Viertes Anzeichen für die kommende Weltwirtschaftskrise

Die "Bring-die-Trottel-zum-Kaufen-Periode"

Von Karl Weiss

Nachdem de Berliner Rundschau schon die ersten drei Anzeichen veröffentlicht hat, die auf eine bevorstehende Weltwirtschaftskrise hindeuten, kann man nun ein viertes Anzeichen beobachten: Wir stehen mitten in der Aktien-Kauf-Periode, die wir “Bring-die-Trottel-zum–Kaufen-Periode” getauft haben.

Das erste Anzeichen einer möglicherweise bevorstehenden Weltwirtschaftskrise war der deutliche Einbruch der Neuwagenverkäufe in den USA im Juni im Vergleich zum Vorjahr: über 2 %.

Das zweite Anzeichen ist der Einbruch, man könnte auch sagen freie Fall des Immobilienmarktes in den USA, der sich immer noch beschleunigt und inzwischen selbst die erklärtesten Optimisten nachdenklich gemacht hat. Um nur einen Eindruck von dem zu geben, was dort im Moment vor sich geht: Nachdem im ersten Quartal noch ein Wirtschaftswachstum von 6% geherrscht hatte, liegt es jetzt bei 1,6%. Die Immobilieninvestitionen fielen um 17%, höchster Rückgang in 15 Jahren. Der Durchscnittspreis für neue Häuser ist im September um 9,7% gefallen (Vorjahresvergleich).

Immobilienkrise USA

Das dritte Anzeichen war die Inversion der Zinsstruktur: In den USA wird für Geld, das in Staatspapieren auf 10 Jahre angelegt wird, weniger Zinsen gezahlt als für solche mit 2 Jahren Laufzeit. Daraus folgt: Die Märkte (das heißt jene, die die Märkte bewußt bewegen können) erwarten, daß die Zinsen in der Zukunft deutlich fallen, wie dies in Wirtschaftskrisen der Fall ist.

Damit sind wir auch bereits beim Stichwort, das wir zum Verständnis des vierten Anzeichens brauchen: Die Markt-Macher, jene, welche die Märkte bewußt bewegen können. Hierbei handelt es sich um die großen privaten Vermögensinhaber, wie z.B. George Soros, um die Groß-Banken einschliesslich der Staatsbanken und um die Finanzabteilungen der Großkonzerne. Sie haben genug Kapital, um in allen Typen von Finanz-Märkten, Währungen und Marktpreisen bestimmen zu können, wohin die Richtung geht.

George Soros zum Beispiel hat den ersten, wirklich gewaltigen Teil seines Vermögens gemacht, als er gegen den Silberpreis spekulierte. Er legte Geld und immer mehr Geld in Verkaufsoptionen für Silber an, bis jenen, die auf großen Silbermengen saßen, die Luft ausging. Der Verfall des Silberpreises machte Soros zu einem der reichsten Männer in der Welt. Später hat er, wie er selbst zugibt, gegen das Britische Pfund spekuliert. Er hatte einen so langen Atem (sprich so viel Kapital), daß selbst der britische Schatzkämmerer nicht mehr gegenhalten konnte und eine deutliche Abwertung des Pfundes vornehmen mußte.

Man kann davon ausgehen, es wird diesen Riesenkapitalien nicht entgangen sein: Es steht mal wieder eine der für den Kapitalismus charakteristischen weltweiten Wirtschaftskrisen an. Für sie heißt das nun, wie können sie diese so gut wie unbeschädigt überstehen, wie die Verluste, die das automatisch mit sich bringt, verringern oder sogar ganz auf Andere abschieben.

Da sie die Herrschenden sind, nicht nur die Märkte manipulieren können, sondern auch die Massenmedien in den Händen haben, ebenso wie die Regierungen, haben sie nun eine Scheinblüte eingeleitet, eine Aktien-Hausse, wie sie kaum zuvor je gesehen wurde, um die Trottel mit Geld dazu zu bringen, Aktien zu kaufen. Dazu brauchten sie nur für eine relativ kurze Zeit die Ölpreise etwas zu senken, so daß ihnen (jedenfalls den Ölkonzernen) zwar vorübergehend nicht ganz so viel Geld zufließt, aber das lohnt sich.

In allen Zeitungen, den Nachrichtenmagazinen, in den Geld-Zeitschriften, im Fernsehen, am Radio, überall werden Feuerwerke abgebrannt: Der Dow Jones auf Allzeit-Hoch, der Nasdaq steigt und steigt, der Dax: Nie gesehene Gesundheit usw. usw. Überall wird nahegelegt: Kauft Aktien, Leute, wir gehen goldenen Zeiten entgegen. Der Riesen – Bulle ist los [der Bulle ist das Symbol für die Hausse: Er hebt mit seinen Hörnern die Aktienkurse], es geht nur noch aufwärts. Die 20.000 Punkte werden angesteuert. Spring schnell auf, der Zug fährt schon!

Alle vergessen nur hinzuzusetzen: Trottel.

Sie selbst, die diese Euphorie verbreiten lassen durch ihre Massenmedien, sie haben schon begonnen, ihre Aktien zu verkaufen, jetzt, da die Kurse hoch sind. Sie brauchen eine geraume Periode der Hausse, um sich in kleinen Paketen weitgehend aller Aktien zu hohen Preisen zu entledigen, ohne dadurch starke Kursverluste hervorzurufen und sie brauchen Heerscharen von mittleren und kleineren Anlegern, die auf die Botschaft reinfallen: Die Trottel, die nun Aktien kaufen.

Bisher gab es noch vor jeder Wirtschaftskrise diese Periode, die Analysten später mit tadelndem Ton in der Stimme „Überhitzung des Marktes“ oder „Bubble“ (Seifenblase) nennen werden. Daß sie selbst auf dem Schaum der Woge mitgeschwommen sind, werden sie vergessen oder jedenfalls nicht erwähnen.

Denn sobald die Krise wirklich ausbricht, werden die Aktien in mehreren Kaskaden nach unten rauschen. Eine wahre Pracht. Wer dann rechtzeitig sein Geld in sichere Häfen gebracht hat, braucht sich nicht viel Kopfzerbrechen machen. Die Trottel dagegen, die mittleren und kleineren Anleger, die sich bis jetzt noch jedes Mal haben täuschen lassen, werden auf den Aktien sitzen und verzweifelt hoffen, es seien nur Zwischentiefs, bis sie wesentliche Teile ihres Geldes in Nichts aufgelöst sehen.

Vor der letzten Krise, die sich im Verlauf des Jahres 2001 manifestierte, hatte man vor allem mit den Technologie-Werten ein Hausse-Spiel veranstaltet und die Trottel dazu gebracht, die vielversprechenden Informations-Technologie–Werte „Dotcom“ zu kaufen. Die „Dotcom“-Bubble platzte und so mancher verlor einen Batzen Geld.

Dieses Mal scheint eine weit umfassendere Wirtschaftskrise bevorzustehen und man lässt nicht nur einen Teil des Aktienmarktes in schwindelnde Höhen steigen, sondern fast alle Aktienmärkte. Am 26. Oktober 2006 wurden Allzeit-Rekorde des Dow-Indexes und von vier weiteren Aktienindices bekanntgegeben, während fast alle andern wichtigen Aktienmärkte nahe den Allzeit-Höchstständen schlossen. Das ist das brillianteste Aktienspektakel, das es bisher gab. Offenbar braucht man diesmal eine nie gekannte Anzahl von Trotteln, die darauf hereinfallen, um für sich, für die Macher, die Verluste der Wirtschaftskrise in Grenze zu halten.

Wer jetzt zum Beispiel extrem konservativ sein Geld in 4-jährigen US-Staatsanleihen anlegt, kann die Krise ohne allzu heftige Schäden überstehen und sogar noch ein wenig Zinsen einstreichen. Die Jahreszinsen liegen für so etwas bei über 4%. Da der Dollar aber eine der wesentlichen Unsicherheiten ist in der künftigen Krise, ist es sicherer, in Euro-Anleihen zu gehen - oder Pfund, Yen oder Fränkli - was allerdings weniger als 4% bringt.

Aber wer, wenn er ein Trottel ist, würde sich mit jährlichen 4% oder weniger zufriedengeben, wenn die Aktienmärkte zum Spekulieren locken.

Zwar sind die Aktien eben auch die Werte der Firmen, die in den Keller rauschen werden, aber im Kern kann es einer Firma egal sein, ob sie an der Börse 100 Milliarden oder nur noch 90 Milliarden wert ist. Sie muß sich um ganz andere Dinge in einer Weltwirtschaftskrise kümmern, nämlich den Einbruch des Absatzes. Man muß stilllegen, schließen, verkleinern, entlassen usw., kurz: Kapital vernichten, denn das ist der eigentliche Zweck der Wirtschaftskrise.

Stellt man es einigermaßen geschickt an, hat ein wenig Glück und reagiert man immer schnell, kann man so eine Krise überstehen, ohne die Profite allzu sehr in den Keller gehen zu sehen. Die Hauptlast der Krise wird abgewälzt auf die Beschäftigten, die Konsumenten, die Arbeitslosen, die Staaten und – natürlich auf die Trottel.

Veröffentlicht: 1. November 2006 in der "Berliner Umschau", hier leicht redigiert.

Link zum Originalartikel hier


Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"




Zusatz zum Artikel
Dies ist einer jener Artikel, deren Wahrheitsgehalt jetzt, im Oktober 2008, so richtig ans Tageslicht kommt, da die vorausgesagte Wirtschaftskrise eintritt. So schreibt denn auch der Diskutant "von Mumpitz" im forum.politik.de am 7.10.08 folgendes:

"Lesen sie sich hier mal ein, unter dem Artikel sind weitere verlinkt. Die Ältesten gehen bis Mitte 2006 zurück.
Erstaunlich, wie gut man vorraussehen konnte was jetzt passiert, wenn man nur wollte."

, wobei er den hier vorliegenden Artikel verlinkt.
Romsdalen - 2. Nov, 17:14

selten

so einen schwachsinn gelesen.
tut mir leid, normalerweise schrebe ich ja nicht so deutlich, aber in diesem fall ist es wirklich angebracht... verschwörungstheorien in reinform.

da fragt man sich doch, ob der werte autor sich die mühe gemacht hat, mehr als nur polemische texte zu recherchieren. z.b. könnte man die überlegung anstellen, welche summen nötig sind, um gegen das ganze börsensystem wetten zu können (das mag früher mit den damaligen miniumsätzen ja funktioniert haben).
der mensch ist nun mal gewohnheits- und herdentier. also was liegt näher als dass er seine meinung nach dem wind ausrichtet...
abgesehen davon ist es ja auch viel leichter, dem bösen system, der bösen leichtgläubigkeit und der bösen habgier die schuld zu geben als einmal ganz genau bei sich zu suchen, ob das nicht nur vorwände sind.

Karl Weiss - 2. Nov, 20:36

Danke für die Blumen

Das ist erfreulich: Hier macht jemand deutlich , wie sehr es weh tut, wenn die Intentionen der Feuerwerker ans Tageslicht kommen. Darum auch soviel Schäumen (Schwachsinn! Schwachsinn!).

Aber, wer weiss, vielleicht gibt es ja gar keinen Kapitalismus, vielleicht wird es keineswegs eine Wirtschaftskrise geben, sondern der Dow Jones wird bis auf 20.000 Punkte steigen, vielleicht wird das System überhaupt plötzlich menschenfreundlich werden.

Denn das sind natürlich alles Verschwörungstheorien, das mit dem Kapitalismus, das mit den Wirtschaftskrisen, die der angeblich gesetzmässig hervorbringt, das mit den Tausenden von Trotteln, die man dazu braucht, zum Zeitpunkt des Crashs die Aktien in den Händen zu haben, alles Verschwörungstheorien. Es gibt überhaupt keine Habgier, das weiss doch jeder.

Nur leider hast du, lieber Romsdalen, den Artikel nicht gelesen oder konntest ihn nicht mehr sehen vor lauter Schaum vor dem Mund. Dort steht kein Wort, es würde jemand "gegen das ganze Börsensystem wetten". Dort steht genau das Gegenteil: Die Herrschenden verkaufen ihre Aktien klammheimlich in kleinen Paketen, damit niemand merkt, dass sie nun aussteigen.

Aber beruhige dich, lieber Leser, auch das natürlich Verschwörungstheorien. Erstens gibt es keine Herrschenden und zweitestens sind die niemals auf Kosten der kleinen und mittleren Anleger reich geworden. Das sind alles Verschwörungstheorien, bitte, bitte, glaub es doch endlich! Kauf Aktien, lieber Leser, kauf Aktien bis zum geht-nicht-mehr!

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