jemand zum Beispiel John Brown (oder Hans Müller) heisst.


Financial Times Deutschland noch nicht gleichgeschaltet

Die Financial Times Deutschland hat sich inzwischen bereits einen Namen gemacht mit einer Reihe von Journalisten, die nicht einfach nur „Mainstream“ nachbeten. Sie war die einzige Veröffentlichung unter den bürgerlichen Massenmedien, die z.B. die seit Beginn 2006 offensichtlichen Anzeichen der Entwicklung zu einer Wirtschaftskrise nicht einfach geleugnet und die plötzlich erreichte Krisenfreiheit des Kapitalismus behauptet hätte.

Kann man eine falsche Nummer verwenden?

So ist auch diesmal der Kommentar von Martin Virtel zum Thema der lebenslangen Nummerierung der Bundesbürger kritisch. Allerdings meint er, man könne dem Missbrauch der Nummer ausweichen, indem man einfach eine falsche Nummer angibt oder die Nummer von Herrn Schäuble, herausgefunden vom Chaos Computer Club.

So leicht wird es allerdings nicht, denn jeder wird den Zusammenhang der Nummer mit dem Namen in einem öffentlich zugänglichen Register überprüfen können.

Ach, Sie meinen, es sei bereits zugesichert worden, ein solches Register werde es nicht geben?



Veröffentlicht am 13. August 2007 in "Nachrichten - heute", hier leicht ergänzt.

Originalartikel

Mittwoch, 8. August 2007

Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1

Teil 1: Was die Experten zu den neuen Gesetzen sagen - Gefängnis für Sex unter 18

Von Karl Weiss

Völlig ohne jede inhaltliche Meldung in den bürgerlichen Massenmedien wird im Moment in aller Heimlichkeit eine Verschärfung des Sexualstrafrechts durch den Bundestag gezogen, die wesentliche Teile der Bevölkerung zu Verbrechern stempeln soll. Auch ein grosser Teil der Bundestagsabgeordneten scheint uninformiert.


Zusatz zum Artikel

Mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 4. November 2008 ( hier: http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl108s2149.pdf ) sind die wesentlichen Neuerungen dieses absurden Gesetzes nun Wirklichkeit in Deutschland geworden. Wie jeder weiss, hat keine Zeitung, kein Fernsehen, über die Verabschiedung berichtet. Man kann ohne Übertreibung sagen, es wurde heimlich durchgezogen. Dies vor allem, weil den einschlägigen Politikern natürlich klar war, was sie da beschlossen.

Das entscheidende ist, man hat nun Instrumente in der Hand, fast jeden beliebigen Menschen in Deutschland unter schwerste Anklagen zu stellen, die ihn der abscheulichsten Verbrechen anklagen, die man sich vorstellen kann („Kinderporno-Verbreitung“). Da die Regelung der „wirklichkeitsnahen Beschreibungen“, des neuen Kinderporno-Alters bis achtzehn und der Einbeziehung von Personen, die aussehen, als ob sie jünger wären, beschlossen wurden, ist nun fast jeder Porno auch gleich Kinderporno.

Man kann erwarten, dies wird keineswegs breit angewandt werden. Dazu haben die Staatsanwaltschaften auch keine Zeit noch Personal. Es geht darum, Material gegen Dissidenten zu haben. Kann man einen politischen Dissidenten mit einer Anklage wegen Kinderporno überziehen, ist er völlig unglaubwürdig geworden.


Da es einige Missverständnisse um diesen Artikel gegeben hat, hier noch eine Klarstellung: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält noch nicht alle vorgesehenen und bereits mehrfach geforderten Verschlimmbesserungen des Sexualstrafrechts, sondern nur die wesentlichsten, nämlich die Heraufsetzung des "Schutzalters" auf achtzehn Jahre, die Strafbarkeit von jeglichen Darstellungen und "Schriften", die als "aufreizend" eingestuft werden, die Abschaffung der Regelung, dass die Täter mindestens 18 Jahre alt sein müssen und einige weitere. Bisher noch nicht als Gesetzentwurf in Deutschland vorgelegt, aber bereits gefordert von "christlichen" Politikern oder in der Europäischen Rahmenverordnung oder in US-Vorlagen genannt (oder auch in der ersten Version der Rahmenverordnung, die von der europäischen Kommission stammte) sind: Die vierjährige Mindeststrafe, die Strafbarkeit des "Verleitens", die Einbeziehung von unter 14 -jährigen in den Täterkreis und die öffentlich zugängliche Sexualstraftäter-Datei u.a.. Ist das Gesetz erst einmal durchgebracht, werden wahrscheinlich diese noch weiter gehenden Punkte angegangen.


Bereits im letzten November wurde das neue Gesetz in erster Lesung durch den Bundestag gebracht, ohne dass die Massenmedien über den Inhalt informiert hätten. Nun ist das Gesetz in den Ausschüssen, die am 18. Juni 2007 eine Expertenanhörung durchgeführt haben – wiederum völlig ohne Berichte in den bürgerlichen Medien.

Das einzige was in den Massenmedien zu finden ist zum Thema, sind die Eigenlob-Äußerungen von Frau Zypriess und Frau Merkel, die großspurig verkündeten, nun würde mit dem angeblich durch das Internet aufgeblühten Kinderporno und mit den „Kinderschändern“ Schluss gemacht.

Tatsächlich aber wird das ganze Konzept des Sexualstrafrechts versucht zurückzudrehen zu jenen Zeiten, als es auf moralischen Verdammungen (hauptsächlich religiöser Natur) und auf schwammig-moralischen Definitionen beruhte.

Vor allem wird der Täterkreis für Herstellung und Besitz von Kinderpornos und von Missbrauch von Kindern von vorher „mehr als achtzehn Jahre“ aufgehoben, was alle gleichaltrigen und sogar jüngere Jugendliche und Kinder ebenfalls zu "Tätern" macht. Dadurch ist die vorher in vielen Jahrzehnten erreichte aufgeklärte Betrachtung von Sex unter Jugendlichen und Doktorspielen (sexuellen Handlungen) unter Kindern völlig auf den Kopf gestellt.

Zum anderen wird der „Opfer“-Kreis völlig willkürlich, ohne auch nur den Versuch einer Begründung, von Kindern (Personen bis zu 14 Jahren) auf alle Kinder und Jugendlichen ausgedehnt (Personen bis zu 18 Jahren). Begründet wird lediglich, dies sei in der europäischen Rahmenrichtlinie verlangt. Dadurch wird jeglicher einverständlicher Sex unter Jugendlichen zu einem schweren Verbrechen (genau gesagt zwei schweren Verbrechen, denn beide begehen jeweils eine "Vergewaltigung" am anderen).

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch: Sowohl in den USA als auch in Großbritannien gibt es bereits öffentlich zugängliche Register von „Sex Offenders“, in die alle unter diesen Paragraphen Verurteilten aufgenommen werden, meist lebenslänglich. Jeder kann sich dort informieren, wie die Verurteilten heißen, wo die 'Sex Offenders' wohnen, ein Bild von ihnen ansehen und eventuell auch erfahren, wo sie arbeiten, falls sie denn je noch eine Anstellung finden. Auch in Deutschland wurden schon von verschiedenen Politikern der so christlichen Parteien ein solches Register gefordert, so u.a. vom Nordrhein-Westfälischen Ministerpräsidenten Rüttgers.

Nicht ein einziger der Papagei-Journalisten in den Massenmedien hat sich die Mühe gemacht, nachzulesen, was da wirklich auf die Bevölkerung zukommt (Das folgende bezieht sich einerseits auf die europäische Rahmenrichtlinie und andererseits auf den konkreten deutschen Gesetzentwurf):
  • Mindeststrafe für alles, was unter die Sexualstrafgesetzgebung fällt, wird 4 Jahre Gefängnis sein.
  • Ab dann sind im Sinne der Sexualstrafgesetzgebung alle Personen bis 18 Jahre „Kinder“. Eine Unterscheidung von Kindern (bis 14 Jahre) und Jugendlichen (15 bis 18 Jahre) gibt es nicht mehr.
  • Da in der Sexualstrafgesetzgebung definiert it, dass „Kinder“ nicht in der Lage sind, ihre Zustimmung zu sexuellen Handlungen (im weitesten Sinne) zu geben – denn sie wissen ja nicht, zu was sie da eventuell zustimmen -, gilt jede sexuelle Handlung (im weitesten Sinne), auch dann, wenn der „Täter“ selbst ein „Kind“ ist, als „Kinderschändung“, oder im offiziellen Strafgebrauch als `sexueller Übergriff gegen Kinder`.
nudist-foto 125
Dieses Foto ist ein gutes Beispiel für den schmalen Grad, der da in Zukunft gegangen wird: In Wirklichkeit ist es ein völlig normales Familienfoto von einem FKK-Gelände, aber jemand könnte es für ein erotisches, ein "reizendes" Foto halten und irgendjemand könnte meinen, die Dame ist noch nicht 18. Unabhängig davon, wie alt sie wirklich ist, könnte dies Foto als "Kinderporno" (kein Witz) eingestuft werden und für den Besitzer in Zukunft 4 Jahre Gefängnis wert sein. Disclaimer: Dies Foto ist kein Familienfoto des Autors, sondern ein FKK-Familienfoto. Es ist längst veröffentlicht und ist heute "public domain". Siehe dazu auch den Kommentar des Lesers "steppenhund" unter diesem Artikel.
  • Praktisch jeglicher Sex von Personen unter 18 Jahren wird ein schweres Verbrechen sein - zumindest für eine der beiden involvierten Personen, meistens für beide (Mindeststrafe 4 Jahre). Dabei ist unter Sex schon jegliches „Doktor-Spiel“zu verstehen.
  • Kinder und Jugendliche werden genauso bestraft wie Erwachsene (!).
  • Jegliche Darstellung in Bild, Foto, Video, Zeichnung oder Kunstwerk von Personen unter 18 Jahren – nackt, wenig bekleidet, mit der Schamgegend sichtbar, ja sogar bekleidet, wenn in „aufreizender“ Pose, wird zum schweren Verbrechen – für jeden, der dies herstellt, besitzt, anderen zeigt, zur Verfügung stellt usw. (Mindeststrafe 4 Jahre)
Nudist Foto 123
Bei diesem Foto ist nicht das Alter die Frage, sondern die Frage, ob es "aufreizend" sein könnte. Es ist in Wirklichkeit ein typisches Foto von einem Aufenthalt in einem FKK-Camp, das Mädchen hält sogar noch den Preis in der Hand, den es in einem "Nudist"-Wettbewerb gewonnen hat, aber es besteht eben die Möglichkeit, dass ein alter Lüstling es für "aufreizend" halten könnte und dann ist es "Kinderporno" und wiederum mindestens 4 Jahre Gefängnis wert. Disclaimer: Dies Foto ist kein Familienfoto des Autors, sondern ein FKK-Familienfoto. Es ist längst veröffentlicht und ist heute "public domain". Siehe dazu auch den Kommentar des Lesers "steppenhund" unter diesem Artikel.
  • Das alles gilt auch, wenn eine Person beteiligt ist bzw. abgebildet ist, die zwar schon über 18 ist, aber von irgendjemand für jünger als 18 gehalten werden kann (4 Jahre Mindeststrafe).
Nudist Foto 147
Hier haben wir ein Foto aus einem Nudisten-Camp mit einem weiblichen und einem männlichen nackten Körper. Es ist so harmlos wie ein FKK-Foto nur sein kann. Aber es lauern wieder zwei Gefahren: Jemand könnte es für aufreizend halten, z.B. ein alter geiler Lüstling und jemand könnte der Ansicht sein, die beiden oder einer von ihnen könnte noch nicht 18 sein. Dann nämlich wird dieses Foto in Zukunft zu "Kinderporno"! Da kann man sehen, welch schlechte Phantasie die Gesetzesmacher haben! Disclaimer: Dies Foto ist kein Familienfoto des Autors, sondern ein FKK-Familienfoto. Es ist längst veröffentlicht und ist heute "public domain". Siehe dazu auch den Kommentar des Lesers "steppenhund" unter diesem Artikel.

„Das kann nicht wahr sein!“ sagt sich da jeder. „Wir leben in Deutschland, einem aufgeklärten Land!“ „Das wäre ja Wahnsinn!“ „Das würden die nie wagen!“

Und doch ist es genau so.

Der Kommentar eines Fachmannes von der Bremer Universität zu diesen Plänen findet sich im dritten Kommentar zu diesem Artikel: Sex?? Gefängnis!!

Es geht nicht um Kinderporno im Internet, es geht um das Durchsetzen der Moralvorstellungen extremistisch-christlicher Fanatiker mit den Mitteln des Strafrechts. In den USA hat man bereits mit der Einführung dieses „Rechts“ begonnen, nun wurde über eine UN-Organisation ein gleiches von allen anderen Ländern verlangt. Die EU hat aus diesem Grund eine Rahmenrichtline herausgebracht, die nun von der Regierung in Deutschland umgesetzt wird.

Wer es nicht glaubt, lese selber in den Stellungnahmen der Experten in der Anhörung im Bundestag nach.

Nudist Foto 179
Bei diesem Foto, ebenfalls einem typischen und normalen Familienfoto aus einem Nudisten-Bereich, geht es um die Frage des "Posing". Die Gesetzesmacher sagen nämlich ausdrücklich, wenn eine Person unter 18 eine "aufreizende" Position einnimmt, dann sei das "Posing" und das sei "Kinderporno". Nun, dieses Mädchen posiert für den Fotografen, das kann man erkennen, aber was ist daran pornographisch? Nur in der Phantasie gewisser Perverser wird daraus Pornographie. Disclaimer: Dies Foto ist kein Familienfoto des Autors, sondern ein FKK-Familienfoto. Es ist längst veröffentlicht und ist heute "public domain". Siehe dazu auch den Kommentar des Lesers "steppenhund" unter diesem Artikel.

Vor allem die Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. Graupner, Co-Präsident der österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung und herausragender deutschsprachiger Rechtsexperte für Sexualitätsfragen, zeigt, wenn man sie näher studiert, die ganze Tragweite und Absurdität der aus den extremistisch-christlichen Auswüchsen der USA herübergeschwappten völlig neuen Fassung des Sexualstrafrechts, das hier beraten wird. Aus seiner Stellungnahme wurden die meisten der unten genannten Beispiele entwickelt.

Auch die Stellungnahme von Dr. Philipp Thiee, der im Namen der Vereinigung der Strafverteidigerverbände sprach, lehnt den Entwurf vollständig ab und findet eindeutige und harte Worte für den vorgelegten Text.

Dr. Graupner wies nach, dass man wörtlich Begriffe aus Neufassungen von Gesetzen aus den USA übernommen hat, die hysterischen extremistisch-christlichen Ansichten über Moral entstammen, wie sie typisch für feudalistische Zeiten waren.

Dr. Helmut Graupner

Im Fall der „bildlichen Darstellungen“ (darunter fallen z.B. auch Zeichnungen, künstlerische Akte usw.) führt er aus:

„... definiert als „Kinder“-Pornografie alle bildlichen Darstellungen
eindeutig sexueller Handlungen unter Einbeziehung einer Person unter 18 Jahren. Eindeutig sexuelle Handlungen inkludiert dabei sogar „aufreizende Zurschaustellung der Genitalien oder der Schamgegend“. Diese Formulierung wurde, wie die gesamte Definition von „Kinder“-Pornografie, wortwörtlich aus dem § 2256 des US-amerikanischen Federal Criminal Code übernommen.

Wie extensiv diese Formulierungen sind kann man an der Entwicklung in den USA ersehen. 1994 hat der [US-] Kongress in Reaktion auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA ausdrücklich erklärt dass er bei der Beschlussfassung des Gesetzes beabsichtigte, dass der Anwendungsbereich der Wendung ‚Zurschaustellung der Genitalien oder der Schamgegend’ nicht auf Nacktbilder beschränkt sein sollte oder auf Abbildungen auf denen die Genitalien unter Kleidung erkennbar sind; bei Videoaufnahmen sollte es, um unter diese Bestimmung zu fallen, außerdem nicht notwendig, dass die Genitalien oder die Schamgegend auf dem Video zu sehen ist oder dass die minderjährige Person lasziv handelt oder posiert.“


Es wird also nicht mehr auf objektive Tatbestände abgehoben („sexuelle Handlungen“), auch wenn dieser Begriff noch benutzt wird, sondern mit dem Begriff „aufreizend“ eine Definition eingeführt, die beliebig extensiv ausgelegt werden kann. Wenn irgendjemand sich aufgereizt fühlen kann von einer Darstellung, z. B. der Papst oder ein katholischer Bischof, dann fällt die „Bildliche Darstellung“ unter das Kinderporno-Verbot mit 4 Jahren Haft als Mindeststrafe. Es ist offensichtlich, dass damit jegliche Rechtssicherheit bezüglich von Fotos und anderen (auch künstlerischen) Darstellungen von Kindern und Jugendlichen aufgehoben ist.

Der europäische Rahmenentwurf sieht auch das Delikt des „Verleitens“ von Kindern (bis 18 Jahren) zu sexuellen Handlungen vor, der allerdings im deutschen Gesetzentwurf nicht übernommen wurde, aber sehr wohl in anderen europäischen Ländern, z.B. Italien.

Da der Begriff „Verbreiten“ solcher Fotos (oder anderer Bilder) wiederum nicht definiert ist, kann darunter auch einfach verstanden werden, dass ein Foto im Familienkreis gezeigt wird oder jemand ein Familienalbum Freunden zeigt oder ein(e) Jugendliche(r) jemand ein Bild seiner Freundin/seines Freundes zeigt. Im Extremfall kann es aber auch ausreichen, ein entsprechendes Bild nicht unter Verschluss zu halten, so dass andere Personen Zugriff haben. Das kann heutzutage natürlich auch im Internet geschehen, wo es viele „Alben“ gibt und man sie Freunden und Bekannten oder Familienangehörigen, die weiter weg wohnen, zugänglich machen kann.

Was das bedeutet, kann man sich an einigen Beispielen deutlich machen:

Ferienfotos

Erika, 17, hat mit Hannes, 18 Urlaub gemacht. Beide sind bis über beide Ohren ineinander verliebt. Nach der Rückkehr werden Urlaubsfotos gezeigt. Man war an einem südlichen Strand, wo sich fast alle Damen „oben ohne“ sonnten, so auch Erika. Es sind also eine Anzahl von Fotos mit Erikas ausnehmend schönen Brüsten dabei. Ebenso ein paar Fotos, auf denen sich die beiden innig küssen. Auf einem der Fotos hat Hannes auch die Hand auf Erikas Po. Ein Bekannter, der zufällig beim Zeigen der Fotos dabei war, bekommt kurz danach Krach mit Erikas Vater und wird aus dem Haus geworfen. Er sinnt auf Rache. Da die neue Gesetzgebung gerade beschlossen wurde, zeigt er Erika und Hannes an - und auch Erikas Vater, in dessen Haus die Fotos gezeigt wurden, wegen Verbreitung von Kinderpornos.

Alle drei werden zur gesetzlichen Mindeststrafe von 4 Jahren Gefängnis verurteilt. Der Richter erklärt, er sei zwar keine Freund der neuen Gesetzgebung, aber er müsse sich an geltende Gesetze halten. Er hätte zwar erwogen, das Verfahren wegen geringer Schuld einzustellen, aber wegen der offen gezeigten Brüste und der Hand auf dem Po („sexuelle Handlungen“) sei das nicht möglich gewesen.

Ausserdem werden sie, die ja nun als Verbreiter von Kinderpornos als Schwerverbrecher angesehen werden, in die Sexualverbrecherkartei aufgenommen, die jeder einsehen kann und überprüfen, ob in seiner Nähe eventuell ein solcher `Kinderschänder` wohnt.

Erikas Vater hat seine Arbeit verloren, Hannes wurde aus der Lehre geworfen und Erika wird an keiner Schule mehr angenommen, weil sie dort als ‚Kinderschänderin’ ja Kontakt zu Kindern hätte. Das Leben der drei ist zerstört.

Anderes Beispiel:

Eine Zeichnung

Kurt, 17, der eine Begabung zum Zeichnen hat, skizziert ein paar Zeichnungen von seiner Freundin Heide, 16. Ohne Kleidung. Aus dem Gedächtnis. Er bringt es fertig, die Zeichnungen so gut zu teffen, dass man Heide eindeutig erkennen kann. Eine Zeit später verliebt er sich in ein anderes Mädchen und die beiden trennen sich. Noch später findet Kurts kleine Schwester Hanne, zu diesem Zeitpunkt 16, die Zeichnungen und zeigt sie Schulfreunden, um mit den Fähigkeiten des Bruders anzugeben. Die Schulkameraden erkennen Heide auf den Zeichnungen, die in die gleiche Schule geht und erzählen ihr von den Akt-Zeichnungen. Heide, die immer noch sauer auf Kurt ist, zeigt ihn wegen Herstellung von Kinderporno und Hanne wegen Verbreitung von Kinderporno an.

Ergebnis: Zwei weitere Leben zerstört. 4 Jahre Mindeststrafe! Sexualverbrecherkartei!

Nächstes Beispiel:

Nachbarschaftsstreit

Herr Kalter hat mit seinem Nachbarn Müller Ärger. Beide haben unterschiedliche Ansichten über Gartengestaltung und stehen in Dauerfehde. Einmal wurde Kalter sogar von Müller angezeigt. Das führte zwar zu nichts, aber Kalter lauert schon seit langem nach einer Möglichkeit, Müller mal wirklich eins auswischen zu können. Da sieht er eines Tages die 16-jährige Tochter Müllers mit ihrem Freund, eng umarmt. Er spioniert den beiden nach und wirklich, an einem der nächsten Abende fahren die beiden im Auto des Vaters des Freundes auf einen abgelegenen Waldparkplatz vor der Stadt und Kalter kann beobachten, wie das Auto in Schwingungen gerät. Er pirscht sich heran und kann ein hervorragendes Bild von beiden beim Sex im Auto aufnehmen.

Er zeigt das Mädchen wegen Verleitung zum Sex mit Kindern an, denn er hat herausgefunden, der Freund ist erst siebzehn. Müller reagiert mit einer Gegenanzeige wegen Verbreitung von Kinderporno, denn Kalter hat das Foto an die Polizei weitergegeben. Das Ende mag sich jeder selbst ausmalen.

Weiteres Beispiel:

Doktor-Spiele

Der kleine Uwe, 12 und seine Spielkameradin Eva, 10 haben Doktor-Spiele gemacht. Sie haben sich gegenseitig gezeigt, wie sie „da unten“ aussehen, haben sich angefasst und Eva hat auch Uwes Penis kurz in den Mund genommen. Evas Mutter hat alles herausbekommen und zeigt Uwe bei der Polizei an. Er wird zu einer Jugendstrafe verurteilt und ist für den Rest seines Lebens in der Kartei der sexuellen Straftäter, die öffentlich zugänglich ist.

Anderes Beispiel:

Petting unter Jugendlichen

Die beiden Schulkameraden Heide und Tom, beide 15, sind befreundet. Tom küsst Heide und sie küsst ihn zurück. Nach einiger Zeit beginnen sie auch Petting miteinander zu machen, d.h. Tom streichelt Heides Brüste unter der Kleidung und Heide rubbelt Toms Penis durch den Stoff der Hose. Später gehen sie auch dazu über, das Petting noch ausweiten, indem Heide in Toms Hose fasst und ihn stimuliert und Tom Heide ins Höschen fasst und sie an der Klitoris stimuliert. Sie werden einmal von einer Lehrerin dabei erwischt, die sie anzeigt. Beide werde zu langen Haftstrafen verurteilt, jeweils, weil sie den anderen "vergewaltigt" hätten und zu sexuellen Handlungen „verleitet“. Sie sind nun ihr Leben lang als Sexualstraftäter in den öffentlich zugänglichen Registern.

Oder:

Foto-Fan

Herr Valerio hat zwei Töchter, zwei bildhübsche kleine Mädchen. Da er ein Foto-Fan ist, macht er oft und in allen möglichen Situationen Fotos von ihnen. Er hat die elektronischen Fotos in seinem Computer gespeichert. Mit dem Bundestrojaner wird er bei einer umfassenden Fahndung wegen Kinderpornographie mit erfasst. Drei der Fotos von seinen Töchtern wurden von den Spezialisten als Kinderporno eingestuft, weil die Mädchen darauf „erotisch posieren“, wie das kleine Mädchen schon einmal tun. Es nützt Herrn Valerio nichts zu betonen, dass die beiden auf den Fotos voll bekleidet sind, weil die Nacktheit ausdrücklich nicht als Kriterium von „Kinderporno“ definiert ist. Er wird als Hersteller von Kinderporno und Leiter eines Kinderporno-Ringes im Internet zu langjähriger Haftstrafe verurteilt.

Aber es geht noch absurder:

Sex unter Eheleuten

Michael, 22, und Klara, 16, heiraten (das Mindestalter zur Eheschliessung bei Frauen ist 16 Jahre). Bereits nach weniger als einem Jahr Ehe bringt Klara einen gesunden Jungen zur Welt. Eine Person, die beiden nicht wohlgesonnen ist, zeigt Michael als Kinderschänder und Vergewaltiger an. Tatsächlich muss Klara vor Gericht zugeben, dass Michael sie nach der Hochzeit dazu angehalten hat, mit ihm Sex zu machen. Damit hat er nicht nur ein „Kind“ zu sexuellen Handlungen `verleitet`, sondern auch ein „Kind“ vergewaltigt, denn Klara als „Kind“ konnte ja keine gültige Zustimmung zum Geschlechtsverkehr geben. Michael wird einen wesentlichen Teil seines Lebens im Gefängnis verbringen.

Oder dieses Beispiel:

Fotos unter Jugendlichen

Kevin, 17, und Monika, 16 gehen miteinander. Kevin würde gerne Sex mit ihr machen, aber Monika will nicht. Kevin, der seinen Phallus für unglaublich schön hält, hat eine Anzahl von Fotos von seinem eregierten `Ding` gemacht. Auf einigen davon kann man auch ihn erkennen. Er zeigt ein paar dieser Fotos Monika. Er glaubt anscheinend, sie damit umstimmen zu können. Monikas Mutter erwischt ihn dabei und zeigt ihn an. Er wird verurteilt wegen Verbreitung von Kinderporno (4 Jahr Mindeststrafe) und wird sein Leben lang auf der Liste der „sexual offenders“ stehen, die im Internet eingesehen werden kann, mit Adresse, Lichtbild usw.

Aber auch noch weit häufigere Fälle werden erfasst:

Porno-Bilder

Ludwig, 31, so wie Millionen andere, hat ein Anzahl von Porno-Fotos und -Videos aus dem Internet auf seinen Computer heruntergeladen. Die Modelle in Pornos im Internet sind in der Regel über 18, meist wird dies auf den Websites auch ausdrücklich betont. Allerdings laden nur die wenigsten zusätzlich zu den Fotos auch die Eingangs-Site auf den Computer, wo dies steht. Ebensowenig werden Fotos und Videos zu den Sites zugeordnet, von denen sie heruntergeladen wurden.

So kommt es, wie es kommen musste: Bei der Suche nach Kinderporno im Internet mit dem Bundestrojaner wird routinemässig auch Ludwigs Computer in Augenschein genommen. Man findet unter den Porno-Fotos eine Anzahl, auf denen Modelle abgebildet sind, die jung aussehen, eventuell jünger als 18. Er wird wegen Besitz von Kinderporno angeklagt und verurteilt. Da Ludwig solche Fotos auch auf jenem Teil des Computers hatte, den er in Austauschbörsen im Internet für andere zum Herunterladen zur Verfügung stellt, wird er auch wegen Verbreitung von Kinderpornos im Internet und Leiten eines Internet-Kinderporno-Ringes angeklagt und verurteilt. Es nützt ihm nichts, darauf hinzuweisen, die Modelle seien alle über 18 gewesen, da der Gesetzestext ausdrücklich den Gegenbeweis in den Fällen ausschliesst, in denen Personen abgebildet sind, die jünger als 18 aussehen. Man ist also auch schuldig, wenn man beweisen kann, die Person war schon 18 Jahre alt.

Wer das beurteilen mag und welche Kriterien zu dieser Aussage führen („sieht jünger als 18 aus“), ist ausdrücklich offen gelassen worden. Damit entspricht das Gesetz nicht den mindesten Ansprüchen der Bestimmtheit, denen ein Gesetz eigentlich entsprechen muss, aber das ist im Unrechtstaat Bundesrepublik ja nichts Neues mehr, nachdem ja jetzt der Verdacht, eventuell ein Terrorist zu sein, bereits zur vorbeugenden Hinrichtung ausreichen soll.

Nehmen wir noch einen anderen extremen Fall:

Fotos unter Jugendlichen

Ein 17-jähriger schiesst einen Schnappschuss von seiner Freundin, ebenfalls 17, im Bikini, in dem man sie in einer „erotischen Pose“ sieht, die wohl manchem verklemmten Staatsanwalt als „aufreizend“ erscheinen mag. Selbst wenn er dies Foto niemand zeigt, hat er sich schon der Straftat der Herstellung von Kinderporno schuldig gemacht. Wenn man das Foto bei ihm findet (z.B. auf seinem Computer), er es also nicht unter sicherem Verschluss hat, kommt dazu das Delikt der Verbreitung von Kinderporno: 4 Jahre Haft dürften für all dies kaum ausreichen.

Oder nehmen wir den Webcam-Sex:

Webcam-Sex

Zwei Personen mit 17 Jahren, die sich im Internet kennengelernt haben, zeigen sich vor der Webcam der anderen und masturbieren bis zum Höhepunkt. Aus den Achiven der Site, auf der das ablief, kann die Polizei die Szenen leicht finden und den beiden Computern zurordnen. Die beiden werden gefunden und zu jahrelangen Gefängnisstrafen verurteilt. Sie haben nicht nur „Kinder“ zu sexuellen Handlungen ‚verleitet’, sondern auch Kinderporno auf öffentlich zugänglichen Seiten verbreitet.

Foto auf dem Nachttisch

Es können aber noch viel einfachere Tatsachen plötzlich zu schweren Verbrechen werden. Hat ein Jugendlicher z.B. ein Foto seiner ebenfalls jugendlichen Freundin, auf dem sie sich räkelt, auf dem Nachttisch, kann dies bereits als Besitz und eventuell sogar als Verbreitung von Kinderporno gelten (es könnten ja andere Personen ins Zimmer kommen und das Foto sehen).

Versuch strafbar

Hinzu kommt, dass für all diese Untaten nun auch der Versuch strafbar sein soll. Damit wird, um nur ein Beispiel zu nennen, bereits die Bitte eines 17-jährigen an seine gleichaltrige Freundin, mit ihm Sex zu machen, zu einem Verbrechen. Er versucht ja, sie zu sexuellen Handlungen zu ‚verleiten’. Weiterhin versucht er sie zu vergewaltigen, denn sie kann als ‚Kind’ ja keine gültige Zustimmung zu sexuellen Handlungen geben.

Kriminalisierung der Jugend

Berücksichtigt man, dass bereits die überwiegende Mehrheit der männlichen Jugendlichen vor 18 Jahren Sex haben und praktisch alle bereits „sexuelle Handlungen“ begangen haben oder an sich haben begehen lassen, berücksichtigt man, dass ein wesentlicher Teil der weiblichen Jugendlichen bereits Sex hatten, bevor sie 18 wurden und eine eindeutige Mehrheit von ihnen bereits „sexuelle Handlungen“ begangen haben oder an sich haben begehen lassen, so wird mit dieser Gesetzgebung praktisch die weit überwiegende Mehrheit der Jugend (mit wenigen Ausnahmen) kriminalisiert.

Kriminalisierung der FKK-Bewegung

Ebenso wird durch eine solche Gesetzgebung auch die ganze Naturisten- und FKK-Bewegung kriminalisiert. Wenn bereits Abbildungen von angezogenen Personen, die als erotisch angesehen werden, als Kinderporno interpretiert werden können, um wieviel mehr die von nackten jungen Personen. Durch die einzige Definition „aufreizend“ wird jegliche Abbildung nackter Personen unter 18, auch wenn sie sich lediglich im Hintergrund eines Bildes befinden, zum Schwerverbrechen.

Man wird also jegliche Fotoapparate aus den FKK-Camps entfernen müssen. Aber schlimmer noch, auch alte Fotos aus der Zeit, als FKK noch nicht kriminell war, sind natürlich verbrecherisch. Man wird also alle solchen Fotos feinsäuberlich aus allen Familienalben entfernen müssen und von allen Computern. Nicht genug, denn ein Computer speichert auch alle Abbildungen, die aus ihm entfernt wurden. Damit gibt es keine Möglichkeit mehr, sich des verbrecherischen Charakters seiner Aktivitäten zu entledigen, höchstens man verbrennt den Computer oder jedenfalls die Festplatte - aber mit dem Schweissbrenner.

Aber es geht nicht nur um Bilder aus FKK-Bereichen, sonden auch um das, was dort vorgeht. Umarmt jemand zum Beispiel eine Person unter 18, könnte dies natürlich bereits als „sexuelle Handlung“ausgelegt werden, speziell da sie unter Nackten vor sich geht. Die Interpretationen sind fast beliebig, da ja nicht mehr klar definierte „sexuelle Handlungen“ das Kriterium sind, sondern alles „aufreizende“. Und wer will schon wissen, von was manche Personen bereits aufgereizt werden.

Im Kern geht es darum: Hysterisch-extremistische Christen wollen ihre Moralvorstellungen der ganzen Gesellschaft aufzwingen und dies haben sie in den USA auch schon in grossen Teilen geschafft. Nun ist der Rest der Welt dran.

Alle oben genannten Beispiele beziehen sich ganz konkret auf Fälle, die von den Sachverständigen der genannten Anhörung genannt wurden.

Dies ist aber noch keineswegs alles.

Kriminalisierung von Kindern und Jugendlichen

In den USA, wo man in dieser Hinsicht schon weiter ist, wurde nun mehr und mehr auf Kinder und Jugendliche geachtet, die etwas taten, was extremistische Christen als sexuelle Übergriffe interpretieren, wir normalen Menschen als „Doktorspiele“ oder im allerschlimmsten Fall als „Ungehöriges“. Einen Artikel zu diesem Thema hat eine Journalistin in der „New York Times“ veröffentlicht.

Der Titel lautet: „Wie kannst du einen zukünftigen Pädophilen von einem Kind unterscheiden, das Probleme hat, Grenzüberschreitungen zu erkennen?“

Der insgesamt neun Seiten lange Artikel gibt einen interessanten Überblick über das, was auf dem Gebiet von Kindern und Jugendlichen, die nach US-Version „Sexual Offenders“ sind, in den letzten Jahren vor sich ging. Die Journalistin beschreibt unter anderem folgende Fälle:
  • Ein Elfjähriger hatte einem Mädchen in seiner Altersklasse unter Umständen, die nicht beschrieben wurden, zwischen die Beine gefasst, nur für einen Moment. Er wurde dafür in eine Art von Jugendgefängnis gesperrt und ist nun als „Sexual Offender“ in den öffentlich zugänglichen Listen von Kinderschändern. Er wird sein ganzes Leben lang mit Bild, Adresse usw. für jeden im Internet zugänglich sein als „Kinderschänder“.
  • Ein anderer Jugendlicher, dessen genaues Alter nicht genannt wird, hatte Kontakt mit einem zehnjährigen Jungen. Dabei lutschte ihm der Zehnjährige den Penis. Er wurde in eine Art von Irrenhaus gesperrt, wo er eine psychologische Heilbehandlung durchmachen musste, die u.a. beinhaltete: Er musste jeden Tag zunächst ein Geständnis über seine `Verbrechen` ablegen, bevor die Sitzung beginnen konnte.Auch er ist auf der „Sexual Offender“-Liste.
  • Ein „Johnny“ war elf, als er seine vier Jahre alte Schwester dazu brachte, ihm den Pimmel zu lutschen. Das galt als versuchte Vergewaltigung und er ist nun auf der Liste der „Sex Offenders“ mit Foto, Adresse usw.
  • Ein anderer Jugendlicher wurde als Kind von erwachsenen Personen sexuell missbraucht und lernte so sexuelle Dinge. Als Jugendlicher fasste er jüngeren Mädchen an den Hintern. Auch er ist nun eine Art von Vergewaltiger und auf den öffentlichen Listen.
  • Wieder ein anderer ist ein 13-jähriger, der einmal in der Schule einem jüngeren Mädchen an die Brust gegriffen hat. Auch dies machte ihn zum „Sexual Offender“.
  • Da war auch ein 13-jähriger, der seine Penis am Hintern einer Schulfreundin gerieben hat, die 10 war – beide bekleidet.
  • Oder der 14-jährige, der (ohne Erfolg) ein kleines Mädchen versucht hatte dazu zu bringen, seinen eregierten Penis zu lutschen.
In all diesen Fällen haben diese Jugendlichen keine Chnace, zum Beispiel vor einem ordentlichen Gericht, wie das jedem Erwachsenen zugestanden wird, einen Prozess zu bekommen, wo man einen Verteidiger hat, Gutachter bestellen kann und die Beweise einsehen. Die meisten von ihren wurden von ihren Eltern bei Psychologen oder Psychotherapeuten in Behandlung geschickt, die sie dann denunzierten. Sie werden durch Richter in einem einseitigen Akt in Besserungsheime geschickt, oder in Zwangstherapien oder einfach als „Sexual Offender“ gebrandmarkt ohne eine sonstige Strafe.

In über 25 der 50 Staaten der Vereinigten Staaten gibt es bereits die „Sex Offender“-Listen und die meisten von ihnen sind ohne Ablauffrist, d.h. der Jugendliche wird sein ganzes Leben lang auf der Liste stehen, auch wenn er erst 10 Jahre alt war, als er mit einem Mädchen Doktorspiele machte.

Nun wurde auf Befehl von Präsident Bush auch eine zentrale Liste ins Internet gestellt und alle „Sexual Offenders“ müssen sich alle 3 Monate bei den Behörden melden, damit man ihre aktuellen Wohnorte ins Internet stellen kann. Kommt einer dem nicht nach, wird er sofort zur Fahndung ausgeschrieben und muss mindest ein Jahr ins Gefängnis, wenn er gefasst wird.

Es gibt nichts Vergleichbares etwa für Jugendliche, die jemanden getötet haben. Sie sind nach Verbüssen ihrer Strafe frei und brauchen sich nirgendwo zu melden, noch werden sie in der Nachbarschaft als ehemalige Täter bekannt gemacht. Ebenso gibt es dies nicht für jemand, der einen Menschen auf Dauer zum Krüppel geschlagen hat oder für solche, die bewaffnete Raubüberfälle mit Körperverletzungen begangen haben.

Da wird deutlich, es geht um die Durchsetzung von Moralvorstellungen, nicht darum, Menschen vor eventuellen Wiederholungstätern zu schützen.

Die Statistiken zeigen: Der jugendliche „Sexual Offender“ neigt weniger dazu, erneut solche Taten zu begehen als zum Beispiel ein jugendlicher Dieb.

Die Bundestagsabgeordneten

Interessant war die Reaktion der Bundestagsabgeordneten des Ausschusses, der die deutsche Sexualstrafrechtsreform im Moment berät, auf die Aussagen der Experten am 18. Juni in Berlin. Die Abgeordneten der grossen Koalition hüllten sich in Schweigen, denn sie konnten ja nicht widerlegen, was die Experten gesagt hatten, sind andererseits aber an die Koalitionsdisziplin gebunden – werden das Gesetz also wohl durchwinken.

Ein Abgeordneter der FDP sagte, man müsse noch besser studieren, was da eigentlich im Gesetzentwurf stehe. Der grüne Abgeodnete zeigte sich entsetzt und will seine Fraktion gegen den Entwurf in Stellung bringen (was allerdings wohl keine realen Auswirkungen haben wird).

Man muss also befürchten, wenn es keine wirklich heftigen Proteste geben wird, wird man versuchen, dies alles durchzusetzen – oder jedenfalls sehr viel davon –– und das Ganze heimlich, still und leise.

"Gefährliche Doktorspiele" - Folter!

Es gibt aber noch eine andere, gefährliche Entwicklung in den USA auf diesem Gebiet, die u.a. auf dieser Site und auch hier unter dem gleichen Titel beschrieben wird.

Dabei geht es darum, dass man 12- oder 13-jährigen nicht zugestehen will, sie hätten bereits sexuelle Gefühle und Bedürfnisse. Sie werden vielmehr als „krank“ behandelt, wenn irgendwelche sexuellen Betätigungen (z.B. Masturbieren) oder sexuelle Interessen bemerkt werden.

Hierzu noch mehr im zweiten Teil.

Da gibt es zum Beispiel den Fall eines Kindes mit Namen Chad, also einen Jungen mit weniger als 14 Jahren, bei dem eine Schwulenzeitschrift gefunden wurde. Er kam in eine geschlossene Anstalt zur „Therapie“. Man befestigte Erektionsmessgeräte an seinem Penis. Dann zeigte man ihm Bilder von nackten Männern. Bekam er eine Erektion, wurde er mit Elektroschocks gefoltert. Nach Angaben einer Homosexuellen-Organisation werden im Moment etwa 50 000 Jugendlich jährlich in solche sexuellen Folterstationen eingeweisen.

Hierbei geht es darum: Ausgehend von der extremistisch-christlichen Anschauung bestimmter Sekten, dass Homosexualität keine natürliche sexuelle Ausrichtung, sondern eine kranke Abartigkeit darstellt, sollen eventuelle homosexuelle Neigungen bereits in frühem Alter erkannt und dann als Krankheit behandelt werden. Dabei wird ganz natürlich auf Folter zurückgegeriffen, ein weiteres Beispiel, wie tief die Selbstverständlichkeit von Folter als akzeptierter Methode bereits bei gewissen Teilen der US-Gesellschaft verankert ist.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen: In einer Reihe von Bundesstaaten der USA wurde bereits die erneute Strafbarkeit von homosexuellem Gechlechtsverkehr als Gesetz in die Parlamente eingebracht. Wir können also in etwa absehen, was als Nächstes nach Deutschland kommen wird, wenn diese Verschärfungen des Sexualstrafrechts widerstandslos durchgehen.

Zu guter Letzt sei noch auf das Problem der „Rächer“ hingewiesen. Wer auf einer „Sex Offender“-Liste in den USA steht, ist immer in Gefahr, verprügelt oder ermordet zu werden. Im Jahr 2005 hat ein Mann im Bundesstaat Washington zwei „Sexual Offender“ getötet, die er auf der Liste seines Staates gefunden hatte. Letztes Jahr war es ein Kanadier, der im Staat Maine eine Liste mit 29 Namen bei sich hatte, als er gefasst worden war, nachdem er zwei „Sexual Offender“ erschossen hatte. Einer der beiden Getöteten war 19, als er mit seiner Freundin Sex gehabt hatte, die zwei Wochen vor ihrem 16. Geburtstag stand. Das war sein Verbrechen gewesen, dass er nun mit dem Leben bezahlte.


Veröffentlicht am 8. August 2007 in "Nachrichten - heute", hier leicht redigiert

Originalartikel


Hier geht es zum Teil 2 des Artikels


Anmerkung in eigener Sache (9. August 2007)

Heute in den frühen Morgenstunden wurde dies Blog gehackt und ein Foto und Text in diesen Artikel eingesetzt. Offenbar war mein Passwort bekannt geworden. Ich habe die fremde Intrusion bereits entfernt und mein Passwort geändert.

Karl Weiss


Zusatz zum Artikel (10.8.07)

Scheinbar sind hier doch noch einige Worte nötig zu den Bildern, die ich hier im Blog in den Artikel gestellt habe. Man kann diese wohl missverstehen.

So schreibt z.B. "Adrima", die sich mit "Zynismus pur" vorstellt, im 'Zelda-Forum' zu diesem Artikel: "Ehrlich gesagt find ich es verwerflich Nacktbilder in den Artikel einzufügen."

Die Bilder sind „offizielle“ Naturisten-Bilder (in Deutschland wird die Naturisten-Bewegung FKK genannt). Ich habe sie, weil ich in den 70er-Jahren selbst Teil dieser Bewegung war und Ferien in Naturisten-Camps verbracht habe.

Die „Nudists“ (FKK-Anhänger) sind der Meinung, der menschliche Körper, auch und gerade nackt, ist ein wahres Kunstwerk und unglaublich schön. Er ist keine schreiende Aufforderung zum Sex, wie uns manche weismachen wollen, sondern eine der ästhetischsten Ansichten, die für uns Menschen möglich sind.

Nichts an einem nackten menschlichen Körper ist nach dieser Ansicht schlecht, sündig, „unschamhaft“ oder „unkeusch“. Er ist vielmehr das Meisterwerk der Natur (oder Gottes, je nach Glaubenseinstellung).

Aus diesem Grund haben viele Nudisten-Camps eine Foto-Bibliothek von besonders gelungenen Fotos von Nackten im Camp. Solche Fotos werden zum Teil von stolzen Eltern oder Ehepartnern dem Camp hinterlassen (mit Einverständnis der Abgebildeten), zum Teil bei Schönheitskonkurrenzen aufgenommen, die in der Ferienzeit in vielen Camps für Männlein und Weiblein und in allen Altersstufen üblich sind. Die Kandidaten bei diesen Konkurrenzen erklären sich einverstanden mit dem Fotografieren und dem Einstellen der Fotos in die Bibliothek.

Die Bilder der Bibliothek stehen den Camp-Feriengästen zur Verfügung. „Nudists“ tauschen auch solche Bilder untereinander. So bin ich an solche Bilder gekommen.

Es gibt auch websites, die solche Fotos im Internet ausstellen, z.B. diese US-Site oder diese Site eines deutschen Reiseunternehmens.

Wer die Bilder vorurteilslos ansieht, wird bestätigen, sie haben nichts „aufreizendes“ (im negativen Sinne) an sich und schon gar nichts pornographisches.

Man kann Naturisten-Bilder schon daran erkennen, dass sie praktisch immer im Freien aufgenommen sind und dass sie meist natürliche Situationen in einem Ferienkamp zeigen. Andere dieser Bilder sind typische Familienfotos, wie sie ein stolzer Vater aufnimmt oder ein Freund oder Partner.

Sie stehen hier im Blog, weil ich damit die Problematik der beabsichtigten Gesetze deutlich machen und die Aufmerksamkeit der Leser auf die Tatsache lenken will, wie schön und pornofrei Abbildungen des nackten menschlichen Körpers sein können.

Karl Weiss


Weiterer Zusatz zum Artikel

Auch diese Meldung vom 9.9.2007 gibt eine Vorstellung, zu welchen Absurditäten die extremistischen Christen von der Bush-Clique fähig sind:

Die 23-jährige Kyla Ebbert wurde kurz vor dem Start ihrer Maschine von San Diego, Kalifornien, USA, des Flugzeugs verwiesen, weil ihre Kleidung für die Fluggesellschaft Southwest Airline als zu provozierend angesehen wurde.

Kyla Ebbert in der beanstandeten Kleidung

Sehen Sie selbst das Bild von Kyla in der beanstandeten Kleidung und sie bekommen einen guten Einblick, was man in Zukunft auch in Deutschland von Merkel, Beckstein und Konsorten zu erwarten hat.

Als Begründung wurde angegeben, man sei eine Familienfluglinie. Das Abheben auf die ‚Werte der Familie’ eint seit jeher reaktionäre (und faschistische) Politiker und extremistische Christen. Wenn sich jemand auf die ‚Werte der Familie’ bezieht, wissen Sie, von was die Rede ist.

Wenn Sie hier Anklänge an islamistische Hysteriker erkennen, die glauben, ihre Frauen müssten sich vollständig verhüllen, so liegen Sie wohl nicht weit entfernt.

Religiöse Fanatiker, Bush und Bin Laden, ähnelten sich schon seit Urzeiten.

Quelle hier


Noch ein Zusatz zum Artikel


“Versuchsanordnung”

Hier eine Reaktion auf diesen Artikel, die es in sich hat. Obwohl der Artikel in dieser Hinsicht nicht misszuverstehen ist, versucht da ein gewisser „Versuchsanordnung“ (das Blog hat keinerlei Impressum, nicht einmal ein E-Mail) mich in den Schmutz von Kinderschändern zu ziehen. Das ist schon etwas dreist.

Sehen Sie sich den Text des Hysterikers an:

http://versuchsanordnung.twoday.net/stories/4422182/


"Die Kinderschänder sind los!" - Das stimmt.

Die Krumme 13 ist ein Verein, der sich für die ...ähm... 'Emanzipation' Pädo'philer' einsetzt. Weil die ja angeblich die Juden von heute sind.

Und 'man' ist gut im Networken. So findet sich - was für ein Zufall aber auch! - beim Herrn Weiss ein Dossier zum Thema 'Verschärfung des Sexualstrafrechts'.

Man kann sich sicher sein, Herr Weiss' Dossier trieft nur so vor Objektivität.

Und deshalb findet sich auf der Website der 'Krummen' im Verzeichnis 'Links - Private Pädoseiten & Blogs' auch - naha, dreimal darfste raten! - der/das Blog des Herrn Weiss. Eh klar. Dort steht, ich zitiere:

Karl Weiss - Journalismus

Er soll den Lesern meine (und Elmars) Artikel zugänglich machen, meistens aus der "Berliner Umschau" Alle sind aufgefordert, Kommentare, Kritiken, Anregungen zu schreiben. Auch ältere Artikel werden hier eingestellt.

Ein Besuch und Teilnahme wird empfohlen !

Herr Weiss eröffnet den 2. Beitrag seines 'Dossiers' mit den Worten 'Die Kinderschänder sind los!' Dem kann ich nur zustimmen. Die Kinderschänder sind los - und so mancher twoday-Bewohner unterstützt sie auch noch tatkräftig.

Die zukünftigen Opfer werden sich bedanken!
versuch4 - 7. Nov, 19:41"


Ich habe nicht die geringste Ahnung, was diese Site „Krumme 13“ ist. Wenn man sich für die „Emanzipation Pädophiler“ einsetzt (er hat das nicht verlinkt, man weiss nicht, ob es ein Zitat von der Site ist), heisst das ja nicht, sie sind dafür, dass jeder Pädophile seine Gefühle an jedem Kind ausleben darf („Kinderschänder“). Da er aber den Begriff Kinderschänder verwendet und von den zukünftigen Opfern redet, versucht er genau das zu suggerieren.

Wie gesagt, ich kenne „Krumme 13“ nicht, vielleicht sind die wirklich FÜR Kinderschänden, aber er hat nichts davon belegt.

Nun hat also jene Site diesen Artikel verlinkt. Da das Thema für Pädophile sicherlich interessant ist, liegt das ja auch nahe – wenn der Artikel auch für Pädophile nicht ergiebig ist, denn er weist ja gerade nach, die neuen Gesetze sind nicht für sie gemacht.

Was habe ich damit zu tun, dass jene Site meinen Artikel verlinkt hat? Gibt es im Artikel etwa auch nur eine Stelle, in der ich mich FÜR Kinderschänden ausspreche oder Kinderschänden verharmlose? Nein! Sonst hätte er auch sicherlich eine solche Stelle verlinkt.

Dann kommt die Infamie: Ich würde Kinderschänder unterstützen. Was??? Wie denn das? Wenn die meinen Artikel verlinken, dann unterstütze ich Kinderschänder????

Mit der Logik hat ers irgendwie nicht. Selbst wenn es Kinderschänder wären (was er nicht belegt hat), wieso hätte ich was mit denen zu tun? Sie haben meinen Artikel verlinkt, weil er zum Sexualstrafrecht geht. Ja und?

Er nutzt in infamer Weise aus, dass mein Blog da als Link unter „private Pädoseiten und Blogs“ steht. Da meine Site nun offensichtlich keine „private Pädoseite“ ist (wie er sich auch hätte leicht überzeugen können), kann sie also wohl nur unter „Blogs“ fallen. Es gibt also keinerlei Verbindung von mir zu Pädophilen oder Kinderschändern.

Aber mit Andeutungen und Auslassungen versucht er genau diesesn Eindruck zu vermitteln. Das haut doch wirklich dem Fass den Boden aus!

Dieser Herr „Versuchsanordnung“ ist wirklich --- na lassen wir das Wort weg und bleiben bei der Einschätzung „Hysteriker“.


Zusatz zum Artikel
anlässlich der Verabschiedung des neuen Sexualstrafrechts im Bundestag:

Um einen ungefähren Eindruck zu geben, wie es um den Sex von Jugendlichen in Deutschland bestellt ist, hier einige Zahlen aus der letzten Sex-Studie des Stern:

„Im Alter von 14 Jahren hätten nach den neuesten Zahlen zwölf Prozent der Mädchen und zehn Prozent der Jungen bereits einen Geschlechtsverkehr erlebt. Im Alter von 15 Jahren seien es 23 Prozent der Mädchen und 20 Prozent der Jungen, mit 16 Jahren 47 Prozent beziehungsweise 35 Prozent. Bei den 17-Jährigen berichteten 73 Prozent der Mädchen, schon Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Bei den Jungen seien es in diesem Alter praktisch unverändert 66 Prozent.“

Es ist also (73/66%) nicht irgendeine Minderheit, die vor dem Erwachsen-Sein bereits Geschlechtsverkehr hat. Und man darf im Zeitalter des Fotohandy davon ausgehen, dass in nicht unwesentlichen Teilen dieser Fälle Fotos und Videos aufgenommen werden. Diese sind nach neuer Gesetzgebung in Deutschland „Kinderpornos“, jedenfalls dann, wenn sie nicht unter völligen Verschluss und bei den beiden bleiben. Bereits das Verschicken per E-Mail-Anlage verwirkt eine Gefängnisstrafe! Umso mehr, wenn Mädchen ihr „Eroberung“ den Freundinnen zeigen oder Jungs ihren Freunden. Die Absurdität dieser Gesetzgebung ist nicht mehr zu überbieten.


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zu hysterischen Kinderporno-Verfolgungen, christlich-extremistischen Absurditäten und Sexualstrafrechts-Verschärfungen:

- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus

- Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger

- ...promt ging die Sache in die Hose –Rasterfahndung hätte um ein Haar eine Firma gekostet

- Schon in den USA, bald auch bei uns – Gefängnis für Sex unter 18

- Die Zukunft der USA unter den extremistischen Christen

- Sex?? Gefängnis!!

- Operation Ore, Teil 1: Der grösste Polizei-, Justiz- und Medien-Skandal des neuen Jahrtausends

- Operation Ore, Teil 2: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigten, die Rolle der Polizei

- Operation Ore, Teil 3: Die Rolle der Politik und der Medien

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2

- Die Dossiers Verschärfung Sexualstrafrecht

- Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!

- Schärferes Sexualstrafrecht soll Donnerstag durch den Bundestag

- Hurra! Sie haben es gestoppt

- Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für „Sex Offenders“

Dienstag, 7. August 2007

Jetzt werden die Folterwerkzeuge gezeigt

Die letzten Hemmungen fallen - Bundesregierung lässt gegen 17 Journalisten Verfahren eröffnen

Von Karl Weiss

Soeben hat die Bundesregierung, vertreten durch den Herrn Kauder von der CDU, 17 Journalisten der Beihilfe des Geheimnisverrats anklagen lassen.

Von der SPD wurde kein offizieller Protest eingereicht. Frau Merkel und Herr Schäuble haben das Vorgehen ausdrücklich verteidigt.

Stasi 2.0

Es ist atemberaubend: Die letzten Hemmungen der reaktionären Politiker fallen nun, man hat keine Angst mehr, das Volk direkt als Feind zu behandeln, wie das in allen Diktaturen der Fall ist. Die Zeiten, als man noch „Demokratie“ vorspielte, beginnt zu Ende zu gehen. Wir sind am Beginn der kapitalistischen Barbarei angelangt. Die Samthandschuhe sind ausgezogen. Jetzt gehts Schlag auf Schlag: Das Volk ist der Gegner!

Das ging los mit der Gesundheitsreform, dann kam Hartz IV, dann die Rente ab 67 und die Studiengebühren, nun die unverschämten Milchpreiserhöhungen. Aber es bleibt keineswegs auf Verarmen beschränkt. Es müssen auch politische Zeichen gesetzt werden. Großer Lauschangriff! Großer Spähangriff! Videoüberwachung! E-Mail-Überwachung! Handy-Verfolgung! Demonstrations-Filmen! Demonstrations-Behinderungen! Keine Unschuldsvermutung mehr! Rasterfahndung! Computer durchsuchen mit Trojaner! Vorbeugender Todesschuss!

Und nun Journalisten anklagen, die es wagen, „geheime“ Informationen zu veröffentlichen.

Es handelt sich um Journalisten des Spiegel, darunter der Chefredakteur, der Frankfurter Rundschau, der Zeit, des Tagesspiegel, der Berliner Zeitung, der Tageszeitung und der Welt.

Was war passiert? Die Journalisten waren (ausnahmsweise einmal) ihren Aufgaben nachgekommen und hatten Informationen veröffentlicht, die dem Bundestags-Untersuchungsausschuss zugegangen waren, der zu den Sauereien des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Außenministers, als er noch Staatssekretär im Bundeskanzleramt war, gebildet worden war.

Irgendjemand hatte diese Informationen, betreffend die damalige Mitteilung aus US-Geheimdienstkreisen, man wolle sich des in Guantánamo als Geisel gehaltenen Bremer Kurnaz entledigen, denn er habe nichts ausgefressen, an die Presse weitergegeben.

Wie bekannt, hatte Steinmeier dafür gesorgt, dass der Deutsch-Türke nicht aufgenommen wurde und ihn weiter in Guantánamo schmoren lassen.

Doch das Bekanntwerden dieser Information gefiel der Bundesregierung nicht. Was einen Minister belastet, darf nicht an die Öffentlichkeit und wird einfach zur Geheimsache erklärt. Wenn wir die undichte Stelle nicht finden, klagen wir einfach die Journalisten an, die das veröffentlicht haben, so wird das dann schon aufhören. Beim nächsten Mal wird sich jeder zweimal überlegen, Autoritäten anzugreifen.

Nicht dass man diesen Journalisten wirklich an den Kragen wollte, nein, sie sind ja in jeder Beziehung obrigkeitstreu und die Verfahren werden eingestellt werden. Aber ein wenig die Folterwerkzeuge zeigen, das will man schon.

Übung von KSK-Truppe gegen Zivilisten

So hat man das im Feudalismus gemacht, als Informationen, die einen der Feudalherren hätten in ein schlechtes Licht bringen können, geheimgehalten werden mussten, so wird es in jeder Diktatur gemacht: Wer öffentliche Verantwortung in einer Diktatur hat, darf nicht durch Informationen beeinträchtigt werden.

Demokratie? Scheiss drauf! Wir sind am Ruder!

Pressefreiheit? Nur für uns, nicht für das Volk! Sollen sie doch aufmucken, sie werden schon sehen, wie weit sie damit kommen! Hahahaha!

Und die haben wirklich geglaubt, dies sei eine Demokratie! Hahahaha!


Veröffentlicht am 3. August 2007 in der Berliner Umschau, hier leicht redigiert.

Originalartikel

Montag, 6. August 2007

Sind die Welt-Agrarpreise zu hoch oder zu niedrig?

Gezielte Desinformation und naives Nachplappern

Von Karl Weiss

Die aktuelle Milchpreiserhöhung (nicht nur) in Deutschland ist in aller Munde. Sind die Agrarpreise nicht einfach zu hoch? Von interessierten Kreisen wird die Mär verbreitet, der Hunger in den Entwicklungsländern (und nicht nur dort) würde darauf beruhen, dass die Lebensmittel zu teuer seien und die Armen sie sich deshalb nicht leisten könnten. Der Anbau von Bio-Sprit würde diese Preise noch weiter nach oben treiben. Wer schon einmal in einem Entwicklungsland war, weiss: Genau das Gegenteil ist der Fall. Die Agrarprodukte sind zu billig und das verursacht Hunger.

Wieso das?

Die weit überwiegende Mehrheit der armen Menschen in den Entwicklungsländern haben als die wesentliche mögliche Erwerbs- bzw. Unterhaltsquelle den Anbau von Agrarpflanzen oder das Halten von Nutztieren, also die landwirtschaftliche Betätigung. Das gilt auch für die Bewohner von Slums in oder an den Städten, denn diese Slums formen sich dort meist aus Leuten, die aus ländlichen Regionen kommen und in die Städte streben, weil sie von der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht mehr leben können und deshalb versuchen müssen, in den Städten Arbeit (oder jedenfalls Gelegenheitsarbeit) zu finden, um zu überleben.

Gigantische Agrar-Überproduktion

Es gibt eine weltweite gigantische Agrar-Überproduktion in der Größenordnung des Doppelten an Agrarprodukten, die hergestellt werden, als zum menschlichen Konsum gebraucht würde. Mit anderen Worten: Die Menschheit produziert Agrarprodukte für 12 Milliarden Menschen, während sie bisher „nur“ etwa aus 6 Milliarden besteht. Das führt zu niedrigeren Preisen.

Der Hauptgrund für die niedrigen Preise ist aber ein ganz anderer: Die entwickelten Industriestaaten, das betrifft vor allem die USA, Japan und die Länder der EU (in geringem Masse auch Kanada, Australien und Südkorea), haben einen höheren Lebensstandard als die Schwellen- und Entwicklungsländer. In den „reichen“ Ländern könnte sinnvolle landwirtschaftliche Produktion für die menschliche Ernährung aufgrund der niedrigen zu erzielenden Preise (Weltmarktpreise) für Agrar-Rohprodukte nicht betrieben werden. Um trotzdem nicht völlig ohne landwirtschaftliche Produktion dazustehen, subventionieren diese Staaten daher ihre Agrarprodukte, das heißt, sie kaufen sie von den Produzenten zu Preisen deutlich über Weltmarktniveau und verschleudern sie anschließend zu Preisen um oder unter Weltmarktpreisen auf den Märkten der Welt.

Dieser Mechanismus erniedrigt die Weltmarktpreise immer weiter. Zwar gab es in letzter Zeit bei einer Reihe von Agrarprodukten eine geringfügige Erholung, weil gegenwärtig eine hohe Anzahl von Menschen in die Kondition von Konsumenten von höherwertigen Agrarprodukten hineinwachsen, das betrifft vor allem Teile der Bevölkerung in China und Indien. Aber dieser Effekt ist zeitlich begrenzt und betrifft nur einige Agrarprodukte. Generell werden die Welt-Agrarprodukte zu Preisen gehandelt, die in der Herstellung für kleine Bauern selbst in den ärmsten Ländern der Welt nicht zum Lebensunterhalt ausreichen.

Nur wenn man sie in riesigem Umfang auf gigantischen Flächen in Mega-Monokulturen mit vollem Maschineneinsatz und anderen modernsten Methoden in Intensivlandwirtschaft anbaut, kann man zu diesen Preisen noch einen Überschuss erzielen.

Die niedrigen Preise treffen allerdings keineswegs auf industrialisierte Produkte zu. Wenn wir Produkte einer der großen Marken kaufen, z.B. Nestlé, so zahlen wir horrend hohe Preise, die wiederum zum Hunger auf der Welt beitragen, weil diese Produkte für die Armen wirklich unerschwinglich sind. Dafür machen die großen Agrarkonzerne aber Profite, die den Managern dort die Freudentränen in die Augen treiben.

Der offiziell angegebenen Profit (der wirkliche ist natürlich höher) von Nestlé z.B. für das Jahr 2006 ist 7,5 Milliarden Dollar.

Ausdruck von Raffgier

Auch die aktuelle massive Anhebung von Milch-Verkaufspreisen in den Supermärkten und Läden in Deutschland hat nichts mit diesem Problem zu tun, sondern ist schlicht Ausdruck von Raffgier. Die Konzerne der Agrarwirtschaft, die Großhändler und die Supermarkt-Giganten wollen absahnen. Sie halten ihre Profite für gering im Vergleich zu anderen Brachen und beschlossen, dies zu ändern.

Es geht also nicht um die Endverbraucherpreise von Lebensmitteln, es geht um die Ankaufspreise von Roh-Agrarprodukten. Zwischen beiden bestehen selbst bei Produkten, die so gut wie nicht verändert wurden, auf dem Weg vom Bauern zum Supermarktregal Preisunterschiede im Bereich des Dreifachen, des Vierfachen oder des Fünffachen.

Die jährlichen Ausgaben der EU allein für die Agrarsubventionen belaufen sich auf etwa 50 Milliarden Euro. Da sind aber noch nicht eingeschlossen die horrenden Ausgaben für die Bürokratie in Brüssel, die im Wesentlichen die Agrarsubventionen verwaltet. Zugute kommen diese Subventionen hauptsächlich Großagrariern und Konzernen. Damit konterkarieren sie auch noch ihren angeblichen Zweck, dem kleinen Bauern das Leben von der Landwirtschaft zu ermöglichen. Sie tragen im Gegenteil durch Begünstigung der Großagrarier in der Konkurrenz zusätzlich zum Bauernlegen bei.

Hier in Brasilien, von wo dieser Beitrag geschrieben wird, kann man all dies exemplarisch analysieren. Die Slums, hier Favelas genannt, in den großen Städten São Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte, gab es nicht (oder nicht so) in den Vierziger Jahren.

Brasilien: Unmöglich, noch ein Auskommen zu haben

Hauptsächlich im Nordosten Brasiliens, das im Landesinneren wegen des extrem trockenen Klimas sowieso schon schwierige Bedingungen für die Landwirtschaft hat, vermehrte sich die Bevölkerung in schnellem Rhythmus. Soweit sie Landarbeiter auf den Gütern der Großgrundbesitzer waren, wurden sie durch die beginnende Mechanisierung der Landwirtschaft zum Teil arbeitslos. Soweit sie ein Stück eigenes Land hatten, machten es ihnen die fallenden Preise der Agrarprodukte mehr und mehr unmöglich, noch ein Auskommen zu haben, speziell dann, wenn die Familie rasant größer wurde, ohne dass man die Möglichkeit gehabt hätte, zusätzliches Land hinzu zu kaufen oder zu pachten.

Das Ergebnis war die Abwanderung in die Ballungszentren im Südosten Brasiliens, konzentriert auf die drei genannten Großstädte. Insgesamt etwa 30 bis 35 Millionen Personen aus dem Nordosten zogen südwärts und siedelten sich dort, an ihren Rändern oder zum kleineren Teil auch in anderen Städten an. So bildeten sich die Favelas, in Rio de Janeiro hauptsächlich auf den Hügeln der Stadt, in São Paulo und Belo Horizonte an der Peripherie der Stadt.

Während der Zeit der brasilianischen Militärdiktatur (1964 bis 1988) wurde diese innere Migration noch verschärft durch die völlige Rechtlosigkeit, die in den weiten Flächen des Nordostens Brasiliens herrschte bzw. einzog. Großgrundbesitzer, eng mit den Militärs am Ruder verwoben, ließen Pistoleiro-Banden die Kleinbauern vertreiben und eigneten sich deren Land an.

Noch heute sind die weit überwiegende Mehrzahl der Familien in den Favelas sich bewußt, von wo sie kamen. Viele haben noch Verwandte im Nordosten. Die meisten können zumindest angeben, aus welchem Staat sie bzw. ihre Eltern oder Grosseltern kamen: Pernambuco, Bahia, Piauí, Alagoas, Rio Grande do Norte, Ceará, Maranhão usw.

In den Ballungszentren im Südosten wurde die Autoindustrie angesiedelt: VW, GM und Ford im Grossbereich São Paulo, Fiat in Minas Gerais in der Nähe von Belo Horizonte. Später kamen Peugeot in den Staat Rio de Janeiro und Renault nach Paraná. Da wurden Arbeitskräfte gesucht und dahin strebten die Migranten wie von Magneten angezogen.

Im Prinzip liesse sich diese Bewegung wieder umkehren. Man könnte den Familien wieder Land zur Verfügung stellen und sie würden das Leben dort mit Sicherheit dem in den Favelas vorziehen. Aber dafür müssten die landwirtschaftlichen Produkte zu Preisen verkauft werden können, die den Familien ein Auskommen ermöglichen.

Das Problem der Agrarpreise ist also: Sie sind zu niedrig, nicht zu hoch!

Zwar müssten die Kleinbauern dann (wenn die Agrar-Rostoffpreise auf ein vernünftiges Niveau ansteigen) auch mehr für die Lebensmittel zahlen, die sie nicht selbst erzeugen, aber das ist unbeutend, wenn man selbst bestimmen kann, was man erzeugt und damit alles wesentliche selbst hat. So wie früher auch in Deutschland, haben die Bauern meist auch Gärten, in denen sie für den eigenen Bedarf pflanzen. Das wichtigste für einen Kleinbauern ist, dass er vernünftige Preise für seine Erzeugnisse erzielen kann.

Das Problem ist also nicht, dass die Entwicklungsländer Agrarprodukte in die entwickelten Länder exportieren müssten oder sollten, damit es ihnen besser geht, wie irrtümlich in diesem Artikel von Sabine Kebir angenommen wird. Dies würde, wie sie richtig bemerkt, tatsächlich im wesentlichen den Superreichen in den Entwicklungsländern zugute kommen, die heute schon im Geld schwimmen.

Allerdings können Kleinbauern auch indirekt von Exportmöglichkeiten profitieren. Im „Minas-Dreieck“ (Triangulo Mineiro) in Brasilien z.B. gibt es noch eine ganze Reihe von kleineren Bauern und auch eine Anzahl von Kooperativen, also Zusammenschlüssen von Kleinbauern, die gemeinsam einen Maschinenpark unterhalten und eventuell auch gemeinsam ihre Produkte verkaufen und gemeinsam Dünger und Saatgut einkaufen.

Viele von ihnen bauen Baumwolle an, weil dort die Boden- und Klimabedingungen gut dafür sind. Der globale Handelskonzern Cargill hat dort in der Nähe der Stadt Ueberlandia eine grosse Aufbereitungsfabrik, die den Bauern und Kooperativen die Roh-Baumwolle abkauft. Der Preis orientiert sich am internationalen Roh-Baumwollpreis, der täglich in Dollar an der Chicagoer Rohstoffbörse festgelegt wird. Die aufbereitete Baumwolle wird von Cargill dann auf die internationalen Märkte gebracht.

Es geht aber hauptsächlich darum, dass Kleinbauern (im wesentlichen) für den heimischen Markt produzieren und damit ein auskömmliches Leben sichern können. Solange auf die Märkte der Entwicklungsländer aber subventionierte spottbillige Agrarprodukte aus reichen Ländern drängen, ist daran nicht zu denken.

In diesem Zusammenhang hat sich auch Fidel Castro bereits zum Problem des Anbaus von Pflanzen zur Erzeugung von Kraftstoffen geäussert. Er hat offenbar die Grundlagen kapitalistischer Landwirtschaft bis heute nicht gelernt und gemeint, die Verwendung eines Teils der Anbaufläche für Bio-Sprit würde die Lebensmittelpreise hochtreiben und damit den Armen nur schaden. Das ist, bezogen auf einen Markt, der mit einer etwa 100%igen Überproduktion arbeitet, schlicht Unsinn.

Das Problem der Armen ist nicht, dass es keine oder wenig Lebensmittel gibt, sondern das sie sie nicht kaufen können!
Dass sie sie nicht kaufen können, liegt nicht an zu hohen Preisen, sondern am Mangel an Geld! Der Mangel an Geld liegt an den zu niedrigen Ankaufspreisen für Agrarprodukte!


Hatte Fidel Castro recht?

Nun hat sich auch ein katholischer Dominikanerpater, der mit der inzwischen vom Papst verbotenen Befreiungstheologie zu tun hatte, Frei Beto, in Brasilien zu diesem Thema geäussert. Er meint, Fidel Castro habe recht. Er meint, die Bio-Treibstoffe, weil sie anstelle von Nahrungsmittel angebaut würden, seien für noch mehr Hungertote verantwortlich und nennt sie daher „Todes-Sprit“.

Er behauptet, durch die Umwidmung von Feldern in Brasilien zum Zuckerrohranbau für Bio-Ethanol als Benzinersatz würden in Brasilien weniger der traditionellen Nahrungsmittel angebaut, was zu horrenden Preiserhöhungen geführt hätte.

Zitat:
„In Brasilien selbst, (...) habe die Bevölkerung im ersten Halbjahr dieses Jahres für Nahrungsmittel dreimal soviel ausgeben müssen wie im gleichen Vorjahreszeitraum.“

Wenn das wahr wäre, würde der Berichterstatter hier nicht mehr im Internet schreiben. Eine Preiserhöhung um die behaupteten 200% hätte ganz Brasilien aus den Angeln gehoben und Millionen und Abermillionen von Hungertoten verursacht. Nichts dergleichen ist geschehen!

Zwar sind die Grundnahrungsmittel wirklich deutlich stärker in den Preisen angehoben worden als die offizielle Inflationsrate von 3,5% jährlich, aber eben auch nicht um mehr als 10 % in einem Jahr. Zudem haben die Gründe dafür mit der unendlichen Profitgier der Reichen zu tun und nicht mit dem Anbau von Zuckerrohr.

Frei Beto hat mit vielem in seinem Artikel recht. Tatsächlich sind die Arbeitsbedingungen der Landarbeiter, die auf brasilianischen Zuckerrohrfeldern arbeiten, katastrophal, während die Bezahlung zur gleichen Zeit kümmerlich ist. Tatsächlich gibt es im Zuckerrohranbau in abgelegenen Gegenden Sklavenhaltung, siehe hierzu auch im Artikel: „Brasilien und Sklaverei“.

Ethanol- und Zuckerfabrik in Brasilien

Tatsächlich sind die Grossgrundbesitzer, die Zuckerrohr für Alkohol anbauen, in grossem Masse in Aktionen des „Abzweigens“ öffentlicher Gelder in die eigenen Taschen verwickelt. Tatsächlich sind sie zu wesentlichen Teilen für die Binnen-Migration in Brasilien verantwortlich und damit auch für das Elend in den Favelas und die damit zusammenhängenden Probleme der Gewalttaten, des Drogenhandels, des Menschenhandels usw.

Nur hat das alles nichts mit der Verwendung eines großen Teils der Zuckerrohrernte zur Herstellung von Alkohol als Benzinersatz zu tun, den es ja erst seit einigen Jahrzehnten gibt und der heute verstärkt eingesetzt wird. Frei Beto sagt nämlich völlig zu Recht, das Meiste davon trifft bereits seit der Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal zu, also seit 1822.

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Frei Beto behauptet auch, es habe eine Ausweitung von Zuckerrohranbau in Gebiete hinein gegeben, wo vorher Soja angebaut wurde. Dadurch sei ein verstärktes Abholzen des Amazonas-Regenwaldes zum Gewinnen von Feldern für den Soja-Anbau verursacht. Das ist Unsinn.

Das Jahr für Jahr stärkere Abholzen und Abbrennen von Regenwald-Flächen, um darauf später Soja anzubauen, hat nichts mit einer Migration des Soja-Anbaus aus anderen Regionen zu tun. Die Vernichtung von Regenwald für Soja-Anbau wird bereits seit Jahrzehnten durchgeführt, lange vor dem gegenwärtigen Alkohol-Boom.

Regenwald-Abholzung Brasilien

Die Beschleunigung in den letzten Jahren hat dagegen sehr viel damit zu tun, dass man den Bock zum Gärtner gemacht hat im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso, der eine grössere Ausdehnung als Deutschland hat. Dort wurde vor 6 Jahren der „König der Soja“ und grösster Soja-Anbauer der Welt mit Namen Maggi zum Gouverneur (Ministerpräsident) des Staates gewählt und er baut seine Anbau-Areale seitdem mit noch höherer Geschwindigkeit in den Norden des Bundesstaates aus, der vor Jahren noch wesentlich aus unberührtem Regenwald bestand. Maggi ist Teil der Regierungskoalition Lulas und als solcher ein wichtiger Verbündeter des Präsidenten.

Siehe dazu auch „Abholzen und Abbrennen“:

Schließlich gibt es da noch die bewusst in die Öffentlichkeit lanzierte Tatsache, dass der Preis von Mais deutlich gestiegen ist, speziell in Nordamerika. Es wird wieder und wieder behauptet, dies sei durch die teilweise Verwendung des angebauten Mais für die Herstellung von Alkohol in den USA verursacht. Auch das ist eine Legende.

Der Grund für die höheren Mais-Preise ist Monsantos Genmais. Er ist inzwischen schon so weit in den USA und Kanada verbreitet, dass bereits fast alle Nicht-Gen-Maisfelder durch Samenflug verunreinigt wurden und mehr und mehr auch schon aus Gen-Mais bestehen. Monsantos Gen-Mais ist resistent gegen Monsantos Unkrautvernichtungsmittel ‚Roundup’ und damit ein idealer Profitbringer für den Chemie-Konzern.

Die Bauern, deren Maisfelder durch Gen-Mais verunreinigt wurden, können nicht etwa eine Entschädugung dafür von Monsanto fordern, nein, es ist genau umgekehrt: Monsanto weist mit Proben aus den Feldern nach, das dort zum Teil der von dem Konzern patentierte Mais wächst und verlangt Lizenzzahlungen von den Bauern. Auserdem dürfen die Bauern nicht mehr einen Teil der eigenen Ernte zur Aussaat im nächsten Jahr verwenden, sondern werden gezwungen, das Saatgut von Monsanto zu kaufen.

Die höheren Gerichte in den USA und Kanda haben in allen Fällen der Monsanto Recht gegeben und die Bauern verurteilt. Zudem müssen die Bauern jedes Jahr grössere Mengen von Roundup ausbringen, um Unkraut fernzuhalten.

Das hat den Anbau von Mais in Nordamerika deutlich verteuert und nun haben die Landwirte auch höhere Abnahmepreise für ihren Mais durchgesetzt. Dadurch sind in Mexiko, wo die Tortillas aus Mais Grundnahrungsmittel sind, die Lebensbedingungen der Armen noch weiter verschlechtert worden. Das wiederum hat nun zu ständig wiederholten Behauptungen geführt, dies hinge mit der Verwendung von Mais zur Alkoholherstellung zusammen, die dann von Fidel Castro und nun auch von Frei Beto aufgegriffen wurden.

In Wirklichkeit handelt es sich um gezielte Desinformationen aus Kampagnen, gesponsert von Konzernen der Ölindustrie, der Automobilindustrie und der Energieversorgung, die dann von gutgläubigen Menschen nachgeplappert werden oder von solchen, die sich glauben profilieren zu müssen.


Veröffentlicht in "Nachrichten - heute" am 6. August 2007

Originalartikel

Mittwoch, 1. August 2007

Flugzeugunglück: Elf Piloten reklamierten am Vortag

Brasilien: Die Piste war rutschig und mit Aquaplanung

Von Karl Weiss

Am Nachmittag des 31.Juli wurde in Brasilien ein ausschlaggebender Fakt durch die parlamentarische Untersuchungskommission zum Luftfahrt-Desaster veröffentlicht: Am Vortag (16.7.07) des Unglücks vom 17. Juli hatten unabhängig voneinander elf verschiedene Piloten offiziell eine Reklamation protokollieren lassen.

TAM Crash São Paulo

Alle bezogen sich auf die Piste der Haupt-Start- und Landebahn des Flughafens Congonhas in São Paulo, wo am darauffolgenden Tag das größte Unglück der brasilianischen Zivilluftfahrt mit 199 Toten geschehen sollte. Alle Reklamationen gingen darüber, die feuchte Piste sei rutschig und/oder es gäbe Aquaplaning bei Regen.

Trotzdem haben die Betreibergesellschaft des Flughafens, die Luftaufsichtsbehörde und die Luftfahrtgesellschaften die Piste nicht schließen lassen - jedenfalls bei Regen. Damit haben sie sehenden Auges das Desaster des folgenden Tages in Kauf genommen.

Nun steht fest: Das Unglück war ein grob fahrlässiger „Massenmord“!

Was viele Beobachter bereits vermuteten, hat sich bewahrheitet (auch wenn noch andere, untergeordnete Ursachen für dieses Luftfahrtdesaster auftauchen sollten): Es ist klar, der Hauptgrund war die Piste, die bei Regen hätte gesperrt werden müssen – schon gar für ein Flugzeug, bei dem die Schubumkehr nicht funktionierte!

Es ist schon klar, zumindest ein weiterer Fehler muss noch hinzukommen, denn das Durchstartmanöver hätte theoretisch funktionieren müssen, aber dies kann nicht mehr von der Hauptursache ablenken.

Reklamationen von Piloten müssen nach den Regeln der Zivilluftfahrt in eine Art Logbuch des Fluglotsen eingetragen werden. Allerdings gehen die Regeln nicht soweit, dass dieses Logbuch öffentlich sein müsste, nicht einmal für die mit der Luftfahrt beschäftigten Seiten.

Allerdings hat der Kommandierende General der brasilianischen Luftwaffe diese Eintragungen gesehen – in Brasilien ist die Luftwaffe für die Luftraumüberwachung zuständig - und hat die entsprechende Seite des Logbuchs der parlamentarischen Untersuchungskommission in Brasiliens Hauptstadt Brasilia zukommen lassen. Dort fand sich glücklicherweise niemand, der diese Information unterdrückt hätte. Im Einvernehmen mit den Kommissionmitgliedern hat der amtierende Kommissions-Präsident sie an die Medien freigegeben.

Im einzelnen wird erwähnt, welche Piloten von welchen Flügen reklamierten. So z.B. der Flugkapitän des Flugs 1879 der Gol, der bemerkte, die Piste „habe wenig Griff“. Dann der Pilot des Fluges 1203 der gleichen Luftlinie, der aufschreiben liess, die Landebahn sei „sehr rutschig“. Gleich danach war es der Kapitän des Fluges 3006 der TAM, der protokollieren liess, die Piste sei „ausgesprochen rutschig und mit Aquaplaning“. Daraufhin wurde eine Überprüfung der Landebahn angesetzt, die aber zum Ergebnis kam, es seien weder Pfützen noch Wasserflächen auf der Bahn.

Unmittelbar danach landete der Flug 4763 der Fluggesellschaft Pantanal dort und rutschte von der Piste, drehte sich um 180 Grad und kam auf dem Rasen zum Stehen, ohne dass sich jemand verletzt hätte.

Die Piste wurde für eine Zeit geschlossen, aber niemand hielt es für nötig, sie bei Regen zu sperren.

Der Präsident der Betreibergesellschaft der brasilanischen Flughäfen, ebenfalls ein General, war gerade in der Befragung durch den Untersuchungsausschuss, als die Nachricht dort ankam. Ein Abgeordneter befragte ihn dazu. Seine Antwort: Es hätte an jenem Tag andere Piloten gegeben, die nicht reklamiert hätten, sondern die Landebahn in perfektem Zustand befunden hätten.

So reagieren Leute, die wissen, sie haben 199 Menschenleben auf dem Gewissen.

Was sind die Gründe für so viele Irrtümer?

- Die Flugaufsichtsbehörde und die Regierung tat nichts, um die Landebahn oder den Flughafen zu sperren, denn sie war sowieso schon unter starkem Druck durch die gigantischen Verspätungen und Flugausfälle, die hauptsächlich durch defekte und veraltete Luftüberwachungsgeräte und andere Zeugen der mangelnden Investitionen der letzten Regierungen Brasiliens in die Infrastruktur der Ziviluftfahrt verursacht waren.

- Die Betreibergesellschaft der Flughäfen wäre ebenso unter stärksten Druck geraten, wenn sie noch mehr Verspätungen und Flugausfälle verursacht hätte. So entschied sie lieber einen Unfall zu riskieren.

-Die Fluglinien mussten sowieso schon Profit-Einbussen hinnehmen, denn die massiven Verspätungen und Flugausfälle hatten ihnen bereits Passagiere genommen. So waren auch sie zu jedem Risiko bereit, um noch massivere Verluste zu vermeiden.

So ist das mit dem Fluch der bösen Tat (in diesem Fall mangelnde Investitionen in die Zivilluftfahrt der letzten Regierungen), die immer neues Böse muss gebären: In diesem Fall eine Flugzeugkatastrophe mit 199 Toten!


Veröffentlicht am 1. August 2007 in der "Berliner Umschau"

Originalartikel

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