Wie schnell das demokratische Mäntelchen fällt

Militärdiktatur in Pakistan?

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Ein Kommentar in der „Financial Times Deutschland“ (FTD) lässt aufhorchen: Ein Volker Müller, Korrespondent der Zeitung in Indien, plädiert in aller Offenheit für eine Militärdiktatur in Pakistan: „Nur ein starker Militärherrscher kann das Land retten.“

Pakistan und USA

Man höre, was man in diesem Land ganz offen in einer Zeitung schreiben kann – auch wenn es sich um eine Zeitung handelt, die hauptsächlich von den Herrschenden und ihren Lakaien gelesen wird:

„So sehr pakistanische Politiker dies auch bestreiten: Der Staat ist in Auflösung. (...) Besserung ist nicht in Sicht, zumindest nicht auf demokratischem Wege. Die Hoffnung des hochgerüsteten Atomwaffenstaats, dessen Zerfall US-Außenministerin Hillary Clinton gerade erst als gewaltiges Sicherheitsrisiko für die gesamte Welt bezeichnet hat, liegt in einem erneuten Putsch, einer Militärdiktatur. So ungeheuerlich das im Westen auch klingen mag. (...) ... wenn dazu ein Militärputsch nötig wäre, würde sich kein westlicher Staat abwenden. Die Kooperation mit Militärherrschern in Islamabad war für den Westen oft fruchtbarer als mit zivilen Regierungen.“

Das ist „der Westen“, der seine Angriffe gegen Länder überall auf der Welt damit begründet, man müsse diesen Ländern „die Demokratie bringen“.

So war es, bevor die Militärs in Griechenland putschten, in Brasilien, in Argentinien, in Chile und in anderen Ländern, wo „dem Westen“ die Regierung nicht passte: Lassen wir dort einen Militärputsch machen. Das demokratische Mäntelchen, das „westliche“ Politiker und ihre Vor- und Nachdenker tragen, fällt allzu leicht.

Als Begründung wird angeführt, die Taliban seien nicht nur in Afghanistan, sondern auch in Pakistan auf dem Vormarsch. Letzte Woche wurde ein Friedensabkommen Pakistans mit den Taliban angenommen, das ihnen das Swat-Tal als ihr Gebiet zugesteht.

Osama Bin Laden

Tatsächlich sind die religiösen Extremisten des Taliban nichts, das sich ein Demokrat irgendwo an der Regierung wünscht. Aber die Ursachen der Stärke des Taliban liegen im „Westen“. Selbst der Artikel, der zum Militärputsch hetzt, muss zugeben: „Dabei haben Militär und Geheimdienste die Taliban einst selbst gezüchtet, um Einfluss im Nachbarland Afghanistan zu gewinnen.“ Er vergisst hinzuzusetzen: Sie handelten dabei im Dienste „des Westens“.

Deutlicher wird dieser Aspekt in einem Artikel der „Süddeutschen“ vom 4.5.09 zum gleichen Thema: Die „Taliban, die der pakistanische Geheimdienst unter kräftiger Mithilfe der USA in den Achtzigern für den Kampf gegen die Sowjetunion in Afghanistan päppelte,...“

So ist das also: Solange es gegen die Sowjetunion ging, durfte man die religiösen Extremisten fördern. Damals sah kein Kommentator in keiner Zeitung ein Problem darin, dass Leute gefördert wurden, die Frauen nicht allein auf die Strasse lassen, die Mädchen nicht in die Schule gehen lassen, die noch das Hände-Abhacken für Diebe kennen und die Ehebrecher auf offenem Platz steinigen lassen.

Afghanistan: US-Armee zerstört Filmkamera

Jetz, da sie nicht mehr die Feinde des Feindes sind, sondern „unsere“ Feinde, entdeckt man plötzlich all die schlechten Seiten an religiös fanatischen Extremisten. Nun darf man dies als Anlass nehmen, nach einer Militärdiktatur in jenem Land zu rufen. Auch wenn die wirklichen Gründe natürlich nichts zu tun haben mit den gleichen Rechten für die Frau, sondern mit der imperialistischen Oberhoheit des „Westens“ über eine ganze Region.

Aber es ist gut, wenn man von Zeit zu Zeit erinnert wird: Demokratie ist nur ein Vorwand, etwas Austauschbares, was zwar eine Zeit lang gelten kann, aber zum Abfall geworfen wird, wenn es nicht mehr genehm ist.

Nun verstehen wir auch immer besser, was Frau Merkel meinte, als sie auf einer Jubiläumsveranstaltung der CDU sagte: „Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“ (siehe genaueres hier: http://karlweiss.twoday.net/stories/4364507/ )

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Ja, hören wir genau hin, eine Zeit lang – vielleicht -, aber nicht auf alle Ewigkeit. Und, wie es der Teufel will, ist jetzt gerade der Zeitpunkt des Ende dieses Anspruchs erreicht, nicht wahr?

Diese gleichen Leute, die religiösen Extremismus, wenn er mohammedanisch ist, verteufeln, akzeptieren ihnn klaglos, wenn er von der christlichen Kategorie ist. Kein Wort kommt von der FTD oder von Frau Merkel gegen die Exzesse des christlich-extremistischen Eiferer in de USA. Nichts gegen die Staaten in den USA, die wegen Ehebruch zu schwersten Gefängnisstrafen bis hin zu lebenslänglich verurteilen (siehe hier: http://karlweiss.twoday.net/stories/3303947/ ), nichts gegen jene, wo gerade Gefängnis für Homosexuelle wieder eingeführt wird, nichts gegen jene, wo Jugendliche, die noch nicht 18 sind, zu langen Gefängnisstrafen verurteilt werden (in einem Fall 10 Jahre), weil sie Sex gemacht haben ( siehe hier: http://karlweiss.twoday.net/stories/3834997/ ) und nichts gegen jene, wo Kinder, die bei sexuellen Aktivitäten erwischt wurden, in spezielle Folterlager kommen, um ihnen ihr „Geisteskrankheit“ auszutreiben (siehe hier: http://karlweiss.twoday.net/stories/4148132/ ). Ebenso nichts gegen jene, in denen bereits Fotos von Kindern in Badekleidung als „Kinderporno“ gilt (siehe hier: http://www.sueddeutsche.de/reise/artikel/916/121755/ - vorletzter Absatz).

Das macht ebenfalls deutlich, die FTD oder die Süddeutsche, die zwar nicht direkt die Militärdiktatur fordert, aber ansonsten auf den gleichen Tasten spielt, haben keinerlei Mitleid mit den armen unterdrückten Muslim-Frauen. Sie benutzen dies, um uns schmackhaft zu machen, warum man denn eine Militädiktutaur in Pakistan begrüssen müsste.

Will irgendjemand eine Wette abschliessen, wie lange es noch dauert, bis die pakistanischen Militärs die Botschaft verstanden haben?

Trackback URL:
https://karlweiss.twoday.net/stories/5704881/modTrackback

Karl Weiss - Journalismus

Bürger-Journalist - Nachrichten-, Politik-, Brasilien- und Bilder-Blog

Willkommen / Impressum

Willkommen im Weblog Karl Weiss - Journalismus.
Der Weblog Karl Weiss - Journalismus ist umgezogen. neue Adresse: www.karl-weiss-journalismus.de
IMPRESSUM
Ich bin zu erreichen über weiss.karl@ rocketmail.com
Ich wünsche also allen (und mir) viel Spaß (und Ernst) mit diesem Blog.
Karl Weiss, Belo Horizonte, Brasilien

Artikel und Dossier der Woche

Artikel der Woche "CDU: Kein Anspruch mehr auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft" Da wurde es von Frau Merkel vorhergesagt

Dossier der Woche "Dossier Klimakatastrophe" 10 Fragen und Antworten zur Klimakatastrophe

Suche

 

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Israel und der Konflikt...
ICH FRAGE MICH WARUM DIE JUDEN SO BRUTAL GEGEN DIE...
mik4777 - 30. Jan, 20:32
Abscheulich!!!
Wie man überhaupt im Ansatz auf den Gedanken kommen...
david3371 - 3. Okt, 19:02
Der Vatikan schützt die...
Sehr geehrter Herr Weiss, der Vatikan k a n n die...
MoMa - 6. Jan, 10:28
Fünf Jahre ist das jetzt...
Fünf Jahre ist das jetzt her!!! Die eine Immobilienkrise...
girico - 6. Mär, 13:34
Ich teile nicht diese...
Ein führender Landespolitiker oder ein wichtiger Geschäftsmann...
Nonkonformer - 21. Sep, 23:42

Status

Online seit 6510 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Credits

Archiv

Mai 2009
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 1 
 2 
 3 
 7 
 9 
10
14
15
17
20
23
28
30
31
 

Alle Links in Popups öffnen

alle Links auf der aktuellen Seite in einem neuen Fenster öffnen 

Zufallsbild

Karneval in Rio 2009 - 11

kostenloser Counter

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

AbbauRechte
AlternativPolitik
Brasilien
Deutschland
Fussball
Imperialismus
InternetundMeinungsfreiheit
Lateinamerika
Medien
NaherOsten
Oekonomie
Sozialabbau
Umwelt
Willkommen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren