Dienstag, 3. November 2009

Scheinwissenschaftliche Öl-Propaganda - Neue Beispiele

‚Spiegel online‘ lügt und verdreht

Von Karl Weiss

Mit spektakulären Überschriften führt „Spiegel online“ eine Hetzkampagne gegen Bio-Kraftstoffe (Bio-Sprit): „Bio-Kraftstoffe sind klimaschädlich“ und „Forscher halten Biosprit für klimaschädlich“. Na, das ist ja sensationell! Alle wissen, dass Biokraftstoffe das Klima schonen und nun finden Forscher plötzlich, sie seien klimaschädlich? Was ist passiert?

Treffende Karikatur

Nun, was passiert ist: Die großen Ölkonzerne sehen ihre Spitzenprofite gefährdet, wenn sie plötzlich nicht mehr die einzigen Spritproduzenten sind und geben eine Menge Geld für Scheinwissenschaftler und Medien-Kampagnen gegen den Biosprit aus.

Einer der gehorsamsten Diener dieser Herren ist „Spiegel online“. Man bezieht sich auf zwei Veröffentlichungen in der renommierten Zeitschrift „Science“. Nur geben beide Veröffentlichungen nicht das her, was in den Überschriften des Spiegel steht. Man setzt darauf, dass kaum einer das Kleingedruckte liest, die Überschriften aber im Gedächtnis bleiben.

Schmelzendes Eis

Der erste Artikel mit der „Überschrift „Greater Transportation Energy and GHG Offsets from Bioelectricity Than Ethanol“ nimmt überhaupt nicht zum Vergleich von Biotreibstoffen mit den fossilen Stellung, sondern schlägt einen weiter entwickelten Antrieb vor: Man solle elektrische Autos benutzen und die Elektrizität aus biologischen Abfallstoffen durch Gärung herstellen, das sei effektiver als die simple Verwendung von Biosprit in Verbrennungsmotoren. Hat also überhaupt nichts mit dem zu tun, was der Spiegel titelt.

Der zweite Artikel („Fixing a Critical Climate Accounting Error“) bezieht sich zwar wirklich auf Biosprit, aber die Wissenschaftler warnen dabei nicht vor dem Biosprit, sondern vor zwei wichtigen Fehlern beim Anbau seiner Ausgangspflanzen: Bio-Sprit-Pflanzen dürfen auf keinen Fall auf Flächen angebaut werden, wo vorher Wald stand, weil der negative Effekt des abgeholzten Waldes auf das Klima für lange Zeit völlig den Vorteil des Bio-Sprits ausgleicht und der Biosprit damit fast völlig diesen Vorteil verliert. Der zweite Fehler, vor dem gewarnt wird, ist die übermäßige Stickstoff-Düngung der Pflanzen, aus denen dann der Bio-Sprit gewonnen wird. Wenn mehr Stickstoff-Dünger ausgebracht wird, als die Pflanze auch wirklich verwendet, wird der überflüssige Stickstoff zum Teil in das extrem klimaschädliche Lachgas umgewandelt, das den Vorteil des CO2-Ausstoßes (Bio-Sprit stößt nur soviel CO2 aus, wie die Pflanze vorher der Luft entnommen hat) mehr als überkompensiert.

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Im ganzen Artikel steht dagegen an keiner Stelle, der Biosprit als solcher sei „klimaschädlich“ – ebensowenig wie im anderen. Kurz, es handelt sich bei den beiden Spiegel-Artikeln über „Science“-Beiträge schlicht und einfach um Lügen und Verdrehungen, um dem Bio-Sprit den Garaus zu machen und den Öl-Konzernen ihre Monopolsituation beim Sprit zurückzugeben.


Veröffentlicht am 3. November 2009 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Gibt es einen Atomfilz?

Schon wieder eine „wilde Verschwörungstheorie"?

Von Karl Weiss

2. Artikel der Serie: Ältere Artikel im Blog, die weiterhin Bedeutung haben

Wir haben begonnen, hier im Blog 'Karl Weiss - Journalismus' Artikel aus früheren Jahren in unregelmässigen Abständen erneut einzustellen, wenn sie weiterhin von Bedeutung sind. Wir wollen uns als Bürgerjournalisten ja vom Medien-Mainstream unterscheiden, der eine Sau nach der anderen durchs Dorf jagt und dann nie wieder erwähnt. Heute wiederholen wir diesem Artikel vom 16. Februar 2006, der aktuell wie nie ist, zumal die neue Regierung die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke beschlossen hat.

Atomkraftwerke Deutschland


Man könnte es fast für Routine halten, denn es ist ja nicht das erste Mal, daß Personen im Atomfilz zwischen den Atomkraftwerksbetreiberfirmen und Staats-, Regierungs- und Parlamentsapparat hin oder her wechseln. Ein Subjekt mit Namen Thomauske war 20 Jahre im Bundesamt für Strahlenschutz tätig und genehmigte dort Zwischenlager für die radioaktiven Abfälle der Atomkraftwerksbetreiber. Im Jahr 2003 wechselte der Physiker vom Strahlenschutzamt zum Atomkraftwerksbetreiber Vattenfall. Die Aufsichtsbehörde findet selbstverständlich daran nichts Ungewöhnliches.

Inzwischen ist Thomauske beim Atomkonzern Vattenfall bereits in die Geschäftsführung aufgestiegen. Er ist jetzt technischer Geschäftführer jenes Teils von Vattenfall, der zusammen mit E.ON die Atomkraftwerke Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel betreibt und den stillgelegten Meiler Stade zurückbaut.

„Die wirklich großen Verbrecher haben niemals ein Unrechtsbewußtsein." hat einmal ein weiser Mann gesagt. An diesen Spruch mag man sich erinnert fühlen, wenn man liest, daß Thomauske ganz unverbrämt in der Öffentlichkeit auftritt, wie kürzlich, und frechdreist die weitere Erkundung des Salzstockes Gorleben fordert sowie den Abschluß des Genehmigungsverfahrens.

Atomkraftwerk

Thomauske leitete beim Strahlenschutzamt die Erkundung des Gorlebener Stockes und war verantwortlich für die Endlagerprojekte Morsleben und Schacht Konrad. Zuletzt war er der Verantwortliche für die Genehmigung der Castor-Transporte und der Zwischen- und Interimslager an den Standorten der Atomkraftwerke. Er war es, der von Anhörung zu Anhörung reiste, anhörte - und dann genehmigte. Die Einwände wurden fast immer ohne weiteres vom Tisch gewischt. Die Anti-Atom-Bewegung klagte ihn damals schon an, mit den Atomkraftwerksbetreibern verbändelt zu sein - aber es ließ sich nicht beweisen.

Der grüne Umweltminister Trittin benutzte ihn als Panzerbrecher zum Durchboxen jeglicher Genehmigung - und versteckte sich dann hinter dem angeblichen Sachverstand Thomauskes. Die Umweltinitiativen sprechen schon seit Jahren vom Atomfilz und klagen die Regierung und das Parlament an, hinter verschlossenen Türen mit den Atomkraftwerksbetreibern gemeinsame Sache zu machen, anstatt sie zu kontrollieren.

Schachtanlage Asse

Es gab schon andere Fälle von Überläufern zwischen zu Kontrollierenden und Kontrolleuren. Der spektakulärste Fall war jener zu Beginn der rot-grünen Koalition, als die neue Koalition in langen Verhandlungen mit den Betreibern den scheinbaren Atomausstieg verhandelte. Das Verhandlungsergebnis war, wie jeder weiß, stattdessen die Garantie der langjährigen Weiterbenutzung der Atomkraftwerke ohne die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen. Die Beauftragte der Grünen bei diesen Verhandlungen wurde kurz nach dem „Kompromiß" von einem der Atomkraftbetreiber zu 'speziellen Bedingungen' eingestellt. Sie beendete ihre politische Karriere. Nun, wenn man wirklich reich ist, braucht man keine Politik mehr zu betreiben - nicht wahr, Herr Fischer? Die Grünen haben es bis heute nicht für nötig befunden, diesen wunderbaren Seitenwechsel auch nur näher zu untersuchen oder irgendwelche Konsequenzen daraus zu ziehen.

Spricht man Politiker, sei es von den Grünen oder den anderen staatstragenden Parteien, auf den Atomfilz an und bezweifelt, daß die Maschinerie für Genehmigungen im Strahlenschutzamt und im Umweltministerium wirklich die Argumente prüft, dann werden die schon mal pampig und geben Ungereimtes von sich über „Aus der linksextremen Ecke", „Unbewiesene Behauptungen", „Wilde Verschwörungstheorien" und ähnliches. Sachliche Antworten sind da eher nicht zu haben. Den Wechsel von Politikern und Aufsichtsbeamten zu den Betreibern und von Managern aus der Betreiber-Branche in Bundestagsausschüsse der Politik finden sie völlig normal und weisen jeden Gedanken an Filz zurück.

Der geneigte Leser mag sich nun selbst ein Bild machen.


Zusatz zum Artikel (29.10.09)
Es muss in diesem Zusammenhang auch an andere Fälle erinnert werden, als Politiker, die sich um die Profite der Stromkonzerne verdient gemacht hatten, nach der politischen Karriere hochdotierte Posten in der Atomindustrie bekamen. Einer von ihnen ist der rechte Grünen-Politiker Rezzo Schlauch, der nach dem Ende von Rot-Grün beim Atomkraftwerkbetreiber EnBW unterkam.

Rezzo Schlauch

Ein anderer ist der damalige SPD-Minister Clement, der nun einen hochdotierten Posten beim Atomkraftwerkbetreiber RWE hat.

Clement

Es ist offensichtlich, dass es hier ein enges Geflecht von "Erleichterungen" für Atomkraftwerksbetreiber und "Belohnungen" für die Politiker gibt, das in jedem zivilisierten Land als Korruption gekennzeichnet würde - nicht so in der Bundesrepublik Deutschland.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Hat Deutschland die Binnennachfrage gebremst?

Wird der deutsche Export je wieder alte Höhen erreichen?

Von Karl Weiss

Eine Melvyn Krauss, die in einer „Denkfabrik“ der Universität Stanford arbeitet, einer der führenden US-Universitäten, hat einen Gastartikel in der Financial Times Deutschland (FTD) geschrieben, der als Kernthese hat, Deutschland habe gar nicht die Binnennachfrage gebremst, was von der G20 als eine der Ursachen der internationalen Schieflage angesehen wird, die zu den katastrophalen Folgen der Krise führten.

Die G20 hat dann auch Deutschland aufgefordert hat, etwas für die Binnennachfrage zu tun, damit auch andere nach Deutschland exportieren können und nicht immer nur Deutschland in andere Länder.

Deutschland: Exportabhängigkeit: Anteil Auslandsumsatz am Industrieumsatz 1995 bis 2008
Hier wird die völlig absurde Einseitigkeit des Exports im Industrieumsatz dokumentiert.

Diese Kritik und die Empfehlungen der G20 stimmen auch mit dem überein, was der Ex-Bankier Jürgen Jahnke in seinen Internetportal http://www.jjahnke.net/index.html
immer wieder schrieb: Die drei Länder mit gigantischen Exportüberschüssen vor der Krise, China, Deutschland und Japan, haben damit Ungleichgewichte geschaffen, die wesentlich für die Außenhandelsdefizite anderer Länder, vor allem der USA und Großbritannien, verantwortlich waren. Wenn hier diese fünf Länder erwähnt werden, so sind das (nicht zufällig) genau die fünf größten Volkswirtschaften der Erde. Die G20 haben betont, die Ungleichgewichte dieser fünf Volkswirtschaften müssten ausgeglichen werden, was für die Export-Giganten bedeutet, sie müssen die Binnennachfrage gezielt stützen, um damit dem Rest der Welt die Möglichkeit zu geben, in diese Länder zu exportieren.

Die deutsche Politik, allen voran Frau Merkel, setzen dagegen ausschließlich auf eine Erholung der Exporte, wenn es darum geht, wie Deutschland wohl aus der Krise kommen könnte. Und mit ihr zusammen die Westerwelles, die Steinmeiers, die Schäubles und was da sonst noch so kreucht und fleucht und natürlich die großen Gurus, an deren Lippen die Massenmedien hängen, wie Ifo-Chef Sinn und Arbeitgeber-Chef Hundt.

Deutschland ist völlig unschuldig, so wird wieder und wieder versichert, man sei lediglich Opfer der Krise, die von den USA ausgegangen wäre. Das Fehlen eines Unrechtsbewusstsein ist frappant. Genau in diese gleiche Kerbe hackt nun auch Melvyn Kraus, die sich sogar erdreistet, die Aussagen der G20 als ausschließlich von Präsident Obama inspiriert anzusehen und zu fragen „Was erlaubt sich Washington“ und zu konstatieren: „Die Kritik an den deutschen Exportüberschüssen ist eine Frechheit.“

Das ist allerdings starker Tobak. Dieser Tobak wird völlig ungenießbar, wenn sie dann noch behauptet: „...Deutschland einen Exportüberschuss aufweist, ... nicht, weil man die Inlandsnachfrage bremst.

Das ist kein Tobak mehr, das ist eine freche Lüge.

Was war die Agenda 2010 anders als eine massive Bremse der Binnennachfrage, was war Hartz IV, was war die Freigabe der Leiharbeit, was die Weigerung, einen Mindestlohn einzuführen, wie ihn alle anderen großen Volkswirtschaften haben (mit Ausnahme von China und Japan – welch Zufall, nicht?), was waren die Ein-Euro-Jobs, die viele tausend reguläre Arbeitsstellen ersetzt haben und was war vor allem das Verweigern von Lohnerhöhungen über ein Jahrzehnt, die zumindest auch nur die Inflation ausgeglichen hätten? Dazu kam die grösste Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik mit 3 Prozent-Punkten in der Mehrwertsteuer, nachdem man vor der Wahl 2005 geschworen hatte, man werde genau dies nicht tun.

Vergleichen wir die bekannte Statistik zwischen Deutschland und anderen großen Volkswirtschaften: Die Reallöhne, also Löhne von 2000 bis 2008 minus Inflation:

Statistik Reallöhne

Deutschland: - 0,8%

Spanien: + 4,6%

Italien : + 7,5%

Frankreich: + 9,6%

Niederlande: + 12,4%

Polen: + 19,0%

Großbritannien: + 26,1%

Wenn das in Deutschland alles zusammen kein Bremsen, ja sogar eine Vollbremsung, der Binnennachfrage war, dann gibt es kein solches Bremsen.

Und wenn man dieses Argument wegnimmt, dann bleibt von der ganzen Stellungnahme nichts übrig.

Westerwelle

Der Artikel der FTD setzt sich ausführlich mit der Politik der USA auseinander, die ja genau das Gegenteil Deutschlands gemacht haben, riesige Haushaltsdefizite Jahr für Jahr übereinander gepackt haben, riesige Außenhandelsdefizite dazu, finanziert mit Dollar-Bonds, mit Geld-Drucken und mit einem Exzess von Krediten an die Bürger. Natürlich war dies, der umgekehrte Weg Deutschlands, genauso falsch und hat wesentlich zur momentanen Krise beigetragen.

Pfau

Nur war der Deutsche Weg eben die andere Seite der gleichen Medaille, indem bewusst und gezielt die Bevölkerung verarmt wurde, unter dem Vorwand, international „konkurrenzfähig“ zu werden. Nur war man in Wirklichkeit längst konkurrenzfähig, die Lohnstückkosten der Bundesrepublik lagen im Mittelfeld der vergleichbaren Länder. Heute sind sie ganz dort unten angekommen, wo man nur ausgesprochen arme Länder antrifft.

Welt: Vergleich - Arbeitnehmerentgelt in Kaufkrafteinheiten
Hier wird deutlich, wie die Kaufkraft in Deutschland mit Gewalt verringert wurde, um die Lohnkosten so weit zu senken, dass niemand mehr Industrieprodukte so gut und so billig anbieten konnte wie Deutschland.

Sieht man sich nun an, was seit dem Ausbruch der Krise in Deutschland getan wurde: Es gab nicht eine einzige Maßnahme, die zu einer deutlichen Festigung der Binnennachfrage geführt hätte. Die Gelder an die Banken wurden nicht in Kredite an den kleinen Mann umgewandelt, sondern dienen schon wieder zum Aufbau neuer „Blasen“. Die Abwrackprämie, fälschlich Umweltprämie genannt, zog nur Bedarf vor, was sich jetzt besonders negativ bemerkbar machen wird. Das Konjunkturprogrammchen kam praktisch ausschließlich Betrieben und Reichen zu Gute und die stellen eben nicht die Binnennachfrage dar. Binnennachfrage schaffen praktisch nur die Massen der Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen, also 85 - 90% der Bevölkerung.

Lohnstückkosten
Diese Statistik geht nur bis 2002, aber bereits zu diesem Zeitpunkt gehörten die deutschen Lohnstückkosten zu den niedrigsten der Industrieländer. Danach ging es, wie bekannt, noch weiter bergab.

Auch das, was die neue Koalition, fast nicht von der alten zu unterscheiden, als Programm vorgestellt hat: Fast nichts für die Binnennachfrage, nur Vorteile für Unternehmen, den „Mittelstand“ (sprich Besitzer kleinerer Unternehmen) und für Reiche und Superreiche – und die alle schaffen eben fast keine Binnennachfrage. Für den "kleinen Mann" werden die geringen Steuererleichterungen und die minimale Erhöhung des Kindergeldes bei weitem durch die vollständige Übernahme der Kostenerhöhungen im Gesundheitswesen überkompensiert. Die Verarmung der Bevölkerung wird bewusst und konsequent fortgeführt!



Die einzige Hoffnung ist, der Export würde wieder auf frühere Höhen steigen. Ob das mit einem Euro, der ständig gegen den Dollar und das Pfund gewinnt, realistisch ist, sei dahingestellt. Auch die anderen europäischen Länder in der Euro-Zone werden sich gegen ein erneutes Überschwemmen mit deutschen Industrieprodukten zu wehren wissen.

Bundesregierung 3

„Die deutsche Bundesregierung hat in der Krise keinerlei Zugeständnisse gemacht. Warum sollte wir den Deutschen denn nun auf die Beine helfen?“


Veröffentlicht am 28. Oktober 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 27. Oktober 2009

Ende des Ölzeitalters?

Erdöl ist zu wertvoll zum Verbrennen

Von Karl Weiss

Eine interessante These stellt Tobias Bayer in seiner Kolumne in der Financial Times Deutschland (FTD) auf: Statt dem Gespenst des „Peak Oil“, des akuten Fehlens von Erdöl für die bestehende Nachfrage, werde in absehbarer Zeit genau das Umgekehrte eintreten: Die Nachfrage werde wegen der Umstellungen auf umweltfreundliche Energieformen wegbrechen und es werde Erdöl im Überfluss geben. Die These ist nicht von der Hand der Hand zu weisen, aber aus einem anderen Grunde.

Erdöl 1

In der FTD wird so getan, als ob die Krise ausgestanden sei. Optimistische Voraussagen werden für reale Zahlen genommen – z.B. die Zahlen aus Befragungen von Industrie-Einkäufern. Die wirklich realen Zahlen sprechen aber eine andere Sprache: Die Krise hat gerade erst richtig begonnen. Dies wird ohne Zweifel unter anderem die Folge haben, dass auf längere Zeit der Verbrauch von Erdölprodukten auf niedrigem Niveau verharren wird. Da könnte die aktuelle Förderung tatsächlich ausreichen oder sogar ein Überfluss an Erdöl vorhanden sein.

Der Übergang zu Elektro-Autos dagegen scheint doch viel zu langsam zu sein, als dass da ein Einfluss zu erwarten wäre in den nächsten Jahren. Ebenso ist für den Teil von Erdöl, der zu Diesel-Heizöl verarbeitet wird, keinerlei Ersatz zu erkennen. Speziell, seit in Deutschland, das am weitesten fortgeschritten war mit Bio-Diesel, die Förderung gestrichen und damit der Bio-Diesel-Industrie das Wasser abgegraben wurde.

Schmelzendes Eis

Die Krise hat ja auch noch eine andere positive Seite gezeigt: Die CO2-Emissionen gingen zurück, wenn auch nur geringfügig. Damit gibt es eine kleine Verschnaufpause auf dem Weg in die Klimakatastrophe, die vielleicht jemanden zum Nachdenken bringen könnte. Nachdem sich die USA aber auch unter Präsident Obama weigern, eine bindende Zusage der Reduktion von CO2-Emissionen zu geben, obwohl dies im Moment angesichts der Krise leichter wäre, bestehen wenig Hoffnungen, ohne eine massive Volksbewegung gegen den Wahnsinn des Verbrennens fossiler Rohstoffe die Klimakatastrophe noch abwenden zu können. Sollte die Krise sich allerdings weiter entwickeln und das gesamte Welt-Finanzsystem zusammenbrechen, würde dies sicherlich positive Auswirkungen bezüglich der bereits in den Anfängen stehenden Klimakatastrophe haben. Es sei nur daran erinnert, dass die ersten Zeichen dieser Katastrophe bereits stattfinden: In den letzten zwei ein halb Monaten wurden aus insgesamt 15 verschiedenen Ländern verheerende Überschwemmungen gemeldet, darunter aus drei brasilianischen Bundesstaaten: Rio Grande do Sul, Santa Catarina und São Paulo.

Bayer meint, dass die neuen Vorschriften für den durchschnittlichen Höchst-Verbrauch von Kraftstoff in den USA und in China zu einem Boom von Hybrid— und Elektro-Autos führen würde, aber da scheint er doch zu optimistisch. Im Moment werden deutlich mehr kleinere Wagen gekauft als vor der Krise und damit können die neuen Vorschriften für den durchschnittlichen Höchstverbrauch wahrscheinlich schon eingehalten werden – zumal solche Grenzwerte ja immer nur Richtungen angeben.

In Bezug auf eine Abkehr vom Erdöl ist damit aber noch nichts erreicht. Das Ende des Ölzeitalters steht noch nicht an.

Globale Erwärmung

In verschiedenen ernst zu nehmenden Blogs und auch in geringem Masse in Mainstream-Medien wird die Theorie vom „Peak Oil“ dargelegt: Viele der wichtigsten Erdölförderländer haben den Höhepunkt ihrer Produktion überschritten: Saudi-Arabien, die Golf-Staaten, Großbritannien, Norwegen, Mexiko und Kirgisien. Neue große Funde, die leicht zugänglich sind, gibt es kaum. So schließt man dann: Das Erdöl wird knapp und der Erdölpreis wird deshalb in die Höhe schießen wie eine Rakete.

Allerdings hat niemand dieser Unkenrufer tatsächlich konkretes Zahlenmaterial an der Hand. Die wirklichen Produktionszahlen halten die großen Ölkonzerne (Royal Dutch-Shell, Exxon-Mobil, Caltex-Texaco, British Petrol und Total) nämlich streng geheim. D.h. sie geben immer wieder Zahlen heraus, aber das sind immer nur Teilbereiche, dazu sind solche Zahlen oftmals sichtlich geschönt. Was wirklich abgeht, wissen nur diese Konzerne und sie werden den Teufel tun, das zu veröffentlichen.

Erdöl

Sie betonen in ihren Stellungnahmen immer, es gebe keine Verknappung, es würden immer wieder neue Quellen gefunden und erschlossen und die Furcht vor einem Ende des billigen Öls sei unbegründet. Der katastrophale Anstieg des Erdölpreises auf 170 Dollar pro Barrel im letzten Jahr sei ausschließlich durch Spekulation verursacht worden.

Dagegen sagen die Peak-Oil-Apologeten, es sei undenkbar, dass eine so langdauernde und extreme Ölpreis-Hausse ausschließlich durch Spekulation verursacht worden sei. Die Basis sei vielmehr eine konkrete Verknappung gewesen. Das hat etwas für sich, aber es bleibt eben doch offen, wie viel Verknappung war und wie viel Spekulation.

Wirtschaftsmacht China

Die Überfluss-Seite betont, das Öl aus dem Irak beginne jetzt mit dem Abzug der US-Truppen wieder zu fließen und der Irak sei immerhin der drittgrößte Ölförderer gewesen vor dem Überfall.

Dagegen argumentiert die Peak-Öl-Seite, allein der steil steigende Bedarf Chinas sei bereits genug, um eine Verknappung hervorzurufen. Die Einkommen eines Teils der Chinesen steigen stark, ab einem bestimmten Niveau wolle jeder ein Auto haben und werde Erdölprodukte verbrennen.

So kommt man am Ende immer wieder auf einen relativ ausgeglichenen Markt, der aber heftig unter Spekulation zu leiden hat.

Welt-Ölreserven

Aber unabhängig davon, ob im Moment Knappheit oder Überfluss herrscht, muss die Menschheit auf jeden Fall aufhören, fossile Rohstoffe zu verbrennen. Zum einen wird dadurch die Klimakatastrophe in Gang gebracht und zum anderen ist Erdöl eben wirklich endlich und wird in Zukunft sicherlich ein wichtiger Rohstoff für kommende Generationen der Menschheit sein. Unabhängig von seinem aktuellen Preis ist Erdöl viel zu wertvoll zum Verbrennen (so wie auch Kohle und Erdgas).


Veröffentlicht am 27. Oktober 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 26. Oktober 2009

Die Briten schlagen alle Minus-Rekorde

Münzen auf Demonstranten auf der Straße

Von Karl Weiss

Obwohl großsprecherisch angekündigt worden war, Großbritannien werde im dritten Quartal 09 aus der Krise herauskommen, war die Wirklichkeit anders: Das britische Brutto-Inlandsprodukt (BIP) sank im dritten Quartal dieses Jahres um 0,4% gegenüber dem Zweiten, in dem es auch bereits um 0,6% zurückgegangen war. Das bedeutet einen Rückgang des BIP im Jahresvergleich um 5,2%. Auch im Vorquartal war schon ein ähnlicher Rückgang im Jahresvergleich registriert worden: -5,5%.

Damit sinkt das BIP im Vereinigten Königreich nun bereits im sechsten Quartal nacheinander. Das hatte es noch nie gegeben seit Beginn der Statistik zu diesem Punkt. Der Vertreter einer großen Britischen Versicherung sagte: „Das dritte Quartal ist furchtbar. In den Daten gibt es nichts Positives.“

Das „Handelsblatt“ gibt als Hauptursache in dem diesbezüglichen Artikel vom 23.10.09 an, dass Großbritannien eine weit geringeren Industrie-Anteil am BIP habe als etwa Frankreich und Deutschland. Dadurch seien auch die Exporte insgesamt schwach. Hier gibt es also eine klare Parallele von Großbritannien mit den USA, siehe auch diesen Artikel: „Fortschreitende Desindustrialisierung der USA: (https://karlweiss.twoday.net/stories/5993170/ )

Großbritannien läuft auch Gefahr, im BIP von Frankreich überholt zu werden. Eine schwierige Situation für Premier Brown, der bis Mitte kommenden Jahres allgemeine Wahlen ausschreiben muss. Der konservative Herausforderer Cameron sieht sich schon in der Rolle des Premierministers und verkündet bereits ohne Unterlass, in diesem Falle eine Volksabstimmung über die erweiterten EU-Rechte des Lissabon-Vertrages anzusetzen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine solche Abstimmung mit einem herzhaften „Nein“ ausgehen würde.

So blicken viele Europa-Politiker mit Sorgen auf die tiefe Krise, in welche die Briten abgerutscht sind. Speziell das Britische Pfund ist angeschlagen. Es geht in schnellen Schritten auf das 1:1 mit dem Euro zu, während es noch nicht lange her ist, dass ein Pfund ein und ein halb Euro waren.

Das könnte zwar den britischen Exporten zugute kommen, aber dazu müsste man natürlich eine weite Vielfalt von Industrieprodukten zu exportieren haben und nicht nur Finanzdienstleistungen – mit anderen Worten Luftbuchungen.

Noch zu Beginn der Krise saß die britische Bankenwelt auf höchsten Rossen. Als gleich nach der Beginn der Krise eine Demonstration von aufgebrachten Bürgern durchs Londoner Finanzviertel zog, warfen die Banker mit einem zynischen Lächeln Münzen auf die Demonstranten da unten auf der Straße. Es scheint so, als ob die Geschichte beschlossen hat, sie zur Rechenschaft zu ziehen.


Veröffentlicht am 26. Oktober 2009 in der Berliner Umschau

Freitag, 23. Oktober 2009

11 000 tote US-Soldaten durch abgereichertes Uran

Schweigen in den Massenmedien

Von Karl Weiss

1. Artikel der Serie: Ältere Artikel im Blog, die weiterhin Bedeutung haben

Mit Beginn von heute, werden wir hier im Blog 'Karl Weiss - Journalismus' Artikel aus früheren Jahren in unregelmässigen Abständen erneut einstellen, wenn sie weiterhin von Bedeutung sind. Wir wollen uns als Bürgerjournalisten ja vom Medien-Mainstream unterscheiden, der eine Sau nach der anderen durchs Dorf jagt und dann nie wieder erwähnt. Heute beginnen wir mit diesem Artikel vom 15. November 2006, der eine Zeit lang zu den 50 meist gelesensten im Blog gehörte.

Einsatz von abgereichertem Uran

Arthur Bernklau, Vorsitzender der Vereinigung „Veteranen für verfassungsmässiges Recht” in New York hat erklärt, die Anzahl von toten US-Soldaten durch „depletet Uranium“ habe die Marke von 11 000 überschritten. Das abgereicherte Uran ist als Ursache des „Golf-Krieg-Syndroms“ bekannt, an dem nach seinen Angaben im Moment 325 000 der 580 000 Soldaten leiden, die im ersten Golfkrieg 1991 eingesetzt waren.Die Zahl bezieht sich auf Veteranen jenes Krieges, die dauernd arbeitsunfähig sind.

Obwohl bekannt war, was die Munition mit abgereichertem Uran den eigenen Soldaten antut, wurde sie auch beim Überfall auf Afghanistan und den Irak verwendet. Sie ist dort weiterhin im Einsatz. Auch Israel hat im kürzlichen zweiten Libanonkrieg diese Munition eingesetzt. Auch in Deutschland ist diese Munition gelagert.

Nach Angaben Bernklaus sind im Moment insgesamt 518 739 ehemalige Soldaten wegen des „Golf-Krieg-Syndroms“ arbeitsunfähig, berichtet „American Free Press“ in Washington (diese Zahl bezieht jetzt auch die aus jüngeren Kriegen ein). Nach den Erfahrungen mit den Veteranen des ersten Golfkriegs wird eine große Zahl von ihnen noch daran sterben.

Abgereichertes Uran ist ein Nebenprodukt der Herstellung von Uran-Atombomben. Munition mit diesem Stoff extrem hoher Dichte statt Blei in den Geschossen hat eine besondere Durchschlagskraft. Das Uran ist aber weiterhin eine radioaktive Substanz mit allen Wirkungen ionisierender Strahlungen wie Krebs, langsamem Dahinsiechen und Tod.

Diese Tatsachen werden in den Massenmedien der USA (und Europas) nicht berichtet oder verniedlicht.

Montag, 19. Oktober 2009

Imperialistische Großmacht Europa

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Von Karl Weiss

Voraussichtlich innerhalb der nächsten Wochen wird der tschechische Präsident Klaus die Ratifizierungsurkunde des europäischen Grundlagenvertrags unterschreiben und damit den Vertrag, genannt Lissabon-Vertrag oder EU-Reformvertrag, in Kraft treten lassen. Damit wird die EU offiziell zu einer aggressiven imperialistischen Großmacht und wird in die Kämpfe um die Nachfolge der Vereinigten Staaten als Supermacht eintreten.

Europa-Demonstration

Europa, das bisher vor allem die wichtige Leistung vollbracht hat, der Menschheit die Aufklärung zu bringen, würde dann zu einer hassenswerten und allseits gehassten Großmacht, so wie es heute die USA sind.

Der Grundlagenvertrag sieht obligatorisch die ständig weitere Aufrüstung der EU und deren weitere Integration vor. Ebenso stellt er klar die internationale Rolle der EU als Eingreifmacht weltweit heraus. Zum Glück wird diese Entwicklung langsam sein und wird eine Reihe schwerster Hindernisse zu überwinden haben.

Vaclav Klaus stellte für viele in Europa, wahrscheinlich für eine Mehrheit derjenigen, die sich wirklich mit dem Thema beschäftigt haben, eine Art von „letzter Hoffnung“ dar, das Inkrafttreten des Vertrags vielleicht doch noch zu verhindern. Doch nun hat Klaus angekündigt, den Vertrag zu unterzeichnen, sobald das Tschechische Verfassungsgericht die letzte Klage dagegen abgewiesen haben wird, was voraussichtlich Ende des Monats der Fall sein wird. Es muss lediglich noch eine „Politische Erklärung“ auf dem anstehenden EU-Gipfel verabschiedet werden, der, wie es der Zufall will, auch Ende des Monats stattfindet.

Wie wenig diese EU noch mit Demokratie am Hut hat, wurde im Prozess des Durchpeitschens des „Lissabon-Vertrages“ deutlich. Die großen EU-Länder verpflichteten die kleinen unter Androhung wichtiger Nachteile, nirgendwo mehr Abstimmungen abzuhalten, sondern den Vertrag in den Parlamenten durchzuwinken. Außer Irland gehorchten alle. Wie in Irland mit einer zweiten Abstimmung mit großen Versprechungen an das leidgeprüfte Irische Volk eine Zustimmung erreicht wurde (eventuell gab es sogar massive Fälschungen), zeigte erneut: Demokratie ist nicht! Die Abstimmungen in den Parlamenten waren von schärfstem Druck innerhalb der Parteien auf jene Abgeordneten bestimmt, die eventuell dagegen gestimmt hätten. Jeder wusste, er würde in dieser Partei nie mehr etwas werden, wenn er das täte. So wurden in fast allen Ländern weit überwiegende Mehrheiten erreicht.

Da nun Präsident Klaus eventuell hätte noch zum Stolperstein werden können, wurde eine Hetze gegen ihn entfacht, die ihresgleichen sucht. Man höre nur, was die Financial Times Deutschland (FTD) in einem Kommentar über Klaus noch am Tag seiner Kapitulationserklärung veröffentlicht hat.

„[Klaus]... will selbst mitspielen im Konzert der Großen. (...) ...er [ist] ein eitler Kaiser ... (...) Nun greift Klaus zu dumpfem Populismus... (...) Indem er nun dreist und aus rein taktischen Gründen seine Forderung aufstellt, überschreitet der tschechische Präsident seine Kompetenzen... (...) Er verhält sich, als sei er eine Mischung aus Exekutive und Legislative. (...) Es ist an der tschechischen Regierung ... ihm klarzumachen, worin seine Aufgabe besteht. (...) Klaus' Aufgabe ist es zu unterschreiben. Mehr nicht. (...) Er ist auf dem Niveau eines Provinzpolitikers angekommen und sollte genau so behandelt werden.“

Lesen Sie sich dieses Zitat ruhig noch einmal ein zweites Mal durch. So kann man in Deutschland das Staatsoberhaupt eines Nachbarstaats behandeln, wenn es die Politik gefährden könnte, die man bevorzugt. Das sind die gleichen Leute, die es nicht EINMAL gewagt haben, F.J. Strauss einen Provinzpolitiker zu nennen, der auch genau so hätte behandelt werden sollen.

Auch der Respekt vor der Funktion eines Präsidenten wird völlig fallengelassen. Hat man schon einmal ein deutsches Medium gehört, das vom Bundespräsidenten verlangt, zu unterschreiben - Nichts weiter?

Der interessanteste Teil dieses Zitats ist aber der, wo man Klaus anklagt, er handele wie eine Mischung aus Exekutive und Legislative. Lassen Sie uns kurz erinnern, was wir im Kapitel ‚Trennung der Gewalten’ in der Schule gelernt hatten. Die Legislative, also das Parlament, hat die Aufgabe, die Gesetze zu machen, das heißt, alles Wesentliche zu bestimmen. Die Exekutive, also die Regierung, hat dagegen die Aufgabe, innerhalb des durch die Gesetze festgelegten Rahmens die Geschäfte zu führen. Nun, wir wissen, dies ist – vorsichtig gesagt – graue Theorie. Die Gesetze werden praktisch ausschließlich in den Ministerien von Beauftragten des Monopolkapitals formuliert und dann von der Regierung beschlossen und das Parlament dient gerade noch als Abnick-August. Wenn wirklich einmal Gefahr besteht, ein solches Gesetz könnte nicht durchkommen, werden die Abgeordneten in Fraktionsdisziplin genommen – Pustekuchen mit „nur ihrem Gewissen verantwortlich“ - und zum Teil auch persönlich erpresst. So ist es in den Zig Jahren Bundesrepublik allerhöchstens zwei Mal vorgekommen, dass ein Gesetz der Regierung nicht angenommen wurde.

Wie hieß das Zitat? Frau Merkel verhält sich, als sei sie eine Mischung aus Exekutive und Legislative? Ach nein, natürlich nicht! Die FTD würde so etwas nie schreiben, denn die Wahrheit ist tabu! Es ist Klaus, natürlich, nur dieser Klaus, dieser Schelm!

Wenden wir uns nun der Frage zu, welches die schweren Hindernisse sind, welche die Politiker, die keine Provinzpolitiker sind, zu überwinden haben werden, um aus einem friedlichen Zusammenschluss von Staaten eine aggressive, unterdrückerische Union zu machen.

1. Das erste große Hindernis ist die Krise

Als all dies geplant wurde, waren die Politiker (nicht Provinzpolitiker) noch nicht gewahr, dass da eine Krise im Anzug ist, denn sie lesen ja nicht den Blog des Bürgerjournalisten. Nun ist die Krise aber wie ein Hurrikan unangekündigt über sie hereingebrochen und sie sind ratlos. Es ist ja bereits klar, die EU wird als Gemeinschaft keineswegs unangetastet aus ihr hervorgehen, eventuell wird es schon keine EU mehr geben, wenn das alles vorbei sein wird. Die Krise ist ja nicht einfach nur eine Wirtschaftskrise, sie ist nicht zuletzt auch eine Krise der Finanzinstitutionen, des ganzen Finanzsystems, eine Krise des Welthandels, eine Krise zwischen der reichen und der armen Welt, eine Krise der Haushaltsdefizite und vor allem anderen eine Krise der Währungen und der Staatsschätze. Die Vorstellung, man könne die geplante ungeheure Aufrüstung nun noch finanzieren, ist ins Reich der Märchen verschwunden. Man wird heilfroh sein können, wenn man den Euro und das britische Pfund über die Krise rettet. Es ist allerdings noch wahrscheinlicher, dass diese Krise sowieso zur Endzeitkrise des Kapitalismus wird, womit sich das Problem der EU-Pläne bereits ergeben hätte.

2. Das zweite große Hindernis: Großbritannien

Europa wurde erst zu Europa, als es auch die Engländer (einschließlich der Waliser, Schotten und Nordiren) mit einschließen konnte. Auch wenn die Briten Europa einfach „den Kontinent“ nennen, mit dem sie offenbar nichts zu tun haben, ist doch Europa undenkbar ohne die Briten. Nur: Die Labour Party, die alle letzten Wahlen gewonnen hat, hat – wie alle sozialdemokratischen Parteien in Europa – ausgedient. Bei den Wahlen, die Premier Brown nicht mehr lange hinauszögern kann, wird aller Voraussicht nach die Konservative Partei ans Ruder kommen, eventuell zusammen mit den Liberalen. Doch die hat bereits definitiv ein Plebiszit über die erweiterten Rechte der EU angekündigt, wenn sie gewinnt. Auch wenn das rein formal zu spät käme (es gibt keine ernsthaften Zweifel, dass die Anti-EU-Fraktion gewinnen wird), wird Europa ein entsprechendes Votum nicht ignorieren können. Es ist im Moment kaum vorstellbar, wie ein Kompromiss aussehen könnte.

3. Das dritte Hindernis: Frau Merkel

Die Bundeskanzlerin ist keine Europäerin und wird auch keine mehr werden. Deutschland hat aber als bevölkerungsreichstes Land der EU eine Schlüsselrolle. Frau Merkel ist Atlantikerin, so wie es Blair war und Brown ist. Das heißt: Die USA, die USA haben immer recht! Damit hängt sie sich aber an einen fallenden Stern. Man möchte fast wetten, sie wird es zu spät merken. Sie hat, wie man mehrfach bemerken konnte, nichts für ihre Partner in der EU übrig. Sie hat, im Zusammenhang mit geforderten einheitlichen europaweiten Maßnahmen gegen die Krise, reihenweise Partner vor den Kopf gestoßen, hat sich ausschließlich den Dingen in Deutschland und der Zusammenarbeit mit ihrem Freund Obama gewidmet. Sie hat im Zusammenhang mit der Opel–Rettung (Achtung: Opel ist nicht gerettet, nicht ansatzweise!) Partner nicht nur vor den Kopf gestoßen, sondern in aller Öffentlichkeit vorgeführt, z.B. die spanische Regierung. Sie sieht Europa ausschließlich als eine Gruppe von Staaten, die mit den USA verbündet sind. Mit ihr werden jene ambitiösen Pläne von Europa nicht zu verwirklichen sein, aber bis auf weiteres wird sie wohl Deutschland repräsentieren.

4. Das vierte Hindernis: Überschuldungen (Euro-Staaten und Großbritannien)

Die EU und speziell die Euro-Zone, die ja das Herz der EU darstellt, erlebten und erleben massive Milliarden-Ausgaben für Bankenstützungen, für Bank-Verstaatlichungen, für Versicherungs-Rettungen, für Abwrackprämien und für Konjunkturprogramme. Staaten wie Irland, Griechenland und Portugal sind in extremer Gefahr, in Überschuldungskrisen einzutreten, auch Spanien könnte dazu gehören. Das gleiche gilt für Großbritannien, das ja ebenfalls in der EU ist. Der Euro ist dadurch gefährdet und sowieso das englische Pfund. Wenn riesige Rettungsaktionen für ganze Staaten notwendig werden sollten oder sogar der Euro den Bach hinunter geht, dann ist die Großmacht Europa sowieso am Horizont verschwunden.

Wie das auch immer im Einzelnen verlaufen mag: Das letzte Wort über die aggressive Großmacht Europa ist noch nicht gesprochen.


Veröffentlicht am 19. Oktober 2009 in der Berliner Umschau

Samstag, 17. Oktober 2009

Einheitslügen

Deutsche Medien lügen, verdrehen und lassen weg

Von Karl Weiss

Bereits mehrfach hat man die deutschen Medien bei Verdrehungen, Lügen, bewussten Auslassungen und ähnlichem erwischt. Diese Mittel wenden sie gegen die „Feinde“ an, so zum Beispiel gegen Lafontaine, gegen Ahmedinedschad, gegen Hugo Chávez, gegen die Palästinenser und so weiter. Jetzt hat man wieder einen solchen Fall. Die Medien verdrehen und behaupten, Hugo Chávez habe ein Hilton-Hotel enteignet.

Chávez

Das ist Quatsch. Es gibt und gab in ganz Venezuela überhaupt kein Hotel, das der Hilton–Gruppe gehört. Es gab lediglich drei Hotels, die von Hilton verwaltet wurden. Zwei dieser Verwaltungen wurden bereits vor einiger Zeit eingestellt, die dritte lief jetzt aus und wurde nicht verlängert. Damit wird jenes Hotel auf der Touristeninsel Margarita auch nicht mehr den Namen Hilton tragen.

Im gleichen Zuge wurde auch die Konzession der Eigner (einige der Mitglieder der venezolanischen Oligarchie, die über Jahrhunderte das Volk unterdrückt und ausgebeutet haben) nicht verlängert.

Die Ferieninsel Margarita in der Karibik, die zu Venezuela gehört, ist eine der wichtigsten Touristenattraktionen in ganz Südamerika.
Der venezolanische Staat hatte dies gefördert – lange vor Chávez - , indem man Kredite zum Bau von Hotels der internationalen Kategorie zur Verfügung stellte. Die Bauherren waren jeweils Mitglieder der Oligarchie. Chávez hat später solche mit Staatsgelder geförderten Objekte mit Konzessionen versehen. Die Besitzer, die sich der günstigen Kredite erfreuen durften, dürfen die Gebäude und/oder das Land zum Beispiel nicht einfach verkaufen. Sie müssen die Gebäude instandhalten, sie müssen sie der vorgesehenen Funktion zuführen – in diesem Fall als Hotel. Wenn diesen Pflichten nicht nachgekommen wird, hat der Staat das Recht, sie zu enteignen – gegen Entschädigung natürlich.

Dies traf auf das von Hilton unter dem Namen Hilton Margarita verwaltete Hotel zu. Die notwendigen Sanierungsmassnahmen waren nicht durchgeführt worden. Zudem hatten die Eigner aus der Oligarchie mit verschiedenen willkürlichen Auflagen verhindert, dass die internationalen Gäste beim vor kurzem durchgeführten Gipfel Lateinamerika-Afrika dort unterkommen konnten. Damit waren sie ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen und sollen nun enteignet werden – natürlich gegen Entschädigung (wobei diese Entschädigungen natürlich nicht die Phantasiewerte umfassen, welche die Eigner gerne sehen würden).

Venezuela wird dieses Hotel nun selbst betreiben und so wird niemand mehr wegen seiner Hautfarbe dort ferngehalten. Nun, so weit, so gut. Doch was machen Deutsche Medien daraus, die sich selbst gerne als „Qualitätsmedien“ bezeichnen?

Süddeutsche - historisches Foto des Redaktionsgebäudes in der Münchener Sendlinger Strasse

Die „Süddeutsche“ (SZ) titelt ihren Artikel dazu vom 15. 10. 2009: „Enteignet Hilton!“ Das ist angesichts der Tatsachen eine freche Lüge! Dann fügt sie sofort noch eine unverschämte Verdrehung an „..Chávez reißt das Hilton auf der Karibik-Insel Margarita an sich...“. Nicht einmal seine schlimmsten Feinde haben bisher Präsident Chávez persönliche Bereicherung vorgeworfen. Dies ist vielmehr die Spezialität genau jener Oligarchie, die hier betroffen ist und von der SZ mit Zähnen und Klauen verteidgt wird.

Am gleichen Tag berichtet die Financial Times Deutschland (FTD) zu diesem Thema. Der Artikel ist mit Ausnahmen von drei Sätzen und der Überschrift wortgleich mit dem der SZ! Qualitätsmedien!

Aber die FTD lügt genauso frech: „Chavez verstaatlicht Hilton-Hotel“. Und dann wird es noch absurder: „...hat ein historisches Hilton-Hotel auf der Karibikinsel Margarita verstaatlicht.“ Es gibt kein historisches Hilton-Hotel außerhalb der Vereinigten Staaten. In diesem Fall handelt es sich um einen relativ neuen Bau (nichts von historisch!), der allerdings wie alle Bauten in den Tropen eine regelmäßige Wartung benötigt, weil die hohe Luftfeuchtigkeit an der Substanz nagt.

Und was denken sie, schreibt die SZ über das Hotel? „..hat ein historisches Hilton-Hotel auf der Karibikinsel Margarita verstaatlicht.“ Toll, unsere Qualitätsmedien, was?

Deutschland - München
München, Sitz der "Süddeutschen"

Doch die FTD kann‘s noch besser: Sie wählt als Hauptüberschrift einen ausgemachten Unsinn: „Nationalisierung in Venezuela“ und textet: „Der venezolanische Präsident setzt seinen Kurs der Nationalisierung fort...“ Unter Nationalisierung versteht man die Enteignung ausländischer Firmen oder Fabriken, aber das in Frage stehende Hotel gehörte niemals Ausländern.

Wenn der zuständige Redakteur der FTD den von ihm selbst redigierten Text gelesen hätte, dann wüsste er das auch. Da steht nämlich: „Deshalb habe er [Chávez] sich entschlossen, die Besitzer des Hotels, die Mitglieder der venezolanischen Wirtschaftselite [das ist die Bezeichnung, welche die Oligarchie sich selbst gegeben hat] seien, zu enteignen.“

Der Redakteur hat also nur die ersten Zeilen des Textes gelesen, den er wahrscheinlich von einer Nachrichtenagentur vorgelegt bekam, hatte seine eigene Überschrift darüber gestellt, ohne überhaupt zu lesen und fertig war der Artikel. Wie gesagt, Qualitätsmedien!

Wenn der Bürgerjournalist in seinem Blog so etwas machen würde, wären aufmerksame Leser sofort über ihn hergefallen.

Auch der Redakteur der SZ muss eine ähnliche „Qualitätsarbeit“ geleistet haben, denn auch aus seinem Text geht hervor, dass Hilton gar nicht der Eigner des Hotels war. Wie kann man jemanden enteignen, dem das Objekt gar nicht gehört?

Wenn es dagegen darum geht zu hetzen, in diesem Fall gegen Hugo Chávez, dann sind diese „Qualitätsmedien“ immer dabei. Die gleiche SZ, die hier lügt, hat nämlich kürzlich einen Hetzartikel gegen Chávez veröffentlicht, in dem sie ihn wortwörtlich „ Diktator“ nennt und ihm „Willkür“ und „Tyrannei“ vorwirft. Nun ist aber Hugo Chávez wahrscheinlich der am meisten demokratisch legitimierte Politiker der Welt. Er ist nämlich nicht nur bei zwei Wahlen mit hohen Mehrheiten bei hohen Wahlbeteiligungen direkt gewählt worden, sondern hat sich zusätzlich auch bereits zwei Mal in 10 Jahren einem Plebiszit gestellt und wurde immer klar bestätigt.

Das wäre interessant gewesen, wenn Frau Merkel oder Herr Schröder sich solchen Plebisziten zu stellen gehabt hätten. Sie wären mit Pauken und Trompeten durchgefallen! Da ist es schon eine Zumutung, wenn die größte Tageszeitung dieses Landes solche Schimpfereien gegen einen Politiker losläßt, der in perfekter Weise demokratisch legitimiert ist.

Der Hetzartikel der SZ versteigt sich sogar zu der Behauptung, die Opposition in Venezuela werde politisch verfolgt. Gleichzeitig beschreibt der Artikel aber auch eine Demonstration von Tausend Menschen in Caracas gegen Chavez und deren Parolen (u.a. „Weg mit Chávez!“), die unbehelligt bleibt. Wenn von politischer Verfolgung die Rede ist, so sollte die SZ sich vielleicht mal im eigenen Lager umsehen, z.B. in den USA, die sie für eine Demokratie hält, wo die Demonstranten gegen den G20-Gipfel in Pittsburgh kürzlich – in friedlicher Demonstration - von der Polizei zusammengeprügelt wurden.

Ebenso behauptet die SZ in ihrem Hetzartikel, „...die freie Presse [in Venezuela] verstummt nach und nach.“ Das ist starker Tobak angesichts der Realität. In Venezuela - wie auch in anderen südamerikanischen Ländern, wie auch in vielen anderen Entwicklungsländern, wie auch in fast allen entwickelten Ländern – sind die Medien – fast alle – fest in den Händen von Monopolkapitalisten, also der allein herrschenden Klasse, die über diese Medien die ganze Gesellschaft manipuliert, wie wir gerade am Beispiel der SZ und der FTD nachweisen.

Diese Medien nennt die SZ die „freie Presse“. Was daran frei sein soll, müsste man noch erklären. Sie ist in Wirklichkeit extrem unfrei, denn die Journalisten müssen die Sicht der Besitzer darstellen oder sie werden entlassen – bzw. gar nicht erst eingestellt.

Nun, auch in Venezuela sind fast alle Zeitungen und das Fernsehen solche Medien und daher logischerweise streng Anti-Chávez. Auf was sich der Artikel bezieht: Chávez hatte vor zwei Jahren die auslaufende Lizenz des Fernsehsenders „Globo“ nicht mehr verlängert, weil dieser Sender nachweislich aktiv am Putschversuch gegen den gewählten Präsidenten von 2002 beteiligt war. ‚Globo’ brauchte allerdings die Sendungen keineswegs einzustellen. Der Sender kann weiterhin über Kabel, Satellit und Internet empfangen werden.

Die Behauptung, die „freie Presse verstumme“ (will sagen die Monopolmedien), ist einfach absurd angesichts der Wirklichkeit. Es gibt lediglich einen Fernsehsender, der Pro-Chávez ist, alle anderen hetzen unentwegt gegen ihn in Venezuela. Es gibt lediglich zwei Zeitungen, die Pro-Chávez sind, alle anderen hetzen gegen ihn.

Es ist so wie hier in Deutschland: Die Monopolkapitalisten haben alle Medien absolut in der Hand, wenn sich auch hier und dort schon mal eine unabhängige Stimme erhebt. Was dagegen mit der Gewalt der Monopolmacht gecrasht wird, ist die Wahrheit – wie hier mal wieder bewiesen wurde.

Auch in Deutschland sind sich viele Menschen dieser Wirklichkeit bewusst, wie ein Kommentator jenes Hetzartikels in der SZ deutlich macht. Er schreibt: "Allein die Giftigkeit, mit der er hier in der SZ "gewürdigt" wird, beweist, dass der Mann gut ist."


Veröffentlicht am 17. Oktober 2009 in der Berliner Umschau

Freitag, 16. Oktober 2009

Benzin wird Alternativ-Kraftstoff

Da ist Brasilien allen voraus

Von Karl Weiss

Die Petrobras, die halbstaatliche Ölfirma Brasiliens, die als einzige Raffinerien im größten Land der südlichen Halbkugel betreibt und die auch für den Vertrieb eines wesentlichen Teils des im Lande hergestellten Alkohols für Zwecke des Benzin-Ersatzes zuständig ist, hat soeben bekannt gegeben: Die Menge des verkauftem Alkohols in Brasilien hat die des Benzins übertroffen und ist weiter steigend.

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Der Präsident der Petrobras fasste dies in die Worte: „Benzin ist zum Alternativkraftstoff geworden.“ Bis zum Jahr 2020 sieht man das Verhältnis von Alkohol (Ethanol) zu Benzin bei 83: 17.

In Brasilien wurde auch bereits vor geraumer Zeit eine andere Entscheidung getroffen, die auch in den entwickelten Ländern überfällig ist: Für Pkw wurde der Gebrauch von Dieselmotoren verboten. Diese sind nur für Fahrzeuge zugelassen, die im wesentlichen dem Güter-Transport dienen.

Logo Petrobras

Wie jeder weiss, sind die Abgase von Dieselmotoren die Hauptursache des Feinstaubs, dessen Konzentrationen in einigen Städten Deutschlands bereit weit über dem zulässigen Limit liegen. Noch mehr: Die Dieselabgase sind die Hauptquelle der krebserregenden Substanzen in diesem Feinstaub.

Ein weiteres Feld, auf dem unsere allseits geliebten kapitalistischen Politiker gegen grundlegende Erkenntnisse des Umwelt- und Gesundheitsschutzes verstoßen, weil sie mit den Automobil- und Ölkonzernen im Bett liegen. Diese Konzerne fürchten jede Veränderung des Status quo, weil dadurch die zwischen ihnen aufgeteilte absolute Dominanz auf jenem Gebiet angekratzt werden könnte.

Brasilien Alkohol Zapfsaeule

Auf diese Weise ist in Brasilien deutlich mehr Alkohol/Benzin im Gebrauch als Diesel, zumal es in Brasilien ja keine Heizungen gibt und daher auch kein Heizöl, das ja auch nichts anderes ist als Diesel. Zusätzlich ist in Brasilien das Diesel bereits mit 5% Bio-Diesel versetzt. Doch darüber ein anderes Mal.

In Brasilien sind heute fast alle im Land hergestellt Personenkraftwagen automatisch oder auf Wunsch „Total Flex“, d.h. sie können Alkohol oder Benzin oder jedes Mischungsverhältnis zwischen beiden tanken. Die Sprit-Preise liegen im Bereich 100 : 140 zugunsten des Alkohols. Dafür hat man aber beim Alkohol auch einen zwischen 20 und 40% höheren Verbrauch. Der Vorteil vom Benzin-Tanken ist die größere Reichweite mit einer Tankfüllung. Der Vorteil beim Alkohol-Tanken ist: Man hat ein deutlich temperamentvolleres Auto. (In Wirklichkeit wäre der Mehrverbrauch beim Alkohol nur bei etwa 10% bis 20% gelegen, aber fast niemand kann dem widerstehen, die bessere Durchzugskraft des Alkohols auch auszunutzen – was offensichtlich den Verbrauch erhöht.)

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Im Moment liegen die Benzin-Preise hier in Belo Horizonte bei den billigeren Tankstellen bei 2,20 bis 2,25 Reais pro Liter, was 0,73 bis 0,75 Euro entspricht. Die Alkohol-Preise liegen an diesen Tankstellen bei 1,45 bis 1,50 Reais, etwa 0,48 bis 0,50 Euro. Vor einigen Monaten, als die Alkohol-Preise besonders niedrig waren, hat der Bürger-Journalist in Campinas im Staat São Paulo, wo die Alkohol-Preise schon üblicherweise niedrig sind, einen Tank mit Alkohol zum Preis von 0,85 Reais pro Liter gefüllt, das sind etwa 0,28 Euro.



Auto-Fabriken, die weitgehend „nationalisiert“ sind, in denen also mehr als 85% im Land hergestellte Teile verwendet werden, haben zur Zeit in Brasilien: Fiat, Volkswagen, GM, Ford, Renault (einschließlich Nissan und jenen Autos, die in Europa Dacia heißen), Peugeot-Citroen und KIA. Auto-Fabriken mit geringerem Grad der Nationalisierung haben Honda, Daewoo und Toyota. Im Moment in Planung ist die Fabrik von Hyundai. Zwei Drittel aller in Brasilien verkauften Personen-Kraftwagen sind mit einem 1,0-Liter-Motor ausgerüstet. Fast 90% der Autos verlassen heute als „Total Flex“-Versionen die Fabriken.

Ethanol- und Zuckerfabrik in Brasilien

Alle diese Auto-Konzerne könnten also diese Technik auch in anderen Ländern anbieten. Sie könnten es dem Konsumenten überlassen, ob er Benzin oder Alkohol tanken will. Dann würden sich schnell überall Alkohol-Zapfsäulen finden. Aber die Spitzen von Auto- und Ölkonzernen sind eng miteinander verkungelt. Die Ölkonzerne versuchen mit allen Mitteln, das Aufkommen alternativer Antriebsarten zu Benzin und Diesel zu verhindern, denn sie verdienen 80% ihres Geldes mit diesem beiden überholten Sprit-Dinosauriern. Die Autohersteller unterstützen sie dabei.

Und die kapitalistischen Politiker sind verkungelt mit eben jenen Monopol-Konzernen und unterstützen sie in der Abwehr jeglicher Alternativen.

Typisch für die Abwehr-Kampagnen ist die mit Millionenbeträgen geführte Public-Relations-Action gegen Biosprit. Ganze Organisationen wurden gegründet, die Erfundenes gegen Biosprit verbreiten und eine Anzahl von Scheinwissenschaftlern legen falsch angelegte Versuchsergebnisse vor, um dem Biosprit den Garaus zu machen. Die Medien verbreiten bereitwillig diese Thesen, ohne auch nur irgendetwas in Frage zu stellen. Organisationen wie ‚Greenpeace’ und ‚Rettet-den-Regenwald’ lassen sich als nützliche Idioten für diese Kampagne benutzen. Auch der Zuständige der UN, Jean Ziegler, verbreitet diesen Unsinn.

Treibstoffpreise Brasilien Juli 08

Ihre „Argumente“ sind im wesentlichen die folgenden:
  • Das „Konkurrenz-zu-Nahrungsmitteln-Argument“

    Es wird behauptet, Bio-Sprit würde Anbauflächen belegen, die dringend für die Ernährung der Weltbevölkerung gebraucht würden, von der sowieso schon ein Teil hungert. In Wirklichkeit aber gibt es keinen Mangel an Nahrungsmitteln, nur einen Mangel an Geld für viele, diese Nahrungsmittel zu kaufen. Die gesamte Nahrungsmittel-Produktion der Menschheit würde im Moment im Prinzip für 12 Milliarden Menschen reichen und bisher sind wir „nur“ etwa 7 Milliarden. Speziell in den Entwicklungsländern gibt es außerdem etwa die gleiche Fläche an ungenutztem landwirtschaftlichen Boden, wie bereits bebaut wird (gemeint ist Boden, der bereits erschlossen ist). Würde man diesen Boden an arme Familien verteilen und ihnen einen angemessenen Preis für die dort produzierten Ernten zahlen, wären mit einem Schlag alle Hungerprobleme der Menschheit gelöst. Allerdings gäbe es dann ein Überangebot an Nahrungsmitteln und eine andere Nutzung von bestimmten landwirtschaftlichen Produkten wäre willkommen, zum Beispiel für Bio-Sprit. Die Haupt-Ursachen für die riesigen Brachflächen in den Entwicklungsländern sind vor allem die Agrarsubventionen der reichen Länder. Die USA, Japan und die EU stecken Unmengen von Geld in die Subventionierung von Agrargütern, die sie dann anschließend zu Spottpreisen überall in der Welt verhökern. In den Entwicklungsländern kann man aber zu diesen Preisen diese Nahrungsmittel nicht erzeugen und so bleiben die Agrarflächen ungenutzt.
Zuckerrohr-Ernte
  • Das Argument „Es–ist-eine-Sünde-Nahrungsmittel-zu-verfeuern“

    Sehr ähnlich wird dieses Argument auch in der Form gebracht, man könne doch nicht Lebensmittel zur Verbrennung in Motoren verwenden, wenn gleichzeitig Menschen des Hungers sterben. Auch in diesem Fall muss daran erinnert werden: Der Hunger in der Welt ist allein ein Auswuchs des imperialistischen Systems, nicht ein Mangel an Nahrungsmitteln. Allerdings trifft das Argument in gewisser Weise auf die in den USA verwendete Art der Alkohol-Herstellung zu: Dort wird Mais angebaut, dann geerntet und dann macht man in einer Anzahl von Fabriken aus den gelben Maiskörnern Alkohol. Das allerdings ist wirklich absurd, weil bei weitem zu teuer. Da die USA mit ihrem subventionierten Mais auch den mexikanischen Markt beliefert (zu Spott-Preisen), gab es da in Mexiko nun auch deutliche Preiserhöhungen für das dortige Grundnahrungsmittel Mais. Allerdings ist das kein Argument gegen den Alkohol als Benzinersatz, sondern eines gegen die kapitalistisch-imperialistischen Verhältnisse. Zuckerrohr hat sich als bei weitem am besten geeignet erwiesen zur Alkoholherstellung. Die brasilianische Methode (man kann inzwischen in Brasilien Alkoholfabriken für die Herstellung aus Zuckerrohr von der Stange kaufen) beinhaltet auch die Verwendung der nicht verwendeten Teile des Zuckerrohrs zur Verbrennung und Energiegewinnung für den Prozess. Dadurch verbessert sich die sowieso schon günstige Energiebilanz im Vergleich zur energiefressenden Benzinherstellung noch weiter.
Brasilien (topographisch)
  • Das „Energie-Bilanz-Argument“

    Im Prinzip schon hundertfach widerlegt, kommt immer wieder das Energie-Bilanz-Argument aufs Tapet. Angebliche Wissenschaftler, finanziert von dubiosen Organisationen, stellen „alternative“ Energiebilanzen auf, die den Vorteil bezüglich des Ausstoßes von CO2 von Alkohol gegen Benzin herunter rechnen, bis er fast völlig verschwindet. Da wird zum Beispiel die Tatsache benutzt, dass Alkohol viel herum transportiert werden muss, während Benzin in den entwickelten Ländern nur von der nächsten Raffinerie herangebracht werden zu braucht, um fast die Hälfte des Vorteils des Alkohols wegzurechnen. Nur hat eben Brasilien bereits gezeigt: Wenn genügend Alkohol verbraucht wird, wird es bald auch lokale Alkohol-Fabriken geben und der Transport spielt keine Rolle mehr. Die grundlegende Frage ist eben: Will man den Wahnsinn stoppen, CO2, das vor Hunderten oder Zig Millionen von Jahren weit mehr in der Lufthülle vorkam und dann in Form verwesender Pflanzen in den Untergrund befördert wurde, wieder in Form von Erdöl hervorzupumpen und durch Verbrennen erneut in CO2 verwandeln, damit die Erdoberfläche wieder, so wie damals, für Menschen unbewohnbar sein wird? Nur, damals gab es noch keine Menschen. Heute aber gibt es etwa 7 Milliarden!
Treffende Karikatur
  • Das Argument: „Die-möglichen-Anbauflächen-reichen-nicht-aus“

    Dies stellt sich beim näheren Hinsehen als gar kein Argument heraus, außer für jemanden, der sich leicht täuschen lässt. Tatsächlich ist die Menge des weltweit verbrauchten Benzins so riesig, dass man diese nicht vollständig durch Alkohol ersetzen kann, ohne wirklich ernsthaft die Nahrungsmittelproduktion zu gefährden. Aber wer hat denn gesagt, das Benzin müsse vollständig ersetzt werden? Wenn es gelänge, bis in 20 Jahren 40 % zu ersetzen, wäre bereits ein wichtiger Schritt in Richtung der Vermeidung der Klimakatastrophe getan.
  • Das „Regenwald-Argument“

    Entgegen der Wahrheit wird immer wieder behauptet, ein wesentlicher Teil des Alkohols in Brasilien werde aus Pflanzen hergestellt, die auf Flächen angebaut wurden, die dem Regenwald abgetrotzt wurden. Das ist nicht der Fall. Etwa 90% des Zuckerrohrs für den Alkohol in Brasilien werden in den Regionen Südost, Nordost und Süd angebaut, die Tausende von Kilometern vom Amazonasregenwald entfernt liegen. Nur weniger als 1% stammen von Zuckerrohr aus der Amazonas-Region, wobei ein Teil davon nicht auf neu gerodeten Flächen angebaut wurde. Der einfache Gründ dafür ist: Die klimatischen Umstände und der Boden des Amazonasregenwaldes sind nicht für den Anbau von Zuckerrohr geeignet (mit geringen Ausnahmen).
Globale Erwärmung

Tatsächlich ist der Alkohol wirklich nicht das ideale Mittel, den Verkehr anzutreiben. Die Mittel, Benzin (oder auch Alkohol) zu sparen, sind vielfältig und sind noch nicht einmal ansatzweise ausgenutzt. Außerdem sollte eine Menschheit, die nicht mehr für den höheren Profit der Groß-Konzerne (und das sind vor allem die Öl- und Auto-Konzerne) leben will, überhaupt in Frage stellen, ob ein Verkehrsmittel wie das Auto, das jährlich mehrere Hunderttausend tote Menschen fordert, überhaupt akzeptabel ist. Zweifellos sind da schienengebundene oder über den Schienen schwebende Verkehrsmittel mehr angesagt. Gibt es aber Schienen, kann auch Strom abgenommen werden und dann ist nur noch die Frage, wie wir den Strom für den Verkehr erzeugen – und das werden wir sicherlich nicht durch CO2-erzeugende Verbrennungsprozesse. Aber dies ist schon ein anderes Thema.

Für den Alkohol gilt: Er ist schnell zugänglich und daher der ideale Ersatz für einen Teil des Benzins IN EINER ÜBERGANSZEIT.

Schmelzendes Eis

Übrigens gibt es inzwischen auch bereits anwendungsreife Verfahren, Alkohol aus organischen Abfällen herzustellen. Ein solches Verfahren wäre wahrscheinlich für Europa ideal, wo es Unmengen von organischen Abfällen gibt, die irrwitzigerweise in Müllverbrennungsanlagen vernichtet werden.

Schließlich sei hier auch noch erwähnt, dass Benzin (wie auch Diesel) krebserregende Anteile enthält, die eigentlich jeden, der an einer Tankstelle, einer Abfüllstation oder einer Raffinerie arbeitet, zum Tragen einer Vollschutz-Maske zwingen müsste – wäre es irgendeine andere Firma. Aber die Ölkonzerne sind so mächtig und politisch gut „vernetzt“, dass die Tankstellen, die Abfüllstellen und die Raffinerien der einzige Platz sind, wo dies Regeln nicht gelten. Alkohol (und Bio-Diesel) sind dagegen nicht krebserregend.


Veröffentlicht am 15. Oktober 2009 in der Berliner Umschau


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur beginnenden Klimakatastrophe und was man dagegen tun kann:

- Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 1 – Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 2 – Was spricht gegen Bio-Kraftstoffe?

- Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 3 – Der 'Rush' gewinnt an Tempo

- Das Klima kann nicht warten – Offener Brief an „Rettet den Regenwald“

- Wie die Industrie der „Global Warming Sceptics“ funktioniert

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4 - Endlich auch Bio-Alkohol in der Bundesrepublik

- Kofi Annan: Keine Gegenargumente mehr

- Brasilien plant völlige Umstellung auf Biodiesel

- Lulas Brasilien, Teil 4 – Abholzen und Abbrennen

- Klimakatastrophe: IPCC-Report klammert entscheidende Frage aus

- Stärkster Hurricane aller Zeiten

- Wie wird der Verkehr der Zukunft angetrieben

- Naive Umweltschützer geben Massenmedien Stichworte

- Briefwechsel mit „Rettet den Regenwald“

- Ein deutscher ‚Global Warming Sceptic’

- Klimahetzer? – Klimaketzer? Eine Auseinandersetzung um die beginnende Klimakatastrophe

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Fortschreitende Des-Industrialisierung der USA

Kein Aufschwung in Sicht

Von Karl Weiss

Die USA, die absolute und alleinige Supermacht, sind geradezu der Inbegriff dessen, was wir als modernen hochentwickelten Industriestaat bezeichnen. Und doch ist diese Bezeichnung nicht (mehr) auf die USA zutreffend. In den USA fand bereits seit geraumer Zeit ein Prozess der Des-Industrialisierung statt, der sich nun, in der Krise, hochgradig beschleunigt hat. Die USA müssen heute korrekt als teilindustrialisierter Bubble-Staat bezeichnet werden (hier wird die englische Bezeichnung Bubble verwendet, weil die deutsche Übersetzung Blase zu Missverständnissen Anlass geben könnte).

New Yorker U-Bahn

Gemeint ist damit: Die USA haben im Verhältnis zum gesamten BIP (Brutto-Inlandsprodukt) (GNP, Gross National Product) keine Industrieumsätze, die mit denen typischer Industrieländer vergleichbar sind (z.B. Deutschland, Japan, Frankreich). Neben dem privaten Konsum ist der Dienstleistungsbereich überproportional vertreten, wobei davon wiederum ein wichtiger Teil auf Finanzdienstleistungen beruht, oder anders ausgedrückt, hauptsächlich auf Luftbuchungen.

Zur Zeit des ersten Weltkrieges hatten die USA die Führung als wesentlichste Großmacht von Großbritannien übernommen und diese in den 20er-Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts bis zum Beginn der „Großen Depression“ 1929 auch deutlich ausgebaut. Zu dieser Zeit wurden sie auch zur größten Industriemacht. Die Ford-Werke, in denen damals das erste Fließband installiert wurde und die beginnende Erdölförderung mit dem dazugehörigen Auto-Boom charakterisierten ihren Aufstieg damals.

Doch bereits damals zeigte die US-Unterabteilung des Kapitalismus typische spezielle Charakteristiken:

- Im Gegensatz zu den meisten anderen Industrie-Staaten legte man keinen Wert auf gut gebildete Facharbeiter. Man arbeitete (und arbeitet bis heute) unterhalb der Ebene der Ingenieure und Techniker mit angelernten Arbeitern.

- Im Gegensatz zu anderen Industrieländern ließ man nie zu, dass sich freie einflussreiche Gewerkschaften entwickelten. Bildeten sich Arbeiterführer heraus, so ließ man sie ermorden oder erfand Mordanklagen gegen sie und ließ sie hinrichten. Das Hauptmittel gegen wirksame Gewerkschaften aber war das Einschleusen korrupter Politiker als Gewerkschaftsführer. So sind die Arbeiter in den USA bis heute fast total der Willkür der Arbeitgeber ausgesetzt. Es gibt zum Beispiel nur eine oder zwei Wochen Urlaub im Jahr. Bis heute kann jeder Arbeiter zu jeder Zeit entlassen werden.

- Zudem hat man ein Bildungssystem, das sich von den meisten anderen Industrieländern unterscheidet. Nur für das Grund- und Hauptschulniveau gibt es öffentliche Schulen ohne Gebühren. Das gesamte System auf höherem Gymnasialniveau und die Universitäten sind privat und kosten hohe Gebühren, so dass Kinder aus den unteren Schichten keine Chance haben, dorthin zu gelangen (mit wenigen Ausnahmen von Hochbegabten, die Stipendien erhalten). Das Niveau Grund- und Hauptschule ist zudem auf so niedrigem Niveau, dass die einfachen Leute, die sich nur das leisten können, nicht einmal die mindesten Kenntnisse und Fähigkeiten für ein erfülltes Leben haben. Statt dessen versucht man nationalistische Hohlköpfe zu schaffen, die nichts über die Welt außerhalb der USA wissen. Die Wirkung des Fernsehens hat später diesen Effekt noch vertieft, denn in diesem Land wurde das Verblödungsfernsehen erfunden. Und dies trifft für 75% der Bevölkerung zu. Auf diese Art und Weise konnte man auch das Herausbilden einer sozialdemokratischen Partei verhindern, wie es sie in praktisch allen anderen Industriestaaten gibt.

- Die anderen 25% aber, deren Eltern das Geld haben, sie auf de gymnasiale Oberstufe und auf Universitäten zu schicken, bekommen eine 1a Ausbildung, wie es sie in dieser Breite und auf diesem Niveau in keinem anderen Land der Welt gibt. Nicht umsonst kommen seit jenen Zeiten die meisten Nobelpreisträger aus den USA oder wirken an US-Universitäten.

USA: Arbeitsloser Akademiker, Ende November 2008

- So schafft man eine zutiefst gespaltene Gesellschaft: Auf der einen Seite die Kapitalisten und Banker und mit ihnen eng verbunden die gut ausgebildete Oberschicht, auf der anderen Seite das Proletariat, das man versucht dumm und dumpf zu halten und darunter noch das Lumpenproletariat in den Slums, wo man seinen Lebensunterhalt im wesentlichen mit Drogenhandel und anderen kriminellen Aktivitäten bestreitet.

Das Ergebnis hiervon ist die absolute Gewaltgesellschaft. Eine, die so von Gewalt durchwebt ist, dass andere Werte als die der Gewalt wenig Bedeutung haben. Solidarität existiert nicht, alles ist auf Konkurrenz und „Jeder-gegen-Jeden“ ausgerichtet. Es gibt nur „winner“ und „looser“.

Sie werden vielleicht sagen, na, auf dem Weg dahin befinden wir uns in Deutschland gerade auch. Stimmt, dies ist das Ideal von Merkel und Westerwelle – aber das ist gerade nicht das Thema. Diese Gesellschaftsstruktur der USA hat auch eine Ähnlichkeit mit jener vieler Entwicklungsländer und wenig mit der anderer Industriestaaten.

Als der Bürger-Journalist in den USA lebte, wurde er einmal eingeladen, eine Fabrik in den Apalachen in der Nähe von Pittsburgh zu besuchen. Die Tocher des Eigners fuhr ihn vom Flughafen zum Hotel und so unterhielt man sich. Als man an einer Ampel zum Halten kam, fragte die Tochter, ob wir in Deutschland auch Verkehrsampeln hätten. Und das war die Tochter eines Fabrikbesitzers!

Der Rettungs-Plan

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich weltweit en riesiger Nachholbedarf ergeben, der zu einem langen, nicht von Krisen unterbrochenen Aufschwung führte. Die USA hatte dazu die Weltwährung und konnte in besonderer Weise von diesem Aufschwung profitieren. Seit dem Abkommen von Bretton Woods 1944 war die Welt an den Dollar gebunden. Zwar gab es am Anfang noch eine Gold-Absicherung, aber dies wurde dann ab 1973 auch fallen gelassen. Alle mussten Dollar kaufen, wenn sie handeln wollten. Die Dollar-Bonds der US-Regierung waren der einzige „sichere Hafen“ auf der Welt und jede Zentralbank legte ihren Schatz in Dollar-Bonds an.

Das führte dazu, dass die USA so viele Bonds ausgeben konnten wie sie wollte und so viel Dollar drucken konnte, wie sie wollte, es würde immer abgenommen und nie eine Inflation verursachen wie in jedem anderen Land. So war das bis zum beginn der aktuellen Krise.

New Yorker Börse

Auf diese Art wurden die USA von allen anderen ausgehalten und es war nicht mehr so notwendig, industrielle Produkte zu produzieren. Und wenn, dann war keine spezielle Qualität vonnöten, denn der Binnenmarkt war riesig. Wenn man sich zum Beispiel die Autos ansieht, die GM, Ford und Chrysler da fabrizierten und wie oft im Monat die kaputt gingen, dann hat man eine Idee dieser „Leichtigkeit des Seins“ der industriellen US-Welt. Fast keines dieser Vehikel war außerhalb der USA zu verkaufen. Wenn GM im Ausland absetzen wollte, ließ sie sich von Opel Qualitätsautos konzipieren, das gleiche bei Ford in Bezug auf Ford Köln.

Als der Bürger-Journalist in den USA lebte, stellte ihm die Firma einen GM-Kleinwagen zur Verfügung, der in einem halben Jahr drei Mal abgeschleppt und repariert werden musste. Als er fragte, ob das normal sei, bekam er zur Antwort: „Ja, wenn man ein GM-Auto hat. Wenn man das nicht will, muss man einen Japaner kaufen.“

Als Volkswagen seinen Golf direkt in den USA bauen wollte, stellte man in Westmoreland eine ganze Fabrik auf die grüne Wiese. Aber es verließ nie die vorgesehene Anzahl von Fahrzeugen diese Fabrik. Volkswagen war es gewohnt, erfahrene Fach-Arbeiter mit hohem kulturellen Niveau zu haben. Das Experiment musste nach mehreren Versuchen eingestellt werden. Die Fabrik Westmoreland wurde geschlossen.

Chrysler Dodge Autohalde

Als sich auch schon langsam herumgesprochen hatte, dass Fahrzeuge aus Detroit keinen Qualitätsansprüchen genügen, begannen alle drei US-Auto-Fabriken an den eingeimpften Nationalismus zu appellieren: Buy US! Die Werksvertretungen wurden mit US-Flaggen und -Fläggchen ausgestattet. Das nahm dann Formen an, im wahrsten Sinne des Wortes. Die US-Auto-Verkäufer wetteiferten in der Größe der Flaggen. Der Bürgerjournalist hat bei seinem letzten USA-Besuch eine Flagge gesehen bei einer Verkaufsstelle der US-Autobauer, die an einem glatt 50 Meter hohen Mast befestigt war und selbst an die 30 Meter hoch war und noch länger.

Auf die Idee, statt der riesigen Flaggen einfach mal Qualitätsautos zu bauen, kam niemand.

Das alles heißt natürlich nicht, dass es in den USA keine Industrie mehr gäbe oder dass in den USA generell keine Qualitätsprodukte hergestellt werden.

Ford Trucks in Detroit auf Halde

Es sei nicht vergessen, dass zwei der fünf Öl-Giganten aus den USA kommen, dass fast alle großen Pharmazie-Unternehmen in den USA angesiedelt sind und dass die USA auch im Bereich Chemie und Petrochemie weiterhin mit führend auf der Welt sind. Auch muss man sehen, dass GM (trotz allem) bis zum Beginn des Jahres 2008 noch der größte Autobauer der Welt war. Schließlich muss man auch erwähnen, dass auch im Bereich Elektronik die USA führend sind. Es sei nur an Firmen wie IBM, Microsoft, Google oder Hewlett-Packard erinnert.

Trotzdem hat aber die USA deutlich weniger Industrie-Umsatz als die EU, obwohl beide ungefähr die gleiche Bevölkerung und ungefähr das gleiche BIP haben.

Auch der militärische Komplex, verwoben mit Raum- und Luftfahrt, ist ein wesentlicher Teil der US-Industrie. Hier waren sie führend und sind es noch in wesentlichen Teilen. Allerdings gibt es hier auch wieder ein Beispiel der Qualitätsprobleme, die US-Industrie oft hat. Der ‚Starfighter’ war ein Kampf-Jet, der sich bald als fast fluguntauglich erwies und darum nur in geringer Stückzahl von der US-Luftwaffe verwendet wurde. Die USA verkauften den bei weitem größten Teil an die deutsche Luftwaffe, die damals einen Standard-Kampf-Jet brauchte.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Obwohl ab dem ersten Tag des Einsatzes dieses Kampf-Flugzeuges ein Exemplar nach dem anderen vom Himmel fiel (im wahrsten Sinne des Wortes), bestand die deutsche Bundesregierung darauf, weiterhin dieses Flugzeug zu kaufen. Obwohl auch eine bedeutende Zahl von deutschen Piloten bei diesen Abstürzen umkamen, bestand man stur auf dem Starfighter-Programm. Von den insgesamt über 700 gekauften Maschinen (der Preis war horrend hoch) stürzten über 200 ab. Es gab nie neutrale Untersuchungen über die Gründe, warum die Politiker so ‚Starfighter’-süchtig waren. Es ist extrem wahrscheinlich, dass Korruption und/oder schleimige Unterwürfigkeit gegenüber den USA dabei eine Rolle gespielt haben.

Auffallende Parallelen zu der Unbelehrbarkeit, mit der deutsche Politiker Atomkraftwerke favorisieren, obwohl es längst hervorragende umweltschonende Alternativen gibt. Aber auch das ist hier nicht das Thema.

Als die aktuelle Krise 2008 begann, ging sie eigentlich von den USA aus, aber war zuerst eine Finanzkrise und eine Immobilien-Hypotheken-Krise. Als diese Krise dann aber auf andere Länder übersprang und bis Oktober 2008 praktisch alle Länder erreichte, kam sie als Export-Krise wieder auf die USA zurück und der US-Export brach gewaltig ein. Die Finanzkrise und dann die Export-Krise führten in den USA, wo es ja nicht einmal marginale Formen des Kündigungsschutzes gibt, zu massenhaften Entlassungen, was die Krise dann im Verlauf weiter vertiefte, weil nun der Binnen-Konsum einbrach.

Eine Abwärts-Spirale begann, die zu hohen Zahlen von Werks-Schließungen führte. Der Prozess der Des-Industrialisierung beschleunigte sich. Diese Abwärts-Spirale hat sich bis heute nicht verlangsamt.

Bereits 21 Monate lang dreht sich dieser Teufelskreis von Entlassungen und Werksschließungen und verringertem Binnenkonsum mit weiteren Entlassungen usw. und hat in der Summe inzwischen bereits 7,2 Millionen Jobs gekostet – dauerhaft! 7,2 Millionen!!

Das ist der bei weitem höchste Einbruch am US-Arbeitsmarkt seit Beginn der Datenerhebungen. In Wirklichkeit begann tendenziell dieser Stellenabbau bereits im Jahr 2007, als noch vor der Krise.

Die hat zu einer Arbeitslosigkeit von (saisonbereinigt) von über 15 Millionen US-Arbeitern geführt, und dabei sind bereits alle nicht berücksichtigt, die sich nicht erwiesenermaßen in den letzten zwölf Monaten um eine Stelle beworben haben. Dies entspricht einer Arbeitslosenquote von 17, 0%!

Wie lässt sich das mit den Meldungen in Übereinstimmung bringen, die USA seien bereits in einem Aufschwung, das Brutto-Inlandprodukt beginne bereits wieder zu steigen und mit der Börsen-Rallye?

Barack Obama

Nun, die US-Regierung hat riesige Mengen Geld, in Wirklichkeit wirklich unvorstellbare Mengen an Geld in Banken, Versicherungen und Hypotheken-Organisationen gepumpt, hat eine Abwrackprämie in Gang und ein riesiges Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht. Dies drückt sich in den BIP-Zahlen aus. Das hat aber nur wenige Stellen geschaffen im Vergleich zu der Lawine von Entlassungen.

Damit ist bereits klar: Es gibt keinen Aufschwung in den USA. Alle Hoffnungen sind vergeblich. Ohne Einkommen, ohne Stellen mit Bezahlung, kann es keinen Aufschwung geben.

Auch der Export gibt nicht wirklich etwas her (wie auch in Deutschland). Zwar ist der internationale Handel mit Gütern, der nach dem Beginn der Krise in eine Schockstarre verfallen war und bis 50% Rückgang aufwies, wieder langsam in Gang bekommen und weist heute typischerweise nur noch 25% bis 30% Rückgang gegenüber dem Vorkrisenstand aus, aber das ist immer noch ein desaströser Einbruch.

Vor allem hat aber der relative Anstieg von Exporten praktisch nichts an den Zahlen der vernichteten Arbeitsplätze verändert. Schließen wir mit einem Zitat aus dem Blog „Wirtschaftsquerschüsse“ (http://wirtschaftquerschuss.blogspot.com/2009/10/72-millionen-verlorene-jobs.html):

„Der US-Arbeitsmarkt ist ein einziges Desaster, dies wird selbst an den offiziellen Daten und den entsprechenden Charts deutlich sichtbar, auch in Anbetracht von einigem Restpotential an Schönfärbung. Ein Aufschwung ohne Jobs und Einkommen ist eine Illusion. Die USA ist weiter mitten in der Finanzkrise, da die Kreditausfälle weiter steigen werden und sie ist weiter in der Wirtschaftskrise, da die schwache wirtschaftliche Erholung vom Arbeitsmarkt nicht mitgetragen wurde und alles nur durch Unsummen an Steuergeldern bzw. staatlicher Neuverschuldung und der Notenbankpresse erkauft wurde.“


Veröffentlicht am 14. Oktober 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 13. Oktober 2009

Ob die Decke über Ihnen einstürzt?

In den Koalitionsverhandlungen bestens aufgehoben...

Von Karl Weiss

Am 8. Oktober ging die Meldung (fast immer ohne weitere Kommentare) durch die Medien, dass eine Decke zwischen Hohlräumen im „Versuchs“-Endlager für radioaktiven Müll Asse bei Wolfenbüttel eingestürzt ist. Was das wirklich bedeutet, sagte aber niemand dazu: Der Name Asse wird über ganz Europa eine ähnliche Bedeutung wie „Tschernobyl“ erhalten. Das ehemalige Bergwerk und heutige praktische Endlager wird hochradioaktive Substanzen an die Grundwässer abgeben und für den Tod und die Krankheit vieler Menschen (wahrscheinlich Tausender) verantwortlich sein.

Atomkraftwerk

Dass dort Decken einstürzen, sagt nämlich, das ganze ehemalige Bergwerk wird unter dem Druck des umliegenden „Gebirges“ zermalmt. Außerdem wissen wir auch bereits, dass das angeblich von allen Wasserquellen isolierte Salz-Bergwerk bereits massiv von Wasser geflutet wird (im September 2008 waren es 12 000 Liter pro Tag, inzwischen schon deutlich mehr, wahrscheinlich schon über 20 000 Liter pro Tag). Das Zusammenwirken dieser beiden Fakten ist eine Katastrophe. Das Wasser wird bald Zig und dann mehrere Hundert Meter hoch im Bergwerk stehen und alle Abschottungen werden vom Bergdruck zerstört worden sein. Das bedeutet, das Wasser wird Zugang zu den hochradioaktiven Abfällen haben und wird dort wasserlösliche Salze von Caesium-137 herauslösen und mit sich führen (dazu auch feine Schwebeteilchen anderer, nicht wasserlöslicher strahlender Substanzen).

Der hohe Wasserdruck wird in den unteren Teilen des Bergwerks zu irgendeinem Zeitpunkt zum Ausbruch des Wassers führen: Das Wasser wird durch Felsspalten sickern und wird außerhalb des Bergwerks den Weg nach oben finden. Und nach oben heißt: Es wird irgendwann in einem Grundwasserstrom anlangen. Und das heißt Caesium-137 im Grundwasser!

Zum Thema Caesium-137 hier ein kurzer Auszug aus einem Artikel zu diesem Thema, „Jetzt offiziell: Atomkraftwerke unberechenbares Risiko“:

Atomkraftwerke Deutschland

„Wenn dieses Wasser mit Cäsium-137 an irgendeiner Stelle einen Trinkwasserbrunnen oder ein Grundwasser verunreinigt, aus dem Trinkwasser gewonnen wird, dann werden Hunderte, vielleicht Tausende, vielleicht Zehntausende, im schlimmsten Fall Hunderttausende Menschen mit geringen Mengen des hochradioaktiven Isotops verstrahlt. Dessen Salze sind wasserlöslich und unser Körper baut sie, als wären es Kalium-Atome, in den eigenen Körper ein (Kalium ist eines der lebenswichtigen Spurenmetalle). Dort können dann selbst winzigste Mengen, 1, 5, 10, 20 oder 30 Milligramm (tausendstel Gramm) ihre Langzeitwirkung durch Strahlung entfalten.

Die mit geringen Mengen von Caesium 137 verstrahlten aus der Nähe von Hiroshima und Nagasaki haben zum Teil die fürchterlichsten Schicksale von allen gehabt. Entsetzliche Schmerzen – Gliedmaßen faulen ab, müssen amputiert werden, Organe entfernt. Mehrere Krebse entwickeln sich zur gleichen Zeit. Wer das überlebt, ist noch schlimmer dran. Es gibt Fälle, wo Menschen 15 Jahre lang entsetzlich litten, bevor der Tod sie erlöste.

Wer mit Cäsium 137 verstrahlt wird, speziell mit kleinen Mengen, so dass er nicht schnell stirbt, wird die Gefolterten von Abu Ghraib und von Guantánamo beneiden.“

Schachtanlage Asse

Dies wird ganz kühl und nüchtern in einem Artikel in „telepolis“ so ausgedrückt:

„Dabei wussten laut dem Historiker Detlev Möller die zuständigen Kontrollbehörden, das Bergamt und das Oberbergamt, schon im Jahr 1967, dass aufgrund des hohen Gebirgsdrucks die Kammern der Asse im Laufe der Jahre zusammengedrückt werden. Eine Gefahr für die gesamte Region. Wolfram König, der Präsident des BfS [Bundesamt für Strahlenschutz], kann nicht ausschließen, dass der Atommüll aus der Asse das Grundwasser kontaminiert. Für ihn steht fest, dass man sich auf die Atomenergie nie hätte einlassen dürfen.“

Ja, wieso hat man sich eigentlich auf Atom-Energie eingelassen?

Damals, in den 60er-Jahren, und dann in den 70er-Jahren, tauchte eines der besten Geschäfte aller Zeiten auf: Der Bau von Atomkraftwerken und das Betreiben von Atomkraftwerken. Natürlich war bereits klar: Wenn man die Behandlung und Lagerung der strahlenden Abfälle mit ins Kalkül zieht, bleibt kein Geschäft mehr über, aber dafür hatte man schnell eine Lösung. Es wurde einfach definiert, für die Abfälle seien nicht die Bau-Firmen und die Betreiber-Firmen verantwortlich, sondern der Staat, sprich der Idiot von Steuerzahler. Hatte man sich einmal dieses Problems entledigt, war der Rest ein Kinderspiel. Die Politiker lagen mit den Konzernen im Bett und wurden später nach der Politik-Karriere von ihnen mit Phantasie-Gehältern bezahlt.

Nun musste allerdings der Staat vorgeben, sich um die strahlenden Abfälle zu kümmern. Nur: Der hatte nicht viel Lust, da ein großes Gedöns zu machen und erklärte einfach: In Salzbergwerken dringt kein Wasser ein (sonst gäbe es ja dort kein Salz mehr) und so lagern wir alles in Salzbergwerken ein, die geschlossen wurden. So kam man auf Asse, auf Schacht Konrad und später auf Gorleben. Nur: Die Tatsache, dass in diese geologischen Formationen für eine Zeit kein Wasser eindrang, schließt dies eben nicht für alle Zeiten aus, wie man jetzt in Asse sieht.

Aber: Wenn man mit radioaktiv strahlenden Verbindungen hantiert, dann muss man mit einer Strahlungsdauer (in vielen Fällen) von 10 000 Jahren oder manchmal noch mehr rechnen. Die Vorstellung, dass Salzstöcke innerhalb solcher Zeiträume nicht von Wasser betroffen sein könnten, ist völlig abwegig.

Das war aber den Politikern und Konzernherren völlig egal. Sie wussten: Das wird erst nach dem Jahr 2000 „heiß“ werden und dann sind sie längst nicht mehr am Ruder. Ihre Nachfolger setzten diese Politik fort.

Nur um noch einmal deutlich zu machen, wer für Ihren Tod hauptverantwortlich ist, wenn Sie dann an Caesium-137 sterben sollten: Zunächst war es Adenauer, dann Erhard und Kiesinger (CDU), später Brand und Schmidt (SPD), dann Kohl(CDU), Schröder (SPD) und schließlich Frau Merkel-CDU (jeweils zusammen mit der FDP, bzw. im Fall Schröder mit den Grünen).

Und damit sind wir in der Gegenwart gelandet: Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und FDP. Beide haben bereits deutlich gemacht: Sie wollen die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern, eventuell sogar neue bauen lassen. Das wird das Problem mit den strahlenden Abfällen ungemein verschärfen, ja praktisch unlösbar machen. Gleichzeitig wird man natürlich Asse nicht sanieren, zumal das heute bereits fast so viel Geld verschlingen würde wie die Rettung der Hypo Real Estate. Zudem ist der Zeitrahmen für eine mögliche Sanierung bereits am Auslaufen.

Man wird behaupten, es gäbe gar keine wirkliche Gefahr. Wenn es dann so weit sein wird, wird man „Wissenschaftler“ haben, die schwören, es gäbe keinen Zusammenhang der Erkrankungen mit den Strahlenfolgen von Asse usw.

Westerwelle

Frau Merkel und Herr Westerwelle spielen mit dem Leben und der Gesundheit von Tausenden, Zehntausenden, vielleicht Hunderttausenden. Nun, wir wissen, das stört sie überhaupt nicht. Die sind ungefähr so realitätsresistent wie die israelische Regierung (und das will was heißen).

Bundesregierung 3

Sie merken schon, das Problem von Asse ist bestens bei denen aufgehoben. Wenn in Asse eine Decke einstürzt, dann stürzt bei ihnen zu Hause auch bald eine Decke ein (im übertragenen Sinne). Bitte, beginnen Sie zu verstehen: Wenn Sie weiterhin nicht gedenken, auf Demonstrationen zu gehen oder sonstwie aktiv zu werden, werden Sie bald den Tod eines der Ihren oder ihren eigenen erleben. Tun Sie sich selbst und dem Bürger-Journalisten den Gefallen und werden sie jetzt aktiv! Die Montagsdemonstrationen sind ein guter Ansatz. Dort werden Sie schnell Gleichgesinnte finden.


Veröffentlicht am 13. September 2009 in der Berliner Umschau

Freitag, 9. Oktober 2009

Der Crash der Weltwirtschaft ist unvermeidlich

Nun sehen es auch bürgerliche Ökonomen

Von Karl Weiss

Nun haben es auch die Spezialisten geschnallt. Der Dollar wird crashen. Der Dollar oder die Dollar-Bonds, egal, mit was es beginnt, denn eines wird das andere mitreißen. In einem eindringlichen Artikel stellt die FTD diese Gefahr, ihre Ursachen und die Täter dar. Aber sie glaubt noch an einen Ausweg. Den gibt es aber nicht. Das System hat endgültig ausgespielt.

Der Bürger-Journalist hat diese Diagnose bereits in diesem Artikel „Vorhersage des Dollar-Crash„ vom 9.Dezember 2008 dargestellt: „Es gibt bereits jetzt keine Möglichkeit mehr, alle Verpflichtungen zu bedienen und es wird ohne jeden vernünftigen Zweifel zum „Hubschrauber-Einsatz“ kommen, also zum massiven Gelddrucken der Fed. Dies wird spätestens auf mittlere Frist den Dollar zum Absturz bringen.“

Nun, es kam zum „Hubschrauber-Einsatz“. Die Financial Times Deutschland (FTD) schriebt in ihrem einschlägigen Artikel dazu folgendes:

„Und mit jeder Sekunde rutschen die Vereinigten Staaten tiefer ins Minus. Noch können die USA mit ihrer jährlichen Wirtschaftskraft von 14.300 Mrd. $ die Orgie finanzieren. Noch erwirtschaften die Sozialversicherungen Überschüsse. Noch ist das auf Schulden gebaute System nicht kollabiert.
Doch wie lange geht diese Politik auf Pump noch gut? Die Sozialkassen werden im kommenden Jahrzehnt Verluste anhäufen, haben Wirtschaftsforscher errechnet. Zugleich steigen mit wachsenden Schulden die Zinslasten, während die Rezession an den Steuereinnahmen nagt. Und dann sind da noch die 2400 Mrd. $ an Garantien und Krediten, die der Staat in der Finanzkrise an Banken und notleidende Unternehmen verteilte. "Die Schuldenkrise", warnt John Taylor, Wirtschaftsprofessor von der Stanford University, "stellt ein größeres Risiko für das Wirtschaftssystem dar als die Finanzkrise."“

Dollar Gasp

Nun, wie der Bürger-Journalist mit seinem Artikel vom Dezember bewiesen hat, braucht man kein bürgerlicher Ökonom zu sein, um diese Zusammenhänge zu sehen und daraus Folgerungen zu ziehen.

Allerdings versucht die FTD im weiteren Verlauf des Artikels Auswege aus dieser Folgerung zu ergründen. Im Kern wird sie dabei aber nicht fündig. Sie behauptet zwar, der Fed-Chef Bernanke könne eventuell genau den richtigen Moment abpassen, wann er mit der Niedrigzinspolitik aufhören muss und auf steigende Zinsen und Einsammeln der Geldmenge umschalten kann, aber tatsächlich gibt es diesen richtigen Moment nicht, wie die FTD im Grunde zugeben muss:

„Die Leitzinsen senkte er wegen der Krise auf fast null Prozent und flutete die USA mit Geld. Wann soll Bernanke den Hahn wieder zudrehen? Beginnt er zu früh damit, würgt er die Konjunktur ab – dann wächst der Schuldenberg ins Unermessliche. Verpasst er den richtigen Moment, könnte er eine Inflation auslösen. (...) Die amerikanische Wirtschaft läuft so weit unterhalb der Kapazitätsgrenze, dass Bernanke für Zinserhöhungen nach Schätzung von Jan Hatzius, US-Chefökonom von Goldman Sachs , erst im Jahr 2011 wieder Spielraum hat. Und selbst das sei "keineswegs sicher".“

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Selbst wenn sich das Ganze nicht nur bis 2011 oder 2013, sondern tief ins nächste Jahrzehnt hinein zieht, am Ende müssen die Konten beglichen werden. Der FTD-Artikel sagt dazu klar:

„Die jüngste Haushaltsprognose des Weißen Hauses wird die Chinesen noch schlechter schlafen lassen. 9000 Mrd. $ muss sich der Staat bis zum Jahr 2019 borgen – 2000 Mrd. mehr als noch im Februar geplant. "Wir sind auf einem fiskalpolitischen Kurs, der sich nicht durchhalten lässt", warnte Obamas Haushaltschef Peter Orszag bereits im Juli. Nach derzeitigem Stand würde die öffentliche Schuldenquote zur Wirtschaftsleistung schon im Jahr 2013 auf über 75 Prozent steigen.“

Natürlich kann ein Blatt wie die FTD nicht das Ende des Kapitalismus vorhersagen, aber im Kern scheint genau dies durch die Zeilen.

Denn wenn der Dollar crasht, dann crasht das Welt-Finanz- und Wirtschafts-System. Der Dollar ist nicht nur Leitwährung, sondern die bei weitem am meisten benutzte Währung für internationale Geschäfte und Quotierungen. Die anderen Währungen werden nach einem Dollar-Crash auch nicht überleben können. An was soll man zum Beispiel den Goldpreis festmachen, wenn es keinen Dollar-Kurs mehr gibt? So ist der Dollar-Crash auch das Ende eines geordneten Finanzsystems, ja letztendlich des kapitalistischen Wirtschaftssystems.

Zwar werden in einem solchen Fall hektische Versuche stattfinden, wieder irgendeinen Grund zu finden, aber jeder wird dabei andere Interessen haben. Somit wird es zu keiner Einigung kommen, so wie es auch jetzt, bei der noch relativ kleinen Krise im Vergleich zu der hier vorausgesagten nicht möglich war, internationale Vereinbarungen zu treffen, die einen wirklichen Ausweg aus der Krise hätten bringen können.

Darum hat der Bürgerjournalist auch nicht lange nach dem oben zitierten Artikel einen anderen folgen lassen, der dies bereits mit einbezieht: „Endzeitkrise des Kapitalismus“ vom 23. 2. 2009. Hier wird klar gesagt:

„Nun, was die Banken und eine Menge anderer Institutionen taten: Sie schoben eine Trillionen-dicke Kreditblase an. Das führte zu höherem Konsum auf der Basis von Krediten und führte sogar für die Jahre von 2005 bis 2008 zu einem gewissen Wirtschaftswachstum in einer Anzahl von Ländern, aber alles auf Kredit. Damit konnte der Ausbruch der Überproduktionskrise hinausgeschoben werden, aber nur um nun umso gewaltiger zuzuschlagen. Alle jene hohen Gewinne aber waren Luftbuchungen, sie waren Ausgeburt einer Blase. Nur – sie fielen wirklich an. Die Deutsche Bank hat ja ihre 25% aufs Jahr erreicht und entsprechend an ihre Aktionäre ausgezahlt.

Doch dann, ausgehend vom Jahr 2006, als die Immobilienpreise in den USA, aufgeblasen durch Kredite, zu purzeln begannen, platzten die Kredite, zuerst lokal und ohne große internationale Auswirkungen, dann immer mehr und nun in frenetischem Rhythmus und sie sind weiterhin am Platzen und werden noch Jahre platzen.“ (...) Alle die Trillionen von Dollars und Euros und Yen, die da an Privatpersonen gingen aufgrund der Kreditblase, sind nun da in den Händen von Reichen, Superreichen und Super-Superreichen. All dies Geld muss vernichtet werden, denn ihm stehen keine wirklichen Werte gegenüber, es waren nur Luftbuchungen. Aber wie bringt man die Kapitalisten dazu, ihr Geld zu vernichten? Klar, das geht nicht im Kapitalismus. Der betet ja das Privateigentum an. Man kann diese Leute nicht auffordern, sich auf einem öffentlichen Platz zu treffen und all ihr Geld dorthin in Banknoten zu bringen und zu verbrennen. Genau das fordern aber die ehernen Gesetze der Ökonomie. Die Ökonomie akzeptiert keine Scheinwerte, denen nichts Wirkliches gegenübersteht und sie wird die Krise weiter vertiefen, bis alle diese Werte vernichtet sind.“

Karl Marx

Hören Sie: Die kapitalistische Ökonomie wird die Krise weiter vertiefen, bis alle diese Werte vernichtet sind!

Es gibt keinen Ausweg innerhalb des kapitalistischen Systems. Wir können also schon getrost anfangen, uns Gedanken zu machen, wie wir denn den Sozialismus ausgestalten wollen, wie wir denn die Fehler vermeiden werden, die bei den ersten Versuchen, einen Sozialismus zu errichten, gemacht wurden.

Wenn es uns nämlich nicht gelingt, die Revolution zu machen, wird es keine Menschheit mehr geben, wie wir sie kennen. Und wie es dann aussehen wird - da werden Sie nicht unter den Überlebenden sein wollen.


Veröffentlicht am 8. Oktober 2009 in der Berliner Umschau

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