Montag, 28. Juli 2008

Cícero zu Hertha

Fluminense verlor die Endspiele der Libertadores

Von Karl Weiss

Nach einer unerklärlich schwachen Leistung in der ersten Halbzeit beim Hinspiel (in der Höhenlage von Quito) der beiden Endspiele der Libertadores, dem südamerikanischen Gegenstück zur Champions Leage, konnte Fluminense Rio de Janeiro den Rückstand nur noch ausgleichen und verlor im Elfmeterschiessen gegen LDU aus Ekuador. Der Fluminense-Mittelfeldspieler Cícero wurde danach an Hertha Berlin verkauft.



Fluminense war die beste Mannschaft der Gruppenphase der Libertadores und hatte, um es bis ins Endspiel zu schaffen, neben dem überragenden südamerikanischen Verein Boca Juniors Buenos Aires zwei der besten brasilianischen Mannschaften zu eliminieren, São Paulo F.C. und Gremio Porto Alegre. São Paulo hat die beiden letzten brasilianischen Meisterschaften gewonnen und Gremio ist im Moment an der Tabellenspitze der brasilianischen ersten Liga, die noch in der Hinrunde ist.

Der Gegner von Fluminense in den Endspielen, Lega Desportiva Universitária (LDU) aus der ekuadorianischen Hauptstadt Quito, hatte ebenfalls bereits schwere Brocken zu überwinden, wie das argentinische Team San Lorenzo, das den Lokalrivalen River Plate ausgeschaltet hatte und vor allem den Mitfavoriten und mexikanischen Meister America Mexico Stadt, konnte aber immer mit einem wichtigen Umstand rechnen: Die Höhenlage seines Stadions in Quito mit mehr als 2500 Metern.

Dieser Vorteil galt allerdings nicht gegen America, denn deren Stadion liegt sogar noch höher. Fluminense war also gewarnt. LDU war in der gleichen Gruppe wie Fluminense gewesen. Fluminense hatte da die Mannschaft zu Hause besiegt und in Quito ein 0 : 0 geschafft, das Traumergebnis für jeden Flachland-Club in dieser Höhe.

Bei den Spielen der südamerikanischen Vereinswettbewerbe in Stadien in Höhenlagen reist man im allgemeinen erst unmittelbar vor dem Spiel an, denn eine Adaptation an die Höhe, die drei Wochen dauert, ist nicht möglich, wenn man am Wochende spielt, am Mittwoch ein Höhenlagen-Spiel hat und am nächsten Wochenende schon wieder ran muss.

Fluminense versuchte aber die Schwierigkeiten zu vermindern, die man in der ungewohnt dünnen Luft hat, wenn man sportliche Höchstleistungen verbringen will, indem der Verein einen grossen Teil des Teams bereits eineinhalb Wochen vor dem Spiel nach Quito reisen liess und in Brasilien die ersten Spiele der Meisterschaftsrunde von Ersatzmannschaften bestreiten liess. Diese Rechnung ging nicht auf, ja, sie wurde zum Desaster. In der Meisterschaft lag Fluminense nach vier Spieltagen auf dem letzten Platz und hat bis jetzt Schweirigkeiten, sich dort unten herauszuwursteln und die Libertadores-Krone ging verloren.

In der ersten Halbzeit in Quito zeigte Fluminense eine völlig unakzeptable Leistung, konnte nie ins Spiel finden noch den Gegner an seinen Kombinationen hindern und lag am Ende der Halbzeit mit 4 :0 zurück!

Dann allerdings, in der zweiten Halbzeit, fand das Team sein Spiel und wurde sogar überlegen. In einigen Situationen schienen eher die ekuadorianischen Spieler Schwierigkeiten zu haben als die Brasilianer aus der Stadt auf Meereshöhe. Es gelang, die zweite Halbzeit mit 2:0 zu gewinnen, was aber immer noch eine 4:2 Niederlage als Ergebnis hatte.

Immerhin gab es noch Hoffnung. Mit einem 3 : 0 zu Hause oder einem 4:1 würde man Sieger sein und das schien nicht völlig ausgeschlossen. Und bei einem 2:0? Ja, das war eben der Knackpunkt, denn genau dies Ergebnis kam dann auch zustande.

In der Libertadores gilt, wie auch in der Champions-Leage, die Regel, dass Auswärtstore doppelt zählen, aber nicht in den Endspielen. Wäre das auch in den Endspielen gültig gewesen, hätte Fluminense mit dem 2: 0 zu Hause die Libertadores gewonnen gehabt, aber so musste man in eine Verlängerung, die nichts mehr veränderte und dann ins Elfmeterschiessen.

Dort benutzte der ekuadorianische Torwart einen Trick, auf den der Schiedsrichter hereinfiel. Er blieb vor dem Elfmeter mit dem Rücken zum Spieler im Tor und drehte sich erst um, wenn der Schiedsrichter den Elfmeter mit einem Pfiff freigegeben hatte, um zu versuchen, ihn zu halten.

Tatsächlich irritierte er damit einen der brasilianischen Schützen und konnte dessen Schuss abwehren. Dann beim entscheidenden Elfmeter von Thiago Neves, der verwandelt werden musste, sonst hätten die Brasilianer verloren, weitete er seinen Trick aus: Er wartete wieder mit dem Rücken zum Gegner, bis die Exekution freigegeben war, drehte sich zum Spieler – und ging aus seinem Tor heraus auf den Schiedsrichter zu, irgendetwas sagend. Der Brasilianer Thiago Neves stutzte kurz, verwandelte aber dann den Elfmeter, der ja freigegeben war. Der Schiedsrichter liess sich aber vom Torwart einwickeln und liess den Elfmeter wiederholen. Tatsächlich war der Brasilianer nun so irritiert, dass er schwach schoss und der Torwart den Elfmeter abwehren konnte. LDU hatte die Libertadores gewonnen!

Fluminense war am Boden und nun begann der Ausverkauf. Thiago Neves wird wahrscheinlich von Barcelona gekauft und Cícero geht nach Deutschland zu Hertha.


Cícero im Dress von Fluminense

Cícero ist ein defensiver Mittelfeldspieler, der sich – neben den für einen Brasilianer obligatorischen technischen Fähigkeiten – vor allem durch seine Vielseitigkeit auszeichnet. Er ist beidfüssig und versteht das defensive Fussballgeschäft genauso gut wie das offensive. Er wurde in mehreren Spielen von Fluminense als offensiver Mittelfeldspieler eingesetzt und auch schon als Stürmer. In einem Spiel war er auch rechter Aussenverteidiger.

Cícero wird am 26. August 24 Jahre alt, könnte sich also noch weiter entwickeln. Man sehe nur, wo Luca Toni mit 24 war. Allerdings wird er sich noch sehr entwickeln müssen, wenn er es zum Beispiel bis in die brasilianische Nationalmannschaft schaffen wollte. Er ist also wohl sein 800 Tausend Euro wert und könnte sich zu einem bedeutenden Spieler mausern.

Er war entscheidend am Höhenflug von Fluminense in 2007 und 2008 beteiligt. Er wurde von einem kleinen Verein Anfang 2007 an Fluminense ausgeliehen, das später 20% seiner Rechte kaufte. Er war eine der wesentlichen Stützen der Mannschaft beim Gewinn des Pokals in jenem Jahr, was Fluminense das Recht auf Teilnahme an der Libertadores sicherte und ebenfalls an der herausragenden Leistung von Fluminense als bester brasilianischer Verein und Endspielteilnehmer in der diesjährigen Libertadores.

Er ist nicht – oder jedenfalls noch nicht – der Typ eines genialen Regisseurs im Mittelfeld, keine Führungspersönlichkeit, niemand, der durch seine Leistung schon verloren geglaubte Spiele herausreisst, aber er bringt ein gerüttelt Mass an Kreativität mit, was ihn zu einem extrem nützlichen Spieler machen kann.

Er hat in der Saison 2007 bei Fluminense sechs Tore erzielt, ein guter Schnitt für einen defensiven Mittelfeldspieler. Eines der Tore war am vorletzten Spieltag das spielentscheidende Tor beim 3 : 2-Sieg gegen Juventude, das den dritten Platz der Meisterschaft sicherte und Juventude zum Abstieg verurteilte. Er kann also in geeigneten Situation als Überraschungsmoment vorne auftauchen und die gegnerische Hintermannschaft vor Probleme stellen. Man kann ihn in gewisser Weise mit Salihamicizc vergleichen. Wer dessen Tätigkeit bei den Bayern verfolgt hat, kann sich vorstellen, welche Bedeutung ein solcher Spieler für ein Team gewinnen kann. In einem Spiel der Rio-Meisterschaft (Anfang des Jahres werden in Brasilien noch die Regionalmeisterschaften ausgetragen) gegen den Erzrivalen Flamengo war Cícero mit zwei Toren spielentscheidend, eines davon in der Nachspielzeit.

Er kommt aus einfachen Verhaltnisse, wird also wohl am Anfang die üblichen Eingewöhnungsprobleme von Brasilianern in Deutschland haben, aber Hertha hat ja Erfahrungen mit Brasilianern und wird ihm da wohl helfen können. In den ersten Spielen wird man Geduld mit ihm aufbringen müssen. Er wurde in einem kleinen Ort im Landesinneren von Espirito Santo geboren, das ist jener Bundesstaat nördlich von Rio de Janeiro. Cícero (mit Akzent auf dem i ) ist keiner der üblichen Spitznamen, sondern sein Vorname. Er heißt Cícero Santos.

Und – Achtung Berliner Frauen! – er ist unverheiratet und im Moment solo, wie er betont. Ein Reporter konnte ihm die Äusserung entlocken, er werde in Berlin nicht nur den Erfolg suchen, sondern auch eine Frau.

Nun, seit 18. Juli trainiert er mit der Hertha und man kann ihm und Hertha nur alles Gute wünschen.


Veröffentlicht am 28. Juli 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Freitag, 25. Juli 2008

Der Exkanzler und die kriminellen Machenschaften

Schröder lässt Läden durch Anwaltskanzleien einschüchtern

Von Karl Weiss

Den damaligen Kanzler Schröder fanden einige noch ganz sympathisch, aber nun verspielt er das bisschen Ansehen, das er noch hatte. Er hat (nach einer Berichtigung) keinen Anlass gefunden, die Äußerungen über ihn in Jürgen Roths Buch "Der Deutschland-Clan - Das skrupellose Netzwerk aus Politikern, Top-Managern und Justiz" beanstanden zu können, da ließ er seine Rechtsanwälte einfach Buchhandlungen einschüchtern, um das Buch nicht zu verkaufen.

Würden Sie oder ich so etwas tun, wären wir wegen Nötigung dran, aber bei Schröder wird es natürlich bei einem weiteren Verlust seines Ansehens bleiben, denn Politiker sind für ihre Taten ja nie verantwortlich.

Schröder

Eigentlich war damals schon klar geworden, wes Geistes Kind Schröder ist, als er einen Journalisten vor Gericht zerrte, der die offensichtliche Tatsache ausgesprochen hatte, dass Schröder die Haare färbt.

So etwas nennt man auf gut Deutsch Korinthenkackerei.

Nun aber hat er die Grenze des einfach nur Unschicklichen überschritten und ist in den Bereich der kriminellen Machenschaften geraten, jedenfalls nach Ansicht des Autors.

Basis dieser ganzen Geschichte ist jene Machenschaft, die man auch schon als kriminell ansehen kann, als er kurz vor dem von ihm selbst eingeleiteten Ende seiner Kanzlerschaft einen großen Deal mit der russischen Gazprom abschloss, seine mächtige Stellung als Kanzler nutzend, die Gaslieferungen an Deutschland und eine neue Pipeline einschloss, die Polen umging, indem sie auf dem Meeresboden der Ostsee verlegt werden sollte, und so die Gebühren (und den politischen Einfluss) für die Durchleitung durch Polen einsparte.

Dies war damals als politischer Husarenstreich angesehen worden. Das deutsch-polnische Verhältnis, sowieso schon durch einige deutsche Rechtsaussen belastet, die immer noch Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges revidieren wollen, wurde dadurch zusätzlich belastet, aber was kümmert das einen Kanzler, der bereits wusste, er würde Neuwahlen provozieren und danach nicht mehr am Ruder sein.

Nach einigen Wochen pathetischer Auftritte musste Schröder schließlich öffentlich zugestehen, er hatte die Wahlen verloren und war abgewählt. Noch während die Bildung der großen Koalition festgeklopft wurde, wurde bekannt, er wird in den Aufsichtsrat der russischen Gazprom gerufen werden, natürlich mit einer fürstlichen Bezahlung.

Nun kann ihm niemand nachweisen, dies wurde bereits vereinbart, als er den Deal als Kanzler abschloss. So bleibt ihm eine Anklage wegen Korruption erspart. Trotzdem darf man öffentlich sagen, der enge zeitliche und inhaltliche Zusammenhang ist ein eindeutiges Indiz für die Käuflichkeit von Herrn Schröder.

In diesem Sinne sagte dies denn auch der bekannte Polizei-Reporter Jürgen Roth in seinem Buch "Der Deutschland-Clan - Das skrupellose Netzwerk aus Politikern, Top-Managern und Justiz", das kürzlich erschienen ist (ein Buch, das empfehlenswert ist). Nur gefiel das Herrn Schröder nicht, dem Politiker mit den Schäfchen im Trockenen. Also ließ er seine Anwälte eine Kampagne gegen das Buch bei Buchhandlungen in Hamburg beginnen.

Die Anwälte fragten in verschiedene Buchhandlungen nach diesem Buch, liessen es bestellen und kauften es. Anschliessend schickte man an die Buchhandlungen die berühmten „Abmahnungen“, also kostenbewehrte Unterlassungserklärungen, das Buch werde in Zukunft nicht mehr verkauft.

Selbstverständlich gibt es überhaupt keine Rechtsgrundlage dafür, denn das Buch ist frei verkäuflich und Schröders Klage auf das Streichen einer ihn betreffenden Passage war zurückgewiesen worden.

Es handelt sich also um eine reine Einschüchterungsmassnahme. Nun gibt es aber einschlägige Paragraphen, in denen zum Beispiel steht „wer einen anderen mit einem Übel bedroht, um ...Vorteile zu erlangen“ und „wird mit Gefängnis oder Geldstrafe nicht unter...bestraft“.

Allerdings werden wir natürlich lange warten können, bis ein deutscher Staatsanwalt Schröder und seine Anwälte vor den Kadi bringt. Wahrscheinlich geht eher ein Kamel durch ein Nadelöhr, bevor dies geschähe. Interessanterweise ist dieses Geflecht von Straffreiheit für jedweden Politiker genau eines der wesentlichen Themen des Buches.

So werden die Thesen des Buches, die (laut Süddeutscher Zeitung) „nicht jedem gefallen müssen“, von Schröder und seinen Anwälten auch noch unabsichtlich bestätigt. Mit anderen Worten: Politiker gehen in Deutschland mit ihren kriminellen Machenschaften straffrei aus.

Wer weitere Beispiele ausser Schröder hierfür nachprüfen will, siehe dieser Artikel: „Politiker nach der Karriere“.


Veröffentlicht am 25. Juli 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Donnerstag, 24. Juli 2008

Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise

Spanien, Irland und Dänemark haben die USA überholt

Von Karl Weiss

Ein Dossier der Financial Times Deutschland (FTD) enthüllt: Im Prozess des fortschreitenden Eintauchens in eine Weltwirtschaftskrise haben drei europäische Länder bereits die USA überholt. Sie haben bereits zwei aufeinanderfolgende Quartale mit fallender Wirtschaftsleistung und damit das offizielle Kriterium der Wirtschaftskrise erfüllt (von den bürgerlichen Ökonomen schamhaft „Rezession“ genannt).

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Es handelt sich um Spanien, Irland und Dänemark. Im internationalen Vergleich der GDP (Gross Domestic Products) für 2007 mittels der PPP-Vergleiche, nach der Liste des Internationalen Währungsfonds (IWF), ist Spanien Nummer 11 der Länder, also keineswegs ein unwesentliches Land.

Das trifft eher auf die beiden anderen europäischen Staaten zu: Dänemark ist Nummer 49 der Liste und Irland Nummer 51.

Wesentlicher als die genaue Bedeutung dieser Länder ist aber, ob es Ausnahmeerscheinungen sind oder Vorboten. Was genau geht in den drei Ländern vor?

Housing Slump

Alle drei haben – ähnlich wie die USA – eine Immobilienblase aufgebaut in den vergangenen Jahren, also eine starke Überbewertung von Immobilienwerten, die dann, im Verlauf des letzten und diesen Jahres, in sich zusammenfiel und dabei viele kleine Immobilienbesitzer mit sich zog. Wie in den USA, haben in diesen Ländern Viele ihr Häuschen oder ihre Eigentumswohnung verloren, weil plötzlich die Monatsraten explodierten und/oder der Restwert der Immobilie geringer wurde als der noch geschuldete Betrag.

Dadurch platzten viele Hypotheken und die darauf spezialisierten Banken mussten riesige Abschreibungen vornehmen oder gingen sogar Pleite.

Das entscheidende: Hierdurch wurde in gewaltigem Masse Kaufkraft aus der Bevölkerung genommen, was die Inlandsabsätze in den Keller gehen ließ. Alle drei Länder haben nur begrenzte Exporte – und so rutsche das Inlandsprodukt ins Negative, für zwei aufeinanderfolgende Quartale im Vergleich zum vorherigen. In allen drei Ländern macht zudem die Bautätigkeit etwa 10 % der Wirtschaftsleistung aus, weit mehr als etwa in den USA oder Deutschland.

Immobilienkrise USA

Ist nun die Sache mit der Immobilienblase immer Vorläufer der Wirtschaftskrise? Keineswegs. In den letzten Jahren allerdings war von den Grossinvestoren in gewaltigem Masse auf steigende Immobilienpreise in vielen Ländern gewettet worden. Dadurch wird in einer Anzahl von Ländern der Beginn der Wirtschaftskrise mit einem Platzen der Immobilienblase einhergehen.

Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die drei Länder nur Vorboten sind. Es sind auch schon die nächsten beiden Kandidaten bekannt: Laut einem Ökonomen der Commerzbank, so berichtet die ‚Finanzial Times Deutschland’, sind dies das Vereinigte Königreich und Frankreich. In England ist schon die erste Hypothekenbank (Northern Rock) Pleite gegangen und die Immobilienpreise sinken. In Frankreich gibt es auch bereits erste Anzeichen einer beginnenden Immobilienkrise.

Northern Rock Pleite

Kleinere Länder ohne riesige Rücklagen in den Zentralbanken haben nicht die Möglichkeit, wie etwa die USA, einfach riesige Staatsausgaben, wie etwa die für den Irak-Krieg, zu inszenieren, was natürlich den formalen Beginn der Wirtschaftskrise hinauszögern kann.

Doch auch die US-Regierung wird ihre Schulden nicht weiterhin bis ins Unendliche erhöhen können. Wenn sie eine gewise Höhe erreicht haben werden, gibt es für die Gläubigerstaaten, allen voran China, Japan, Süd-Korea, Grossbritannien und Deutschland, keinen anderen Ausweg mehr, als grosse Mengen von US-Staatsanleihen auf den Markt zu werfen, was zweifellos der Beginn des Falls eines Weltreiches sein wird.


Veröffentlicht am 24. Juli 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"

Freitag, 18. Juli 2008

Terrorattacken vom 11. September: US-Regierung bezahlte Israelis für Tanzen und Feiern!?

Ein weiteres unglaubliches Indiz für die Verbindung der US-Regierung mit diesem Terrorangriff

Originalveröffentlichung

Von Karl Weiss

Eine halbe Million Dollar hat die US-Regierung an ein Unternehmen überwiesen, kurz vor den Terrorattacken des 11. September 2001, das dann an jenem Tag Angestellte des Unternehmens, israelische Staatsbürger, in der Nähe der beiden Türme des World Trade Centers (WTC), verkleidet als Araber, Freundentänze aufführen, das Geschehen filmen und Schreie des Entzückens ausstossen liess. Dies wurde jetzt durch eine "Watchdog"-Organisation mit dem Namen FedSpending herausgefunden.

Drei der fünf tanzenden Israelis bei ihrem Fernsehauftritt in Israel
Hier kann man drei der fünf tanzenden Israelis bei ihrem Auftritt im israelischen Fernsehen im Oktober 2001 sehen

Umnittelbar nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 war eine kleine Episode zu weltweiter Kenntnis gelangt: Eine Gruppe von Arabern habe während der Anschläge in der Nähe des WTC (genau gesagt auf dem anderen Ufer des Hudson River) Freundentänze aufgeführt, gefilmt und gefeiert.

In aller Welt war dies als Anzeichen gewertet worden: Die Araber im allgemeinen hätten diese Anschläge für gut gehalten und befürwortet. Indirekt konnte dies sogar als Begründung herhalten, warum man den Irak überfiel – war das nicht ein arabisches Land?

Der Angriff auf die Zwillingstürme des „World Trade Centers“ war später als Begründung einer generellen Änderung der Politik genommen worden. Weil man nun „unter Beschuss“ läge, gälten alle früheren Regeln des bürgerlichen Rechts nicht mehr.

Dabei wurden u.a. die feiernden Araber immer wieder als Begründung genannt.

Die Gruppe von jungen Leuten in Araber-Tracht war u.a. auch deshalb aufgefallen, weil sie bereits 15 Minuten, nachdem das erste Flugzeug den einen Turm des World Trade Centers getroffen hatte, zu feiern begannen. Zu diesem Zeitpunkt gingen noch alle sowohl in den USA als auch in der übrigen Welt davon aus, es habe sich um einen fürchterlichen Unglücksfall gehandelt.

Erst nachdem auch der andere Turm von einen Passagierflugzeug getroffen wurde, war allen schlagartig klar geworden: Es handelte sich um einen terroristischen Angriff!

Woher also konnten diese „Araber“ Kenntnis davon gehabt haben, es sei kein Unglücksfall? Nun, eigentlich nur, wenn sie in die Vorbereitungen verwickelt waren oder jedenfalls von ihnen wussten, oder?

Damit war klar, man brauchte sie nur festzunehmen und würde bereits nahe an den wirklichen Tätern sein.. Dies galt umso mehr, als die jungen Leute auch noch feierten und filmten und jubelten, als Stunden später die beiden Türme nacheinander einstürzten.

Sie wurden dann später, als sie in New Jersey Flugzeuge nach Israel besteigen wollten, auch in Polizeigewahrsam genommen.

Nur stellte sich dann sofort heraus: Auch wenn sie wie saudi-arbische Scheichs gekleidet waren, es waren junge Israelis! Unerklärlicherweise liess man sie bereits 5 Tage nach der Festnahme laufen (nach anderer Quelle: nach einem Monat) und nach Israel ausfliegen.

Dort gaben sie im Fernsehen ein Interview: Sie hätten den Auftrag gehabt, die Ereignisse zu dokumentieren. Sie gaben nicht an, wer sie im voraus von den Anschlägen informiert hatte.

Alle arbeiteten für eine Umzugsfirma mit dem Namen Urban Moving Systems, eine Firma, von der man nach Angaben von FBI und CIA heute weiss, es war eine Deckfirma des israelischen Geheimdienstes Mossad. Die Firma wurde drei Tage nach den Anschlägen von 9/11 von Polizisten des FBI aufgesucht und geschlossen. Alles Vorhandene wurde mitgenommen.

Der Chef der Firma wurde festgenmmen, bis auf die Unterhosen ausgezogen, mit einer Augenbinde versehen und 14 Stunden ununterbrochen verhört. Danach liess man ihn laufen und er verschwand nach Israel.

Dann, nachdem man ihn hatte gehen lassen, wurde eine internationale Fahndung nach ihm ausgeschrieben, unter den drei Namen Suter, Dominik, Levinson, Ornit und Suter, Ornit.

Und – noch verdächtiger – ein Dominik Suter reiste im Jahr 2003 unbehelligt in die USA ein und gründete eine neue Firma, diesmal ein Reinigungsunternehmen.

Wer all dies bis hierher gelesen hat, mag denken: „Na, das ist mal wieder typisch Internet. Haarsträubende erfundene Verschwörungstheorien, mit viel CIA und Mossad.“

Doch nun kommt das wirklich Unglaubliche: Alles ist bestens belegt. Wer sich die Mühe machen will, kann eine Zusammenfassung von allem hier nachlesen.

Wer alles ganz genau belegt haben will: Hier sind die Links zu den verschiedenen Details:

1. Überweisung von 500 000 Dollar an Urban Moving Systems

2. Fahndung nach Dominik Suter: FBI suspect list 22.5.2002

3. Drei der fünf jungen Israelis am israelischen Fernsehen (mit Bild)

4. Das Video über die tanzenden Israelis und ihr Auftreten am israelischen Fernsehen im Oktober 2001

5. Artikel eines ehemaligen CIA-Agenten in „The American Conservative“, in dem über Spionage-Tätigkeit des Mossad in den USA berichtet wird, darunter auch der hier genannte Fall. Er berichtet u.a., die fünf jungen Israelis tanzten bereits, als die Welt noch der Meinung war, Zeuge eines schrecklichen Flugzeugunglück zu sein.

6. Sende-Manuskript von Fox News zu diesem Fall. Dies wurde nie gesendet und alles aus dem Internet genommen. Aber das Internet verliert nichts.

7. Hier eine Quelle
mit ausführlichen Videos dazu zur gleichen, zensierten Sendung von Fox News wie unter 6.

8. Andere Quelle für die Überweisung an die Umzugsfirma und deren Zusammenhänge (check it all twice!).

9. Quelle für die neue Firma des damaligen Chefs der Umzugsfirma

10.Der Journalist Wayne Madsen (hier seine Site: http://www.waynemadsenreport.com/) hat sich ausführlich mit diesem Fall beschäftigt und Material zusammengetragen. Einen ausführlichen Artikel von ihm kann man hier nachlesen.

Kurz: Alles ist bestens belegt. Stellt sich natürlich die Frage: Ist dies nun ein unwiderlegbarer Beweis, die US-Regierung hat 9/11 selbst inszeniert oder jedenfalls bewusst geschehen lassen? Nein. Aber zusammen mit den anderen Indizien und Anhaltspunkten sowie den offensichtlichen offiziellen Lügen in diesem Zusammenhang gibt es ein überwältigendes Indiziengebäude (siehe auch die anderen Artikel zu 9/11).

Weitere Artikel zu 9/11:

- Bush und Bin Laden sind eine symbiotische Einheit

- Wahrheit gibt es erst nach 40 Jahren

- 9/11: Wilde Verschwörungstheorien oder berechtigte Zweifel?

- Wie hält es der evangelische Pressedienst mit der Wahrheit?

- Was ist die Mehrheitsmeinung in den USA?

- Eine Explosion des Unglaubens

- Bewusste Manipulationen im Kommissionsbericht

- Sie wussten es vorher!

- Die Terroristen sind selbst fabriziert

- Verdacht vor dem 11. September abgewürgt

Donnerstag, 17. Juli 2008

Kein Anspruch auf fabrikneue Kleidung

Hartz IV und Sozialhilfe: Die neueste Schikane

Von Karl Weiss

Sozialhilfeempfänger haben Anspruch auf einen staatlichen Zuschuss, wenn sie spezielle Anschaffungen machen müssen. Das trifft zum Beispiel zu, wenn Kleidung gekauft werden muss, weil die alte zerschlissen ist. Nun hat ein Sozialamt aber entschieden, die Antragstellerin müsse sich auf gebrauchte Kleidung verweisen lassen. Ein Sozialhilfeempfänger habe keinen Anspruch auf fabrikneue Kleidung.

Hartz-Protest 02

In diesem Fall ging das Sozialamt so weit, im Internet nach entsprechenden Angeboten zu googeln und wurde auch fündig. Man legte dem entscheidenden Gericht Ausdrucke von Internet-Seiten vor, die billige/gebrauchte Kleidung anboten. Das entscheidende Gericht war das Landessozialgericht von Schleswig Holstein. Es benutzte die vorgelegte Internetseite, um im Sinne des Sozialamtes zu entscheiden, ohne überhaupt der Frage nachzugehen, ob sich ein Sozialhilfeempfänger einen Computer und Internetanschluss überhaupt leisten kann.

Ein anderes Landessozialgericht hatte bereits früher geurteilt, Hartz-IV-Betroffenen hätten keinen Anspruch auf einen Zuschuss, wenn ihr Computer nicht mehr funktioniere und ein Neuer angeschafft werden müsse.

Das ist deutlicher Ausdruck deutscher Gerichtsbarkeit. Der Computer wird einerseits von einem Gericht als Luxusartikel angesehen, andererseits muss ein Sozialhilfeempfänger im Internet googeln, um gebrauchte bzw. billige Kleidung zu finden.

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Das ist die typische Situation des „Hauptmann von Köpenick“: Er bekommt keine Arbeit, weil er keine Wohnung hat und bekommt keine Wohnung, weil er keine Arbeit hat. Deutsche Gerichte lieben es, ausweglose Situationen für den Untertan zu schaffen.

Hier ein Auszug aus dem Urteil:

„...sei zutreffend vom Beklagten auf die Zumutbarkeit der Anschaffung von gebrauchten Kleidungsstücken verwiesen worden.

Diese Auffassung teilt der Senat; (...) wobei letztlich der Kleidungsbedarf insgesamt ggf. dadurch gedeckt werden müsste, dass gebrauchte Kleidung, z. B. in Secondhand-Geschäften, auf Flohmärkten oder über das Internet erworben wird.“

Auch der Hinweis auf Flohmärkte und Secondhand-Geschäfte zieht nicht, denn nicht jeder hat Zugang zu solchen Kaufgelegenheiten. Ausserdem sind dort auch nicht alle Grössen und Formen erhältlich. Hartz-IV-Geschädigte und Sozialhilfeempfänger generell auf gebrauchte Kleidung zu verweisen, ist schlicht und einfach abartig.

Hartz-Protest 01

Das Entscheidende an diesem Gerichtsurteil auf der Ebene des Landes-Sozialgerichtes ist nämlich nicht der konkrete Fall, sondern die Tatsache, dass diese Regel nun allgemein angewandt werden wird, immer mit dem Hinweis auf dieses Urteil.

Dabei sollten wir nicht vergessen: Es sind keineswegs nur die Richter, die sich mit dicker Brieftasche auf unsere Kosten gütlich tun. Es ist auch die Politikerkaste, die das neue Sozialgesetzbuch beschlossen hat, das die Grundlage für solche Entscheidungen liefert: Es waren die Politiker von CDU/CSU und SPD, von Grünen und FDP, die dies gemeinsam auf dem Gewissen haben!

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Hartz IV muss weg!


Veröffentlicht am 17. Juli 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Andere Artikel zur Hartz IV im Blog:

"Dossier Hartz IV – Hindernisrennen ins Elend"

"19 Fälle – Die Realität von Hartz IV"

"Nicht genug zu essen – Hartz IV – Realität in Deutschland 2007"

"Die neuesten Hartz-Sauereien – Das Mass ist voll!"

"Hartz IV – Absurd, absurder, am absurdesten – Das Chaos war geplant!"

"Hartz IV – Berliner Zeitung schert aus dem Chor der Missbrauchsankläger aus"

"5 Millionen Arbeitslose einstellen"

"Grundversorgung von 1600 Euro käme billiger als heute."

"Arbeitslosigkeit ist zum Delikt geworden"

"Hartz IV führt in Obdachlosigkeit"

"Hartz IV–Empfänger müssen kalt duschen, im Dunkeln sitzen und Wasser trinken"

"Hartz IV: Vertreibung von Mietern"

"Hartz IV–Betroffene: Daumenschrauben anziehen!"

"Hartz-IV: Jetzt auch noch Sippenhaft"

"Hartz IV: Nieder auf die Knie!"

"Hartz IV: Unter den Brücken schlafen?"

"Hartz IV: Der angeleinte Mensch"

"Hartz IV: Der Fall Brigitte Vallenthin"

Montag, 14. Juli 2008

Fannie und Freddie in der Bredouille

Der nächste Schritt beim Rutsch in die Weltwirtschaftskrise

Von Karl Weiss

Hier bereits mehrfach vorausgesagt, erleben wir im Moment das Abrutschen in die Weltwirtschaftskrise, das eben in die zweite Phase eingetreten ist. Auslöser (aber nicht Ursache) war die US-amerikanische Immobilienkrise, aber die eigentliche Krise besteht im Rückgang der weltweiten Produktion, im Schließen von Fabriken und Firmen und Vernichten von Produktionskapazitäten.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Die zweite Phase begann am Freitag und hängt wiederum mit dem US-Immobilienmarkt zusammen. Die riesigen Immobilien-Finanzierer Fannie Mae und Freddie Mac seien in seriösen Finanzierungsproblemen, wurde berichtet, nachdem die US-Regierung bereits die wesentlich kleinere Immobilien-Bank Indy Mac übernahm. Die Kurse (Dow Jones) in New York reagierten mit einem Verlust von 2% an einem Tag und der Index rutschte unter die Marke von 11.000 Punkten, die eigentlich eine starke Stopp-Linie hätte darstellen sollen.

Man erinnere sich daran: Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde die Marke von 20.000 Punkten für möglich gehalten.

Housing Slump

Indy Mac, eine Hypotheken-Bank, war praktisch Pleite gegangen und wurde von dem Hilfsfond aufgefangen, den die Regierung den Banken vorgeschrieben hatte, nachdem die Sparer insgesamt 1,3 Milliarden Dollar abgezogen hatten. Das ist der zweitgrößte (oder drittgrösste) Banken-Crash in der ganzen US-Geschichte!

Dies allein hat aber noch keine verheerenden Folgen. Die kündigen sich vielmehr an, wenn die beiden riesigen US-Immobilien-Banken „Federal National Mortgage Association“, genannt Fannie Mae, die größte Hypothekenbank der Welt, und die zweitgrößte, „Federal Home Loan Mortgage Corporation“, genannt Freddie Mac, in ernste Schwierigkeiten geraten, was für diese Woche erwartet wird.

Die beiden Banken bedienen im Moment praktisch alleine die Immobilien-Darlehen und Hypotheken in den USA, nachdem sich alles, was Beine hatte, aus diesem Markt zurückgezogen hat. Es ist undenkbar, die beiden würden Pleite gehen, denn damit wäre der gesamte Immobilien-Sektor gestoppt. Niemand könnte mehr bauen oder kaufen (es sei denn, er hätte alles Geld bereits vorher flüssig).

Immobilienkrise USA

Man kann also sicher davon ausgehen, die US-Regierung wird die beiden auffangen, sei es mit Steuergeldern und/oder mit Hilfe anderer Banken.

Trotzdem wäre eine solche Auffangaktion ein Desaster. Die Bedingungen, zu denen noch Hypotheken und Bau-Finanzierungen gewährt würden, verschlechterten sich gewaltig und die Bautätigkeit würde zusammenschnurzeln wie ein Hamburger in der Bratpfanne

Auch international hätte dies schwere Auswirkungen, denn der Hypothekenmarkt ist auch bereits globalisiert, wie sich u.a. an den Problemen der deutschen Landesbanken gezeigt hat.

Zwar ist noch nicht sicher, ob eine grosse Auffangaktion notwendig sein wird, aber die Börsen – auch ausserhalb der USA – werden bereits auf die Möglichkeit reagieren. Die Aktienkurse der beiden Institute brachen seit Beginn der Immobilienkrise bereits um etwa 90% ein. Am vergangenen Freitag verlor die Fannie-Aktie etwa 30%, die von Freddie um die 28%.

„Wir befinden uns inmitten eines Tsunamis im Finanzsektor. Dies ist ein Sturm, den die USA zuvor noch nie erlebt haben", sagte Peter Kenny, Direktor von Knight Equity Markets, laut einer Meldung der Wiener „Presse“.

In einer anderen Presemeldung wird berichtet, die Analysten erwarten in Deutschland einen Dax von 5600 für diese Woche.

Wichtig ist aber zu sehen: Die Weltwirtschaftskrise steht erst am Anfang. Bisher hat sie im engeren Sinne noch gar nicht begonnen. Das offizielle Kriterium einer Weltwirtschaftskrise ist, wenn die wesentlichen OECD-Länder zwei aufeinananderfolgende Quartale mit Verringerung des GDP (so etwas wie das das Bruttosozialprodukt) aufweisen. Das ist bisher noch in keinem Land der Fall.

Wenn das im Moment ein Tsunami ist, dann stelle man sich vor, welche Worte man verwenden wird, wenn die Weltwirtschaftskrise im engeren Sinne wirklich ausbricht.


Veröffentlicht am 14. Juli 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Zusatz zum Artikel vom 15.7.08
Wie sich die Immobilienkrise in den USA konkret auswirkt, zeigt eine Meldung, die heute um die Welt ging: In der grossen Industriestadt Cleveland, Ohio sind bereits 10% aller Häuser im Besitz der Banken, d.h. die ehemaligen Besitzer haben sie an die Bank verloren, weil die Raten zu hoch wurden. Die Banken warten auf bessere Zeiten, um die Häuser zu versteigern, denn im Moment sind die Preise auf Niedrigst-Niveau.
Wie die Wirtschaftskrise in den USA voranschreitet, sieht man an einer anderen Meldung: General Motors hat heute angekündigt, die noch vorhandenen Personalkosten um 10% vermindern zu wollen, also Massenentlassungen, nachdem man vorher bereits das Schliessen von vier der Fabriken angekündigt hatte.


Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"

Sonntag, 13. Juli 2008

Niemeyer ist 100 – 'Auf dem Höhepunkt des Schaffens'

BRASILIEN JENSEITS VON FUßBALL UND SAMBA, TEIL 4:
Niemeyer ist 100 - "Auf dem Höhepunkt des Schaffens"


Von Elmar Getto

Niemeyer – wer war das noch gleich? Oscar Niemeyer! Aaaah richtig, jener große Architekt des 20. Jahrhunderts, der Brasilia gezeichnet hat! Wann ist der eigentlich gestorben? Hat jemand irgendetwas von ihm gehört?

Niemeyer

Oscar Niemeyer lebt, ist im Dezember 2007 100 Jahre alt geworden und erklärte in einem Interview, er stehe auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Er betont, daß er Brasilianer ist. Er hält weiter seinen kommunistischen Ansichten die Treue und arbeitet intensiv, im Moment an mehreren großen Projekten, abgesehen von einigen Oberaufsichten über die Realisierung älterer Projekte. Einer seiner Mitarbeiter im Studio im obersten Stock eines Gebäudes an der Copacabana in Rio mit Blick auf eine der beeindruckendsten Landschaften der Erde, wo Niemeyer weiterhin von Montag bis Samstag arbeitet, sagt: „Ich arbeite mit Niemeyer seit 35 Jahren, aber ich habe nie eine Phase gesehen, in der er so kreativ war. Er zeichnet jeden Tag Formen, die man noch nie gesehen hat.“


Brasilien (topographisch)

Dies ins Stammbuch jener kleingeistigen Philister in den Manager-Etagen deutscher Firmen, die Menschen mit 50 Jahren bereits zum alten Eisen werfen.

Niemeyer ist mit Sicherheit das größte Phänomen der Architektur des 20., aber eben auch des 21. Jahrhunderts und ebenso ein Phänomen in seiner Aktivität mit 100 Jahren. Ein großer Teil dessen, was sich moderne Architektur nennen kann, basiert auf seinen Ideen und Werken. Er hat die moderne Architektur mehr beeinflußt als alle anderen. Für sein Lebenswerk hat er 2004 den japanischen Kaiser-Preis erhalten. Die Irakische Architektin Zaha Hadid, die in London lebt, erwähnte ihn bei der Preisverleihung des Pritzker-Preises (der 'Nobel' der Architektur) 2004 ausdrücklich als hauptsächlichen Einfluß.

Niemeyer Nationalkongress

Keine brasilianische Stadt, die etwas auf sich hält, ohne Werke Oscar Niemeyers.

In São Paulo steht bis heute das erste moderne Wohnhochhaus aus den vierziger Jahren, in Form eines S, das heute zwischen vielen anderen ähnlichen fast nicht mehr auffällt. Nur war es eben das erste und fast alles, was heute an Wohnhochhäusern gebaut wird, wird zum Abklatsch oder zu etwas weniger Gelungenem als dieses erste. Auch die Gedenkstätte für Lateinamerika (1988) von ihm in dieser Stadt bleibt ein Anziehungspunkt für Architekturstudenten.

Niemeyer

Einen seiner größten Siege feierte Niemeyer 2004, als im Ibirapuera-Park in São Paulo das Auditorium eingeweiht wird, das er in den fünfziger Jahren (!) projektierte, ein Gebäude, bei dessen Anblick jedem das Wort ‚hypermodern’ einfällt.

Der Ibirapuera-Park war in den fünfziger Jahren von Burle Marx, einem anderen berühmten Brasilianer, wohl dem besten Landschafts-Architekten des 20. Jahrhunderts, konzipiert worden und einige Gebäude wurden von Niemeyer eingefügt, doch das Auditorium war damals nicht gebaut worden. Es ist an einer Seite offen, bezieht so den Park mit ein und öffnet die Veranstaltungen für alle Parkbesucher, ein demokratisches Auditorium (was natürlich nur in einem warmen Land wie Brasilien möglich ist).

Niemeyer Palácio Planalto

In Rio de Janeiro ist es vor allem das Monument der Gefallenen des 2.Weltkriegs am Strand von Flamengo, das die Aufmerksamkeit jedes Besuchers findet. Von ihm ist auch das Gebäude des Lateinamerikanischen Parlaments und das des Museums der modernen Kunst, gleich in der Nähe. Eines der gelungesten in seiner Leichtigkeit ist aber mit Sicherheit sein Museumsbau in Niteroi, der Stadt auf der anderen Seite des Zuckerhutes, eine Art UFO, schwebend über dem Meer an einer felsigen Steilküste, genau an jenem Punkt, an dem man die schönste Sicht auf das gegenüberliegende Rio de Janeiro mit seinen runden Bergformen hat, die fast wie von Niemeyer geschaffen scheinen (in Wirklichkeit dürfte es anders herum sein: Die runden Bergformen haben zum Teil die Ideenwelt Niemeyers geprägt).

Niemeyer Museum zeitgenössische Kunst

Rio hat seinem Sohn Oscar Niemeyer auch die treffendste Huldigung dargebracht: Die Straße zwischen den Stränden São Conrado und Leblon im Stadtgebiet von Rio, über einem Felsabsturz ins Meer, einer der landschaftlich schönsten Punkte der Erde, heißt schon seit vielen Jahren Avenida Niemeyer.

In Belo Horizonte steht der erste moderne Sakralbau, das Kirchlein des heiligen Franziskus am Ufer des Pampulha-Sees mitten in der Stadt, das 1940 eingeweiht wurde. Es war das erste Mal, daß jemand geschwungene Formen in Beton in einem Gebäude eingesetzt hat. Gerade war der Stahlbeton erfunden worden und damit die Möglichkeit, einem Gebäude jede beliebige Form zu geben, rund, mit weiten Überhängen usw.

Sankt-Franziskus-Kirche von Niemeyer

Die katholische Kirche weigerte sich jahrelang, das neue Kirchlein zu weihen, das vom damaligen Bügermeister der Stadt, Juscelino Kubitschek, in Auftrag gegeben worden war. Das Werk eines Atheisten und Kommunisten, das wollte man nicht als Kirche.

Erst als Architekten und Architekturstudenten aus aller Welt begannen nach Belo Horizonte zu pilgern, nahm man das Geschenk an. Zusammen mit seiner Rückwand, völlig in blauen Fliesen, geschaffen vom brasilianischen Maler Portinari (darstellend das Leben des Heiligen), stellt das Kirchlein nicht mehr ein architektonisches Werk, sondern ein einmaliges Kunstwerk dar, etwas, das man von späteren modernen Sakralbauten nicht sagen kann. Seine Form in vier Bögen mit einem kleinen Glockenturm, der nach oben hin breiter wird, ist der eigentliche Anfang und Ausdruck aller modernen Architektur. Heute gibt es kein Brautpaar in Belo Horizonte mehr, das nicht in dieser Kirche getraut werden will.

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-3

Und schließlich - Brasilia. Als Kubitschek 1955 zum Präsidenten gewählt worden war, beschloß er, das Augenmerk Brasiliens, das immer auf der Küste gelegen hatte, ins Landesinnere zu lenken. Dort sollte eine neue Hauptstadt, Brasilia, geschaffen werden, weit im Inneren des Landes, auf einer dürren Hochebene gelegen, am Rande des Bundestaats Goias, und dort ließ er – wie in den USA – einen eigenen Bundestaat schaffen und ihn ‚Föderativer Distrikt’ (Distrito Federal) nennen.

Diese neue Hauptstadt sollte vor allem die Modernität Brasiliens und den Fortschritt (der in der Fahne Brasiliens steht) dokumentieren und so gab er den Architekturauftrag an Niemeyer, der den Plan der ganzen Stadt in Form eines Flugzeugs entwarf. Auch die einzelnen Regierungsgebäude und die Kathedrale wurden von ihm gezeichnet. Niemeyer lebte drei Jahre auf der Baustelle und entschied und überwachte jedes Detail.

Kongress Brasilien Brasilia

Steht man heute auf dem ‚Platz der drei Gewalten’ in Brasilia, vor sich das Parlamentsgebäude mit der konkaven Kuppel für den Senat und der konvexen für das Abgeordnetenhaus, zur rechten den Präsidentenpalast mit einer großen Auffahrtsrampe über einem riesigen Wasserbecken, zur Linken das Gebäude des Obersten Gerichtshofs mit einer überdimensionalen modernen ‚Justitia’, dann wird einem klar, daß diese Gebäude, vor fast 50 Jahren eingeweiht, heute kein Architekt besser oder moderner konzipieren könnte. Niemeyer selbst sagt dazu im Interview: „Wenn Sie dort stehen, mögen Ihnen die Gebäude gefallen oder nicht, aber Sie können nicht sagen, Sie hätten so etwas schon einmal gesehen.“

Niemeyer Nationalkongress

Vom genannten Platz geht die große Mittelachse Brasilias aus, an der alle Ministerien stehen. Am anderen Ende der Achse war schon damals ein Kulturzentrum vorgesehen, das aber nicht zur Ausführung kam. Es ist jetzt in Planung. Das zentrale Gebäude wird ein kuppelförmiger Bau von 80 Metern Durchmesser sein, aus dem ein Beton-Halbkreis herausragt, so daß der Eindruck vom Saturn mit seinem Ring entsteht.

Niemeyer Nationalmuseum Brasilien

Sollte jemand einmal nach Brasilien reisen, wird er wohl auch in Ouro Preto halt machen, der am besten erhaltenen Barock-Stadt Brasiliens (wir hören demnächst noch von ihr, wenn es um das brasilianische Gold geht). Dort kann man im ‚Grand Hotel’ absteigen, das von niemand Geringerem als Niemeyer konzipiert wurde.

Hier zeigt er, in einem Umfeld herausragender barocker Architektur, die Lösung für das Problem jedes Architekten, der mit einem historischen Umfeld konfrontiert ist: die Bescheidenheit. Er maßt sich weder an, Barockarchitektur zu imitieren, noch stellt er modernistische Niemeyer-Architektur großkotzig gegen die historischen Kirchen. Er schafft einen niedrigen, langgesteckten Bau am Berghang, der seine Modernität nicht verleugnet, sich aber ganz zurücknimmt in modernistischen Details. Wer dort absteigt, kann sein Früstück in einem Raum mit Blick über die Stadt einnehmen, der vom Meister persönlich mit Zeichnungen auf den Wänden und einem Spruch ausgeschmückt ist.

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-4

Aber Niemeyer arbeitet(e) nicht nur in Brasilien. Sein internationaler Durchbruch kam, als er 1947 den Zuschlag für sein Projekt für das UN-Gebäude in New York bekam. Danach folgten Hunderte von Projekten: Er konzipierte eine Moschee in Algerien, die den damaligen Premier Boumedienne, der gerade den langen Befreiungskrieg gegen die Franzosen gewonnen hatte, zum Ausruf hinriß: „Das ist eine revolutionäre Moschee!“

Er entwarf für die KP Frankreichs das neue Zeitungsgebäude, noch vor wenigen Jahren überraschte er erneut mit einem Observationsturm mit Hotel und Restaurant in Brighton in England und 2004 wurde eine riesige Skulptur von ihm nach Frankreich geschafft, die an der Nationalbibliothek in Paris aufgestellt wurde.

Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus

Überhaupt ist Niemeyer nicht nur Architekt, sondern auch ein Zeichner und Bildhauer von hoher künstlerischer Qualität. In Niteroi z.B., wo inzwischen 11 seiner architektonischen Werke zu bewundern sind, viele innerhalb von Gehweite (es gibt dort einen Niemeyer-Weg, der einige verbindet), wurde vor kurzem das neue Theater eingeweiht, in dem er ebenfalls die Idee des „offenen Theaters“ zur Ausführung bringt. Dort hat er die gesamte Malerei in der Innenausstattung und an der Aussenwand sowie eine Anzahl von Skulpturen selbst ausgeführt.

In einer Anzahl von Ländern, in denen der Antikommunismus Staatsreligion ist, so wie die USA und die Bundesrepublik, wird Oscar Niemeyer im allgemeinen mit Mißachtung gestraft. Wo kämen wir hin, wenn wir noch einen Kommunisten als Genie feiern würden? Wenn überhaupt erwähnt, wird er als ‚umstrittener Architekt’ bezeichnet, seine Gebäude in Brasilia als ‚pathetisch’.

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-2

Auch brasilianischen reaktionären Politikern ist Niemeyer ein Dorn im Auge. Der Bürgermeister von Rio de Janeiro, Maia, ein Politiker vom Typ Stoiber, der seine Wiederwahl sichert, indem er rigoroseres Vorgehen gegen die Kriminellen verspricht, während die Kriminalität ohne Halt ansteigt, ließ eine Anzahl von Skulpturen entfernen, die Niemeyer auf eigene Kosten am Leme-Strand hatte aufstellen lassen und die von der Bevölkerung angenommen worden waren.

Eine andere Art der Mißachtung ist, speziell, wenn sich Deutsche mit ihm beschäftigen, die wiederholte Erwähnung seiner ‚deutschen Abstammung’, die ihn selbst auch in Wut bringt, so als ob ein ‚richtiger’ Brasilianer (Wer wäre das? Ein Indio, ein Schwarzer?) niemals in der Lage wäre, Herausragendes zu leisten. Hat man je gehört, daß große Geister aus den USA (ja, auch in einem Land, das von George W. Bush regiert wird, gibt es große Geister, ich erwähne nur Noam Chomsky) andauernd als ‚von irischer, italienischer, englischer, deutscher oder sonstiger Abstammung’ bezeichnet werden? Wird etwa andauernd erwähnt, daß Thomas Mann ‚brasilianischer Abstammung’ war (seine Mutter war Brasilianerin)?

Oscar Niemeyer 99

Das größte Projekt, das momentan in Bau ist, ist sein neu konzipiertes Regierungszentrum des Bundesstaates Minas Gerais auf einer Fläche von etwa 42 Fußballfeldern in einem Stadtteil von Belo Horizonte. Das verwegendste ein Museum in Fortaleza, das im Meer gebaut wird. Auch in Niteroi ist ein Merresmuseum unter dem Meeresspiegel in Planung. Eben eingeweiht wurde die neue Zentrale der brasilianischen Itaipu-Verwaltung (Itaipu ist das riesige Staudamm- und Stauseeprojekt an der Grenze zu Paraguay zusammen mit diesem Land). Neben dem Verwaltungsgebäude und einem großen Auditorium umfaßt es einen See, einen Turm, eine Brücke über den See usw. Die Paraguayaner auf der anderen Seite des Flusses waren so begeistert, daß sie das gleiche für ihre Seite bei ihm in Auftrag gaben.

Befragt, was er an seinem 100. Geburtstag machen werde, antwortete er: „Ich werde verschwinden. Nichts ist wichtig. Jeder hinterläßt eine kleine Geschichte und verflüchtigt sich.“ (Mit 100 wird wohl die Frage nach dem Geburtstag irgendwie identisch mit der Frage nach dem Todestag.)

Franziskus-Kirche Oscar Niemeyer-5

Schließen wir mit dem Satz, den Niemeyer in seinem Arbeitsraum zwischen einigen Zeichnungen an die Wand geschrieben hat: „Das wichtigste ist nicht die Architektur, sondern das Leben, die Freunde und diese ungerechte Welt, die wir verändern müssen.“


Dieser 4. Teil von Elmar Gettos Brasilien-Reihe wurde am 27.12. 2004 in "Rbi-aktuell", heute Berliner Umschau, veröffentlicht, hier vom Autor redigiert und aktualisiert.

Weitere Artikel zu Niemeyer im Blog:

- Was schert es den Mond...

- Niemeyer ist 100 - und arbeitet noch jeden Werktag


Hier die Links zu allen Teilen der Reihe „Brasilien jenseits von Fussball und Samba“

- Teil 1: „Wie der Amazonas zu seinem Namen kam“

- Teil 2: ‚Menschenfresser-Country’

- Teil 3: „Ausgerottete Künstler“

- Teil 4: Niemeyer ist 100 – ‚Auf dem Höhepunkt des Schaffens’

- Teil 5: Brasilien und Gold

- Teil 6: Die Landschaften Brasiliens – Der Amazonas-Regenwald

- Teil 7: Brasilien und der Strom

- Teil 8: Die Landschaften Brasiliens – Mata Atlântica

- Teil 9: Santos Dumont und der erste Motorflug

- Teil 10: SIVAM – Big Brother in Amazonien

- Teil 11: Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Teil 12: Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Teil 13: Wie unsere Zukunft in der beginnenden kapitalistischen Barbarei aussähe – „Ich habe kein Leben“

Montag, 7. Juli 2008

Exxon Valdez-Fall mit Taschengeldzahlung beendet

Strafe auf 500 Millionen Dollar reduziert – Exxon verbucht Gewinn im Fall

Von Karl Weiss

Die Exxon, heute Exxon Mobil, war im Jahre 1989 für das verheerendste Tankerunglück der Geschichte verantwortlich, bei dem in Alaska der Supertanker Exxon Valdez auf einen Felsen fuhr und seine gesamte Ladung von 100 000 Tonnen Rohöl (nach anderen Angaben 50 000 Tonnen) ins Meer nahe der Küste laufen ließ. 1900 km (!) der Küste von Alaska, die extrem fischreich war, wurde mit Öl und Schlamm bedeckt.

Exxon Valdez Spill

An der Katastrophe verdient

Bis heute hat sich die Meeresfauna und –flora dort nicht vollständig erholt. Doch die Exxon hat an dieser Katastrophe verdient - so unglaublich es erscheinen mag. Soeben wurde vom Obersten US-Bundes-Gerichte die Strafe auf ein Taschengeld zusammengekürzt

Die Verantwortung des Konzerns für das Unglück ergab sich aus zwei Fakten: Erstens hatte er als Kapitän auf dem Schiff einen für seine Trunksucht bekannten Mann eingesetzt. Zweitens war der Tanker (wie auch fast alle anderen Öltanker bis heute) nicht mit einer doppelten Wandung ausgestattet.

Die Exxon Valdez fuhr in jener Nacht im gut ausgeschilderten Prince William Sound, als der Kapitän seinen Posten verließ. Der als Alkoholiker bekannte Mann hatte nach einer Zeugenaussage im Prozess auch an diesem Tag zumindest vier Wodka getrunken. Obwohl das Fahren in einer landnahen Wasserstrasse (das Unglück geschah nur wenige hundert Meter vom Land entfernt) höchste Aufmerksamkeit verlangt, ging der Kapitän von der Brücke. Tatsächlich kam die Exxon Valdez dann von der Fahrrinne ab und krachte in einen Felsen.

Hätten die Supertanker wenigstens eine Unterteilung in verschiedene Tanks, sodass bei einem Loch in der Aussenhaut nur einer der Tanks ausläuft und nicht gleich die ganze Ladung, so wäre der Umfang der Schäden durch Unglücke geringer. Aber die großen Ölkonzerne sind die Besitzer der Welt und kümmern sich einen feuchten Kehricht m Umweltschäden. Zum Verhältnis der Ölkonzerne zur Umwelt siehe auch diesen Artikel: http://karlweiss.twoday.net/stories/3049483/

Jeder kleine Besitzer einer Tankstelle ist gezwungen, Tanks mit doppelter Wandung zu benutzen und zusätzlich eine automatische Warnung einzubauen, um Lecks sofort zu melden. Die Ölkonzerne dagegen dürfen Riesenmengen des extrem umweltschädlichen Rohöls durch die Weltmeere schippern ohne die geringsten Sicherheitsvorkehrungen – und sogar noch Alkoholiker als Kapitäne einstellen.

Der Exxon-Valdez-Fall war darum so desaströs, weil der Unfall in Landnähe geschah und die schmierige schwarze Pampe sich auf 1900 km der Küste von Alaska legte. Dort sind die Laichplätze der wichtigsten internationalen Fisch-Populationen. Vor allem wurden Milliarden von Heringseiern vernichtet. Aber auch die Lachse laichen in den dortigen Gewässer, in diesem Fall weiter die Flüsse hoch, in den Süsswasserbereichen, die aber ebenso von der Ölpest betroffen waren.

Exxon Valdez Spill 1

Es waren 32 000 Menschen bzw. Familien unmittelbar von den Auswirkungen betroffen, vor allem Ureinwohner (Eskimos), die vollständig von der Fischerei für ihre Ernährung abhängen, aber auch andere Fischer, die ihren Broterwerb verloren, ebenso wie Besitzer von Küstenstreifen, die nun zu nichts mehr benutzt werden konnten.

Jeder dieser 32 000 Familien (das betrifft nur jene, die sich gemeldet haben; die Schätzungen gehen auf weitere Zehntausende, die nie Gelegenheit hatten, sich zu melden) hat die Exxon einen Betrag von etwa 15 000 Dollar als Entschädigung bezahlt. Es ist offensichtlich, dass dieser Betrag, den ein normaler Unterabteilungs- oder Gruppenleiter bei der Exxon im Monat verdient, bestenfalls symbolisch genannt werden kann.

Insgesamt hatte die Exxon damals etwa 500 Millionen Dollar an Entschädigungen gezahlt und für Reinigungsmaßnahmen ausgegeben, das ist für die Exxon Mobil ein Taschengeld, denn die Gruppe macht heute einen jährlichen Reingewinn von 43 Milliarden Dollar (Milliarden, nicht Millionen! Reingewinn, nicht Umsatz!) – und das, bevor der Ölpreis begann zu explodieren! Die gesamten Entschädigungen machten also gerade 1 % eines einzigen Jahresgewinns aus, während die Fisch-Populationen sich heute, 19 Jahre später, immer noch nicht erholt haben.

Exxon behauptet, alle Küstenbereiche gesäubert zu haben, aber die Wahrheit ist weit trauriger. Nur an Küstenstrichen und Stränden, die leicht für Menschen zugänglich sind, wurde gereinigt. Alle unzugänglichen Stellen sind bis heute verschmiert.´


Tausende von Familien von Ureinwohnern mussten in die nächsten Städte ziehen und dort um Almosen betteln, wie auch die Familien von Fischern.
Es waren in jenen Gewässern auch industrielle Fischfänger unterwegs, vor allem sieben Firmen, die in Seattle ihren Sitz haben, die sogenannten „Seattle Seven“. Exxon brachte es fertig, sie mit jeweils etwa 7 Millionen Dollar abzufinden, was bestenfalls für einen Monatsfang reichte. Man schaffte dies mit der Drohung, die Firmen würden sonst überhaupt keine Geld sehen, bis das oberste US-Bundesgericht entschieden hätte.

Wie lange das dauert, konnte man nun sehen. Die New York Times berichtete am 26. Juni 2008 über das abschließende Urteil des Obersten US-Gerichtshofs zur „Bestrafung“ des Konzerns, also etwa 19 Jahre nach der Katastrophe. Die ursprünglich als Strafe für das Fehlverhalten der Firma festgesetzte Summe von 5 Milliarden Dollar wurde auf ein Zehntel gekürzt, auf 500 Millionen Dollar, das ist, wie oben schon gesagt, ein Taschengeld für die Exxon Mobil.

Das Argument der Obersten Bundesrichter für diese Kürzung war, die Bestrafung und die Entschädigungszahlen müssten in etwa im Verhältnis 1:1 stehen. Die Tatsache also, dass völlig unzureichende Entschädigungen gezahlt wurden, wird nun als Argument genommen, um auch die Bestrafungssumme zu kürzen.

Nun mag jemand sagen, zwei Mal 500 Millionen Dollar, also insgesamt 1 Milliarde Dollar, das tut doch selbst einer Exxon Mobil weh. Nun, das sind etwa 2% eines heutigen Reingewinns in einen Jahr.

Aber es fragt sich: Hatte die Exxon Mobil dies wirklich zu zahlen? Die Antwort ist nein.

Die damalige Exxon konnte gleich nach den Desaster den ursprünglich vorgesehen Bestrafungsbetrag von 5 Milliarden Dollar als erlaubte und nicht zu versteuernde Sonderrücklage anlegen. Was man damit an Steuern gespart hat und an Zinsen und Zinseszinsen eingenommen hat, übersteigt heute, nach 19 Jahren, bereits bei weitem die 1 Milliarde Dollar, die zu zahlen waren bzw. sind. Mit anderen Worten: Die Exxon Mobil hat an der von ihr verursachten Katastrophe noch verdient!

Nicht einmal den Supertanker hat die Exxon verloren: Die Exxon-Valdez wurde repariert und fährt heute unter dem von der Konzernbezeichnung bereinigten Namen „SeaRiver Mediterannean“ auf den von Unterwasser-Felsen bedrohten Gewässern. Findet sie wieder einen solchen Felsen, werden wiederum 100 000 (oder 50 000) Tonnen Rohöl auslaufen. Weder Konzerne noch Regierungen haben also auch nur versucht, aus dem Desaster zu lernen.

So ist das im staatsmonopolistischen Kapitalismus: Die Monopolkonzerne haben sich Staat und Gesellschaft vollständig untergeordnet und müssen keinerlei andere Autorität fürchten, ausser natürlich der Revolution!


Veröffentlicht am 7. Juli 2008 in der Berliner Umschau


Originalveröffentlichung

Sonntag, 6. Juli 2008

Ausgerottete Künstler

Brasilien jenseits von Fußball und Samba

Teil 3: Ausgerottete Künstler

Von Elmar Getto


Nun wieder zurück zu den Indios. Vor nicht allzu langer Zeit ging man davon aus, daß der amerikanische Kontinent erst vor etwa 10.000 bis 12.000 Jahren von Menschen besiedelt wurde, Südamerika erst vor etwa 5.000 bis 7.000 Jahren. Archäologie wurde in den Amerikas wenig bis gar nicht betrieben, denn was wollte man schon finden von den Vorfahren der Indios und Indianer, die man ja zum grossen Teil noch um das Jahr 1500 in der Steinzeit vorgefunden hatte. Allerdings hatten die doch schon sehr entwickelten Kulturen der Azteken, Mayas und Inkas da schon einige Fragezeichen gesetzt. So wurde denn auch die Archäologie praktisch ausschließlich in den Gebieten dieser Kulturen betrieben.

Erst in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts begann man, zunächst sehr sporadisch, auch außerhalb dieser engen Bereiche nach Spuren der ersten Bewohner der Amerikas zu graben, zunächst mit spärlichen Erfolgen.

Eine erste Sensation stellte sich ein, als man einige Hügel an den Stränden im südlichen Brasilien näher untersuchte.

Es stellte sich heraus, daß die Hügel künstlich aus Sand, Muscheln und Tonerde aufgeschüttet und mit einem bisher unbekannten Verfahren verfestigt worden waren. Diese sogenannten Sambaquis dienten Wohn-, Verteidigungs- und/oder Kultzwecken.

Die Sensation waren die dort gefundenen ‚Zoolithen’, geschliffenen Steinfiguren, die Tiere darstellen, Vögel, Fische usw. In anderen Steinzeit-Ausgrabungen hatte man schon behauene Steine gefunden, die bestimmte Tiere darstellten, aber nie vorher mit einer perfekt geschliffenen Oberfläche und auf einem künstlerischen Niveau, das einen modernen Bildhauer vor Neid erblassen läßt. Der Grad des Realismus der Darstellung wie auch der Grad der Abstraktion von der genauen natürlichen Form läßt auf ein künstlerisches Niveau schließen, die bisher für Steinzeitkulturen absolut unbekannt war.

Diese Kunstwerke konnte man im Original sehen in der Ausstellung ‚Antes’ , die 2004 in Rio de Janeiro gezeigt wurde.

Im Grunde mußte bereits zu jenem Zeitpunkt die gesamte Vorstellung der südamerikanischen Indios als „primitive Wilde“ einer Revision unterzogen werden, was aber noch nicht getan wurde. Doch dann, als die Grabungen auf verschiedene Gegenden Brasiliens ausgeweitet wurden, in den 90er Jahren und den ersten Jahren des neuen Jahrtausends, kamen immer mehr Zeugen hoher künstlerischer Vollendung ans Tageslicht und die Ergebnisse der C14-Analysen verlegten die Besiedlung Südamerikas immer weiter in die Vergangenheit. Über 20 000 Jahre und 30 000 Jahre kam man so schließlich zu den letzten Funden in einem Nationalpark im brasilianischen Bundesland Piauí, wo letztes Jahr Reste eines menschlichen Skeletts eindeutig als 50 000 Jahre alt identifiziert wurde.

Damit ist die gesamte bisherige Auffassung über die Ausbreitung der Menschen über die Kontinente widerlegt und es müssen neue Ansätze verfolgt werden und die Folgen dieser neuen Erkenntnisse für die gesamten bisherige Konzeption der menschlichen Vorgeschichte untersucht werden.

Es wurden in Brasilien Keramiken, z.B. der Santarém-Kultur, gefunden, die bis zu 30 000 Jahre alt sind. Die frühesten Steinzeitkeramiken in Europa sind 32 000 Jahre alt, also eine fast simultane Entwicklung.

Im Moment wird in Brasilien fieberhaft gegraben und es kommen fast wöchentlich neue phantastische Dokumente von fortgeschrittenen kulturellen Erzeugnissen ans Tageslicht. Die oben genannte Ausstellung zeigte einige der letzten Funde und Erkenntnisse. Die Sensation der Archäologie im Moment ist Brasilien!

Die Keramiken der Santarém-Kultur sind von einer feinen Ausarbeitung und haben Ziselierungen, wie sie bei Keramiken extrem ungewöhnlich sind. Auch sie können kaum als Kunsthandwerk betrachtet werden. Sie müssen in einer Reihe von Stücken als Kunstwerke angesehen werden. Diese Kultur verschwand aus unbekannten Gründen, bevor die Europäer Brasilien eroberten.

Etwas ähnliches gilt für die Marajoara-Kultur. Ihre Überreste wurden und werden auf der Insel Marajó ausgegraben, das ist die Insel von der Größe der Schweiz im Delta des Amazonas. Sie trennt die beiden wesentlichen Flußarme, allein der südliche, der an Belém, der Hauptstadt des Bundesstaates Pará (da kommen die Para-Nüsse her) vorbeifließt, über 50 km breit. Auch ihre Keramiken sind von künstlerischem Niveau. Sie kannten bereits eine weiße Glasur, ebenfalls ungewöhnlich bei Steinzeit-Keramiken, auf der sie dann nach dem Brennen mit roten und schwarzen Farbstoffen Keramikmalereien anbrachten, die in voller Schönheit erhalten sind. Sie begruben u.a. ihre Toten in Keramiktöpfen von Menschengröße mit solchen Ausschmückungen.

Was aber wirklich ‚das Aktuellste’ ist in der Archäologie, sind die Ausgrabungen und Entdeckungen in jenem Nationalpark im Bundesstaat Piauí, der schon erwähnt wurde. Dort tauchen fast monatlich unerwartete Neuigkeiten auf. Dort wurden Höhlen- und Felszeichnungen gefunden, die alle in Europa bekannten an Quantität und teilweise auch an Qualität übertreffen. Sie sind aus dem gleichen Zeitraum wie z. B. die von Altamira in Südfrankreich. Ob es sich bei diesen Steinzeitkulturen um Vorfahren der Indios handelt, die später angetroffen wurden, ist noch nicht bekannt. Auch diese Zeichnungen, darunter eine imposante Anzahl von Sex-Darstellungen in verschiedensten Stellungen, konnten in der oben genannten Ausstellung besichtigt werden.

Auch findet man immer wieder neue Muiraquitãs, von denen wir im letzten Teil bei Mario de Andrades ‚Macunaíma’ schon gehört haben. Sie repräsentieren ein Niveau der Jade-Schnitzereien, wie man es vorher nur in entwickelten Kulturen Chinas gesehen hat. Daß viele von ihnen, wie schon erwähnt, die Form eines Frosches haben, erklärt sich nach den neuen Erkenntnissen der Naturmedizin.

Aus bestimmten Fröschen haben die Indios eine Substanz gewonnen, die gute antibiotische Eigenschaften hat. Wenn indianische Medizinmänner also „Zaubergetränke“ brauten, hatte dies Sinn und es konnten tatsächlich Infektionen geheilt werden. Der Frosch symbolisiert deshalb schon lange bei den Indios die Gesundheit und ist damit die beliebteste Form der Muiraquetãs, die ja Amulette darstellen und Gesundheit bringen sollen.

Als ob das noch nicht reichen würde, hat man im brasilianischen Bundesstaat Paraíba auch noch Felsgravuren mit bisher ungeklärtem Alter gefunden (Pedra do Ingá), die einmalig sind. Es handelt sich nicht um Gravuren mit bildlichen Darstellungen, wie man sie bei Steinzeitkulturen erwartet, sondern um Symbole, Muster und Zeichen, die in die Felswand gegraben sind. Andere Steinzeitkulturen haben nach den bisherigen Kenntnissen so etwas noch nicht hervorgebracht. Eine Replika der gesamten Felswand war ebenfalls auf der oben genannten Ausstellung zu sehen.

Zusammengefaßt kann man schon jetzt sagen, daß noch weitere archäologische „Leckerbissen“ zu erwarten sind und daß feststeht, daß die frühen Bewohner Südamerikas z.T. ein künstlerisches Niveau erreichten, das man sonst nur aus „Zivilisationen“ kennt.

Unklar bleibt, ob die Indios, die 1500 von den europäischen Eroberern angetroffen wurden, auch Künstler dieser Qualität waren oder ob alle diese Kulturen zu diesem Zeitpunkt bereits ausgestorben waren. Da sich die Eroberer nie die Mühe gemacht haben, die künstlerischen Ausdrucksformen der Indios auch nur zur Kenntnis zu nehmen, kann man wenig darüber sagen.

Die heute übrig gebliebenen Indios sind mit Sicherheit nicht mehr als ein müder Abglanz von allem, was sie damals darstellten. Entwurzelt, dezimiert, eine geschlagene, untergehende Kultur – und selbst untergehen läßt man sie nicht in Würde.

Als im Jahre 2000 die fünfhundert Jahre seit der „Entdeckung“ Brasiliens gefeiert wurden, protestierten die Indios gegen die einseitige Geschichtssicht, die die Eroberung als „Entdeckung“darstellt und den Aspekt der fast völligen Ausrottung der Indios nicht einmal mit einem Nebensatz erwähnt. Der damalige Präsident Cardoso von Brasilien sprach die unsäglichen Worte: „Die Indios haben schon viel erhalten. Wenn sie heute demonstrieren, so weil sie mehr wollen....“

Man stelle sich vor, ein deutscher Bundeskanzler würde angesichts einer Demonstration von Juden sagen: " Die Juden haben schon sehr viel erhalten. Wenn sie heute demonstrieren, dann weil sie mehr wollen."

Hier ist der Eindruck einer brasilianischen Besucherin der genannten Ausstellung im Moment des Verlassens des Gebäudes:

„Ich war verwirrt, als ich aus den abgedunkelten Räumen der Ausstellung ins Tageslicht hinaustrat, an einem regenverhangenen Sonntag. Wie konnten die Indios jahrhundertelang als primitive Wilde behandelt und ‚verkauft’ werden und haben doch so phantastische Kunstwerke hervorgebracht? Ich stand einen Moment sinnend am Haupteingang des Gebäudes und sah auf den Platz, den Candelária-Platz, gleich links von mir die große Candelária-Kirche. Da fiel mein Blick auf ein kleines, schlichtes Holzkreuz, das dort vor der Kirche steht. An diesem Ort hatte 1993 ein Exekutions-Trupp von Polizisten 6 Straßenkinder erschossen und weitere 5 schwer verletzt, das bekannte ‚Candelária-Massacre’. Ich war wieder auf dem Boden des heutigen Brasiliens, des Brasiliens, das Millionen von Indios auf dem Gewissen hat und darauf besteht, weiterhin massenhaft Menschen zu töten. Sind es doch im Moment etwa 40 000 Brasilianer pro Jahr, die gewaltsam ums Leben gebracht werden.“

Wieviele Indios und Indianer wirklich zum Zeitpunkt der europäischen Eroberung in den Amerikas lebten, ist bis heute umstritten. Niedrige Schätzungen gehen von etwa 5 Millionen in Nord- und 4 Millionen in Südamerika aus. Die letzte Schätzung spricht dagegen von zwischen 50 und 100 Millionen in den Amerikas. Genauso wenig weiß man genau, wieviel davon direkten Massakern zum Opfer fielen, wie viele als Folge der Versklavung starben, wieviele von den von Weißen eingeschleppten Krankheiten dahingerafft wurden, wie viele Selbstmord begingen und wie viele an Hunger und Unterernährung und den damit zusammenhängenden Erkrankungen zugrunde gingen, weil sie nicht mehr den Lebensraum hatten, den ihre Weise zu leben braucht. Sicher ist nur, daß für alle diese Todesarten die Europäer verantwortlich waren.

Will man die Weißen ein wenig von Schuld freisprechen, so schätzt man den Anteil der Toten durch Krankheiten auf mehr als die Hälfte und das mag stimmen, nur kann man nicht davon ausgehen, daß diese Art der Ausrottung immer unbeabsichtigt war.

Besonders die Pocken (englisch: „Smallpox“) haben eine famose Rolle bei den Eroberungen gespielt. Man weiß heute, dass die Truppen des Aztekenkönigs Montezuma durch die Pocken fast halbiert wurden, bevor es die Spanier mit dem Rest aufnahmen. Das gleiche wiederholte sich kurz danach bei der Eroberung des mächtigen und wehrhaften Inkareichs. Die Ureinwohner der Amerikas hatten keinerlei Abwehrkräfte gegen Krankheiten, die gesunde junge Europäer normalerweise überlebten. Pocken und Masern waren für sie immer tödlich, andere typische Krankheiten wie der normale Schnupfen verliefen weit schwerer. Es liegen keine Beweise vor, daß die Spanier dies bereits zu diesem Zeitpunkt bewußt als Waffe einsetzten, aber es kam ihren Absichten sicherlich sehr entgegen. Später wußte man aber mit Sicherheit, daß die Pocken eine tödliche Biowaffe waren.

Es gibt dazu einen Brief aus dem Jahre 1763, geschrieben vom damaligen Oberkommandierenden der Britischen Truppen in Nordamerika, Feldmarschall Sir Jeffrey Amherst, als Antwort auf die Frage eines seiner Kommandeure, eines gewissen Bouquet, der angefragt hatte, ob man nicht die Pocken unter den ‚illoyalen’ Stämmen der Indianer mit Hilfe des Verteilens infizierter Decken verbreiten könne.

Zeichnung von der Übergabe der mit dem Pockenvirus infizierten Decken an die Indianer

Amherst to Bouquet, 17th of July 1763: „You will do well to try to inoculate the Indians by means of Blanketts as well as to try Every other method that can serve to Extirpate this Execrable Race. “ [Großschreibung im Original]

Amherst hatte zu diesem Zeitpunkt gerade siegreich den sieben Jahre dauernden Krieg gegen die Franzosen um die Herrschaft in Kanada abgeschlossen (1756 – 1763) und war nun mit dem ‘Pontiac Aufstand’ der Ottawa-Indianer konfrontiert. Pontiac war der Häuptling der Ottawa-Indianer.

Ist es nicht Ironie, daß ‚Pontiac’ heute eine der großen Automarken in den Vereinigten Staaten ist? Ob da wohl jedes Auto mit einer Decke kommt?

All dies läßt sich leicht verifizieren, wenn man „Jeffrey Amherst“ googelt.

Aber selbst wenn man davon ausginge, daß der krankheitsbedingte Teil der Ausrottung immer unabsichtlich geschehen wäre, sind auch die Massaker, die Versklavung und die die bewußte Beschneidung des Lebensraumes schon genügend, um den ach so christlichen Europäern den bewußten und massenhaften Genozid vorzuwerfen – und das über mehrere Jahrhunderte hinweg.

Und um speziell vom Christentum zu reden, die Missionare waren zu allen Zeiten und sind es noch heute Hauptträger und Mittäter dieses wahrscheinlich größten und langdauernsten Genozids der Menschheitsgeschichte. Sie kamen üblicherweise mit oder kurz nach den Eroberern, sie setzten sich dort fest und gaben damit allen eventuell einschleppbaren Krankheiten die beste Chance, die Ureinwohner zu infizieren. Sie setzten alles daran, sie von ihren Gewohnheiten abzubringen und halfen dadurch, sie ihrer Lebensgrundlage zu berauben. Sie versuchten, die Medizinmänner, die nach heutigen Erkenntnissen weit fortgeschrittenes Wissen über Naturmedizin hatten, zu desavouieren und raubten den Indios und Indianern damit eine andere Grundlage zum Überleben, vor allem aber segneten sie und die Kirchen, die sie gesandt hatten, alle einzelnen Genozid-Maßnahmen ab, seien es die Massaker, die Versklavung oder der Landraub. Der Papst verkündete auf Anfrage ausdrücklich, daß diese Indios keine unsterbliche Seele hätten und damit wie Tiere behandelt werden durften. Als die Jesuiten einmal gegen die Behandlung der Indios protestierten, ließ der Papst die Jesuiten aus Südamerika abziehen. (Diese Fakten kommen u.a. im Film „Mission“ vor, der im Gebiet der Grenze zwischen Brasilien und Paraguai spielt.)

Die missionarische Tätigkeit war (und ist), bestens belegt, eines der wichtigsten Probleme, das die amerikanischen Ureinwohner hatten (und haben). In dieser Erkenntnis haben heute die meisten Staaten in Südamerika, speziell Brasilien, Paraguai und Bolivien, die Missionstätigkeit bei Stämmen, die noch im Regenwald und entfernt von den Weißen leben, unter Strafe gestellt. Ungeachtet dessen gibt es weiterhin gewisse religiöse Organisationen, die unter höchster Geheimhaltung solche Stämme suchen und ‚missionieren’.

Ein Beispiel dafür kann man in einem Bestseller des US-amerikanischen Autors John Grisham, „Das Testament“ nachlesen, in dem er u.a. von einer Missionarin im Pantanal im Grenzgebiet zwischen den drei genannten Staaten erzählt. Während der Roman natürlich erfunden ist, stellt er in einer Anmerkung des Autors am Schluß des Buches fest, daß er seine Kenntnisse dieser Gegend, in der es noch Indio-Stämme gibt, die keinen oder wenig Kontakt zu Weißen hatten, von einem baptistischen Missionar hat, der ihn auf eine Tour ins Innere des Pantanal mitgenommen hat. Im Buch selbst wird auch über die strenge Geheimhaltung dieser baptistischen Missionstätigkeit berichtet.

Wenn heute gewisse Politiker von unserer ach so hehren westlich-christlichen Zivilisation und ihren hohen Werten schwafeln, (die es gegen die Angriffe durch die so weit unter unserer stehenden muselmanischen Kultur zu verteidigen gelte), so sollten wir uns immer daran erinnern, was die Träger dieser westlich-christlichen Zivilisation schon angerichtet haben und, wenn man nur in den Irak sieht, weiter anrichten. Wann hätten je islamische Eroberer auch nur annähernd Vergleichbares getan?


Dies ist der dritte Teil der Brasilien-Serie von Elmar Getto. Er erschien in "Rbi-aktuell", heute Berliner Umschau, am 8. Dezember 2004, hier in einer vom Verfasser redigierten und aktualisierten Version.


Hier die Links zu allen Teilen der Reihe „Brasilien jenseits von Fussball und Samba“

- Teil 1: „Wie der Amazonas zu seinem Namen kam“

- Teil 2: ‚Menschenfresser-Country’

- Teil 3: „Ausgerottete Künstler“

- Teil 4: Niemeyer ist 100 – ‚Auf dem Höhepunkt des Schaffens’

- Teil 5: Brasilien und Gold

- Teil 6: Die Landschaften Brasiliens – Der Amazonas-Regenwald

- Teil 7: Brasilien und der Strom

- Teil 8: Die Landschaften Brasiliens – Mata Atlântica

- Teil 9: Santos Dumont und der erste Motorflug

- Teil 10: SIVAM – Big Brother in Amazonien

- Teil 11: Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Teil 12: Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Teil 13: Wie unsere Zukunft in der beginnenden kapitalistischen Barbarei aussähe – „Ich habe kein Leben“

Donnerstag, 3. Juli 2008

General Motors könnte pleite gehen

Herabgestuft von Merryll Lynch

Von Karl Weiss

General Motors, basiert in den USA (GM, in Deutschland Opel), bis vor kurzem noch größte Automobilfabrik der Welt und vor drei Jahren noch größtes Industrie-Unternehmen der Welt, könnte nach Angaben eines Sprechers der Merryll-Lynch-Bank Pleite gehen. Gleichzeitig hat Merryll Lynch die Empfehlung von GM-Aktien von „kaufen“ gesenkt auf „unter Marktdurchschnitt“ und den erwarteten Aktienkurs von 28 Dollar auf 7 Dollar.



Solche offenen Worte in Verlautbarungen von Banken an Nachrichtenagenturen sind extrem ungewöhnlich. Da dies in bestimmten Fällen sogar zu Schadenersatzforderungen führen könnte, wird dieses Mittel nur in extremen Ausnahmefällen verwendet, wenn zu befürchten ist, die Manager eines betroffenen Unternehmens könnten bereits ihre Schäfchen ins Trockene bringen, während Aktionäre, Kunden und Beschäftigte im Regen stehen gelassen werden.

Die Verkäufe von Fahrzeugen im allgemeinen und von Pkw im besonderen sinken in den USA seit Monaten. Die Ursachen sind die steigende Arbeitslosigkeit und die steigende Zahl von prekären Arbeitsverhältnissen an der Gesamtzahl der Beschäftigten, die Millionen von Familien, welche die Monatsraten der Hypotheken nicht mehr aufbringen konnten und ihr Häuschen verloren haben oder kurz davor stehen, es zu verlieren und die Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abrutschen.

„Wenn die Bedingungen sich weiter verschlechtern für GM, ist ein Vergleichs- oder Insolvenzantrag im Bereich des möglichen.“ sagte der Analyst von Merryll Lynch, Murphy.

Die Aktien von GM haben in den letzten Monaten bereits die Hälfte ihres Wertes verloren. Am 1. Juli sanken sie noch einmal 7% im Wert. Merryll Lynch hat außerdem bereits zum dritten Mal in diesem Jahr die Schätzungen über die Verkäufe von Pkw in den USA nach unten korrigiert. Nach Meinung der Bank wird die Schwäche im Absatz sich auch 2009 fortsetzen.

Der Analyst stellte fest, es gäbe eine rasche Verminderung des Auto-Absatzes in Menge und Zusammensetzung und dies liesse GM rasch Kapital verlieren. Im Moment hält er etwa 15 Milliarden Dollar als zusätzliches Finanzpolster für GM für nötig, um Schlimmeres zu vermeiden, was allerdings auch zusätzliche Sicherheiten nötig machen würde. Auch andere Analysten hatten bereits auf zusätzlichen Finanzbedarf von GM hingewiesen, aber niemand hatte eine so grosse Summe genannt.

Ein Sprecher der GM reagierte hierauf, indem er sagte, bei einer weiteren Verschlechterung der Konditionen werde man neue „operationelle Massnahmen“ ins Auge fassen. Für 2008 sei die Liquidität gesichert.

Diese Meldung macht einmal mehr deutlich: Die Wirtschaftskrise hat gerade erst begonnen und wird sich weiter vertiefen. Wohin das am Ende geht, ist heute noch nicht abzusehen. Auf jeden Fall sind alle Pfeiffereien im dunklen Wald, die behaupten, „das Schlimmste sei überstanden“, reines Wunschdenken.

Viele kleine und mittlere Anleger haben sich von den beruhigenden Worten einlullen lassen und ihre Aktien nicht abgestossen. Jetzt beginnen sie, massiv Geld zu verlieren.

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass Einschätzungen, die auf Tatsachen und nicht auf Wünschen basieren, übereinstimmend von dem Abrutschen in eine schwere Weltwirtschaftskrise ausgehen, die sich von den USA über die anderen Länder ausbreiten wird, wobei der Grad der Betroffenheit durchaus unterschiedlich sein mag.


Veröffentlicht am 3. Juli 2008 in der Berliner Umschau


Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"

Montag, 30. Juni 2008

Hartz IV: Nieder auf die Knie!

Fast täglich werden neue Schikanen erfunden

Von Karl Weiss

Eine neue Schikane, um die sowieso schon gebeutelten Empfänger von Arbeitslosengeld 2 noch weiter auf die Knie zu zwingen, hat die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Bochum erfunden: Man kürzt die Zuschüsse zu den Heizkosten willkürlich mit dem Hinweis, nur zwei Drittel der Wohnung bräuchten beheizt werden. Dadurch müssen die Betroffenen von ihrem Regelsatz von 347 Euro monatlich auch noch einen Teil der Heizkosten bestreiten.

Sozialprotest DGB

Auch dies macht deutlich: Es geht bei Hartz IV tatsächlich darum, eine möglichst hohe Zahl von Arbeitslosen in Obdachlosigkeit (wenn man die Miete nicht mehr zahlen kann oder mit Nebenkosten in Rückstand gerät) und in Hunger zu zwingen (wenn die „Tafel“ längst überfüllt ist). Dadurch sollen jene, die noch Arbeit haben, in Angst und Schrecken versetzt werden, um jegliche Verschlechterung hinzunehmen

Den Hartz-IV-Geschädigten sollten eigentlich die Heizkosten einer „angemessenen Wohnung“ in der tatsächlich angefallenen Höhe ersetzt werden. In der Praxis werden aber immer wieder Vorwände gefunden, dies nicht zu tun. So wurden schon mehrfach „Anhaltswerte“ angegeben, wieviel pro Quadratmeter eine Heizkostenrechnung betragen dürfe. Bei Überschreitung werden solche Erstattungen gekürzt. Die neueste Superleistung auf diesem Gebiet hat nun die ARGE Bochum geboten: Man pauschaliert anhand von „ Erfahrungswerten“ der Quadratmeterzahl der Wohnung die Höchst-Heizkosten und kürzt die Ersatzleistungen auf die entsprechenden Beträge.

Hartz-Protest 02

Wer also das Pech hat, nur eine Mietwohnung in einem schlecht isolierten Gebäude und /oder mit schlecht schließenden Fenstern gefunden zu haben, muss einen Teil seiner Regelleistung von 347 Euro auch noch für die Heizkosten ausgeben. Dabei ist dieser Betrag, wie Wissenschaftler nachgewiesen haben, sowieso schon nicht ausreichend, um sich z.B. ausgewogen zu ernähren

Und woher soll ein Hartz-IV-Geschlagener Geld nehmen, um isolieren zu lassen oder für neue Fenster? Hätte er noch Ersparnmisse, wäre sowieso nichts gezahlt worden. Er hätte sie erst aufbrauchen müssen. Einmal mehr wird die ganze Absurdität der Hartz-IV-Gesetze deutlich. Es ist nicht weit her geholt, wenn manche deren Erfinder, die Politiker von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen, als Hartz-Verbrecher bezeichnen.

Hartz-Protest 01

Reklamationen wehrt die ARGE Bochum mit dem Hinweis ab, man solle sich eben mit dem Heizen von nur Zwei Dritteln der Wohnung begnügen. Auch bei Gemeinschaftheizungen, bei denen der einzelne Mieter sowieso kaum Einfluss hat, werden Höchstbeträge festgesetzt, die kaum je ausreichen.

Zwar kann man Einspruch gegen diese Zumutung erheben, aber der wird in allen Fällen pauschal zurückgewiesen. Dann bleibt nur der Weg zu den Gerichten. Dabei wird einem zwar geholfen (bei der Montagsdemo in Bochum, anderen Montagsdemos oder auch hier, ausserdem wurden bei den zuständigen Gerichten der ersten Inztanz diese Praktiken auch regelmässig zurückgewiesen, aber die ARGE Bochum geht immer in die nächste Instanz, was bekanntermassen lange dauert. Die Kosten dieser Gerichtsverfahren für den Steuerzahler sind weit höher als die eventuell im Einzelfall eingesparten Beträge.

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Kein Wunder, dass heute Hartz IV weit mehr kostet als damals das Arbeitslosenhilfe. Da Hartz angeblich Kosten sparen sollte, müsste es also jetzt wegen völliger Erfolglosigkeit abgeschafft werden, aber es ist genauso wie mit dem Irak-Krieg: Wenn die ursprünglich angegeben Gründe nicht mehr zutreffen, erfinden wir eben neue. Auf keinen Fall ändern wir aber die Politik. Ein paar Milliarden zusätzlich gibt der nette Politiker von nebenan dafür schon mal aus. Siehe zur Frage der Kosten auch den Artikel: „Grundversorgung von 1600 Euro käme billiger als heute“.

Laut dem Hartz-IV-Gesetz bleiben Bescheide der Leistungsbehörde immer bestehen, bis ein rechtsgültiges Urteil vorliegt. Selbst dann zahlen manche Agenturen bzw. ARGEn nicht. In einem Fall in Bonn wurde erst bezahlt, als der Gerichtsvollzieher bereits auf dem Weg war, den BMW der Bürgermeisterin zu pfänden.

Es bestünde natürlich auch die Möglichkeit, Gelder wegen besonderer Bedürftigkeit auszuzahlen, wenn jemand von Obdachlosigkeit bedroht ist oder von Hunger, aber bekanntermassen tun dies die Leistungsbehörden kaum einmal. Die Handhabungen sind fast immer die meist restriktiv möglichen, gehen manchmal sogar ins kriminelle. Zu kriminellen Praktiken der Leistungsbehörden siehe auch diesen Artikel: „Arbeitslosigkeit ist zum Delikt geworden“.

Erneut wird klar: Die damaligen Vorhersagen über die katastrophalen Auswirkungen von Hartz IV für Millionen von Menschen haben sich bewahrheitet, während die Beschwichtigungen von Politikern und Medien nichts als leeres Geschwätz waren.

Veröffentlicht am 30. Juni 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung


Andere Artikel zur Hartz IV im Blog:

"Dossier Hartz IV – Hindernisrennen ins Elend"

"19 Fälle – Die Realität von Hartz IV"

"Nicht genug zu essen – Hartz IV – Realität in Deutschland 2007"

"Die neuesten Hartz-Sauereien – Das Mass ist voll!"

"Hartz IV – Absurd, absurder, am absurdesten – Das Chaos war geplant!"

"Hartz IV – Berliner Zeitung schert aus dem Chor der Missbrauchsankläger aus"

"5 Millionen Arbeitslose einstellen"

"Grundversorgung von 1600 Euro käme billiger als heute."

"Arbeitslosigkeit ist zum Delikt geworden"

"Hartz IV führt in Obdachlosigkeit"

"Hartz IV–Empfänger müssen kalt duschen, im Dunkeln sitzen und Wasser trinken"

"Hartz IV: Vertreibung von Mietern"

"Hartz IV–Betroffene: Daumenschrauben anziehen!"

"Kein Anspruch auf fabrikneue Kleidung"

"Hartz IV: Unter den Brücken schlafen?"

"Hartz-IV: Jetzt auch noch Sippenhaft"

Sonntag, 29. Juni 2008

'Menschenfresser Country'

Brasilien jenseits von Fußball und Samba

Teil 2: Menschenfresser Country

Von Elmar Getto

Brasilien (topographisch)

Im ersten Teil haben wir berichtet, woher der Name Amazonas kommt und von einem Teil der Indios, welche die portugiesischen und spanischen Eroberer in jenem Land antrafen, das kurze Zeit später Brasilien heißen sollte, jenem Teil nämlich, der noch in der Urgemeinschaft lebte.

Aber viele indianische Stämme waren schon weiter entwickelt und waren auch recht wehrhaft.

(...) Es gab auch Begegnungen, die nicht so freundlich abliefen. Der spanische Seefahrer Pinzón, einer der Kapitäne der Kolumbus-Reise von 1492, wurde Ende des Jahres 1499 von der spanischen Krone mit einer weiteren Expedition beauftragt. Er erreichte den amerikanischen Kontinent im Januar 1500, abgetrieben durch einen Sturm, in Südamerika (die Seefahrer mußten damals bei jeder Atlantiküberquerung mit der Strömung von den Kanarischen oder Kapverdischen Inseln aus nach Westen segeln und kamen damit immer genau in die dort bis heute bestehende „Küche der Hurrikans“).

Später konnte rekonstruiert werden, daß Pinzón, entgegen seiner Annahme, in der Nähe der heutigen Stadt Fortaleza, Hauptstadt des brasilianischen Bundeslandes Ceará, anlandete, am Cap Ponta de Mucuripe, wo ein kleiner Fluß ins Meer mündet, der heute noch den Namen trägt, den die Indios ihm gegeben haben: Curú. Damit hatten eigentlich die Spanier Brasilien entdeckt, denn Cabral machte seine Entdeckung ja erst im April des gleichen Jahres, aber dies hatte keine praktischen Konsequenzen.

Pinzón, offenbar ein Mann vom Typ George W. Bush, wurde bekannt dafür, daß er alle Indios, die er antraf, versuchte gefangenzunehmen und als Sklaven auf die Schiffe laden zu lassen. Er selbst beschreibt die Begegnung mit dem Stamm der Potiguar, die ihn dort am Strand des heutigen Ceará erwarteten, so als ob die Indios angegriffen hätten. Wir können aber getrost davon ausgehen, daß er es war, der die Gefangennahme versuchte und die Wehrhaftigkeit der Indios kennenlernen mußte.

Potiguar war der Überbegriff für eine Gruppe von Indio-Stämmen, die zu jener Zeit die gesamte Küste vom Norden Cearás bis hinunter zum heutigen Bundesland Paraíba bewohnten, eine Strecke von 600 Kilometern. Sie waren bereits fortgeschrittener in der Entwicklung, kannten erste und einfache Formen von Ackerbau (Manniok-Wurzeln), hatten schon eine entwickelte Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau und erste frühe Formen einer Familienbildung. Dort am Strand traten den Spaniern nur die Männer, die Krieger des Stammes entgegen, vorsichtig auskundschaftend, was die fremdartigen Männer von den scheinbar riesigen Schiffen, in schillerndes Metall gekleidet, im Schilde führten.

Außerdem hatten die Potiguars eine kleine Unart, die damals viele Indios in Südamerika hatten, sie aßen Menschen.

Aber bevor wir berichten, wie die Eroberer diese ‚Unart’ kennen lernen sollten, sind wir ja noch in Ceará in und an der Flußmündung des Curu.

Als sie (wahrscheinlich) von den Leuten Pinzóns angegriffen wurden, nahmen die Potiguar mit einem Trick einen blitzschnell gefangen und töteten ihn. Offensichtlich zogen sich die europäischen Eroberer daraufhin auf ihre Landungsboote in der Flußmündung zurück.

Die folgende Szene dort in der Flußmündung in Ceará im Januar 1500 ist schon fast Legende. Die Indio-Krieger griffen die Spanier in ihren Booten an, nur mit steinzeitlichen Pfeil und Bogen und Lanzen gegen die waffenklirrenden und Rüstung tragenden Europäer, im Wasser watend gegen die von oben aus den Booten kämpfenden Spanier. Das Resultat dieses ungleichen Gefechts kann sich jeder ausmalen.

Hören wir den Bericht von Pinzón selbst über diesen ungleichen Kampf:

„Im Fluß verteilen sich jene wehrhaften Männer rund um die Boote, klammern sich an die Bootsränder und versuchen uns vom Flußufer zu erreichen. Unsere Lanzen und Schwerter schlachteten sie wie Schafe, denn sie waren nackt. Doch selbst so zogen sie sich nicht zurück. Sie können eines unserer Boote erobern, selbst nachdem ihr Anführer von einem Pfeil durchbohrt und getötet worden war. Der Rest konnte sich retten. Um es kurz zu machen (...): Sie töteten acht von unseren Männern mit Pfeilen und Wurfspeeren und es gab fast keinen von uns, der nicht eine Verletzung aufzuweisen hatte. Wenn ihre Pfeile vergiftet gewesen wären, keiner von uns würde mehr existieren.“

Fast alle Indios wurden also abgeschlachtet. Einer der ersten Momente des Kontakts von Europa und Südamerika wurde zum Menetekel: Die Europäer würden die Indios ausrotten.

Der atlantische Regenwald, der damals noch fast die gesamte Küste des heutigen Brasiliens bedeckte (heute gibt es nur noch 8% davon), hat zwar die höchste Zahl von Spezies pro Quadrat-Kilometer von allen bekannten Habitats, kannte aber nicht jene Art von Baumfröschen, deren hochwirksames Gift viele Indiostämme sich zunutze machten (Gerade vor kurzem wurde berichtet, daß man herausgefunden hat, daß es ein Käfer ist, der dieses Gift produziert und der eine Nahrung für jene Frösche darstellt). So hatten die Potiguar keine Pfeilgifte und das spanische Landungsteam überlebte zum großen Teil.

Ein Jahr später, 1501, ebenfalls beim ersten Kontakt mit dem südamerikanischen Festland, traf eine portugiesische Expedition unter Coelho (wir berichteten schon im 1. Teil von ihr) auf eine andere Gruppe von Potiguar-Indios, ein Stück weiter südlich, im heutigen brasilianischen Bundesland Rio Grande do Norte, nahe dem Cap, das man als ‚Horn von Südamerika’ bezeichnen kann, das am weitesten nach Osten vorspringt.

Die dortigen Potiguar-Indios hielten sich in sicherer Entfernung und Coelho sandte einen Trupp von sechs Männern zur Erkundung aus. Doch die sechs kehrten nicht zurück. Nach einer Woche war der Strand plötzlich voll von Indio-Frauen. Einer der Schiffsjungen wurden von einem Landungsboot zu ihnen geschickt. Sie betasteten ihn von allen Seiten, erschlugen ihn dann und verschwanden in höchster Geschwindigkeit mit seinem Leichnam zur Kuppe eines nahegelegenen Hügels. Gleichzeitig tauchten die Männer auf, die sich bisher versteckt hatten und setzten die Portugiesen (und Americo Vespucci, der uns diese Szene schildert) unter einen Pfeilhagel. Kanonenschüsse verjagten zwar die Männer, aber nun mußten die erstarrten Eroberer mit ansehen, wie die Potiguars den Leichnam des Schiffsjungen in Stücke schnitten, an einem großen Feuer grillten und verzehrten. Die Männer machten gleichzeitig Handzeichen, die nur so verstanden werden konnten, daß das gleiche auch mit den sechs Männern geschehen war.

Diese Szene, geschildert in allen Details, war Teil eines der Briefe von Americo Vespucci an seine Florentiner Auftraggeber und wurde später in die Broschüre aufgenommen, die in ganz Europa Verbreitung fand. Die Folgen waren verheerend und sind es bis heute. Brasilien wurde seit der Zeit, als es noch nicht einmal einen Namen hatte, zum Land der ‚Menschenfresser’ und ist es im Grunde bis heute.

Allerdings muss man, um den Indios Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, auch erwähnen: Menschen zu essen war eine Kulthandlung, nicht etwas, das den Hunger stillen sollte. Die Indios hatten sehr wohl schon den gleichen Respekt vor dem menschlichen Körper, wie wir ihn heute haben, auch wenn er tot ist. Sie assen Menschen, um sich deren Kraft, deren Intelligenz, deren Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen. Niemals wurden Menschen nur darum getötet, um sie zu essen.

Vier Jahrhunderte später, in den zwanziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts, formierte sich eine kleine Gruppe von brasilianischen Intellektuellen und Künstlern zu einer Gruppe (in Europa hätte man gesagt „ ... von Expressionisten“), nannte sich ‚Modernisten’ und veranstaltete 1922 in São Paulo die ‚Woche der modernen Kunst’, was einen heftigen Skandal auslöste. Wurden die Expressionisten in Europa beschimpft, verspottet und angepöbelt und ein wenig später als „entartet“ bezeichnet, warum sollte es ihren Freunden in Brasilien besser ergehen?

Die wichtigsten Exponenten dieser Bewegung des ‚Modernismus’ in Brasilien waren der geniale Musiker, Dichter und Schriftsteller Mario de Andrade (1893 – 1945), der (nicht mit ihm verwandte) Poet, Schriftsteller, Dramaturg, Anwalt und Journalist Oswald de Andrade (1890 – 1954) und dessen spätere Frau, die Malerin und Bildhauerin Tarsila de Amaral (1886 – 1973). Sie kamen aus wohlhabenden Familien und kannten Paris und die dortigen Expressionisten. Tarsila war schon mit Picasso zusammengetroffen.

Mario de Andrade hatte bereits als Jugendlicher Gedichte verfaßt, in denen er Worte erfand, deren ‚Bedeutung’ aus den Assoziationen hervorging, die ihr Klang hervorrief. Sein wichtigster Roman ‚Macunaíma’ dürfte das wichtigste Dokument des brasilianischen Modernismus in der Schriftstellerei darstellen, wurde aber in Europa nie wirklich zur Kenntnis genommen. Bis heute rätseln Experten über die Bedeutung einiger Stellen im Roman.

Er handelt u.a. von der Suche des Titelhelden, der ‚keinerlei Charakter’ habe, in allen Gegenden Brasiliens nach einem Muiraquitã, einem Amulett mit Zauberkräften in Gestalt eines Frosches, das einer der Frauen des indianischen Cumurí-Stammes gehört hatte, nach denen der Amazonas benannt worden war. Muiraquitãs sind aus Jade geschnitzte Amulette in Form von Tieren, denen auch heilende Eigenschaften zugeschrieben wurden.

Mario mischt die Stile, wie Mythologie, Geschichtsschreibung und Folklore mit Parodie, Chronik und lyrischem Epos, das Ganze in brasilianischem Portugiesisch mit vielen regionalen Slang-Ausdrücken und kommt immer wieder auf die indianischen Wurzeln zurück.

Macunaímas Suche stellt wohl die Suche des Brasilianers nach seiner Identität zwischen Portugiesen, Indios und Schwarzen dar. Keine Frage, daß ausführlich Menschen(-teile) verspeist werden, gibt es brasilianischeres?

Immerhin gibt es ‚Macunaíma’ seit 2001 als Suhrkamp Taschenbuch Nr. 3198. Es wird bei „buch.de“ für € 3,95 verkauft. Muß wohl auf kein großes Interesse gestoßen sein, daß man es jetzt verramscht.

Mehrfach hatten die ‚modernistischen’ Brasilianer von europäischen Intellektuellen hören müssen, sie kämen ja aus einem Land, wo man Menschen ißt.

O Abaporu - Tarsila de Amaral

Als nun Tarsila 1928 eines ihrer Meisterwerke gelungen war, das Gemälde ‚O Abaporu’, gaben sie und ihr Mann Oswald ihm diesen Namen, der ‚Menschenfresser’ in der indianischen Sprache Tupi-Guarani bedeutet.

In trotziger Reaktion auf die arroganten Sprüche der europäischen Intellektuellen, in bewußter Annahme ihrer ‚Brasilianität’ (das ist die Übersetzung eines der von Mario de Andrade erfundenen Worte) und in einer symbolischen Anspielung auf die verschiedenen Einflüsse, die sie ‚verschlangen’ und zu etwas Neuem umgestalteten, nannten sie ihre Gruppe jetzt „Bewegung der Antropofagen“ (Menschenfresser in der griechischen, wissenschaftlichen Bezeichnung) und Oswald gab das ‚Anthropofagische Manifest’ heraus.

Hier ein Zitat aus der Schrift der Kunstdirektorin eines Museums in Südafrika anläßlich der südafrikanischen Beteiligung an der Kunst-Biennale 2004 in São Paulo, Brasilien, in Bezug auf dieses Manifest:

„Das ‚Manifesto Anthropófago’ des brasilianischen Schriftstellers Oswald de Andrade, 1928 geschrieben, erklärte „Menschenfresserei“ als Prozeß des Absorbierens und Mischens anderer Kulturen. In Brasilien ist „Anthropofagia“ (Menschenfresserei) ein ‚transhistorisches’ Kunst-Konzept, das die eurozentrische Konzeption der Geschichte der Kunst herausfordert.“

Tarsila de Amaral kann ohne weiteres in einem Atemzug genannt werden mit Franz Marc oder Wladimir Kandinski, ist hier aber weithin unbekannt, von Mario de Andrade und seinem Macunaíma ganz zu schweigen.

Die europäische Kunstszene ignoriert fast völlig diese bedeutenden brasilianischen Beiträge zur Kunstrichtung, die hier generalisierend als ‚Expressionismus’ (die brasilianischen Künstler haben sich dieses ‚Etikett’ nie zu eigen gemacht) bezeichnet wird und das ist charakteristisch. Es reicht, aus ‚Menschenfresser Country’ zu kommen und man wird in Europa von oben herab angesehen.

Der Eurozentrismus ist eine generelle Eigenschaft der europäischen Kultur, nicht nur in der Kunstszene. Man macht sich hier leicht lustig über die Unkenntnis vieler US-Amerikaner über Dinge außerhalb ihres Landes, hat aber selbst tiefsitzende Vorurteile. Man beginnt dies als Europäer erst zu bemerken, wenn man eine Zeit in einem Entwicklungsland gelebt hat. Das Gefühl, ‚etwas Besseres zu sein’ als jemand aus einem Entwicklungsland wird uns in Europa mit der Muttermilch eingetrichtert und es gelingt selbst in einem bewußten Prozeß kaum, sich davon zu befreien.


Heute der zweite Teil von Elmar Gettos Brasilien-Serie, erschienen ursprünglich in "Rbi-aktuell", heute Berliner Umschau, am 1. Dezember 2004, hier in redigierter und aktualisierter Fassung


Hier die Links zu allen Teilen der Reihe „Brasilien jenseits von Fussball und Samba“

- Teil 1: „Wie der Amazonas zu seinem Namen kam“

- Teil 2: ‚Menschenfresser-Country’

- Teil 3: „Ausgerottete Künstler“

- Teil 4: Niemeyer ist 100 – ‚Auf dem Höhepunkt des Schaffens’

- Teil 5: Brasilien und Gold

- Teil 6: Die Landschaften Brasiliens – Der Amazonas-Regenwald

- Teil 7: Brasilien und der Strom

- Teil 8: Die Landschaften Brasiliens – Mata Atlântica

- Teil 9: Santos Dumont und der erste Motorflug

- Teil 10: SIVAM – Big Brother in Amazonien

- Teil 11: Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Teil 12: Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Teil 13: Wie unsere Zukunft in der beginnenden kapitalistischen Barbarei aussähe – „Ich habe kein Leben“

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