Mittwoch, 15. April 2009

Hartz und Hunger – Vier Episoden

Das wahre Gesicht des Kapitalismus wird immer deutlicher

Von Karl Weiss

Weg mit Hartz IV

Episode 1: Sozialhilfe gekürzt – “Er hat gebettelt”

In Göttingen ist nun das passiert, auf das selbst die eingeschworensten Gegner von Hartz IV nicht gekommen wären, aber die Hartz-IV-Politiker sind unerschöpflich in ihrer Erfindungsgabe von neuen Erniedrigungen und Schikanen. Ein Sozialhilfeempfänger (das ist nun gleich auch unter Hartz IV eingestuft – jedenfalls von der Behandlung der Geschädigten her) wurde gesehen, wie er auf der Straße bettelte, um etwas zum Kauen zwischen die Zähne zu bekommen.

Prompt wurde er gestellt, das Geld nachgezählt, das er zusammengebracht hatte, dies hochgerechnet auf den Monat und ein entsprechender Betrag von 120 Euro vom monatlichen Sozialhilfebezug abgezogen – den erbettelt er sich ja und hat damit Einkommen, das angerechnet werden muss, nicht wahr?

Aufgrund der lauten Proteste aus der Bevölkerung wurde diese Entscheidung zwar später aufgehoben, aber ein Sprecher der Stadt betonte ausdrücklich, das sei Gesetz.

Wie lange wollen wir uns so ein Gesetz noch bieten lassen?

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Episode 2: Suche nach Lebensmitteln in Mülleimern - Und dann noch Anzeige wegen Diebstahl

In Hoyerswerda, Sachsen wurde ein Paar von Hartz-IV-Geschädigten gesehen, wie sie bei einem Supermarkt Lebensmittel, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen war, aus den Mülleimern holten, um etwas Essbares zu haben. Ein liebenswürdiger Zeitgenosse rief die Polizei an. Die kam dann auch gleich und erwischte die beiden „auf frischer Tat“. Laut Polizeibericht wurden die Personalien aufgenommen und die beiden werden eine Verurteilung wegen Diebstahl zu erwarten haben.

Die Banker, die Milliarden in den Sand gesetzt haben und nun aus Steuergeldern unterstützt werden, haben dagegen keinerlei Anzeige zu befürchten.

Elmar auf Stuttgarter Modemo Jan 06, Polizeifahrzeuge

Episode 3: Alle Rekorde von „Sanktionen“ gebrochen

Die gleichen Politiker, die den Banken völlig freie Hand lassen, jede noch so gemeinschaftsschädliche Handlung zu begehen, und ihnen danach noch ihre Verluste ersetzen, haben bei Hartz IV die ganze Regulierungswut angewendet, die für die Banken nicht galt. Man hat Hunderte von Regeln geschaffen, die jeder Hartz-IV-Geschädigte auswendig lernen muss, sonst hagelt es „Sanktionen“, d.h. es wird das Geld ganz oder teilweise gestrichen.

Zum Beispiel der Leinen-Zwang: Jede, auch nur kurzzeitige, Entfernung von Wohnort muss vorher von der ARGE genehmigt werden, sonst wird Geld gestrichen. Banken können völlig unreguliert Hundert Milliarden verspielen und sie anschließend vom Steuerzahler einfordern – denn sie sind ja „systemwichtig“. Hartz-IV-Geschädigte dagegen sind nicht wichtig fürs kapitalistische System. Was interessiert, sind Banken, nicht Menschen.

Das steht ja auch schon im Grundgesetz, gleich im Artikel 1: „Die Würde der Banken ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.“

Gibt einer von den Hartz-IV-Geschädigten zum Beispiel nicht die 10 Euro an, die er verdient hat, als er einem Nachbarn half, wird ihm ein wesentlicher Teil seiner Lebensgrundlage gestrichen, versteckt eine kleine Rücklage für harte Zeiten unter seinem Kopfkissen und gibt er sie nicht als „Vermögen“ an, wupps, ist das Geld weg!

Die meisten Sanktionen aber werden vergeben wegen „Meldeversäumnis“. Ist ein gerade eben arbeitslos Gewordener so geschockt, dass er erst nach drei Tagen zum Arbeitsamt geht (Entschuldigung, das heißt auf neudeutsch natürlich ARGE) und sich arbeitslos meldet, wupps, bekommt er einen oder zwei Monate gar nichts! Diese Art von Vergehen, die mit Verhungern bestraft wird (falls der Arbeitslose nicht eine mitleidige Seele findet, die mit ihm ein Brot teilt) wurde laut Angaben der Lügenanstalt von Nürnberg allein im Jahr 2008 insgesamt 294.000 Mal sanktioniert!

Die Gesamtzahl der gestrichenen Leistungen im Jahr 2008 erreichte sogar 741.000 Fälle! Das ist absoluter Rekord. Na, da hat man ein schönes Geld gespart, nicht wahr? Musste man ja auch, denn man musste ja die Banker bezahlen!

Hartz-Protest 02

Episode 4: Nachkriegszeit

Die ‚Volkssolidarität’ ist ein Sozial- und Wohlfahrtsverband in Mecklenburg–Vorpommern, der in der Nachkriegszeit gegründet wurde, als der Hunger in Deutschland grassierte – in allen vier Besatzungszonen. An diese Zeit fühlt sich die stellvertretende Landesvorsitzende des Verbandes, Silvia Steinbach, erinnert. Sie sagte auf einer Veranstaltung des Verbandes: "Wir sind gezwungen, zu längst überwunden geglaubten Formen der sozialen Betreuung zurückzukehren - Suppenküchen, Obdachlosenhilfe, Spendenaktionen".

Gegenwärtig wächst in der Bundesrepublik jedes vierte Kind in Armut auf, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, auf der gleichen Veranstaltung der „Volkssolidarität“. Und: . "Die Chancen, aus Armut wieder herauszukommen, haben abgenommen, Millionen Kinder wachsen ohne Perspektive auf - das sollte uns Angst machen."

Aus der Stadt Dresden wurde berichtet, dass dort inzwischen bereits 12.000 Menschen täglich auf Essen von der „Tafel“ angewiesen sind, um satt zu werden.

Aus einer Kindertagesstädte in Rostock wurde berichtet: „"Zu uns kommen Kinder ohne Frühstück und können nicht an Freizeitangeboten wie Theater, Schwimmen oder Ausflügen teilnehmen".

Hartz-Protest 01

Wo man auch hinsieht, der Hunger oder die Drohung des Hungers breiten sich aus in Deutschland. Wie wärs, wenn wir den Hartz-IV-Parteien SPD, Grüne, CDU/CSU und FDP mal mit Aushungern drohen?


Veröffentlicht am 15. April 2009 in der Berliner Umschau


Andere Artikel zur Hartz IV im Blog:

"Dossier Hartz IV – Hindernisrennen ins Elend"

"5 Millionen Arbeitslose einstellen"

"Hartz IV – Berliner Zeitung schert aus dem Chor der Missbrauchsankläger aus"

"Hartz IV – Absurd, absurder, am absurdesten – Das Chaos war geplant!"

"Grundversorgung von 1600 Euro käme billiger als heute."

"Die neuesten Hartz-Sauereien – Das Mass ist voll!"

"Nicht genug zu essen – Hartz IV – Realität in Deutschland 2007"

"19 Fälle – Die Realität von Hartz IV"

"Arbeitslosigkeit ist zum Delikt geworden"

"Hartz IV führt in Obdachlosigkeit"

"Hartz IV–Empfänger müssen kalt duschen, im Dunkeln sitzen und Wasser trinken"

"Hartz IV: Vertreibung von Mietern"

"Hartz IV–Betroffene: Daumenschrauben anziehen!"

"Hartz-IV: Jetzt auch noch Sippenhaft"

"Hartz IV: Nieder auf die Knie!"

"Kein Anspruch auf fabrikneue Kleidung"

"Hartz IV: Unter den Brücken schlafen?"

"Hartz IV: Der angeleinte Mensch"

"Hartz IV: Der Fall Brigitte Vallenthin"

Dienstag, 14. April 2009

Italien ist der nächste Kandidat

Vorrevolutionäre Situation

Von Karl Weiss

Italien sieht sich in diesem Moment mit steigenden wirtschaftlichen und politischen Problemen konfrontiert. Die Industrieproduktion ist im Januar um über 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Das wird nur von wenigen Ländern übertroffen. Dazu kommen die nicht mehr abreißenden Demonstrationen und Manifestationen gegen das Regime Berlusconi und die immer mehr um sich greifende Macht der verschiedenen Mafia-Organisationen, die offenbar mit eben diesem Regime zusammenhängt.

Die deutschsprachige Südtiroler Zeitung ’Dolomiten’ sagt dazu „...leidet unter der globalen Rezession“, aber wesentliche Teile des Problems sind absolut hausgemacht.

Die Automobilindustrie Italiens (und das heißt im wesentlichen Fiat) verbuchte im Januar sogar einen Rückgang des Umsatzes von über 47%. Andere stark von der Schrumpfung betroffenen Bereiche der Industrieproduktion sind die Metall- und Chemie-Industrie. Die zu erwartenden Massenentlassungen werden zweifellos die Protestwelle noch anschwellen lassen.

Damit ist Italien in der Spitzengruppe der Schrumpfländer, die von Japan angeführt wird, das alles auf Export basiert hatte und nicht viel für die Stützung des Binnenmarktes tat und nun erntet, was es säte. Nicht weit dahinter Deutschland, das den Binnenmarkt mit Hartz und Co. bis zur Magersucht schrumpfte und fast 40% des Brutto-Inlandsproduktes mit Exporten erzielte. Auch hier das Resultat, das man hätte leicht vorhersehen können: 2. Platz auf der Liste der Schrumpfländer, denn die Exporte gehen in der Grössenordnung auf zwei Drittel zurück und eine Stützung des Binnenmarktes kommt ja für die Regierung nicht in Frage, während man Billionen für die Banken übrig hat.

Italien kämpft jetzt mit Großbritannien um den 3. Platz der Schrumpfländer-Liste. Nur gibt es da einen großen Unterschied: Die anderen drei Länder haben im wesentlichen stabile Staatsfinanzen, während Italien nicht nur hoch verschuldet ist, sondern auch mit hohen Aussenhandels-Defiziten und Budget-Defiziten zu kämpfen hat. Italien hat eine lahmende Binnennachfrage, weil die Reallöhne seit 2003 nicht mehr gestiegen sind - eine weitere "Errungenschaft" Berlusconis. In dieser Hinsicht übertrifft nur Deutschland die Lohnraubpolitik dort, denn hier gibt es bereits seit den neunziger Jahren keine Real-Lohnerhöhungen mehr.

Damit wird Italien jetzt von der Spekulation nach Griechenland, Portugal, Irland und Spanien als nächstes Land auf die Liste der Kandidaten für einen Staatsbankrott in Euro-Land gesetzt. Das heißt noch nicht, dass diese Staatsbankrotte unmittelbar anstehen, nicht dass sie überhaupt stattfinden werden, aber es heißt, dass eine Welle von Spekulationen gegen das jeweilige Land beginnt, welche die Situation noch verschlimmert. Vor allem macht sich das darin bemerkbar, dass die Staatsanleihen mit höheren Zinssätzen versehen werden müssen, damit man sie noch losschlagen kann.

Dazu kommt speziell bei Italien die soziale Unrast, die sich in riesigen Demonstrationen manifestiert und Spekulanten sehen vorrevolutionäre Situationen gar nicht gerne.

Nun, da der großmäulig angekündigte G20-Gipfel zu einem völligen Fehlschlag wurde, da nicht einmal ein paar der kleinen Maßnahmen gegen die ungehemmte Spekulation beschlossen wurden, die vorher gefordert worden waren, wird die weltweite Spekulation zu einem steigenden Faktor in der weiteren Entwicklung der Finanzkrise werden und eine Anzahl von Ländern gefährden. Nicht einmal die Rückkehr zu festen Wechselkursen wurde beschlossen, die wenigstens die Spekulation gegen Währungen eingeschränkt hätte - und ebensowenig das weltweite Verbot der Leerverkäufe als Waffe zum Niederreißen von Kursen, von Währungen, von Aktien, von Staatsanleihen und sonstigen Wertpapieren, ohne dass man dafür diese Werte vorher kaufen muss.

Damit kann man davon ausgehen, dass nicht nur eine Reihe von Ländern in Osteuropa, wie zum Beispiel Lettland, die Ukraine und Ungarn in ernsthafte Gefahr geraten, zu „failed States“ zu werden, sondern auch Länder der Euro-Zone wie eben Italien. Welchen Ausweg man da finden will, wenn die Spekulation nicht eingeschränkt wird, Deutschland und Frankreich schon erklärt haben, sie würden den Euro-Staaten nicht unter die Arme greifen und dann die Spekulation gegen den Euro beginnt, steht in den Sternen.

Wahrscheinlich wird man am Ende diesen Ländern doch helfen, um nicht den Euro einstampfen zu müssen.

Zu allem Überfluss hat der Reaktionär Berlusconi, dem von immer mehr Stimmen eine Verbindung mit Mafia-Organisationen nachgesagt wird, seine Partei, die ‚Forza Italia’, nun mit der rechtsextremistischen „Lega Norte“ zu einer gemeinsamen Rechtspartei vereint. Es gibt bereits eine ganze Reihe von Industrie-Bossen, die keine Bilder sehen wollen, auf denen sie Berlusconi die Hand schütteln. Unter diesen Bedingungen wird die Situation für den Ministerpräsidenten eines großen Industrie-Landes immer prekärer. Immerhin reden wir hier von der achtgrössten Industrienation.

Wer weiß, vielleicht werden in Italien auch bald die ersten Schiessbefehle auf Demonstranten gegeben werden wie in Thailand. Nach allen bisherigen Erfahrungen würde dies die Wut der Massen nur steigern.


Veröffentlicht am 14. April 2009 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 9. April 2009

US-Arbeitslose jetzt offiziell bei 13,2 Millionen

Wie man Arbeitslosenzahlen manipuliert: US-Vorbild, Deutsche Nachahmer

Von Karl Weiss

In den USA sind die Arbeitslosenzahlen für März jetzt veröffentlicht worden. Die offizielle Arbeitslosenqote lautet jetzt 8,5%, das sind 13,2 Millionen Arbeitslose, 6,4 Mio mehr als vor Ausbruch der Krise. Das ist das höchste Niveau seit 26 Jahren – jedenfalls nach offizieller Zählung. In den letzten drei Monaten stieg die Arbeitslosigkeit mit auf das Jahr gerechnet unglaublichen 74 % steil an.

Dort, in den USA, wurde auch zuerst entdeckt, wie positiv es für eine Regierung sein kann, die Arbeitslosenzahlen in einem Land ein wenig nach unten „anzupassen“. Allerdings haben einige Nachahnmer, wie speziell die deutsche Bundesregierung, ihre Vorbilder inzwischen bereits um Längen übertroffen. Das interessiert, wenn aus den USA jetzt 8,5 % Arbeitslose gemeldet werden – während dort gleichzeitig etwa 20% der Bevölkerung in absoluter Armut leben - und wenn mal wieder die monatliche Märchenstunde von Nürnberg eröffnet wird.

Die Nachricht wurde als Horrorbotschaft gekennzeichnet: In den USA ist die Arbeitslosigkeit sprunghaft gestiegen. Jetzt seinen bereits 8,5% arbeitslos. Tatsache ist, die vorherige angebliche Arbeitslosigkeit von 5% war sowieso völlig unglaubwürdig. Nach neutralen Untersuchungen – vor der Krise – sind etwa 20% der US-Bürger im Bereich der absoluten Armut (die ist mit maximal 1 Dollar pro Tag und Person definiert). Es kann davon ausgegangen werden, diese 8,5%-Zahl bedeutet einen wesentlichen Anstieg jener 20%.

Die folgende „Kurze Geschichte der Manipulationen der Arbeitslosenzahlen“ in den USA wurde aus diesem Artikel übernommen und übersetzt:

http://www.harpers.org/archive/2008/05/0082023

„Einige Jahre nach dem Amtsantritt von Präsident Kennedy (1961) wurden Arbeiter, die nicht mehr auf Arbeitssuche waren (auch wenn der Grund war, dass es einfach keine Arbeit gab), aus der Zahl der Arbeitslosen herausgerechnet. Sie wurden als „discouraged workers“ bezeichnet, was man als ‚inaktive Arbeitslose‘ übersetzen kann. Allerdings tauchten sie damals noch in den Gesamtzahlen auf und man konnte daher leicht die wirkliche Artbeitslosenzahl errechnen.

Unter Richard Nixon wurde eine andere Neuerung eingeführt, um die Arbeitslosenzahlen zu minimisieren: Da es jeweils zwei Versionen gibt, die Zahlen ohne saisonale Anpassung und jene mit saisonaler Anpassung, wurde einfach dekretiert, dass man jeweils jene der beiden Zahlen veröffentlicht, die niedriger ist.

Die Reagan-Regierung fand eine weitere Quelle, wie man die Arbeitslosenzahlen manipulieren kann: Die ins Militär eingezogenen wurden nun als „Beschäftigte“ gezählt, nicht mehr als „Nicht Beschäftigte“.

Unter Clinton wurde dann die nächste „Korrektur“ angebracht: Man reduzierte nun einfach die Gesamtzahl der Arbeitskräfte, auf die sich die Prozentzahlen beziehen, indem die „discouraged workers“ ganz aus den Zahlen herausgenommen wurden, wenn sie nicht für mindestens ein Jahr Arbeit gesucht hatten. Das betraf etwa 4 Millionen Amerikaner, die vorher noch bei den „Nichtbeschäftigten“ aufgetaucht waren und nun ganz aus der Liste verschwanden, wodurch die Zahl der Beschäftigten im Vergleich zu denen nicht Beschäftigen deutlich anstieg."

Wenn also die letzte Meldung aus den USA lautet, die Arbeitslosigkeit habe 8,5% überschritten, so kann man ohne Übertreibung davon ausgehen, dass sie bereits deutlich die 12% passiert hat.

Ähnlich hat auch die deutsche Bundesregierung eine scheinbare Verringerung der Arbeitslosigkeit geschafft:

Zuerst wurden alle herausgenommen, die irgendwelche Mini-Jobs hatten mit einem Einkommen, das ihnen das Recht gibt, noch auf „Hartz IV“ aufgestockt zu werden. Dann bereinigte man die Arbeitslosenzahlen um die „Ein-Euro-Jobber“, obwohl dies laut Gesetzestext keine bezahlte Arbeit ist, sondern eine öffentliche Dienstleistung, zu der Hartz-IV-Empfänger verpflichtet werden können. Schon vorher hatte man die Leiharbeiter aus der Statistik für Arbeitslose herausgenommen. Dann wurden fast alle über 58 aus der Statistik genommen.

Als nächster Schritt wurden alle herausgenommen, die in irgendwelchen „Massnahmen“ untergebracht worden waren, auch wenn solche Massnahmen nicht mehr als überwachtes „Zeit-tot-schlagen“ wie etwa jene bei der Kolping in Würzburg und natürlich auch nicht bezahlt sind. Das, obwohl diese Personen weiterhin auf Hartz IV sitzen und völlig eindeutig Arbeitslose sind.

Schliesslich aber – und das war der „geniale“ Coup der Grossen Koalition unter Frau Merkel – hat man alle aus der Statistik herausgenommen, die an sogenannte Arbeitsvermittlungen ausgelagert worden waren. Diese Arbeitsvermittlungen vermitteln in Wirklichkeit keine Arbeit – es ist ja auch keine da -, sondern erfassen die Arbeitslosen, laden sie zu Vorträgen, geben ihnen einen Kurs, wie man Bewerbungen und Lebensläufe schreibt und halten sie einfach ausserhalb der Arbeitslosenzahlen – so als ob die Zahl der Arvbeitsplätze sich vermehren würde, wenn die Lebensläufe und Bewerbungen besser geschrieben werden.

Als letzte Massnahme, die noch dazu beiträgt, dass die Zahlen der Arbeitslosen in Deutschland zwar auch steigen , aber nicht so steil, wurden die arbeitslos Gemeldeten einer generellen Überprüfung unterzogen, was wohl bei einer nicht genannten Zahl unter irgendeinem Vorwand dazu geführt hat, dass sie nicht mehr gezählt werden zu brauchen. Die Nürnberger Anstalt hat sich geweigert, die Kriterien und Zahlen hierzu der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Nun, die Zahlen der OECD, die niemals zu übertriebenem Pessimismus geneigt hat, zur deutschen Arbeitslosigkeit sind da eindeutig: Im weiteren Verlauf der Krise soll die offizielle deutsche Zahl nach deren Einschätzung auf etwa 4,8 Millionen steigen, obwohl ja schon fast alle herausgerechnet wurden. Wir müssen also hier mit einer wirklichen Arbeitslosigkeit im Bereich von 10 Millionen rechnen.


Veröffentlicht am 8. April 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 8. April 2009

Vorbereitung des Zensursystems

Die Durchsuchung bei “wikileaks” ist kein Ausrutscher

Von Karl Weiss

So war es schon in der Sklavenhaltergesellschaft, war es im Feudalismus und so ist es heut e im Kapitalismus. Die Herrschenden und ihre Lakaien haben es gar nicht gern, wenn ihre kleinen und grossen Irrtümer, Betrügereien, unter den Teppich gekehrte Vergehen und „Leichen im Keller“ aufgedeckt und an die Öffentlichkeit gebracht werden.

Der Gegner ist nicht der kleine Mann, der übers Ohr gehauen wird und ergebnislos protestiert, der Gegner ist der Aufklärer.

Aufklärung ist das, was alle Herrschenden seit den ersten Klassengesellschaften der Menschheit immer fürchten. Dafür setzen sie dann schon einmal unlautere Mittel ein. Im alten Rom wurde jemand, der unangenehmes über einen der Konsul wusste, schon einmal ans äusserste Ende des Reiches auf Kriegsführung geschickt, wie das Julius Cäsar widerfuhr, im Feudalismus wurden Personen, die Dinge wussten und hätten ausplaudern können, einfach zu Hexen oder Hexern erklärt und auf öffentlichem Platz verbrannt.

Aber auch hier, im Kapitalismus, ist der Hauptfeind der Herrschenden immer die Wahrheit. Da hat man denn schon einmal eine ganze Reihe von Journalisten über Jahre abhören lassen, darunter einen des Spiegel, um eine „undichte Stelle“ herauszufinden.

Da wurden denn schon einmal eine ganze Reihe von Journalisten mit Anzeigen überzogen, weil sie das Fax an die Öffentlichkeit gebracht hatten, das belegte, Steinmeier hat im Fall des Guantanamo-Häftlings Kurnaz gelogen. Er hatte behauptet, die US-Regierung hätte nie die Überstellung von Kurnaz nach Deutschland angeboten, weil er als unschuldig angesehen werde. Doch genau das stand in jenem Fax. Wie peinlich!

SPD Oktober 2007

Da liess die Telekom ihren eigenen Aufsichtsrat bespitzeln , um ein „Leck“zu finden, da wurden in hohen Ämtern bei der Bahn und wohl auch in dessen Aufsichtsrat nach Leuten mit Kontakten zu Journalisten gefahndet.

In all dies reiht sich ganz zwanglos ein, dass jetzt eine Hausdurchsuchung in den beiden Wohnungen des Verantwortlichen für die deutsche Plattform, die von „wikileaks“ genutzt wird, stattgefunden hat. „Wikileaks“ veröffentlich geheim gehaltene Dokumente von öffentlichem Interesse.

So hat man u.a. die Listen aus Dänemark und anderen Ländern veröffentlicht, auf denen Websites aufgeführt waren, die gesperrt worden waren, weil sie angeblich Kinderpornos enthielten.

Was war daran so zu verheimlichen? Nun, die meisten der Sites enthielten überhaupt kein Kinderporno. Es wurde deutlich, im wahnhaften Glauben, Kinderporno verfolgen zu müssen, hat man einfach zu den wenigen wirklichen Fällen eine Riesenanzahl anderer hinzugefügt, um behaupten zu können, das Internet sei voller Kinderporno-Seiten. Das durfte aber nicht herauskommen. „Wikileaks“ hat dem aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Also trifft die Strafe „wikileaks“, nicht etwa jene, die Kinderporno ins Netz stellen.

Es wurde ein Verfahren gegen „wikileaks“ eröffnet, weil man Adressen von Kinderporno–Sites zugänglich gemacht hätte, denn es waren ja wirklich einige unter den veröffentlichten Sites. Gegen die Betreiber dieser Sites hat man dagegen keinerlei Hausdurchsuchung angesetzt.

Da wird schon deutlich: Es geht bei den Verfolgungen von Frau von der Leyen und anderen Politikern überhaupt nicht um Kinderporno, es geht darum, eine Scheinaktivität zu entwickeln, die der unbedarfte Bundesbürger als Vorgehen gegen Kinderporno-Hersteller versteht, auch wenn gegen diese gar nicht vorgegangen wird.

Das durfte nicht aufkommen und so wird nun „wikileaks“ abgestraft statt der Kinderpornoseiten-Betreiber.

Eine Stellungnahme von Frau van der Leyen und der ganzen Bundesregierung zu der hohen Anzahl von gesperrten Seiten, die überhaupt kein Kinderporno enthalten, hat es bis heute nicht gegeben. In solchen Fällen, wenn man erwischt wurde, hält man sich bedeckt. So wie damals auch Steinmeier, der seine damalige Lüge einfach ausgesessen hat. Wer wird sich daran 2009 noch erinnern? Nur immer feste auf Kanzler kandidieren!

Deshalb brauchen die Herrschenden eben unbedingt ein Zensursystem im Internet. Es geht ihnen nicht um Kinderporno, wie jetzt beweisen ist, sie wollen die Zensur nach chinesischem und Nordkorea-Vorbild im Internet einführen, damit ihre Gauenereinen nicht mehr aufgedeckt werden.

Dienstag, 7. April 2009

...und schon haben wir die ersten Fälle

Die neue Kinderporno-Definition

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

In den USA haben sich jetzt die ersten Fälle ergeben, in denen, wie leicht vorherzusehen war, Teenager auf Grund von Nacktfotos, die sie auf dem Handy ausgetauscht hatten, wegen Kinderporno angeklagt wurden. Die Politiker fürchten zu Recht, an Einfluss zu verlieren und versuchen über eine neue Definition des „Kinderporno“ die Zahl der Fälle in die Höhe zu schrauben und sich als machtvolle Kämpfer gegen Kinder-Missbrauch darzustellen. Auf der Strecke bleiben Menschenrechte und gesunder Menschenverstand.

Bravo- Junge und Mädchen

In den USA hat man herausgefunden, wie man die Zahl der „Kinderporno“-Fälle gewaltig in die Höhe schrauben kann. Die Politiker können dann das anderwärts verlorene Vetrauen wiederzugewinnen versuchen, in dem sie als heroische Verfolger von Kinderporno auftreten. Man musste einfach nur das Alter der „Kinder“ im Kinderporno auf 18 Jahre heraufsetzen und nicht nur wirklichen Sex mit, vor oder von Kindern, sondern auch „aufreizende Posen“ – was auch immer das ist - als Kinderporno definieren, schon kommen die Fälle nur so geflossen.

Auch in Deutschland ist ein entsprechend geändertes Gesetz mit der neuen Definition des Alters (alles bis 18 Jahre) und mit der Einführung der „aufreizenden Posen“ im letzten November verabschiedet worden. Wir können also auch hier bald solche Fälle wie jetzt im US-Bundesstaat Wyoming erleben.

Nudist Foto 179

Dort hatten Lehrer auf den Handys von Halbwüchsigen Fotos von leicht bekleideten bzw. nackten anderer Schüler/innen entdeckt und haben die Fälle dem Staatsanwalt übergeben. Insgesamt wurden allein im letzten Monat bei 17 Schülern Fälle konstruiert, die vom Staatsanwalt jedes Mal in folgender Form gehandhabt wurden: Die Schüler wurden vorgeladen und vor die Alternative gestellt, entweder einen Urintest (Drogen, Schwangerschaft) zu absolvieren und sich einer fünfwöchigen Schulung über richtiges Verhalten zu unterziehen oder sie würden wegen Verbreitung von „Kinderporno“ angeklagt und wären dann im Fall einer Verurteilung ihr Leben lang als Sexualtäter gebrandmarkt.

Alle „Sexualtäter“ werden in den USA auf Internetseiten mit Name, Foto und Aufenthaltsort vorgeführt – und das lebenslang. Sie dürfen nicht näher als 500 Meter an Institutionen wohnen, wo sich Kinder aufhalten, in einigen Bundesstaaten nicht näher als 2 km.

Nudist foto 199

Die genannten 17 Jugendlichen verpflichteten sich zum Urintest und zur Schulung. Solche Schulungen dienen offenbar der religiösen extrem Rechten, die Jugendliche in ihrem Sinne indoktrinieren wollen.

Nun haben sich aber drei 15-jährige Mädchen geweigert, deren Fotos - 2 nur mit BH bekleidet, die dritte mit nacktem Oberkörper- auf einem Handy gefunden wurden, den „Deal“ anzunehmen. Sie erklärten (völlig zu Recht), das Vorgehen sie illegal und unfair und haben Gegenklage erheben lassen durch einen Anwalt.
Die American Civil Liberties Union (ACLU) unterstützt diese Klage und wird versuchen, sie durch die Instanzen zu bringen, um sie dem Obersten Bundesgericht vorzulegen.

Bravo - Erstes Mal

Es handelt sich bei diesen Fotos um „Sexting“, eine seit der allgemeinen Einführung von foto-bewehrten Handys extrem weit verbreitete Mode unter jungen Leuten – nicht nur in den USA. Es werden Oberkörperfotos gemacht und verbreitet (bei Jungs also völlig unverfänglich), wobei die Mädchen nur einen BH anhaben oder aber den nackten Oberkörper zeigen.

Bei einer repräsentativen Umfrage in den USA haben 22 % der jungen Frauen (unter 18) angegeben, bereits bei „Sexting“ mitgemacht zu haben und 18% der Jungen unter 18.

Nudist Foto 123

Im Schnitt also etwa 20% der jungen Leute zwischen 14 und 18, die – nach Ansicht des Gesetzgebers und der Staatsanwaltschaft – Sexualverbrecher seien. Es handelt sich also um nicht mehr und nicht weniger als den Versuch, etwa jeden fünften US-Teenager als Sexualverbrecher zu brandmarken.

Bei der gleichlautenden Gesetzesvorschrift in Deutschland wird Urintest und Kurs nicht als Alrternative angeboten. Man stelle sich also vor, wenn die Staatsanwaltschaften das mit deutscher Gründlichkeit zu behandeln beginnen.

Doch was steckt dahinter? Warum werden solche absurden Gesetze beschlossen und solche haarsträubenden kriminellen Verfolgungen betrieben?
Es geht um die Bedürfnisse von Politikern, die mehr und mehr unglaubwürdig werden. Bereits vor der Krise brach ihre Popularität zunehmend ein. Und jetzt in der Krise – es droht die Annäherung an Null Popularität. Da kommen Kinderporno und Kinderschänder wie gerufen. In der aufopfernden Verfolgung diese am meisten verdammenswerten von allen Verbrechen wird der Politiker wieder zur Heldenfigur, man kann sich wieder mit ihm identifizieren – so stellen es sich die Politiker jedenfalls vor.

Nudist Foto 147

So muss man eine ständig steigende Zahl von Kinderpornos schaffen, muss das Internet zensieren – auch wenn man weiss, das nützt nichts - und immer absurdere Massnahmen gegen die angeblich grassierenden Missbräuche von Kindern unternehmen.

Völlig unbeachtet bleibt, dass in Wirklichkeit die weit, weit überwiegende Mehrheit der Fälle von Kindsmissbrauch zu Hause stattfindet und von Vätern, anderen Familienmitgliedern oder engen Freunden der Familie verübt wird. Es bleibt völlig unbeachtete, dass die Zahl der wirklichen kriminellen sexuellen Angriffe auf Kinder ausserhalb dieser Späre ungefähr so häufig ist wie ein Islamistenattentat. Es bleibt unbeachtet, dass es zwar wirklich Ringe von Kinderpornoproduzenten gibt, die ihre Bilder und Videos zu hohen Preisen anbieten, aber dies ist weit seltener ist als die Zahl von Mafiaorganisationen in einem Land.

Würden sich diese Relationen verbreiten, hätten die Politker keine Chance mehr, sich als die unbezähmbaren Bekämpfer von Kinderporno und von Kindsmissbrauch zu profilieren, also wird dies systematisch verschwiegen.

Staattdessen werden zum Beispiel folgende „Informationen“ an die Öffentlichkeit gegeben: Das BKA hätte herausgefunden,dass Kinderporno im Internet sich verdoppelt hätte. Die Zahl der Bezahl-Seiten mit Kinderporno würde immer grösser werden im Internet. Das Internet würde durch sein Kinderporno-Angebot die Zahl der sexuellen Übergriffe auf Kinder erhöhen.

Das alles stimmt nicht.

Sexuelle Übergriffe auf Kinder ausserhalb der häuslichen Späre gehen deutlich zurück.Wenn das Internet also einen Einfluss gehabt haben sollte, dann einen positiven. Wirkliche kriminelle Kinderpornoringe arbeiten nicht mit Bezahlseiten im Internet. Die können viel zu leicht auffliegen. Das Internet wird lediglich verwendet, um Kontakt zu potentiellen Kunden aufzunehmen. Videos und Fotos von Kindervergewaltigungen werden per Post verschickt – das geht anonym.

Auch der SPD-Abgeordnete Tauss wurde geschnappt, weil er Telefon-Kontakt mit einem Kinderporno-Produzenten hatte und ein Video geschickt bekam.

Als „wikileak“ die Seiten veröffentlichte, die in Dänemark wegen Kinderporno gesperrt wurden, konnte man auf 90% dieser Seiten überhaupt keine Sex-mit-Kinder-Szenen sehen. So wird mit etwas, das nur in minimalem Umfang existiert, versucht, eine Hysterie zu erwecken, auf der dann Politiker ihr Süppchen kochen wollen.

nudist-foto 125

Was sagen die Menschenrechte und der gesunde Menschenverstand über die Sexualität Jugendlicher? Jugendliche – also Menschen vom 14. bis 18. Lebensjahr – sind bereits sexuell reif und haben daher ein – wenn auch oft äusserst unterdrücktes - Sexualleben. Sie haben ein natürliches Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, ein Recht auf Glück und ein Recht auf Aufklärung über Verhütung und Verhinderung sexuell übertragbarer Krankheiten.

Wer ihnen das vorenthalten will, wie die extremistische religiöse Rechte in den USA und deren Nachbeter, wie die EU-Kommission zusammen mit europäischen Regierungen, wie der deutsche Gesetzgeber und die deutsche Regierung, begeht ein schweres Attentat auf Menschenrechte. Wer mit der beliebig auslegbaren Definition „aufreizende Posen“ die mögliche Verurteilung für schwerste Straftaten der Beliebigkeit übergibt, nimmt dem staatstreuen Bürger das wesentliche Grundrecht, nur für klar definierte Straftaten zur Verwantwortung gezogen werden zu können.

Donnerstag, 2. April 2009

Demonstrationen in London anlässlich des G20-Gipfels

Banker provozieren

Von Karl Weiss

Tausende Von Demonstranten haben sich am 1. April, der auf Englisch “Fools Day” genannt wird, in der Londoner City an einer Demonstration gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung beteiligt. Sie bezeichneten den 1. April nun als „Financial Fools Day“, eine deutliche Anspielung auf die Zocker in den Banken und Versicherungen, die nun plötzlich in der Unterwäsche dastehen.

In der City von London, wo gleichzeitig das zweitgrößte Finanzzentrum der Welt nach der New Yorker Wall Street angesiedelt ist, wurden die Demonstranten nach einer Meldung der „Süddeutschen“ massiv von Bankern provoziert. Aus oberen Stockwerken der Bankgebäude, hinter mehreren Reihen von Polizisten verschanzt, winkten sie den Demonstranten mit 10-Pfund-Noten zu.

Die Demonstranten, die sowieso schon empört waren, weil die Regierungen Milliarden für die Banken lockermachen, aber die Folgen der Krise auf den „kleinen Mann“ abwälzen wollen, wurden dadurch so aufgebracht, dass sie bei einem der Hauptziele der Demonstration, dem Sitz der „Royal Bank of Scotland“, die Polizeiketten überrannten und das Gebäude besetzten. Es war allerdings leer.

Die Medien überschlagen sich nun in Beschimpfungen der Demonstranten. „Ausschreitungen“ hätte es gegeben, wird berichtet, und „Sachbeschädigung“, „Gewaltausbrüche“ titelt ein anderes Blatt, noch ein anders: „Krawalle“. Ein Kommentator sprach von "Mob". Das Fernsehen zeigt Gerangel zwischen Polizisten und Demonstranten. Verletzungen hätte es gegeben. Das kennen wir von Heiligendamm. Jeder Polizist mit einem Kratzer wurde als „schwer verletzt“ bezeichnet. Keines dieser Medien (ausser jenem einen) berichtet aber über die Provokationen mit den Geldscheinen.

Die „Royal Bank of Scotland“ ist darum so „beliebt“ beim britischen Demonstranten, weil sie die höchste Summe von Staatsknete erhielt und dann ihren Chef mit der höchsten Abfindung in Pension schickte.

Die Medien stimmen uns also ein: Wir sollen wie die Lämmer vor der Schlachtbank ruhig unser Schicksal ertragen und uns auch noch verhöhnen lassen. In der Krise, so wird uns eingebläut, kann man nichts machen. Nur warten, bis es besser wird.

Pustekuchen! In der Krise sind sie besonders empfindlich! Jeder Streik, jede Aktion trifft sie doppelt!

Nehmen wir uns ein Beispiel an den Londoner Demonstranten: Sie forderten Scheiterhaufen für (den britischen Premier) Brown und die Banken-Chefs und riefen: „Sie haben unser Geld gestohlen!“. Sie riefen „Bestraft die Plünderer“ und „Schande über euch“. Es wurden „Die vier Reiter der Apokalypse“ mitgetragen, die für „Krieg“, „Klimachaos“, „Finanzverbrechen“ und „Obdachlosigkeit“ stehen.

Vor der Zentralbank riefen sie: „Schafft das Geld ab“. Wenn das Geld abgeschafft ist, haben wir Kommunismus.


Veröffentlicht am 2. April 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 31. März 2009

Selbstverständlich auf unserem Rücken?

Man wird sehen

Von Karl Weiss

Bis vor wenigen Tagen haben Bundesregierung und – ‚his masters voice‘ – die Medien von einem „Konjunktureinbruch“ gesprochen und prophezeit, im Sommer ginge es schon wieder bergauf – oder jedenfalls im Herbst. Nun wurde der Ton geändert. 5% Rückgang im Brutto-Inlandsprodukt ist nun das mindeste und Millionen werden arbeitslos werden, gibt man jetzt zu. Jetzt wird so getan, als würde man von einem unvorhersehbaren Tsunami heimgesucht. Aber die Wirtschaftskrise ist keine Naturkatastrophe – sie ist menschengemacht – und sie war vorhersehbar.

Deutschland: Umsatzindex verarbeitendes Gewerbe 2007 bis 1/2009

Der Bürger-Journalist schrieb zum Beispiel bereits 2006 in Bezug auf die bevorstehende Wirtschaftskrise im Artikel „Die Wirtschaftskrise in Deutschland wird fürchterlich“:

„Der Rückschlag der Wirtschaftskrise aus anderen Ländern käme noch dazu: Die können nicht mehr soviel deutsche Produkte kaufen, da sie selbst in der Krise stecken. Sind glatt noch einmal 2%, da sind wir auf –8%. (...)... der weitere Rückschlag auf Deutschland mit weiteren Pleiten, Entlassungen und Arbeitslosenzahlen, die das Szenario von 2006 als Paradies erscheinen lassen werden. Nicht einmal ein zweistelliger Rückgang der wirtschaftlichen Tätigkeit in Deutschland ist völlig auszuschließen für einzelne Quartale im Jahresvergleich. Das kann in seinen desaströsen Auswirkungen bestenfalls noch mit der massiven Weltwirtschaftskrise verglichen werden, die 1929 begann und bis tief in die Dreißiger Jahre hinein ging – und selbst die könnte noch übertroffen werden.“

Deutschland: Beschäftigung - Veränderung gegen Vorjahr

Er schrieb aber damals auch bereits, wie man die extremen Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf Deutschland verringern könnte:

„Natürlich hätte die Bundesregierung Mittel in der Hand, diese Krise in ihren Auswirkungen auf Deutschland abzuschwächen (verhindern oder hinauszögern kann sie wohl jetzt sowieso niemand mehr). Man könnte die Mehrwertsteuererhöhung aussetzen, stattdessen Maßnahmen der Förderung der Massenkaufkraft beschließen, z.B. eine massive Steuersenkung für die Masse der niedrigen Einkommen, eine Grundversorgung für alle Bürger, die Verdreifachung des Kindergelds und so vieles mehr. All das könnte einfach finanziert werden, wenn man alle Steuererleichterungen für die Konzerne der rot-grünen Koalition rückgängig machte und wieder auf den Stand der Unternehmenssteuern am Ende der Ära Kohl ginge, sowie die sofortige Einstellung der EG-Beihilfen an Großagrarier und Konzerne und der großzügigen Finanzierung der Kirchen ebenso wie ein Ende aller militärischen Abenteuer im Ausland beschlösse.“

Demgegenüber werden jetzt, da die wirklichen Ausmasse der Krise nicht mehr einfach verschleiert werden können, bereits die Stillhalteappelle verbreitet. Die „Süddeutsche" schreibt am 25.3.09:

„In ein paar Monaten wird die Krise am Arbeitsmarkt voll durchschlagen. Hunderttausende werden arbeitslos. Bis Ende 2010 könnte die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 1,5 Millionen wachsen. In vielen Privathaushalten, (...) wird Verzweiflung herrschen. (...)

Die nächste Regierung (...) muss deshalb eisern sparen oder Steuern und Abgaben erhöhen - oder beides tun. Wer im Wahlkampf etwas anderes verspricht, belügt die Bürger.“

Statistik Reallöhne

Hören Sie die Nachtigall trappsen? Als es den Banken schlecht ging, hatten sie Hunderte von Milliarden, ja Billonen Euro übrig – jetzt, wenn es uns schlecht geht, werden sie Steuern und Abgaben erhöhen – für uns natürlich, nicht für ihre Freunde in den Luxusvillen und Vorstandsetagen – denn nun muss man eisern sparen.

Dieser Kapitalismus hat wirklich ausgedient. Schon in jenem Artikel 2006 schrieb der Bürger-Journalist daher:

"Ein System, das nur unermeßlichen Reichtum für eine winzige Minderheit und Arbeitslosigkeit, Krisen, Hunger, Not, Elend, Kriminalität, Krieg und Gewalt produzieren kann, muß weg! (...) Die Zeiten, als kaum einer den Kampf für nötig hielt, werden bald definitiv vorbei sein. Lebhafte, revolutionäre Zeiten stehen an!"

Veröffentlicht am 31. März 2009 in der Berliner Umschau

Samstag, 28. März 2009

Es gibt kein ‚Phantom von Heilbronn’

DNA-Euphorie gedämpft

Von Karl Weiss

Wenn es nicht so tragisch wäre, müsste man lachen. Einer der teuersten und aufwendigsten Polizeieinsätze der Gegenwart, die Suche nach dem „Phantom von Heilbronn“, ist als Tragikkomödie zu Ende gegangen. Es gibt kein Phantom von Heilbronn. Die DNA-Spuren, die auf eine Täterin bei sechs Morden hingewiesen hatten, waren in Wirklichkeit solche, die von der Herstellung her an Wattestäbchen hafteten, die man zur Spurensicherung verwendete.

Ein Verpackungsarbeiterin in der Fabrik, welche die Wattestäbchen herstellte, hatte immer wieder Hautschuppen an die Wattestäbchen abgegeben. Die Polizei hatte diese in der Annahme verwendet, sie seien frei von DNA-Spuren, hatte aber versäumt, dies zu überprüfen.

Auf diese Art und Weise waren bei insgesamt sechs Mordfällen Spuren der DNA der gleichen Frau gefunden worden, was zur Annahme führte, es handele sich um eine Serientäterin, das „Phantom von Heilbronn“.

Mit Millionenkosten hatten 30 Mann der Polizei in einer Sonderkommission über Jahre das Phantom gesucht, insgesamt 16 000 Überstunden angehäuft und waren 3 700 Spuren nachgegangen – alles umsonst – nein, eben nicht umsonst - aber ergebnislos. Der grösste Polizeieinsatz in der Deutschen Geschichte ist nun zu Ende. Niemand hat bisher erklärt, er würde sich schämen.

Nun, dann tue ich dies hiermit stellvertretend.

Die Zeiten, als die Deutschen für ihre Akkuratesse und Effezienz weltberühmt waren, scheinen zu Ende zu gehen. Wenn deutsche Polizisten so primäre Fehler machen, wem soll man noch vertrauen?

Da kommt nun auch noch dazu, dass die Heilbronner Polizei bereits vor längerer Zeit einen Hinweis bekam, dass DNA auf den Wattestäbchen sein könnte. In Österreich waren die Fahnder mit den Wattestäbchen auf eine weibliche Person gestossen, konnten aber in einem konkreten Fall die Anwesenheit weiblicher Personen ausschliessen. Darufhin hatten sie die Wattestäbchen überprüft und stellten fest: Der Hersteller hatte nie garantiert, sie seien DNA-frei. Dies wurde innerhalb der Polizei-Verbindungen weitergegeben, aber die Heilbronner Kollegen waren dem Hinweis nicht nachgegangen.

Aber es stellen sich noch ganz andere, viel wichtigere Fragen:

Der DNA-Test, der bereits zu euphorischen Reaktionen geführt hatte, als Allheilmittel der Verbrechensaufklärung gefeiert, ist plötzlich nicht mehr unfehlbar. Zwar ist die Genauigkeit des Testes als solchem, im Vergleich mit gefundenen Spuren am Tatort, wirklich extrem zuverlässig. Die Frage stellt sich aber eben, wie an diesem Beispiel deutlich wurde, man weiss nie mit Sicherheit, wie eine entsprechende DNA-Spur an den Tatort kam.

Da kann es zum Beispiel sein, jemand, der an der Fabrikation eines der Möbelstücke beteiligt war, die am Tatort waren, könnte als jemand identifiziert werden, der am Tatort war. Auch wenn die Polizei in Deutschland in Zukunft mehr auf DNA-freie Wattestäbchen sehen wird, gibt es noch hunderterlei Möglchkeiten, wie DNA von völlig unbeteiligten Personen an irgendwelche Tatorte gelangen kann.

Ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, eine DNA-Probe von jemandem zu ergattern und gezielt an den Tatort zu befördern, um den Verdacht auf jemand zu lenken, der es vielleicht auch gewesen sein könnte.

Sei es, dass man einfach ein wenig Staub von einem Kissen sammelt, auf das eine Person seinen Kopf gelegt hatte, sei es, dass man Zugang zu einem Glas hat, von dem die Person getrunken hat – wir alle hinterlassen ununterbrochen eine Spur von unserer DNA in der Umwelt, was zwar zur Aufklärung von Verbrechen führen kann, aber ebenso von skrupellosen Verbrechern genutzt werden kann, um den Verdacht auf bestimmte andere Personen zu lenken.

So dürfte eine der Folgen der ergebnislosen Suche nach dem Phantom sein, dass in zukünftigen Prozessen, in denen eine DNA-Spur als Beweis eingebracht wird, die Frage, welchen Beweiswert wirklich eine DNA am Tatort hat, die mit jener des/der Angeklagten übereinstimmt, einen ganz neuen Stellenwert bekommt.

Jeder gewiefte Verteidiger wird den Fall der unschuldigen Verpackungsarbeiterin, die scheinbar als Massenmörderin identifiziert wurde, zur Relativierung des DNA-Beweises verwenden.

Die bisherige Praxis, DNA-Beweise praktisch als Gottesurteile anzusehen, dürfte damit gestorben sein. Insoweit hat die Panne der Heibronner Polizei anscheinend auch etwas Gutes.


Veröffentlicht am 28. März 2009 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 26. März 2009

'Langsam lächerlich'

Bankrott garantiert

Von Karl Weiss

Was da die Financial Times Deutschland (FTD) am 17. März schrieb, ist schon etwas kurios. Man erklärt den Devisenmarkt für „langsam lächerlich“. Warum? Weil bei jeder kleinen zusätzlichen Erschütterung alles sofort in den Dollar und Dollarbonds flüchtet, den „sicheren Hafen“. Nur sind der Dollar und die US-Staatspapiere heute alles andere als sicher.

Der Artikel beginnt so: „Märkte neigen zum kollektiven Selbstbetrug. Dass der Dollar immer noch als sicherer Hafen gilt, ist einer der irrwitzigsten.“

Der Rettungs-Plan

Was diesen Irrwitz repräsentiert, das hatten wir bereits ausführlich dargestellt. In diesem Artikel: „Vorhersage des Dollar-Crash“ vom 9. Dezember 2008 wurde bereits gesagt: „Die Netto-Ersparnisse der USA sind bereits im dritten Quartal auf minus 249 Mrd. Dollar gesunken – und das war im wesentlichen noch vor der Krise. Und das angesichts des 700-Mrd.-Dollar-Pakets für die Banken , weiterer 2 700 Milliarden zum Stützen von Geldmarktfonds usw. (Gesamt-Verbindlichkeiten der Fed und der Regierung - jetzt bereits - nach Bloomberg: 8 500 Mrd. Dollar).“

Und das war, bevor Obama sein 800 Mrd.-Konjunktur-Paket durch den Kongress brachte und bevor die neuen Geldspritzen für AIG bekannt wurden und bevor die hohen zusätzlichen Verbindlichkeiten von ´Fannie Mae´ und ´Freddie Mac´ bekannt wurden, die zusammen noch einmal 1 000 Mrd. Dollar ausmachen. Zusammen sind das also bereits deutlich mehr als 10 000 Mrd. Dollar.

Die Vorstellung, das könnte irgendwann einmal bezahlt werden, ist absurd.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Das alles wird durch Gelddrucken bezahlt (in Form von Ausgabe von Dollarbonds und mit wirklichem Gelddrucken). Die Vorstellung, solch gewaltige Schulden könnten auf Dauer keine Hyperinflation verursachen und/oder den Dollar im Wert in den Abgrund schicken, wäre - wie sagte die FTD so schön, irrwitzig. Und wenn der Dollar zu einem Nichts wird, sind natürlich auch US-Staatsschuldverschreibungen wertlos, weil sie in Dollar ausgestellt sind.

Wir sind also hier in der gleichen Situation wie die Banken vor der Krise. Alle wussten bereits, was kommt, die Verluste waren ja schon abzusehen. Aber alle spielten Vogel Strauss – nach außen hin. In Wirklichkeit traf man natürlich bereits seine Vorkehrungen. Der CEO der Investmentbank Lehmann Brothers zum Beispiel hat bereits Monate vor dem Bankrott seiner Bank, der als Anfang der Krise gilt, eine millionenschwere Villa an seine Frau für 100 Dollar verkauft – warum wohl?

Alle tun nach außen hin noch so, als sei es nicht klar, was kommt. Die FTD nennt das „kollektiven Selbstbetrug“. In Wirklichkeit wusste man aber bereits, die Regierungen würden Milliarden und Abermilliarden für die Banken und Versicherungen locker machen müssen und war deshalb nicht wirklich besorgt.

Genau das gleiche spielt sich jetzt in Bezug auf den Kauf von Dollar-Bonds und auf den Wert des Dollars ab. Alle spielen „Business as usual“: Wenns kracht, geht man in den Dollar, wenn Silberstreifen auftauchen, versucht man schon mal den Euro.

Dollar Gasp

Aber die Rally gegen den Dollar und damit letztlich auch die Dollarbonds ist nur eine Frage der Zeit. Ist sie losgetreten, kann sie mit den modernen elektronischen Mitteln den Dollar innerhalb eines Tages auf ein Zehntel seines Wertes bringen. Zwar werden in solchen Fällen die Devisenbörsen geschlossen, aber nach der Wiedereröffnung geht die Währung doch dahin, wo ihr neuer Wert liegt.

Es gibt auch schon klare Anzeichen, dass man sich dessen bewusst ist:

1. Im Januar 2009 ist zum ersten Mal seit langem wieder eine Netto-Abfluss von Geld aus US-Wertpapieren zu verzeichnen. Während im Dezember noch 86,2 Mrd. Zufluss in Dollar-Werte herrschte, schlug dies im Januar in einen Abfluss von 148,9 Mrd Dollar um. Das sind im Moment noch keine besorgniserregend hohen Werte, aber die Tendenz ist da.

2. Die Fed, die (faktische) Nationalbank der USA, hat angekündigt, hohe Mengen von US-Dollar-Schuldverschreibungen zurückzukaufen (der Gesamtwert, zusammen mit dem Aufkauf von wertlosen Schuldtiteln, soll 1150 Milliarden US-Dollar betragen). Damit kann man natürlich eine solche Rally zunächst einmal hinausschieben oder ihr die Wucht nehmen, oder sie sogar bereits im Keim ersticken, aber das dafür ausgegebene Geld wird ja die Lage der US-Schulden nur noch unbezahlbarer machen. Damit aber wird man auf längere Sicht genau das Gegenteil erreichen: Der Bankrott des Dollars ist garantiert!


Veröffentlicht am 26. März 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 24. März 2009

Europa könnte vollständig auf erneuerbare Energien umstellen

Bis 2050 möglich

Von Karl Weiss

Es gibt bereits alle Voraussetzungen, in ganz Europa die Energieversorgung schnell auf erneuerbare Energien umzustellen. Eine Studie der Freien Universität Berlin, vorgestellt von der ehemaligen EU-Kommissarin Michaele Schreyer und dem Privatdozenten Lutz Metz, belegt: Innerhalb von 20, höchstens 40 Jahren, könnte der gesamte Strombedarf Europas mit heute bereits vorhandenen Techniken erneuerbar und damit nachhaltig sein.

Energieverbrauch Deutscland
Diese Graphik aus deutschen Ministerien belegt eindeutig: Es ist nicht der geringste Ausstieg aus den konventionellen Energieträgern vorgesehen.

Die bisher vorgesehenen Pläne für erneuerbare, die nun zusätzlich durch die Krise auch noch ausgesetzt wurden, sehen dagegen die Verwendung von CO2-erzeugenden Stromlieferanten wie Kohlekraftwerke, Ölkraftwerke und Gaskraftwerke sowie der extrem teuren und gefährlichen Atomkraftwerke bis weit in die zweite Hälfte des Jahrhunderts vor. Um es genau zu sagen, es gibt in der EU bisher nicht einen einzigen Plan, der mit ihnen wirklich aufräumen will. Die Berliner Studie zeigt dagegen, wenn die hauptsächlichen Hindernisse beseitigt würden, könnte der Prozess der Austausches bis 2030, spätestens 2050 abgeschlossen sein.

Was sind nun die hauptsächlichen Hindernisse? Allesamt solche, die mit politischen Entscheidungen zusammenhängen, während die technischen Möglichkeiten längst vorhanden sind und keine Probleme bieten. Soweit man weitere technische Fortschritte voraussieht, könnte die ganze Umwandlung sogar noch deutlich beschleunigt werden.

Die erste und hauptsächliche Hindernis ist jenes, das mit „Wettbewerbsverzerrungen“ beschrieben wird. Es handelt sich vor allem um völlig unbegründete Bevorteiligungen der Energieträger Kohle, Braunkohle und Gas sowie der Kernkraft. Kohle und Braunkohle, wenn sie zur Energiegewinnung genutzt werden, sind praktisch völlig von Steuern befreit und den Konzernen, die Kohlekraftwerke betreiben, werden fast völlig Gewinnsteuern erlassen. Die Kosten der Umweltschäden, die durch die Kohle- und Braunkohle-Gewinnung in Tagebauten verursacht werden, wird selten den Energiekonzernen, sondern dem Staat auferlegt. Das gleiche gilt für die Folgekosten der Atomkraftwerke. Die gesame Entsorgung, Aufbereitung und Lagerung der strahlenden Abfälle der Kernenergie wird vom Staat von unseren Steuergeldern bezahlt, während die Energiekonzerne die Profite aus dem Stromverkauf einstecken – und das fast steuerfrei.

Atomkraftwerk

Ähnlich sieht es mit den Kosten der Gas-Pipelines aus. Fast alle sind in Staatshand oder werden indirekt vom Staat bezahlt und gewartet, während das Gas aus diesen Pipelines zu lächerlich geringen Preisen den Energiekonzernen zur Verfügung steht. Auch wenn Unfälle passieren, sei es in Atomkraftwerken, sei es in Tagebau-Kohlen- oder Braunkohle-Minen, sei es mit Gaspipelines, wird nicht der Energiekonzern zur Rechenschaft gezogen, sondern es werden Steuergelder verbraten. Würden alle diese Steuergelder, speziell jene für die strahlenden Abfälle, nicht mehr dort abgeliefert, stünde genügend Geld für eine vernünftiges Bildungssystem ohne Gebühren, für ein kostenloses Nahverkehrsystem, für kostenlose Kindergärten, Krippen und Horte, für Schwimmbäder, für genügend Lehrer und kleine Klassen, für eine würdige Arbeitslosenhilfe für die Mitbürger ohne Arbeit usw. usf. zur Verfügung.

Wären die Kosten der strahlenden Abfälle im Energiepreis eingeschlossen, wäre Atomstrom bei weitem der teuerste von allen. Nur - wir müssen diese Kosten trotzdem zahlen, nur eben über unsere Steuern. Demgegenüber sind die erneuerbaren Energiequelle in keiner Weise vom Staat steuerbefreit bzw. nur unbedeutend. Auf dieser Grundlage haben die Energiekonzerne natürlich nicht das geringste Interesse, auf erneuerbare umzustellen – im Gegenteil, sie müssten um einen Teil ihrer Profite fürchten, wenn umgestellt würde.

Es ist fast unglaublich, aber die EU gibt heute noch mehr Geld für Forschung über veraltete Energiequellen aus als für erneuerbare Energiegewinnung. Die Konzerne lassen einen Teil der eigentlich von ihnen aufzubringenden Entwicklungstätigkeit von der Gemeinschaft finanzieren.

Es ist aber auch kein Wunder, wenn die Parteien der bürgerlichen Scheindemokratie heftig die Privilegien dieser Konzerne verteidigen. Sie werden in Teilen von diesen Konzernen über Spenden und andere Zuwendungen finanziert und vor allem sind bei diesen Konzernen viele der fetten Posten, in die Politiker dieser Parteien nach der Karriere einsteigen. Die Zahl der Politiker, die unanständig hoch besoldete Posten nach ihrer politischen Karriere bei Energiekonzernen einnehmen, ist Legion.

Hier nur eine kleine Auswahl:

Schröder

Da ist zunächst einmal Ex-Kanzler Schröder selbst, von der SPD. Er ist nun Aufsichtsratsvorsitzender des deutsch-russischen Gaskonsortiums Nord Stream (früher NEGP), das eine Gas-Pipeline durch die Ostsee bauen will.

Rezzo Schlauch

Dann gibt es da Rezzo Schlauch, von den Grünen. Er war unter anderem parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, als man die Rot-Grünen an die Fleischtöpfe gelassen hatte. Nun hat er die Politik aufgegeben (im Moment sind die Fleischtöpfe ja gerade so weit weg) und wurde Beirat des überzeugten Kernkraftwerksbetreibers EnBW, dem baden-wütttembergischen Stromversorger.

Werner Müller

Dann ist da Werner Müller, ehemals Schröders Wirtschaftsminister. Er wurde – gelobt seien die Staatsbetriebe – Vorstandsvorsitzender der Ruhrkohle AG.

Alfred Tacke

Eben jener Müller hatte einen Staatssekretär zu jener Zeit mit Namen Tacke. Dieser hatte ihn einmal zu vertreten. Da wurde gerade eine Ministererlaubnis fällig, nämlich die zur Fusion der E.on mit Ruhrgas. Das war eigentlich Kartellbildung und verboten. Aber Minister dürfen Ausnahmen genehmigen. Nun war es eben genau Tacke, der diese Ministererlaubnis gab. Damit war E.on zu einem Monopol geworden. Diese E.on ist nun zufällig an der Ruhrkohle beteiligt. Und wo ist Tacke nun Vorstandsvorsitzender? Bei der STEAG, einer hundertprozentigen Tochter der Ruhrkohle. Und, der darf natürlich nicht vergessen werden: Mr. Hartz IV: Der nicht aus der SPD ausgeschlossene, aber dann ausgetretene Ex-Minister Clement. Er hat es zur RWE gebracht, neben Eon, Vattenfall und EnBW einer der grossen Energiekonzerne in Deutschland.

Ein anderes wichtiges politisches Hindernis ist das fehlende bzw. von den Konzernen immer wieder verhinderte einheitliche europäische Stromverteilungsnetz. Die Leitungen sind konzerneigen, die Konzerne verlangen Durchleitungskosten und sind glücklich mit all diesen Gewinnen. Würde man dagegen ein einheitliches, grenzüberschreitendes europäisches Stromverteilungsnetz schaffen, könnte man damit unnötige Überkapazitäten vermeiden, auch Länder mit geringen Ressourcen mit Öko-Strom versorgen und die Energiepreise drastisch senken. Offensichtlich haben die Ölkonzerne und die von ihnen bezahlten Politiker nicht das geringste Interesse daran.

Der entscheidende Vorteil der erneuerbaren Energien, sei es Windkraft, Wasserkraft, Sonnenwärme, Solarenergie, Geothermische Energie, Wärmepunpen, Wellenkraft, Gezeitenkraftwerke oder andere, ist, sie tragen nichts (oder so gut wie nichts) zur Erhöhung des CO2-Gehaltes der Athmosphäre bei und helfen damit, die globale Erwärmung und die dadurch verursachte bereits beginnende Klimakatastrophe zu vermeiden oder zu vermindern.

Globale Erwärmung

Sie haben aber auch andere wichtige Vorteile: Sie verschmutzen nicht die Luft, was in extrem dicht bevölkerten und industrialisierten Gegenden wie Europa ein dringendes Problem ist. Sie sind auch weit umweltverträglicher als die heute verwendeten „schmutzigen“ Energieträger, wie Kohle, Braunkohle, Öl und Gas – ganz zu schweigen von der schmutzigsten aller Energieformen, der Atomkraft, die über zehntausende Jahre strahlende Abfälle hinterlässt.

Atomkraftwerke Deutschland

Ganz zu schweigen in diesem Zusammenhang von den Müllverbrennungsanlagen, besonders schmutzigen Energieerzeugern und Werk gewordener Wahnsinn. Es gibt keinen Müll, es gibt nur nicht mehr gebrauchte Rohstoffe, die wieder aufbereitet werden müssen. Es ist ein Verbrechen gegen kommende Generationen, diese Rohstoffe zu verbrennen.

Kraftwerk

Aber da gibt es noch einen dritten grundlegenden Vorteil der erneuerbaren Energien. Nach Ansicht von fast allen wesentlichen nicht von der Auto-Industrie bezahlten Experten ist das Elektro-Auto das Auto der Zukunft. Ist das so, wird dann auch der „Sprit“ in Form von Strom erzeugt und eingespeichert. Damit könnte ein solches europaweit verbundenes System der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien dann auch Benzin und Diesel ersetzen und damit die andere wesentliche Quelle von Umweltverschmutzung neben der Energieerzeugung. Wir könnten ein Europa mit sauberer Luft haben, ohne saueren Regen und Waldsterben, ohne Feinstaubbelastung, ohne Nitrose Gase in der Luft, die erwiesenermassen Lungenkrebs verursachen, ohne bodennahes Ozon.

Und da ist der vierte Vorteil der erneuerbaren Energie: Sie sind nachhaltig. Das will sagen, wir opfern nicht unwiderbringlich wertvolle Rohstoffe der Erde, die den kommenden Generationen dann nicht mehr zur Verfügung stehen, für den schlichten Zweck der Energierzeugung, der längst mit anderen Methoden möglich ist.

Das alles wäre in absehbarer Zeit möglich, ohne dass dafür mehr ausgegeben werden müsste, als man jetzt den Banken in den Rachen schmeisst.

Allerdings ist Ihnen sicher schon aufgefallen, dass da oben andauernd Konjunktive verwendet werden: Könnte, würde, müsste, stünde. Und da steht auch, warum. Die Politiker und die sie finanzierenden Konzerne stehen dagegen.

Wie lange wollen wir uns das eigentlich noch gefallen lassen?


Veröffentlicht am 24. März 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 23. März 2009

OPEL UND DIE POLITIK

Opel und die Arbeitsplätze

Von Karl Weiss

Opel und sein Verhältnis zur Politik zeigt wie unter einem Brennglas die ganze Wirtschaftskrise auf, fast alle Komponenten sind gegeben und die Situation ist „komplex“, wie sich Opel-Chef Demant auszudrücken beliebt. SPD-Arbeitsminister Scholz erklärt vor den Mikrofonen, die Bundesregierung werde sich „auf jeden Fall“ engagieren und man werde das Schließen von Opel verhindern. Das kann er leicht sagen, denn er weiss, man ist in einer Koalition mit CDU/CSU. Wenn Opel am Ende geschlossen wird, kann man die Schuld der Union zuschieben.

Regierungsbank

Um das Rollenspiel perfekt zu machen, erklärt nun seinerseits Kauder, seines Zeichens Unions-Fraktionschef, „jede Art der besonderen Hilfeleistung“ für Opel sei ausgeschlossen. "Für alle Unternehmen im Land muss es die gleichen Regelungen geben. Keine Sonderbehandlung für niemand“, sagte er der Leipziger Volkszeitung (Montagausgabe vom 23.3.09).

Das ist interessant, Herr Kauder – und nun erklären Sie uns, wie das damals war, als man der IKB mit Milliarden unter die Arme griff, um sie verkaufsfähig für einen Kandidaten zu machen, dem damit ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk in den Schoss fiel. Die Union, die Sie repräsentieren und die führend in der Regierung ist, hat diese ‚Sonderbehandlung’ durchgeführt. Wo blieb da „keine Sonderbehandlung für niemand“.

Der Rettungs-Plan

Und als das große Bankenrettungspaket von 500 Milliarden Euro aufgelegt wurde, an dem sich u.a. die profitable VW-Bank dumm und dusselig verdient, wo waren Sie da, Herr Kauder, bei dieser ‚Sonderbehandlung’ einiger weniger Unternehmen im Gegensatz zu allen anderen. War es nicht ihre Union, die das hauptsächlich zu verantworten hatte? Haben Sie nicht im Auftrag der Regierung dafür gesorgt, dass die Unionsfraktion geschlossen dafür stimmte, Herr Kauder? Und dann die 100 Milliarden für die Hypo Real Estate, während Märklin und Schiesser pleite gingen, wie Sie selbst erwähnten? Haben Sie das alles schon vergessen, Herr Kauder? Alterserscheinungen? Gedächtnisschwund?

An wen die Union die Schuld weiterreichen wird, deutet er auch schon an: „Ohne überzeugendes Rettungskonzept, ohne neuen Investor und ohne eine sich engagierende Hausbank kann Opel nicht auf Hilfe hoffen.“ Die Union wird also erklären, Opel sei an seinen dilettantischen Managern gescheitert, am Fehlen des Investors und an den Banken, die sich nicht engagieren wollten.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Währenddessen beschwert sich Opel-Chef Demant bereits. Er kritisierte Äußerungen von Politikern zum Rettungsplan des Unternehmens: "Da wurde der Eindruck erweckt, wir würden dilettantisch arbeiten.“ Das Management von Opel und General Motors Europe stehe immerhin vor einer hochkomplexen Aufgabe. Er hat also auch bereits die Argumente bereit, warum es am Ende nicht geklappt hat.

Dabei hat er gar nicht so unrecht, das ist wirklich „komplex“. Die Komplexität ergibt sich hauptsächlich aus dem US-Komplex, denn dort gibt es die Opel-Mutter GM. GM, seit vielen Jahrzehnten größter Autobauer der Welt, mit dem absoluten Schwerpunkt in den USA, hat sich einfach darauf konzentriert, relativ billig Autos für den US-Geschmack zusammenzubauen, die keine speziellen technischen Besonderheiten aufwiesen. Hauptmittel, um den Absatz hochzuhalten, waren Design, Marketing, Werbung und Pflege des Images als US-Ikone. Seit vielen Jahren arbeiten fast alle GM-Verkaufs-Agenturen mit immer gewaltiger werdenden US-Flaggen, die zum Teil 10 oder 20 Meter Höhe erreichten.

Das funktionierte viele Jahre. Allerdings zeichnete sich in den letzten Jahren bereits mehr und mehr ab, dass dies kein dauerhaftes Konzept war. GM hätte sich umstellen müssen, war dazu aber nicht fähig oder bereit oder beides. So hatte man kurz vor Beginn der Krise bereits die Krone des weltgrössten Autoherstellers an Toyota verloren gehabt – und das war nur ein Symptom des Niedergangs, der dann mit der Krise sofort extreme Formen annahm.

Demgegenüber war die europäische Sparte, die aus Vauxhall in England und Opel in Deutschland besteht, geradezu ein High-Tech-Center. Alles, was GM als Gruppe an modernen Konzepten entwickelte, stammt aus Rüsselsheim – oder fast alles. Moderne Einzelradaufhängungen und Federungssysteme, Magergemischmotoren, Aluminium-Zylinderköpfe und –Motorblöcke, alles was ein modernes Auto heute ausmacht, wurde in Deutschland für die GM-Gruppe entwickelt und – soweit überhaupt – nur langsam in die US-Produktion übernommen.

Hier in Brasilien kann man den Fall GM wie an einem Beispiel studieren. Es wird – auch wenn manchmal US-Wagen angeboten werden – von GM in Brasilien praktisch nur Opel hergestellt und verkauft, auch wenn man den Opels hier den Namen Chevrolet gibt. Die Autos aber heißen Corsa, Astra und Vectra und sehen genauso aus wie die vorhergehende Generation in Deutschland.

Den GM-Bossen in Detroit hätte auffallen müssen, dass 85 % ihrer Produktion außerhalb der USA praktisch unverkäuflich waren und hätten beginnen müssen, die Meinungsumfragen zu lesen, die GM-Autos in den USA nur noch mittelmäßige Noten gaben. Aber man war GM, der größte Autohersteller der Welt, der US-Markt bei weitem der größte der Welt – nie würde sich daran etwas ändern. Das gleiche Syndrom, das wir angesichts der Krise von unseren Politikern sehen, herrschte dort: WEITER WIE GEHABT!

Dass alles, was technisch Wert hat, bei Opel entwickelt wurde (oder fast alles), hat eine Ursache. Man hat Ingenieurszentren und Entwicklungsabteilungen bei Opel (vor allem in Rüsselsheim), die eigentlich einen echten Schatz darstellen. Nur ist da die „Komplexität“: Alle Opel-Patente sind keine Opel-Patente mehr, sondern wurden an die Holding in den USA transferiert und die hat sie an die Regierung der USA verpfändet, als die ersten Hilfs-Milliarden eingingen.

Zwar betont der Opel-Chef, Opel werde weiterhin Zugang zu seiner Technologie haben, aber das ist nicht der Punkt. Ein verselbständigtes Opel müsste Lizenzzahlungen von eventuell überlebenden Teilen der GM erhalten, um gewinnträchtig sein zu können. Ohne dies ist irgendeine Gewinnträchtigkeit (die wäre Voraussetzung, dass sich Investoren finden) nur zu erreichen, wenn der größte Teil der Opel-Leute entlassen wird und nur eine feine, kleine Auto-Werkstatt übrig bleibt. Dann ist aber bereits klar: Es wird keine Investoren geben und keine Banken, die da etwas riskieren. Wenn Bund oder Länder einsteigen würden, hätte sich das bald zu einem Fass ohne Boden entwickelt.

Ebenso ist völlig klar: Massive Geldgaben des Staates sind nicht akzeptabel, wenn GM immer eine 25%-Beteiligung behält und damit nach deutschem Aktienrecht jegliche Entscheidung des Aufsichtsrats verhindern kann, sprich: Immer noch das entscheidende Wort hat.

Kurz: Die Aussichten sind dunkel-schwarz bis black.

Was kann man den Opel-Beschäftigten sagen? Lasst euch nicht einlullen mit Hoffnungen, die jetzt schon ohne realen Hintergrund sind. Seht euch an, was man mit den Beschäftigten von Nokia Bochum und denen des ehemaligen Siemens-Handy-Werkes gemacht hat. Die gleichen Inszenierungen wie jetzt bei euch!

Hier ein kurzer Ausschnitt aus den Lehren der Vorgänge bei Nokia Bochum (die Bochumer Opel-Kollegen können jedes Wort davon bestätigen, sie hatten zum Teil Ehepartner, die bei Nokia arbeiteten).

„Im Fall Nokia war die Schauspielerei besonders gekonnt inszeniert. Wer auch in der Politik etwas zu sagen hatte, zeigte sich „empört“ und forderte alles mögliche, nur eben keinen Streik. Es wurde sogar einem Boykott der Nokia-Handys das Wort geredet und in einer spektakulären Aktion eine kleiner Haufen Nokia-Handys zerstört. Alles Inszenierung. Es ging nur darum, vom Streik abzulenken. Auch die Demonstrationen wurden von Politik und Gewerkschaftsführung dirigiert. Niemand durfte sprechen, der eventuell zum Streik hätte aufrufen können. Auch die Lichterkette: Alles, nur nicht Streik.

Die Betriebsratsvorsitzende Achenbach, SPD-Mitglied, machte sich besonders um den Betriebsfrieden verdient. Sie scheuchte Flugblattverteiler am Werkstor eigenhändig weg und beschimpfte sie.“Wir brauchen hier keine MLPD, die ihr Süppchen kochen will“. Die Flugblätter der MLPD hatten den Weg zum Streik dargelegt und die Erfahrungen von Opel berichtet. Wer in Wirklichkeit sein Süppchen kochte, waren die Nokia-Bosse in holder Eintracht mit ihren Lakaien, den Politikern, den Medien und den rechten Gewerkschaftsführern.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung machte diesmal sogar eine Sondereinlage und forderte medienwirksam die Rückzahlung der Subventionen von insgesamt 60 Millionen Euros (aktueller Wert), die man zusammen mit dem Bund aufgebracht hatte. Mancher mag geglaubt haben, unter dieser Drohung würde Nokia eventuell einknicken. Aber man hatte nicht durchschaut: Alles eingeübtes Theater. Man hat sich längst geeinigt, in welchem Rahmen die Firma zu zahlen haben wird an Abfindungen und Rückzahlungen. Doch die Illusion hielt vom Streiken ab.” (Auszug aus dem Artikel “Warum wurde Nokia geschlossen?“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/4942616/ )

Es soll euch eingeredet werden, Kollegen von Opel, Streik würde den Interessen des Überlebens der Werke entgegenlaufen. Man würde einfach zumachen, wo gestreikt würde. Das ist Unsinn. Dass Opel heute noch besteht, liegt allein daran, dass immer noch Profit reinkommt – wenn der auch mit den Verlusten aus den USA gegengerechnet werden muss. Fällt aber dieser Profit aus, bleibt keine Wahl, als Zugeständnisse zu machen. So wie es beim Streik der Opel-Werker in Bochum im Jahr 2004 war: Innerhalb von Tagen war der Plan vom Tisch, das Werk zu schließen.

Ein Werk wie Bochum bringt um die 10 Millionen Euro Profit pro Tag. Wenn das ausfällt - und das wäre noch viel mehr im Fall Rüsselsheim – kann man nicht mehr in Ruhe Entlassungen planen, sondern muss handeln. Und handeln heisst in solchen Fällen in der Regel: Zugeständnisse machen. Beim Streik ist der Arbeiter am Drücker, speziell, wenn er mit Werksbesetzung geführt wie jener 2004 bei Opel Bochum.

Da könnten innerhalb von Tagen Zugeständnisse erreicht werden wie z.B.: GM gesteht zu, Opel (oder GM Europe) zu einem angemessenen Preis als Ganzes zu verkaufen. Die Patente werden in alleinige Verfügung von Opel übergehen, auch wenn sie noch unter dem Kuratell der US-Regierung stehen. Ob das natürlich für ein „Neues Opel“ ausreichte, steht nicht fest.

Dazu kommt, der Zeitpunkt für einen Streik ist extrem gut. Die Verkäufe haben angezogen. Der Astra Kombi aus Bochum findet eine steigende Zahl von Käufern. Ausserdem kommt nun gerade die Kombi-Version des neuen Insignia, die wohl die meist verkaufte sein wird. GM und Opel müssten bei einem Streik innerhalb kürzester Zeit tiefgreifende Zugeständnisse machen.

Wichtig ist, dass die Opel-Werker sich nicht an der Nase herumführen lassen. Frau Merkel will am 31.März in Rüsselsheim sprechen. Die Erfahrungen mit solchen Politikerauftritten in schliessungsgefährdeten Betrieben sind denkbar schlecht. Meist verstehen die Kumpels, die Politiker hätten fest versprochen, die Schliessung zu verhindern, aber auf der Pressekonferenz hinterher leugnen die Politiker das meistens schon ab.

Wichtig ist, PolitikerSprech zu können und zwischen den Zeilen zu lesen.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Wenn Frau Merkel zum Beispiel sagt: “Die Bundesregierung wird alles, aber auch alles in ihrer Macht stehende tun, um eine Schliessung von Opel als Ganzes zu verhindern.“, dann steht da zwischen den Zeilen: „Was aber nicht in unserer Macht steht, zum Beispiel eine Bank dazu zu bringen, das Risiko zu übernehmen, können wir eben auch nicht tun.“ Und ausserdem: „Kleine Teile von Opel könnten eventuell überleben.“

Wenn Frau Merkel sagt: „Sobald ein tragfähiges Konzept vorliegt, wird die Bundesregierung Geld zur Verfügung stellen, um Opel zu retten.“, so steht zwischen den Zeilen: „Da aber kein tragfähiges Konzept vorliegt und wahrscheinlich auch nicht möglich ist, steht kein Geld zur Verfügung.“

Wenn Frau Merkel sagt: „Mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Opel-Werken habe ich bereits über eine Aufteilung der Lasten unter Bund und Länder gesprochen.“, so steht zwischen den Zeilen: „Das Gespräch war völlig unverbindlich – es wurde noch nicht einmal über Summen gesprochen, denn es besteht keine Aussicht auf ein tragfähiges Konzept.“

Politikersprech kann man auch von Westerwelle von der FDP hören, der auf dem Kongress der Jungen Liberalen sprach. „Ich bin es Leid, dass zu Opel der Bundesadler kommt und zu den kleinen (Unternehmen) immer nur der Pleitegeier.“ Das könnte man als Aufforderung verstehen, auch kleineren Betrieben beizustehen, zumal in diesem Zusammenhang der Mittelstand erwähnt wurde. Hört man allerdings anderes aus der gleichen Rede, wird klar, das ist nicht gemeint: „Alle gerettet und am Schluss Deutschland pleite, das kann keine vernünftige Politik sein“. Er meint also, es dürfe niemand geholfen werden, will das aber nicht deutlich sagen.

Ja, lass sie doch alle arbeitslos werden, was juckt uns das! Wir haben unsere Schäfchen im Trockenen, diese Krise findet für sie statt, nicht für uns.

Vielleicht wird Westerwelle dann noch versprechen, huldvoll aus den Fenstern der Bankhochhäuser zu winken, als letzten Gruss an jene, die da unten verhungern.


Veröffentlicht am 23. März 2009 in der Berliner Umschau

Sonntag, 22. März 2009

Eine Million

1 Million Klicks auf dieses Blog

In eigener Sache – Von Karl Weiss


Fast nicht zu glauben, aber ‘blogcounter’ bestätigt es: Bereits 1 Million Mal wurde dieses Blog angeklickt. Das ist recht beachtlich für ein Blog, das erst seit etwa 2 Jahren und 9 Monaten besteht.

„Sitemeter“, das etwas schärfer zählt, hat erst 966 000 Klicks gezählt, aber damit im Prinzip diese Zahl bestätigt.

Andererseits gibt es natürlich weit mehr gelesene Blogs - ich werde also nicht übermütig werden.

Wie der Zufall es will, ist dieses Blog heute seit 997 Tagen online, also fast genau seit 1000 Tagen. Damit ergibt sich im Schnitt über die ganze Zeit praktisch genau eine tägliche Klick-Zahl von 1000.

Zur Feier des 1-Millionen-Klicks habe ich zweierlei beschlossen:

1. Ich werde mich nun in die Kategorie der „Bürger-Journalisten“ einreihen. Dieser Begriff beschreibt deutlich, was wir machen: Auch ohne Journalistenausbildung betätigen wir uns als solche, einfach aus den Pflichten eines Staatsbürgers heraus und natürlich auch und gerade, weil die hauptberuflichen Journalisten zum Teil ihre Aufgaben in sträflicher Weise nicht wahrnehmen – natürlich auch immer von Entlassung bedroht. Wir können – ohne entlassen zu werden – auch unangenehme Wahrheiten schreiben. Andererseits nehmen wir natürlich auch eine Herausforderung an, wenn wir uns als Journalisten bezeichnen: Wir sind wie richtige Journalisten der korrekten Recherche verpflichtet.

2. Dies Blog zeichnet sich auch und gerade durch seine Bilder aus, es heisst darum auch u.a. „Bilder-Blog“. Etwa 30% der Klicks kommen auf Bilder. Ich werde darum die am meisten angeklickten Bilder hier noch einmal hereinstellen.

Das bekannte Bild mit einem Gefangenen mit Kapuze auf dem Hocker, mit Drähten angebunden.
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3077575/

Fisk Iraq 145858
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4560017/

Karikatur Selbstmord Guantánamo
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3077575/

Palestina land loss
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/2823593/

Treffende Karikatur
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/2809267/

Bild aus Abu Ghraib von Gefangenem mit (teilweiser) Erektion. Es handelt sich offenbar um die Person im Hintergrund des Bilds mit Frau England.
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3077575/

Bild des "Berges der nackten Gefangenen"
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3077575/

Detainees Guantánamo
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3077575/

Nudist foto 199
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4227933/

nudist foto 831
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4227933/

Nudist Foto 179
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4148132/

Nudist Foto 147
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4148132/

Nudist Foto 123
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4148132/

nudist-foto 125
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4148132/

Bravo- Junge und Mädchen
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellung
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellung 1
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellung 2
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellung 3
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellung4
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo Stellung 5
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellung 6
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellung7
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellung 8
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Stellungen
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Aufklärung
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Aufklärung 1
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo- Aufklärung2
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo- Aufklärung 5
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo Aufklärung 10
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo Aufklärung 12
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo Brust
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Erstes Mal
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Sex
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo Aufklärung 3
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Selbstbefriedigung
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Selbstbefriedigung 1
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Selbstbefriedigung 2
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Wikipedia: Penis, normal und eregiert
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Bravo - Selbstbefriedigung 3
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Wikipedia - Beschnittener Penis
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Wikipedia - Eregierter Penis
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Wikipedia - Eregierter Penis 1
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Wikipedia Commons - Erektion
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Wikipedia Commons - Penis mit Skala
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Wikipedia Commons Masturbation
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4378653/

Karneval in Rio - Tänzerin fast nackt
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3279539/

Attraktive Exotin
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3279539/

Karneval in Rio 2009 - 6
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/5540010/

Carnaval Rio 2009 20
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/5540010/

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