Freitag, 24. Oktober 2008

...an die Sonnen

Die Krise bringt es an den Tag!

Von Karl Weiss

Die Lüge: „... und sei sie noch so fein gesponnen, am Ende kommt sie an die Sonnen.“

„Man kann fast alle für kurze Zeit an der Nase herumführen und viele für lange Zeit, aber man kann nicht alle für lange Zeit an der Nase herumführen!“

Die große Finanzkrise hat auch ihr Gutes. Alte Lebenslügen kommen an den Tag und die pure Wahrheit beginnt durchzuscheinen, auch wenn noch so heftig versucht wird, die Aufmerksamkeit abzulenken. Wir wurden erzogen in dem Glauben, wer hier das Sagen hätte, wären die Politiker, Kanzler oder Kanzlerin, Minister, Parteigrössen usw. und so bekommen sie auch in der Regel unsere Empörung ab.

Doch Manche meinten schon die ganze Zeit, wir würden in einer Diktatur des Grosskapitals leben, also der Dirigenten der großen Firmen und Banken.

1.

Sehen wir doch mal genau an, was da zwischen Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Hypo Real Estate (frühere Hypo Bank, frühere Bayern Hypo, frühere Hypo- Vereinsbank, frühere Bayrische Hypotheken- und Wechsel-Bank) vor sich ging.

Als erste Gerüchte auftauchten, kam von der Bank ein freches Dementi, obwohl die Chefs dort wissen mussten, sie stecken bereits bis zum Hals im Schlamassel. Schließlich wird niemand Bankdirektor, der nicht gewisse Kenntnisse über Risiken in Finanzgeschäften hat.

Dann meldete man sich (nicht etwa in der Öffentlichkeit, nein, man ist der Öffentlichkeit nicht die geringste Rechenschaft schuldig) bei der Regierung und gab an, da gibt es jenes Loch, das im Extremfall bis zu 35 Mrd. Euro ausmachen kann. Die Regierung sandte sofort alle Spezialisten, um der Bank zu Hilfe zu kommen. Es wurde nicht wirklich ernsthaft erwogen, dies nicht zu tun.

Nach kurzer Zeit gab dann die Regierung (nicht etwa die Bank) bekannt, man habe ein Paket zur Rettung der Bank geschnürt. Bis zu 28 Milliarden Euro (wahrscheinlich aber deutlich weniger) hätte eventuell die Regierung (sprich der Steuerzahler) für die Rettung des Banksystems aufzubringen, den Rest würden andere Finanzinstitutionen beisteuern, denn diese seien heftig bei der Hypo engagiert (will sagen, die haben Anteile an den faulen Titeln und hätten sowieso zahlen müssen). Wegen der Verbindungen unter den Banken dürfe man die Hypo auf keinen Fall Pleite gehen lassen, denn sie würde das ganze deutsche Bankensystem mitreissen.

Ein Parlamentsbeschluss wurde wegen läppischer 28 Milliarden Euro natürlich nicht herbeigeführt, aber der hätte ja auch nichts geändert, man sehe sich nur die Abstimmung zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes an.

Kurz danach neue Meldungen. Wiederum nicht von der Bank, sondern von Steinbrück, der äußerst wütend wirkt vor den Mikrofonen. Das Loch ist grösser als erwartet. Die Bundesregierung muss ihren Anteil auf 37 Mrd. Euro aufstocken, während die anderen Banken im wesentlichen bei ihren gleichen Anteilen bleiben. Sonntag abend, bevor die ersten asiatischen Börsen den Montag einläuten, wird dies bekanntgegeben. Wieder kein Parlamentsbeschluss. Man macht sich nicht einmal die Mühe, die Öffentlichkeit noch mit einer Parlamentsdebatte an der Nase herumzuführen.

Der Chef der Hypo hat sich während dieser Zeit nicht ein einziges Mal vor irgendeinem Mikrofon gezeigt, er hat die Anweisungen aus seiner Burg gegeben. Kein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, der ihn vorlädt, Steinbrück muss seine Wut unterdrücken, denn er ist gegen den Chef der Hypo machtlos.

Nicht einmal die „Linke“ beantragt einen Untersuchungsausschuss (abgesehen davon, dass der natürlich auch nichts gebracht hätte). Die Hypo, so wie andere großen Kapitalträger, ist unantastbar. Sie braucht nie etwas zu erklären. Wo kämen wir denn da auch hin, wenn die Herren den Untertanen nun schon etwas erklären müssten?

Die aufgebrachte Summe macht einen schönen Prozentsatz des Bundeshaushalts aus. Aber das sind anscheinend ‚Peanuts‘, denn wäre ein Politiker damit durchgebrannt, hätte ein Tausendstel davon einen Untersuchungsausschuss und Rücktritte nach sich gezogen. Nicht so bei den Herren. Die schaffen an. Die haben ihre Leute fürs Grobe, so wie z.B. den Bundesfinanzminister, der seinen Groll runterschlucken muss.

Kann die Politik denn nun mindestens den Chef der Hypo zum Rücktritt zwingen? Nein, nicht daran zu denken. Der trat erst zurück, als er sich die Hände bereits über die ‚grosszügige Geste‘ der deutschen Steurzahler reiben konnte. Und dürfte jetzt unterm Tisch liegen vor lauter Lachen.

Er wurde mit Zahlungen bedacht, bei denen selbst die grössten Fusballstars Tränen in den Augen bekommen.

2.

Nun sehen wir uns das Gleiche in den USA an, nur in grösserem Umfang. Dort war die grösste Versicherungsgruppe der Welt, die American International Group (AIG) in Schieflage geraten. Die US-Regierung, die sonst so aussieht, als ob sie die ganze Welt beherrscht, wurde plötzlich ganz leise und beeilte sich pflichtschuldigst, ein Rettungsprogramm für die AIG zusammenzubasteln.

Versicherungen sollen eigentlich das Geld, das ihnen ihre Kunden zur Verfügung stellen, in sicheren Anlagen anlegen, die zwar keine riesigen Gewinne versprechen, aber eine Sicherheit fürs Alter oder wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Dafür sind – rein theoretisch jedenfalls – Versicherungen da, oder?

Nun, die grösste Versicherung der Welt sah das nicht so. Man sah sich dem Shareholder-Value verpflichtet (also den Kapitaleignern) und spekulierte mit höchst riskanten Papieren, um hohe Dividenden ausschütten zu können. Wurde man in den Chefetagen blind vor lauter hohen Zahlen?

Nun, speziell die Zahlungen für ebendiese Manager wurden in den Mehr-als-50-Millionen-Dollar-Bereich pro Jahr hinaufgeschraubt. Aber niemand kann uns erzählen, man wird Spitzenmanager bei der grössten Versicherungsgruppe der Welt, wenn man sich nicht mit Risiken auskennt und leicht von Zahlen blenden lässt.

Diese Herrschaften wussten also genau, was sie riskierten – hatten sie doch schon im Februar den verantwortlichen Manager vor die Tür gesetzt. Und warum taten sie es trotzdem? Weil sie wussten, wenn es schiefgeht, steht der Staat mit „Unterstützung“ bereit. Dafür ist er schließlich da. Mit anderen Worten, die großen Herren der Finanz- und Industriewelt haben sich den Staat vollständig untergeordnet.

Das wurde deutlich, als sie in Washington anriefen und erklärten, es sei da eine Kreditlücke und der Staat müsse einspringen. Das tat der dann auch sofort. Es waren 85 Millliarden Dollar (also etwa 63 Milliarden Euro), mit denen die US-Steuerzahler für das Wohlergehen von AIG geschröpft wurden. Ohne Parlamentsbeschluss, ohne mit der Wimper zu zucken. Kurze Pressekonferenz des US-Finanzministers (der selbst aus der Welt der Investment-Banker kommt): „Wir zahlen“. Punktum. Erklärung: Wenn dieser Versicherer denn Bach hinunterginge, würde er viel mit sich reissen, daher gebe es keine Alternative.

Und man hat Recht. Der Kapitalismus ist so eingerichtet, dass es immer für sie und gegen uns läuft. Die Krise der realen Ökonomie hätte sich wirklich noch schneller und noch tiefer entwickeln können, wenn man AIG nicht gestützt hätte.

Auch hier: Werden die Verantwortlichen von AIG in irgendeiner Weise zur Verantwortung gezogen? Oder auch nur gezwungen, Erklärungen abzugeben? Nichts dergleichen!

Nun kommt aber der Hammer von allem: Wie uns der britische ‚telegraph‘ mitteilt , hier auf englisch, haben die Spitzenmanager von AIG auch noch einen oben drauf gesetzt und gefeiert mit einen phantastischen gemeinsamen Aufenthalt für eine Woche in einem „Resort“, wenige Tage, nachdem ihnen „etwas unter die Arme gegriffen wurde“. Genau gesagt, war es nicht ein Resort, sondern DAS Resort, das teuerste der Welt, St. Regis in Monarch Beach in Kalifornien.

Ressort St. Regis

Nach Aussagen des Abgeordneten Henry Waxman der Demokraten aus Kalifornien, gab man dort 440 000 Dollars aus, davon 220 000 für die Unterkunft, 150 000 für die Mahlzeiten und 23 000 für die Kuraktivitäten. Nichts bekannt wurde darüber, was man für Liebesdienste ausgab, aber es gilt als sicher, dass die Ehefrauen nicht dabei waren.

Ein anderer Abgeordneter ereifert sich: „Die liessen sich Maniküre machen, Pediküre, Massagen, Gesichtsmasken und was sonst noch, während die Steuerzahler ihre Rechnungen zahlten.“

Ja, und er kann nichts dagegen machen. Im Kapitalismus ist das nicht nur legal, es ist systemimmanent, denn die einen zahlen und die anderen schaffen an. Die Politiker sind nicht mehr als gut bezahlte Laufburschen für sie.

Interessant in diesem Zusammenhang, dass inzwischen bereits Dokumente aufgetaucht sind, die deutlich machen: Die Manager bei AIG wussten schon seit geraumer Zeit, dass sich da riesige Finazierungslöcher auftun. Was sie daraufhin taten, ist auch charakteristisch für jene, die am Drücker sind: Sie haben sich höhere Einkommen genehmigt. Als Anfang 2008 bereits bekannt war, wie riesig die Verluste sind, hat der Chef dort angeordnet, diese negativen Zahlen zu ignorieren, weil sonst die schönen Bonus-Zahlungen verringert worden wären, die jene Spitzenmanager als Gewinnanteil bekamen.

Der Aufsichtsrat segnete dies ab und gab dem Chef, einem gewissen Sullivan, einen zusätzlichen Bargeld-Bonus von 5 Millionen Dollar, zusätzlich wurde ihm für den Fall der Ablösung von seinem Posten ein weiterer Bonus von 15 Millionen Dollar zugesagt („golden parachute“).

Ein gewisser Cassano war der verantwortliche Leiter des Bereichs der Finanzprodukte, die dann die großen Verluste verursachten. Er hat über die letzten Jahre 280 Millionen Dollar als Gehalt erhalten. Als die Minus-Zahlen im Februar bekannt wurden, hat man ihn abgelöst, nicht ohne ihm vorher noch Boni von 34 Millionen Dollar zukommen zu lassen und ihm außerdem eine Pension von 1 Million Dollar pro Monat (pro Monat!) auszusetzen – die er bis heute bekommt.

3.

Der dritte Fall: Fortis, eine Bank und Versicherungsgesellschaft, die in den Niederlanden, Belgien und Frankreich auf Grund fuhr. In allen drei Ländern wurden Milliarden hineingesteckt, um die Reste verkaufbar zu machen. Der französische Teil, ein Versicherungsunternehmen, wurde an die BNP verkauft.

Der Vorstand dieses französischen Teils der Bank machte es den AIG-Bossen gleich und lud wenige Tage nach Eingang des Geldes von der französischen Regierung insgesamt 50 Personen aus der Pleite-Versicherung zu einem „kulinarischen Ereignis“ in das berühmte Restaurant ‚Louis XV‘ im Hotel Paris-Monte Carlo in Monaco, das drei Sterne im Michelin-Führer aufzuweisen hat und als eines der teuersten der Welt gilt.

Restaurant Louis XV Monaco

Dies Restaurant hat nach Angaben von ‚El Mundo‘ den grössten Weinkeller von allen mit 250 000 Flaschen, wobei man anmerkt, diese Weine seien „unbezahlbar“. Unbezahlbar, wenn man nicht Milliarden von der Regierung bekommt. Man gab die Kleinigkeit von 150 000 Euros für diese Feier mit einem Festmahl aus.

Ob die Manager dort unter den Tischen lagen vor Lachen über die Steuerzahler, die Ihnen das bezahlten, ist nicht überliefert, aber wenn nicht, dann jedenfalls nicht, weil sie keinen Grund gehabt hätten. Hier ist der Link zu diesem Ereignis, berichtet in „El Mundo“, wenn es jemand auf spanisch nachlesen will.

Sehen Sie, so handelt man, wenn man den Laden in der Hand hat, wenn man weiss, die Politik, die Regierung kann einem nichts anhaben, die haben vielmehr zu gehorchen und zu zahlen, wenn man das nötig hat – und zwar mit unserem Geld.

So werden jetzt, da gerade Krisenzeiten sind, die wahren Verhältnisse klar.

Letzte Eilmeldung: Die ‚Hilfe‘ für die AIG hat nicht ausgereicht. Der Staat wird mit weiteren 38 Milliarden Dollar einspringen müssen – und wird dies selbstverständlich klaglos tun.


Veröffentlicht am 24. Oktober 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Ältere Artikel zur Frage einer Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

Dienstag, 21. Oktober 2008

Hat Obama schon gewonnen?

Wahlfälschung mit elektronischen Urnen wurde schon bewiesen

Von Karl Weiss

Barack Obama führt mit deutlichem Abstand die Meinungsumfragen in den USA und manche tun so, als habe er schon gewonnen. Gleichzeitig gibt es aber auch bereits andauernd Hinweise, die Meinungsumfragen, die telefonisch erstellt werden, könnten nicht die wirklichen Intentionen der Wähler wiedergeben. Und tatsächlich – auch bei den letzten US-Präsidentenwahlen im November 2004 führte der damalige demokratische Kandidat John Kerry vor den Wahlen in den Umfragen und vor allem auch bei den Befragungen am Ausgang der Wahllokale.

Barack Obama


Der Rassen-Faktor

In einem Artikel der New York Times wird es offen ausgesprochen: Die „Rasse“ spiele eben in den USA noch eine bedeutende Rolle. Ein nicht unbedeutender Teil der Wähler könnte sich als „unentschlossen“ ausgeben, aber in Wirklichkeit Obama wegen seiner (vermeintlichen) Rasse nicht wählen. So könne es dazu kommen, dass die „Polls“ (wie die Meinungsumfragen dort genannt werden) nicht die wirklichen Intentionen wiedergeben

Dies könnte allerdings auch ein vorgespiegeltes Argument sein, denn in den Schwankungsbreiten der Umfragen sind in der Regel diese Art von Abweichungen bereits erhalten. Es gibt keinen speziellen Grund anzunehmen, die am Telefon Befragten hätten sehr viel Grund, ihre wirklichen Wahlabsichten zu verstecken, zumal sich ja Rassisten typischerweise nicht für ihren Rassismus schämen – ja, sich meistens überhaupt nicht als Rassisten verstehen.

Viel wahrscheinlicher als eine Unzahl von US-Amerikanern, die es nicht wagen, ihre wirkliche Wahlentscheidung anzugeben ist das, was bei den letzten Wahlen erwiesenermaßen stattfand: Wahlfälschung.

Barack und Michelle Obama im Wahlkampf


Wahlfälschung 2004

Elmar Getto hat dies in einem Artikel mathematisch nachgewiesen, hier: „Statistischer Beweis: Wahlfälschung bei den US-Präsidentenwahlen”.

Damals waren die Ergebnisse der Befragungen der Wähler am Ausgang der Wahllokale zu folgenden Zahlen gekommen (die nach den Erfahrungen der Befrager unter typischen Bedingungen, wie in diesem Fall, höchstens ein Prozent Abweichungen haben):

In Prozenten:
Bush: 47,09% +/-1% = 46,62% bis 47,56%

Kerry: 50,90% +/-1% = 50,39% bis 51,41%

In absoluten Zahlen:

Insgesamt 122,2 Millionen abgegebenen Stimmen:

Bush: 56,97 Mio. Stimmen bis 58,12 Mio. Stimmen

Kerry: 61,58 Mio. Stimmen bis 62,82 Mio. Stimmen

Das bekanntgegebene Wahlergebnis war aber:

Bush: 50,732% (62,0 Millionen Stimmen)

Kerry: 48,277% (59,0 Millionen Stimmen)

Auf wunderbare Weise hatte Bush also plötzlich um die vier Millionen Stimmen zusätzlich eingeheimst.

Diese Abweichung ist statistisch so gross, dass dies ohne Wahlfälschung nicht möglich war (genaueres geht aus dem Artikel hervor).

Man weiss auch, wie die Wahlfälschung betrieben wurde: Man hat elektronische Wahlcomputer eingesetzt, die von Firmen, die eng mit der Republikanischen Partei verbunden sind, hergestellt und aufbewahrt werden. Erst unmittelbar vor den Wahlen werden diese elektronischen Urnen von den Firmen an die Wahllokale ausgeliefert.

Untersuchungen von Experten an diesen Wahl-„Maschinen“ haben ergeben: Sie können von aussen manipuliert werden. Trotzdem wurden sie nicht aus dem Verkehr gezogen, sondern werden auch bei der bevorstehenden Präsidentenwahl in vielen Wahlkreisen verwendet.

So zeigten sich denn auch nach den damaligen Wahlen deutliche Unterschiede zwischen Staaten und in vergleichbaren Städten und Gemeinden, von denen, die eine solche Maschine benutzten und die anderen den guten alten Wahlzettel mit Ankreuzen: Die Maschinen-Ergebnisse tendierten zu Bush, die Papier-Ergebnisse zu Kerry.

Exit Polls
Die eklatanten Unterschiede: Staaten mit Papierwahlzetteln (Illinois und Michigan) in der oberen Reihe: Die Exit Polls (links) und die Wahlergebnisse (rechts) stimmen gut überein. Dagegen der dritte in der oberen Reihe und in den beiden unteren Reihen die extremen Abweichungen in Staaten mit Elektronischen Wahlurnen (Wisconsin, North Carolina, New Hampshire, New Mexico, Florida, Ohio und Pennsylvania): Die Exit Polls (links) und die Wahlergebnisse (rechts) sind bei den letzteren extrem zu Bush verschoben (jeweils: blau: Kerry, rot= Bush).

Natürlich ist eigentlich das Wahlergebnis in Prozent für die Kandidaten nicht ausschlaggebend, weil in den USA ja ein Wahlmännergremium gewählt wird und in jedem Staat alle Wahlmänner an den Sieger gehen, aber auch damit lässt sich das obige Ergebnis nicht erklären. Es gab bereits Wahlen, in denen der Verlierer in Prozenten landesweit gewonnen hatte, aber die entscheidenden Staaten gingen eben an den Anderen. Allerdings kann dies nur bei Unterschieden von höchstens etwa einem Prozent eintreten.

Non-Paper-Ballot
Hier die gleichen Unterschiede der Graphik oben noch einmal, diesmal nur auf Kerry bezogen (sein Vorsprung bzw. Rückstand gegenüber Bush in %-Punkten, alle Staaten mit elektronischen Wahlurnen) - blau: Exit Polls, dunkelrot: Wahlergebnis: Wisconsin, Pennsylvania, Ohio, Florida, New Mexico, New Hamshire, North Carolina, Colorado.

US-Präsidentschafts-Wahlen 2008

Auch dieses Jahr wieder sind die drei bevölkerungsreichen „Swing-States“ Pennsylvania, Ohio und Florida von ausschlaggebender Bedeutung. Nur hat Obama in allen diesen drei Staaten einen klaren Vorsprung, auch wenn man die Schwankungsbreite berücksichtigt. Allerdings pflegt der Führende in den letzten beiden Wochen vor der Wahl einiges an Vorsprung zu verlieren, so dass es am Ende wieder auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen in diesen drei Staaten hinauslaufen könnte.

Falls diesmal wieder der Demokrat (Obama) in den Befragungen an den Ausgängen der Wahllokale weit vorne liegt und der Republikaner (McCain) gewinnt, so kann man davon ausgehen:

1. Es hat wieder massive Wahlfälschungen gegeben und die Demokraten sind ein weiteres Mal zu hasenfüssig, diesen Dingen konsequent nachzugehen.

2. Gegenüber der Öffentlichkeit wird dies aber mit dem Rassen-Faktor erklärt werden (siehe oben).



Wie werden Hochrechnungen (exit polls) erstellt?

Nun noch zur Frage, warum die Befragungen am Ausgang der Wahllokale (hier „exit polls“ genannt, bei landesweiten Wahlen: „national exit polls“) eine so hohe relative Genauigkeit haben. Wir kennen diesen Effekt auch in Deutschland, denn bei fast allen Wahlen liegen bereits etwa 1 Stunde nach Schliessen der Wahllokale recht zuverlässige Hochrechnungen vor. Auch die sind nach der gleichen Methode gewonnen wie in den USA die „exit polls“.

Man befragt an den Ausgängen bestimmter ausgewählter Wahllokale die Wähler, wen sie gewählt haben. Um nun nicht Hunderttausende von Befragungen durchführen zu müssen, verwenden die Institute einen Trick: Sie stellen die Antwort ins Verhältnis zu dem, was der Befragte angibt, bei den vorherigen Wahlen gewählt zu haben bzw. damals nicht gewählt zu haben.

Es werden nicht die Antworten der Gesamtzahl der Befragten in Prozent umgerechnet und auf die Gesamtzahl der Wähler hochgerechnet, sondern es wird nur das relative Wahlverhalten im Vergleich zum vorherigen Mal erfaßt. Dadurch kann man jene Art von systematischen Fehlern ausschliessen, die auftreten, wenn man nicht einen wirklich repräsentativen Schnitt durch die ganze Wählerschaft erfaßt hat (was ja ein fast unmögliches Unterfangen ist).

Befragt man z.B. etwas mehr Frauen, eingebürgerte Ausländer oder städtische Bevölkerung als es genau dem Schnitt der Wähler entspricht, bekommt man üblicherweise ein zu stark nach links neigendes Ergebnis. Befragt man dagegen mehr Männer, Ur-Deutsche oder ländliche Bevölkerung als der Schnitt derer, die tatsächlich zur Wahl gingen, bekommt man typischerweise einen Trend nach rechts.

Diese Ungenauigkeit kann man weitgehend ausmerzen, indem man die Wahlentscheidung nur relativ zum Verhalten bei der letzten Wahl erfaßt. Man muß dann nur die Aussage, wen man damals gewählt hat, als Gewichtung einsetzen und bekommt ein weit genaueres Ergebnis. So wird die Genauigkeit von etwa plus/minus 3 Prozentpunkten auf etwa plus/minus 1 Relativ-% verringert. Dies ist ausschlaggebend, wenn man die Ergebnisse der Ausgangs-Befragungen als Hochrechnung verwenden will – oder, wie im obigen Fall aus den USA, wenn man die Plausibilität des späteren Wahlergebnisses überprüfen will.

Natürlich gibt es immer Wähler, die am Ausgang des Wahllokals – aus welchen Gründen auch immer – etwas Falsches angeben oder die versehentlich anders gewählt haben, aber dies ist in der Schwankung von +/- 1% bereits enthalten.

Gewichten heisst in diesem Fall, dass man die Prozentzahlen der aktuellen Befragung mit jener der Aussage über die Präferenz bei den letzten Wahlen malnimmt und durch Hundert teilt, und dies zunächst für jene, die wieder die gleiche Partei gewählt haben, dann für jene, die Partei X gewählt hatten und dann jene, die Partei Y sagten – dann schliesslich die der Wähler, die angeben, beim letzten Mal nicht gewählt zu haben. Die Summe dieser Prozentzahlen ergibt die Prozentzahl der Hochrechnung. Genau gesagt, muss man noch die Veränderung der Wahlbeteiligung berücksichtigen, was aber nur dann einen Unterschied ausmacht, wenn sie stark gefallen ist oder sich stark erhöht hat.

In Worten ausgedrückt heisst das: Zuerst teilt man die Wählerschaft ein in CDU-Wähler, SPD-Wähler, FDP-Wähler usw. und in Nichtwähler. Dann ermittelt man getrennt, was die CDU-Wähler diesmal gewählt haben, die SPD-Wähler usw. So erhält man ein Profil der Parteitreue bzw. der Wählerwanderung. Durch die einfache Rechnung als Prozent gibt man dies in die aktuellen Antworten ein und erhält ein Ergebnis, das nicht mehr dadurch beeinflusst wird, dass man nicht genau einen statistischen Schnitt der Bevölkerung befragt (genau gesagt der Wähler).

Natürlich hatte auch diese Methode ihre Schwachpunkte, besonders wenn erdrutschartige Wählerwanderungen stattfinden, aber wir wissen: In den meisten Fällen sind die ersten Hochrechnungen schon recht brauchbar.


Veröffentlicht am 21. Oktober 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Montag, 20. Oktober 2008

Banken gerettet - Staat Pleite?

Wer ist am Drücker?

Von Karl Weiss

Interessanterweise hat niemand die Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestags gefragt, woher sie denn die 500 Milliarden Euro für das Unterstützungspaket der armen, notleidenden Banken nehmen wollen. Nun, alle ahnen schon, woher: Man wird einfach neue Schulden aufnehmen. Das wird üblicherweise über Staatsanleihen bewerkstelligt. Was aber, wenn der Staat Bundesrepublik nicht mehr für so viel gut ist?

Reichstag - Bundestag

Nur dass man eine grobe Ahnung hat, was 500 Milliarden Euro darstellen – weil diese Summe nämlich für Menschen unvorstellbar ist: Für etwa 1 Milliarde kann man eine Autofabrik hinstellen, die mehrere Tausend Autos pro Tag herstellt (wir haben hier im Grossraum Belo Horizonte gerade eine solche Investition von Fiat). Der Betrag, den man den unersättlichen Bank-Herren in den Rachen stopft, wäre also groß genug, um 500 Autofabriken auf die grüne Wiese zu stellen, von denen jede mehrere tausend Autos am Tag (am Tag!) herstellen kann.

Jeder erinnert sich noch genau, wie genau jene Bundestagsabgeordneten, die jetzt das 500-Milliarden-Paket durchgewinkt haben und deren Parteikollegen aus der Landes- und Kommunalpolitik uns wieder und wieder erklärt haben, es sei kein Geld da. Nicht einmal 10 Millionen, das sind 0,02% jenes Betrages, konnten aufgebracht werden, wenn es um die Belange der Bürger ging. Doch jetzt, als es um die Belange des Finanzkapitals geht, ist Geld in rauhen Mengen vorhanden? Ein Freund des Verfassers nennt das „Wir werden verhohnepiepelt!“.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Hatte einmal irgendein dreister Typ gewagt darauf hinzuweisen, man könne ja Schulden aufnehmen, dann bekam er einen Vortrag, der sich gewaschen hatte: Ob man denn wahnsinnig sei? Die Schulden seien heute schon so hoch, dass sie kaum noch bezahlbar seien. Man würde den kommenden Generationen eine unerträgliche Bürde auferlegen, jede weitere Staatsverschuldung müsse vermieden werden. Man könne auch jetzt bald bereits den Bundeshaushalt ausgleichen.

Und nun? Man hatte nur nach 10 Millionen gefragt und jetzt werden 500 Milliarden aus der Schatulle gezaubert? Jetzt ist plötzlich der Untergang des Abendlandes nicht mehr angesagt, wenn die Staatsschulden um Beträge erhöht werden, die menschliches Vorstellungsvermögen überschreiten? Unsere Kinder und Enkel werden nun lachen über die Staatsverschuldung?

Verhohnepiepelt? Ist das Wort nicht etwas schwach dafür?

Der Kolumnist der „Financial Times Deutschland“, Wolfgang Münchau, fragt in seinem neuesten Kommentar, ob denn nicht vielleicht der Staat pleite geht, wenn man alle Banken rettet und ob damit etwas gewonnen sein wird. Er meint, statt mit Vollgas auf eine Wand zuzufahren, würde man jetzt mit Vollgas auf einen Abgrund zufahren. Er erinnert daran: Es steht ein wirtschaftlicher Abschwung bevor (er meint eine Wirtschaftskrise) und man wird ein umfangreiches Konjunkturprogramm brauchen, damit daraus nicht eine Depression wird (damit meint er eine extrem tiefe, langandauernde Wirtschaftkrise).

Bundestag - Reichstag

Er erinnert ebenso daran, dass nach den Banken als nächstes die Versicherungen und danach die Autoindiustrie kommen werden, die ebenfalls ihren Anteil vom grossen Staatskuchen haben wollen – und damit endet es sicher nicht. Er nennt das Problem: Die langfristige Solvenz des Staates.

Wie drückt sich das aus? Dadurch, dass der internationale Bond-Markt zusammenbricht. Bond-Markt, das sind die Staatsanleihen. Die US-Staatsanleihen heissen Dollar-Bond und die europäischen Euro-Bond. Wenn der Bond –Markt zusammenbricht – und das erwartet Münchau mit Sicherheit – dann werden die entsprechenden Währungen einen nachhaltigen Wertverfall erleben.

Ausgelöst würde das von weitaus zu hohem Abrufen der Regierung (zunächst wohl jene der USA) von Geld vom internationalen Markt für (Dollar-)Bonds. Plötzlich werden „lots“ (so nennt man einen Stapel von (Dollar-)Bond-Papieren), die man anbietet, nicht mehr vollständig verkauft werden.

Capitol, Washington (DC)

Dann muss man höhere Zinsen bieten, um überhaupt noch zu verkaufen, dann reicht auch das nicht mehr und schon beginnt die Spekulation gegen die Währung, was zu ihrem katastrophalem Wertverlust führt – das dürfte zunächst der US-Dollar sein, aber angesichts der Jumbo-Bankenrettungspakete von fast allen Euro-Ländern (wie auch von Grossbritannien mit seinem Pfund und der Schweiz mit ihrem Fränkli) werden dann wohl auch andere Währungen dran sein.

Wer Lust hat, sich die Details eines Staatsbankrotts anzusehen, der braucht nur nachzulesen, was in Argentinien am 21. Dezember 2001 und den folgenden Wochen geschah (Stichwort ‚Argentinazzo‘).

Münchau meint, weltweit wäre das eine Katastrophe. Eine Katastrophe, um einer anderen auszuweichen, deren genaues Gesicht uns bisher noch niemand klar gemacht hat.

Was wäre denn daran so schlimm, wenn – sagen wir – 4 der fünf grösseren Banken in Deutschland und 40 der mittleren und kleinen Banken über die Wupper gehen würden (die Zahlen vier und vierzig mag jeder nach Gusto durch andere ersetzen – insgesamt gibt es 2003 Banken in Deutschland)? Andere Banken würden deren Geschäft und wohl auch teilweise deren Personal übernehmen, einige würden schlicht aufgekauft. Ja und? Das ist schon in vielen Branchen so geschehen, ohne dass jemand den Untergang der Welt an die Wand gemalt hätte.

Was ist daran so entsetzlich, wenn viele grosse und auch mittleren Banken eventuell vom Markt verschwinden? Nun, die Antwort ist einfach: Im Kapitalismus ist das Finanzkapital (das sind die grossen und mittleren Banken) Teil der Monopole, die die Macht haben. Sie ordnen also einfach an, ihnen diese Summen zur Verfügung zu stellen. Es geht nicht darum, dass es noch Banken gibt und die das Kreditwesen aufrecht erhalten können, es geht darum wer die Macht hat. Den Bankherren ist völlig wurscht, ob der Staat später den Bach hinunter geht oder ob die Währung entwertet wird oder ob Millionen ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Da ist nicht ihr Bier. Sie sind am Drücker und sie haben Regierung und Parlament in der Hand.

Gut, dass wir das nun wissen. Wir sollten das wohl auch unseren Kindern und Enkeln erklären, die sicherlich diese Schulden nicht werden bezahlen wollen. Und: Am Tag nach der Revolution gibt es keine Staatsschulden mehr.


Veröffentlicht am 20. Oktober 2008 in der Berliner Umschau, hier mit einem kleinen Zusatz versehen

Originalartikel

Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"

Samstag, 18. Oktober 2008

System ohne Ausweg

Freiheit ist Sozialismus

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Die meisten Kommentare über das Desaster des kapitalistischen Finanzsystems in diesen Tagen versuchen zu beruhigen, zu verniedlichen und so zu tun, als ob mit den Hilfsplänen für die armen krisengeschüttelten Banken alles ausgestanden wäre. Vor allem aber wiederholen sie unter Unterlass: Es ist keine Krise des Systems, es ist eine Krise von Leuten, die falsch gehandelt haben. Sie erklären aber nicht, wieso alle „Finanzagenten“ in gleicher Weise zur gleichen Zeit falsch gehandelt haben und wieso es für das Volk immer hiess, es sei keine Geld da, während für die „Finanzagenten“ hunderte von Milliarden von Euro (oder Dollar) bereitstehen. Zwischen den Zeilen kann man aber manchmal erkennen: Der Kommentator weiss selbst, dass er schönredet.

Es gibt aber auch ehrlichere Kommentare, wie zum Beispiel der von Peter L. Bernstein in der New York Times unter dem Titel „What’s free abour free enterprise?“ (Was ist frei am freien Unternehmertum?)

Nachdem er entschieden die unsinnigen Geldmengen verteidigt, mit denen die Staaten in diesemMoment jene Zocker in den Banken und Finanzinstitutionen belohnen, die am skrupellosesten im grossen Kapital-Casino gewettet und verloren haben, meint er:

“The subprime mortgage mess, the huge leverage throughout the system, the insidious impact of new kinds of derivatives and other financial paper, and, at the roots, the vast underestimation of risk could not have happened in a planned economy. A superjumbo bailout is the inescapable result, but at some point we must confront its more profound implications.”

“Das Riesenproblem mit den faulen Haus-Hypotheken, der gigantische Gebrauch von „leverage“ im ganzen Finanzsystem (Kaufen auf Pump und Bezahlen mit dem erwarteten Gewinn) und die versteckte Gefährlichkeit der neuen Arten von „derivates“ (Finanztitel, bezogen auf Finanztitel, bezogen auf Finanztitel usw., ähnlich einem Kettenbrief-System) und anderen Finanztiteln und im Kern, das unglaubliche Unterschätzen der Risiken hätten in einer geplanten Ökonomie nicht passieren können. Das „Superjumbo“-Unterstützungspaket ist das unausweichliche Ergebnis, aber zu irgendeinem Zeitpunkt müssen wir uns mit dem beschäftigen, was dies alles im Gunde bedeutet.“

Auch Bernstein treibt die Analyse noch nicht tief genug, denn er unterstellt den „Finanzagenten“ noch, die Risiken unterschätzt zu haben. Das kann man in Wirklichkeit ausschliessen. Diese „Finanzagenten“ sind äusserst gerissene Zocker. Sie wussten von den Risiken, aber sie wussten auch, sie selbst würden sie nicht zu tragen haben. Sie würden zum Zeitpunkt des „Crash“(das ist JETZT) ihre Schäfchen längst im Trockenen haben und das kapitalistische System würde gezwungen sein, die Finanzinstitutionen zu unterstüzen, denn ohne sie funktioniert der Kapitalismus nicht.

Kurz: Das Ganze war kein Falsch-Funktionieren des kapitalistischen Systems, es war das kapitalistische System.

Das ist der Kern des kapitalistsichen Systems: Die Gewinne werden privatisert, die Verluste werden sozialisiert, dh. die Allgemeinheit muss sie tragen. Diese Erkenntnis deutet Bernstein an, wenn er sagt, das alles hätte es in einer geplanten Ökonomie nicht gegeben und man müsse sich fragen, was das im Grunde heisst.

Nun, er darf in seiner Funktion nicht weiterdenken (er ist Redakteur eines Financial Newsletters) und schon gar nicht in der New York Times, aber wir können und wir dürfen und wir sollen: Im Sozialismus wird die Gesamheit derer, die arbeiten und Werte schaffen, der Besitzer des Staates und der Fabriken und Banken sein. Sie werden direkt Einfluss auf die Staatsgeschäfte haben und werden lernen dies klug zu nutzen.

Der Staat wird planen, was produziert und gebraucht wird, wird die nötigen Finanzmittel dazu verteilen und es wird keine Politiker geben, die alle vier Jahre in einer Kampagne riesigen Ausmasses wiedergewählt werden. Alle Repräsentanten werden in den Betrieben und Stadtteilen gewählt und sind täglich, stündlich abwählbar. Das ist der Kern des Rätesystems. Die unmittelbare Beteiligung des Arbeiters an der Macht.

Wir werden aufmerksam sein müssen, wenn unsere Repräsentanten eventuell ehrgeizig und machtgierig werden und sie rechtzeitig abberufen. Zusätzlich wird es eine übergeordnete Kontrollinstanz geben, die hilft, solche Typen zu erkennen und aus der Verantwortung zu entfernen. Wer Verantwortung hat, wird dadurch keine persönlichen Vorteile haben, höchstens mehr Arbeit. So wird man da schon einen guten Teil der Karrieristen fernhalten.

So werden wir verhindern, was in Russland und der DDR und China geschah: Die Übernahme des Systems durch kleinbürgerliche Karrieristen.

Der Kapitalismus macht sich gerade selbst kaputt, seine Protagonisten sind in heller Aufruhr und wissen nicht aus noch ein. Die Frage ist jetzt, wie den Sozialismus errichten und wie verhindern, dass er wieder zurückgedreht wird zum Kapitalismus.

So wird die Überschrift von Bernsteins Artikel zu einem Menetekel an der Wand des Systems: „Was ist frei am freien Unternehmertum?“ Nichts! Freiheit ist Sozialismus!

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Berühren von Sexualorganen kann Schwangerschaft verursachen

Weitere Absurditäten der christlich-extremistischen Rechten in den USA

Von Karl Weiss

Das Berühren von Sexualorganen könne eine Schwangerschaft verursachen, wird in einem Lehrbuch erklärt, das in der Kampagne verwendet wird, die in 43 der 50 Bundesstaaten der USA den Aufklärungsunterricht ersetzt hat. Und das ist nur eine von vielen Absurditäten. Die Bush-Regierung und seine Anhänger aus den Reihen der extremistisch-religiösen Rechten in vielen Bundesstaaten haben fast flächendeckend die Anwendung von Unterrichtsmaterial und Regeln durchgesetzt, die uns wie aus dem finsteren Mittelalter vorkommen.

Bravo- Aufklärung2
Alle Bilder in diesem Artikel sind aus der Aufklärungs-website von Bravo-Dr.Sommer

Aber das ist, was jungen Menschen fast überall in den Schulen der USA vorgesetzt wird: Man versucht mit Gewalt die Regel durchzusetzen, dass die jungen Leute keinen Sex vor der Ehe haben dürfen. Man weiss aus den Erfahrungen in fast allen Ländern zu früheren Zeiten, als dies auch schon versucht wurde: Das klappt nicht. Das hohe Niveau von Sexualhormonen im Körper der Kinder und Jugendlichen zwischen 12 und 18 lässt sie in der Regel extrem aufmerksam für jegliche sexuelle Gelegenheit werden und so werden eben oft diese Gelegenheiten auch wahrgenommen. Wenn man dann statt Informationen Ideologie vorgesetzt bekommen hat zu diesem Thema, ist man nicht in der Lage, sich entsprechend zu schützen.

Das Ergebnis dieser „Erziehung“ kann man an den Fakten ablesen. Während wir in der Bundesrepublik bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren nur 10,7 Geburten auf Tausend haben, ist diese Zahl in den USA auf 41,9 angestiegen.

Bravo - Stellungen

„Abstinence only“ (ausschliesslich Abstinenz) heißt die Kampagne, die in den USA seit 1996 Gesetzeskraft hat. Dies belegt, das war nicht einfach eine Absurdität, die Bush junior verordnet hat und mit einem anderen Präsidenten rückgängig gemacht würde, das ist das allgemeine und generelle Vordringen der aggressiven extrem rechten religiösen Phalanx, in vielen Fällen nicht nur durch evangelisch-baptistische Sekten, sondern auch von der katholischen Kirche getragen.

Bush hat diese Kampagne allerdings mit Gewalt fast überall durchgesetzt, indem er jegliche finanzielle Unterstützung des Staates für anderen als diesen „Aufklärungsunterricht“ gestrichen hat. So sahen sich auch Staaten, die vorher noch liberal unterrichtet haben, gezwungen, sich auf diese Art von Kampagnen einzulassen.

Bravo Aufklärung 3

Hier nur einige der Highlights von dem, was man US-Jugendlichen da zumutet:
  • Eine der Schulstunden soll lehren, dass jeglicher Austausch von Körperflüssigkeiten bedenklich sei. So zum Beispiel beim Kuss. Man stellt Jungen und Mädchen gegenüber und ein Paar etwas abseits. Die gegenüberstehenden bekommen jeweils einen Becher, aus dem sie Wasser trinken und anschliessend wieder hineinspucken sollen. Dann geben sie dies dem Gegenüberstehenden. Die reissen dann das Klebeband ab, das an dem Becher klebt und zum Vorschein kommen die Namen der Gefahren, die der Austausch von Körperflüssigkeiten angeblich mit sich bringt: Siphylis, Gonnorhaea, AIDS usw. Der Becher der beiden abseits stehenden, die keine Körperflüssigkeiten austauschen, gibt dagegen die Schrift frei: „Ihr habt Glück gehabt, keine Krankheit!“
  • Weiter behauptet das Lehrmaterial jener Kampagne, der Gebrauch von Kondomen sei wie russisches Roulette, völlig ohne jede Sicherheit (der Gebrauch von Kondomen ist in Wirklichkeit die sicherste Methode gegen ungewollte Schwangerschaften und AIDS, z.B. weit sicherer als die Pille), Tränen und Schweiss könnten bereits AIDS übertragen, und vieles mehr.
Bravo - Stellung 6
  • Es werden auch Rollenverhalten gelehrt, die uns heute absurd vorkommen: Männer seien angeblich aggressiv und könnten keine Emotionen entwickeln. Frauen dagegen benötigten finanzielle Unterstützung, Männer aber Bewunderung. "Frauen messen ihr Glück und ihren Erfolg an ihren Beziehungen. Glück und Erfolg der Männer dagegen hängen von ihren Leistungen ab", wird da behauptet.
Die hohe Zahl der Schwangerschaften von jungen Mädchen und Frauen hat Auswirkungen auf deren ganzes Leben, speziell da Abtreibungen für Tabu erklärt werden. Weniger als 2% aller Frauen in den USA, die minderjährig Mütter werden, haben mit 30 einen College- (Universitäts-) Abschluss aufzuweisen. Bei Frauen, die erst mit 21 Jahren schwanger werden, sind es immerhin neun Prozent. Zwei Drittel aller Familien, die aufgrund einer Teenagerschwangerschaft gegründet wurden, fallen unter die Armutsgrenze und sind auf Sozialleistungen angewiesen. Nach zehn Jahren sind außerdem 48 Prozent dieser Ehen schon wieder geschieden, die Kinder bleiben mit höherer Wahrscheinlichkeit in der Schule sitzen, landen häufiger in Gefängnissen und bekommen selbst viel zu jung Kinder.

Wie auch in der Politik, arbeitet die extreme Rechte auch in der Sexualerziehung statt mit Aufklärung mit Angstmache. Die einzige Lösung sei absolute sexuelle Enthaltsamkeit verbreiten genau jene politischen Kreise, die mit immer wieder auftauchenden Prostituierten- und Orgien-Skandalen schon wiederholt auffielen. Dagegen: Wie der eigene Körper funktioniert, wie er sich in der Pubertät verändert, wie Jugendliche sicheren Geschlechtsverkehr haben können - all das lernen die meisten amerikanischen Teenager nicht im Unterricht.

Bravo - Stellung4

Auch andere Zahlen deuten darauf hin, dass die Abstinenz-Kampagne wirkungslos ist: Laut einer Studie des National Center for Health Statistics haben 70 Prozent der US-Teenager vor ihrem 18. Geburtstag Oralsex, über 45 Prozent haben bis dahin mindestens einmal Geschlechtsverkehr. Und fast die Hälfte aller Neuinfektionen mit Geschlechtskrankheiten pro Jahr tritt bei Jugendlichen auf.

Diese Daten legen den Schluss nahe, dass "abstinence only" völlig an der Realität vorbeigeht. Amerikanische Jugendliche haben also Sex - aber wegen der absurden Nichtaufklärung wenig Ahnung, wie er eigentlich funktioniert.


Veröffentlicht am1 6. Oktober 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Populismus - was ist das eigentlich?

War Haider Populist?

Von Karl Weiss

Anlässlich des Todes von Haider hat der Begriff wieder Hochkonjunktur: Populismus. 99% der Nachrufe enthalten in der einen oder anderen Form diesen Vorwurf. Ähnlich ist es, wenn über Lafontaine berichtet wird. Populismus ist zum meist gebrauchten politischen Schimpfwort geworden. Nur: Haider war nicht vor allem Populist – und Lafontaine ist es schon gar nicht.

Wenn Sie hier nun stutzen, so haben Sie sich noch keine Gedanken zu diesem Wort gemacht. Ist Populismus, wenn man populären Forderungen aus dem Volk Rechnung trägt?

Die Linke 2008

Wenn zum Beispiel Hartz IV abgeschafft werden wird, wenn die Truppen aus Afghanistan abgezogen werden, wenn Sozialtarife auf den Nahverkehrsmitteln und der Bahn eingeführt werden und die Studiengebühren abgeschafft? Ist das Populismus? Wenn die geschlossenen Schwimmbäder wieder geöffnet werden, wenn Tausende von neuen Lehrern eingestellt werden und die Klassengrössen endlich auf erträgliche Zahlen heruntergehen? Wenn endlich das Versprechen wahrgemacht wird, kostenlose Kinderkrippen- und Kindergartenplätze für alle bereit zu stellen, wäre das Populismus? Wenn die Vorratsdatenspeicherung wieder rückgängig gemacht wird, der Bundestrojaner verboten und alle anderen Bespitzelungs-Massnahmen ohne konkreten Verdacht ebenso, wäre das Populismus? Wenn ein Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde eingeführt würde und die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, ist das Populismus? Nein, das ist Demokratie.

Denn Demokratie ist ja nichts anderes als das Versprechen an das Volk, es sei der Souverän, es habe die Macht und dementsprechend zu handeln. Den Forderungen des Volkes nachzukommen, ist populär, aber kein Populismus. Es müsste in einer Demokratie hoch gelobt werden. Andernfalls muss man sich doch fragen, was ist das für eine Demokratie.

Nun kommt an dieser Stelle mit Regelmässigkeit das Argument, man könne nicht jeder hochgeputschten Emotion des Volkes folgen, die ein Mal in diese und dann wieder in Gegenrichtung laufen könne. Kurz, das Volk ist einfach zu doof dafür. Das Beispiel, dass dann mit tödlicher Sicherheit gebracht wird, ist die Todesstrafe. Wenn es nach dem Volke ginge, würde nach jedem spektakulären Kindermord die Todesstrafe eingeführt.

Ja, allerdings, es gibt Organe wie die ‚ Bild‘, aber auch andere Medien, wie ‚ ‚heute‘, ‚tagesschau‘, Spiegel usw., die gerne Kindermorde, niedergeschlagene Rentner und andere Skandale hochkochen und dann versuchen, ihre Süppchen darauf zu kochen. Tatsächlich mag sich das in manchen Umfragen niederschlagen. Nur: Zu „normalen Zeiten“ spricht sich heute die Bundesbevölkerung eindeutig mehrheitlich gegen die Todesstrafe aus. Und es fällt auch niemandem ein Stein aus der Krone, wenn in einigen Ländern die Todestrafe existiert. Dies ist keine Argument gegen populäre Politik, sondern nur gegen Sensationsberichterstattung.

Nun kommen aber andere und argumentieren, es könne eben nicht einfach nach dem Volke gehen. In der aktuellen Finanzkrise zum Beispiel hätte das Volk, wenn es Mitsprache gehabt hätte, die Milliardensummen für Banken, Versicherungen und andere Institutionen des Grosskapitals sicher nicht genehmigt. Der Durchschnittsbürger habe eben nicht ausreichend ökonomische Kenntnisse und man müsse in so einem Fall eben den ‚ Fachleuten‘ vertrauen - wobei diese Fachleute rein zufällig die gleichen sind, die den ganzen Schlamassel verursacht haben. Die Massnahmen seien aber doch notwendig gewesen, um den Kapitalismus zu retten.

Nun kommen wir der Sache näher: In Wirklichkeit war das Versprechen der Demokratie eben nie ernst gemeint. In Wirklichkeit hält man das Volk für eine tumbe Masse,ein notwendiges Übel, um unter dem Deckmäntelchen der „Demokratie“ den KAPITALISMUS ZU RETTEN.

Zwar ist es praktisch, von Demokratie zu reden und so eine scheinbare Massenbasis seiner Politik vorweisen zu können, aber immer, wenn es hart auf hart geht, entscheidet man eben gegen das Volk – „tja, so leid es uns tut!“

Das ist Populismus.

Populismus ist, wenn man Volksverbundenheit vortäuscht, aber in Wirklichkeit die Politik des Kapitalismus betreibt - gegen das Volk.

Populismus, das ist Demagogie.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Z.B. jene Demagogie, die von fast allen Parteien in Brandenburg der Bevölkerung vormacht, man sei gegen das Bombodrom, während genau diese gleichen Parteien in Berlin nicht einen kleinen Finger bewegen, um das Verteidigunsministerium von seinem Vorhaben abzubringen – ein einfacher Bundestagsbeschluss hätte ausgereicht.

Z.B. jene Demagogie, die von der CSU vor den bayerischen Wahlen betrieben wurde: Man setzte sich angeblich vehement für eine Wiedereinführung der Entfernungspauschale im Steuerrecht ein – und stimmte geschlossen gegen einen entsprechenden Antrag im Bundestag.

Z.B. jene Demagogie, die man benutzte, um die Privatisierung der deutschen Stromerzeuger und –verteiler zu rechtfertigen. Nach der Privatisierung werde es Zig Firmen geben, die Strom anbieten und man werde auswählen können und sie würden in Konkurrenz stehen und so würde der Strom billiger werden. Jeder weiss, was geschah: Binnen weniger Jahre bildeten sich drei Monopole heraus, die in holder Eintracht die Strompreise erhöhen und Jahr um Jahr mehr Profite an ihre Aktionäre ausschütten – einen Effekt, den man schon genau von den Ölriesen kennt. Das ist Populismus, das ist Demagogie!

Vor allem aber jene Demagogie, die man verwendete, immer wenn populäre Forderungen gestellt wurden (wie sie oben schon dargelegt wurden): Dafür sei kein Geld da. Man habe nichts gegen diese Forderungen, nur sie seien einfach nicht finanzierbar. Man könne einem nackten Mann nicht in die Tasch greifen usw.

Wie jeder weiss, hat sich dies in diesen Tagen als gigantische Lüge herausgestellt. Das Geld war vorhanden, ja es war weit mehr vorhanden, als all dies gekostet hätte. Für nur eine einzige Bank, die Hypo, hat man bereits 38 Milliarden Euro bereitgestellt – und da ist noch nicht nicht berücksichtigt, was bereits in die IKB gesteckt wurde, in die KfW, in die Bayerische Landesbank, in die Sächsische Landesbank, in die Nordeutsche Landesbank, die Westdeutsche Landesbank – und jetzt hat man noch weitere weit höhere Beträge für die armen notleidenden Banken angekündigt. Das war Demagogie hoch drei – und Populismus hoch drei!

Schill 2

Und Schill, war der nicht Populist? Er war es in dem Masse, wie er den Wählern versuchte einzureden, man brauche nur die Strafen zu erhöhen und schon würde dem Verbrechen der Garaus gemacht. Nun, jeder weiss, heute wird in Hamburg nicht weniger verbrochen als vor seinem kometenhaften Auf- und Abstieg. Interessant, dass Schill selbst nun unter den Kriminellen zu finden ist mit seinem Kokain–Konsum.

Schill beim Koksen

Viel populistischer als er war aber noch van Beust, der ihn in seine Koalition aufnahm und eine „Zero-Tolerance-Policy“ versprach, genau wissend, dies erreicht gar nichts gegen berufsmässige Verbrecher. In den gleichen Fussstapfen bewegt sich auch Frau Merkel, die sehr wohl weiss, wie sich mafiähnliche professionelle Kriminalität in Deutschland ausbreitet, aber fordert, es müssten überall Überwachungskameras angebracht werden, denn nun müsse man endlich gegen jene vorgehen, die auf der Strasse jemanden anrempeln. Tatsächlich, das ist das dringendste Problem, das wir in Deutschland haben.

Schill und van Beust

Natürlich sind auch die Faschisten Demagogen und damit Populisten, aber das ist nicht der Kern des Faschismus. Auch wenn Faschisten versuchen sich mit „sozialen“ oder „populären“ Mäntelchen in das Vertrauen einzuschleichen, dann, wenn sie an die Macht kommen, kommt der Kern zum Vorschein, ihr wahres Gesicht: Sozialisten werden weggesperrt oder gleich umgebracht, die freien Gewerkschaften verboten, das Kapital erhält offen freie Entscheidungsgewalt, der Kapitalist wird als „Betriebsführer“ eingesetzt, dem absoluter Gehorsam geschuldet wird, die Renten werden gekappt, genauso wie die Löhne, statt einer Arbeitslosenhilfe wird unterbezahlte Zwangsarbeit eingeführt usw usf. Das geht viel weiter als einfache Demagogie, als einfacher Populismus. Faschismus ist Turbo-Kapitalismus brutal.

Schiesstraining von Faschisten in Aargau, Schweiz

Insofern ist auch die Bezeichnung Populist für Haider nicht angebracht. Wer offen gegen Ausländer hetzt, ist ein Verbrecher.

Und wie steht es mit der Linkspartei? Ja, leider zeigt sie auch klare Anzeichen von Demagogie, von Populismus, nur nicht in dem Sinne, wie es uns die Medien am Beispiel Lafontaine weis machen wollen. Sie ist dort demagogisch, „populistisch“, wo sie vorher von „Sozialismus“ spricht und soziale Forderungen vertritt, doch wenn sie an der Regierung beteiligt ist, dann trägt sie Privatisierungen von Krankenhäusern und Sozialwohnungen mit, dann trägt sie Milliarden für die Landesbank Berlin mit, dann nimmt sie hin, dass keine ihrer sozialen Forderungen verwirklicht wird, ja, sie stimmt sogar in den demagogischen Chor ein, es sei kein Geld da, man wollte ja, aber es ginge nicht, absolute Ebbe in der Kasse. Nur peinlich, das dies jetzt so gründlich widerlegt wurde.


Veröffentlicht am 15. Oktober 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Montag, 13. Oktober 2008

USA: 28% effektive Analphabeten?

Amerika im Niedergang

Von Karl Weiss

Der US-Soziologe Richard Sennett vertritt die These eines allgemeinen Niedergangs der Vereinigten Staaten, weil nicht die Fertigkeiten der US-Bürger das Kapital darstellten, sondern die Finanzmanipulationen, deren Blase jetzt geplatzt ist. Die Aussagen Sennetts sind hier mit eigenen Recherchen und eigenen Anmerkungen angereichert.

Capitol, Washington (DC)

Sennett sagt, es gäbe in den USA 28% von „effektiven Analphabeten“, das seien solche, die einen Vertrag oder einen längeren Text nicht verstehen könnten. Das generelle Ausbildungsniveau dort sei zu gering.

Zwar gebe es die superteuren Spitzen-Universitäten, die tatsächlich Spitzen-Kräfte hervorbringen, aber das sei viel zu wenig für ein so grosses Land. Es würden viele Spezialisten aus dem Ausland angeworben, zum Beispiel Ingenieure und Programmierer. Das kann aber schnell zurückschlagen, wenn eine Wirtschaftskrise eintritt, so wie jetzt. Wer so flexibel ist, in die USA auszwandern, ist auch so flexibel, das Land wieder zu verlassen, wenn er den gut bezahlten Job verliert.

Er erkennt an, dass „Wall Street“und „Silicon Valley“ Spitzenprodukte auf dem Finanzsektor und dem IT-Sektor hervorbringen, sagt aber, das könne auf die grosse Zahl der US-Unternehmen nicht übertragen werden. Diese würden vielmehr keinen Wert auf die Fertigkeiten der Mitarbeiter lege, keine Weiterbildung anbieten, stattdessen neue Leute einstellen und die alten entlassen. Das führe nun, in der Krise, zu einem allgemeinen Gefühl des Niedergangs in der US-Bevölkerung.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Die US-Wirtschaft hat in den letzten zwanzig Jahren einen fundamentalen Verlust an Fertigkeiten aufzuweisen. Das ist überdeckt woden durch den Finanz-Boom des neuen Jahrhunderts, aber nun merkt der „kleiner Mann“ in den USA, er ist nicht der Gewinner in diesem Kapitalismus.

Sennet nennt u.a. den deutschen Maschinenbau als Gegenbeispiel, der weiterhin weltweit führend sei. US-Firmen, die da mithalten können, sind an den Fingern einer Hand abzuzählen.

All dies ist bisher nicht ans Tageslicht gekommen, weil die USA sich überall in der Welt bis über beide Ohren verschuldet habe und weil man einen Konsum-Boom auf Kredit erzeugt hat. Dies ist aber nun vorbei und die US-Bürger verlieren ihren Job, ihr Haus und ihre Kreditkarten. Damit bricht aber ihre Welt zusammen.

9-11-Foto

Deutlich werde dies, so Sennett, in der Attraktivität das Kandidaten-Gespanns der Republikaner, McCain und Palin, die nichts als Nostalgie nach den guten, alten US-Zeiten zu bieten haben. Nur seien diese Zeiten unwiderruflich vorbei.

Er weist die These zurück, in den USA sei die Arbeitslosigkeit niedriger als in Deutschland. Man zähle nur nicht die 1,5 Millionen Gefängnisinsassen mit und auch nicht jene, die nur Teilzeitjobs haben.

Als Beispiel für die schlechte generelle Schulbildung in den Vereinigten Staaten nennt er die Erfahrung von Lehrern, die beide Systeme kennen. Ein US-High-School-Absolvent sei ungefähr zwei Jahre hinter einem deutschen Abiturienten zurück.

Housing Slump

Weiter unten im System sei es noch schlimmer. Es gebe keine der deutschen Lehrlingsausbildung äquivalente Institution in den USA. Arbeiter sind Hilfsarbeiter und kommen nie über diesen Status hinaus.

Als eines der grössten Handicaps der US-Bevölkerung sieht Sennett das US-Konsumverhalten an, das völlig irrational sei: „Bist du unglücklich, geh einkaufen!“. Sparen gehört nicht zum Handwerkszeug des US-Amerikaners. Das wirkt sich jetzt speziell negativ aus.

Die Mängel des US-Schulsystems macht er auch daran deutlich, dass dort 600 Mal mehr für Sport als für Naturwissenschaften an den Schulen ausgegeben wird.

Immobilienkrise USA

Und die grosse Zahl der US-Nobelpreisträger? Er sagt: „Oben ist Amerika spitze, aber die große Masse der Gesellschaft droht zu scheitern.“

Er legt auch dar, dass neue kleinere Firmen in den USA weit häufiger schliessen müssen als in Deutschland oder Skandinavien. Er meint, die relativ starke Rolle der Gewerkschaften in Deutschland wirke sich jetzt in Deutschland positiv aus, in dem Sinne, dass 'good old Germany' seiner Ansicht nach nicht so katastrophal von der Krise getroffen wird wie der grosse Bruder auf der anderen Seite des Atlantiks.

Hier ist der Link zum Interview.

Als Zusatz noch die Erfahrung eines der Freunde des Berichterstatters, der in den USA arbeitete: „Es war Anfang der Neunziger Jahre. Ich war eingeladen worden, eine Firma zu besuchen, die tief in den Apalachen in Pennsylvania lag. Die Tochter des Firmenbesitzers fuhr mich vom Flughafen Pittsburg zum Hotel. Sie zeigte sich interessiert, etwas über die damals letzten Entwicklungen in Deutschland zu erfahren. Ich bemerkte verwundert, dass sie offenbar keine wirkliche Kenntnis über die deutsche Wiedervereinigung hatte und versuchte Einiges zu erklären. Sie war als Tochter des Besitzers einer Firma mit mehr als 100 Beschäftigten eine typische Mittelklasse-Vertreterin. Als wir an einer Ampel anhalten mussten, fragte sie, ob wir in Deutschland auch Ampeln hätten.“


Veröffentlicht am 13. Oktober 2008 in der Berliner Umschau


Originalveröffentlichung

Freitag, 10. Oktober 2008

Der Kosovo ist ein Krebsgeschwür im Körper des Völkerrechts

UN-Vollversammlung nimmt Resolution an

Von Karl Weiss

Wie bereits im Februar anlässlich der „Unabhängigkeitserklärung“ des Kosovo in diesem Artikel geschrieben: „Kosovo: ‚Unabhängigkeit‘ öffnet Büchse der Pandora‘“ , ist der Fall Kosovo mit der „Unabhängigkeitserklärung“ und mit der Anerkennung durch inzwischen bereits 48 der etwa 180 Länder der Erde keineswegs abgeschlossen. Im Gegenteil: Es handelt sich um eine schwärende Wunde, die ständig neue Probleme schafft, solange dies Problem nicht gelöst ist, eine Wunde im internationalen Völkerrecht.

Kosovo

Ja, es wurde in diesem Artikel sogar die These aufgestellt, die Anerkennung des Kosovo als souveränem Staat könne der erste Schritt zum dritten Weltkrieg sein.

Es dauerte denn auch nicht lange und im August fand bereits der erste Krieg statt, der ohne die Öffnung der Büchse der Pandora so wahrscheinlich nicht stattgefunden hätte: Der Ossetien-Krieg. Die NATO hatte Georgien aufgefordert, die „ungeklärten Grenzziehungen“ seines Landes in Ordnung zu bringen, also die beiden abtrünnigen Provinzen Süd-Ossetien und Abchasien mit Gewalt wieder nach Georgien einzuverleiben, und Saakashvili als treuer Diener seines Herren folgte der „Empfehlung“ und marschierte in Süd-Ossetien ein und räuberte und mordete, dass es eine Art hatte.

Das gab Russland den lange erwarteten Vorwand, nun seinerseits Truppen zu schicken und die georgischen Aggressoren aus Süd-Ossetien zu vertreiben und dabei auch gleich noch das Problem zu lösen, dass in einem Teil von Abchasien georgische Truppen gestanden hatte. Um Georgien und dem Westen eine Lektion zu erteilen, marschierte man auch noch ein Stück nach Georgien ein und machte deutlich, man hätte jederzeit das Land erobern und besetzen können.

Gebäude in Gori nach russischem Luftangriff

Dann wurde eine weitere Lektion erteilt: Süd-Ossetien und Abchasien wurden als selbständige Staaten anerkannt. Dabei hat man sich ausdrücklich auf den Fall Kosovo bezogen. Dem Westen blieb außer hilflosen Protesten nichts zu tun übrig. Man versuchte mit einer Hetzkampagne gegen Russland dies Land als Aggressor erscheinen zu lassen.

Doch nun, im Oktober, fand in der UN-Vollversammling die Abstimmung statt, die zeigte, ob die Propagandakampagne überall auf der Welt auf fruchtbaren Boden gefallen war: Serbien hatte eine Resolution eingebracht, die den Fall Kosovo vor das UN-Gericht zu bringen forderte. Will sagen, Serbien hat den integren Bestandteil seines Landes, den Kosovo, keineswegs aufgegeben.

Und so kam es, wie es kommen musste: Da die überwiegende Mehrheit der Länder sehr wohl das Völkerrecht kennt und sehr wohl weiss, die Abtrennung des Kosovo von Serbien war völkerrechtswidrig, ging die Abstimmung eindeutig aus: Mit 77 gegen 6 Stimmen wurde Serbiens Resolution angenommen, wobei 74 Enthaltungen gezählt wurden. Die Propaganda, Russland sei der Aggressor vom August und Serbien der Aggressor im Kosovo-Konflikt und nicht die NATO-Staaten, fand international nur wenig Echo.

Unter diesen Enthaltungen waren auch einige jener Länder, deren Regierungen am eifrigsten auf die Abspaltung des Kosovo gedrungen und den „neuen Staat“ als erste anerkannt hatten: Deutschland , Grossbritannien und Frankreich.

Bevölkerungsgruppen in Jugoslawien 1991

Interessant, dass es nur die USA selbst und (natürlich) Albanien (sowie vier Mini-Pazifik-Staaten, die in Wirklichkeit unter US-Recht stehen) wagten, gegen diese Resolution zu stimmen.

Es wird deutlich: Die NATO-Länder, die wesentlich für die völkerrechtswidrige Abtrennung des Kosovo von Serbien verantwortlich sind, waren sich sehr wohl bewusst, dass sie offen gegen das Recht verstossen hatten und damit einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen haben. Die kleinlaute „Enthaltung“ spricht Bände.

Es ist auch charakteristisch, dass sich ebenfalls EU-Staaten der Resolution angeschlossen haben, wie Spanien, Griechenland, Zypern und Rumänien.

Auch fünf der sechs bevölkerungsreichsten Länder der Erde, China, Indien, Russland, Indonesien und Brasilien haben sich für die Resolution ausgesprochen, wie auch andere Länder mit viel internationalem Ansehen, wie Argentinien, der Iran, Island und Norwegen.

Man kann anhand dieser Resolution erneut deutlich machen: Die US-Regierung ist es in Wirklichkeit, die sich mit ihrer Politik immer mehr isoliert und damit auch jene Regierungen, die sich mit Vorliebe in deren Anus aufhalten, wie die deutsche, die englische und die französische.

Während die Massenmedien in den „westlichen“ Ländern immer wieder den Eindruck zu erwecken versuchen, lediglich ein Handvoll von „Spinnern“ in einigen Ländern würden nicht mit der Art und Weise übereinstimmen, wie die US-Regierung die ganze Welt regiert, ist die Wirklichkeit eine andere: So mächtig auch die USA zusammen mit den EU-Ländern erscheinen mögen, in Wirklichkeit ist es diese imperialistische Politik, die weltweit isoliert ist.

Wie auch immer: Der Fall Kosovo ist weit entfernt von einer Lösung. Die „Unabhängigkeitserklärung“ und die Anerkennung durch andere Staaten haben das Problem nur vergrössert, nicht verringert.

Es ist wie mit der Besetzung eines Teiles der damaligen Tschechoslowakei durch die Hitler-Truppen: Das wurde zwar international zunächst hingenommen, aber es blieb ein Krebsgeschwür im Körper des Völkerrechts. Wird es nicht diplomatisch gelöst, wird es zu einem Krieg kommen.


Veröffentlicht am 10. Oktober 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Linke als Volkspartei?

Kommunisten?

Von Karl Weiss

Beeindruckend eine Studie des DIW-Instituts, die Anhänger der Linken seien nicht, wie vermutet, hauptsächlich aus den unteren Schichten (geringer Bildungsstand, geringes Einkommen) gekommen, sondern würden sich gleichmäßig über alle Bevölkerungsschichten verteilen, allerdings mit deutlichen Unterschieden im Osten und im Westen.

Die Linke 2008

Siehe hier.

Das DIW schließt daraus, die Linke hätte das Zeug zur Volkspartei.

Dazu muss man bemerken, dass diese Studie ihre Befragungen 2007 vornahm, also zu einer Zeit, als die Linke in den Umfragen noch bei weitem keine 13 oder 14 Prozent der Stimmen bei der „Sonntagsfrage“ erhielt wie jetzt, das sind immerhin fast das doppelte als bei der Bundestagswahl 2005. Das sind schlechte Nachrichten für die etablierten Parteien, die sich nun wohl langsam daran gewöhnen müssen, mit der „Linken“ leben zu müssen.

Dabei muss man die allerletzten Entwicklungen noch berücksichtigen, wo der Staat, geführt von Parteien, die den Treueeid auf die Prinzipien des Neo-Liberalismus geschworen haben, jetzt entgegen allen diesen Prinzipien staatlicherseits massiv in die Wirtschaftsabläufe eingreift, die nach deren Bibel doch immer nur und gut funktionieren, wenn sich der Staat da völlig raushält.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Damit verlieren diese „bolschewistischen Neoliberalen“ das bisschen an Glaubwürdigkeit, das sie noch hatten, jedenfalls bei einer guten Anzahl von Menschen.

Kein Wunder, dass speziell die Partei, die eigentlich konservativ sein müsste, also die überkommenen Werte hochhalten, in spezieller Weise Zuspruch verliert. Letzter Stand: CDU bei 33% derer, die noch ihre Stimme abgeben, das sind etwa die Hälfte der Wahlberechtigten, macht zusammen also in etwa 16,5% der wahlberechtigten Bürger, die dieser „Volkspartei“ noch zustimmen. Die andere angebliche Volkspartei, die SPD, steht derweil auf 25%, das macht also 12,5% der Wahlberechtigten. Die Summe von beiden Regierungsparteien, nur dass man mal die richtigen Zahlen hat, kommt gerade mal auf 28% der Zustimmung der Wahlberechtigten.

Wenn die aktuellen Ausbrüche der beginnenden Weltwirtschaftskrise erst einmal in das Bewusstsein weiter Kreise der Bevökerung eingesickert sind und Hunderttausende ihren Arbeitsplatz verloren haben, dann werden da noch ganz andere Zahlen herauskommen.

Bundestag - Reichstag

Wirklich interessant ist es aber auch, die Kommentare unter diesem Artikel in der Süddeutschen zu lesen, bereits am ersten Tag weit mehr als 150. Da kommt die Wut auf die Profiteure zum Teil vehement zum Ausdruck. Einer der heftigen Verteidiger der etablierten Parteien unter den Kommentatoren, der sich ‚Passagier‘ nennt, antwortet darauf mit dem, was er wahrscheinlich für den Leibhaftigen hält:

„...wenn man Ihre Formulierungen so liest (...) dann sollten Sie überlegen, ob statt der Linken nicht die MLPD ihre wahre politische Heimat ist ...“

Süddeutsche - historisches Foto des Redaktionsgebäudes in der Münchener Sendlinger Strasse

Danke, Herr Passagier, für die Aufklärung.

Aber auch ein anderer Kommentar hat sehr viel Beachtung gefunden, der von einer Kommentatorin stammt, die sich „Unschuldsvermutung“ nennt:

„Ich bin geborene Münchnerin (Wessi) mit Abitur und Eigentumswohnung und außerdem wertkonservative Katholikin, die (fast) jeden Sonntag in die Kirche geht.

München

Ich wähle die Linke und bin seit kurzem auch Mitglied, weil sie als einzige Partei das christliche Menschenbild und die christliche Soziallehre vertritt (auch wenn ich in der Familienpolitik andere Ansichten vertrete). Die sogenannten christlichen Parteien tanzen ums goldene Kalb und treten die christliche Soziallehre mit Füßen. Die SPD hat alle ihre Grundsätze verraten und ist so charakterlos geworden, dass einem schlecht werden könnte. Die Grünen sind nur noch eine grün angestrichene FDP. Die FDP ist marktradikal und sozialdarwinistisch und daher von vorherein für einen Christen indiskutabel und unwählbar. Die freien Wähler sind - ja was eigentlich ?

Wenn ich mir Sonntags die Predigt anhöre, dann bekomme ich jedesmal bestätigt, dass die Linkspartei die einzige Alternative darstellt, wenn man eine gewissenhafte und christliche Wahl treffen will. Oder um es mal wieder mit dem katholischen Bischof Helder Camara zu sagen: "Wenn ich den Armen zu Essen gebe, nennen sie mich einen Heiligen. Wenn ich danach frage, warum sie in Armut leben, nennen sie mich einen Kommunisten." Dem ist nichts hinzuzufügen.“


Veröffentlicht am 9. Oktober 2008 in der Berliner Umschau


Originalveröffentlichung

Dienstag, 7. Oktober 2008

Die Konjunktiv-Straftat: 'Könnte begehen ...'

4 Verbrecher

Von Karl Weiss

Mit neuen Straftatbeständen will die Bundesregierung nun endgültig den Menschenrechten in Deutschland den Garaus machen. Da war nicht nur Schäuble, der sich für den vorbeugenden Todesschuss gegen mutmassliche Terroristen und für die Aufhebung der Unschuldsvermutung bei Terrorismusverdacht aussprach, da war nicht nur Verteidigunsminister Jung, der offen aussprach, er würde sich nicht an das Verfassungsgerichtsurteil gegen das Abschiessen von entführten Passagierflugzeuen halten und er hätte bereits Luftwaffen-Piloten, die das für ihn besorgen würden, jetzt hat Frau Zypries auch das Einführen neuer Straftaten angekündigt. Die Vorbereitung von schweren Verbrechen soll jetzt strafbar werden, ebenso das Einstellen von Bombenbauanleitungen in das Internet, die Teilnahme an Terror-Camps und das Beschaffen und Vorhalten von Materialien, die für Terroranschläge dienen können.

Beckstein

Bisher sind fast alle Straftaten (mit der Ausnahme der Straftat der „Unterstützung bzw. Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“, Paragraph 129 a) in Deutschland im wesentlichen eindeutig definiert. Besonders schwere Straftaten, wie z.B. Mord, sind sogar akribisch beschrieben (in diesem Fall in der Abgrenzung zu Totschlag).

Das ist nur natürlich. Wirklich verurteilt soll nur werden, wer genau jene Bedingungen erfüllt, ansonsten fällt er in eine leichtere Kategorie oder geht straffrei aus. Dies ist zwingend Bestandteil der Gesetzgebung jeden Staates, der die allgemeinen Menschenrechte zur Grundlage seiner Gesetzgebung gemacht hat. Wäre es anders, würde man die Straftaten, speziell die schweren Straftaten, nur generell beschreiben und es jedes Mal einem Richter überlassen, ob er den Angeklagten nach diesem oder einem anderen Paragraphen oder gar nicht bestrafen will, wäre dies ein Rückfall in feudalistische oder obrigkeitsstaatliche Zeiten, als die Feudalherren bzw. die „Obrigkeit“ gleichzeitig die Richter waren und nach Gutdünken entschieden. Dann würden Mörder ohne Strafe ausgehen, während leichte Straftaten mit schwersten Strafen belegt würden und Personen, welche das Wohlwollen des jeweiligen Richters haben, gingen straffrei aus.

Allerdings sind auch jetzt bereits Lücken und zu allgemeine Beschreibungen im Strafgesetzbuch enthalten und die Spanne der Möglichkeiten der Bestrafung ein und desselben Delikts sind oft zu weit gefasst.

Filbinger und Kohl

So kommt es auch heute schon zu schreienden Ungerechtigkeiten wie Kohl, Ackermann, Esser und Hartz, die straffrei ausgingen, oder wie die absurden Strafen, die Schill, als er noch Richter war, für kleine Delikte ausgesprochen hat.

Schill beim Koksen

Zudem hat jeder Staat, der als demokratisch eingestuft werden will, die Unschuldsvermutung im Rechtssystem als Grundlage zu respektieren. Jeder Verdächtige hat solange als unschuldig zu gelten – und dementsprechend behandelt zu werden -, bis er rechtskräftig verurteilt ist. Warum das? Weil man ihm das umfassende Recht auf Verteidigung zugestehen will, das er nur in einem ordentlichen Gerichtsverfahren wahrnehmen kann.

Es darf keine Rolle spielen, dass die Polizei ihn festgenommen hat, dass es Hinweise oder sogar konkrete Verdachtsmomente gegen ihn gibt, dass es Belastungszeugen gibt oder dass er ein Geständnis abgelegt und später widerrufen hat. Erst wenn er mit Hilfe eines Fachmanns (seines Rechtsanwalts) das umfassende Recht zur Verteidigung hatte, kann schliesslich ein Richter über seine eventuelle Bestrafung entscheiden. Bis zum eigentlichen Prozess kümmert sich ja in der Regel niemand um die ihn entlastenden Momente. Staatsanwaltschaft und Polizei wollen typischerweise einen Fall möglichst schnell lösen. Erst im Prozess kann zum ersten Mal gezeigt werden, was ihn entlastet.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Warum wurde dies Prinzip der Unschuldsvermutung eingeführt? Weil es unglaubliche Zufälle gibt. Jeder von uns kann durch eine Ansammlung von zufälligen Umständen plötzlich zu einem Verdächtigen werden. Dann werden wir jedes dieser wichtigen Rechte brauchen wie die Luft zum Atmen, um nicht Teil des Heeres der unschuldig Verurteilten zu werden (in den USA schätzen Fachleute, dass mindestens 20% der Gefängnisinsassen unschuldig sind).

Diese Rechtsprinzipien führen natürlich dazu, dass manchmal Täter nicht verurteilt werden, weil man ihnen die Tat(en) nicht einwandfrei nachweisen kann. Der berufsmässige Verbrecher Al Capone in den USA zum Beispiel, zu Zeiten, als die USA noch die Rechte der Verdächtigen repektierten, konnte wegen Beweisschwierigkeiten für eine gute Weile nicht verurteilt werden. Am Ende konnte man ihm nur Steuerhinterzuiehung im umfangreichen Ausmass nachweisen und ihn so schliesslich doch noch ins Gefängnis bringen. Solche Fälle wurden als unvermeidlicher Ausfluss der Anwendung der Menschenrechte in Kauf genommen, ja, die USA brüsteten sich zu jener Zeit sogar damit, dass dort die Menschenrechte ungeteilt gegolten hätten, auch für Verbrecher.

Doch genau von dort, von den USA, ging dann auch die Tendenz zum Abbau dieser Rechte aus, als unter Reagan die Politik der „Zero tolerance“ eingeführt wurde und als nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 alle diese Rechte, zuerst bedingt, später absolut aufgehoben wurden.

Bush

Diese Rechte werden üblicherweise von bestimmte rechten Politikern als „Täterschutz“ verleumdet. Sie wurden auch bei uns schon mehrfach durchlöchert. Der Generalangriff auf alle diese Rechte hat aber erst jetzt begonnen. Unter dem Vorwand der Terrorismus-Bekämpfung sollen sie ausgehebelt werden. Neue Straftaten sollen definiert werden. So hat Justizministerin Zypriess jetzt angekündigt, man werde ein Gesetz einbringen, das „Beschaffung und Vorhaltung von Materialien unter Strafe stellt, mit denen Anschläge begangen werden können.“ Damit ist der Willkür Tür und Tor geöffnet.
  • Verbrecher Nr. 1: Sie, verehrter Leser
    Praktisch jeder hat sich bereits Materialien beschafft und vorgehalten, mit denen Anschläge begangen werden können. Wenn Sie ein Auto haben, so beschaffen Sie sich und halten vor: Benzin und Öl, die beiden Bestandteile für Molotov-Cocktails, mit denen gefährliche Anschläge durchgeführt werden können.
    Wie viele haben das berühmte Teppichmesser, mit dem angeblich die Anschläge des 11. September durchgeführt wurden?
    Überhaupt Messer. Haben Sie etwa keines?
    Und wenn Sie eine Waffe im Haus haben? Sei es mit Waffenschein und Grund. Wer garantiert uns, Sie werden damit keinen Anschlag begehen?
Stasi 2.0

Generell, so fordert Schäuble, müsse die Strafbarkeit von Vorbereitung zu schweren Straftaten eingeführt werden. Hmmm, da kommen wir von Hundertsten ins Tausendste.

Filbinger - Schäuble
  • Verbrecher Nr. 2: Schon wieder Sie, verehrter Leser
    Nehmen wir einmal an, Sie, verehrter Leser, hätten jahrelange Auseinandersetzungen mit ihrem Nachbarn und einmal hätten Sie ihn auch angeschrien: „Ich bring dich um, du Arschloch!“ Unter Zeugen. Dann planen Sie wirklich ernsthaft, ihn umzbringen. Allerdings wollen Sie nicht gefasst werden und entwickeln einen Plan. Unter anderem lassen Sie einen Privatdetektiv hinter ihm herspionieren, um seine Gewohnheiten zu kennen und Sie kaufen eine Pistole. Der Privatdetektiv allerdings bekommt den Eindruck, sie wollten den Mann umbringen und meldet der Polizei, was er weiss. Nach einiger Zeit wird Ihnen klar, Sie würden irgendwie doch gefasst, ihre Wut ist auch schon verraucht und sie führen Ihren Plan nicht aus. Wieviel Jahre Gefängnis hätten Sie wegen Vorbereitung einer Straftat verwirkt?
Merken Sie, in wie schwieriges Gelände man kommt, wenn man Vorbereitungen strafbar machen will?

Und nehmen wir einmal an, Sie wollten den Nachbarn nie umbringen. Der Privatdetektiv lag falsch. Sie vermuteten in Wirklichkeit, ihre Frau würde mit dem Nachbarn schlafen, deshalb hatten sie den Privatdetektiv ih beobachten lassen. Und die Pistole haben Sie beschafft, weil sie Angst hatten, der Nachbar könnte etwas gegen Sie vorhaben.

Merken Sie den Treibsand, in den man kommt, wenn man Vorbereitungstaten strafbar machen will?

Und da soll auch strafbar sein, wenn man sich in Terrorcamps ausbilden lässt.
  • Verbrecher Nr. 3: Omar Mohammed
    Nehmen Sie einmal den Fall von Omar Mohammed, einem Pakistani, der mit 16 von seinen Eltern in ein Camp geschickt wid, wo er den Islam studieren soll. In dem Camp wird nicht nur der Islam gelehrt, sondern auch Nahkampf und der Umgang mit Waffen. Ebenso wird die körperliche Ertüchtigung betrieben. Ein westlicher Geheimdienst bekam einen Hinweis von einer Person, dies sei ein Terrorcamp. Omar blieb 2 Jahre in diesem Camp, bevor er auf der Universität in Islamabad zu studieren begann.

    Unser Mohammed hat zwar nie vorgehabt, Anschläge zu begehen, aber nun ist er gezeichnet, denn kurze Zeit später wird dies Camp von US-Truppen ausgeräuchert, die aus Afganistan über die Grenze kommen und man findet seinen Namen auf den Teilnehmerlisten. Da Omar aber ein schlauer Junge ist, bekommt er nach seinem Bachelor ein Stipendium für einen „Master“ in Deutschland. Kurz danach wird er an der Uni Hamburg aus dem Hörsaal heraus verhaftet. Da man ihm glaubt, er sei nicht unmittelbar in die Vorbereitung eines Anschlages verwickelt, bekommt er nur 4 Jahre Haft wegen Terrorcamp-Ausbildung.
  • Verbrecher Nr. 4: Der Autor
    Und dann gibt es die Fälle der Chemiker, z.B. der des Schreibers dieser Zeilen. Karl Weiss hat in mehreren Artikeln zum Ausdruck gebracht, dass er gegen den Kapitalismus und für den Sozalismus ist, also klarer Fall von „Verfassungsfeind“. Ist bereits unter Beobachtung durch den „Verfassungsschutz“. Dazu kommt noch, er versucht in zwei Artikeln, deutsche Sicherheitskräfte zu widerlegen, zu ironisieren, ja sogar lächerlich zu machen, siehe hier und hier.
Offenbar ein subversives Element! Und Sozialisten sind sowieso das gleiche wie Terroristen, nicht? Dann kommt noch etwas dazu: Nach Angaben eines Geheimdienstes aus dem Nahen Osten wurde er am Madrider Flughafen zusammen mit A.B. gesehen, der auf der Terrorliste der Vereinigten Staaten steht, die mehr als 1 Million Namen umfasst. Eventuell könnten die beiden ein Päckchen ausgetauscht haben.

In Wirklichkeit waren beide nur zusammengestossen und hatten sich gegenseitig entschuldigt, aber der Gewährsman war nicht nahe genug dran, um das zu bemerken.

Nun, angesichts solch deutlicher Indizien, wird Karl Weiss unter ständige Überwachung gestellt. Nun stellt sich heraus, er ist in der Firma, in der er arbeitet, für Bestellungen verantwortlich, die relativ grosse Mengen leicht entzündlicher Flüssigkeiten umfassen, die speziell für kombinierte Spreng- und Brandanschläge geeignet sind. Zwar braucht man dann noch Zünder, um daraus Bomben zu machen, aber die könnte er ja bei dem Treffen mit A.B. bekommen haben. Ausserdem wurde von dieser Firma bereits einmal ein Menge von Waserstoffperoxid bestellt, aus dem man nach Ansicht der Sicherheitsbehörden Sprengstoff machen kann.

Kurz, das Indiziengebäude ist vollständig, es handelt sich um einen gefährlichen Terroristen! Karl Weiss wird bei seiner nächsten Einreise nach Deutschland festgenommen und nach Ägypten überstellt, das für seine effektive Folter bekannt ist, denn man braucht alle Namen der Terrorgruppe.


Veröffentlicht in der Berliner Umschau am 6.10.2008

Originalveröffentlichung

Montag, 6. Oktober 2008

Brasilianische Fussballmeisterschaft auf der Zielgeraden

Extrem ausgeglichene Meisterschaft

Von Karl Weiss

Die Brasilianische Fussballmeisterschaft tritt in ihre entscheidende Phase. Noch 10 Spieltage sind zu absolvieren und 10 (in Worten : zehn) Vereine haben noch eine Chance, die Meisterschaft zu gewinnen, fünf im engeren Kreis und weitere fünf mit nur wenigen Punkten Rückstand. Acht Vereine sind dagegen noch akut vom Abstieg bedroht, ein weiterer noch nicht endgültig gesichert. D.h. von insgesamt 20 Vereinen in der Liga sind 19 noch direkt in den Kampf um die Meisterschaft oder in den gegen den Abstieg involviert, lediglich Sport Recife als 11. ist in einer „neutralen Zone“.


Alle Bilder in diesem Artikel sind von der Libertadores-Begegnung Fluminense -São Paulo im Mai. Adriano spielt heute nicht mehr bei São Paulo, sondern ist zu Inter Mailand zurückgekehrt.

In Wirklichkeit kann Sport rein rechnerisch noch Meister werden oder absteigen, nur kennt man die Stärke der Teams oben und die Schwäche der unten und so kann man diesen Club ausnehmen. Rein zufällig ist es gerade Sport, das dieses Jahr den Pokal gewonnen hat und damit bereits seinen Platz in der „Libertadores“ sicher hat. Im Gegensatz zur Champions Leage kommen in Südamerika auch die Pokalsieger in die Kontinent-Meisterschaft.

Man kann sich kaum erinnern, je eine so ausgeglichene Meisterschaftsrunde in irgendeinem Land gesehen zu haben.

Der letzte Spieltag wird am 7. Dezember sein, wenn alle zehn Begegnungen um 16 Uhr angepfiffen werden. Man kann jetzt schon darauf wetten, dass an jenem Tag noch Entscheidungen in Bezug auf die Meisterschaft und/oder die Plätze in der ‚Libertadores‘ fallen (dem südamerikanischen Gegenstück zur Champions Leage; außer dem Meister kommen noch der zweite, dritte und vierte in die Libertadores), genauso wie zum Abstieg.



An der Spitze stehen punktgleich Palmeiras São Paulo und Gremio Porto Alegre mit 53 Punkten. Palmeiras war seit Beginn der Saison Favorit. Man hatte sich deutlich verstärkt, hatte Anfang des Jahres Wanderley Luxemburgo als Trainer engagiert und die São Paulo-Meisterschaft gegen den São Paulo F.C. gewonnen. Der jeweils von Luxemburgo trainierte Verein stand die ganzen letzten Jahre in Brasilien auf einem der drei ersten Plätze. Zwar hat Luxemburgo bei Real Madrid schon bewiesen, dass er kein guter Trainer ist für Vereine, die nicht die brasilianische Spielweise praktizieren (viele Kurzpässe und Dribblings), ebenso kann er Mannschaften nicht gut auf Gegner einstellen, die nicht so spielen (was er als Trainer der Nationalmannschaft gezeigt hat), aber wenn beide brasilianisch sind, ist er fast unschlagbar.

Zu Beginn der Meisterschaft hatte Palmeiras allerdings eine ausgedehnte Schwächephase und brauchte lange, bis man begann, sich in der Tabelle emporzuarbeiten. Während der Saison aber bekam an der Spitze ein Verein nach dem anderen Schwächeperioden und so schloss Palmeiras bald auf.

Gremio Porto Alegre hatte sich vorher die Tabellenspitze geholt, als der lange führende Verein Flamengo Rio de Janeiro, Brasiliens Club mit den meisten Anhängern, seine Schwächephase bekam. Doch nun ist es Gremio, das diese Schwächephase hat. Man hat letzte Woche in einem Spiel der Südamerika-Meisterschaft (das ist das Gegenstück zum UEFA-Cup) eine 4:0-Schlappe gegen den Lokalrivalen Internacional erlitten.



Auf dem Sprung stehen dahinter mit vier Punkten Abstand (das ist bei zehn ausstehenden Spielen fast nichts) drei Vereine, jeder aus einer der drei grossen Metropolen des brasilianischen Südostens: Der São Paulo F.C., Flamengo Rio de Janeiro und Cruzeiro Belo Horizonte. Vorjahresmeister São Paulo scheint in einer guten Phase zu sein und darf noch als einer der grossen Anwärter auf die Meisterschaft angesehen werden. Flamengo hat sich nach der Schwächephase wieder gefangen, nachdem man grosse Teile der Saison an der Spitze stand und muss ebenfalls noch als ernster Anwärter angesehen werden.

Interessant: Alle diese 5 Vereine ander Spitze haben fast die gleiche Zahl von Toren geschossen: 43, 44, 45 oder 46.

São Paulo hat bereits 10 Unentschieden zu verzeichnen. Das Team ist Spezialist darin, eine drohende Niederlage noch zu vermeiden. Am anderen Ende der Skala steht Cruzeiro: Mit nur 4 Unentschieden in 28 Spielen hat man die Tabellenführung hauptsächlich deshalb verloren, weil man Rückstände nicht versteht in Unentschieden zu verwandeln. Die höchste Zahl von Siegen (das ist das erste Kriterium bei Punktgleicheit) hat Palmeiras mit 16 (von 28 Spielen, ein weiterer Beweis für die Ausgeglichenheit), die geringste Zahl der Niederlagen haben Gremio und São Paulo mit fünf. Gremio hat auch die beste Tordifferenz. Am Ende dürfte mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit entweder Palmeiras, Gremio oder São Paulo vorne stehen.



Hinter diesen ersten fünf stehen noch mit Chancen auf die Meisterschaft: Coritiba aus der paranaensischen Hauptstadt Curitiba mit 44 Punkten, Botafogo Rio de Janeiro, Vitória Salvador und Goiás Goiánia mit 43 und Internacional mit 42 Punkten.

Der Abstiegsstrudel zieht sich vom 12., das ist Atlético Mineiro mit 34 Punkten, über Santos aus der grössten Hafenstadt Südamerikas mit 33 und Figuerense Florianópolis mit 32 hin zu Náutico Recife mit 30 und Atletico Paranaense aus Curitiba mit 28, die alle noch nicht auf einem Abstiegsplatz stehen, aber auch nur wenige Punkte davor, hin zu den vier auf den Abstiegsplätzen: Auf Platz 17 Portuguesa São Paulo (einer der üblichen Verdächtigen Aufsteiger für den Abstieg), auf Platz 18 Ipatinga aus der Stahlstadt in Minas Gerais (auch einer der üblichen Verdächtigen), beide mit 27 Punkten und dann – wer richtig mitgezählt hat, weiss es schon – auf den beiden letzten Plätzen und in höchster Abstiegsnot zwei der vier grossen Rio-Vereine: Fluminense als Vorletzter mit 27 und Vasco als Letzter mit 26 Punkten. Ja, genau jenes Fluminense, das noch im Juni in den Endspielen der Copa Libertadores stand und nur im Elfmeterschiessen verlor.

Das wäre tatsächlich ein Schlag für Rio, wenn beide absteigen sollten. Aber es sind ja noch 10 Runden zu spielen, da kann noch viel passieren. Sollten beide sich noch retten können, würde der Abstieg wohl auf Portuguesa, Ipatinga, Atletico Paranaense und Náutico zulaufen.



Da kommen jetzt eine grosse Anzahl von 6-Punkte-Spielen, die sicherlich extrem interessant sein werden. So treffen am letzten Spieltag zum Beispiel Fluminense und Ipatinga aufeinander und spielen wahscheinlich um den Abstieg, ebenso wie beim Spiel Santos-Náutico, während gleichzeitig das Spiel Palmeiras gegen Botafogo die Meisterschaft entscheiden könnte.

Am fünftletzten Spieltag steigt in São Paulo das Spiel zwischen den beiden jetzigen Spitzenreitern, Palmeiras und Gremio. Das könnte bereits die Vorentscheidung sein

Am 2. November ist das Duell zwischen Fluminense und Vasco angesagt. Wer da verliert, hat gute Chancen abzusteigen. Am gleichen Tag auch Goiás - Cruzeiro. Da dürfte der Verlierer aus dem Meisterschaftsrennen sein.



Wenn Flamengo am 29. Oktober bei Vitória in Salvador antreten muss und dort verliert, könnte der Traum von der Meisterschaft ausgeträumt sein.

Allerdings könnte das gleiche auch auf Vitória zutreffen, wenn es am 23.10. bei São Paulo spielt.

Für Fluminense könnte das Spiel am 11.10. bereits Schicksalspiel sein, wenn man in Curitiba bei Atletico Paranaense antritt. Ein Auswärtssieg – und man könnte an dem Rivalen vorbeiziehen und aus den Abstiegsplätzen herauskommen, eine Niederlage und die Lichter gingen schon fast aus.


Veröffentlicht am 6. Oktober 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Donnerstag, 2. Oktober 2008

Schrecklich! Bolivien auf der 'schwarzen Liste'

Die Lachplatte

Von Karl Weiss

Kaum der Öffentlichkeit bekannt wurde die „Rache“ der US-Regierung für die Ausweisung des Botschafters Philip Goldberg aus Bolivien: Man setzte Bolivien auf die „schwarze Liste“ der Länder, die „ihren Verpflichtungen in der Bekämpfung des Rauschgifthandels“ nicht nachkommen. Schreck lass nach! Welch entsetzliches Schicksal! Wird Bolivien je wieder Licht sehen?

Botschafter Philip Goldberg

Der US-Botschafter in Bolivien, Philip Goldberg, war einschlägig bekannt. Er war schon für die US-Regierung im Kosovo tätig und hat dort auf serbischer und auf albanischer Seite die Gemüter zur Wallung gebracht gegen den scheinbaren Gegner: Die Serben bzw. die Albaner. Er ist ein berufsmässiger Aufwiegler. Er war die Geheimwaffe, die aus den USA nach Bolivien geschickt wurde, um die dortige staatliche Integrität zur Auflösung zu bringen, nachdem der neugewählte Präsident Evo Morales das Wort „Sozialismus“ in den Mund genommen hatte.

Gezielt hat Botschafter Goldberg den Gouverneuren der Tiefland-Staaten im Osten Boliviens, in denen das begehrte Erdgas gefunden wurde, die Unterstützung der USA in ihrem „natürlichen“ Bestreben zugesichert, sich von den überwiegend aus Indio-Nachfahren bewohnten Hochland-Staaten Boliviens abzuspalten und die „Tiefland-Union“ zu gründen.

Wenn ein Staat gespalten werden muss, Goldmann ist Fachmann. Er traf sich im Wochenrythmus mit den Gouverneuren und auch mit Bürgermeistern aus dem zu bildenden neuen Staat, und ließ eine Menge Geld springen, um sogenannte „Milizen“ (‚milicia‘) aufzubauen, die hauptamtlich nichts anderes machen, als die Bevölkerung, soweit sie nicht abspaltungswillig ist, zu tyrannisieren, und dafür gut bezahlt werden, eine Art von SA-Truppe. Mit Evo Morales dagegen traf sich Goldberg nur einmal und nur für ein paar Sekunden, als es unumgänglich war.

Evo Morales

Was im Kosovo so gut funktioniert hat (der Kosovo ist heute ein anerkannter souveräner Staat, obwohl dies allen Völkerrechtsprinzipien widerspricht), ließ sich allerdings nicht so leicht auf Bolivien übertragen.
  • Zum einen gelang es nicht, die von Indios abstammenden Mehrheit zu irgendwelchen Unterdrückungsmassnahmen gegen die überwiegend von europäischen Einwanderern abstammenden Tieflandbewohner zu bewegen.
  • Zweitens zog nur ein Teil der Tieflandbewohner mit. Sehr viele erinnerten sich noch gut daran, dass Bolivien vor den Ergasfunden hauptsächlich von den Einnahmen aus den Minen lebte, die in den Höhenlagen der Anden liegen.
  • Zum dritten gehören die Gouverneure der nach US-Willen abzuspaltenden Staaten alle zur Oligarchie des Landes, die über zwei Jahrhunderte das Volk bis aufs Hemd ausgezogen und ausgebeutet hat und viele der Ärmeren vergassen das nicht so schnell.
  • Viertens schliesslich: Alle Anliegerstaaten Boliviens, das sind Peru, Brasilien, Paraguay, Argentinien und Chile, traten vom ersten Moment an eindeutig gegen jede Veränderung der Staaten oder Staatsgrenzen in Südamerika an. Brasilien und Argentinien sicherten Morales in den kritischen Tagen des Putschversuchs der Gouverneure sogar Truppen zu, falls er sie anfordern würde.
Morales und Lula in Santiago

So wurde nichts aus dem Putsch und statt einem nagelneuen Tiefland-Staat hat Bolivien einen gestärkten Präsidenten, der sich durchgesetzt hat. Schade für die US-Regierung! Dazu noch die Blamage mit dem heimgeschickten Botschafter!

Da war natürlich eine scharfe Bestrafung fällig.

Wie ist es nun mit dem Rauschgifthandel in Bolivien? Tatsächlich – da beisst die Maus keinen Faden ab – wird in Bolivien in nicht unbedeutendem Umfang die Coca-Pflanze angebaut, aus deren Blättern man Cocain (Kokain) und daraus auch „Crack“ gewinnen kann. Nur – die baut man schon seit vorkolumbianischen Zeiten an und die Nachkommen der Indios (und nicht nur sie ) kauen Coca-Blätter und man macht dort einen wohlschmeckenden Tee daraus. Wird Coca auf diese Weise zu sich genommen, so hat es eine angenehme, leichte beruhigende und schläfrig machende Wirkung. Zu Halluzinationen reicht es nicht (Diese Beschreibung hat der Berichterstatter von einem, der den Tee selbst probiert hat).

Übrigens war das US-Symbol-Produkt Coca Cola am Anfang auch mit einem Sud dieser Blätter angereichert, daher der Name. Erst als Kokain in den Zwanziger Jahren plötzlich als hochkonzentriertes Rauschgift auftauchte, verbannte man dies aus dem Cola. Kokain hat ganz andere Wirkungen als der Coca-Tee: Es führt, inhaliert durch die Nase, zu Hochgefühlen, zu Allmachtsgefühlen und zu Aggressivität.

Angeblich sollen auch geringe Mengen des in Bolivien angebauten Coca zu Kokain verarbeitet worden und ausser Landes geschmuggelt worden sein, aber das ist erwiesermassen bestenfalls ein verschwindend geringe Menge. Weit über 95 % des Kokain der Welt kommt aus Kolumbien und Peru, zwei Ländern, die „unerklärlicherweise“ trotz starker Dollarunterstützung einfach nicht in der Lage sind, den Kokain-Fluss auch nur geringfügig zu verringern. Und die CIA, ich schwöre Ihnen, hat garantiert nichts mit diesen Tatsachen zu tun, die CIA ist eine ehrenwerte Organisation! Ausserdem ist es eine unverschämte und freche Lüge, in Kolumbien gäbe es fast so viel US-Agenten wie Einwohner!

Die Antwort von Evo Morales, nachdem ihm die Hiobsbotschaft überbracht wurde, Bolivien sei auf die „schwarze Liste“ gesetzt worden und damit würde das Land keinen Dollar der „Hilfe gegen den Rauschgiftschmuggel“ mehr erhalten, war: Dass sei nicht schlimm, denn 90% dieser Summe sei sowieso in Form von Aufträgen für US-Firmen „geschenkt“ worden.

Und nun kommt die Lachplatte: Halten Sie sich fest! Die „schwarze Liste“ der Länder, die nicht genügend gegen den Rauschgifthandel unternehmen, hier ist sie:

Aus Südamerika:

Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Paraguay, Peru und Venezuela – und jetzt natürlich auch Bolivien.

Nun, Brasilien, Kolumbien und Peru stehen da völlig zu Recht, denn der Grossteil des Kokain, das die CIA aus Kolumbien und Peru auf den Weg in die Staaten und nach Europa bringt, wird über brasilianischen Boden hinausgeschmuggelt, siehe hierzu auch den Artikel über SIVAM, hier: http://karlweiss.twoday.net/stories/5159665/

Venezuela und seit letztem Wochende auch Ecuador und jetzt eben auch Bolivien haben Präsidenten, die bereits das Wort „Sozialismus“ in den Mund genommen haben, also? Ist das nicht Begründung genug?

Wie das arme Paraguay dahin gekommen ist, bleibt im dunkeln.

Aus Nordamerika und der Karibik:

Mexiko, Guatemala, Panama,Haiti, Jamaika, Dominikanische Republik und Bermudas

Die Bermudas und Panama sind zwar rein formal souveräner Staaten, dort herrscht aber faktisch US-Recht. Wieso da die US-Regierung nicht einfach aktiv wird, ist unverständlich (oder vielleicht verräterisch?)

Aus Afrika:
Nigeria

Aus Asien:

Afghanistan, Birma, Indien, Laos, Pakistan,

Und China? Und China? Diese Frage will nicht aufhören.

Afghanistan??? Afghanistan???

Hier ein Kommentar dazu von einer Leserin der „Süddeutschen“ unter dem Artikel, der hierüber informiert: „Elynittria“ schreibt u.a.:

„Lachen musste ich zu lesen, dass Afghanistan auf der Liste steht, eingedenk der Tatsache, dass die Amis den Drogenanbau und Vertrieb dort absichern.“

Als kleine Anmerkung noch: Über 80% der weltweiten Produktion von schweren illegalen Drogen wie Heroin, Kokain, Opium und einige andere werden in folgenden Ländern konsumiert: Vereinigte Staaten von Amerika, China, Japan und Europäische Union.

Veröffentlicht am 2. Oktober 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Karl Weiss - Journalismus

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