Dienstag, 15. Januar 2008

Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 3

Teil 3: 11 Millionen Dollar Strafe

Von Karl Weiss

Einführung des Gottesstaates nach islamischem Vorbild oder freiheitliche Gesetze? Dies ist die Frage, die sich alle modernen westlichen Staaten stellen müssen, denn die „Gottes-Krieger“ in Form evangelischer Sekten, der katholischen Kirche und der sie vertretenden Politker sind in vollem Vormarsch. In den USA veranstaltete eine Baptisten-Kirche eine Anti-Homosexuellen-Demo beim Begräbnis eines Soldaten und der Vater des Toten klagte erfolgreich: Elf Millionen Dollar Strafe. In Deutschland soll noch im Januar die neue Sexualstrafrechts-Regelung heimlich durch den Bundestag laufen. Der Krieg hat begonnen!

Zusatz zum Artikel (November 2008)

Mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 4. November 2008 ( hier: http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl108s2149.pdf ) sind die wesentlichen Neuerungen dieses absurden Gesetzes nun Wirklichkeit in Deutschland geworden. Wie jeder weiss, hat keine Zeitung, kein Fernsehen, über die Verabschiedung berichtet. Man kann ohne Übertreibung sagen, es wurde heimlich durchgezogen. Dies vor allem, weil den einschlägigen Politikern natürlich klar war, was sie da beschlossen.

Das entscheidende ist, man hat nun Instrumente in der Hand, fast jeden beliebigen Menschen in Deutschland unter schwerste Anklagen zu stellen, die ihn der abscheulichsten Verbrechen anklagen, die man sich vorstellen kann („Kinderporno-Verbreitung“). Da die Regelung der „wirklichkeitsnahen Beschreibungen“, des neuen Kinderporno-Alters bis achtzehn und der Einbeziehung von Personen, die aussehen, als ob sie jünger wären, beschlossen wurden, ist nun fast jeder Porno auch gleich Kinderporno.

Man kann erwarten, dies wird keineswegs breit angewandt werden. Dazu haben die Staatsanwaltschaften auch keine Zeit noch Personal. Es geht darum, Material gegen Dissidenten zu haben. Kann man einen politischen Dissidenten mit einer Anklage wegen Kinderporno überziehen, ist er völlig unglaubwürdig geworden.


Eine der baptistischen Sekten (deren einer auch Bush angehört) hat bei der Beisetzung eines im Irak getöteten US-Soldaten eine Anti-Homosexuellen-Demonstration durchgeführt, in der der sie Tafeln trugen "Gott sei Dank für tote Soldaten" oder "Schwule Soldaten" und ähnliche. Die Baptisten erklärten, Krieg und Tod von Soladaten seien eine Strafe Gottes, weil in den USA die Homosexualität geduldet sei, auch in den Streitkräften.

Hieronymus Bosch Der Garten der Lüste

Der Vater des toten Soldaten hat danach die Verantwortlichen jener baptistischen Kirche auf Schadenersatz verklagt, weil er aufgrund dieser Manifestation Depressionen bekommen hatte. Das Gericht in erster Instanz hat ihm jetzt einen Schadenersatz von 11 Millionen Dollar zugesprochen. Die Kirche wird natürlich in die nächste Instanz gehen.

Wir sind in Europa das, was man als aufgeklärte, liberale Gesellschaften bezeichnet, speziell, was die Stellung zur Sexualität betrifft. Das bedeutet, solange in der Sexualität nicht unerwünschte Gewalt oder Abhängigkeit auftritt, hat der Staat seine Finger davon zu lassen. Das schliesst auch die Ablehnung jener Diskrimination wegen der sexuellen Orientierung ein.

Das deutlichste Beispiel hierfür ist: Zwei (böse Zungen sagen: sogar drei) der grössten europäischen Metropolen haben Gay-Bürgermeister: Paris und Berlin. In beiden Städten wurden Politiker gewählt wegen ihrer politischen Aussagen und Zugehörigkeiten, völlig unbeeindruckt davon, dass man wusste, sie sind homosexuell.

Zweifellos hat dies sehr viel mit dem stark geschwundenen Einfluss der Kirchen und Religionsgemeinschaften in den fortgeschrittenen europäischen Gesellschaften zu tun, aber im Grunde bezieht sich dies auf bürgerliche Werte wie die Aufklärung und den Humanismus, die bereits älter sind.

Hieronymus Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 17

Es ist auch noch nicht so lange her, dass diese liberale Haltung in der Sexualität sich durchgesetzt hat, auch wenn die Werte der Aufklärung und des Humanismus aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen. Der Berichterstatter erinnert sich noch an seine Jugendzeit, Ende der 50er, Anfang der 60er-Jahre: Damals wurden sie nicht als „gay“ oder „homosexuell“ bezeichnet, sondern als „175er“, was gleichbedeutend mit Kriminellen war, denn der Strafparagraph für homosexuellen Beziehungen war der Paragraph 175 der Strafprozessordnung.

Erst Anfang der siebziger Jahre wurde die Bestrafung der Homosexualität abgeschafft, ebenso wie die generelle Strafbarkeit der Abtreibung und es wurde in den „Kinder-Porno“-Bestimmungen die Sicht des Betrachters („obszön“) gestrichen zugunsten einer objektiven Behandlung („sexuelle Handlungen an, vor oder von Kindern“).

Auch in den USA wurden unter dem Einfluss der grossen liberalen Zentren der Mittelklasse (New York, Los Angeles, Chicago, Boston, Baltimore) zu jener Zeit liberalere Gesetze eingeführt, obwohl dort die Kirchen keineswegs an Einfluss verloren. Die Todesstrafe wurde in fast allen Staaten abgeschafft oder nicht mehr praktiziert, die Abtreibung mit Einschränhkungen erlaubt und das Verbot der Homosexualität aufgehoben.

Aber ... und nun kommt das ABER:

Wir leben mitten in einer Epoche, in der all diese Fortschritte im Sinne der Aufklärung und des Humanismus wieder aufgehoben werden und sogar noch absurdere Gesetze geschaffen werden als es sie vor den Siebziger Jahren gab. Ein generelles „Roll-Back“ hat eingesetzt.

Boticelli Geburt der Venus Ausschnitt

Beginnend mit der Wahl des ultrarechten Reagan in den USA Anfang der 80er-Jahre begannen die US-Administrationen, mehr und mehr Teile der freiheitlichen Gesetze aufzuheben und durch restiktive Regelungen nach dem Geschmack der christlich-religiösen Eiferer zu ersetzen.

In fast allen US-Staaten ist die Todesstrafe wieder eingeführt und wird praktiziert, die Regelungen, um Abtreibungen mit gesetzlichen Beschränkungen zu versehen sind Legion, wenn auch das entscheidende Urteil des Oberste Bundesgerichts, das die Abtreibung von Bestrafung ausnahm, noch nicht revidiert ist. Mehr als die Hälfte der US-Bundestaaten haben bereits Gesetze, die den freien und individuellen sexuellen Rechten zuwiderlaufen (siehe dazu hier, hier und hier). Die Bestrebungen, Homosexualität wieder strafbar zu machen, sind in vielen Staaten weit fortgeschritten.

Besonders tiefgreifend aber sind die absurden Regelungen, die extremistisch-christliche religiöse Hysteriker bezüglich der „Behandlung“ von Kindern bereits in weiten Teilen der USA durchgesetzt haben: Wo auch immer die natürliche Sexualität, die auch Kinder schon haben, aufscheint, oder wenn die intensive Neugier von Pubertierenden durchbricht, wird dies als Abartigkeit, als Geisteskrankheit, als Anzeichen von zukünftigen Kinderschändern und ähnlichem behandelt. Die Kinder und Jugendlichen werden ohne Recht auf ein Gerichtsverfahen eingesperrt und von manisch-religiösen „Psychiatern“ behandelt und zum Teil auch gefoltert.

Die Eltern weden durch den Druck der religiösen Gemeinden dazu gebracht, dies zuzulassen. Meistens handelt es sich um baptistische Sekten wie jene, der Bush angehört.

Konzentrierten sich all diese absurden Bestrebungen zunächst auf die Vereinigten Staaten, kommen sie nun mehr und mehr auch nach Europa.

Die ersten restriktiven Gesetze, die nach US-Vorbild im Sexualstrafrecht die Existenz von Jugendlichen abschaffen und alle unter 18 als Kinder definieren, sind bereits in europäischen Staaten verabschiedet. Damit wird in der Tendenz das „Kinderschänden“, das vorher klar auf Kinder (alle bis 14) bezogen war, auf die 15 bis 18-jährigen ausgeweitet, was offensichtlich zu katastrophalen Weiterungen führt. Ebenso wird die Definition von Kinder-Porno auf alles bis 18 ausgeweitet (und sogar noch auf solche, die „wie unter 18 aussehen“) und mit dem Begriff „aufreizend“ die persönliche Sicht des Betrachters wieder eingeführt, statt Kinderporno klar auf objektive Gegebenheiten zu beziehen. Im Einzelnen kann man die Neuerungen aus dem ersten und dem zweiten Teil des Dossiers Verschärfung Sexualstrafrecht entnehmen.

Dies Alles wurde mit einer europäischen Rahmenrichtlinie in Gang gesetzt. Diese bezieht sich auf eine Resolution, die in einem UN-Gremium von der Dominanz der USA durchgesetzt wurde und allen Ländern empfiehlt, die absurden US-Regelungen auch einzführen.

Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 7

Die EU-Bürokraten haben als gehorsames Schosshündchen der USA nicht gezögert, auf dieser Basis sofort eine Rahmenrichtlinie zu beschliessen. Die deutsche Bundesregierung bezieht sich nun hierauf und sagt, man sei verpflichtet, Rahmenrichtlinien umzusetzen. Noch in diesem Januar 2008 ist vorgesehen, das entsprecende Gesetz durch den Bundestag zu peitschen, obwohl eine irgendwie geartetet Diskussion in der deutschen Öffentlichkeit über diese Fragen nicht stattgefunden hat und auch nicht angestossen wurde. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dies wird heimlich, still und leise gemacht.

Kurios in diesem Zusammenhang auch: Die EU hat überhaupt keine Recht auf Rahmenrichtlinien über die Sexualstrafrechts-Gesetze. Sie kann lediglich Regeln für die Bestrafung des organisierten Verbrechens aufstellen. Dies ist ja nun wohl nicht gegeben, wenn ein 17-jähriges Pärchen von sich gegenseitig Nackt-Fotos macht und diese in die Hände anderer fallen. Das würde nämlich als „Verbreitung von Kinderporno“ mit Gefängnis bestraft, wenn die Vorlage der Bundesregierung durchkommt.

Nun stellt sich aber die Frage, was steckt dahinter? Warum lässt man die christlichen Extremisten wüten und Gesetze in ihrem Sinne machen? Die Macher, die Mächtigen, die Herrschenden sind ja kühl kalkulierende Monster, die mit christlichen Attitüden, welcher Art auch immer, nichts am Hut haben.

Nachdem man es (noch) nicht geschafft hat, die Gesellschaften in den Ländern Europas mit der Terrorangst zu Angst-Gesellschaften zu machen, die jegliche Abschaffung von bürgerlichen Rechten akzeptieren, weil das doch „gegen de Terror hilft“, wie das weitgehend schon in den USA der Fall ist, versucht man es jetzt mit den „Kinderschändern“ und „Kinderporno-Ringen“.

Man wird dies zu einem der Hauptthemen der täglichen Nachrichten machen, hunderte von „Tätern“ und Verurteilten vorweisen und so die gesamte Gesellschaft zu der “Einsicht“ kommen lassen, sie lauern an jeder Ecke unseren Kindern auf. Dann wird man die letzten Reste von Demokratie und bügerlichen Rechten - so rechnet man – ohne Widerstand der Bevölkerung abschaffen können, denn es ist ja notwendig wegen der Terroristen und Kinderschänder.

Das Land geht unter in Angst und Gewalt, dann haben sie den richtigen Hintergrund für noch höhere Profite. Der Weg zur kapitalistischen Barbarei soll eröffnet werden.


Veröffentlicht am 14. Januar 2008 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel



Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zu hysterischen Kinderporno-Verfolgungen, christlich-extremistischen Absurditäten und Sexualstrafrechts-Verschärfungen:

- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus

- Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger

- ...promt ging die Sache in die Hose –Rasterfahndung hätte um ein Haar eine Firma gekostet

- Schon in den USA, bald auch bei uns – Gefängnis für Sex unter 18

- Die Zukunft der USA unter den extremistischen Christen

- Sex?? Gefängnis!!

- Operation Ore, Teil 1: Der grösste Polizei-, Justiz- und Medien-Skandal des neuen Jahrtausends

- Operation Ore, Teil 2: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigten, die Rolle der Polizei

- Operation Ore, Teil 3: Die Rolle der Politik und der Medien

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2

- Die Dossiers Verschärfung Sexualstrafrecht

- Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!

- Schärferes Sexualstrafrecht soll Donnerstag durch den Bundestag

- Hurra! Sie haben es gestoppt

- Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für „Sex Offenders“

Montag, 14. Januar 2008

Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 2

Dieses Irrenhaus könnte ein Paradies sein!

Den Widerstand gegen den Kapitalismus organisieren!

Von Karl Weiss


Wenn die Menschheit nicht schnellstens aufhört, in völlig unverantwortlicher Weise die vorhandenen Ressourcen im Raubbau-Verfahren zu gebrauchen und zu vernichten, wird nichts für die kommenden Generationen der Menschheit mehr übrig sein, das ihnen noch ein Leben auf dem uns heute geläufigen Niveau gewährleisten könnte.

Würde in der nicht weit entfernten Zukunft ein Geschichtsbuch geschrieben, so würde im Kapitel „Warum wir solche Probleme mit Rohstoffen haben“ zweifellos in etwa folgender Text über unsere Zeit stehen:

„Am Ende des zwanzigsten und am Anfang des 21. Jahrhunderts wurden die auf der Erde vorhandenen wichtigen Rohstoffe in unverantwortlicher Weise verbraucht und vernichtet, obwohl es zu diesem Zeitpunkt bereits die Technologien gab, die einen solchen Raubbau völlig unnötig machten.

Die Gesellschaften damals wurden vollständig dominiert von den Besitzern und Managern von Grosskonzernen und –banken und deren Beauftragten in der Politik. Sie kümmerten sich nicht im mindesten um einen vernünftigen Gebrauch der vorhandenen Ressourcen, sondern wollten ausschliesslich die Profite erhöhen. Dadurch wurde verhindert, dass die damals schon bekannten Techniken eingesetzt wurden, um wertvolle Rohstoffe zu erhalten und für zukünftige Generationen zu bewahren.

Der schreiendste Missbrauch wurde mit dem Erdöl, dem Erdgas und der Kohle betrieben, die wir heute unter grössten Schwierigkeiten aus zähen Schlämmen und aus entlegenen Tiefen heraufholen müssen. Die riesigen vorhandenen Vorkommen wurden im wesentlichen verbrannt, um Energie zu gewinnen für Elektrizität, Heizung und Transport. Zu diesem Zeitpunkt waren aber längst alle Techniken für erneuerbare Energien bekannt und anwendungsreif, wie Solar, Erdwärme, Windkraft, Bio-Energieträger, Wellenkraft, Gezeitenkraft usw. Statt die vorhandenen Mittel zum Ersatz der fossilen Energieträger zu verwenden, wurden langjährige Kriege geführt, um sich die vorhandenen Quellen von Erdöl und Erdgas zu sichern. Diese Kriege kamen zusammen weit teurer als die vollständige Umstellung gekostet hätte.

Der bei weitem grösste Teil der gewonnenen und hergestellten Güter wurde nur einmal gebraucht und dann vernichtet. Obwohl die wichtigsten Recycling-Techniken, die wir heute verwenden, bereits bekannt und anwendungsreif waren, wurden diese Techniken nicht benutzt oder nur in geringem Masse, nämlich dann, wenn wiederum Konzerne Profit daraus schlagen konnten.

Als Beispiel sei genannt die Verwertung von Kunststoff-Abfällen in der damaligen „Europäischen Union“, Zahlen von 2007: 65% wurden verbrannt oder deponiert, nur 35 Prozent wurden verwertet, wurde angegeben. Wenn man genauer nachforscht, stellt sich heraus, die Zahlen waren noch viel schlechter: 20% der Gesamtmenge, angeblich „verwertet“, wurden ebenfalls verbrannt, denn man definierte einfach die Verbrennung zur Energiegewinnung als „Verwertung“, hierunter fällt u.a. die Verwendung von Kunststoff-Abfällen in Hochöfen zur Reduktion als Kohle-Ersatz. In Wirklichkeit wurden also nur 15% wirklich als Kunststoffe verwertet, so wie wir das heute mit fast allen Kunststoffen tun.

Die Tatsache, dass zum Beispiel solche Kunststoffe unter hohem Aufwand polymerisiert worden waren und die aus seiner Verbrennung gewonnene Energie dann (u.a.) dafür eingesetzt werden muss, um wieder einen solchen Kunststoff herzustellen, wurde ignoriert. Also schlichter Wahnsinn. Da diese erneute Herstellung des Kunststoffs aber wieder einem Konzern Profit brachte, wurde dies als vorteilhaft angesehen.

Aber der Wahnsinn war sogar noch unglaublicher: Diese Kunststoffe (damals wurde noch PVC verwendet, das nun schon lange verboten ist) erzeugten beim Verbrennen Dioxine, die der menschlichen Gesundheit damals schwer abträglich und für Tausende Fälle von Krebs, Allergien, Erbgutveränderungen und Sterilität verantwortlich waren. Trotzdem wurde weiter verbrannt, statt mit der ‚Totalen Kreislaufwirtschaft’ anzufangen.

Aber auch viele andere Wertstoffe wurden nicht oder nur in untergeordnetem Masse in einem Kreislaufverfahren der Wiederverwertung zugeführt, wie wir das heute mit 98, 99, oder manchmal 99,9% aller schon verwendeten Stoffe tun.

So kam es, dass Rohstoffe fast völlig verschwanden, z.B. Coltan, Cassiterit, Kobalt und Niob und bestimmte elektronische Geräte und Wekzeuge nicht mehr hergestellt werden konnten. Aber jener unglaubliche Raubbau war auch für die extremen Verknappungen von Kupfer und Uran, Zink und Chrom, Zinn und Aluminium, Tantal und Germanium, Lanthan und Beryllium, Silicium und Wolfram, Niob und Molybdän sowie vielen anderen verantwortlich.

Damals war es völlig üblich und wurde als normal angesehen, dass defekte Geräte nicht repariert, sondern vernichtet wurden. Wenn man alle Rohstoffe nicht nach ihrer Zugänglichkeit und ihrem Wert für die ganze Menschheit, auch die künftige, einschätzt, sondern nur nach den reinen Kosten des Raubbaus, dann kommen solche Irrwitz-Dinge heraus.

Soweit die als „Abfall“ falsch bezeichneten einmal verwendeten Güter nicht verbrannt, sondern auf Abfallhalden geworfen wurden, haben wir heute wenigstens die Möglichkeit, diese Halden systematisch aufzuarbeiten und daraus die benötigten Rohstoffe zu gewinnen. Demgegenüber war die Verbrennung dieses angeblichen „Abfalls“ eine in ihrer Grausamkeit uns gegenüber kaum zu beschreibende Brutalität, denn sie stahl der Menschheit unwiderbringlich einen wesentlichen Teil der Grundstoffe, die diese Erde ihr zur Verfügung gestellt hatte. Es war, als wollte man uns verdammen.“

Soweit also ein Zitat aus einem zukünftigen Geschichtsbuch. Nun ist dies ja kein Geheimnis, dies alles wurde zig mal gesagt und geschrieben, nur kümmert sich die Politik einen feuchten Kehricht darum.

Hier ein Zitat von einem Mahner aus einem Artikel der „Süddeutschen“ vom 8. Januar 2008. Er ist von Joseph Weizenbaum, einem der grossen Pioniere der künstlichen Intelligenz, ehemals Professor am MIT (Massachusetts Institut of Technology), heute 85 Jahre alt und in jener Phase des Lebens angelangt, in der man die Wahrheit sagen kann:

„Diese Wahl [der zu bearbeitenden Themen von Naturwissenschaftlern] ist vom Zeitgeist der Kultur, in der sie getroffen wird, stark geprägt, fast determiniert. Es folgt, dass die Naturwissenschaft sowie die von ihr abgeleiteten Technologien nicht wertfrei sind.

Sie erben ihre Werte von den Werten der Gesellschaften, in die sie eingebettet sind. In einer hoch militarisierten Gesellschaft sind Wissenschaft und Technologie von den Werten des Militärs geprägt.

In einer Gesellschaft, deren Werte hauptsächlich vom Streben nach Reichtum und Macht abgeleitet sind, sind sie entsprechend gestaltet. Die Werte der Wissenschaft, eingebettet in eine vernünftige Gesellschaft, würden vernünftig, also human sein. Dann würden die von ihr abgeleiteten Technologien nicht mehr dem Tod dienen, sondern dem Leben. (...)

Der Glaube, dass Wissenschaft und Technologie die Erde vor den Folgen des Klimawandels bewahren wird, ist irreführend. Nichts wird unsere Kinder und Kindeskinder vor einer irdischen Hölle retten.

Es sei denn: Wir organisieren den Widerstand gegen die Gier des globalen Kapitalismus.

Das Bewusstsein, dass alle Menschen Geschwister sind, muss den Zeitgeist ersetzen. Kooperation statt Konjunktur, Bescheidenheit statt unbegrenzter Konsum, Ehrfurcht vor dem Leben statt Roboter: Diese Ziele müssen unsere heutigen Werte ersetzen.

Würde die weltweite Gesellschaft nur vernünftig sein, könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus dieser Erde ein Paradies machen. In der Tat ist sie kein Paradies, sondern ein Irrenhaus - doch nicht, weil wir etwa nicht genug wissen.“


Zusammengefasst:

Dieses Irrenhaus könnte ein Paradies sein. Wir müssen dazu den Widerstand gegen die Gier des globalen Kapitalismus organisieren!

Veröffentlicht am 14. Januar 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Hier geht es zu Teil 1, zu Teil 3, zu Teil 4 und zu Teil 5 des Dossiers 'Totale Kreislaufwirtschaft'.

Samstag, 12. Januar 2008

Niemand wagt es sich mit denen anzulegen

Eli Lilly - Pharmaskandal unter dem Teppich

Von Karl Weiss

Die Psycho-Droge Z. (Wirkstoff: Olanzapin) vom Pharma-Riesen Eli Lilly, verwendet für Schizophrenie, akute Manie und ‚Bipolare Störungen I’, zeigt heftigste Nebenwirkungen, die bis hin zum Tode führen können, so führt sie z.B. häufig zu Zuckerkrankheit. Außerdem wird sie für andere als ihre zugelassenen Anwendungen vermarktet. Eli Lilly hat bereits in mehr als 28 000 Fällen außergerichtliche Entschädigungszahlungen geleistet mit einem Gesamtumfang von etwa 1,2 Milliarden Dollar. Das Mittel ist weiterhin ohne Einschränkungen im Verkauf und der US-Pharma-Konzern erwartet weiter steigende Umsätze. 192 Millionen Euro Umsatz allein in Deutschand pro Jahr. In drei Artikeln der New York Times wurde der Fall aufgerollt.

Der Fall Z. (hier wird der Name abgekürzt, um nicht Vorwände wegen des Gebrauchs einer geschützten Marke zu liefern) wäre heute noch in geheimen Archiven versteckt, wenn nicht ein Gutachter in verschiedenen Entschädigungsprozessen die gerichtlichen Unterlagen heimlich an einen Rechtsanwalt weitergegeben hätte, der psychisch Kranke vertritt. Der wiederum gab sie dem New York Times-Reporter Alex Berensen, der im Dezember 2006 drei Artikel hierüber veröffentlichte (siehe: Quellen). Inzwischen stehen die Unterlagen auch schon im Internet zum Download für jeden, der interessiert ist (siehe : Quellen).

Es handelt sich sowohl um die einzelnen Beschreibungen der Nebenwirkungen als auch um Propaganda-Material der Eli Lilly, das belegt, mit welchen Methoden der Pharma-Monopol dies Mittel in den Markt drückt.

Bis jetzt hat es Eli Lilly nicht gewagt, den Reporter oder die New York Times zu verklagen, wir können also davon ausgehen, da wurde nichts Falsches erzählt und nicht übertrieben.

Offensichtlich ist Z. einer der ganz großen Pharmaskandale, von ähnlicher Bedeutung wie Vioxx, wahrscheinlich sogar grösser. Ein Anwalt, der an einem der Prozesse um Entschädigungen beteiligt war, sagte: „Das ist schlimmer als alles, was ich je gesehen habe. Es gibt keine Chance dafür, dass die Firma es in dieser Sache zu einem öffentlichen Gerichtsverfahren kommen lässt. Die müssen einen außergerichtlichen Vergleich suchen.“

Um ein wenig deutlich zu machen, wie schwerwiegend die Anklagen sind, hier ein Auszug aus ‚Arzneimitteltelegramm 1/2007’(a-t):

„Olanzapin (Z.) – Risikodaten unterdrückt: Unterdrückung von Negativdaten (a-t 2005; 36: 1-2) behindert die objektive Information zu Nutzen und Schaden von Arzneimitteln. Die New York Times berichtet aktuell über interne Unterlagen der Firma Eli Lilly, nach denen diese ihr bekannte Risiken des Neuroleptikums bewusst verharmlost hat. Bereits 1999 wertete demnach der damalige wissenschaftliche Leiter Gewichtszunahme und Hyperglykämie (s. a-t 1998 Nr. 1: 11) als Gefahr für den ökonomischen Langzeiterfolg des für die Firma wichtigen Produktes.

Die Auswertung von Studien hatte ergeben, dass 16% der Anwender von Olanzapin mehr als 30 kg zunehmen. Nach anderen internen Daten erhöht sich bei 30% der Patienten das Gewicht pro Jahr um mehr als 10 kg. Zudem sei eine Inzidenz von Hyperglykämien unter Olanzapin von 3,6% versus 1,05% unter Plazebo für Gespräche mit Ärzten und für die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA auf 3,1% vs. 2,5% „revidiert” worden (New York Times, 17., 20. und 21. Dez.2006).

In der Fachinformation werden im Abschnitt „Warnhinweise” Hyperglykämie oder Entwicklung oder Verschlechterung, eines Diabetes nach wie vor als „sehr seltene” Störwirkungen (unter 0,01%) bezeichnet (Lilly: Fachinformation Z., Stand Sept. 2006). Obwohl die Firma 28.500 Patienten, die wegen Diabetes oder anderer Störwirkungen unter Olanzapin geklagt hatten, mit insgesamt 1,2 Milliarden Dollar entschädigt, verbreitet sie weiterhin, dass es keine Evidenz dafür gäbe, dass Olanzapin Diabetes verursache (New York Times, 8. Jan. 2007).

Ein Experte, der in einem Gerichtsverfahren Einsicht in Eli Lillys Unterlagen zu Olanzapin hatte, betont, dass die gefährlichsten Effekte von Z. der Öffentlichkeit und den verschreibenden Ärzten vorenthalten würden. Auch der FDA wirft er Unterdrückung von Negativdaten zu Olanzapin vor. Die Behörde weigere sich bis heute, Ergebnisse zu Suizidversuchen aus Studien vor der Marktzulassung offenzulegen (FURBERG, C.)

Dies wurde schon 2002 von einem Kritiker der Pharmaindustrie bemängelt. Seines Wissens liegt die Todesrate unter Olanzapin in den von Eli Lilly der FDA übermittelten Studiendaten höher als unter jedem anderen Neuroleptikum (HEALY, D.)

Auch eine amerikanische Expertin vermisst im FDA-Gutachten Angaben zu Suizidversuchen, obwohl 12 von 20 Todesfällen bei 3.139 Olanzapinanwendern durch Suizide bedingt sind (JACKSON, G.E.)

Vergleichsdaten gibt es aus einer zweijährigen Studie mit knapp 1.000 schizophrenen oder schizoaffektiven Patienten mit hohem Suizidrisiko: Unter Clozapin (L. u.a.) treten signifikant weniger kombiniert ausgewertete Suizide, Suizidversuche oder Hospitalisierungen wegen Suizidalität auf als unter Olanzapin (Hazard Ratio: 0,76, 95% Konfidenzintervall 0,58-0,97; MELTZER, H.Y. et al.: Arch. Gen. Psychiatry 2003; 60: 82-91)." (Genaue Literaturangaben: siehe Quellen)

Der Pharma-Koloss (eine der 10 weltweit grössten Pharma-Firmen) aus Indianapolis in den USA hat außerdem systematisch verschleiert: Viele Erkrankungen gingen mit einer Ketoazidose einher, es kam zu nekrotisierenden Pankreatitiden und 23 Patienten starben, darunter ein 15-jähriger Jugendlicher.

Nun müsste man glauben, die US-Behörde ‚Food and Drug Agency’ (FDA), die für die Zulassung und Nichtzulassung von Pharma-Mitteln zuständig ist, hätte nach einer Reihe von Prozessen und Entschädigungszahlungen reagieren und das Mittel aus dem Handel ziehen müssen, besonders auch deshalb, weil es andere Mittel für diese Krankheiten gibt, die nicht diese Nebenwirkungen aufweisen oder jedenfalls nicht so stark. Doch nichts dergleichen geschah.

Es ist eindeutig so, wie es bereits von Vielen angeklagt wurde: Die Pharma-Industrie und die Zulassungsbehörden sind engstens miteinander verkungelt, mit häufigem Austausch von Personen von der einen zur anderen Seite, mit Aufsichtsratsposten und Beraterverträgen, mit „informellen“ Treffen und mit gegenseitigem Begünstigen. „Lässt du meine Arznei zu, werde ich dafür sorgen, dass du eine hochdotierte Professur bekommst.“ „Wenn ihr mich unterstützt, um Vorsitzender der Kommission zu werden, werde ich euren Antrag auf Zulassung sehr wohlwollend prüfen.“

Das ist übrigens kein US-Phänomen. Auch in Deutschland ist die „Nähe“ des Bundesgesundheitsamts, des Bundesgesundheitsministeriums und anderer öffentlicher Stellen zur Pharma-Industrie Legende.

Zyprexa alt
Dies ist eine Propaganda für das Mittel.

Zyprexa neu
Das haben Selbstschutzgruppen von Geschädigten daraus gemacht.

Z. ist der wichtigste Umsatzbringer für Eli Lilly. Über 30% des Umsatzes werden mit ihm gemacht. Im Jahr 2006 wurden mit Z. etwa 4,36 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht. In Deutschland ist das Mittel eines der ganz großen Medikamente, an 119. Stelle der meist verordneten Medikamente mit über 853 000 Verordnungen und einem Umsatz von etwa 192 Millionen Euro. Über 10% der Auslandsumsätze der Arznei fallen auf Deutschland.

Gehen wir zurück zur Anwendung dieses Medikaments, so wird nun mancher stutzen: Aber wie ist das möglich, gibt es so viele, die manisch sind, schizophren oder die seltene ‚Bipolare Störung I’ haben?

Nein! Da sind wir nämlich gleich am zweiten Skandal.

Eli Lilly hat nämlich laut den Artikeln in der NYT auch systematisch das Mittel außerhalb seiner zugelassenen Anwendung angepriesen und verkauft und zwar für Demenz, auch leichte Demenz. Die Verkaufsanstrengungen wurden zu den Hausärzten getragen. Es ist offensichtlich, dass Hausärzte bei schwersten psychischen Störungen sicherlich keine Mittelchen verschreiben können und sollen, sondern die Patienten zu Fachärzten und Fachkliniken schicken müssen.

Eli Lilly hat offenbar versucht, bei der FDA auch ein Zulassung für ihr Mittel für alle Arten von Demenz zu erhalten. Da der Wirkstoff aber überhaupt nicht wirkt bei Demenz, erhielt der superschlaue Pharma-Konzern diese Zulassung nicht. Ohne dies aber abzuwarten, begann man, das Mittel für Demenz anzupreisen und zu verkaufen. Es gibt in den Unterlagen, die übergeben worden waren, die Dokumentation einer Verkaufsförderungsveranstaltung „ Viva Z.!“ aus dem Jahr 2000, aus der das vehemente „In-den-Markt-stoßen“ bei leichter Demenz durch Hausärzte hervorgeht. (siehe : Quellen)

Mit dieser Praxis, die Droge für leichte Fälle von Demenz anzubieten und damit vor allem in Alters- und Pflegeheimen phantastische Absätze zu erreichen beschäftigt sich ein US-Blog mit dem Namen ‚Clinical Psychology and Psychiatry - A Closer Look’ (siehe: Quellen).

Das nun aber, das sogenannte „Off-Label-Marketing“, ist ausdrücklich verboten und hätte eigentlich längst zu Verfahren gegen die Eli Lilly führen müssen.

Doch Verfahren gegen eine Eli Lilly in den USA, das ist ungefähr so wahrscheinlich wie der Fußweg zum Mond. Da muss man sich nur einmal die erlauchte Gesellschaft der Eigner, Aufsichtsräte und Vorstände der Eli Lilly ansehen:

Einer der grössten Einzelbesitzer von Aktien der Eli Lilly ist die Familie des Präsidenten Bush. Vater Bush, der frühere Präsident, arbeitete vor seiner Amtszeit als Direktor bei Eli Lilly. Später als Vize-Präsident unter Reagan und dann als Präsident war er der hauptsächliche Lobbyist für Eli Lilly. Sein damaliger Vizepräsident Dan Quayle, ein Rechtsaußen der übelsten Sorte, ist der Sohn des damaligen Mehrheitseigners von Eli Lilly. Donald Rumsfeld war im Aufsichtsrat von Eli Lilly, der frühere Budget-Direktor des Weißen Hauses und heutige Gouverneur von Indiana Mitch Daniels ist ein ehemaliger Vize-Präsident von Eli Lilly. Der Vorstandsvorsitzende Sidney Taurel von Eli Lilly war Beiratsmitglied im Heimatschutzministerium.

Bush Deaths

Hier haben wir ein typisches Anzeichen von staatsmonopolistischem Kapitalismus. Das Monopol und der Staat sind so verflochten, dass es praktisch nicht mehr möglich ist zu sagen, wer zu welchem Zeitpunkt mehr auf der Staats-Seite und mehr auf der Firmenseite ist oder war.

Waren das schon zwei Skandale und die völlige Straffreiheit der „Lilly“ der dritte, so hat die Geschichte auch noch einen vierten Skandal: Die Medien.

Obwohl es niemand entgangen sein kann, da das Thema Inhalt einer Reihe von Artikeln der NYT war, gibt es exakt Null Berichterstattung in den anderen Massenmedien, sei es in den Vereinigten Staaten oder in Good Old Europe. Alle Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehnachrichten und –magazine, alle, alle halten den Rand. Niemand wagt es sich mit denen anzulegen.

Nur im Internet findet man entsprechende Meldungen, kann die Artikel der NYT einsehen und auch die gesamten Unterlagen. Damit hat das Internet einmal mehr bewiesen, wie sehr es nötig ist in einer Zeit der gleichgeschalteten Massenmedien.

Quellen hier

Dieser Artikel wurde veröffentlicht in "Journalismus - Nachrichten von heute" am 5. März 2007.

Originalartikel
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Freitag, 11. Januar 2008

Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für 'sex offenders'

"Wir leben in Zeiten, die Angst machen."

Von Karl Weiss

Ein neues Gesetz im US-Bundestaat New Jersey verbietet verurteilten „Sex Offenders” im Internet zu surfen. Auch Florida und Nevada haben bereits entsprechende Gesetze. Nur: Es wurde in diesem Bundesstaat, wie auch in anderen von extremistisch-hysterischen Christen beherrschten Staaten der USA der Begriff des „Sex Offenders“ in einer Art und Weise ausgeweitet, die wesentliche Teile der Bevölkerung betreffen kann. Der stellvertretende Gouverneur, der das Gesetz unterschrieb, sagte in dankenswerter Deutlichkeit, was das Ziel dieser Art von absurden Gesetzen ist: „Wir leben in Zeiten, die Angst machen.“

Hieronymus Bosch Der Garten der Lüste

Das ist im Kern, was all diese absurden Ausweitungen von Strafgesetzen auf Taten, die absolut üblich sind, bezwecken: Es soll Angst geschürt werden, Angst vor Kriminellen und Terroristen, vor Allem und Jedem.

In seinem Film „Bowling für Columbine“ hat Michael Moore in beeindruckender Weise nachgewiesen: Die Angst als Grundkomponente ist der Hauptfaktor, warum die Zahl der Morde pro Einwohner in den USA so viel höher als in allen vergleichbaren Ländern ist.

Ist die US-Gesellschaft sowieso schon eine, die in extremer Weise auf Angst beruht, so wird mit den Rechtsaußen-Gesetzen und dem Einbeziehen normalen sexuellen Verhaltens in die Strafbarkeit diese manische Angst im gesellschaftlichen Rahmen auf die Spitze getrieben.

Eine Gesellschaft, die in Angst lebt, kann leicht von der Aufhebung bürgerlicher Rechte überzeugt werden, wenn man die Folter offizialisieren und bestimmten Verdächtigengruppen („Terroristen“, „Anarchisten“) und Dissidenten die Rechte auf ein reguläres Gerichtsverfahren und andere grundlegende Bürgerrechte vorenthalten will.

Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 18

Ein wesentlicher Teil der US-Bundesstaaten hat bereits gültige Gesetze, die sexuelle „Taten“ unter Strafe stellen, die in jedem aufgeklärten Land nicht strafbar sind und dadurch in der Tendenz eine Legion von vorbestraften „Sex Offenders“ schaffen. In diesem Artikel wurde bereits berichtet, dass Michigan den Ehebruch mit erschwerenden Umständen mit lebenslangem Gefängnis bestraft. Hier konnte man erfahren, in Georgia wurde ein junger Mann, damals noch nicht volljährig, mit 10 Jahren Gefängnis bestraft, weil er mit seiner 15-jährigen Freundin Oralsex gemacht hatte. Hier erfuhren wir, er hat inzwischen das Recht auf einen neuen Prozess bekommen, bleibt aber nach 2 Jahren immer noch in Haft.

In vielen US-Bundesstaaten bestehen intensive Bestrebungen, den homosexuellen Geschlechtsverkehr wieder als gefängnisbewehrte Straftat einzustufen, in anderen werden sexuell allseits verbreitete Techniken wie Oralsex, Analsex und Stimulieren mit der Hand (Petting) mit staatlichen Strafen bedroht. Dazu kommt in steigendem Maße die Verfolgung von jungen Leuten, die vor der Heirat Sex machen.

Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 7

Das am meisten zu Fürchtende ist aber, dass mehr und mehr die Tendenz besteht, den Kindern und Jugendlichen ihre Sexualität abzusprechen bzw. diese als „Geisteskrankheit“ einzustufen und zu behandeln. „Doktorspiele“, wie sie unter Kindern und Jugendlichen in aller Welt gang und gäbe waren und sind, werden als schwerwiegende Verfehlungen eingestuft, als Vorstufe zum „Kinderschänden“, als Straftaten und als „Geisteskrankheit“. In diesem Artikel; siehe unter „Kriminalisierung von Kindern und Jugendlichen“ und unter „Gefährliche Doktorspiele“ gibt es dazu einige eigene Absätze.

Das neue Gesetz in New Jersey, das alle verurteilten „Sex Offenders“ betrifft, hat sehr weitgehende Bestimmungen. Wird ein so Eingestufter dabei erwischt ins Internet gegangen zu sein, hat er 18 Monate automatische Gefängnis-Strafe abzubüßen. Ist er auf Bewährung frei, muss er zudem den Rest seiner ursprünglichen Strafe antreten. Zur Überwachung müssen die betreffenden Personen Monitoring-Gerätschaften in ihren Computer einbauen lassen. Als Teil der Arbeit oder zur Arbeitssuche dürfen sie weiterhin das Internet benutzen, müssen sich aber dann im Einzelnen überwachen lassen.

Die Überwachungsbehörden dürfen auch Betroffene zu zwangsweisen Test mit „Lügendetektoren“ vorladen, um einen eventuellen Bruch des Verbots herauszufinden. In allen zivilisierten Ländern außer den USA sind diese Geräte längst abgeschafft, weil bewiesen ist, sie können Lüge und Wahrheit nicht unterscheiden.

In New Jersey, wie auch bereits in Florida und Nevada wird damit die lebenslängliche Verfolgung von verurteilten „Sex Offenders“ nach Abbüßen ihrer Strafe weiter verschärft, die bisher schon in vielen US-Staaten und auch auf Bundesebene das öffentliche Anprangern in leicht zugänglichen Listen von allen ehemaligen Straftätern mit sexuellen Delikten beinhaltet, die jeder einsehen kann. Es kam bereits mehrfach zu Lynchjustiz.

Hieronymus Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 17

Dies ist keineswegs auf wirkliche Kinderschänder und Vergewaltiger beschränkt, sondern auf alle verurteilten „Sex Offender“, da kann es also ausreichen, das der Betreffende einmal einer Frau an die Brust gegriffen hat oder dass ein junger Mann im Altersbereich zwischen 15 und 18 mit seiner gleichaltrigen Freundin „Petting“ gemacht hat.

Speziell sind auch die in absurder Weise ausgeweiteten Definitionen von Kinder-Porno zu erwähnen. Kinder–Porno ist nicht etwa, wie im Moment noch in Deutschland, die bildliche Darstellung von eindeutig sexuellen Handlungen an Kindern (bis 14), von Kindern oder vor Kindern (zu den beabsichtigten Änderungen in Deutschland siehe auch diesen Artikel), sondern jegliche Abbildung (auch in künstlerischer Form) und jegliche Beschreibung von allen unter 18 (oder solchen, die wie unter 18 aussehen), wenn dies „aufreizend“ sei. Dabei ist besonders zu beachten, dass es keinerlei Definition oder Möglichkeit der Beschreibung für etwas „Aufreizendes“ gibt, eben so wenig eine Definition oder Beschreibung, wie man denn feststellt, ob jemand "wie unter 18" aussieht.

In der Praxis beinhaltet Kinder-Porno in den USA heute schon – und nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung bald auch in Deutschland – jegliche bildliche Darstellung eines Kindes oder eines Jugendlichen – alle unter 18 oder die so aussehen - (oder auch eine Beschreibung), unabhängig, ob bekleidet oder in Badekleidung oder nackt, die irgend jemand als „aufreizend“ ansehen mag, wobei „aufreizend“ nicht definiert ist – was darauf hinausläuft: Mit etwas bösem Willen kann jede Darstellung von Personen unter 18 Jahren als Kinderporno definiert werden – denn was nicht definiert werden kann, kann beliebig interpretiert werden.

Bosch, Garten der Lüste, Ausschnitt 2

Wenn Sie z.B. „Lolita“ von Nabokov zu Hause haben, sind Sie bereits im Besitz von Kinderporno, wenn das Buch offen im Bücherregal steht, betreiben Sie außerdem „Verbreitung von Kinderporno“.

Das deutsche Auswärtige Amt hat darum eine Warnung an Reisende in die USA ausgegeben, dort auf keinen Fall seine Kinder am Strand in Badekleidung zu fotografieren, da dies von den Autoritäten in den USA tendenziell als Herstellung von Kinder-Porno angesehen wird – mit anderen Worten, man muss – in den USA und bald auch bei uns - seine Kinder am Strand sich anziehen lassen, wenn man ein Foto von ihnen machen will.

Das Auswärtige Amt hat allerdings vergessen dazuschreiben, dass exakt diese gleiche Regelung auch in Deutschland eingeführt werden soll. Nach den letzten Meldungen soll das Gesetz, das dies beinhaltet, nachdem es kurz vor Weihnachten von der Tagesordnung gestrichen wurde, ohne wesentliche Änderungen noch im Januar 2008 vom Bundestag in Berlin verabschiedet werden (siehe hierzu auch diesen und diesen Artikel).

Die Begründung für das Internet-Verbot wird in etwa so erklärt: Die „Sexual Offenders“ würden sich bevorzugt an Kinder und an andere Opfer über das Internet heranmachen. Das Internet habe zu einer Vervielfältigung der Fälle von Verurteilungen von „Sexual Offenders“ geführt.

Dabei wird aber Ursache und Wirkung auf den Kopf gestellt. Die weit höhere Anzahl von Verurteilungen in den USA in letzter Zeit, als es bereits Internet gab, ist darauf zurückzuführen, dass die Gesetze in absurder Weise verschärft wurden und nun normale Fotos von Kindern und auch Jugendlichen beinhalten, wie auch normale sexuelle Betätigung von Jugendlichen - das Internet hat damit überhaupt nichts zu tun.

In einem Land wie Deutschland, das bisher noch kein absurd umgestülptes Gesetz hat, ist zum Beispiel die Zahl der Verurteilungen wegen schwerer Sexualdelikte von 1981 bis 2004 auf etwa ein Drittel (33 Prozent) zurückgegangen!


Veröffentlicht am 11. Januar 2008 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zu hysterischen Kinderporno-Verfolgungen, christlich-extremistischen Absurditäten und Sexualstrafrechts-Verschärfungen:

- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus

- Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger

- ...promt ging die Sache in die Hose –Rasterfahndung hätte um ein Haar eine Firma gekostet

- Schon in den USA, bald auch bei uns – Gefängnis für Sex unter 18

- Die Zukunft der USA unter den extremistischen Christen

- Sex?? Gefängnis!!

- Operation Ore, Teil 1: Der grösste Polizei-, Justiz- und Medien-Skandal des neuen Jahrtausends

- Operation Ore, Teil 2: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigten, die Rolle der Polizei

- Operation Ore, Teil 3: Die Rolle der Politik und der Medien

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2

- Die Dossiers Verschärfung Sexualstrafrecht

- Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!

- Schärferes Sexualstrafrecht soll Donnerstag durch den Bundestag

- Hurra! Sie haben es gestoppt

Donnerstag, 10. Januar 2008

Verbindung von US-Politiker zu 5,5 Tonnen Kokain

US-Medien verschweigen völlig Zwischenfall in Mexiko

Von Karl Weiss

Kürzlich wurde in Mexiko auf der Halbinsel Yukatan von mexikanischen Behörden ein Verkehrsflugzeug aufgebracht, das 5,5 Tonnen Kokain beförderte. Nun stellt sich heraus, daß einer der Eigner dieses Flugzeugs ein US-Republikaner ist, der bereits wichtige Ämter in der Partei innehatte. Auf ungeklärte Weise verschwand der Pilot dieses Flugzeugs. Es besteht intensiver Verdacht, daß es sich ein weiteres Mal um einen CIA-Drogenflug handelte.

Bei Daniel Hopsicker, einem der letzten Investigativ-Journalisten in den Vereinigten Staaten und seiner Website madcowprod muß man aufpassen, was da genau steht, denn er liebt es, zu vermischen, was genau Tatsachen sind, die seine Recherchen ergeben haben und was Folgerungen und Vermutungen sind. Hat man das aber einmal herausgefunden, so kann man sich auf seine Recherchen verlassen, denn die gefundenen Tatsachen haben sich in der Vergangenheit als stichhaltig bewiesen.

Volltreffer

Dieses Mal hat er sich die Mühe gemacht, einer eigentlich banalen Meldung nachzugehen: Die mexikanische Armee hatte ein Flugzeug aufgebracht und dort 5,5 Tonnen Kokain gefunden. Dann stellte sich aber heraus: Volltreffer! Er hatte mal wieder seinen Spürsinn bewiesen.

Die reinen Fakts stellen sich folgendermaßen dar: Auf einem kleinen Flughafen der mexikanischen Halbinsel Yukatan nahe des Städtchens Ciudad del Carmen landete ein kleiner ‚Falcon’-Jet mit zwei mexikanischen Piloten, die anschließend in der Nähe des Flughafens blieben, anscheinend ohne irgendetwas zu tun. Nach einigen Tagen versuchten sie die Militärwache, die diesen Flughafen bewacht, zu bestechen mit der Bitte, einer DC9 am nächsten Tag eine Notlandung zu erlauben, wenn der Flughafen bereits geschlossen sein wird.

Die Wächter nahmen zwar das Bestechungsgeld an, meldeten den Vorfall aber innerhalb der Militärhierarchie weiter. Als die Meldung beim General Carlos Gaytan ankam, roch der Unregelmäßigkeiten (clevere Generäle, da in Mexiko, nicht wahr?) und beschloß, am nächsten Tag die DC9 mit einem Battallion Soldaten zu empfangen. So war der Flughafen bereits umstellt, als die DC9 ihre vermeintliche Notlandung machte. Was dann genau geschah, darüber liegen keine Meldungen vor. Jedenfalls gelang es dem Piloten der DC9, unerkannt zu entkommen. Wie er das angestellt haben mag? Vielleicht durch magische Kräfte? Auch „beamen" könnte es gewesen sein.

Was noch viel verwunderlicher ist, er wurde auch nicht identifiziert. Das nun allerdings ist tatsächlich ein an Wunderkräfte grenzendes Kunststück. Eine DC9 ist ja keine Cessna, die mal schnell irgenwo rumfliegen kann, ohne daß jemand weiß, wer sie fliegt. Es handelte sich vielmehr um den offiziellen Flug einer Passagiermaschine von Caracas zu einem nicht genannten Zielort, bei der die Identität des Piloten immer bekannt ist.

Coca-Flieger
Hier ein Bild des Flugzeugs, das auf Yukatan mit 5,5 Tonnen Kokain aufgebracht wurde

Hier noch ein ausführlicherer Artikel zum Fund der 5,5 Tonnen Kokain.

Die Eigner von N900SA

Zwar ist der Copilot in mexikanischem Gewahrsam, ebenso wie die beiden mexikanischen Piloten, aber für das übernatürliche Verschwinden des Piloten mitsamt seinem Namen gibt es keine Erklärung, außer ..... Nun, lassen wir das spekulieren und sehen wir uns an, wessen Flugzeug das war. Das Flugzeug mit der Registrier-No. N900SA hatte zwei Eigner, einer ist US-Amerikaner und heißt Brent Kovar, die andere Hälfte gehört einer Firma „Royal Sons", deren aktuelle Eigner noch nicht festzustellen waren.

Wendet man sich nun Brent Kovar zu, so kommt man zu der bemerkenswerten Feststellung, daß es sich um einen Geschäftsmann handelt, der mit seiner Firma Pleite ging, was aber die republikanische Partei nicht daran hinderte, ihn in ein Berater-Gremium für ein Congress-Committee aufzunehmen. Er wurde außerdem zum Ehrenvorsitzenden eines ‚Business-Advisory-Councils’ der Republikanischen Partei ernannt, der Partei Präsident Bushs.

Brent Kovar

Es wurde ausdrücklich erwähnt, daß er für Verdienste, die er sich um die Republikanische Partei erworben habe, dazu ernannt wurde, wobei offen bleibt, welcher Art diese Verdienste waren. Jedenfalls wurde er in das Beratergremium aufgenommen, um die Stimme des kleinen Unternehmers dort darzustellen. Er war also keine Berufspolitiker, wurde aber in Beratungsgremien geschickt. Man kann wohl davon ausgehen, daß es nicht das Geschäft war, mit dem er 2005 Bankrott ging, das jene Verdienste hervorgebracht haben konnten.

Gulfstream-Crash: Bags with Cocaine
Dies ist ein Bild eines anderen Unfalls in Mexico, bei dem ebenfalls mehrere Tonnen Kokain im verunglückten Flugzeug gefunden wurden.Auch in diesem Fall verschwand der Pilot. Alles weist darauf hin, dies war ebenfalls ein CIA-Kokain-Flug

Näher kommen wir den Lösungen der ganzen Rätsel, wenn wir uns dem zweiten Besitzer des Flugzeugs zuwenden, der „Royal Sons Company LLC". Diese noble Firma hatte nämlich vor einigen Jahren ihren Sitz in 224 E, Airport Avenue, Venice, Florida , USA. Dies war - und das dürfte nun wirklich keine Zufall mehr sein, zu jener Zeit die Adresse des Hangars von Huffmann Aviations, einer Flugschule, dessen Eigner Wally Hilliard mindestens zwei der Terroristen des 11. September, unter ihnen dem mutmaßliche Anführer, Mohammed Atta, das Fliegen von Passagiermaschinen beibrachte.

Koks & Heroin

Diese zwielichtige Figur, Wally Hilliard, war bereits wenige Tage nach den Attentaten des 11. September 2001 von offiziellen US-Stellen für unschuldig erklärt worden, obwohl er zwei Saudis, die ohne gültiges Visa in den USA waren, Flugstunden gegeben hatte. Um diese „schnellste Weißwaschung des Jahrhunderts" zu erklären, braucht man nur einen Blick auf Hopsickers bereits erwähnte Website zu werfen. Er hat dort ein Photo eingestellt, das Präsidenten-Bruder und Florida-Gouverneur Bush in holder Eintracht mit der Familie Williards in die Kamera grinsend abbildet.

Auffallend auch eine andere Parallele: Zur damaligen Zeit wurde eines der Flugzeuge Williards mit über 22 Kilo reinen Heroins aufgebracht - und es passierte genau das gleiche wie jetzt: der Pilot löste sich in Luft auf!

Auffallend auch, daß die beiden Eigner von „Royal Sons" zu jener Zeit, als die Firma dort ihren Sitz hatte, von niemand identifiziert werden konnten, der damals in jenem Hangar arbeitete. Es handelte sich also offenbar um Strohmänner, die von ungenannten Organisationen als Frontfiguren benutzt werden, um die wahre Eignerschaft zu verdecken.

Hopsickers Erklärung für alle diese Besonderheiten klingt einleuchtend: In Wirklichkeit handelt es sich bei all diesen Flugzeugen, Flugzeugeignern und Flugschulen um Tarnorganisationen der CIA. Nur die (oder andere unmittelbar mit der US-Regierung verbundene Stellen) können dafür sorgen, daß ein mit 5,5 Tonnen Kokain gefaßter Jet-Pilot in Mexiko verschwinden darf, ebenso wie einer in den USA, der mit über 22 Kilo Heroins gefaßt wird. Das würde auch die Weißwaschung Williards erklären, ebenso, wieso Brent Kovar von der Republikanischen Partei als verdienter Mann angesehen wird.

Daß das nebenbei auch heißen würde, daß die CIA Mohammed Atta das Fliegen von Passagierjets beigebracht hat, sei nur angemerkt - Atta, nach offiziellen Angaben der Kopf der Gruppe, welche die Anschläge des 11. September durchgeführt haben soll!

9-11-Foto

Wie wissen ja auch schon aus anderen Quellen, daß ein wesentlicher Teil des Rauschgiftschmuggels vom CIA bewerkstelligt wird, so z.B. aus den Veröffentlichungen des US-Journalisten Garry Webb, der letztes Jahr mit zwei Schüssen (!) verselbstmordet wurde (hier zu seinem Buch und zu seinem Tod).

Was aber wirklich eine Tragödie ist: Die US-Mainstrem-Medien werden über all dies schlicht und einfach Stillschweigen bewahren. Normal wäre, daß Journalisten aus Zeitungen und Fernsehstationen nun diesen Hinweisen nachgehen, recherchieren und, wenn sich das alles als verifizierbar herausstellt, dies an die Öffentlichkeit bringen und auf einen Aufklärung und Verfolgung dringen. Die US-Mainstream-Medien haben aber beschlossen, daß man über einen Staat und einen Präsidenten, der im Krieg steht, nichts eventuell Negatives berichten darf, vor allem keine Verbindung mit Verbrechen, und werden all dies einfach mit Schweigen übergehen. Eine ‚freie Presse’ existiert nicht mehr. Bush muß nur weiterhin im Krieg bleiben oder neue Kriege anfangen - und er wird weiterhin in Zeitungen und Fernsehen mit Samthandschuhen angefaßt werden.


Dies ist ein Artikel, der am 25. April 2006 in "Nachrichten - heute" veröffentlicht wurde. Er ist weiterhin aktuell, denn bis heute wurden diese Tatsachen in den Massenmedien der USA nicht erwähnt, die Verantwortlichen, wie etwa Brent Kovar, wurden - wie durch ein Wunder - nicht zur Verantwortung gezogen. Das stinkt meilenweit!

Originalartikel (bereits über 2700 Mal gelesen)

Mittwoch, 9. Januar 2008

Dossier 'Totale Kreislaufwirtschaft', Teil 1

Teil 1: Synthesis – Es ist längst möglich

Eine weltweite kämpferische Umweltbewegung muss die Wende in der Energiegewinnung durchsetzen

Von Karl Weiss

Was ist die Zukunft der Energiegewinnung für die Menschheit? Solar oder Bio-Energie? Die Antwort ist eindeutig: Solar! Schon seit einiger Zeit gibt es den Plan eines weltweiten Netzes solarthermischer Kraftwerke zur Energieversorgung der ganzen Menschheit. Warum wurde er noch nicht verwirklicht? Weil wir im Kapitalismus leben, wo nur der Profit großer Konzerne zählt und nicht das Wohl der Menschheit. Technisch ist alles längst möglich.

Zwar ist die Bio-Energie, weil ohne hohen Aufwand zugänglich, ein wichtiges Mittel hier innerhalb des Kapitalismus, um die bereits beginnende Umweltkatastrophe noch abzuwenden, aber sie ist auf keinen Fall die Lösung der Energieprobleme der Menschheit, denn die Anbau- und Ackerflächen, um alle benötigte Energie zu gewinnen, wären viel zu ausgedehnt. Ebenso ist die Effektivität der Bio-Treibstoffe keineswegs höher als die der fossilen, die heute benutzt werden.

Warum trotzdem für eine Übergangszeit auf Bio-Energie gesetzt werden muss, darauf wurde schon anderweitig eingegangen, z.B. hier, hier, hier, hier, hier und hier.

Hier soll jetzt vor allem die wirkliche Alternative herausgestellt werden, die ohne jeden Zweifel die Zukunft der Energiegewinnung der Menschheit darstellt. Energie in Form von Strom direkt aus dem Sonnenlicht: Solarenergie.

Wenn nicht so schnell wie möglich ein wesentlicher Teil des Kohlendioxid-Ausstoßes durch Verbrennung fossiler Stoffe zur Energiegewinnung in Kraftwerken und Motoren durch andere Energieformen ersetzt wird, kann bis zum Jahr 2025, eventuell 2030, die Klimakatastrophe nicht mehr aufgehalten weden, denn sie wird selbstbeschleunigende Kräfte entwickeln. So werden z.B. in den großen Permafrostgebieten im Norden Russlands, Kanadas und in Alaska durch die Erwärmung Bodenschichten aufgetaut, in denen riesige Mengen von C02 und Methan „gefangen“ sind. Wird all dies plötzlich freigesetzt, wird sich die globale Erwärmung sprungartig verschärfen.

Kraftwerk

Das wäre die unaufhaltsame Klimakatastrophe, die das Überleben der Menschheit, wie wir sie kennen, unmöglich machen würde. Da wäre nicht nur der Anstieg des Meeresspiegels, der die Umsiedlung von Hunderten von Millionen Menschen notwendig machen würde, es würden auch durch den extremen Anstieg von Dürren, Überschwemmungen und riesigen Hurricane-, Orkan- und andere Unwetter-Katastrophen mehr und mehr die Trinkwasserversorgung der Menschheit in Frage gestellt und die Bedingungen für das Pflanzenwachstum verschlechtert bis hin zu massiven Verwüstungen vieler Landstriche, wobei die Verringerung der Pflanzen die katastrophale Entwicklung immer weiter beschleunigt.

Schmelzendes Eis

Riesige Flüchtlingsströme von Hunderten von Millionen von Menschen würden um den Erdball ziehen hinter den letzten Pflanzen und den letzten Trinkwasservorkommen her.

Globale Erwärmung

Solarzellen formen aus Sonnenenergie, die in Form elektromagnetischer Wellen auf der Erde ankommt, direkt Elektrizität, mit einem hohen Wirkungsgrad, wie sie keine andere Gewinnung von Elektrizität aufweisen kann. Dazu kommt, die Solarzellen werden momentan in phantastischem Tempo ständig weiterentwickelt. Dadurch wird ihre Effektivität und preiswerte Herstellbarkeit ständig weiter verbessert. Dass ihr Strom im Moment noch teurer ist als Strom aus fossilen Quellen, liegt nur daran, dass sie bisher noch nicht in wirklich hohen Stückzahlen hergestellt wurden.

Was notwendig ist, um den ganzen Energiebedarf der Menschheit in jeder absehbaren Zukunft vollständig und mit ausreichenden Puffermengen zu sichern, ist lediglich ein Netz großer Solarkraftwerke in den grossen Wüsten der Erde, wo bekanntermassen die Sonne tagsüber praktisch immer scheint und auch grosse Teile des Tages aus einem sehr steilen Winkel einfällt, so dass höchste Effektivität gewährleistet ist.

Ergänzend dazu kann auf Windenergie, Biomasse-Kraftwerke, regionale Solarenergie und Geothermie (Erdwärme-Nutzung) zurückgegriffen werden. Die Solarenergie soll dabei 60 bis 80% der benötigten Energie bereitstellen.

Synthesis Hochspannungsleitungen-Verbund

Eine Gruppe deutscher Techniker und Wissenschaftler hat bereits einen entsprechenden Plan aufgestellt unter dem Namen „Synthesis“. Hinter diesem Namen steht der Plan für ein weltweites Netz von "solarthermischen Kraftwerken", entwickelt durch Wissenschaftler des Hamburger Klimaschutz-Fonds. Mit deren Verwirklichung kann nach Berechnungen der Wissenschaftler F. Trieb, B. Milow, J. Nitsch und G. Knies die CO2-Emission drastisch heruntergefahren und die Klimakatastrophe verhindert werden.

Energieverbrauch Deutscland
Diese Planungsgrundlage von zwei deutschen Bundesministerien sieht überhaupt keine Verringerung von fossilen Energieträgern bis 2030 vor!

Es geht darum, in wichtigen Wüsten der Welt Solarpanels in grossem Umfang (einige hundert Quadratkilometer) aufzustellen und sie durch Gleichstrom-Überlandleitungen zu verbinden und so ein weltweites Netz zu erstellen, das rund um die Uhr für etwa 90% der Weltbevölkerung einen wesentlichen Teil der Energieversorgung sicherstellen kann. Man kann solche Verbund-Solar-Systeme dann auch mit Speicherkraftwerken verbinden, in denen Energie für Spitzen –Verbrauchszeiten gespeichert wird, z.B. durch das Hochpumpen von Wasser in Stauseen zu Niedrig-Verbrauchszeiten, um dann zu Spitzenzeiten das Wasser über Turbinen zusätzlichen Strom erzeugen zu lassen.

Wie aus der Graphik hervorgeht, hätte man für Südamerika die Atakama-Wüste in Chile vorgesehen, für Nordamerika u.a. die Nevada-Wüste in den USA, für Afrika und Europa u.a. das Landesinnere von Spanien und die Sahara, für Asien u.a. die Gobi-Wüste in China und die saudi-arabische Wüste und für Australien die grosse Wüste im Landesinneren. Mit Gleichstrom-Überlandleitungen kann man heute ohne zu hohe Leitungsverluste Strom über bis zu 5000 km befördern, wodurch das Verbundnetz dieser Wüsten-Stationen stabil einzustellen wäre. Von diesem Verbundnetz würden dann die Leitungen in die Verbrauchszentren abgezweigt.

Die Investitionen, die für ein solches weltweites System von Solarenergie benötigt würden, sind nicht viel höher als die Mittel, die von den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten zum Überfall auf den Irak und Afghanistan und deren Besetzungen bis jetzt schon ausgegeben wurden. Damit würde 60% der weltweit benötigten Energie erzeugt und es würden 90% der Weltbevölkerung erreicht. Der Rest von benötigten Energien würde dann über Erdwärme, Windkraft, Biomasse, örtliche Solaranlagen und andere erneuerbare Enrergiequellen bereitgestellt. Nur für eine Übergangszeit würden noch fossile Energieträger verwendet.

All dies könnte bereits verwirklicht sein und die gesamten Probleme der Energieversorgung der Menschheit für Strom, Heizung und Transport wären gelöst. Aber auch jetzt noch ist eine Umsetzung in 20 bis 30 Jahren technisch absolut realistisch. Damit wäre nicht nur die Klimakatastrophe abgewehrt, sondern auch das zu Ende gehende Erdöl für die kommenden Generationen aufgespart, das für die kostengünstige Herstellung von Kunststoffen, Arzneimitteln und vielen anderen Chemie-Produkten gebraucht wird.

Warum wurde ein entsprechender Plan noch nicht angegangen, obwohl andauernd internationale Konferenzen über die globale Erwärmung durch den CO2-Ausstoss stattfinden, zuletzt wieder unter extrem luxeriösen Bedingungen in einem Resort auf Bali in Indonesien?

Der Kapitalismus lässt es nicht zu, denn er kümmert sich nicht um die Bedürfnisse der Menschen, sondern nur um die maximalen Profite der Grosskonzerne, in diesem Fall jener, die den Energiemarkt beherrschen. Diese würden dann nämlich ihre profitträchtigen milliardenschweren Investitionen in Kernkraftwerken, Kohlekraftwerken, Müllverbrennungsanlagen, Erdölbohrstationen und –plattformen, Raffinerien und Tankerflotten in den Wind schreiben müssen und auf lukrative Aufträge für die Bau- und Versicherungskonzerne als Folge von z.B. Orkanen und Überschwemmungen verzichten müssen. Daher zeigen die Übermonopole am weltweiten Einsatz dieser revolutionären Technik wenig Interesse. Die Kosten für diese Katastrophen werden ja ohnehin auf die Bevölkerung abgewälzt.

Es gibt keine „Selbstheilungskräfte des Kapitalismus“.

Nur eine entschlossene internationale kämpferische Umweltbewegung ohne faule Kompromisse kann die Politiker zwingen, endlich solche Pläne in Angriff zu nehmen, bevor es zu spät ist.


Veröffentlicht am 9. Januar 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Hier geht es zu Teil 2, zu Teil 3, zu Teil 4 und zu Teil 5 des Dossiers 'Totale Kreislaufwirtschaft'.

Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur beginnenden Klimakatastrophe und was man dagegen tun kann:


- Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 1 – Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 2 – Was spricht gegen Bio-Kraftstoffe?

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 3 – Der 'Rush' gewinnt an Tempo

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4 - Endlich auch Bio-Alkohol in der Bundesrepublik

- Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Das Klima kann nicht warten – Offener Brief an „Rettet den Regenwald“

- Wie die Industrie der „Global Warming Sceptics“ funktioniert

- Kofi Annan: Keine Gegenargumente mehr

- Brasilien plant völlige Umstellung auf Biodiesel

- Lulas Brasilien, Teil 4 – Abholzen und Abbrennen

- Klimakatastrophe: IPCC-Report klammert entscheidende Frage aus

- Stärkster Hurricane aller Zeiten

- Wie wird der Verkehr der Zukunft angetrieben

- Naive Umweltschützer geben Massenmedien Stichworte

- Briefwechsel mit „Rettet den Regenwald“

- Ein deutscher ‚Global Warming Sceptic’

- Klimahetzer? – Klimaketzer? Eine Auseinandersetzung um die beginnende Klimakatstrophe

- Strom- und Benzinpreise steigen ohne Halt

Sonntag, 6. Januar 2008

Halihalo, wir jagen – wir jagen sie um die Welt – wie es uns gefällt!

Der Wahlkampf ist eröffnet

Von Karl Weiss

Zwei Vorfälle von Auseinandersetzungen in München und Gelsenkirchen wurden in den letzten Tagen des Jahres von der Boulevardpresse und dann auch von der gesamten Massenmedien hochgejubelt, um darauf ein Süppchen von Volksverhetzung und Ausländerfeindlichkeit zu kochen. Speziell Politiker der CDU/CSU meldeten sich zu Wort und sparten nicht mit eindeutigen Worten. Die Reaktion der „Pawlowschen Hunde“ - automatisch und gewissermassen, ohne es zu wollen – funktioniert weiterhin: Die Umfrageergebnisse vor den Wahlen sind nicht gut, da lassen wir die Sau mit den Ausländern raus!

Die Tatsachen über die beiden Vorfälle sind dabei höchst zweideutig. Der Vorfall in einer Münchener U-Bahn-Station wurde von fast der ganzen Medien einhellig in etwa folgendermaßen dargstellt: Ein Münchner Rentner hätte zwei junge Leute in der U-Bahn in freundlichem Ton und ohne jede Aggressivität aufgefordert, das Rauchen einzustellen, da dies dort verboten ist. Als er ausstieg, seien die beiden, ein junger Grieche und ein junger Türke, ihm hinterhergelaufen und hätten ihn brutal zusammengeschlagen. Er habe „mehrere Schädelbrüche erlitten“. Nun, ein über 70-jähriger mit mehreren Schädelbrüchen, d.h. sie haben ihn totgeschlagen. Ein einfacher Schädelbruch ist in diesem Alter schon regelmässig das Todesurteil.

Tatsächlich sah dies nach einem schweren Verbrechen aus. Da machte es dann auch keinen Unterschied, als man einige Zeit später hörte, einige der Zeugen hätten von Schimpftiraden des Rentners mit ausländerfeindlichem Inhalt gegen die beiden Migrantenkinder berichtet und nicht von einer freundlichen Aufforderung, das Rauchen einzustellen.

Auf keinen Fall darf man aus solchen Gründen einen Rentner totschlagen!

Dann kam allerdings zwei Tage später die Nachricht, der Rentner sei aus dem Krankenhaus entlassen worden. Die gleichen bürgerlichen Massenmedien, die eben noch von mehreren Schädelbrüchen gesprochen hatten, berichteten nun plötzlich vom springlebendigen Rentner außerhalb des Krankenhauses ohne jegliche Dauerfolgen. Haben Sie von irgendwelchen Entschuldigungen dieser Medien bezüglich ihrer Falschmeldungen gehört?

Deutsche Massenmedien sind immer unfehlbar. Berichten sie einmal falsch, sind sie unschuldig daran – wie auch immer. Die Pflicht, selbst zu recherchieren und nicht nur die Aussagen wiederzugeben, ohne ausdrücklich zu erwähnen, dass diese Meldungen persönliche Angaben von Betroffenen und nicht bestätigt sind, all dies Handwerkszeug des verantwortungsbewußten Journalisten existiert nicht mehr, wenn es gilt, an die niedrigsten Instinkte im Menschen zu appellieren.

Die beiden Jugendlichen wurden ausfindig gemacht und sind bereits in Haft. Sie haben eine kriminelle Vorgeschichte, also auch nichts Ungewöhnliches. Jugendliche Delinquenten sind ja nun nicht gerade extrem selten in Deutschland. Nimmt man den Anteil von Ausländern unter den Jugendlichen ohne Ausbildung und mit abgebrochener Schulbildung, ist sie bei den Delinquenten proportional im Vergleich mit den Deutschen.

Ähnlich ist es mit dem zweiten Zwischenfall in Gelsenkirchen. Auch dort wird uns zuerst die Geschichte aufgetischt, junge Ausländer hätte einen älteren Deutschen mit Rufen „Scheiß-Deutscher“ zusammengeschlagen, ihn mit einen Messerstich verletzt und schließlich noch beraubt. Bereits nach kurzer Zeit stand allerdings fest: Es handelte sich um die Behauptungen des Betroffenen. In Wirklichkeit gab es eine handfeste Auseinandersetzung zwischen zwei Deutschen, von denen einer ausländische Vorfahren hatte. Zeugen haben nichts von „Scheiß-Deutscher“ gehört und den Raub nicht bestätigt. Wie der Betroffene zu einer Schnittverletzung kam, ist ungeklärt. Die beiden Versionen kam man hier vergleichen: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26961/1.html.

In Wirklichkeit also nichts weiter als alltägliche Streitereien, die zu handfesten Auseinandersetzungen ausarten. Die Frage von „Ausländern“ ist nicht oder bestenfalls im umgekehrten Sinne betroffen, wenn nämlich der Rentner einer jener Unbelehrbaren sein sollte.

In den darauffolgenden Tagen gab es erneut Auseinandersetzungen in der Münchner U-Bahn, die ebenfalls verletzte ältere Menschen in Auseinandersetzungen mit Jugendlichen beinhalteten, nur waren es keine ausländischen Jugendlichen! So wird klar, es gibt tatsächlich Probleme des Zusammenlebens mit Rücksichtnahme auf die anderen (kein Wunder, in einer Gesellschaft, die das rücksichtslose Bereichern als höchsten Wert hat), nur hat dies absolut nichts mit Ausländern zu tun!

Dies alles hätten sowohl Koch aus Hessen wie auch Beckstein aus Bayern, aber auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Kauder und der unvermeidliche Pofalla leicht in Erfahrung bringen können, wenn ihnen daran gelegen gewesen wäre.

Aber darum ging ja nicht. Es ging darum, die niedrigsten Instinkte so mancher Deutscher an die Oberfläche zu bringen und darauf Wahlkampf zu betreiben.

So reagierten sie auf die Gefahr, bei den Landtagswahlen zu verlieren, wie die Pawlowschen Hunde mit ausländerfeindlicher Hetze. Koch ging sogar so weit zu sagen, es gebe zu viele kriminelle ausländische Jugendliche in Deutschland. Womit er das belegen will, sagte er nicht, aber Politiker brauchen ja nie etwas zu belegen, nur Wahlen zu gewinnen.

Schließlich war Koch mit einer Kampagne für Unterschriften gegen den „Doppelpass“ Ministerpräsident in Hessen geworden. Damals hatten die rot-grüne Regierung eine Bestimmung einführen wollen, wie sie alle zivilisierten Länder der Welt haben, nämlich die Hinnahme von zwei Staatsbürgerschaften in bestimmten Fällen, wenn man dies auch offiziell nirgendwo speziell gut heißt.

Koch brauchte damals ein zündendes Wahlkampfthema und er fand es: An die niedrigen Instinkte bei manchen in Deutschland bezüglich Ausländern appellieren! Er begann eine Unterschriftensammlung gegen den „Doppelpass“ und gewann die Wahlen. Die Regierung gab klein bei und einigte sich auf einen international nie vorher gesehene Regelung, die es Ausländern nicht erlaubt, sich in Deutschland einzubürgern, auch wenn sie alle Voraussetzungen erfüllt haben, außer sie geben ihre frühere Staatsbürgerschaft auf.

Dies betraf vor allem die große Anzahl von in Deutschland geborenen Nachkommen von Türken, die nach internationalem Recht einen Anspruch auf Einbürgerung haben. Die Türkei hat nämlich aus Gründen des dortigen Nationalismus (auch dort das Appellieren an die niedrigsten Instinkte!) jedem, der seine türkische Staatsbürgerschaft aufgibt, den Verlust wichtiger Rechte auferlegt, zum Beispiel das Recht, von seinen türkischen Großeltern oder Eltern zu erben.

So sitzen die jungen Nachkommen von Türken in Deutschland in der Falle. In die Türkei können sie nicht – sie sprechen meistens nicht einmal akzentfrei türkisch, würden dort nur als Ausländer behandelt – so wie die Kurden zum Beispiel. In Deutschland werden sie aber auch nicht akzeptiert, sondern als Ausländer behandelt und von Leuten wie Koch mit dem „Kriminellen“-Stempel versehen. Selbst wenn sie nichts zu erben haben in der Türkei, werden sie sich drei Mal überlegen, ob sie die alleinige Staatsbürgerschaft eines Landes annehmen, in dem Leute wie Koch und Beckstein ungestraft hetzen dürfen. Diesen Jugendlichen ohne Ausweg dichtet Kauder dann noch ein „Hohngelächter“ an. Das kam doch wohl von seinen Parteifreunden und der Hohn war über die Wähler, die sich so leicht fangen ließen, oder?

Aber die türkisch-deutschen Jugendlichen sind den Kochs, Pofallas, Becksteins und Kauders natürlich auch völlig egal. Sie wollen die Wahlen gewinnen - und warum soll nicht erneut klappen, was schon einmal funktioniert hat. Dreckige braun-schwarze Süppchen, auf Höllenfeuer gekocht.

Besonders unglaublich wird das Ganze, wenn Koch dann noch die christlich-abendländische Kultur ins Spiel bringt, die in Deutschland zu befolgen sei. Dazu bemerkte Florian Rötzer in seinem Artikel in 'telepolis' (hier: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26961/1.html ) zu Recht, dass diese Kultur nach Koch wohl noch nicht die Werte der Aufklärung und des Humanismus erreicht hat.

Diese würden vielmehr eher einen wichtigen Politiker, der Ressentiments gegen Ausländer schürt, zum Insassen der „Erziehungs-Camps“ machen, die von der CDU/CSU bereits gefordert werden. Ob dann wohl „Arbeit macht frei“ über dem Tor zum Camp stehen wird?

Nein, die Entfernung zu Faschisten gibt es noch, aber sie ist gering. Schon hat die NPD in München zu einem ‚Marsch gegen Inländerfeindlichkeit’ aufgerufen, mit den gleichen Losungen wie Koch! Noch jemand, der sein braunes Süppchen kochen will.

Woher sollen eigentlich unsere jungen Leute ohne Ausbildungsplatz Respekt vor den Älteren lernen? Von den großen Vorbildern, den Super-Managern der Großkonzerne, die soeben die letzten paar über 50 aus ihren Konzernen hinausgesäubert haben, weil sie, wie Parteifreund Oettinger bemerkte, „Minderleister“ seien? Hunderttausende von Älteren an Hartz IV übergeben, in Armut, vielleicht Depression und Einsamkeit entlassen, und ihnen dann eventuell noch eingeredet, es seien die Ausländer gewesen, die ihnen den Arbeitsplatz weggenommen hätten.

Hat irgendjemand gehört, diese Konzernmanager, Freunde von Pofalla, Koch, Kauder und Beckstein – oder jedenfalls Freunde ihrer Politik -, seien in Untersuchungshaft für diese Taten, nur um ihren Konzernprofit noch ein wenig mehr zu erhöhen? Was wäre nach Ihrer Meinung, lieber Leser, verurteilenswerter, einen einzelnen Rentner krankenhausreif schlagen oder die hunderttausendfachen Taten der Konzernmanager?

Sie haben Recht, das darf man nicht gegeneinander ausspielen. Beides ist verabscheuenswert.

Welche Werte werden unseren jungen Leuten vermittelt, wenn ein Politiker in Frankreich erklärt, das „Gesindel“ in Pariser Vorstädten müsse mit dem Hochdruckreiniger hinweggereinigt werden und kurz danach zum Präsident gewählt wird, statt wegen Volksverhetzung in Haft zu sitzen? Was wird man denn mit dem „Gesindel“ machen, wenn man es es weggereinigt hat? Weit, weit nach Süden schwappen lassen und dann um die ganze Welt jagen?

„Halihalo, wir jagen, wir jagen sie um die Welt – wie es uns gefällt!“

Auch für Kauder, Beckstein, Pofalla oder Koch gibt es keine Gefängniszelle. Aber vielleicht wird ihre Rechnung diesmal nicht aufgehen, denn die Gesellschaft in Deutschland ist in einer deutlichen Bewegung nach links und die Zahl der Wähler, die mit diesen ach wie so christlichen Hetzereien der christlichen Politiker eingefangen werden können, wird immer kleiner.


Veröffentlicht am 5. Januar 2008 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel


Reaktion auf diesen Artikel in einem vielgelesenen Blog

http://annewill.blog.ndr.de/2008/01/05/gibt-es-diese-woche-keinen-blog


"A. Clark
6. Januar 2008 22:48 Uhr

Salü liebe Redaktion und Forum!
Vorweg: Ich bin absolut gegen Gewalt!
Jedoch ist mir erneut aufgefallen, dass auch in diesem Fall nicht nur von versch. Parteien der Vorfall auf das Übelste als Wahlkampfthema genutzt wird, sondern auch von fast allen Medien eine einseitige Berichterstattung erfolgt ist. Man spricht und schreibt, der Mann in der Münchener U-Bahn wurde fast totgeschlagen. Er habe mehrere Schädelbrüche erlitten. Wenn dem so ist, ist das schrecklich, HORROR und einfach ohne Worte.
Meine eigenen Recherchen ergeben jedoch ein anderes Bild.
Nur ein Beispiel hier: http://karlweiss.twoday.net/stories/4587468/
Von dem wirklichen Ausmaß dieser Gewalttat mal abgesehen.
M.E. helfen keine Lager und auch keine verschärften Strafen. Dies hat auch der deutsche Richterbund in der vergangenen Woche mitgeteilt. Geltendes Recht muss konsequenter angewendet werden.


Antwort:

Karl Klasen
6. Januar 2008 23:12 Uhr

A. Clark
Sie zitieren hier einen Link zu einem üblen Blog, einem der zahlreichen, in denen die Verbrechen der Al Kaida den Amerikanern in die Schuhe geschoben werden soll. Wahrscheinlich wird dier Blog in deren Auftrag betrieben. Sie sollten nicht auf alles reinfallen, was sie in irgenwelchen Blogs lesen. Nicht erst seit heute wissen die Islamisten das Internet für ihre Zwecke, und Falschbehauptungen und Verschwörungstheorien gehört in großem Maße dazu, perfekt nutzen.

Auch er erhält eine Antwort:

A. Clark
6. Januar 2008 23:57 Uhr

@Karl Klasen
Vielen Dank für den Hinweis.
Ich habe das Blog heute erst entdeckt. Ich bin immer sehr kritisch, was Blogs aber auch die Berichterstattung der sogenannten Massenmedien betrifft. Die anderen Nachrichten in diesem besagten Blog haben jedoch nachweislich einen hohen Wahrheitsgehalt (z.B. Operation Ore). Ich werde mit Absicht keine weiteren Links aus diesem Blog hier posten, da ich diese Thematik erst weiter gegenrecherchieren möchte. "

Kommentar von Karl Weiss:

Nun lieber Leser, nun wissen Sie, Sie sind hier auf einem üblen Blog, der (wahrscheinlich) im Auftrag von Al Kaida betrieben wird. Aber wie sagt der Mann, der bei Anderen "Falschbehauptungen" sieht, so richtig: "Sie sollten nicht auf alles reinfallen...". Hätte der "Karl Klasen" einmal die Artikel über Al Quaida in diesem Blog gelesen, so wüsste er, wie negativ ich über diese Leute spreche, ich bringe sie sogar unmittelbar mit dem Massenmörder Bush in Zusammenhang, zum Beispiel hier: http://karlweiss.twoday.net/stories/4569737/ . Aber warum sollte man sich zuerst informieren und dann erst posten? Immer frech darauf los behauptet! So machen wir das Internet zu einem wahren Hort der Weisheit!

Donnerstag, 3. Januar 2008

Neues Jahr - schon gehts bergab

Erdöl über 100 Dollar

Preis pro Barrel Rohöl weiter gestiegen / Goldpreis über dem Höchststand von 1980

Von Karl Weiss

Am ersten Werktag des neuen Jahres geschah genau das Gegenteil von dem, was die Wirtschaftswissenschaftler fürs neue Jahr vorausgesagt hatten: Das Rohöl stieg in New York über 100 Dollar pro Barrel, Gold überstieg sein bisheriges Allzeithoch von 1980 und erreichte einen neuen absoluten Rekordpreis von 855 Dollar pro Feinunze.

Erdöl 1

Der Dax sank daraufhin um etwa 1,5%. Dow Jones und Nasdaq fielen um fast 2 %. Der Euro stieg gegenüber dem Dollar wieder auf seinen vorherigen Höchststand von über 1,47 und die 1,50 werden wohl nicht lange auf sich warten lassen. Diesmal wurde sogar das Pfund mit betroffen. Der Euro stieg um 1 % gegen die britische Währung.

Allein in 2007 war der Rohölpreis an der Commodiyty-Börse um 57% gestiegen. Das sei nur Spekulation, nur zeitweise, wurde uns versucht einzureden. Alle Voraussagen, es werde keine Wirtschaftskrise (sie nennen das Rezession) geben, es habe sich nur um kurze „Störungen“ gehandelt, jetzt gehe es weiter aufwärts, wenn auch nicht so steil, sind bereits am ersten Tag des Vorhersagezeitraums den Bach hinuntergegangen. In Brasilien hat der Berichterstatter heute zum ersten Mal von einem Ratgeber am landesweiten Rundfunk CBN den Rat gehört, jetzt auf keinen Fall Aktien zu kaufen, wenn man nicht sehr langfristig anlegen wolle.

Wenn dies nun schon den kleinen „Ratgebern“ deutlich wird, dann kann man sich vorstellen, was da auf die Aktienbesitzer zukommt. Der Berichterstatter hatte schon vor geraumer Zeit davor gewarnt, sein bitter Zusammengespartes in Aktien anzulegen (siehe hier: http://karlweiss.twoday.net/stories/2878260/)

Das Gold war am ersten Werktag des neuen Jahres sogar zeitweise auf eine kaum glaubliche Höchstmarke von fast 860 Dollar pro Feinzunze gestiegen, verlor dann im Verlauf aber wieder etwas.

Damit ist deutlich: Die Wirtschaftskrise hat praktisch schon begonnen, wenn auch das offizielle Ausrufen erst stattfinden wird, wenn die wichtigsten OECD-Länder zwei Quartale nacheinander Negativwachstum im Nationaleinkommen verbucht haben werden.

Was die neuen Erdölpreisrekorde für die Benzin- und Dieselpreise in Deutschland bedeuten, kann man bereits ahnen. Wer jetzt noch Heizöl nachkaufen muß, wird ebenfalls betroffen sein. Zwar haben die Raffinerien lange Lieferabkommen zu Festpreisen, aber das hat die Ölkonzerne noch nie davon abgehalten, im Gleichklang mit den New Yorker „Light Sweet Crude“-Erhöhungen die Preistafeln auszutauschen.

Jetzt rächt sich bitter die Politik der Bundesregierung, an Benzin und Diesel festzuhalten und keinen Alkohol zuzukaufen, der ohne Schwierigkeiten bis zu 25% dem Benzin beigemischt werden kann und gleichzeitig der Industrie für Bio-Diesel den Garaus zu machen, indem die Steuervorteile gestrichen wurden.

Wer in Bali seine Vertreter den Mund aufreissen läßt und dann genau das Gegenteil tut und Kohlekraftwerke am Fließband baut, wird unglaubwürdig.

Die Voraussagen mit 2% Wachstum 2008 sind jetzt schon Schall und Rauch. Auch wenn man weiterhin Gruppen von Arbeitslosen aus den offiziellen Zahlen herausnimmt, die wirklichen Arbeitslosenzahlen (die überhaupt nicht gesunken sind) werden nun deutlich ansteigen. Man achte einfach auf die Zahl jener, die in Hartz IV sitzen.

Dabei hat gleichzeitig die Inflation (selbst in der „geschönten“ offiziellen Version) ein neues Rekordhoch erreicht. In den Betrieben wird bereits über Teuerungs-Nachschlag diskutiert.

Könnte ein kämpferische 2008 werden, oder?


Veröffentlicht am 3. Januar 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Mittwoch, 2. Januar 2008

Der schlaueste Spruch des Jahres 2007

Sinn und Unsinn

Von Karl Weiss

Unter dem Titel „Der dümmste Spruch des Jahres“ hat die „Süddeutsche“ zum Jahresabschluss dem notorisch bekannten Professor Sinn Raum gegeben, einen Artikel zu schreiben, der erfrischend offen - wenn auch in anderen Worten - sagt, was die „Süddeutsche“ sonst zu verstecken vorzieht: „Wir, die Mächtigen im Lande, werden nicht ein bisschen zurückgehen hinter das, was bereits dem Volk auferlegt wurde, im Gegenteil, wir werden noch verschärfen. Wer leben wird, wird es sehen!“

Auf die Forderung nach einem Mindestlohn antwortet er klar: „ ... das verwechselt Wunsch und Wirklichkeit.“ Er macht deutlich: Es wird keinen Mindestlohn geben und wenn doch, dann werden wir massiv entlassen. „Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt!"

Jeder müsse von seiner Hände Arbeit leben könne, so schreibt er, sei der „dümmste Spruch des Jahres“. Ja, das muss man sich ganz langsam auf der Zunge zergehen lassen: Er verdonnert ganz offen und ohne das geringste Zögern eine große Zahl von Menschen dazu, nicht leben zu können!

Wir müssen ihm dankbar sein. Er ist immerhin einer, der offen sagt, was man mit uns vorhat.

Während die anderen wie ein Kaninchen vor der Schlange vor dem Linkstrend in der Bevölkerung (Sinn nennt das den Zeitgeist) zittern und versuchen, mit wohlfeilen Sprüchen irgendetwas daran zu ändern, sagt Sinn, was Sache ist. Es sei ihm zugestanden: Er ist ein mutiger Mann. Er fürchtet nicht, in nicht allzu ferner Zukunft einer der ersten zu sein, die in jene Erziehungs-Camps eingeliefert werden, welche die CDU/CSU gerade für kriminelle Jugendliche vorgeschlagen hat und zweifellos bald einrichten wird.

Kurz: Was er da schreibt, ist schlicht und einfach der schlaueste Spruch des (eben vergangenen) Jahres.

Er schreibt, „wir“ stehen im internationalen Niedriglohnwettbewerb. Mit anderen Worten, die Löhne müssen auf die international niedrigsten abgesenkt werden, sonst werden noch viel mehr arbeitslos. In China ist man im Moment bei 13 Dollar im Monat, also etwa 9 Euro – nicht in der Stunde, nein, im Monat. Aber es lässt sich sicher noch ein Land mit noch geringeren Löhnen finden. In solchen Dingen ist Sinn Meister!

Ohne es vielleicht zu wollen, sagt er uns klar: „Wir, die Mächtigen im Lande, scheren uns einen feuchen Kehricht, ob ihr mit euerer Hände Arbeit genug verdient, um leben zu können. Wir leben prachtvoll, wenn ihr nicht leben könnt, ist das eure Sache.“

Ja, er hat recht: Es ist unsere Sache. Wir müssen mit dieser Kaste von Managern, Kapitaleignern und deren Protagonisten fertig werden, sie in die Erziehungs-Camps stecken, die bis dahin schon aufgebaut sein werden und müssen den Staat in die eigenen Hände nehmen. Dann wird die erste Frage immer sein: Kann man von diesem Lohn leben? Selbst den ehemals Mächtigen in den Erziehungs-Camps werden wir dann einen kleinen Lohn zahlen, von dem sie leben können, denn wir brauchen dann nicht mehr nachtragend zu sein.

Danke, Herr Sinn, für die Lehre! Wir werden sie so schnell wie möglich befolgen!


Veröffentlicht am 2. Januar 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Dienstag, 1. Januar 2008

Die höchste Gefährdung geht von Pakistan aus

Angesichts der Ermordung von Benazir Bhutto, angesichts der Verschiebung der Wahlen und der Unruhen in Pakistan wird dieser Artikel vom Vorjahr wieder in unglaublicher Weise aktuell.

Pakistan ist Hort und Ausgangspunkt des militanten Islamismus

Von Karl Weiss

Während sich die westliche Welt, sprich: die US-Regierung und ihre Schoßhündchen, lauthals um den Iran sorgen, bleiben einfache Wahrheiten völlig unbeachtet: Pakistan, das zweitgrößte islamische Land nach Indonesien mit der wahrscheinlich höchsten Anzahl an militanten Islamisten und Terror-Ausbildungs-Camps, wahrscheinlicher Aufenthaltsort von Osama bin Laden und der Mehrheit der Taliban, hat bereits die Atombombe und hat auch Raketen, die eine solche in entfernte Ziele tragen können.

In einem Interview, das er der „Folha de São Paulo" gab, hat der englische Journalist Robert Fisk, der im Libanon lebt und als der best informierte westliche Journalist des Nahen Ostens gilt, darauf aufmerksam gemacht, daß im Moment die bei weitem größte terroristische und allgemeine Gefahr für den Westen von Pakistan ausgeht.

Fragt man, warum sich niemand um Pakistan sorgt, so bekommt man stereotyp die Antwort: Weil Pakistan ein US-freundliches Regime hat. Nun, was ist US-freundlich in Pakistan? Man gestattet den US-Truppen Stützpunkte, Benutzung von Flughäfen und Überflugrechte, man läßt die CIA im Land toben, man gestattet US-Firmen, pakistanische arme Menschen auszubeuten.

Doch was ist US-freundlich daran, die Taliban zu beherbergen? Was daran, Osama bin Laden Unterschlupf zu gewähren (falls es den noch gibt)? Oder daran, die Scharia in weiten Teilen des Landes anzuwenden? Man gibt keine Erklärungen gegen Israel ab, stellt aber in ganz anderer Weise eine unmittbare und akute Gefahr für dies Land dar als die eventuellen Ambitionen Irans, die noch viele Jahre keine Chance auf Verwirklichung haben - wenn sie denn bestehen.

In keinem anderen Land der Welt werden soviel potentielle Terroristen ausgebildet wie in Pakistan (abgesehen vom Irak, aber das haben sich die US-Politiker selbst zuzuschreiben). In keinem anderen Land gibt es so viele Zwangsheiraten, so viele abgehackte Hände, gesteinigte und ausgepeitschte Frauen, öffentlich Gehenkte wegen Übertretung islamischer Gesetze usw. Nirgends werden die Rechte der Frauen so mit Füßen getreten. Wenn irgendwo die Horrorgemälde über Islamismus Wirklichkeit sind, dann in Pakistan.

Die jetztige Regierung Pakistans ist US-freundlich. Ja und? War nicht auch Saddam Hussein ein hochgerüsteter Verbündeter der USA, der sogar im Auftrag der US-Regierung den Iran überfiel? War Osama bin Laden nicht CIA-Agent? Wurden die Taliban nicht mit US-Hilfe so groß wie sie jetzt sind, weil man sie damals gegen die Sowjetunion in Afghanistan hochpäppelte? Eine Regierung kann rasch ihre Politik wechseln oder kann abgelöst werden. Die Atombomben und Trägerraketen aber bleiben.

Alles, was man im Iran gefunden hat, das Verdacht bezüglich möglicher Ambitionen auf Atombomben weckte, stammte aus Pakistan. Man hatte Gerätschaften in iranischen Atomanlagen gefunden, an denen winzige Spuren hochangereicherten Urans nachzuweisen waren. Das war die einzige reale Grundlage all dieser Spekulationen. Es hat sich aber längst herausgestellt, daß es sich um Gerätschaften handelte, die von Pakistan geliefert worden waren und deshalb schon mit hochangereichertem Uran in Kontakt gekommen waren.

Aber über Pakistan ist die US-Regierung nicht besorgt. Man mag den jetzigen dortigen Diktator mit viel Korruption und wohl auch dem Wissen über dessen 'Leichen im Keller' im Zaum halten - aber das galt auch für Saddam Hussein (dem man mit diesen ‚Leichen im Keller’ den Schauprozess gemacht und ihn hat aufhängen lassen).

Wenn der offizielle Untersuchungsbericht über die Anschläge vom Juli letzten Jahres in London stimmt, dann waren zwei der „britischen Jungs", die das angeblich als Selbstmordattentäter begangen haben sollen, auf Ausbildung ..... Wo? Im Irak? In Afghanistan? Nein, in Pakistan!

Und da schloß Präsident Bush auch noch mit dem alten Erzfeind Pakistans, mit Indien, einen riesigen Atomdeal ab! Was sollte Pakistan dazu sagen? Danke, Bush? Was, wenn in Pakistan Kräfte an die Macht kommen, die sich von der US-Regierung verraten fühlen (und mit Grund)?

Laut der 'Washington Times' vom 13. Mai hat Pakistan begonnen, Material für den Aufbau einer Atomindustrie nach Syrien zu liefern. Dies bezieht sich auf einen bekannt gewordenen Bericht aus dem Jahre 2004. Aber alle reden nur vom Iran.

Warum spricht Israel soviel von einem Luftschlag auf die Atomanlagen Irans, aber nicht auf die Atomanlagen Pakistans? Man ist absolut nicht beunruhigt in Tel Aviv? Sollte man aber! Im Gegensatz zu den iranischen Ayatollahs, die Schiiten sind, handelt es sich in Pakistan im wesentlichen um Sunniten.

Läutet da keine Alarmglocke?

Osama Bin Laden

Wer sind die Träger des erbitterten Widerstands im Irak? Die Sunniten, nicht wahr? Und die Gruppe um Osama Bin Laden? Sunniten!

Oder kapieren wir normalen Menschen nur einfach nicht, daß es um das alles nicht geht, nicht um Islamismus, nicht um abgehackte Hände, nicht um eine ernsthafte Gefährdung Israels, nicht um Sunniten oder Schiiten, nicht um Frauenrechte und vor allem nicht um Terroristen (die sind willkommener Vorwand), sondern daß schlicht und einfach die Dominanz über den Nahen Osten und Mittleren Osten mit seinem Erdöl der Punkt ist, denn die kann man nicht von Pakistan aus haben.

Und noch ein kleines Detail: Während der Irak und der Iran zu den größten Erdölförder- und -exportländern gehören, hat Pakistan kein Öl.


Artikel der "Berliner Umschau" vom 18.5.06, hier aktualisiert und leicht redigiert.

Montag, 31. Dezember 2007

War das 'Wunder von Bern' ein Wunder?

... oder harte Arbeit?

Von Karl Weiss

Dies ist ein Artikel über Sepp Herberger und sein Team, das die Fussballweltmeisterschaft 1954 in Bern in der Schweiz gewann. Es beruht auf einem Interview und Gespräch von mehreren Stunden, das ein Bekannter von mir mit einem der Teilnehmer der damaligen deutschen Delegation in der Schweiz geführt hat, der nicht namentlich genannt werden will. Es stellt also die persönliche Sicht eines Menschen dar, nicht die ‚absolute Wahrheit’. Auf jeden Fall ist dies eine sehr interessante Sicht.

Das Ganze begann im Jahr vor der Weltmeisterschaft von 1954, im Wembley-Stadion von London, bei jenem Spiel zwischen England und Ungarn, in dem England zum ersten Mal zu Hause besiegt wurde.

Fußball war Englands’ Sport. Die Engländer, so wusste jeder, waren weit überlegen allen anderen Teams. Diese Überlegenheit war so fundamental und so weitgehend anerkannt, dass England vor 1950 gar nicht an Fussballweltmeisterschaften teilnahm. Die waren für alle – außer England.

England war bis dahin zu Hause unbesiegt, das schien dieses Urteil zu bestätigen. Nun aber wurde alles anders. Das Nationalteam Ungarns hatte die Engländer zu Hause besiegt! Es eilte von Sieg zu Sieg, war für Jahre ungeschlagen, ja nicht nur ungeschlagen, es gewann alle Spiele! Auch das Turnier der Olympischen Spiele von Helsinki 1952 hatte sie gewonnen. Jeder, der etwas von Fußball verstand, war fasziniert von diesem Team um den Spielmacher Puscas.

Die überfallartigen Angriffe dieser Mannschaft, basiert auf Schnelligkeit, auf Genauigkeit der Pässe und auf Positionswechseln der Angreifer, waren tödlich für praktisch jeden Gegner. Diese Nationalmannschaft von Ungarn brachte es fertig, in fast jedem Spiel gegen andere Nationalmannschaften innerhalb der ersten zehn Minuten mindestens zwei Tore vorzulegen!

Die wesentlichen Spieler dier Mannschaft waren technisch allen anderen Spielern auf den jeweiligen Positionen überlegen, das heißt, sie konnten sie ausspielen. Bei den Angriffen wurde nicht einfach, wie bis dahin im Fußball üblich, der Ball hoch nach vorne gedroschen und gehofft, einer der Stürmer könnte ihn kontrollieren und etwas damit anfangen. Erstmals in dieser mannschaftlichen und nicht individuellen Form sah man das Führen des Balles nach vorne, eng am Fuß, sah man Dribblings, mit denen Verteidiger ausgespielt wurden und sah man Körpertäuschungen in vollem Lauf mit dem Ball am Fuß, die fast jede gegnerische Abwehr wie Anfänger aussehen ließ.

Vor allem aber – und das traf nicht nur auf die ungarische, sondern auch auf die deutsche Mannschaft zu, wurde weit mehr als vorher als Mannschaft gespielt, nicht mehr im wesentlichen auf Einzelleistungen aufbauend.

Jeder wusste, wenn nicht ein Wunder geschieht, wird diese ungarische Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft von 1954 gewinnen! Nur einer sagte etwas anderes: Sepp Herberger, damals Trainer der deutschen Fussballnationalmannschaft, behauptete, man werde im Endspiel gegen diese Ungarn gewinnen. Er wurde belächelt.

Herberger tat etwas, was damals die Trainer noch nicht kannten: Er kaufte einen Film über ein Spiel der Ungarn, auf dem das ganze Spiel zu sehen war, und studierte die Mannschaft auf diesem Film. Heute ist es tägliche Routine, die Videos von Spielen der eigenen Mannschaft und des Gegners zu studieren – ja, es ist zum A und O der Trainer geworden.

Der Film, den Herberger studierte, war das sagenumwobene Spiel mit dem ungarischen Sieg in Wembley. Er studierte diesen Film über Monate. Danach sagte er: „Die Ungarn haben einen Schwachpunkt: Der rechte Verteidiger Buzánski. Er ist schwächer als viele andere auf dieser Position. Wenn wir gegen Ungarn gewinnen wollen, müssen wir über den linken Flügel angreifen.“

Er suchte und fand den idealen Linksaussen für diese Aufgabe: Schäfer von 1. FC Köln. Er ließ in allen Vorbereitungsspielen bevorzugt über den linken Flügel angreifen, um diese Art von Spiel ins Unterbewusstsein der Spieler eingehen zu lassen – auch dann, wenn dieses gegen den aktuellen Gegner nicht angebracht war. Schäfer war der beste Linksaussen, den Deutschland je gehabt hatte, schnell und ballgewandt Er fütterte die anderen Stürmer mit hohen und mittelhohen Flanken von links in den Strafraum.

Übrigens gibt es hier eine klare Parallele zum Endspiel der darauffolgenden WM zwischen Schweden und Brasilien: Als Brasilien 1:0 zurücklag, gab der Kapitän Didi die Parole aus, alles über Garrincha am rechten Flügel laufen zu lassen, dem genialen Dribbler. Man gewann 5:2. So sehr die ersten WM-Siege der Brasilianer mit dem Namen Pelé verbunden sind, in Wirklichkeit war es das Genie Garrinchas, das ausschlaggebend für die brasilianischen WM-Siege 1958 und 1962 war.

Seit diesem Zeitpunkt war Herberger besessen von dieser Auseinandersetzung. Er dachte kaum noch an etwas anderes. Die sehr gemischten Ergebnisse seiner Mannschaft vor der WM liessen ihn ungerührt. Er sah sich im Endspiel – und das gegen Ungarn!

Er benutzte seine ganze Zeit, um einen umfangreichen Plan auszuarbeiten, wie er die Spieler positionieren müsste, wie die Ungarn psychologisch zu überraschen seien und die eigene Mannscaft psychologisch aufgebaut werden könnte. Er nannte dies nicht Psychologie, er nannte dies Energie.

Er war sich darüber im Klaren: Die Ungar hatten „einen Lauf“ und er übersetzte dies völlig richtig: Ihre eigenen Erfolge gaben den Ungarn so viel Selbstvertrauen, dass sie in jedem Spiel über sich hinauswuchsen. Es war klar, es gab kein verfügbares Mittel, um dies Selbstvertrauen zu brechen. Er musste im Gegenteil genau dies ausnützen: Er musste dem ungarischen Team die Sicherheit geben, sie würden gewinnen. Er musste sie die deutsche Mannschaft unterschätzen lassen! Er tat Alles, um dies zu erreichen.

Eine Aussage von ihm hierzu ist in Kaiserslautern in Stein geschlagen am Denkmal der Lauterer Spieler, die Teil hatten an dem Triumph: „Die Außenseiterrolle ist der Schlüssel für die Schatzkammer unermesslicher Kräfte, die - geweckt und geschürt – Energien freisetzt, die helfen, Berge zu versetzen.“ Und das war, was Herberger in die Tat umsetzte: Er ließ Deutschland in eine fast hoffnungslose Außenseiterrolle rutschen und er weckte und schürte Energien bei seinen Spielern.

Wahrscheinlich hat er bei einer Reihe von Spielen vor der WM absichtlich eine schwächere Mannschaft aufgestellt, als er zur Verfügung hatte! So spielte man z.B. in den Qualifikationsspielen für die WM gegen Norwegen nur unentschieden, gegen ein Norwegen, das selbst gegen das Saarland verloren hatte. Das Saarland stand damals noch unter französischer Verwaltung und durfte als eigenes Land an der Weltmeisterschaft teilnehmen.

Erst unmittelbar vor der WM begann er mit dem Team zu spielen, das später die WM gewinnen würde: Es war auf fünf Spielern vom 1. FC Kaiserslautern basiert, die kurz vor der WM die deutsche Meisterschaft 53/54 gewonnen hatten: Der Verteidiger Kohlmeyer, der Mittelläufer Liebrich, der rechte Läufer Eckel sowie die beiden Brüder Walter, Fritz als Halblinks und Ottmar als Mittelstürmer. Dies waren nicht unbedingt alle die besten Spieler auf diesen Positionen, Kohlmeyer war deutlich umstritten, aber er brauchte ein eingespieltes Team, ohne zu diesem Zeitpunkt noch die Zeit für viele Vorbereitungsspiele zu haben. So nutzte er das „Gerüst“ des Kaiserslauterner Meisters, um seine moderne Vorstellung eines Mannschaftsspiels umzusetzen.

Zwar ist der minutiösen und vorher in dieser Form nie gesehnen Vorbereitungsarbeit Herbergers sicherlich ein wesentlicher Teil des Triumphes zuzuschreiben, aber es kamen ihm auch eine Anzahl von günstigen Umständen zu Hilfe:

Der erste davon war die Auslosung und der Modus der Gruppenspiele.

Wie vorher schon üblich, gab es in jeder Gruppe gesetzte Mannschaften (die als besser eingeschätzen) und nicht gesetzte (hinzugeloste). Es war in Herbergers Taktik wichtig, nicht zu den gesetzten Mannschaften zu gehören. Dann hatte man die Möglichkeit, mit einer spektakulären Niederlage gegen eine der gesetzten Mannschaften zum Aussenseiter zu werden. Und so geschah es. Deutschland wurde nicht gesetzt. Dafür war sicherlich die schwache Vorstellung in den Qualifikationsspielen mit verantwortlich, aber wohl vor allem Deutschlands Ansehen, nur neun Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges. Man wollte und musste jeden möglichen Eindruck vermeiden, Deutschland würde ein irgendeiner Weise bevorteilt.

Man konnte ja nicht wissen, nichts gesetzt zu sein war Teil des Herberger-Plans.

Der Modus der Gruppenspiele war nach heutigen Verhältnissen fremdartig. In jeder Gruppe waren vier Mannschaften, aber sie spielten nicht jeder gegen jeden, sondern nur die Gesetzten gegen die nicht Gesetzten. Auch das kam Herbergers Plan entgegen, denn nun brauchte seine Mannschaft nicht gegen den anderen nicht Gesetzten der Gruppe, Süd-Korea, zu spielen, was angesichts der damaligen Kräfteverhältnisse einen unerwünscht hohen deutschen Sieg ergeben hätte.

Vor der WM waren folgende Mannschaften als Favoriten gehandelt worden: Uruguay, der amtierende Weltmeister, nach Ansicht Vieler das zweitbeste Team der Weltmeisterschaft nach den Ungarn. Brasilien, der zweite der vorhergehenden WM, dessen wirkliche Stärke nie deutlich wurde, natürlich das ungarische Traum-Team, dazu der zweimalige Weltmeister Italien und auch noch das Fußball-Mutterland England. Doch auch Österreich, Frankreich und die Heimmannschaft Schweiz, damals alles Fußball-Mächte, waren unter den Favoriten.

So wurden denn auch gesetzt: In Gruppe 1: Brasilien und Frankreich, in Gruppe 2: Ungarn und Türkei (dieses Setzen der Türkei war auch ein günstiger Umstand; eigentlich war dieser Platz für Spanien vorgesehen, das sich aber nicht qualifizieren konnte, so rückte die Türkei nach, obwohl sie eindeutig schwächer einzuschätzen war als das nicht gesetzte Deutschland), in Gruppe 3: Uruguay und Österreich und in Gruppe 4: England und Italien.

Die Auslosung muss Herbergers Herz höher schlagen gelassen haben: Das günstigst Mögliche trat ein: Man kam in die Gruppe mit Ungarn und konnte so spektakulär gegen den erwarteten Endspielgegner verlieren und man hatte in der Gruppe als zweite gesetzte Mannschaft die Türkei, die wahrscheinlich schwächste aller gesetzten Mannschaften. Damit war das Weiterkommen auch nach einer Niederlage gegen Ungarn nicht so schwer.

Allerdings wurde damals noch nicht mit der Tordifferenz oder den geschossenen Toren oder dem direkten Vergleich bei Punktgleichheit entschieden, sondern es wurde ein Entscheidungsspiel ausgetragen. Dies musste dann auch Deutschland gegen die Türkei, aber alles ging gut, man konnte relativ leicht gewinnen und das zusätzliche Spiel in den Knochen belastete nicht so sehr, denn gegen Ungarn hatte Herberger eine Reservemannschaft antreten lassen.

Herberger konnte unmöglich eine Mannschaft mit dem Auftrag aufs Spielfeld schicken, spektakulär zu verlieren. Das hätte auch seine Ethik nicht zugelassen. So stellte er einfach eine Mannschaft gegen Ungarn, die im wesentlichen aus Reservespielern bestand. Gegen das hochmotivierte Ungarn hatte diese Elf nie eine Chance. Die Niederlage mit 8:3 war aber eine tiefe Demütigung für das deutsche Nationalgefühl. Niemand verstand die Taktik Herbergers. Er wurde von der Presse und im Rundfunk in der Luft zerrissen.

Der Verteidiger Bauer von 1860 München, der bei einigen der 8 Tore der Ungarn nicht sehr gut aussah, hat später erzählt: „Nein, er hat uns nicht gesagt, wir sollen verlieren. Im Gegenteil, er hat uns noch einige Tipps gegeben, auf was wir besonders achten müssen. Aber wir waren eindeutig schwächer. Das war die beste Mannschaft der Welt, gegen die wir da spielten. Da waren die drei geschossenen Tore sogar noch ein Trostpflaster.“

Die heftige Kritik aus Deutschland nach der Niederlage gegen Ungarn nutzte Herberger nun, er „weckte und schürte Energien“, indem er den Spielern Ausschnitte aus den Kritiken vorlas, speziell jenen, die weit übertrieben in der Kritik, die Spieler persönlich angriffen und sogar zu Schimpftiraden, Schlägen unter die Gürtellinie und Obszönitäten griffen. Er schuf eine Atmosphäre von „wir allein gegen die ganze Welt“, von „denen werden wir es zeigen“, kurz: den ‚Geist von Spiez’ (die deutsche Delegation war in Spiez bei Bern untergebracht und lebte völlig abgesondert von der Umwelt. Es entwickelte sich eine Trotz- und Kampfstimmung, die später als der ‚Geist von Spiez’ bezeichnet wurde).

Diese Wut, dieser Kampfgeist zeigte sich in allen Spielen nach der vernichtenden Niederlage gegen Ungarn. Man gewann das zweite Spiel gegen die Türkei leicht mit 7:2, gewann das Viertelfinale gegen Jugoslawien mit 2:0 und vor allem, man gewann das Halbfinale gegen Österreich mit 6:1!

Angesichts der damals üblichen Ergebnisse des Offensivfußballs scheint dies nichts Aussergewöhnliches, aber es war es. Österreich war damals eine der Grossmächte des Fussballs. Österreich hatte in der Qualifikation Portugal mit 9:1 aus dem Wettbewerb geworfen, Österreich hatte in den Gruppenspielen der ersten Phase keinerlei Tor hinnehmen müssen, was außer diesem Team nur Uruguay gelang, Österreich würde wenige Tage später im Spiel um den dritten Platz das Weltmeister-Team von Uruguay niederringen, das vorher meistens als zweitbestes nach Ungarn angesehen wurde, vor allem aber hatte Österreich im Viertelfinale die Schweiz mit 7:5 besiegt, dem Spiel mit der höchsten Zahl der Tore der WM, das in die Geschichte als Hitzeschlacht von Lausanne einging. In diesem Spiel, so unglaublich das erscheinen mag, hatten die Schweizer nach 23 Minuten bereits 3:0 geführt, doch nach weiteren 12 Minuten lag Österreich mit 5:3 vorn! Fünf Tore in zwölf Minuten in einem Viertelfinale der Weltmeisterschaft, das muss den Österreichern erst einmal jemand nachmachen!

Nun, mag vielleicht jemand sagen, was ist schon die Schweiz? Aber damals war die Schweiz ebenfalls eine der Spitzenmannschaften. Sie war es nämlich, die Italien, den damals schon zweimaligen Weltmeister, aus dem Turnier befördert hatte mit zwei Siegen. Die Schweiz spielte den Riegel, das war ein erster schüchterner Versuch, eine etwas defensivere Spielweise anzuwenden, wenn auch dies immer noch innerhalb des Offensivfußballs stattfand. Italien war an diesem Riegel zweimal gescheitert, aber die Österreicher hatten ihn überwunden. Wer dieses Österreich mit 6:1 besiegt hatte, musste ein ernst zu nehmender Gegner im Endspiel sein.

Doch das hochfliegende Team Ungarns war solchen Erwägungen nicht zugänglich. Wer „einen Lauf hat“, d.h. er wird vom eigenen Selbstbewusstsein getragen zu immer neuen Höchstleistungen getrieben, der kann nicht gewarnt werden. Er wird einmal plötzlich auf Umstände und einen Gegner treffen, die ihn besiegen und dann wird das Heulen und Zähnknirschen umso lauter sein. Das war es, was mit Ungarn geschah.

Brasilien war von Ungarn relativ leicht ausgeschaltet worden – die Brasilianer hatten sich in persönliche Auseinandersetzungen verbissen, anstatt ihre Spielkraft auszuspielen. Im Halbfinale trafen die Ungarn auf den amtierenden Weltmeister Uruguay, damals eine absolute Spitzenmannschaft, die vorher die hoch eingeschätzten Engländer glatt mit 4:2 abgefertigt hatten. Zwar ging Ungarn, wie gewohnt, mit 2:0 in Führung, doch das Team musste in der regulären Spielzeit noch das 2:2 ninnehmen und in eine Verlängerung. Diese Verlängerung wurde äusserst schwer für die Ungarn, doch sie konnten mit zwei Toren des Torschützenkönigs Kocsis schliesslich mit 4:2 dominieren.

Diese Verlängerung im Halbfinale war eine weitere günstige Bedingung für die Deutschen im Endspiel, denn die Ungarn waren ausgelaugt von dieser Energieleistung. Eine deutliche Parallele zur WM 1970 in Mexiko, als Italien in eine schwere Verlängerung gegen Deutschland musste und darum im Endspiel gegen Brasilien nur eine Halbzeit mithalten konnte. Daraus entstand die Forderung, bei den WM mehr Zeit zwischen den Halbfinals und dem Endspiel einzubauen.

Die WM 1954 war die letzte Weltmeisterschaft des reinen Offensiv-Fussballs, wenn auch mit dem Schweizer Riegel schon die erste Andeutung der Entwicklung zum Defensiv-Fußball auftauchte. Bei der folgenden Weltmeisterschaft würde bereits mit Brasilien ein Team gewinnen, das nicht mehr fünf, sondern nur noch 4 Stürmer aufwies. Der Linksaussen Zagallo (heute der Mann mit der erfolgreichsten Fußball- und Trainer-Karriere aller Zeiten) war bereits zurückgezogen und war eigentlich ein Mittelfeldspieler. Wirklich defensiv wurde der Weltfussball aber erst, als die Italiener (Inter Mailand) Anfang der Sechziger Jahre den Cattenacchio erfanden und sich daraus dann mehr und mehr defensive Spielarten entwickelten bis zum heutigen Fußball, in dem gewinnt, wer die Anderen nicht spielen lässt.

Man kann heute mit den hohen Spielergebnissen von damals kaum noch etwas anfangen. Aber damals wurde das Spiel vorne gewonnen, nicht hinten, wie heute – jedenfalls in der Regel (wir werden noch eine Ausnahme beim Endspiel 54 kennen lernen). Oft wurden die Mehrzahl der Tore des Spiels in der ersten halben Stunde geschossen. Das hängt mit den damaligen Möglichkeiten zusammen, wie man die Spieler körperlich vorbereiten konnte, wie die Kondition der Spieler war. Es gab noch nicht die ausgefeilten Trainingsmethoden von heute. Die Spieler waren Amateure oder Halbprofis. Sie gingen einem Beruf nach. Die Fussballer hatten noch keine Lungen wie Engelsflügel und noch kein Herz von der doppelten Grösse eines normalen Menschen.

Die Entscheidung wurde schnell gesucht. Später im Spiel war man zu ausgelaugt, um noch Grosses zu vollbringen. Die heutige Maxime, der Ballführende muss sofort angegriffen werden, möglichst mit zwei Spielern, wäre damals nicht möglich gewesen. Das hätte niemand durchgehalten, jedenfalls nicht mehr als 10 Minuten. Damals gab es auch noch keine grosszügigen Auswechselungskontingente. Fast immer mussten Alle 90 Minuten durchspielen.

Kurz: Es war ein anderes Spiel. Darum erscheinen uns heute die Berichte von 1954 so fremdartig.

Ursprünglich war das Spielsystem im Fußball ein 2-3-5 gewesen: Zwei Verteidiger, drei Läufer und fünf Stürmer. Davon zeugen heute noch viele der benutzten Nummerierungen, z.B. wird die ‚7’ oft noch für einen Stürmer verwendet. Bis zur WM 54 hatten sich aber die Positionierungen schon verändert und es war das WM-System entstanden. Vorne wurde in einem ‚W’ positioniert, hinten in einem ‚M’. Der Mittelläufer, typischerweise für den gegnerischen Mittelstürmer zuständig, war von dessen vorgeschobener Position nach hinten gedrückt worden und war ein Mittelverteidiger geworden. Vor den drei Verteidigern spielten die beiden Aussenläufer ein defensives Mittelfeld. Im Sturm wurde die beiden Halbstürmer zurückgezogen und spielten das offensive Mittelfeld. Es war also eine Art von 3-2-2-3 oder 3-4-3-System.

Dies war in jenem Jahr DAS Fußball-System. Alle, auch die Ungarn, spielten WM-System. Im Spiel gegen Jugoslawien im Viertelfinale, bei dem alle Beobachter die deutsche Mannschaft irgendwie als „ofusk“ angesehen hatten, waren diese Positionen geändert. Das Spiel der deutschen Mannschaft war nicht ‚frei’, man spielte irgendwie viel zu zurückhaltend – die beiden Tore fielen mehr zufällig anstatt als logische Konsequenz vieler Angriffe.

Was war geschehen? Herberger hatte sein Spielsystem gegen Ungarn getestet. Eckel war als Manndecker nach hinten gezogen worden, Fritz Walter spielte extrem defensiv, praktisch wie ein defensiver Mittelfeldspieler, sein Bruder Ottmar hatte die Rolle des Ballverteilers im vorderen Mittelfeld übernommen, Schäfer blieb immer nahe der linken Aussenlinie und war so praktisch kein Stürmer mehr. Als Stürmer blieben nur Morlock und Rahn, wobei der letztere kaum an der rechten Aussenlinie blieb, sondern in die Mitte drängte. Dies war gegen Jugoslawien völlig unangebracht, aber Herberger brauchte mindestens ein Spiel, in dem die neue Positionierung erprobt wurde.

Nach dem Jugoslawien-Spiel, das als extrem schwache Vorstellung der Deutschen angesehen wurde, war die Kritik aus der Heimat noch schriller und ätzender geworden. Es wurde u.a. kritisiert, dass Herberger an Ottmar Walter festhielt, der absolut nichts gezeigt habe (er nahm ja nicht seine Position als Mittelstürmer ein). Berni Klodt solle für ihn in die Mannschaft. Herberger sagte nur, die verstehen gar nichts. Und das war es, die deutschen Sportjournalisten verstanden nicht, dass alles an Herbergers Taktik auf ein Endspiel gegen Ungarn ausgerichtet war, dass er nicht von Spiel zu Spiel dachte, sondern im wesentlichen an dieses Endspiel. Er nutzte die Kritiken erneut, um die Wut der Spieler noch zu steigern.

Im Film „Das Wunder von Bern“ wird das Endspiel fast völlig auf Rahns Tore reduziert. Das ist eine Verfälschung. Natürlich gibt Rahn von Rotweiss Essen einen idealen Ruhrgebietshelden ab und er schoss eben wirklich zwei der drei Tore im Endspiel. Aber das ist nur eine Seite.

Rahn war keineswegs der Beste auf seiner Position, genauso wenig wie Ottmar Walter, für dessen Position auch noch Berni Klodt auf der Bank sass. Die beiden waren dort, weil Herberger sie in seiner genialen Strategie benutzte. Ottmar Walter war einer der besten Mittelstürmer Deutschlands und verdiente, in dieser Mannschaft zu stehen, aber er war kein klassischer „Goal-Getter“, er war dort, weil er sich mit seinem Bruder Fritz und den anderen „Lauterern“ fast blind verstand, was Herberger in dieser Mannschaft brauchte.

Rahn war ein langsamer Spieler mit etwas behäbigen Bewegungen und wenig Technik. Aber er hatte das, was man als „Bums“ bezeichnete oder später als „Klebe“ oder „Wumme“, das was wir bis vor kurzem bei Roberto Carlos von Brasilien bewundern konnten, einen mächtigen Gewaltschuss – und er konnte ihn oft in die richtige Richtung bringen. Das ist mehr als man von vielen heutigen Bundesligaspielern sagen kann.

Herberger hatte ihn hereingenommen, weil er keinen anderen Spieler mit dieser Charakteristik hatte. Er war sich bewusst, irgendjemand hätte die Tore zu machen. Er hatte Max Morlock von 1. FC Nürnberg, der ein wirklicher „Goal-Getter“ war, aber der war mit seinem Sinn für den richtigen Ort im richtigen Moment mehr für jene Art von Abstauber-Toren zuständig, wie er eins im Endspiel zum 1:2 machte. Morlock, nicht etwa Rahn oder O. Walter, wurde Zweiter der Torjägerliste der WM 54! Aber Rahn war jener, der aus einer gewissen Entfernung Dinger aufs Tor loslassen konnte, die kaum ein Torwart halten konnte und der Torwart der Ungarn, Grosics, war nicht der stärkste.

Herbergers Sturm war damit mit allen Typen von Stürmern ausgerüstet, ein Gleichgewicht, das heute viele Trainer nicht herzustellen verstehen, nicht zuletzt, weil sie nur noch einen Stürmer haben.

Ganz links war Schäfer, über den fast alle Angriffe liefen und der viele von ihnen in Flanken in die Mitte umsetzen konnte. Alle drei deutschen Tore begannen mit Vorstössen von Schäfern, wobei allerdings beim ersten Tor von Morlock bis zum Tor eine Menge anderer Füsse dazwischen waren.

Halblinks war Fritz Walter, der Spielmacher, der Mann mit Übersicht und mit einem Blick fürs Spiel. Er war Herbergers Mann auf dem Spielfeld. Er verstand Herbergers Taktik. Er kommandierte auf dem Spielfeld, nicht einfach, weil er Kapitän war, sondern aufgrund seiner natürlichen Autorität als besonders herausragender Spieler. Er war mit Defensivaufgaben überbeansprucht in diesem Endspiel und verstärkte praktisch die Abwehr, kein Wunder bei einem so starken Gegner.

Der Mittelstürmer Ottmar Walter war mehr ein Aufbauspieler als ein Reisser. Er beschäftigte die Hintermannschaft der Ungarn und sorgte dafür, dass ständig Spieler in der Verteidigung bleiben mussten. Er hinterliess zwar keine unmittelbaren Spuren im Finale, war aber einer von denen, der die Ungarn mit ständigem Laufen mattspielte.

Halbrechts war Max Morlock, der sich in dieser Weltmeisterschaft als der Mann erwies, der vorne im richtigen Moment am richtigen Platz war. Sein Anschlusstor unmittelbar nach dem 2:0 der Ungarn war ausschlaggebend, dass sich keine ängstliche Stimmung in der deutschen Mannschaft verbreiten konnte.

Rechtsaussen war Helmut Rahn. Er spielte in Wahrheit keinen Rechtsaussen, sondern mehr einen Mittelstürmer, der sich meist weiter rechts aufhielt. Er bekam fast keine Bälle, um sie nach vorne zu tragen oder Flanken zu geben, denn in beidem war er nicht besonders gut. Er bekam in aussichtsreichen Positionen zweimal abgeprallte Bälle vor die Füsse und zögerte nicht abzuziehen, das waren zwei Tore für die Deutschen. Das macht ihn unsterblich.

Doch kommen wir, bevor wir wieder aufs Endspiel zu sprechen kommen, noch einmal auf die günstigen Umstände zurück.

Zu den schon genannten kamen im Endspiel nämlich zwei weitere:

Die erste: Puscas war leicht verletzt. Es ist nicht überliefert, was es für eine Verletzung war, aber Puskas spielte in diesem Spiel bei weitem nicht das, was er konnte. Das hing wohl auch mit einem starken Gegner zusammen, aber wahrscheinlich auch mit der Verletzung. Immerhin schoss Puskas das erste ungarische Tor, gleich nach sechs Minuten. Kurz vor Schluss gelang ihm aus Abseitsposition noch ein Beinahe-Tor. Er konnte aber das ungarische Spiel über die ganze Zeit nicht wie gewohnt antreiben und das war wohl eine deutliche Schwächung.

Der zweite günstige Umstand war – und das ist allgemein bekannt: Es regnete während des ganzen Finalspiels, es war „Fritz–Walter-Wetter“. Auf tiefem und von Pfützen bedeckten Grund konnte das typische ungarische Spiel mit einem raschen Ball-Laufen-Lassen von einem zum anderen nicht funktionieren, denn die kurzen Flach-Pässe bleiben in den Pfützen stecken. Zum anderen funktioniert das Eng-am-Fuß-Führen des Balls, während man vorwärts strebt, nicht wie gewohnt – aus dem gleichen Grund. Kurz: Die technische Überlegenheit Ungarns, die unbestreitbar ist, war praktisch eliminiert durch den Regen.

Damals gab es ja noch nicht die teppichartigen Rasenplätze, die heute dominieren. Auch die heutige Drainage-Technik, die das Entstehen von Pfützen verhindert, war noch unbekannt.

Was das mit Fritz Walter zu tun hat? Eigentlich wenig. Nur indirekt. Fritz Walter war Spielführer von zwei Mannschaften, die nicht unbedingt durch viel Technik glänzten, dem 1. FC Kaiserslautern und der damaligen deutsche Nationalmannschaft. Er selbst war sehr wohl ein technischer Spieler, der gut in eine Mannschaft wie die der Ungarn gepasst hätte, aber die von ihm geführten Mannschaften konnten immer froh sein, wenn es regnete und die technischen Vorteile des Gegners nicht zum Zuge kamen. So kam es zum Begriff des Regens als „Fritz –Walter-Wetter“.

Ganz nebenbei gab es noch einen kleinen günstigen Umstand für die deutsche Elf: Kurz vor dem Finale hatte Adi Dassler, der damalige Besitzer von Adidas, den Fussballschuh mit Schraubstollen erfunden, der den deutschen Spielern zur Verfügung stand. Man konnte im Regen längere Stollen einschrauben und hatte dann einen geringfügigen Vorteil in der Standfestigkeit.

Als die Ungarn also aufliefen, hätten sie eigentlich gewarnt sein müssen. Sie standen dem Gegner gegenüber, der Österreich mit 6:1 abgefertigt hatte, sie hatten einen verletzten Spielführer, sie waren noch von der Verlängerung gegen Uruguay ausgelaugt, sie spielten im für sie ungünstigen Regen und sie hatten einen bis in die Haarspitzen motivierten Widersacher vor sich. Doch die Aussagen, die einige der ungarischen Spieler später machten, waren klar: Obwohl sie sich im Grunde dieser Tatsachen bewusst waren, dominierte doch in ihrem Unterbewusstsein die Gewissheit der Überlegenheit, stand man nicht einer ungesetzten Mannschaft gegenüber, hatte man denn nicht Deutschland zwei Wochen vorher mit 8:3 deklassiert? Offenbar hatte Trainer Sebes nicht oder nicht ausreichend deutlich gemacht, wie gefährlich dieser Gegner war. Herbergers Rechnung begann aufzugehen.

Aber auch wenn Sebes gewarnt hätte, bleibt zu bezweifeln, ob irgendetwas anders gelaufen wäre. Das schnelle ungarische Spiel auf höchstem Niveau war nur mit prallem Selbstbewusstsein möglich – und so beisst sich die Katze in den Schwanz.

Innerhalb von 8 Minuten führte Ungarn 2:0. Das hätte die Zuversicht von fast jedem unterminiert, nicht aber dieser deutschen Mannschaft, die es immer noch ‚Allen zeigen’ musste und wollte. Zwei Minuten nach diesem 2:0 gelang Morlock bereits das Anschlusstor, weitere 8 Minuten später Rahn der Ausgleich.

Doch gehen wir noch einmal zu den zwei Minuten zurück, die Ungarn 2:0 führte. Der Mitteläufer der Ungarn Lorant, der später lange Zeit Trainer in Deutschland war, sagte nämlich später: „In diesem Moment hatten wir das Spiel verloren.“ Nicht etwa, als der 2:2-Ausgleich fiel, nein, mit dem 2:0.

Was wollte er sagen?

War man vielleicht mit einem bestimmten Vorbehalt ins Spiel gegangen, ob sich der Gegner nicht doch als schwer herausstellen würde, ob man erneut höchste Schwierigkeiten haben würde zu gewinnen wie gegen Uruguay, so atmete jeder in der Mannschaft mit dem 2:0 innerlich auf. Nein, nichts dergleichen, Deutschland war nicht besser als die Ersatzmannschaft, man hatte alles im Griff, man würde das Ding souverän heimschaukeln. Innerlich, ohne es zu merken, wurde der absolute Fokus auf das Ziel etwas gelockert, es wurde sich erleichtert zurückgelehnt – jedenfalls ihm übertragenen Sinn. Damit hatten die ungarischen Spieler das Einzige verloren, das ihnen auch in dieser Situation noch den Sieg garantiert hätte: Die absolute Konzentration auf jede einzelne Szene des Spiels, der Einsatz von allem, was möglich war, der absolute Fokus.

Ob dies Herberger auch so geplant hatte? Ungewiss. Er konnte unmöglich absichtlich eine ungarische 2:0-Führung provoziert haben, allerdings war das typisch für das ungarische Spiel. Dies kam nun aber in idealer Weise seinen Absichten zupass, speziell, weil der deutschen Mannschaft schnell der Ausgleich gelang. Während des ganzen Spieles konnten die Ungarn nicht zurückfinden zur absoluten Konzentration, die hier nötig gewesen wäre. Das hatte Lorant gemeint mit: „Nach dem 2:0 hatten wir das Spiel verloren.“

Das ist eine alte psychologische Erkenntnis: Ist man mit einer bestimmten Haltung (zum Beispiel der sträflichen Unterschätzung des Gegners) ins Spiel gegangen oder hat man diese Haltung nach kurzer Zeit im Spiel angenommen, so gelingt es nicht so einfach, während des Spiels diese Haltung zu ändern.

Das heißt natürlich nicht, dass Ungarn nicht noch hätte gewinnen können. Es hatte auch genug klare Chancen dazu. Hidegkuti knallte einen Ball an den Pfosten, Kocsis einen an die Latte, Turek hielt einige „Unmögliche“ und der Schiedsrichter hätte das Abseits von Puskas bei seinem Tor kurz vor Schluss nicht gesehen haben können. Aber auch das mag mit der Psycholgie zu tun haben. Ist man nicht völlig fokussiert, kommt mit fortlaufendem Spiel Panik auf, eventuell zu verlieren, so geht die Genauigkeit leicht verloren.

So kam es denn zur Szene sechs Minuten vor Schluss: Schäfer (immer er) führte einen Angriff nach vorne, flankt auf Morlock, doch ein ungarischer Kopf ist dazwischen und der Ball springt zu Rahn, der fast genau am rechten Strafraumeck steht. Der Sportreporter Zimmermann, dessen Reportage am Radio dieses Spiels zur Legende geworden ist, brüllt ins Mikrofon: „Rahn müsste schiessen!“ Dann, fast etwas überrascht, dass man seine Anweisungen befolgt: „Er schiesst!“ und danach hört man ihn nur noch schreien „Tor! Tor!“, so als sei er ein brasilianischer Rundfunkreporter.

Rahn hatte mit einem trockenen und harten Flachschuss vollstreckt.

Also doch Rahn der Matchwinner? Oder hat Morlock mehr Anteil? Oder Schäfer? Nichts dergleichen!

Der deutsche Sturm hatte in Wirklichket nicht mehr Tore gegen Ungarn fertiggebracht als die Ersatzmannschaft kurz vorher, nämlich drei. Was geschah, war, die deutsche Hintermannschaft hat diesmal keine acht eingesteckt, sondern nur zwei.

Sehen wir uns also diese Hintermannschaft näher an: Hier dominiert der Mittelläufer Liebrich, ebenfalls von Kaiserslautern, der zudem zwei weitere Lauterer, Kohlmeyer und Eckel, zur Seite hat. Die drei bilden das Rückgrat. Wer viel hinten aushilft, ist zudem Fritz Walter.

Eckel ist der direkte Gegenspieler von Puskas und er neutralisiert ihn über grosse Teile des Spiels. Da ist natürlich auch Puskas’ Verletzung, aber im Endeffekt geht das Duell trotz Puskas’ Tor und seinem Abseits-Tor unentschieden aus. Der Torjäger Kocsis war meist bei Kohlmeyer gut aufgehoben, abgesehen von wenigen Szenen, aber er macht keine Tor, dafür produzierte Kohlmeyer ein Missverständnis mit Torhüter Turek, das zum 2:0 führte, also nur ein Unentschieden für Kohlmeyer.

Liebrich selbst dirigiert nicht nur die Hintermannschaft, sondern dominiert auch Mittelstürmer Hidegkuti, bis auf eine Szene. Aber auch der macht kein Tor, also 1:0 für Liebrich. Mihály Tóth, der Halbrechts, ist bei Karl Mai von der SpVgg Fürth gut aufgehoben. Mai macht das Spiel seines Lebens, auch 1:0 für ihn. Schliesslich noch das Duell zwischen Jupp Posipal vom Hamburger SV und Szíbor, dem Linksaussen (die zwei waren früher einmal in Rumänien in die gleiche Schule gegangen). Szíbor ist für das zweite Tor der Ungarn zuständig, aber sonst auch in guten Händen, auch hier ein unentschieden. Dazu kam Turek im Tor, von Fortuna Düsseldorf. Er hat zwar ein wenig Mitschuld an dem 2:0 für Ungarn, aber was hielt er alles! Reporter Zimmerman nannte ihn einen Fussballgott. Mit anderen Worten, die deutsche Hintermannschaft hat das Spiel gewonnen!

Auf einem Fussballstammtisch, der damals eine Anzahl der Mitglieder der deutschen Delegation in der Schweiz zusammenführte, wurde, einige Zeit nach dem Triumph, Herbergers Tatktik analysiert. Er hatte mit Eckel als Bewacher von Puskas, der ja sehr weit vorne spielte, praktisch einen vierten Verteidiger eingeführt. Er spielte mit einer Viererkette in der Abwehr! Kommt das jemand bekannt vor? Davor hatte er zwei defensive Mittelfeldspieler, Fritz Walter und Mai - und vor ihnen zwei offensive Mittelfeldspieler, Ottmar Walter und Schäfer. Als Stürmer blieben in Wirklichkeit nur Morlock und Rahn. Herberger spielte gegen Ungarn 4-4-2! Das ist genau das System, das heute viele Nationalmannschaften benutzen, so unter anderen die brasilianische.

Herberger hatte zum ersten Mal in einem wichtigen Spiel der Fussballgeschichte ein defensives Spielsstem verwendet und zum ersten Mal bewiesen, es kann über ein offensives System triumphieren. Herberger ist der Erfinder des Defensiv-Fussballs.


Veröffentlicht am 30. Dezember 2007 in "Nachrichten - heute"

Originalartikel

Sonntag, 30. Dezember 2007

Bush und Bin Laden sind eine symbiotische Einheit

Bin-Laden-Video 'fiel vom Himmel' für Bush

Von Elmar Getto

Hier zum Jahrewechsel eine Rückschau - aber nicht auf dies Jahr. Dies ist ein Artikel, der am 1. November 2004 erschien. Er geht darauf ein, wie ein veröffentlichtes angebliches Video von Osama Bin Laden Bush Pluspunkte unmittelbar vor der letzten US-Präsidentenwahl brachte. Da das kommende Jahr wieder Präsidentenwahljahr in den USA ist, ergibt sich der logische Zusammenhang.

Zunächst schätzten die „politischen Auguren”, wie so oft ohne Sicht des Ganzen, das Osama bin Laden-Video als „neutral “für die US-Präsidentschaftswahlen ein.

Siehe z.B. Artikel in der „Süddeutschen“ vom 30.10. 2004:

Dann aber, nachdem das Video und Auszüge seiner Übersetzung Tag und Nacht auf allen US-Fernsehstationen gelaufen war, zeigten die neuesten Meinungsumfragen eine Verschiebung der Stimmen zugunsten von Bush um 2 oder 3%.

Osama Bin Laden

Wenn der anerkannte Feind Nr. 1 der USA Bush (und auch noch dessen Vater) kritisiert, dann muß Bush der bessere Kandidat sein, mag der einfache US-Amerikaner denken, der zunächst an das Naheliegende denkt. Dazu kommt, daß damit vom Thema Irak abgelenkt wird, bei dem Bush nicht überzeugend ist.

Hätte Bush dieses Video bei bin Laden bestellt, es hätte nicht besser und zeitlich optimaler platziert sein können. Wenn Bush die Wahlen gewinnt, wird dieses Video ein wichtiger Grund sein.

Angesichts dieser Tatsache begannen sofort die Spekulationen. In den Blogs und Internet-Foren sprießen die Ideen – und keine von ihnen ist unmöglich.

Theorie Nr. 1 ist:

Der CIA spielt auf der grossen Wurlitzer-Orgel

Dieses Video ist vom CIA oder sonst einem US-Staatssicherheitsdienst ‚gefaked’. Es ist nicht schwer, einen gut arabisch sprechenden Schauspieler zu finden, der annähernd die Stimme bin Ladens imitieren kann (und im Video-Ton gehen charakteristische Elemente der Sprache sowieso unter). Vom Gesicht ist vor lauter Bart und Turban ohnehin fast nichts zu sehen. Bush selbst ist der Auftraggeber des Videos. Wenn, wie vermutet wird, bin Laden längst tot ist, wird auch kein schnelles Dementi kommen. Im ganzen Video wird nicht einmal der Koran zitiert oder andere religiöse Punkte vorgebracht, das hätte bin Laden kaum gemacht. Der Text ist offensichtlich von einer „westlichen“ Person verfaßt. Z.B. braucht sich der echte bin Laden nicht auf einen lächerlichen Disput über die Verspätung der Abfangjäger (am 11. September) einlassen und eine unhaltbare Theorie dazu aufstellen.

Bush

Theorie Nr 2 ist:

Bin Laden ist weiterhin Mitarbeiter eines US-Stasi-Dienstes. Bush hat bei ihm die Anschläge des 11. September und auch dieses Video bestellt. Denn nur so konnte er eine Chance haben, wiedergewählt zu werden. Es ist sowieso unerklärlich, warum drei Jahre nach der Invasion Afghanistans bin Laden immer noch nicht gefunden wurde, wenn man Zehntausende von Soldaten zur Suche zur Verfügung hat. Da muß Absicht dahinter stecken. Da zweifelsfrei belegt ist, daß Bush vorher über die Anschläge vom 11. September informiert war und dafür gesorgt hat, daß die Terroristen nicht gestoppt werden, ist dies eine plausible Erklärung.

Als Beispiele seien nur einige Postings aus dem „Telopolis-Forum“ zu einem Artikel über das Video genannt:

http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=6769378&forum_id=68148

http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=6769442&forum_id=68148

http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=6769490&forum_id=68148

http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=6772161&forum_id=68148

Mir scheint eine andere Theorie naheliegender und wahrscheinlicher zu sein:

Bush und bin Laden leben in Symbiose. Der eine braucht den anderen, um seine Ziele zu erreichen. Bushs Wiederwahl lebt von bin Laden (und jetzt seinem Video). Der Aufstieg bin Ladens zu einer anerkannten Ikone der arabischen und islamischen Welt wäre ohne Bushs Kriege nicht möglich gewesen.

Man vergleiche:
  • Beide sind von der extremen Rechten
  • Beide sind religiöse Fanatiker
  • Beide sind Massenmörder
  • Beide sind Millionärssöhnchen
  • Beide sind Führer terroristische Zusammenschlüsse, die weltweit Schrecken verbreiten
  • Beide benutzen im wesentlichen die Gewalt als Mittel ihres Vorgehens
  • Beide sparen nicht mit salbungsvollen Worten, um genau dies zu vertuschen
Four more Years

Vielleicht wollte bin Laden mit dem Video Bush nicht unterstützen, aber ihre symbiosehafte Gegnerschaft ließt ihm keine andere Wahl.


Veröffentlicht am 1. November 2004 in "Rbi-aktuell", hier geringfügig vom Autor redigiert.

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