Montag, 1. Dezember 2008

Durchbruch in der Energieversorgung?

Eine Erfindung, die längst gemacht worden war

Von Karl Weiss

Eine Erfindung, die für die ganze Stromversorgung und sogar die weltweite Energieversorgung einen Durchbruch darstellt, aber im Moment nur für Laptops und Handys gedacht - und doch auch ein Prinzip, das längst bekannt ist und schon weitgehend angewandt wird. Marin Soljacic hat lediglich zwei bekannte Tatsachen zusammengefügt – und schon scheinen gewaltige Probleme gelöst. Warum hat das nicht längst vorher jemand gemacht? Es hat! Und die Anwendung der Erfindung wurde bewusst verhindert!

Doch langsam von vorne: Strom kann durch die Luft übertragen werden. Das weiss man schon seit langem. Es wird überall auch schon angewandt, nämlich in den Transformatoren. Da werden ja zwei elektrische Spulen, die – wenn Strom durch geleitet wird - zwei starke Elektromagneten darstellen, direkt nebeneinander angebracht, aber ohne physischen Kontakt und der Strom wird – und zwar durch magnetische Wellen – von einer Spule auf die andere übertragen.

Das sind nicht elektromagnetische Wellen, die wir ja für alle Art von Funkverkehr benutzten und von denen wir wissen, sie werden durch die Luft – oder auch durch luftleeren Raum – übertragen, das sind magnetische Wellen, die also von Magnet-Nord nach Magnet-Süd schwingen und ebenso durch den Raum übertragen werden. Der Fachbegriff dafür ist Induktion.

Andere bereits bekannte Anwendungen: Die Magnet-Schwebebahn, die Induktionserhitzung von Metallen bei der Härtung, die Zahnbürste, die aufgeladen wird, indem man sie in den Halter steckt und der Kochtopf, der durch Induktion direkt erhitzt wird – ohne heiße Herdplatte.

Nun , das ist alles grundlegende Elektrophysik, wie sie in der Mittelstufe gelehrt wird. Was soll da neu sein? Nichts!

Warum übertragen wir dann Strom immer über Draht und nie durch die Luft? Na sehen Sie!

Es gab da den berühmten Physiker Nikola Tesla, der den Wechselstromgenerator erfunden hat, also DIE Basis der heutigen Stromversorgung. Er wurde für seine Arbeiten damit geehrt, dass man eine international verwendete Einheit, die der Stärke eines Magnetfeldes, mit seinem Namen belegt hat: Ein Tesla. Er wollte das Prinzip schon Anfang des 20. Jahrhunderts anwenden. Er baute 1904 sogar einen Turm auf Long Island vor New York, den Wardencliff-Tower, mit dem er Strom über den Atlantik übertragen wollte. Allerdings stoppten ihn dann seine Geldgeber. Man wollte keine Stromquelle, an der sich jeder bedienen konnte.

Der Wardenclyffe Tower von Nikola Tesla

Das wäre ja Kommunismus und Kommunismus ist schließlich der Erzfeind. Im Kapitalismus muss man genau wissen: An einem Ende des Drahtes gibt ein Unternehmen den Strom ein und am anderen nimmt ein Konsument ab und es muss genau gemessen werden, wieviel, denn schließlich wollen wir ja Profit machen und dazu muss der Verbraucher zahlen – und zwar nicht zu knapp!

So hat denn der Kapitalismus die breite Anwendung dieser Technik verhindert. Doch jetzt will man trotz Kapitalismus darauf zurückkommen. Warum? Weil die Technologie der Batterien (genauer: Akkumulatoren) einfach nicht vorwärts kommt und weil heute weitaus mehr Akkus verwendet werden als früher. Wer auch immer ein Handy hat, einen Laptop oder eine elektronische Kamera, weiss: Ob der Akku nun Lithiumhydrid heißt oder sonstwie, er hat eine äußerst geringe Kapazität, die dann im Verlauf der Zeit auch noch drastisch sinkt, und ist fast immer das erste Teil des Geräts, das den Geist aufgibt.

Dazu kommt: Man muss zum Aufladen andauernd ein spezielles Kabel mit sich herumschleppen. Die Kabel sind international nicht vereinheitlicht, sondern bei jeder Firma verschieden und man braucht außerdem immer eine Steckdose, die einem aber zum Beispiel auf Reisen nicht so einfach zur Verfügung steht.

Der Berichterstatter kann da eigene Erfahrungen beisteuern. Damals ergab sich das Problem, man hätte bei den Wartezeiten zum Umsteigen auf Flughäfen seinen Laptop benutzen können, aber dessen Batterie hatte schon beim ersten Flug der Reise ihren Geist aufgegeben. Er machte dann in Flughafenwarteräumen Steckdosen ausfindig, die dort für die Geräte der Bodenreinigung angebracht sind und benutzte sie, ohne je erwischt worden zu sein.

All diesen Problemen will nun der Erfinder Marin Soljacic vom MIT (Massachusetts Institut of Technology) in Boston, USA, ein für alle Mal ein Ende bereiten. Er holte die Idee der Verbreitung von Strom durch die Luft aus der Schublade und regt nun an, sein Gerät (also eine Spule, die mit einer definierten Frequenz schwingt) in jedem einschlägigen Zimmer an der Steckdose anzuschließen. Welcher dafür ausgerüstete Verbraucher (mit eine Empfänger-Spule) auch immer ins Zimmer kommt (der auf die gleiche Frequenz eingestellt ist), wird sofort automatisch aufgeladen!

Drahtlos-Strom

Klingt gut, ist auch gut, aber es gibt natürlich eine weit interessantere Anwendung dieses Prinzips: Das Aufladen von Elektroautos in voller Fahrt oder jedenfalls an jeder Raststätte, während man am Imbißstand steht.

Alles, was uns heute noch daran hindert, vollständig und unmittelbar auf Elektroautos umzustellen ist ja die Frage des Akkus: Zu wenig Kapazität (oder zu schwer) und alle paar hundert Kilometer muss man für längere Zeit an die Steckdose.

Die Idee wäre, überall, zum Beispiel an Tankstellen, Raststätten und an der Seite der Autobahnen Spulen aufzustellen, die Elektrizität über die Luft an den Akku im Auto übertragen und so die Reichweite mit einer vollständigen Ladung noch weit über die heutige eines Benziners hinaus auszuweiten. Auch in der eigenen Garage könnte man statt der Steckdose die Spule verwenden und so automatisch aufladen, sobald das Auto drin ist (jeder Handy-Besitzer kennt heute das Problem, wenn man vergessen hat aufzuladen).

Hört sich gut an, nicht? Da gibt es allerdings noch die Details. Alle wirklich großen Erfindungen haben am Anfang nicht oder nicht richtig funktioniert wegen der Details. Man erinnere sich nur, wie Viele abstürzen mussten, bis der erste wirklich flog – oder der Sozialismus, der bis heute nur zeitweise funktioniert hat, weil man Details nicht oder nicht richtig vorausgesehen hatte.

Bei der Induktionsladung ist das Detail die Effizienz – außerdem funktioniert es noch nicht mit einer Spule in Bewegung. Abhängung von der Entfernung zwischen den beiden Spulen kommt nur ein Teil der Energie bei der anderen an. Das kann bis zur Hälfte gehen, was da verloren wird. Allerdings sagte Soljacic, er könne dies noch deutlich verbessern und das Problem mit der Bewegung auch. Man wird sehen. Die Industrie steht jedenfalls schon Schlange bei ihm.

Bei den Geräten macht das nicht viel aus. Wir akzeptieren heute ohne Murren, dass 80% der Energie beim Aufladen des Laptops als Wärme abgeführt wird. Beim Auto ist das dann schon etwas anderes.


Veröffentlicht am 1. Dezember 2008 in der Berliner Umschau

Freitag, 28. November 2008

Das Ende des Währungssystems

8 500 Milliarden US-Dollar

Von Karl Weiss

Nach eingehendem Studium aller vorliegenden Informationen zu den Rettungspaketen gegen die Finanzkrise und Wirtschaftskrise sowie zum wahren Umfang der Schieflagen, kommt der Berichterstatter zu folgendem Schluss: Wenn die Staaten versuchen werden, jede Bank, jedes Versicherungsunternehmen, jede Kreditkarten-Firma, sowie die großen und wichtigen Industriekonzerne zu retten, wird das zum Ende des bestehenden Welt-Währungssystems und Welt-Finanzsystems führen. Was danach ist, darüber kann man nur spekulieren.

Capitol, Washington (DC)

Die US Finanz-Informationsagentur Bloomberg hat einmal zusammengetragen, für was die US-Regierung bereits gebürgt bzw. Mittel verbindlich zugesagt hat und kommt auf einen Gesamtbetrag (der voraussichtlich innerhalb des nächsten Jahres fällig wird) von 8 500 Milliarden US-Dollar oder 8,5 Billionen US-Dollar (auf englisch: 8 500 Billion Dollars or 8,5 Trillion Dollars, das ist (etwa) eine acht mit 12 Nullen oder etwa 50% des BIP der Vereinigten Staaten).

Da sind irgendwelche Hilfen an die „notleidende“ US-Autoindustrie oder eventuell auch an die Autoteile-Industrie sowie die angekündigten Maßnahmen Konjunktur-Spritze, Infrastruktur-Investitionen und Steuererleichterungen noch gar nicht enthalten. Es kann ausgeschlossen werden, dass dies alles ganz locker aufgebracht werden kann durch weitere Verschuldung über „Dollar-Bonds“.

Barack Obama

Nach der Bloomberg-Agentur setzt sich der astronomische Betrag aus folgenden teilen zusammen:

· Die erste Teil sind Programme der Federal Reserve, der Notenbank der USA. Nach der Pleite der Lehmann-Bank hatte die Fed zwei große sogenannte Fazilitäten aufgemacht, mit denen vor allem Geldmarktfonds gestützt werden, die zusammen 2700 Mrd. Dollar ausmachen. Dazu kommt die Erweiterung des Kreditvolumens für Geschäftsbanken, das bereits vorher beschlossen worden war, in der Grössenordnung von etwa 2000 Mrd. Dollar. Als drittes hat die Fed in dieser Woche ein 800-Mrd.-Dollar-Programm zum Aufkauf von Problemhypotheken und sonstigen Kreditpapieren aufgelegt. Alles zusammen auf das Konto der Fed: 5 500 Mrd. Dollar.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

· Das zweite ist die US-Einlagensicherung. Diese Institution steht gerade für Schulden der US-Banken – und zwar in der Gesamthöhe von 1 400 Mrd. Dollar. Dazu kommt noch eine Hilfe für eine Tochter der General Electric mit 139 Mrd. Dollar, zusammen also 1539 Mrd. Dollar.

· Dazu kommt als drittes, was die Regierung bereits alles bindend zugesagt hat, darunter der 700-Mrd.-„bailout“-Plan für die Banken, die beteiligung des Staates mit 250 Mrd. Dollar an den neun größten Banken der USA, dazu auch noch, was bereits vorher in Bear Sterns investiert wurde, um den Verkauf an JPMorgan zu ermöglichen, die Gelder für AIG und noch ein paar „peanuts“ , zusammen nach Schätzung von Bloomberg 947 Mrd. Dollar.

· Der vierte größere Block ist das Geld, das der „Federal Housing“ mit einem Gesetz zur Verfügung gestellt wurde, um Hypotheken zu übernehmen, die voraussichtlich nicht bezahlt werden, das im wesentlichen die Grundlage der faktischen Verstaatlichung der beiden grossen Hypotheken-Organisationen ‚Fannie Mae‘ und ‚Freddie Mac‘ war, in einer Gesamthöhe von 300 Mrd. Dollar.

Der Rettungs-Plan

· Als fünfter größerer Block kommt dann noch die Zusage von weiteren 200 Mrd. Dollar an „Fannie“ und „Freddie“, wobei noch nicht geklärt ist, woher dies Geld kommen soll. Eventuell wird das noch in den 700-Mrd.-„bailout“-Plan eingegliedert, dann würde sich der Gesamtbetrag von 8,5 Billionen auf 8,3 Billionen Dollar verringern, was praktisch nichts ausmacht.

Dazu gibt es noch die Garantie in Höhe von 326 Mrd. Dollar, die der Citi-Group zugesagt wurden, falls sie benötigt werden sollten. Man hofft, dies wird nicht fällig werden und hat das deshalb nicht einbezogen.

Bush

Diese 8,5 Billionen Dollar sind also ausschließlich das, was zur Rettung des Finanzsystems vorgesehen war und ist. Es gibt auch andere große Kostenblöcke für den US-Haushalt, die nun deutlich ansteigen, so z.B. die Zinsbelastung für die Schulden, die ja nun deutlich mehr werden, aber auch die Rentenausgaben, weil nun die Generation der Baby-Boomer (die nach dem Zweiten Weltkrieg geborenen) ins Rentenalter kommen (2010 sind es 65 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges) und die steil ansteigenden Kosten von Medicare (für ältere Menschen) und Medicaid (für bedürftige Personen). Dazu kommt das traditionell sehr hohe Zahlungsbilanz-Defizit und das hohe Haushalts-Defizit.

Alle diese offenen Rechnungen (einschließlich der bereits bestehenden Staatsschulden) hat Professor Kotlikoff von der „Federal Reserve Bank of St. Louis“ aufgemacht, eine der führenden Institutionen der „US Federal Reserve“, der US-Zentralbank. Er kommt auf einen Gesamtbetrag von 65,9 Billionen Dollar (auf englisch 65,9 Trillion Dollars), was wohl gemerkt noch keine der nun eingegangenen Verpflichtungen durch FED, Regierung usw. beinhaltet. Demgegenüber sind die jetzt anstehenden 8,5 Billionen Dollar ja geradezu „Peanuts“.

Zum Vergleich hier, was die Höhe des GNI (Gross National Income) (in etwa: Brutto-Inlands-Produkt) der USA angeht, dies belief sich (letzte einigermaßen zuverlässige Zahlen) 2006 auf etwa 12 Billionen Dollar.

Und dies sind nur die Geldmengen in den USA, die aufgebracht und ins Wirtschaftsgeschehen gepumpt werden. Wenn man nun noch anfängt, was die deutsche Bundesregierung bereits garantiert hat (alle Spareinlagen in voller Höhe, das könnte sie nie aufbringen), was in Großbritannien bereits verbraten wurde, in Frankreich, Japan usw., dann kann man ohne jede Übertreibung sagen, diese völlig absurde Steigerung der staatlichen Verschuldungen können nicht von einem Finanzsystem aufgebracht werden, das sowieso in der Krise ist.

USA: Arbeitsloser Akademiker, Ende November 2008

Ganz zu schweigen davon, wenn man jetzt noch anfängt, alle größeren Unternehmen mit staatlicher Neuverschuldung vor dem Bankrott zu retten. Es ist (auch ohne dies schon) sicher, das Welt-Finanzsystem gibt diese zusätzliche Verschuldung nicht mehr her. Was das heißt, wurde kurz in einem früheren Artikel zu diesem Thema beschrieben:

„... dann würde eine Flucht aus dem Dollar einsetzen, die heute mit elektronischen Methoden innerhalb von Minuten einen Wertverlust von 50% ergeben kann (...). Der Dollarkurs im Keller, der Dollar als Reservewährung praktisch nicht mehr vorhanden, die Zuverlässigkeit des Dollar unterminiert, die Wirtschaftskraft der USA angeschlagen. Plötzlich würden die gewaltigen Importe der USA etwas in der Richtung vom Doppelten kosten, was praktisch nicht zu zahlen wäre. Damit würde der ganze Wohlstand in den USA auf ein deutlich niedrigeres Niveau geworfen, viele Fabriken geschlossen, viele Arbeiter auf die Straße gesetzt. (...)

Dollar Gasp

Dazu käme die akute Gefahr einer galoppierenden Inflation, denn die Importpreise sind ja plötzlich fast doppelt so hoch. Deshalb kann dem auch nicht mit Gelddrucken oder Anleihen-Ausgeben entgegengetreten werden, denn das hätte genau diesen Effekt, die Inflation anzuheizen.

Der einzige Ausweg in einer solchen Situation ist zuzusehen, bis man am Boden des Lochs angekommen ist und dann mit der Hände Arbeit langsam wieder zu versuchen herauszukommen.

Etwas Vergleichbares ist zum Beispiel mit Argentinien am 22. Dezember 2001 und in den darauffolgenden Wochen geschehen. Das alles bedeutet nicht das Ende des Lebens in jenem Land, aber bezogen auf die USA wäre es das Ende des Supermacht-Status.“

Heute kann man – bezogen auf die internationale Situation der unbegrenzten Neuverschuldung zur Rettung von Banken und Konzernen – darüber hinaus sagen. Das gesamte Währungs- und Finanzsystem könnte das nicht überstehen.

Wie es danach aussähe, ist ungewiss und unbeschreibbar. Der Begriff kapitalistische Barbarei ist sicherlich noch schwach dafür.



Veröffentlicht am 28. November 2008 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 27. November 2008

Ein Nachruf auf die US-Industrie?

Kaum zu glauben

Von Karl Weiss

Die Industrie in den USA gilt als eine der wichtigsten auf der Welt. Der größte Teil der Software auf der Welt wird dort hergestellt, man ist eine Nation der Luft- und Raumfahrt, die Ölkonzerne sind führend, die Automobilindustrie und ihre Zulieferer waren bis vor kurzem noch die größten der Welt. Und jetzt kommt ein „Nachruf auf die US-Industrie“? Wie das?

USA: Arbeitsloser Akademiker, Ende November 2008

In der „Süddeutschen“ wurde ein auf deutsch übersetzter Artikel eines US-Schriftstellers veröffentlicht, in dem er vom Ende der US-Industrie spricht und das Ganze als einen Nachruf bezeichnet. Er sieht den Bankrott aller drei großen US-Autohersteller voraus und meint, man habe sich das selbst zuzuschreiben.

Nun ist ein Schriftsteller natürlich kein Fachmann für Industriepolitik, aber er sicherlich ein Fachmann im „Amerikaner-Sein“. Und so erzählt er denn:

„Den meisten Amerikanern geht es so wie mir: Sie glauben, dass in Deutschland oder Japan ( ... ) bessere elektrische Geräte und bessere Autos als in Amerika hergestellt werden. Unter diesen Voraussetzungen ist es für die amerikanischen Automobilfirmen unmöglich, wieder rentabel zu werden, und zwar unabhängig davon, wie viele Kompromisse den Gewerkschaften noch abgerungen werden.“

Das erinnerte den Berichterstatter an die Zeit , als er in den USA arbeitete. Die Firma hatte ihm einen Chevrolet-Kleinwagen zur Verfügung gestellt, der schon zwei Jahre alt war. Für deutsche Verhältnisse war das kein Kleinwagen, so etwas in der Jetta-Kategorie, aber dort war es Kleinwagen. Das Hüpferchen gab drei Mal innerhalb eines halben Jahres den Geist auf und musste abgeschleppt und repariert werden

Als man dann einen der US-Kollegen fragte, ob das normal sei, antwortete der denn auch: „Ja, bei US-Wagen ist das normal. Wenn man einen zuverlässigen will, muss man einen Japaner kaufen.“

Insofern scheint der Schriftsteller also recht zu haben. Aber was wird dann, wenn Obama, wie er schon angekündigt hat, die drei US-Autobauer vor der Pleite retten wird? Wird der Staat überhaupt genug Geld dafür aufbringen können, nachdem man ja schon die Banken gerettet hat? Oder wird dann eines Tages eine Dollar-Anleihe des Staates ‚Vereinigte Staaten von Amerika‘ keine Käufer mehr auf dem Markt finden, so wie es jetzt der Bundesrepublik mit einer Anleihe ging?

Auf welcher Basis wird Obama die Autobauer retten wollen? Und die Autoteile-Industrie, die dann unweigerlich auch gerettet werden will? Wird man wirklich für so viele neue Schulden gut sein?

Oder wird an einem jener Tage dann eine Rallye gegen den Dollar beginnen, was das Ende der Supermacht wäre?

Der Schriftsteller meint:

„Aber so geht es der amerikanischen Industrie in fast allen Bereichen, und auch das enorme Wachstum der Informationstechnik hat sich erschöpft. Microsoft und Intel sind mittlerweile auch nur noch zwei Großunternehmen, die zu viele leitende Angestellte haben. Die Telekommunikation erlebte einen Boom, der schnell vorüberging.“

Nun, er übertreibt ein wenig. Es gibt sehr wohl erfolgreiche Industrie in den Vereinigten Staaten. Die Luft- und Raumfahrtbranche und der ganze militärisch-industrielle Komplex sind so stark wie je. Zwei der fünf Großkonzerne der Ölindustrie sind US-Firmen. Die ExxonMobil ist der wertvollste, auch der größte Konzern der Welt und der mit dem höchsten Profit. ChevronTexaco ist auch nicht viel kleiner. Die Pharmabranche ist weltweit führend, auch in der Chemie hat man erfolgreiche Unternehmen aufzuweisen, es gibt auch einiges im Maschinenbau und eben auch bei den Autozulieferern, so ist z.B. die US-Firma Dana der größte Teilezulieferer weltweit.

Tatsache aber ist, alle arbeitsintensiven Fertigungen wurden in Billiglohnländer ausgelagert und das hat den Arbeitsmarkt sehr belastet. Zwar weisen die USA offiziell nur 6% Arbeitslose aus (mit stark steigender Tendenz), aber das ist gewaltsam zurechtgestutzte Statistik wie in Deutschland. Das Doppelte dürfte der Wahrheit entsprechen.

Riesige Massenentlassungen stehen nun an.

Kapitalistische Wirtschaftskrisen sind unerbittlich und werde immer hauptsächlich auf dem Rücken der arbeitenden Menschen ausgetragen.

Diese jetzt beginnende allerdings kann auch einen zusätzlichen Effekt haben: Die überragende Stellung der USA als alleinige Supermacht könnte ernsthaft angekratzt oder sogar völlig untergraben werden. Insofern kann man da wirklich eventuell von einem Nachruf sprechen.


Veröffentlicht am 27. November 2008 in der Berliner Umschau

Montag, 24. November 2008

Jahr der schlechten Nachrichten

Jetzt will es niemand gewesen sein

Fest im Sand begraben

Von Karl Weiss

Ganz offen spricht CDU-Merkel von 2009 von "einem Jahr der schlechten Nachrichten", SPD-Steinbrück von „tiefster Krise der Bundesrepublik“. Mit keinem Wort gehen sie aber darauf ein, dass sie die Hauptverantwortlichen dafür sind. Sie haben mit der „Deregulierung des Arbeitsmarktes“, mit Hartz IV und den anderen Maßnahmen der „Agenda 2010“ die deutschen Löhne auf einen Tiefpunkt getrieben, mit einer fast 20%igen Mehrwertsteuererhöhung Kaufkraft aus dem Markt genommen. Jetzt ist die Binnennachfrage zusammengebrochen – welche Überraschung! Der Export, dadurch zur einzigen Hoffnung geworden, kann wegen des weltweiten Krebsganges nicht mehr helfen, also rutscht man in die Wirtschaftskrise. So als ob das nicht einfach vorherzusehen war, steht die Politik nun mit offenem Mund und staunt.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Wann werden CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne erklären: „Wir lagen falsch. Jetzt sehen wir das ein. Wir hätten stattdessen mit Lohnerhöhungen und Massensteuer-Senkungen den Innenmarkt beleben müssen. Wir werden unsere Parteien auflösen und hoffen, andere machen es besser.“?

Nun, das ist natürlich weniger wahrscheinlich als dass der Mond noch dieses Jahr auf die Erde fällt. „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr...“.

Deutschland: 2. Quartal 2008 gegen 2.Quartal 2007 BIP Lohn Konsum Vermögen
Deutschland: Brutto-Inlandsprodukt, Löhne, Konsum und Vermögen, Vergleich 2.Quartal 0 gegen 2.Quartal 07

Hat man denn jetzt wenigstens seine Hausaufgaben gemacht, gemerkt, dass die Binnen-Nachfrage angekurbelt werden muss und entsprechende Maßnahmen eingeleitet? Nichts, nicht eine einzige klitzekleine Hilfe für die Binnen-Nachfrage. Man sieht nicht nur seine eigenen Fehler nicht ein, man verbeißt sich in ihnen.

Was schlägt zum Beispiel J. Jahnke vor, ehemaliger stellvertretender Leiter der „Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung“ in London? Mehrwertsteuer auf 15% senken, Banken verstaatlichen, damit man wieder Kredit zur Verfügung stellen kann (die Banken verweigern Kredit zu normalen Bedingungen) und Solidaritätssteuer für hohe Einkommen und hohe Kapitalerträge einführen, um das gegenzufinanzieren.

Deutschland: Einzelhandelsumsatz 2006 - 2008 mit Trendlinie
Einzelhandelsumsatz in Deutschland 06 bis 08 mit Trendlinie

Da werden wir lange warten können, dass diese Regierung so etwas beschließt. Frau Merkel – da wird es schon wirklich grotesk – weist auf ein kleines Paket der EU für Innovationen hin, die Geld an Unternehmen verschleudern will. Werden diese Unternehmen damit Nachfrag am Markt schaffen durch Lohnerhöhungen? Natürlich nicht! Sie werden das Geld an ihre Aktionäre und Manager ausschütten, die sowieso schon alles haben und das auf die hohe Kante legen werden!

Deutschland: Einkommensverlust durch Mehrwertsteuererhöhung

Offenbar kennen diese Desaster-Parteien gar nicht das Wort „Nachfrage“. Die Krise bricht aus wegen mangelnder Nachfrage! Man muss Nachfrage schaffen, um die Tiefe der Krise zu verringern!

„Nein, Herr Weiss, da irren Sie sich. Es gibt überhaupt keine Nachfrage, Herr Weiss. Das sind Erfindungen von Sozialisten, Herr Weiss! Wir müssen nur dafür sorgen, dass das Angebot wieder erhöht wird, dann wird alles gut, Herr Weiss!“

Deutschland: Sparquote nach Einkommenskategorien
Das ist eine aufschlussreiche Statistik: In Deutschland spart offensichtlich jeder etwas, der kann; aber mit Hartz IV kann man eben nicht nur nicht sparen, sondern muss seine spärlichen Ersparnisse noch verbrauchen

Ja, so ist das mit verbohrten Ideologen. Was nicht in ihr Weltbild passt, wird ausgeblendet. Wenn man die Realität nicht erklären kann, spricht man von Zuversicht in die Zukunft. So wie Honecker, der darauf bestand, es gäbe einen Sozialismus in der DDR. Dass sich die ständig schlechter laufende Wirtschaft nicht mit sozialistischen Verhältnissen vereinbaren ließ, blendete er aus. So bleibt am Ende nur noch Klammern an die Macht, bei ihm damals und bei unseren Desaster-Parteien heute.

Selbst im eigenen Lager wird das bemerkt. Die internationale Ausgabe der „Financial Times“ vom 22. November 2008 begann dann auch einen Kommentar zu diesem Thema mit dem Satz: "Deutsche Politiker haben ihre Köpfe fest im Sand begraben".

Deutschland: "Verteilungsgerechtigkeit"

Ex-Bankier Jahnke schreibt dazu: „In vielen Ländern, vor allem USA, deuten die starken Einbrüche bei den Preisen (vor allem Öl und Rohstoffe ...), darauf hin, daß es jetzt zu einer Deflation kommen kann. Solche Situationen, wie sie z.B. Japan zehn Jahre lang erlitten hat, halten immer sehr lange an, zumal die Zentralbanken mit ohnehin abgesenkten Zinsen am Ende ihres Lateins sind. Hinzu kommt, daß wegen der von den Zentralbanken erzeugten enormen Liquiditätsschwelle die Zinspolitik der Zentralbanken immer weniger zu kontrollieren ist. So liegt derzeit in USA die effektive Zinsrate bereits um 0,6 % unter der offiziellen und damit nahe 0 %. Auch in Japan war eine Immobilien- und Bankenkrise der Auslöser und konnte die Zentralbank mit Zinssenkungen jahrelang nicht mehr helfen. Bei einer ausufernden Deflation sind die Preissenkungen so stark, daß sie die realen Schulden, die sich umgekehrt bei Inflation entwerten, hochtreiben. Dies wird bei ohnehin hohen Schuldenlasten, wie derzeit, eine sozial und wirtschaftlich enorme Belastung. Es kommt dann zu einer Spirale nach unten, in der auch die Absatzmärkte immer mehr wegbrechen.“

Allerdings, sei dazu angemerkt, war bei der damaligen japanischen Krise der Rest der Welt nicht in einer solchen, sodass man sich mit Exporten wieder herausarbeiten konnte.

Alt-EU der 15: Entwicklung Arbeitskosten von 2000 bis 2008
Hier sehen wir das Ergebnis der Agenda 2010 mit Hartz IV: Die deutschen Arbeitskosten entwickelten sich - im Vergleich zu 2000 - zu den niedrigsten der alten EU der 15

Jetzt, so schreibt Jahnke weiter „rächt sich die steil gestiegene deutsche Exportabhängigkeit bei miserabler Binnenkonjunktur.“

Alles Taten der Desasterparteien: Hohe Unterstützungen (Hermes Kredite) und Garantien für Exporte bei gleichzeitigem Herunterdrehen der Löhne – und jetzt will es niemand gewesen sein.

Deutschland: Exportabhängigkeit: Anteil Auslandsumsatz am Industrieumsatz 1995 bis 2008
Hier der Beleg für die stark angestiegene Exportabhängigkeit

Wenn nun behauptet wird, gegen Ende 2009 – also nach den Bundestagswahlen – werde alles wieder besser, ist das nichts als Pfeifen im dunklen Wald – und eine Verhöhnung der Wähler.


Veröffentlicht am 24. November 2008 in der Berliner Umschau

Montag, 17. November 2008

G 20: Die Brandstifter spielen Feuerwehr

Gespenster sehen

Von Karl Weiss

Die Vorstellung, das Treffen G20 in Washington bei Präsident Bush hätte irgendein praktisches Ergebnis haben können, ist abenteuerlich. Da treffen sich die Vertreter der Regierungen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer, genau jene, die für die Finanzkrise und die beginnende Weltwirtschaftskrise verantwortlich sind und sprechen darüber, wie diese Krisen zu bremsen seien und beim nächsten Mal zu verhindern.

Bush

Wenn diese Herrschaften sie verursacht haben, woher sollen sie denn nun plötzlich Rezepte nehmen, sie zu bekämpfen oder verhindern? So ist denn auch das einzige Ergebnis der Wunsch der Ausarbeitung von Vorschlägen, die im März einer neuen G20 vorgelegt werden sollen (bis dahin dürften fast alle 20 in der Wirtschafts-Krise sein).

Der Grund für beide Krisen, die Finanz- und die Wirtschaftskrise, ist die im Kapitalismus gesetzmässig auftretende Überproduktion, die einerseits zu überbordenden Kapital-Massen führt, die unweigerlich in die Spekulation gehen (und so die Finanzkrise verursachen) und andererseits in verzweifelte Versuche, mit noch mehr und noch effizienterer Produktion der Krise auszuweichen, die aber gerade durch diese Überproduktion verursacht ist.

Gerade die dort vereinigten Regierungschefs waren die Hauptverantwortlichen für die „Deregulierung“, die sämtliche vorher bestehenden Regeln des Finanzmarktes und des Arbeitsmarktes aufhob. Kein einziger von ihnen hat bis heute eine Erklärung abgegeben: „Wir haben Mist gebaut. Wir bitten um Entschuldigung und treten zurück.“ Im Gegenteil , man spielt sich auch noch als Arzt auf, wenn man selbst den Patienten krankenhausreif geschlagen hat.

Der Zwang zum Steigern der Profitrate, die aber gesetzmässig tendenziell fällt, macht aus der kapitalistischen Wirtschaft ein Chaos, einen tödlicher Raubbau an allen Rohstoffen, eine Unterdrückung und Ausbeutung der arbeitenden Menschen, ein unverantwortliches Missachten der natürlichen Umwelt, eine ständige Quelle von Krisen und Kriegen.

Joachim Jahnke, ehemaliger Vizepräsident der ‚Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung’ in London, schreibt dazu auf seiner Site ‚Informationsportal Globalisierung’.

„Was wollen die Großmächte mit dem G20-Gipfel erreichen? Die nächste Krise an den Weltfinanzmärkten verhindern? Wohl kaum. Denn der Markt wurde nicht von einem obskuren Hedgefond in die Luft gesprengt oder in sonst einer unbekannten Ecke des Finanzmarktes. Die Blase platzte unter den Augen der Regierungen in den auf [dem] Papier am stärksten überwachten Institutionen, nämlich den Banken, die mit viel höheren Kreditanteilen als die Hedgefonds spekuliert haben.“

Und: „Verhindern, daß die wichtigsten Handelspartner in der Krise gegeneinander arbeiten, indem jeder seine wachsende Arbeitslosigkeit zu den anderen exportieren will? Wohl kaum. Denn schon jetzt haben die beiden wichtigsten Überschußländer China und Deutschland Stützungsmaßnahmen für ihren Export und damit das Abdrücken von Arbeitslosigkeit ergriffen, China durch Steuernachlässe für Exportwaren, Deutschland durch eine Verbesserung der Ausfuhrbürgschaften. Deutschland vor allem hat bisher kein Konjunkturprogramm zur Stützung der heimischen Nachfrage aufgelegt und scheint sich weiterhin auf den Export verlassen zu wollen.“

Weiter: „Verhindern, daß die Zahl der Unternehmenspleiten mangels Kreditzugang weltweit explodiert? Wohl kaum, denn jedenfalls in Europa wurde nichts getan, um die Banken zu zwingen, Zinssenkungen und die Zusatzliquidität der Zentralbanken an die Produktionsunternehmen weiterzugeben.“

Und außerdem: „Und dann fegen die Regierungen, statt Notsteuern für die Wohlhabenden und Gutverdiener zu erheben, auch noch mit eigenen festverzinslichen Anleihen die Geldmärkte leer und verengen so den Zugang für andere. So konnte zum ersten Mal selbst die Bundesregierung ein neues 10-Jahres-Papier nicht am Markt unterbringen - eine geradezu unglaubliche Situation und Alarmzeichen, wie es größer kaum ausfallen könnte.“

Da versuchten also die Böcke zu gärtnern (Entschuldigung, Frau Merkel: Die Ziegen und Böcke). Und da wir gerade von Frau Merkel reden, die hat es auch noch fertiggebracht von einer erfolgreichen Veranstaltung zu reden, auf der „gemeinsame Anstrengungen deutlich“ geworden seien. Nun- sie hat ja nicht gesagt, für was und wessenthalben man sich angestrengt hat. Vielleicht hat man ja gemeinsam und unter Anstrengungen das ‚große Geschäft’ erledigt.

Und das Ganze unter der Schirmherrschaft von G. W. Bush, dem „Herrn des Universums“, der es fertiggebracht hat, den vernichtendsten Terroranschlag der Geschichte geschehen zu lassen, obwohl er leicht hätte verhindert werden können und der gleich zwei Kriege begonnen hat, die verloren sind. Kurz: Der Inbegriff des Erfolges!

So lassen wir denn erneut Herrn Ex-Bankdirektor Jahnke zum Schluss zu Wort kommen:
„Ohnehin kann die Gefahr weiterer Krisen nur gebannt werden, wenn die immer ungleichere Einkommensverteilung gestoppt und zurückgedreht wird. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, daß sich Kaufkraft wie ein gigantischer Wasserfall ins Kasino verirrt, statt der Realwirtschaft zu Verfügung zu stehen. Wird der Gipfel hier ansetzen? Da müßte man schon Gespenster sehen.“


Veröffentlicht am 17. November 2008 in der Berliner Umschau

Freitag, 14. November 2008

Deutschland: Wirtschaftskrise hausgemacht

Krise handgefertigt von SPDCDUGrüneCSUFDP

Von Karl Weiss

Nun ist es offiziell: Deutschland ist als erstes der großen EU-Länder in der Wirtschaftskrise. Das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) ist sowohl in zweiten Quartal (April, Mai, Juni) – um 0,4% - als auch im dritten Quartal (Juli, August, September) – um 0,5% - gesunken und damit ist die offizielle Definition des Eintritts in die Wirtschaftskrise erfüllt. All dies geschah also vor dem offenen Ausbruch der Finanzkrise im Oktober, wurde also nicht durch diese verursacht, hängt überhaupt nur sehr weitläufig mit ihr zusammen. Es handelt sich vielmehr um eine völlig hausgemachte Krise. Die Kaufkraft war bereits seit einiger Zeit in den Keller gefahren worden und nun verminderte sich – und brach dann ein – auch der Export. Ergebnis: Wirtschaftskrise.

Deutschland: Einzelhandelsumsatz 2006 - 2008 mit Trendlinie
Der Einzelhandelsumsatz in Deutschland spiegelt die verschlechterten Lebensbedingngen des durchschnittlichen Deutschen in der letzten Zeit wieder. Mit Schwankungen sinkt er unaufhaltsam seit 2006. Wer soll all die produzierten Güter kaufen, wenn die Leute schon am Nötigsten sparen müssen?

Was da hauptsächlich daran gedreht hat, war die Agenda 2010 von SPD und Grünen, die auch von CDU/CSU und FDP begeistert gefeiert wurde, die massiv die Löhne gedrückt und die Kaufkraft verringert hat und anschließend die große Koalition, die dem Inlandsmarkt den Todesstoss versetzt hat. Alles Geld wurde von Schröders und Fischers Gnaden und dann von Merkels und Steinmeiers Gnaden zu den Superreichen geschaufelt, während der reale Lohn (Lohn pro Arbeitnehmer minus Inflation) Jahr für Jahr in den Keller ging. Die Deutschen haben einfach nicht mehr das Geld, all die produzierten Güter zu kaufen.

Wirtschaftswachstum der Länder im 2. Quartal 2008 gegen Vorquartal
Einbrüche im Brutto-Inlandsprodukt (BIP) im 2.Quartal 2008 gegenüber dem Vorquartal: Deutschland zusammen mit Japan, Italien, Frankreich und der Kern-EU der 15 damals schon in den Negativen

Die Superreichen zockten mit all dem Geld, das ihnen da zukam und steckten die Gewinne ein. Die Verluste ließen sie nun bei den Banken, die wiederum von uns, den Steuerzahlern, aufgefangen werden. Eigentlich hätte diese Krise daher schon früher ausbrechen müssen, doch es gab eine Verzögerung, weil der Export noch boomte – bis ins Jahr 2008 hinein. Dafür wird es nun um so katastrophaler.

Welt: Wirtschaftswachstum 3/08 gegen Vorquartal
Hier also die aktuellste Statistik zum 3.Quartal 2008: Deutschland verlor weitere 0,5% der wirtschaftlichen Aktivität und ist damit offiziell in der Wirtschaftskrise

Hier einige Auszüge aus einem der meist gelesensten Artikel im Blog Karl Weiss – Journalismus vom 1. Dezember 2006 (!): „Die Wirtschaftskrise in Deutschland wird fürchterlich“.

Deutschland: Statistik von 2000 bis 2007 über BIP, Lohn, Konsum und Vermögenseinnahmen
Hier die entlarvende Statistik über die Vorgeschichte der Krise in Deutschland: Die Nettolöhne je Arbeitnehmer (und der Konsum) bleiben vom 4. Quartal 2000 bis zum 4.Quartal 2004 praktisch unverändert, während die Produktiviät seit etwa dem 2.Quartal 2002 beständig steigt und die Unternehmens- und Vermögensgewinne zuerst zusammen mit der Produktivität, dann ab dem 3. Quartal 2003 explosionsartig ansteigen. Die Nettolöhne je Arbeitnehmer beginnen haargenau ab dem 1. Quartal 2005 mit ihrer Talfahrt, das war der Zeitpunkt der Einführung von Hartz IV.

„Speziell für Deutschland allerdings wird das Ganze zum Desaster werden. Das Wachstum ist sowieso schon spärlich, ...)“

„Doch damit nicht genug: Der deutsche Binnenmarkt gibt überhaupt nichts her. Kein Wunder, es hat in der deutschen inflationsbereinigten Lohnsumme seit 1991 nur negative Zahlen gegeben, also ständige reale Kaufkraftverluste. Die Renten, das Arbeitslosengeld, alles wurde zusammengestrichen. Die Massen haben kein Geld zu kaufen und damit die Krise zu verringern.“

„Aber auch das ist noch nicht alles: In ihrer unendlichen Weisheit hat die Bundesregierung genau für den Moment, in dem sich dies zuspitzt, zum 1. Januar 2007, die Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozentpunkten beschlossen. Das ist die größte Steuererhöhung der Geschichte der Bundesrepublik mit fast 20 % Erhöhung. Dies wird nach Experteneinschätzungen etwa zwischen 1 und 3% bezogen auf die ganze Wirtschaft ausmachen, sagen wir 2%. [Bezogen auf Einbruch der Kaufkraft]“

Deutschland 2000 bis 2008: Veränderung Konsum privater Haushalte mit Trendlinie
Der Konsum privater Haushalte bewegt sich in Deutschland seit 2000 in etwa um das Nullwachstum herum, mit einem deutlichen Trend nach unten. Dem scharfen Einbruch im 1. Quartal 2007 wegen der Mehrwertsteuererhöhung folgt zwar für ein Quartal eine gewisse Erholung, aber seit dem 3. Quartal 2007 geht es deutlich und unaufhaltsam bergab.

Ein Kommentator der „Financial Times Deutschland“ meint unter dem Titel „Das ist Ihre Rezession, Frau Merkel!“ zur aktuellen Situation:

Meseberg-Tagung Bundesregierung

„Das Drama ist, dass die Krise jetzt erst beginnt [gemeint ist: offiziell] - und die Bundesregierung bislang noch nicht realisiert zu haben scheint, was es für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Staatsfinanzen bedeutet, wenn die Abwärtsspirale einmal in Gang ist. Es wäre dringend an der Zeit, die Fehler einzugestehen und daraus die Konsequenzen zu ziehen: mit dem Auflegen eines wirklich spektakulären Konjunkturprogramms und erhöhter Überzeugungsarbeit bei Europas und vor allem Deutschlands Notenbankern. Aus Merkels Aufschwung wird jetzt Merkels Rezession.”

Der Kommentator hat allerdings vergessen: Auch unter Schröder wurde die Kaufkraft bereits massiv abgebaut. Frau Merkel ist also keineswegs Alleintäterin.

Schröder

In verschiedenen Artikeln und Meldungen der bürgerlichen Medien fällt auf, man „vergisst“ zu erwähnen, dies bezieht sich auf Dinge bis zum September. Statt dessen wird davon gesprochen, die Finanzkrise der USA habe nun auch die Realwirtschaft in Deutschland getroffen usw.

Ebenso wird in der Regel von mangelnden Investitionen und ähnlichem gesprochen. Doch höhere Investitionen hätten jetzt eine noch höhere Notwendigkeit der Vernichtung von Kapital hervorgebracht. Die wirkliche Ursache der Wirtschaftskrise, die Massen (in und außerhalb Deutschlands) können nicht mehr alles kaufen, was produziert wird, erwähnt niemand.

Kein Wunder, sonst müsste man ja zugeben: Marx hat Recht.

Karl Marx

So sei denn auch hier mit einem weiteren Zitat aus jenem Artikel vom 1. Dezember 2006 geendet:

„Aber so wie alles seine zwei Seiten hat, wird auch dies seine gute Seite zeigen.

Weit mehr Bundesbürger werden nun endgültig sehen: Der Kapitalismus hat keine Zukunft für sie und ihre Kinder. Ein System, das nur unermeßlichen Reichtum für eine winzige Minderheit und Arbeitslosigkeit, Krisen, Hunger, Not, Elend, Kriminalität, Krieg und Gewalt produzieren kann, muß weg! (...) Die Zeiten, als kaum einer den Kampf für nötig hielt, werden bald definitiv vorbei sein. Lebhafte, revolutionäre Zeiten stehen an!“


Veröffentlicht am 14. November 2008 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 13. November 2008

Die Herren der Welt feiern

Auch zwei schottische Pleite-Banken feierten ihre Macht über die Regierung

Von Karl Weiss

Die Bank-Herren in aller Welt haben nicht nur überall mit Erfolg ihre gehorsamen Dienern, den Politikern, befohlen, ihnen Milliarden aus Steuerzahlergeldern zur Verfügung zu stellen, nachdem sie sich verzockt hatten, sie haben auch, nachdem dies von der Öffentlichkeit geschluckt wurde ohne aufzumucken, jeweils Bank für Bank, Versicherung für Versicherung, diesen Beträgen angemessene Feiern veranstaltet, um sich über ihre Untertanen (sprich uns) im Geiste von Marie Antoinette lustig zu machen: „Wenn sie kein Brot haben, warum essen sie dann keinen Kuchen?“

Als die ersten beiden Feiern bekannt wurden, hätte man noch an einzelne Ausrutscher glauben können. Das größte Versicherungsunternehmen der Welt, die AIG, hatte für ihre Manager eine Woche im teuersten Ressort der Welt gebucht und dabei 300 000 Dollar von den Steuerzahler-Geldern ausgegeben.

Ressort St. Regis
St. Regis in Kalifornien, teuerstes Ressort der Welt

Der andere Fall war der französische Teil der Fortis Bank und Versicherung, der mit Milliardenbeträgen fit gemacht wurde, um verkauft werden zu können. Kaum war dies unter Dach und Fach, wurde ein gemeinsames Festmahl im teuersten Restaurant der Welt angesetzt, also ebenfalls eine Feier, die den Beträgen angemessen war, die da flossen. Siehe zu diesen bereits berichteten Fällen diesen Artikel: „...an die Sonnen“.

Aber nicht nur Feiern stehen da an, nein, man muss auch besonders hohe Bonus-Zahlungen für die Manager ansetzen und natürlich satte Dividendenausschüttungen für die Aktionäre. Hierüber wurde schon in diesem Artikel berichtet: „Können Sie das glauben?“.

Der Rettungs-Plan

Bis heute hat niemand weder im Fall AIG noch im Fall Fortis von den Managern, die da feierten, um sich über uns Idioten lustig machen zu können, die wir das alles bezahlen müssen, auch nur verlangt, für die Kosten selbst aufzukommen, geschweige denn sie versucht dazu zu zwingen. Es wurde also bereits deutlich: Gegenüber der Macht von Bank- und Versicherungsmanager sind Politiker, Staatsanwälte, Richter und sonstige eventuell Angesprochene völlig machtlos.

Restaurant Louis XV Monaco
Restaurant Louis XV in Monaco, teuerstes der Welt

Man kann diese Fälle auch nicht unter „Ausrutscher“ ablegen, weil nun nach und nach weitere Fälle bekannt werden. Die Manager können es einfach nicht lassen, auf unsere Kosten zu feiern, wenn sie uns doch so erfolgreich das Geld aus den Rippen geleiert haben.

Die nächsten zwei Fälle wurden jetzt aus Schottland bekannt. Das ist besonders kurios, da doch früher die Schotten als angeblich geizig galten. Beide schottischen Grossbanken, die „Royal Bank of Scotland“ (RBS) und die „Halifax Bank of Scotland“(HBOS), hatten sich weit über ihre Verhältnisse in Hoch-Risiko-Papiere begeben und waren baden gegangen. Die beiden mussten auf Anweisung ihrer Vorstandsetagen von der britischen Regierung mit insgesamt 32 Milliarden Pfund vor dem Bankrott gerettet werden, das sind annähernd 40 Milliarden Euro. Diese Summe entspricht fast dem ganzen Staatshaushalt Schottlands.

Die RBS ging mit gutem Beispiel voran. Sie setzte eine Champagnerparty in einem Luxushotel an, verlegte sie dann aber vorsichtshalber in ein Gebäude der Bank und verlangte Geheimhaltung, denn man ist natürlich nicht wild darauf, dass wir erfahren, sie lagen dort unter den Tischen vor Lachen über uns Trottel, die für ihre Zockereien aufkommen müssen. Die Geheimhaltung klappte aber nicht vollständig. Die „Daily Mail“ veröffentlichte, dort seien etwa 300 000 Pfund ausgegebene worden (müssen Ströme von Champagner der teuersten Sorte gewesen sein).


"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Da wollte sich natürlich die Konkurrenz von der HBOS nicht lumpen lassen. Es gelang ihr, in einem Luxushotel in Edinburgh eine noch teurere Feier zu veranstalten. Man ließ dort auch einen Fernseh-Komiker auftreten, der sich über die Finanzkrise lustig gemacht haben soll. Nun, diese Herren können natürlich leicht lachen. Es sind ja wir, unsere Kinder und Kindeskinder, die deren Rechnungen bezahlen werden.

Will sagen, wir werden dies so lange zu bezahlen haben, bis wir sie zum Teufel gejagt haben.


Veröffentlicht am 12. November 2008 in der Berliner Umschau

Dienstag, 11. November 2008

Brasilianische Fussballmeisterschaft und Südamerika-Cup im Endspurt

Spannende Endphase

Von Karl Weiss

Sowohl die letzten Spieltage der brasilianischen Fussballmeisterschaft als auch die Halbfinale und Finale des Südamerika-Cups (Gegenstück zum UEFA-Cup) versprechen extrem spannend zu werden.


Alle Fotos in diesem Artikel sind aus dem Libertadores-Halbfinalspiel Fluminense Rio de Janeiro - Boca Juniors Buenos Aires aus der ersten Jahreshälfte.

In der brasilianischen Meisterschaft sind noch vier Spieltage zu absolvieren und es ist noch nichts entschieden, weder bei der Meisterschaft, noch im Abstieg noch bei den Plätzen für die „Libertadores“ (Gegenstück zur Champions-Leage). Fünf Vereine haben noch reelle Chancen auf den Titel: São Paulo F.C., der Meister aus den beiden vergangenen Jahren, mit 65 Punkten, Gremio Porto Alegre mit 63, Palmeiras São Paulo und Cruzeiro Belo Horizonte mit 61 und Flamengo Rio de Janeiro mit 60 Punkten. Die nächsten vier Vereine in der Tabelle können zwar rechnerisch auch noch Meister werden, aber angesichts der Stärke der ersten fünf ist das sehr unwahrscheinlich

Diese ersten fünf werden wohl auch die vier Plätze in der „Libertadores“ unter sich ausmachen, d.h. einer wird da herausfallen. Theoretisch können sich aber auch noch Internacional Porto Alegre, Coritiba aus der paranaensischen Hauptstadt, Botafogo Rio de Janeiro und Goiás Goiánia Hoffnung auf einen dieser Plätze machen.

Fluminense - Boca: Palácio und Palermo haben eine grosse Chance vergeben

Das Restprogramm der ersten fünf hat für jeden noch zwei Heimspiele und zwei Auswärtsspiele vorgesehen. Cruzeiro empfängt am 23. November Flamengo im Stadion Minerão in Belo Horizonte. Ansonsten spielen die ersten fünf nicht mehr gegeneinander.

Das Restprogramm von São Paulo sieht am leichtesten aus. Es ist in drei von vier Fällen gegen akut vom Abstieg bedrohte Vereine: Figuerense, Vasco und Fluminense. Zwar handelt es sich da um drei scheinbar leichtere Gegner, aber alle drei haben noch reale Chancen, dem Abstieg zu entgehen und werden kämpfen wie die Berserker. Zudem besteht immer die Gefahr, einen solchen Gegner zu unterschätzen. Dazu kommt ein extrem schweres Auswärtsspiel bei Goiás, das zu Hause eine Bank darstellt. Trotzdem hat São Paulos klare Chancen, zum dritten Mal hintereinander den Titel zu gewinnen.

Auch Gremio dürfte noch gute Chancen haben, einen eventuellen Ausrutscher von São Paulo zu seinem Vorteil zu nutzen. Es hat nur ein Spiel gegen einen Abstiegskandidaten, aber das ist Ipatinga, das zu diesem Zeitpunkt wohl schon rechnerisch abgestiegen sein wird. Die anderen drei sind Vereine aus dem Mittelfeld, also theoretisch ein leichtes Restprogramm.



Flamengo ist schon in der Punktzahl zurück und muss beim Mitbewerber Cruzeiro antreten. Das dürfte Flamengo eher zu einem Außenseiter machen.

Bleiben Palmeiras und Cruzeiro. Beide haben noch ein relativ schweres Programm zu absolvieren. Wenn São Paulo und Gremio nicht deutlich abbauen, werden sie wohl nicht mehr auf den Titel hoffen können.

Für den Abstieg kommen nach allen realen Abschätzungen noch sieben Vereine in Frage, also vier Absteiger und drei in letzter Minute gerettete. Praktisch schon abgestiegen ist Ipatinga aus der Stahlstadt in Minas Gerais mit nur 31 Punkten. Davor stehen auf den drei anderen Abstiegsplätzen Figuerense Florianopolis mit 35, Portuguesa São Paulo mit 36 sowie Náutico Recife mit 37 Punkten. Aber auch Fluminense Rio de Janeiro und Vasco Rio de Janeiro mit 37 Punkten und Atletico Paranaense aus Curitiba mit 38 Punkten sind noch lange nicht gerettet.

Es finden noch insgesamt vier „6-Punkte-Spiele“ statt, jeweils eines pro Spieltag, bei denen zwei der Abstiegskandidaten gegeneinander antreten. Fluminense hat dabei noch zweimal Heimvorteil, das dürfte dem Verein genügend Luft verschaffen. Für Atletico Paranaense dagegen ist ein besonders schweres Restprogramm vorgesehen, das könnte noch ins Auge gehen. Wenn wir also Fluminense als voraussichtlich gerettet ansehen und Atletico Paranaense als zum Abstieg verurteilt so wie Ipatinga, dann bleiben noch zwei Abstiegsplätze für Portuguesa, Náutico, Figuerense und Vasco. Da wird dann wohl die Bitternis des Abstiegs auf Náutico und Figuerense zukommen. Aber das sind natürlich Spekulationen.



Nun noch zum südamerikanischen UEFA-Cup, der ‚Copa Sulamericana‘. Ähnlich wie beim UEFA-Cup spielen dort die Vereine, die es nicht in die „Libertadores“ geschafft haben, aber auf den nächsten Plätzen endeten. Dazu lässt man in Südamerika noch alle Meister zu, weil die Copa Sulamericana nicht gleichzeitig mit der „Libertadores“ ausgespielt wird, sondern zeitversetzt. Dazu werden, wie auch in der „Libertadores“, mexikanische Vereine eingeladen, die hier oft eine sehr gute Figur machen.

Im Viertelfinale gab es in drei der vier Duelle ein brasilianisch-argentinisches Aufeinandertreffen, was allerdings nicht ganz so heiß gegessen wie gekocht wurde, weil in zwei der drei Fälle eine der Mannschaften in mindestens einer der Begegnungen mit vielen Ersatzspielern antrat, weil man noch Chancen auf den heimischen Meistertitel hat.

Mit den ersten Mannschaften in beiden Spielen traten Estudiantes aus La Plata und Botafogo Rio de Janeiro an. In La Plata musste Botafogo aber eine herbe 2:0-Niederlage einstecken und konnte dies im Rückspiel nicht aufholen.



Palmeiras, das noch Titelanwärter in Brasilien ist, trat zwei Mal mit einer von vielen Reservespieler durchsetzten Mannschaft gegen Argentinos Junior Buenos Aires an und verlor beide Spiele.

Ähnlich erging es Boca Juniors. Im ersten Spiel in Porto Alegre gegen Internacional trat man mit der ersten Mannschaft an, musste aber trotzdem eine 2:0 Niederlage hinnehmen. Daraufhin schonte Internacional seine erste Mannschaft im Auswärtsspiel gegen den São Paulo F.C. in der Meisterschaft und erlitt dann auch erwartungsgemäss eine 3:0-Schlappe, um mit seiner „ersten Wahl“ im Stadion Bonboneira in Buenos Aires gegen die berühmte Boca antreten zu können. Boca dagegen stellte eine Reihe von Ersatzspielern auf. Allerdings wurde dann doch Riquelme eingewechselt, als das Spiel zu Hause verloren zu gehen schien. Dem gelang auch ein Tor, das aber nicht die Niederlage mit 1:2 verhinderte.

Damit gewann Argentinien gegen Brasilien mit 2:1.



Auch im vierten der Duelle war ein argentinischer Verein vertreten. River Plate Buenos Aires spielte gegen den verbliebenen mexikanischen Vertreter Chivas Guadalajara. Zu Hause musste „River“ allerdings eine 1:2-Niederlage einstecken. Am 6. November beim Rückspiel in Guadalajara konnte man das nicht wett machen, sondern erreichte nur ein 2:2-Unentschieden, was den mexikanischen Verein ins Halbfinale brachte und die Phalanx der vier argentinischen Vereine auf zwei zusammenschmelzen ließ.

Die Halbfinalbegegnungen sind nun Argentinos Junior gegen Estudiantes in der einen Auseinandersetzung , womit bereits eine argentinische Mannschaft im Finale gesichert ist, und dementsprechend Internacional Porto Alegre gegen Chivas Guadalajara. Die Hinspiele finden jeweils am 12. November in Guadalajara und Buenos Aires statt, die Rückspiele am 19.11. in Porto Alegre und La Plata.



Es sei noch erwähnt, dass in drei vorangegangenen Jahren jeweils die „Underdogs“, die als schwächer eingeschätzten Mannschaften, das Endspiel gewonnen haben. Würde dies wieder eintreten, müsste der argentinische Verein, der ins Endspiel kommt, diesmal gewinnen.


Veröffentlicht am 10. November 2008 in der Berliner Umschau

Montag, 10. November 2008

Steuermilliarden für Automobilkonzerne

Gewählter US-Präsident Obama kündigt Stützungspaket für Großindustrie an

Von Karl Weiss

Mit dem Abstand von nur zwei Tagen haben die US-Autokonzerne jetzt 50 Mrd. Dollar als „freundliche Unterstützung“ vom Steuerzahler angefordert und hat der gewählte Präsident Obama ein Riesen-Hilfspaket für eben diese Autokonzerne angekündigt. Er spricht vorerst „nur“ von 25 Mrd. Dollar. Kaum je wurde so deutlich: Nicht die Regierung hat das Sagen, sondern die Herren der Riesen-Konzerne.

Barack Obama

General Motors (GM), Ford und Chrysler haben im ersten Halbjahr 08 insgesamt 28,6 Mrd. Dollar an Verlusten eingefahren. Es ist klar: Für das zweite Halbjahr wird das noch deutlich mehr sein. Die Einbrüche im Auto-Umsatz (in Dollar, nicht in Stück) legen im Bereich von 30 bis 40 % Monat für Monat. Wer Angst hat, entlassen zu werden, wird sich nicht bis zum Hals verschulden für ein neues Auto. Ford hat sich auch der Forderung der europäischen Autoindustrie nach 40 Milliarden Euro angeschlossen.

Hatte man bisher die Linie gefahren, alle Verluste so weit wie möglich zu verstecken, um einem weiteren Absturz der Aktienkurse zu verhindern, hat man nun die umgekehrte Strategie eingeschlagen: Die Situation der Automobilindustrie wird in den schwärzesten Farben gemalt, Verluste tauchen aus allen Ecken auf und man tut sogar etwas, was eigentlich kein Manager tun darf, der noch bei Trost ist: Den Bankrott ankündigen. Ein Sprecher von GM liess verlauten, Anfang 2009 (also wenn Obama ins Amt eingeführt wird) würde man wohl die Rechnungen nicht mehr bezahlen können.

Die Drohung mit dem Konkurs wird denn auch noch untermauert: Der deutsche Kreditversicherer Euler Hermes hat laut WDR den Versicherungsschutz für Kreditrisken von Opel- (GM) oder Ford-Zulieferern aufgehoben. Im Klartext: Nicht nur die eigentliche Autoindustrie, sondern auch die Teile-Zulieferer stehen bereits auf den Listen der Konkursverdächtigen. Nur mit einem grossen Unterschied: Mit wenigen Ausnahmen sind diese Unternehmen keine Monopolkonzerne, d.h. sie gehören nicht zur herrschenden Klasse und können daher auch nicht Gelder vom Steuerzahler einfordern. Für sie wird die Frage der Zahlungsunfähigkeit oft zur Realität werden.

Um die Grössenordnungen deutlich zu machen: Um die 80 bis 90% der Teile für ein Auto werden heute in der Zulieferer-Industrie hergestellt. Selbst die Metallbearbeitung des Motorblocks und das Pressen der Karosserieteile, die man bisher noch fast immer im eigenen Haus erledigte, wird jetzt bereits vermehrt in die Autoteile-Industrie ausgelagert. Im eigentlichen Automobilwerk wird praktisch nur noch zusammengesetzt und lackiert. Glatte 80% oder mehr der Arbeitsplätze, die direkt mit Teilen eines neuen Autos zu tun haben, sind in der Zuliefererindustrie. Das Arbeitsplatzargument ist also vorgeschoben.

Demgegenüber sind GM und Ford inbankrottabel: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein solcher Konzern pleite. Uns wird das natürlich mit dem Argument des „Rettens der Arbeitsplätze“ verkauft. Allerdings könnte man mit solchen Summen das doppelte an Arbeitsplätzen schaffen.

Wenn diese Konzerne 50 Mrd. Dollar brauchen, fordern sie das Geld eben an. Wenn sie 500 Mrd. Dollar brauchen, ebenso. Für sie ist es völlig egal, ob der Staat das vernünftigerweise überhaupt aufbringen kann, ob die so gemachten Schulden der Bevölkerung eines Landes nicht Bürden auferlegen, die untragbar sind. Wenn der Staats-Haushalt zu immer grösseren Teilen zu einem Schulden-Haushalt wird, ist das für sie schnurzpiep-egal.

Obama hat denn auch pflichstschuldig gleich ein Hilfspaket angekündigt. Allerdings spricht er davon, das sei für die Entwicklung umweltfreundlicher Autos vorgesehen. Wie er denn überprüfen will, wie das verwendet wird, hat er nicht erklärt. Man kann wetten, das Paket für die Auto-Giganten wird genausowenig wie das für die Banken an ernst zu nehmende Bedingungen geknüpft werden. Wie wir inzwischen wissen, haben Banken und Versicherungen, die mit Staatsgeldern gerettet wurden, nicht nur das Luxusleben ihrer Manager weiterhin bezahlt, sondern auch weiterhin hohe Boni für ihre Spitzenleute gezahlt und zum Teil Dividenden an Aktionäre ausgeschüttet.

Die Automobil-Riesen haben denn auch bereits eine parallele Argumentationskette angeworfen: Da gebe es hohe Kosten für die Firmen-Krankenversicherung und für die Pensionszusagen für jene, die sich zur Ruhe setzen. Für diese Zwecke, so wurde schon angekündigt, brauche man auch Geld, denn das seien Kosten.

Nun, es gibt in den USA keine gesetzlichen Krankenversicherungen. Entweder man versichert sich privat oder man hat eine Krankenversicherung vom Unternehmen, in das man natürlich genauso einzahlen muss wie wir hier in Deutschland in die Krankenkassen. Dies als Kosten für das Unternehmen zu bezeichnen, ist ein wenig verwegen. Ähnlich ist es mit den Pensionszusagen, die bei den Grosskonzernen üblich sind – es gibt ja auch keine staatliche Rentenversicherung in den USA. Auch für diese Zusagen muss natürlich eingezahlt werden. Soweit die Konzerne da Zuschüsse geben, sind das ebenfalls keine Kosten. Dafür hat man nämlich weniger Lohnerhöhungen gegeben. Ausserdem steht dem Unternehmen die ganze Zeit bis zur Pensionierung das eingezahlte Geld zur Verfügung, um damit Zinsen und Zinseszinsen einzustecken. In der Regel ist die Pensionskasse ein einträgliches Geschäft für ein Gross-Unternehmen – wenn man sich nicht verzockt hat.

Was die Unternehmen der Autoindustrie (und wohl auch die anderen Monopolkonzerne) anstreben, dürfte die vollständige oder teilweise Übernahme der Krankheitskosten und der Pensionen der älteren Beschäftigten nach ihrer Pensionierung durch den Staat sein, sprich den Steuerzahler. Kurz: es gibt keinerlei Limitierungen mehr für den Rausch des Raffens dieser Leute: Gibt der Finanzmarkt nicht mehr die dicken Grundgehälter und Millionen-Boni und die Milliarden von Dividendenzahlungen her, dann muss eben der Steuerzahler herhalten.

Und – wie gesagt: Die Bürde der Schulden – schnurzpiep!


Veröffentlicht am 10. November 2008 in der Berliner Umschau

Freitag, 7. November 2008

Wird Obama mit Krieg beginnen?

Die bürgerlichen Medien starten eine neue Propagandakampagne gegen den Iran

Von Karl Weiss

In den letzten Wochen hat eine neue Kampagne der bürgerlichen Medien gegen den Iran begonnen. Bis Weihnachten hätte Ahmedinedschad die Atombombe, tönte es und nun wird die „unerhörte Macht“ der irakischen schiitischen Ayatollahs beschworen.

Iranische Atomanlagen

Da hat die internationale Atomenergie-Kommission auf Anweisung aus den USA die Binsenweisheit verlauten lassen, der Iran könne sich (so wie jedes andere Land auch und auch jeder sonst, der genügend Geld und Einfluss hat) innerhalb weniger Monate (bis Weihnachten) genug angereichertes Uran für eine (1) Atomwaffe verschaffen. Ja und?

Es wird nicht einmal behauptet, dies hätte mit der im Iran betriebenen Anreicherungsanlage zu tun, denn die Inspekteure der Kommission haben dort ja Zutritt.

Nun, damit wird davon abgelenkt, dass die Kommission auch weiterhin nicht die geringsten Anzeichen hat, dass im Iran Uran hochangereichert wird. Die dort betriebene Anreicherungsanlage stellt laut den Inspekteuren nur niedrig angereichertes Uran her, das für Atomkraftwerke taugt.

Ahmedinedschad

Selbst die US-Geheimdienste hatten letztes Jahr verlauten lassen, das iranische Atomwaffenprogramm sei seit 2003 eingestellt. Nun, so hört man in den Nachrichten, würden Geheimdienstkreise diese Information in Frage stellen. Welche Geheimdienstkreise das sind, woher sie diese neue Erkenntnis haben und wer das eigentlich genau ist, darüber lässt man uns im Dunkeln. Das ist ja auch nicht wichtig. Hauptsache, man hat einen Vorwand, den Iran angreifen zu können.

Das erinnert an die Vorgeschichte des Irak-Krieges. Nicht überprüfbare Geheimdiensterkenntnisse wurden vorgeschoben und später war der Gewährsmann nicht zuverlässig. Auch damals wurde der Besitz von Massenvernichtungswaffen als Begründung vorgeschoben. Man hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, einen neuen Vorwand zu erfinden.

Nun wird eine neue Kampagne nachgeschoben. Der Iran habe so eine große Macht im Irak durch die schiitischen Ayatollahs.

Nun, das wusste man vorher. Als Saddam Hussein im Irak herrschte, waren die Schiiten unterdrückt Sie mussten zähneknirschend zusehen, wie Saddam einen Krieg gegen den schiitischen Iran führte. Jeder wusste, wenn man Saddam absetzt, werden die Schiiten mit ihrer Bevölkerungsmehrheit an den Drücker kommen, wenn man den Irak nicht annektieren und zum 51.Staat der USA machen will.

Die Kampagne ist wie ein Spiegelbild des geschlagenen Kandidaten McCain. Der wollte auch im Irak immer ausschließlich die jetzige Situation besprechen und auf keinen Fall über die Vergangenheit. Es darf auf keinen Fall erwähnt werden, wer in den Irak einmarschierte und mit welcher Begründung und was sich später als die wirkliche Begründung herausstellte.

Es muss hier noch einmal laut und klar gesagt werden: Der Irak-Krieg wurde begonnen (und genauso würde ein Iran-Krieg) aus den imperialen Interessen der USA heraus, oder jedenfalls was man dafür hielt. Wenn sich nun herausstellt, dass man diese imperialen Interessen falsch eingeschätzt hatte, so kann man das ja nicht zur Begründung eines neuen Krieges nehmen.

Tatsächlich wird der Iran gestärkt aus der Situation hervorgehen, dass sein feindlicher Nachbar Irak seit 2003 zerstört und im wahrsten Sinne des Wortes in seine Bestandteile zerlegt wurde. Jeder wusste das von Anfang an. Wenn nun zum Beispiel in der „Süddeutschen Zeitung“ ein gewisser Avenarius heult, die Ayatollahs im Irak hätten „eine unerhörte Macht“ und seien vom Iran beeinflusst, so muss man fragen, wo hat dieser Mann die ganze Zeit gelebt. Auf dem Mond?

Wo war seine Stimme, als Bush in den Irak einfiel?

Barack Obama

Israel hat inzwischen den neu gewählten Präsidenten Obama bereits an sein Wort erinnert, er werde verhindern, dass der Iran Zugang zu Atomwaffen haben werde und auf den Beginn des Krieges gegen den Iran gedrängt. Auch eine der ersten Personalentscheidungen Obamas, er berief einen zionistischen Juden als engen Berater, lässt Böses ahnen.

Sollte wirklich der neue Präsident der USA, nicht zuletzt gewählt, weil er gegen den (Irak-)Krieg war, wie Michael Moore in seinem Schreiben zur Wahl Obamas ganz richtig erwähnt, so wahnsinnig sein, gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen neuen, erneut nicht gewinnbaren Krieg zu beginnen oder jedenfalls die Vorbereitungen dazu?


Veröffentlicht am 7. November 2008 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 6. November 2008

Immer neue absurde Polizeiübergriffe

Ein Fall von vielen

Von Karl Weiss

Bereits dreimal haben wir über völlig ungerechtfertigte gewaltsame Übergriffe der Polizei berichtet, hier, hier und hier. Nun wurde ein weiterer Fall bekannt. In Siegburg in Nordrhein-Westfalen hat ein absolut absurder Überfall eines Sonder-Einsatz-Kommandos (SEK) der Polizei das Leben einer Famile zunichte gemacht.

Polizeieinsatz

Der heute 56-Jährige Josef Hoss war vor acht Jahren, als er Opfer einer anonymen Anzeige wurde, ein wohlbetuchter Fliesenlegermeister mit eigenem Betrieb, einer Anzahl von Angestellten, mit einer Villa mit Schwimmbad und drei Luxusautos. Er wurde vom SEK Köln überfallen, als er am Steuer seines Firmen-Lieferwagens anhalten musste. Die Beamten schlugen die Fensterscheiben ein, zerrten ihn aus dem Fahrzeug, schlugen ihn mit den Gummiknüppeln windelweich und traten ihn wieder und wieder, auch noch, als er schon hilflos am Boden lag und nach der Polizei schrie. Die war aber schon da.

Der relative Luxus, in dem er mit seiner Familie lebte, hatte Neider auf den Plan gerufen, darunter ein Polizist aus der Nachbarschaft, der sich wichtig machte und weitergab, ein Zeuge habe Handgranten bei Hoss gesehen.

Gerüchte von Hörensagen dürfen selbstverständlich nicht zum Anlass von rigiden Polizeimassnahmen genommen werden, zuerst hätte man herausfinden müssen, ob an den Gerüchten etwas dran ist. Das liess man aber einfach weg.

Nachdem man Hoss in seinem Lieferwagen überfallen hatte, fand man den Weg zu seinem Haus, durchsuchte es und fand nichts.

Hoss war so schwer verletzt worden, dass er lange im Krankenhaus lag und bleibende Schäden erlitten hat. Er ist zu 80% behindert, hat ständige Schmerzen und kann auch kurze Wege nur humpelnd an Krücken gehen. Er kann seinen Beruf nicht mehr ausüben, seinen Betrieb nicht weiterführen und hatte daher kein Einkommen mehr. Er musste davon leben, Einrichtungsgegenstände zu verkaufen. Das Haus musste weit unter Wert notverkauft werden. Der Erlös davon ist schon für die Prozesskosten, Arztrechnungen und den Umzug in ein bescheidenes Haus draufgegangen.

"Es fehlt an allen Enden", sagt er. Seine Frau musste kellnern gehen, damit sie etwas zu Essen haben.

Ein Verfahren gegen die Verantwortlichen der Polizei und die beteiligten Polizisten wurde, wie immer im Fall von brutalen Übergriffen der Polizei, vom Staatsanwalt niedergeschlagen. Das nennt sich Rechtsstaat.

Als einziges verbliebenes Mittel blieb dem Dauer-Geschädigten nur noch das Zivilverfahren. Er hat das Land Nordrhein-Westfalen auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagt. Auch wenn dies Verfahren sich hinzog, so hat er doch Recht bekommen. Es wurde ihm 30.000 Euro Schmerzensgeld und der Ersatz des Verdienstausfalls vom Gericht zugestanden. Doch die Freude darüber währte nur kurz.

Das Land Nordrhein-Westfalen ging in die Berufung. In der Berufungsschrift machen sie sich auch noch lustig über den Geschädigten: Der Schlagstock (im Beamten-Kauderwelsch heisst der „Einsatzmehrzweckstock“) sei nur angewandt worden, um Hoss‘ Muskeln zu lockern, denn er habe „passiven Widerstand geleistet“, indem er sich nicht die Arme nach hinten drehen liess. Hoss bestätigt das: „Ich versuchte mein Gesicht vor den Schlägen zu schützen.“

Abgesehen davon, der Betrag von 30.000 Euro ist minimal im Verhältnis zu den schweren körperlichen Schäden und den sselischen Schäden, sowohl seinen als auch denen der Familie. In den USA würden hier Millionenbeträge anstehen. Man braucht sicherlich die Übertreibungen in dieser Hinsicht in den USA nicht nachmachen, müsste aber doch endlich angemessene Beträge einführen, speziell wenn es ich um bleibende Schäden handelt.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sich bereits des Falls angenommen. Herr Grenz von dieser Organisation hat schon viele Opfer staatlicher Gewalt betreut, auch in Deutschland. "Fälle wie der von Herrn Hoss kommen öfter vor als man denkt", sagt er. Nur treffe es selten so etablierte Menschen, die sich wehren und denen man glaubt. "In Deutschland können sich viele nicht vorstellen, dass die Polizei so etwas tut", meint Grenz.

Seit Jahren wurde Hoss nun durch die juristischen Instanzen gejagt. Nun erst, 2008, gab es endlich einen Gerichtstermin für die Berufungsverhandlung. Das Landgericht bestätigte voll das erste Urteil und liess keine Revision zu.

Ob Hoss nun Geld sehen wird, bleibt aber offen. Es gibt für das Land Nordrhein-Westfalen immer noch die Möglichkeit, Nichtzulassungbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen und unter diesem Vorwand weiterhin nicht zu zahlen. Grenz meint dazu: „Die Verantwortlichen haben die Tragweite ihrer Tat bis heute nicht verstanden.“


Veröffentlicht am 6. November 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Mittwoch, 5. November 2008

Können Sie das glauben?

Da bleibt selbst dem schärfsten Kritiker des Kapitalismus der Mund offen

Von Karl Weiss

Der Berichterstatter hatte so eine Ahnung, dass Banken, die von den Milliarden-Paketen aus Steuergeldern gerettet wurden, dann auch noch Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen. Aber im Gespräch mit einem äußerst glaubwürdigen Herrn ließ er sich überzeugen: Selbstverständlich wird jeder Bank, der ‚unter die Arme gegriffen wird‘ auferlegt, keine Dividende für dieses Jahr zu zahlen, eventuell sogar noch fürs nächste Jahr. Er erklärte mir: „Würden die auch noch Dividenden zahlen, dann würde das ja alle Grenzen der Zivilisiertheit und des Mindest-Anstands übertreten und der Kapitalismus hätte ausgedient, denn niemand würde das noch zusätzlich zu allem anderen akzeptieren.“

Der Rettungs-Plan

Nun, Zivilisiertheit und Anstand gibt es nicht mehr – der Kapitalismus hat ausgedient. US-Banken, die Gelder aus dem „bail out“-Fond erhalten haben, haben Dividenden angekündigt, die gleich hoch sein sollen wie im letzten Jahr. Es wird also Steuerzahlergeld direkt an Aktionäre weitergereicht.

Der Berichterstatter hatte sich von den glaubwürdigen Herrn leicht überreden lassen, denn es ist wirklich zu unglaubwürdig. Selbst als scharfer Kritiker des Kapitalismus bleibt einem bei so viel rotzfrecher Unverschämtheit der Mund offen stehen. US-Kongressabgeordnete haben erklärt, damit sei das Rettungspaket `ad absurdum` geführt. Nun wurde auch noch bekannt: Der US-Finanzminister Paulsen hatte den Banken lediglich auferlegt, nicht mehr Dividende als im letzten Jahr auszuzahlen. Kein Wunder, Paulsen war selbst Spitzenmanager einer großen Investmentbank.

Sind die noch bei Trost?

Das muss man sich wirklich langsam auf der Zunge zergehen lassen. Da sind sogar Banken dabei, die insgesamt an ihre Aktionäre mehr auszahlen werden als sie als Hilfe vom Staat erhalten haben. Zum Beispiel die `Bank of New York Mellon`, der 3 Milliarden Dollar aus dem Rettungspaket in den Schlund gestopft worden waren, kündigte eine Dividendenzahlung an, die sie insgesamt 3,3 Milliarden Dollar kosten wird.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Gleichzeitig kommt auch aus Grossbritannien eine ähnliche Nachricht: Die `Royal Bank of Scotland` (RBS), die nur mit Millarden von Steuerzahlergeldern überlebte, hat eben bekanntgegeben, sie werde an ihre Manager insgesamt 1,79 Milliarden englische Pfund ausschütten, als Boni für gute Leistungen (nachdem eben diese selben Manager die Bank in den Abgrund geführt haben). Das sind grössenordnungsmässig 3,2 Milliarden Euro. Der Sprecher des Finanzministeriums ihrer Majestät, Vince Cable, nannte das gegenüber dem `Guardian`: „Die machen die Regierung zu Trotteln!“

Als drittes kam einen Tag später die Notiz im `Wall Street Journal` aus den USA, auch dort werden hohe Angestellte von mehreren Finanzinstituten, die Staatsknete bekommen haben, extrem hohe Summen von Geld als Gehälter und für ihre Altersabsicherung bekommen. Der Umfang beläuft sich auf insgesamt 40 Millarden Dollar, laut einer anderen Meldung sogar 70 Milliarden Dollar.

Um allem noch die Krone aufzusetzen, geben die Banken, auch nachdem sie die Staatsgelder erhalten haben, weiterhin keine Kredite zu normalen Bedingungen. Sie sitzen vielmehr auf dem geschenkten Geld und warten eine günstige Gelegenheit ab, kleinere Konkurrenten zu kaufen. Die New York Times berichtet, ein führender Manager der JP Morgan Chase habe eine solche Strategie vorgegeben. Und uns wurde das Paket – so wie in allen Ländern – unter dem Vorwand „verkauft“, man müsse die Banken retten, denn sonst gäbe niemand mehr Kredit.

Und da liegen sie nun unter ihren Schreibtischen vor Lachen über uns leichtgläubige Trottel: „Hahaha! Und die haben das noch gelaubt! Hahaha!“

Wie lange wollen wir uns noch vom Kapitalismus zu Trotteln machen lassen?


Veröffentlicht am 4. November 2008 in der Berliner Umschau


Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staaat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

Karl Weiss - Journalismus

Bürger-Journalist - Nachrichten-, Politik-, Brasilien- und Bilder-Blog

Willkommen / Impressum

Willkommen im Weblog Karl Weiss - Journalismus.
Der Weblog Karl Weiss - Journalismus ist umgezogen. neue Adresse: www.karl-weiss-journalismus.de
IMPRESSUM
Ich bin zu erreichen über weiss.karl@ rocketmail.com
Ich wünsche also allen (und mir) viel Spaß (und Ernst) mit diesem Blog.
Karl Weiss, Belo Horizonte, Brasilien

Artikel und Dossier der Woche

Artikel der Woche "CDU: Kein Anspruch mehr auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft" Da wurde es von Frau Merkel vorhergesagt

Dossier der Woche "Dossier Klimakatastrophe" 10 Fragen und Antworten zur Klimakatastrophe

Suche

 

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Israel und der Konflikt...
ICH FRAGE MICH WARUM DIE JUDEN SO BRUTAL GEGEN DIE...
mik4777 - 30. Jan, 20:32
Abscheulich!!!
Wie man überhaupt im Ansatz auf den Gedanken kommen...
david3371 - 3. Okt, 19:02
Der Vatikan schützt die...
Sehr geehrter Herr Weiss, der Vatikan k a n n die...
MoMa - 6. Jan, 10:28
Fünf Jahre ist das jetzt...
Fünf Jahre ist das jetzt her!!! Die eine Immobilienkrise...
girico - 6. Mär, 13:34
Ich teile nicht diese...
Ein führender Landespolitiker oder ein wichtiger Geschäftsmann...
Nonkonformer - 21. Sep, 23:42

Status

Online seit 7015 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Credits

Archiv

September 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 
 

Alle Links in Popups öffnen

alle Links auf der aktuellen Seite in einem neuen Fenster öffnen 

Zufallsbild

Bravo - Stellung 3

kostenloser Counter

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

AbbauRechte
AlternativPolitik
Brasilien
Deutschland
Fussball
Imperialismus
InternetundMeinungsfreiheit
Lateinamerika
Medien
NaherOsten
Oekonomie
Sozialabbau
Umwelt
Willkommen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren