Montag, 17. November 2008

G 20: Die Brandstifter spielen Feuerwehr

Gespenster sehen

Von Karl Weiss

Die Vorstellung, das Treffen G20 in Washington bei Präsident Bush hätte irgendein praktisches Ergebnis haben können, ist abenteuerlich. Da treffen sich die Vertreter der Regierungen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer, genau jene, die für die Finanzkrise und die beginnende Weltwirtschaftskrise verantwortlich sind und sprechen darüber, wie diese Krisen zu bremsen seien und beim nächsten Mal zu verhindern.

Bush

Wenn diese Herrschaften sie verursacht haben, woher sollen sie denn nun plötzlich Rezepte nehmen, sie zu bekämpfen oder verhindern? So ist denn auch das einzige Ergebnis der Wunsch der Ausarbeitung von Vorschlägen, die im März einer neuen G20 vorgelegt werden sollen (bis dahin dürften fast alle 20 in der Wirtschafts-Krise sein).

Der Grund für beide Krisen, die Finanz- und die Wirtschaftskrise, ist die im Kapitalismus gesetzmässig auftretende Überproduktion, die einerseits zu überbordenden Kapital-Massen führt, die unweigerlich in die Spekulation gehen (und so die Finanzkrise verursachen) und andererseits in verzweifelte Versuche, mit noch mehr und noch effizienterer Produktion der Krise auszuweichen, die aber gerade durch diese Überproduktion verursacht ist.

Gerade die dort vereinigten Regierungschefs waren die Hauptverantwortlichen für die „Deregulierung“, die sämtliche vorher bestehenden Regeln des Finanzmarktes und des Arbeitsmarktes aufhob. Kein einziger von ihnen hat bis heute eine Erklärung abgegeben: „Wir haben Mist gebaut. Wir bitten um Entschuldigung und treten zurück.“ Im Gegenteil , man spielt sich auch noch als Arzt auf, wenn man selbst den Patienten krankenhausreif geschlagen hat.

Der Zwang zum Steigern der Profitrate, die aber gesetzmässig tendenziell fällt, macht aus der kapitalistischen Wirtschaft ein Chaos, einen tödlicher Raubbau an allen Rohstoffen, eine Unterdrückung und Ausbeutung der arbeitenden Menschen, ein unverantwortliches Missachten der natürlichen Umwelt, eine ständige Quelle von Krisen und Kriegen.

Joachim Jahnke, ehemaliger Vizepräsident der ‚Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung’ in London, schreibt dazu auf seiner Site ‚Informationsportal Globalisierung’.

„Was wollen die Großmächte mit dem G20-Gipfel erreichen? Die nächste Krise an den Weltfinanzmärkten verhindern? Wohl kaum. Denn der Markt wurde nicht von einem obskuren Hedgefond in die Luft gesprengt oder in sonst einer unbekannten Ecke des Finanzmarktes. Die Blase platzte unter den Augen der Regierungen in den auf [dem] Papier am stärksten überwachten Institutionen, nämlich den Banken, die mit viel höheren Kreditanteilen als die Hedgefonds spekuliert haben.“

Und: „Verhindern, daß die wichtigsten Handelspartner in der Krise gegeneinander arbeiten, indem jeder seine wachsende Arbeitslosigkeit zu den anderen exportieren will? Wohl kaum. Denn schon jetzt haben die beiden wichtigsten Überschußländer China und Deutschland Stützungsmaßnahmen für ihren Export und damit das Abdrücken von Arbeitslosigkeit ergriffen, China durch Steuernachlässe für Exportwaren, Deutschland durch eine Verbesserung der Ausfuhrbürgschaften. Deutschland vor allem hat bisher kein Konjunkturprogramm zur Stützung der heimischen Nachfrage aufgelegt und scheint sich weiterhin auf den Export verlassen zu wollen.“

Weiter: „Verhindern, daß die Zahl der Unternehmenspleiten mangels Kreditzugang weltweit explodiert? Wohl kaum, denn jedenfalls in Europa wurde nichts getan, um die Banken zu zwingen, Zinssenkungen und die Zusatzliquidität der Zentralbanken an die Produktionsunternehmen weiterzugeben.“

Und außerdem: „Und dann fegen die Regierungen, statt Notsteuern für die Wohlhabenden und Gutverdiener zu erheben, auch noch mit eigenen festverzinslichen Anleihen die Geldmärkte leer und verengen so den Zugang für andere. So konnte zum ersten Mal selbst die Bundesregierung ein neues 10-Jahres-Papier nicht am Markt unterbringen - eine geradezu unglaubliche Situation und Alarmzeichen, wie es größer kaum ausfallen könnte.“

Da versuchten also die Böcke zu gärtnern (Entschuldigung, Frau Merkel: Die Ziegen und Böcke). Und da wir gerade von Frau Merkel reden, die hat es auch noch fertiggebracht von einer erfolgreichen Veranstaltung zu reden, auf der „gemeinsame Anstrengungen deutlich“ geworden seien. Nun- sie hat ja nicht gesagt, für was und wessenthalben man sich angestrengt hat. Vielleicht hat man ja gemeinsam und unter Anstrengungen das ‚große Geschäft’ erledigt.

Und das Ganze unter der Schirmherrschaft von G. W. Bush, dem „Herrn des Universums“, der es fertiggebracht hat, den vernichtendsten Terroranschlag der Geschichte geschehen zu lassen, obwohl er leicht hätte verhindert werden können und der gleich zwei Kriege begonnen hat, die verloren sind. Kurz: Der Inbegriff des Erfolges!

So lassen wir denn erneut Herrn Ex-Bankdirektor Jahnke zum Schluss zu Wort kommen:
„Ohnehin kann die Gefahr weiterer Krisen nur gebannt werden, wenn die immer ungleichere Einkommensverteilung gestoppt und zurückgedreht wird. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, daß sich Kaufkraft wie ein gigantischer Wasserfall ins Kasino verirrt, statt der Realwirtschaft zu Verfügung zu stehen. Wird der Gipfel hier ansetzen? Da müßte man schon Gespenster sehen.“


Veröffentlicht am 17. November 2008 in der Berliner Umschau

Freitag, 14. November 2008

Deutschland: Wirtschaftskrise hausgemacht

Krise handgefertigt von SPDCDUGrüneCSUFDP

Von Karl Weiss

Nun ist es offiziell: Deutschland ist als erstes der großen EU-Länder in der Wirtschaftskrise. Das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) ist sowohl in zweiten Quartal (April, Mai, Juni) – um 0,4% - als auch im dritten Quartal (Juli, August, September) – um 0,5% - gesunken und damit ist die offizielle Definition des Eintritts in die Wirtschaftskrise erfüllt. All dies geschah also vor dem offenen Ausbruch der Finanzkrise im Oktober, wurde also nicht durch diese verursacht, hängt überhaupt nur sehr weitläufig mit ihr zusammen. Es handelt sich vielmehr um eine völlig hausgemachte Krise. Die Kaufkraft war bereits seit einiger Zeit in den Keller gefahren worden und nun verminderte sich – und brach dann ein – auch der Export. Ergebnis: Wirtschaftskrise.

Deutschland: Einzelhandelsumsatz 2006 - 2008 mit Trendlinie
Der Einzelhandelsumsatz in Deutschland spiegelt die verschlechterten Lebensbedingngen des durchschnittlichen Deutschen in der letzten Zeit wieder. Mit Schwankungen sinkt er unaufhaltsam seit 2006. Wer soll all die produzierten Güter kaufen, wenn die Leute schon am Nötigsten sparen müssen?

Was da hauptsächlich daran gedreht hat, war die Agenda 2010 von SPD und Grünen, die auch von CDU/CSU und FDP begeistert gefeiert wurde, die massiv die Löhne gedrückt und die Kaufkraft verringert hat und anschließend die große Koalition, die dem Inlandsmarkt den Todesstoss versetzt hat. Alles Geld wurde von Schröders und Fischers Gnaden und dann von Merkels und Steinmeiers Gnaden zu den Superreichen geschaufelt, während der reale Lohn (Lohn pro Arbeitnehmer minus Inflation) Jahr für Jahr in den Keller ging. Die Deutschen haben einfach nicht mehr das Geld, all die produzierten Güter zu kaufen.

Wirtschaftswachstum der Länder im 2. Quartal 2008 gegen Vorquartal
Einbrüche im Brutto-Inlandsprodukt (BIP) im 2.Quartal 2008 gegenüber dem Vorquartal: Deutschland zusammen mit Japan, Italien, Frankreich und der Kern-EU der 15 damals schon in den Negativen

Die Superreichen zockten mit all dem Geld, das ihnen da zukam und steckten die Gewinne ein. Die Verluste ließen sie nun bei den Banken, die wiederum von uns, den Steuerzahlern, aufgefangen werden. Eigentlich hätte diese Krise daher schon früher ausbrechen müssen, doch es gab eine Verzögerung, weil der Export noch boomte – bis ins Jahr 2008 hinein. Dafür wird es nun um so katastrophaler.

Welt: Wirtschaftswachstum 3/08 gegen Vorquartal
Hier also die aktuellste Statistik zum 3.Quartal 2008: Deutschland verlor weitere 0,5% der wirtschaftlichen Aktivität und ist damit offiziell in der Wirtschaftskrise

Hier einige Auszüge aus einem der meist gelesensten Artikel im Blog Karl Weiss – Journalismus vom 1. Dezember 2006 (!): „Die Wirtschaftskrise in Deutschland wird fürchterlich“.

Deutschland: Statistik von 2000 bis 2007 über BIP, Lohn, Konsum und Vermögenseinnahmen
Hier die entlarvende Statistik über die Vorgeschichte der Krise in Deutschland: Die Nettolöhne je Arbeitnehmer (und der Konsum) bleiben vom 4. Quartal 2000 bis zum 4.Quartal 2004 praktisch unverändert, während die Produktiviät seit etwa dem 2.Quartal 2002 beständig steigt und die Unternehmens- und Vermögensgewinne zuerst zusammen mit der Produktivität, dann ab dem 3. Quartal 2003 explosionsartig ansteigen. Die Nettolöhne je Arbeitnehmer beginnen haargenau ab dem 1. Quartal 2005 mit ihrer Talfahrt, das war der Zeitpunkt der Einführung von Hartz IV.

„Speziell für Deutschland allerdings wird das Ganze zum Desaster werden. Das Wachstum ist sowieso schon spärlich, ...)“

„Doch damit nicht genug: Der deutsche Binnenmarkt gibt überhaupt nichts her. Kein Wunder, es hat in der deutschen inflationsbereinigten Lohnsumme seit 1991 nur negative Zahlen gegeben, also ständige reale Kaufkraftverluste. Die Renten, das Arbeitslosengeld, alles wurde zusammengestrichen. Die Massen haben kein Geld zu kaufen und damit die Krise zu verringern.“

„Aber auch das ist noch nicht alles: In ihrer unendlichen Weisheit hat die Bundesregierung genau für den Moment, in dem sich dies zuspitzt, zum 1. Januar 2007, die Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozentpunkten beschlossen. Das ist die größte Steuererhöhung der Geschichte der Bundesrepublik mit fast 20 % Erhöhung. Dies wird nach Experteneinschätzungen etwa zwischen 1 und 3% bezogen auf die ganze Wirtschaft ausmachen, sagen wir 2%. [Bezogen auf Einbruch der Kaufkraft]“

Deutschland 2000 bis 2008: Veränderung Konsum privater Haushalte mit Trendlinie
Der Konsum privater Haushalte bewegt sich in Deutschland seit 2000 in etwa um das Nullwachstum herum, mit einem deutlichen Trend nach unten. Dem scharfen Einbruch im 1. Quartal 2007 wegen der Mehrwertsteuererhöhung folgt zwar für ein Quartal eine gewisse Erholung, aber seit dem 3. Quartal 2007 geht es deutlich und unaufhaltsam bergab.

Ein Kommentator der „Financial Times Deutschland“ meint unter dem Titel „Das ist Ihre Rezession, Frau Merkel!“ zur aktuellen Situation:

Meseberg-Tagung Bundesregierung

„Das Drama ist, dass die Krise jetzt erst beginnt [gemeint ist: offiziell] - und die Bundesregierung bislang noch nicht realisiert zu haben scheint, was es für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Staatsfinanzen bedeutet, wenn die Abwärtsspirale einmal in Gang ist. Es wäre dringend an der Zeit, die Fehler einzugestehen und daraus die Konsequenzen zu ziehen: mit dem Auflegen eines wirklich spektakulären Konjunkturprogramms und erhöhter Überzeugungsarbeit bei Europas und vor allem Deutschlands Notenbankern. Aus Merkels Aufschwung wird jetzt Merkels Rezession.”

Der Kommentator hat allerdings vergessen: Auch unter Schröder wurde die Kaufkraft bereits massiv abgebaut. Frau Merkel ist also keineswegs Alleintäterin.

Schröder

In verschiedenen Artikeln und Meldungen der bürgerlichen Medien fällt auf, man „vergisst“ zu erwähnen, dies bezieht sich auf Dinge bis zum September. Statt dessen wird davon gesprochen, die Finanzkrise der USA habe nun auch die Realwirtschaft in Deutschland getroffen usw.

Ebenso wird in der Regel von mangelnden Investitionen und ähnlichem gesprochen. Doch höhere Investitionen hätten jetzt eine noch höhere Notwendigkeit der Vernichtung von Kapital hervorgebracht. Die wirkliche Ursache der Wirtschaftskrise, die Massen (in und außerhalb Deutschlands) können nicht mehr alles kaufen, was produziert wird, erwähnt niemand.

Kein Wunder, sonst müsste man ja zugeben: Marx hat Recht.

Karl Marx

So sei denn auch hier mit einem weiteren Zitat aus jenem Artikel vom 1. Dezember 2006 geendet:

„Aber so wie alles seine zwei Seiten hat, wird auch dies seine gute Seite zeigen.

Weit mehr Bundesbürger werden nun endgültig sehen: Der Kapitalismus hat keine Zukunft für sie und ihre Kinder. Ein System, das nur unermeßlichen Reichtum für eine winzige Minderheit und Arbeitslosigkeit, Krisen, Hunger, Not, Elend, Kriminalität, Krieg und Gewalt produzieren kann, muß weg! (...) Die Zeiten, als kaum einer den Kampf für nötig hielt, werden bald definitiv vorbei sein. Lebhafte, revolutionäre Zeiten stehen an!“


Veröffentlicht am 14. November 2008 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 13. November 2008

Die Herren der Welt feiern

Auch zwei schottische Pleite-Banken feierten ihre Macht über die Regierung

Von Karl Weiss

Die Bank-Herren in aller Welt haben nicht nur überall mit Erfolg ihre gehorsamen Dienern, den Politikern, befohlen, ihnen Milliarden aus Steuerzahlergeldern zur Verfügung zu stellen, nachdem sie sich verzockt hatten, sie haben auch, nachdem dies von der Öffentlichkeit geschluckt wurde ohne aufzumucken, jeweils Bank für Bank, Versicherung für Versicherung, diesen Beträgen angemessene Feiern veranstaltet, um sich über ihre Untertanen (sprich uns) im Geiste von Marie Antoinette lustig zu machen: „Wenn sie kein Brot haben, warum essen sie dann keinen Kuchen?“

Als die ersten beiden Feiern bekannt wurden, hätte man noch an einzelne Ausrutscher glauben können. Das größte Versicherungsunternehmen der Welt, die AIG, hatte für ihre Manager eine Woche im teuersten Ressort der Welt gebucht und dabei 300 000 Dollar von den Steuerzahler-Geldern ausgegeben.

Ressort St. Regis
St. Regis in Kalifornien, teuerstes Ressort der Welt

Der andere Fall war der französische Teil der Fortis Bank und Versicherung, der mit Milliardenbeträgen fit gemacht wurde, um verkauft werden zu können. Kaum war dies unter Dach und Fach, wurde ein gemeinsames Festmahl im teuersten Restaurant der Welt angesetzt, also ebenfalls eine Feier, die den Beträgen angemessen war, die da flossen. Siehe zu diesen bereits berichteten Fällen diesen Artikel: „...an die Sonnen“.

Aber nicht nur Feiern stehen da an, nein, man muss auch besonders hohe Bonus-Zahlungen für die Manager ansetzen und natürlich satte Dividendenausschüttungen für die Aktionäre. Hierüber wurde schon in diesem Artikel berichtet: „Können Sie das glauben?“.

Der Rettungs-Plan

Bis heute hat niemand weder im Fall AIG noch im Fall Fortis von den Managern, die da feierten, um sich über uns Idioten lustig machen zu können, die wir das alles bezahlen müssen, auch nur verlangt, für die Kosten selbst aufzukommen, geschweige denn sie versucht dazu zu zwingen. Es wurde also bereits deutlich: Gegenüber der Macht von Bank- und Versicherungsmanager sind Politiker, Staatsanwälte, Richter und sonstige eventuell Angesprochene völlig machtlos.

Restaurant Louis XV Monaco
Restaurant Louis XV in Monaco, teuerstes der Welt

Man kann diese Fälle auch nicht unter „Ausrutscher“ ablegen, weil nun nach und nach weitere Fälle bekannt werden. Die Manager können es einfach nicht lassen, auf unsere Kosten zu feiern, wenn sie uns doch so erfolgreich das Geld aus den Rippen geleiert haben.

Die nächsten zwei Fälle wurden jetzt aus Schottland bekannt. Das ist besonders kurios, da doch früher die Schotten als angeblich geizig galten. Beide schottischen Grossbanken, die „Royal Bank of Scotland“ (RBS) und die „Halifax Bank of Scotland“(HBOS), hatten sich weit über ihre Verhältnisse in Hoch-Risiko-Papiere begeben und waren baden gegangen. Die beiden mussten auf Anweisung ihrer Vorstandsetagen von der britischen Regierung mit insgesamt 32 Milliarden Pfund vor dem Bankrott gerettet werden, das sind annähernd 40 Milliarden Euro. Diese Summe entspricht fast dem ganzen Staatshaushalt Schottlands.

Die RBS ging mit gutem Beispiel voran. Sie setzte eine Champagnerparty in einem Luxushotel an, verlegte sie dann aber vorsichtshalber in ein Gebäude der Bank und verlangte Geheimhaltung, denn man ist natürlich nicht wild darauf, dass wir erfahren, sie lagen dort unter den Tischen vor Lachen über uns Trottel, die für ihre Zockereien aufkommen müssen. Die Geheimhaltung klappte aber nicht vollständig. Die „Daily Mail“ veröffentlichte, dort seien etwa 300 000 Pfund ausgegebene worden (müssen Ströme von Champagner der teuersten Sorte gewesen sein).


"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Da wollte sich natürlich die Konkurrenz von der HBOS nicht lumpen lassen. Es gelang ihr, in einem Luxushotel in Edinburgh eine noch teurere Feier zu veranstalten. Man ließ dort auch einen Fernseh-Komiker auftreten, der sich über die Finanzkrise lustig gemacht haben soll. Nun, diese Herren können natürlich leicht lachen. Es sind ja wir, unsere Kinder und Kindeskinder, die deren Rechnungen bezahlen werden.

Will sagen, wir werden dies so lange zu bezahlen haben, bis wir sie zum Teufel gejagt haben.


Veröffentlicht am 12. November 2008 in der Berliner Umschau

Dienstag, 11. November 2008

Brasilianische Fussballmeisterschaft und Südamerika-Cup im Endspurt

Spannende Endphase

Von Karl Weiss

Sowohl die letzten Spieltage der brasilianischen Fussballmeisterschaft als auch die Halbfinale und Finale des Südamerika-Cups (Gegenstück zum UEFA-Cup) versprechen extrem spannend zu werden.


Alle Fotos in diesem Artikel sind aus dem Libertadores-Halbfinalspiel Fluminense Rio de Janeiro - Boca Juniors Buenos Aires aus der ersten Jahreshälfte.

In der brasilianischen Meisterschaft sind noch vier Spieltage zu absolvieren und es ist noch nichts entschieden, weder bei der Meisterschaft, noch im Abstieg noch bei den Plätzen für die „Libertadores“ (Gegenstück zur Champions-Leage). Fünf Vereine haben noch reelle Chancen auf den Titel: São Paulo F.C., der Meister aus den beiden vergangenen Jahren, mit 65 Punkten, Gremio Porto Alegre mit 63, Palmeiras São Paulo und Cruzeiro Belo Horizonte mit 61 und Flamengo Rio de Janeiro mit 60 Punkten. Die nächsten vier Vereine in der Tabelle können zwar rechnerisch auch noch Meister werden, aber angesichts der Stärke der ersten fünf ist das sehr unwahrscheinlich

Diese ersten fünf werden wohl auch die vier Plätze in der „Libertadores“ unter sich ausmachen, d.h. einer wird da herausfallen. Theoretisch können sich aber auch noch Internacional Porto Alegre, Coritiba aus der paranaensischen Hauptstadt, Botafogo Rio de Janeiro und Goiás Goiánia Hoffnung auf einen dieser Plätze machen.

Fluminense - Boca: Palácio und Palermo haben eine grosse Chance vergeben

Das Restprogramm der ersten fünf hat für jeden noch zwei Heimspiele und zwei Auswärtsspiele vorgesehen. Cruzeiro empfängt am 23. November Flamengo im Stadion Minerão in Belo Horizonte. Ansonsten spielen die ersten fünf nicht mehr gegeneinander.

Das Restprogramm von São Paulo sieht am leichtesten aus. Es ist in drei von vier Fällen gegen akut vom Abstieg bedrohte Vereine: Figuerense, Vasco und Fluminense. Zwar handelt es sich da um drei scheinbar leichtere Gegner, aber alle drei haben noch reale Chancen, dem Abstieg zu entgehen und werden kämpfen wie die Berserker. Zudem besteht immer die Gefahr, einen solchen Gegner zu unterschätzen. Dazu kommt ein extrem schweres Auswärtsspiel bei Goiás, das zu Hause eine Bank darstellt. Trotzdem hat São Paulos klare Chancen, zum dritten Mal hintereinander den Titel zu gewinnen.

Auch Gremio dürfte noch gute Chancen haben, einen eventuellen Ausrutscher von São Paulo zu seinem Vorteil zu nutzen. Es hat nur ein Spiel gegen einen Abstiegskandidaten, aber das ist Ipatinga, das zu diesem Zeitpunkt wohl schon rechnerisch abgestiegen sein wird. Die anderen drei sind Vereine aus dem Mittelfeld, also theoretisch ein leichtes Restprogramm.



Flamengo ist schon in der Punktzahl zurück und muss beim Mitbewerber Cruzeiro antreten. Das dürfte Flamengo eher zu einem Außenseiter machen.

Bleiben Palmeiras und Cruzeiro. Beide haben noch ein relativ schweres Programm zu absolvieren. Wenn São Paulo und Gremio nicht deutlich abbauen, werden sie wohl nicht mehr auf den Titel hoffen können.

Für den Abstieg kommen nach allen realen Abschätzungen noch sieben Vereine in Frage, also vier Absteiger und drei in letzter Minute gerettete. Praktisch schon abgestiegen ist Ipatinga aus der Stahlstadt in Minas Gerais mit nur 31 Punkten. Davor stehen auf den drei anderen Abstiegsplätzen Figuerense Florianopolis mit 35, Portuguesa São Paulo mit 36 sowie Náutico Recife mit 37 Punkten. Aber auch Fluminense Rio de Janeiro und Vasco Rio de Janeiro mit 37 Punkten und Atletico Paranaense aus Curitiba mit 38 Punkten sind noch lange nicht gerettet.

Es finden noch insgesamt vier „6-Punkte-Spiele“ statt, jeweils eines pro Spieltag, bei denen zwei der Abstiegskandidaten gegeneinander antreten. Fluminense hat dabei noch zweimal Heimvorteil, das dürfte dem Verein genügend Luft verschaffen. Für Atletico Paranaense dagegen ist ein besonders schweres Restprogramm vorgesehen, das könnte noch ins Auge gehen. Wenn wir also Fluminense als voraussichtlich gerettet ansehen und Atletico Paranaense als zum Abstieg verurteilt so wie Ipatinga, dann bleiben noch zwei Abstiegsplätze für Portuguesa, Náutico, Figuerense und Vasco. Da wird dann wohl die Bitternis des Abstiegs auf Náutico und Figuerense zukommen. Aber das sind natürlich Spekulationen.



Nun noch zum südamerikanischen UEFA-Cup, der ‚Copa Sulamericana‘. Ähnlich wie beim UEFA-Cup spielen dort die Vereine, die es nicht in die „Libertadores“ geschafft haben, aber auf den nächsten Plätzen endeten. Dazu lässt man in Südamerika noch alle Meister zu, weil die Copa Sulamericana nicht gleichzeitig mit der „Libertadores“ ausgespielt wird, sondern zeitversetzt. Dazu werden, wie auch in der „Libertadores“, mexikanische Vereine eingeladen, die hier oft eine sehr gute Figur machen.

Im Viertelfinale gab es in drei der vier Duelle ein brasilianisch-argentinisches Aufeinandertreffen, was allerdings nicht ganz so heiß gegessen wie gekocht wurde, weil in zwei der drei Fälle eine der Mannschaften in mindestens einer der Begegnungen mit vielen Ersatzspielern antrat, weil man noch Chancen auf den heimischen Meistertitel hat.

Mit den ersten Mannschaften in beiden Spielen traten Estudiantes aus La Plata und Botafogo Rio de Janeiro an. In La Plata musste Botafogo aber eine herbe 2:0-Niederlage einstecken und konnte dies im Rückspiel nicht aufholen.



Palmeiras, das noch Titelanwärter in Brasilien ist, trat zwei Mal mit einer von vielen Reservespieler durchsetzten Mannschaft gegen Argentinos Junior Buenos Aires an und verlor beide Spiele.

Ähnlich erging es Boca Juniors. Im ersten Spiel in Porto Alegre gegen Internacional trat man mit der ersten Mannschaft an, musste aber trotzdem eine 2:0 Niederlage hinnehmen. Daraufhin schonte Internacional seine erste Mannschaft im Auswärtsspiel gegen den São Paulo F.C. in der Meisterschaft und erlitt dann auch erwartungsgemäss eine 3:0-Schlappe, um mit seiner „ersten Wahl“ im Stadion Bonboneira in Buenos Aires gegen die berühmte Boca antreten zu können. Boca dagegen stellte eine Reihe von Ersatzspielern auf. Allerdings wurde dann doch Riquelme eingewechselt, als das Spiel zu Hause verloren zu gehen schien. Dem gelang auch ein Tor, das aber nicht die Niederlage mit 1:2 verhinderte.

Damit gewann Argentinien gegen Brasilien mit 2:1.



Auch im vierten der Duelle war ein argentinischer Verein vertreten. River Plate Buenos Aires spielte gegen den verbliebenen mexikanischen Vertreter Chivas Guadalajara. Zu Hause musste „River“ allerdings eine 1:2-Niederlage einstecken. Am 6. November beim Rückspiel in Guadalajara konnte man das nicht wett machen, sondern erreichte nur ein 2:2-Unentschieden, was den mexikanischen Verein ins Halbfinale brachte und die Phalanx der vier argentinischen Vereine auf zwei zusammenschmelzen ließ.

Die Halbfinalbegegnungen sind nun Argentinos Junior gegen Estudiantes in der einen Auseinandersetzung , womit bereits eine argentinische Mannschaft im Finale gesichert ist, und dementsprechend Internacional Porto Alegre gegen Chivas Guadalajara. Die Hinspiele finden jeweils am 12. November in Guadalajara und Buenos Aires statt, die Rückspiele am 19.11. in Porto Alegre und La Plata.



Es sei noch erwähnt, dass in drei vorangegangenen Jahren jeweils die „Underdogs“, die als schwächer eingeschätzten Mannschaften, das Endspiel gewonnen haben. Würde dies wieder eintreten, müsste der argentinische Verein, der ins Endspiel kommt, diesmal gewinnen.


Veröffentlicht am 10. November 2008 in der Berliner Umschau

Montag, 10. November 2008

Steuermilliarden für Automobilkonzerne

Gewählter US-Präsident Obama kündigt Stützungspaket für Großindustrie an

Von Karl Weiss

Mit dem Abstand von nur zwei Tagen haben die US-Autokonzerne jetzt 50 Mrd. Dollar als „freundliche Unterstützung“ vom Steuerzahler angefordert und hat der gewählte Präsident Obama ein Riesen-Hilfspaket für eben diese Autokonzerne angekündigt. Er spricht vorerst „nur“ von 25 Mrd. Dollar. Kaum je wurde so deutlich: Nicht die Regierung hat das Sagen, sondern die Herren der Riesen-Konzerne.

Barack Obama

General Motors (GM), Ford und Chrysler haben im ersten Halbjahr 08 insgesamt 28,6 Mrd. Dollar an Verlusten eingefahren. Es ist klar: Für das zweite Halbjahr wird das noch deutlich mehr sein. Die Einbrüche im Auto-Umsatz (in Dollar, nicht in Stück) legen im Bereich von 30 bis 40 % Monat für Monat. Wer Angst hat, entlassen zu werden, wird sich nicht bis zum Hals verschulden für ein neues Auto. Ford hat sich auch der Forderung der europäischen Autoindustrie nach 40 Milliarden Euro angeschlossen.

Hatte man bisher die Linie gefahren, alle Verluste so weit wie möglich zu verstecken, um einem weiteren Absturz der Aktienkurse zu verhindern, hat man nun die umgekehrte Strategie eingeschlagen: Die Situation der Automobilindustrie wird in den schwärzesten Farben gemalt, Verluste tauchen aus allen Ecken auf und man tut sogar etwas, was eigentlich kein Manager tun darf, der noch bei Trost ist: Den Bankrott ankündigen. Ein Sprecher von GM liess verlauten, Anfang 2009 (also wenn Obama ins Amt eingeführt wird) würde man wohl die Rechnungen nicht mehr bezahlen können.

Die Drohung mit dem Konkurs wird denn auch noch untermauert: Der deutsche Kreditversicherer Euler Hermes hat laut WDR den Versicherungsschutz für Kreditrisken von Opel- (GM) oder Ford-Zulieferern aufgehoben. Im Klartext: Nicht nur die eigentliche Autoindustrie, sondern auch die Teile-Zulieferer stehen bereits auf den Listen der Konkursverdächtigen. Nur mit einem grossen Unterschied: Mit wenigen Ausnahmen sind diese Unternehmen keine Monopolkonzerne, d.h. sie gehören nicht zur herrschenden Klasse und können daher auch nicht Gelder vom Steuerzahler einfordern. Für sie wird die Frage der Zahlungsunfähigkeit oft zur Realität werden.

Um die Grössenordnungen deutlich zu machen: Um die 80 bis 90% der Teile für ein Auto werden heute in der Zulieferer-Industrie hergestellt. Selbst die Metallbearbeitung des Motorblocks und das Pressen der Karosserieteile, die man bisher noch fast immer im eigenen Haus erledigte, wird jetzt bereits vermehrt in die Autoteile-Industrie ausgelagert. Im eigentlichen Automobilwerk wird praktisch nur noch zusammengesetzt und lackiert. Glatte 80% oder mehr der Arbeitsplätze, die direkt mit Teilen eines neuen Autos zu tun haben, sind in der Zuliefererindustrie. Das Arbeitsplatzargument ist also vorgeschoben.

Demgegenüber sind GM und Ford inbankrottabel: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein solcher Konzern pleite. Uns wird das natürlich mit dem Argument des „Rettens der Arbeitsplätze“ verkauft. Allerdings könnte man mit solchen Summen das doppelte an Arbeitsplätzen schaffen.

Wenn diese Konzerne 50 Mrd. Dollar brauchen, fordern sie das Geld eben an. Wenn sie 500 Mrd. Dollar brauchen, ebenso. Für sie ist es völlig egal, ob der Staat das vernünftigerweise überhaupt aufbringen kann, ob die so gemachten Schulden der Bevölkerung eines Landes nicht Bürden auferlegen, die untragbar sind. Wenn der Staats-Haushalt zu immer grösseren Teilen zu einem Schulden-Haushalt wird, ist das für sie schnurzpiep-egal.

Obama hat denn auch pflichstschuldig gleich ein Hilfspaket angekündigt. Allerdings spricht er davon, das sei für die Entwicklung umweltfreundlicher Autos vorgesehen. Wie er denn überprüfen will, wie das verwendet wird, hat er nicht erklärt. Man kann wetten, das Paket für die Auto-Giganten wird genausowenig wie das für die Banken an ernst zu nehmende Bedingungen geknüpft werden. Wie wir inzwischen wissen, haben Banken und Versicherungen, die mit Staatsgeldern gerettet wurden, nicht nur das Luxusleben ihrer Manager weiterhin bezahlt, sondern auch weiterhin hohe Boni für ihre Spitzenleute gezahlt und zum Teil Dividenden an Aktionäre ausgeschüttet.

Die Automobil-Riesen haben denn auch bereits eine parallele Argumentationskette angeworfen: Da gebe es hohe Kosten für die Firmen-Krankenversicherung und für die Pensionszusagen für jene, die sich zur Ruhe setzen. Für diese Zwecke, so wurde schon angekündigt, brauche man auch Geld, denn das seien Kosten.

Nun, es gibt in den USA keine gesetzlichen Krankenversicherungen. Entweder man versichert sich privat oder man hat eine Krankenversicherung vom Unternehmen, in das man natürlich genauso einzahlen muss wie wir hier in Deutschland in die Krankenkassen. Dies als Kosten für das Unternehmen zu bezeichnen, ist ein wenig verwegen. Ähnlich ist es mit den Pensionszusagen, die bei den Grosskonzernen üblich sind – es gibt ja auch keine staatliche Rentenversicherung in den USA. Auch für diese Zusagen muss natürlich eingezahlt werden. Soweit die Konzerne da Zuschüsse geben, sind das ebenfalls keine Kosten. Dafür hat man nämlich weniger Lohnerhöhungen gegeben. Ausserdem steht dem Unternehmen die ganze Zeit bis zur Pensionierung das eingezahlte Geld zur Verfügung, um damit Zinsen und Zinseszinsen einzustecken. In der Regel ist die Pensionskasse ein einträgliches Geschäft für ein Gross-Unternehmen – wenn man sich nicht verzockt hat.

Was die Unternehmen der Autoindustrie (und wohl auch die anderen Monopolkonzerne) anstreben, dürfte die vollständige oder teilweise Übernahme der Krankheitskosten und der Pensionen der älteren Beschäftigten nach ihrer Pensionierung durch den Staat sein, sprich den Steuerzahler. Kurz: es gibt keinerlei Limitierungen mehr für den Rausch des Raffens dieser Leute: Gibt der Finanzmarkt nicht mehr die dicken Grundgehälter und Millionen-Boni und die Milliarden von Dividendenzahlungen her, dann muss eben der Steuerzahler herhalten.

Und – wie gesagt: Die Bürde der Schulden – schnurzpiep!


Veröffentlicht am 10. November 2008 in der Berliner Umschau

Freitag, 7. November 2008

Wird Obama mit Krieg beginnen?

Die bürgerlichen Medien starten eine neue Propagandakampagne gegen den Iran

Von Karl Weiss

In den letzten Wochen hat eine neue Kampagne der bürgerlichen Medien gegen den Iran begonnen. Bis Weihnachten hätte Ahmedinedschad die Atombombe, tönte es und nun wird die „unerhörte Macht“ der irakischen schiitischen Ayatollahs beschworen.

Iranische Atomanlagen

Da hat die internationale Atomenergie-Kommission auf Anweisung aus den USA die Binsenweisheit verlauten lassen, der Iran könne sich (so wie jedes andere Land auch und auch jeder sonst, der genügend Geld und Einfluss hat) innerhalb weniger Monate (bis Weihnachten) genug angereichertes Uran für eine (1) Atomwaffe verschaffen. Ja und?

Es wird nicht einmal behauptet, dies hätte mit der im Iran betriebenen Anreicherungsanlage zu tun, denn die Inspekteure der Kommission haben dort ja Zutritt.

Nun, damit wird davon abgelenkt, dass die Kommission auch weiterhin nicht die geringsten Anzeichen hat, dass im Iran Uran hochangereichert wird. Die dort betriebene Anreicherungsanlage stellt laut den Inspekteuren nur niedrig angereichertes Uran her, das für Atomkraftwerke taugt.

Ahmedinedschad

Selbst die US-Geheimdienste hatten letztes Jahr verlauten lassen, das iranische Atomwaffenprogramm sei seit 2003 eingestellt. Nun, so hört man in den Nachrichten, würden Geheimdienstkreise diese Information in Frage stellen. Welche Geheimdienstkreise das sind, woher sie diese neue Erkenntnis haben und wer das eigentlich genau ist, darüber lässt man uns im Dunkeln. Das ist ja auch nicht wichtig. Hauptsache, man hat einen Vorwand, den Iran angreifen zu können.

Das erinnert an die Vorgeschichte des Irak-Krieges. Nicht überprüfbare Geheimdiensterkenntnisse wurden vorgeschoben und später war der Gewährsmann nicht zuverlässig. Auch damals wurde der Besitz von Massenvernichtungswaffen als Begründung vorgeschoben. Man hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, einen neuen Vorwand zu erfinden.

Nun wird eine neue Kampagne nachgeschoben. Der Iran habe so eine große Macht im Irak durch die schiitischen Ayatollahs.

Nun, das wusste man vorher. Als Saddam Hussein im Irak herrschte, waren die Schiiten unterdrückt Sie mussten zähneknirschend zusehen, wie Saddam einen Krieg gegen den schiitischen Iran führte. Jeder wusste, wenn man Saddam absetzt, werden die Schiiten mit ihrer Bevölkerungsmehrheit an den Drücker kommen, wenn man den Irak nicht annektieren und zum 51.Staat der USA machen will.

Die Kampagne ist wie ein Spiegelbild des geschlagenen Kandidaten McCain. Der wollte auch im Irak immer ausschließlich die jetzige Situation besprechen und auf keinen Fall über die Vergangenheit. Es darf auf keinen Fall erwähnt werden, wer in den Irak einmarschierte und mit welcher Begründung und was sich später als die wirkliche Begründung herausstellte.

Es muss hier noch einmal laut und klar gesagt werden: Der Irak-Krieg wurde begonnen (und genauso würde ein Iran-Krieg) aus den imperialen Interessen der USA heraus, oder jedenfalls was man dafür hielt. Wenn sich nun herausstellt, dass man diese imperialen Interessen falsch eingeschätzt hatte, so kann man das ja nicht zur Begründung eines neuen Krieges nehmen.

Tatsächlich wird der Iran gestärkt aus der Situation hervorgehen, dass sein feindlicher Nachbar Irak seit 2003 zerstört und im wahrsten Sinne des Wortes in seine Bestandteile zerlegt wurde. Jeder wusste das von Anfang an. Wenn nun zum Beispiel in der „Süddeutschen Zeitung“ ein gewisser Avenarius heult, die Ayatollahs im Irak hätten „eine unerhörte Macht“ und seien vom Iran beeinflusst, so muss man fragen, wo hat dieser Mann die ganze Zeit gelebt. Auf dem Mond?

Wo war seine Stimme, als Bush in den Irak einfiel?

Barack Obama

Israel hat inzwischen den neu gewählten Präsidenten Obama bereits an sein Wort erinnert, er werde verhindern, dass der Iran Zugang zu Atomwaffen haben werde und auf den Beginn des Krieges gegen den Iran gedrängt. Auch eine der ersten Personalentscheidungen Obamas, er berief einen zionistischen Juden als engen Berater, lässt Böses ahnen.

Sollte wirklich der neue Präsident der USA, nicht zuletzt gewählt, weil er gegen den (Irak-)Krieg war, wie Michael Moore in seinem Schreiben zur Wahl Obamas ganz richtig erwähnt, so wahnsinnig sein, gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen neuen, erneut nicht gewinnbaren Krieg zu beginnen oder jedenfalls die Vorbereitungen dazu?


Veröffentlicht am 7. November 2008 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 6. November 2008

Immer neue absurde Polizeiübergriffe

Ein Fall von vielen

Von Karl Weiss

Bereits dreimal haben wir über völlig ungerechtfertigte gewaltsame Übergriffe der Polizei berichtet, hier, hier und hier. Nun wurde ein weiterer Fall bekannt. In Siegburg in Nordrhein-Westfalen hat ein absolut absurder Überfall eines Sonder-Einsatz-Kommandos (SEK) der Polizei das Leben einer Famile zunichte gemacht.

Polizeieinsatz

Der heute 56-Jährige Josef Hoss war vor acht Jahren, als er Opfer einer anonymen Anzeige wurde, ein wohlbetuchter Fliesenlegermeister mit eigenem Betrieb, einer Anzahl von Angestellten, mit einer Villa mit Schwimmbad und drei Luxusautos. Er wurde vom SEK Köln überfallen, als er am Steuer seines Firmen-Lieferwagens anhalten musste. Die Beamten schlugen die Fensterscheiben ein, zerrten ihn aus dem Fahrzeug, schlugen ihn mit den Gummiknüppeln windelweich und traten ihn wieder und wieder, auch noch, als er schon hilflos am Boden lag und nach der Polizei schrie. Die war aber schon da.

Der relative Luxus, in dem er mit seiner Familie lebte, hatte Neider auf den Plan gerufen, darunter ein Polizist aus der Nachbarschaft, der sich wichtig machte und weitergab, ein Zeuge habe Handgranten bei Hoss gesehen.

Gerüchte von Hörensagen dürfen selbstverständlich nicht zum Anlass von rigiden Polizeimassnahmen genommen werden, zuerst hätte man herausfinden müssen, ob an den Gerüchten etwas dran ist. Das liess man aber einfach weg.

Nachdem man Hoss in seinem Lieferwagen überfallen hatte, fand man den Weg zu seinem Haus, durchsuchte es und fand nichts.

Hoss war so schwer verletzt worden, dass er lange im Krankenhaus lag und bleibende Schäden erlitten hat. Er ist zu 80% behindert, hat ständige Schmerzen und kann auch kurze Wege nur humpelnd an Krücken gehen. Er kann seinen Beruf nicht mehr ausüben, seinen Betrieb nicht weiterführen und hatte daher kein Einkommen mehr. Er musste davon leben, Einrichtungsgegenstände zu verkaufen. Das Haus musste weit unter Wert notverkauft werden. Der Erlös davon ist schon für die Prozesskosten, Arztrechnungen und den Umzug in ein bescheidenes Haus draufgegangen.

"Es fehlt an allen Enden", sagt er. Seine Frau musste kellnern gehen, damit sie etwas zu Essen haben.

Ein Verfahren gegen die Verantwortlichen der Polizei und die beteiligten Polizisten wurde, wie immer im Fall von brutalen Übergriffen der Polizei, vom Staatsanwalt niedergeschlagen. Das nennt sich Rechtsstaat.

Als einziges verbliebenes Mittel blieb dem Dauer-Geschädigten nur noch das Zivilverfahren. Er hat das Land Nordrhein-Westfalen auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagt. Auch wenn dies Verfahren sich hinzog, so hat er doch Recht bekommen. Es wurde ihm 30.000 Euro Schmerzensgeld und der Ersatz des Verdienstausfalls vom Gericht zugestanden. Doch die Freude darüber währte nur kurz.

Das Land Nordrhein-Westfalen ging in die Berufung. In der Berufungsschrift machen sie sich auch noch lustig über den Geschädigten: Der Schlagstock (im Beamten-Kauderwelsch heisst der „Einsatzmehrzweckstock“) sei nur angewandt worden, um Hoss‘ Muskeln zu lockern, denn er habe „passiven Widerstand geleistet“, indem er sich nicht die Arme nach hinten drehen liess. Hoss bestätigt das: „Ich versuchte mein Gesicht vor den Schlägen zu schützen.“

Abgesehen davon, der Betrag von 30.000 Euro ist minimal im Verhältnis zu den schweren körperlichen Schäden und den sselischen Schäden, sowohl seinen als auch denen der Familie. In den USA würden hier Millionenbeträge anstehen. Man braucht sicherlich die Übertreibungen in dieser Hinsicht in den USA nicht nachmachen, müsste aber doch endlich angemessene Beträge einführen, speziell wenn es ich um bleibende Schäden handelt.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sich bereits des Falls angenommen. Herr Grenz von dieser Organisation hat schon viele Opfer staatlicher Gewalt betreut, auch in Deutschland. "Fälle wie der von Herrn Hoss kommen öfter vor als man denkt", sagt er. Nur treffe es selten so etablierte Menschen, die sich wehren und denen man glaubt. "In Deutschland können sich viele nicht vorstellen, dass die Polizei so etwas tut", meint Grenz.

Seit Jahren wurde Hoss nun durch die juristischen Instanzen gejagt. Nun erst, 2008, gab es endlich einen Gerichtstermin für die Berufungsverhandlung. Das Landgericht bestätigte voll das erste Urteil und liess keine Revision zu.

Ob Hoss nun Geld sehen wird, bleibt aber offen. Es gibt für das Land Nordrhein-Westfalen immer noch die Möglichkeit, Nichtzulassungbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen und unter diesem Vorwand weiterhin nicht zu zahlen. Grenz meint dazu: „Die Verantwortlichen haben die Tragweite ihrer Tat bis heute nicht verstanden.“


Veröffentlicht am 6. November 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Mittwoch, 5. November 2008

Können Sie das glauben?

Da bleibt selbst dem schärfsten Kritiker des Kapitalismus der Mund offen

Von Karl Weiss

Der Berichterstatter hatte so eine Ahnung, dass Banken, die von den Milliarden-Paketen aus Steuergeldern gerettet wurden, dann auch noch Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen. Aber im Gespräch mit einem äußerst glaubwürdigen Herrn ließ er sich überzeugen: Selbstverständlich wird jeder Bank, der ‚unter die Arme gegriffen wird‘ auferlegt, keine Dividende für dieses Jahr zu zahlen, eventuell sogar noch fürs nächste Jahr. Er erklärte mir: „Würden die auch noch Dividenden zahlen, dann würde das ja alle Grenzen der Zivilisiertheit und des Mindest-Anstands übertreten und der Kapitalismus hätte ausgedient, denn niemand würde das noch zusätzlich zu allem anderen akzeptieren.“

Der Rettungs-Plan

Nun, Zivilisiertheit und Anstand gibt es nicht mehr – der Kapitalismus hat ausgedient. US-Banken, die Gelder aus dem „bail out“-Fond erhalten haben, haben Dividenden angekündigt, die gleich hoch sein sollen wie im letzten Jahr. Es wird also Steuerzahlergeld direkt an Aktionäre weitergereicht.

Der Berichterstatter hatte sich von den glaubwürdigen Herrn leicht überreden lassen, denn es ist wirklich zu unglaubwürdig. Selbst als scharfer Kritiker des Kapitalismus bleibt einem bei so viel rotzfrecher Unverschämtheit der Mund offen stehen. US-Kongressabgeordnete haben erklärt, damit sei das Rettungspaket `ad absurdum` geführt. Nun wurde auch noch bekannt: Der US-Finanzminister Paulsen hatte den Banken lediglich auferlegt, nicht mehr Dividende als im letzten Jahr auszuzahlen. Kein Wunder, Paulsen war selbst Spitzenmanager einer großen Investmentbank.

Sind die noch bei Trost?

Das muss man sich wirklich langsam auf der Zunge zergehen lassen. Da sind sogar Banken dabei, die insgesamt an ihre Aktionäre mehr auszahlen werden als sie als Hilfe vom Staat erhalten haben. Zum Beispiel die `Bank of New York Mellon`, der 3 Milliarden Dollar aus dem Rettungspaket in den Schlund gestopft worden waren, kündigte eine Dividendenzahlung an, die sie insgesamt 3,3 Milliarden Dollar kosten wird.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Gleichzeitig kommt auch aus Grossbritannien eine ähnliche Nachricht: Die `Royal Bank of Scotland` (RBS), die nur mit Millarden von Steuerzahlergeldern überlebte, hat eben bekanntgegeben, sie werde an ihre Manager insgesamt 1,79 Milliarden englische Pfund ausschütten, als Boni für gute Leistungen (nachdem eben diese selben Manager die Bank in den Abgrund geführt haben). Das sind grössenordnungsmässig 3,2 Milliarden Euro. Der Sprecher des Finanzministeriums ihrer Majestät, Vince Cable, nannte das gegenüber dem `Guardian`: „Die machen die Regierung zu Trotteln!“

Als drittes kam einen Tag später die Notiz im `Wall Street Journal` aus den USA, auch dort werden hohe Angestellte von mehreren Finanzinstituten, die Staatsknete bekommen haben, extrem hohe Summen von Geld als Gehälter und für ihre Altersabsicherung bekommen. Der Umfang beläuft sich auf insgesamt 40 Millarden Dollar, laut einer anderen Meldung sogar 70 Milliarden Dollar.

Um allem noch die Krone aufzusetzen, geben die Banken, auch nachdem sie die Staatsgelder erhalten haben, weiterhin keine Kredite zu normalen Bedingungen. Sie sitzen vielmehr auf dem geschenkten Geld und warten eine günstige Gelegenheit ab, kleinere Konkurrenten zu kaufen. Die New York Times berichtet, ein führender Manager der JP Morgan Chase habe eine solche Strategie vorgegeben. Und uns wurde das Paket – so wie in allen Ländern – unter dem Vorwand „verkauft“, man müsse die Banken retten, denn sonst gäbe niemand mehr Kredit.

Und da liegen sie nun unter ihren Schreibtischen vor Lachen über uns leichtgläubige Trottel: „Hahaha! Und die haben das noch gelaubt! Hahaha!“

Wie lange wollen wir uns noch vom Kapitalismus zu Trotteln machen lassen?


Veröffentlicht am 4. November 2008 in der Berliner Umschau


Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staaat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

Montag, 3. November 2008

Neue Hetze gegen die bolivianische Regierung

Wer ist für den Rauschgiftschmuggel verantwortlich?

Von Karl Weiss

Große Aufregung herrscht im Land: „Bolivien brüskiert USA“ wird getitelt und „Morales stoppt US-Drogenfahnder“. So sehen die bürgerlichen Medien die Welt: „Die westlichen Länder“, allen voran die USA, kämpfen wie die Berserker gegen die illegalen Drogen, während in Ländern, die nicht mehr in Habachtstellung vor den USA und der Nato erstarren, die Drogen wuchern und wuchern. Ist das wirklich so?

Evo Morales

Was war geschehen? Evo Morales, der Präsident Boliviens, der in spitzem Ton als „linksgerichtet“ bezeichnet wird (wussten wir nicht schon immer, alle Linken sind Junkies?), hat der US-Antidrogenbehörde DEA verboten, weiter in Bolivien zu arbeiten. Er wirft der DEA vor, sich in die inneren Angelegenheiten Boliviens einzumischen und die konservative Opposition, die einige Tieflandprovinzen von Bolivien abtrennen will, finanziell zu unterstützen. Er wirft der Organisation auch politische Spionage vor.

Nun, diese Anklagen sind glaubwürdig. Das ist genau die Art und Weise, wie die US-Regierung und ihre offenen und heimlichen Organisationen immer vorgehen, wenn sie den Umsturz in einem Land vorbereiten: Oppositionskräfte, die „westlich eingestellt“ sind, werden mit Beträgen von Hunderten von Millionen von Dollar unterstützt, in den bürgerlichen Medien lanciert man gezielt Kampagnen gegen die jeweiligen Regierungen, man stellt Mängel in der Demokratie desjenigen Landes fest, nutzt schon bestehende Widersprüche aus und hat vor allem einige hundert gut ausgebildete Geheimdienstagenten im Land, die immer Konflikte schüren, wo sie können. Georgien, die Ukraine, Armenien und einige andere Ex-Sowjetrepubliken können da ein Lied singen.

In Südamerika kommt da dann noch dazu: In dem Masse, wie man nicht mehr den US-Organisationen freie Hand lässt im Land, wirf man ihm Mangel an Einsatz gegen die Drogen vor. Venezuela hat da schon so seine Erfahrungen.

Also sehen wir uns an, wie das mit den illegalen Drogen ist auf dieser Erde: Prinzipiell gibt es drei Arten von illegalen Drogen:
  • Die synthetischen Drogen

    Das sind Drogen wie LSD und eine Reihe anderer, die in chemischen Labors und kleinen chemischen Fabriken hergestellt werden. Da ihre Rohstoffe gut bekannt sind, könnte man das relativ leicht überwachen. Die überwiegende Mehrheit dieser Drogen werden in den „westlichen Ländern“, allen voran die USA, hergestellt Warum man das nicht in den Griff bekommt, hat bisher noch niemand vernünftig erklären können.
Bolivien: Bewaffnete Mitglieder von Rechts-Milizen
  • Die Gruppe der Östlichen Drogen

    Das sind vor allem die Drogen, die aus Mohn hergestellt werden, also Heroin, Opium und andere aus der Gruppe der Morphine und ausserdem Haschisch. Diese Drogen stammen in ihrer überwiegenden Mehrheit aus dem Anbau in Afghanistan, bekanntlich ein NATO-Protektorat und zum kleineren Teil aus der Türkei, einem der engsten Verbündeten der USA.

  • Die Gruppe der Westlichen Drogen

    Das sind Kokain sowie das daraus hergestellte Crack und Marihuana. Diese Drogen werden, soweit sie nicht in den USA selbst angebaut werden (Marihuana), in ihrer grossen Menge in Kolumbien und Peru angebaut und hergestellt, in geringerem Masse auch in Mexiko. Diese drei Länder sind enge Verbündete der USA, dort haben ganze Bataillone der US-Drogenbehörde DEA freie Hand, mit Flugzeugen, Hubschraubern und Bodentruppen. In allen drei Ländern sind Tausende von US-Agenten angeblich mit der Bekämpfung des Drogenanbaus und des Drogenhandels beschäftigt.
Morales und Lula in Santiago

Dazu kommt: Die weit überwiegende Zahl der Drogenkonsumenten sind in genau den westichen Ländern bzw. deren engen Verbündeten, mit Ausnahme von Opium, das vor allen nach China geht.

Zusammengefasst: Das Problem der illegalen Drogen ist ein fast ausschliesslich „westliches“ Problem, sowohl von der Seite der Herstellung als auch von der des Verbrauchs. Es findet in den „westlichen Ländern“ statt und in solchen, die vollständig von ihnen dominiert sind. Woher nehmen die bürgerlichen Medien dieser Länder den Mut, andere Länder zu bezichtigen? Da zeigen doch vier Finger der Hand auf den Urheber zurück!

Wenn es wirklich einen heftigen Kampf gegen die Drogen in den „westlichen Ländern“ und den von ihnen dominierten gibt, so ist er völlig vergeblich. Das Drogenangebot in allen „westlichen Ländern“ (und in anderen) wächst und wächst. Die Preise für alle diesen illegalen Drogen sind auf einem Allzeittief wegen Überangebot.

Bolivien: Mitglieder von Rechts-Milizen

Der „Kampf gegen die Drogen“, so wie auch der „Kampf gegen den Terrorismus“, wird verloren. Allerdings gibt es heftige Stimmen, die sagen, man will ihn verlieren, er wird gar nicht wirklich geführt.

Charakteristisch war, was passierte, als man in Afghanistan einmarschierte. Der Mohnanbau, der unter der Herrschaft der Taliban bis auf einen winzigen Teil reduziert worden war, wuchs innerhalb eines Jahres wieder auf die vorherigen Werte und wächst seitdem weiter steil an. Siehe hierzu auch den ersten Teil des Artikels „Afghanistan, die Drogen-Connection“.

Bolivien: Leichen von erschossenen Kleinbauern

Nun, das war auch keinerlei Wunder, denn man hatte sich ja mit der Nordkoalition der Drogenbarone zusammengetan. Der Bruder des von der NATO in völlig freinen Wahlen eingesetzten Präsidenten Karsai ist einer der grossen, wenn nicht der grösste Drogenlord des Landes. Der Warlord, dem man die Provinz Helmand anvertraute, war ein anderer bestens bekannter Drogenbaron. Später löste man ihm ab, um ihm einen Sitz im Senat zu verschaffen, der seinen Einfluss nun weit über `seine` Provinz wachsen liess. Siehe hierzu auch den zweiten Teil des Artikels „Afghanistan, die Drogen-Connection“.

Fachleute schätzen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Reichtümer, die an der Wallstreet umlaufen, auf Geldwäsche für Drogenbarone und andere kriminelle Grossorganisationen zurückzuführen sind. So ergibt es natürlich wirklich einen Sinn, dass man sich diese Super-Profite nicht entgehen lässt. Es muss also vermutet werden, der angebliche Kampf gegen die Drogen wird absichtlich verloren.

Bolivien: Brandschatzung einer staatlichen Organisation

Darauf weist auch die Arbeit des Enthüllungsjournalisten Garry Webb hin, der in jahrelanger Recherche herausfand, die CIA selbst tätigt einen wesentlichen Teil des weltweiten Drogenhandels und dies in einem Buch veröffentlichte. Die bürgerlichen Medien, die jetzt auf Bolivien zeigen, haben damals nicht eine einzige Meldung über das Buch gebracht. Garry Webb wurde entlassen, bekam nirgends mehr eine Anstellung und wurde später verselbstmordet aufgefunden, mit zwei Schüssen! Siehe hierzu auch „Garry Webb ist tot“.

Wie man kriminelle Grossorganisationen aushebt, die wohl für einen wesentlichen Teil des Drogehnadels verantwortlich sind, ist allgemein bekannt: Man kann einzelne Personen herausbrechen, mit Straffreiheit winken und sie gegen die Organisation aussagen lassen oder man kann Undercover-Agenten einschleusen – alles bereits zur Genüge exerziert. Doch offensichtlich tut man dies nicht mehr. Können Sie sich erinnern nach dem grossen Prozess geen die italienische Mafia in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts, dass auch nur eine einzige der Grossorganisattionen aufgeflogen ist? Können Sie sich danach irgendeines Gross-Gerichtsverfahrens erinnern? Eben, niemand kann sich erinnern.

Bolivien: Laden eines Verwandten von Morales gebrandschatzt

Der deutsche Polizeireporter Jürgen Roth hat in seinem Buch „Ermitteln verboten!“ gezeigt: In Deutschland sind sämtliche Ermittlungen gegen kriminelle Grossorganisationen eingestellt worden. Und Deutschland scheint nicht das einzige Land zu sein. Stattdessen will Frau Merkel überall Kameras installieren lassen, damit endlich jene Leute gefasst werden können, die auf der Strasse jemanden anrempeln.

Es ist einfach zu unglaubwürdig: man kann Menschen auf den Mond schicken und Wägelchen auf dem Mars herumfahren lassen, man kann 1 Million irakische Zivilisten umbringen, aber man bringt es angeblich nicht fertig, den überreichen Fluss der illegalen Drogen zu vermindern.

Was nun Bolivien betrifft, da gibt es wirklich den Anbau der Coca-Pflanze, aus deren Blättern man Kokain herstellen kann. Allerding macht man dort einen Tee aus diesen Blättern, der einen angenehm schläfrig macht. Die Indios dort kannten diesen Tee schon lange bevor im 16. Jahrhundert die weissen Eroberer kamen.

Nun, es wird auch wirklich ein Teil der bolivianischen Coca-Ernte zu Kokain verarbeitet, das betrifft aber weniger als 1% der Menge, die täglich aus Kolumbien und Peru, den beiden Länder, die eng mit den USA vermengte Regierungen haben, den Weg zu den Zentren des Verbrauchs finden.

Und schliesslich gibt es da noch einen Stachel im Fleisch Südamerikas: Das System SIVAM (Amazonas-Überwachungssystem). Mit hunderten von Radarstationen, mit Satelliten, mit 99 mit Radar ausgerüsteten Flugzeugen und einigen zusätzlichen Jets, mit einem irrwitzigen elektronischen Aufwand in der Zentrale in Manaus wird das gesamte Amazonasgebiet im Norden Brasiliens intensiv überwacht. Ein wesentlicher Teil des Kokains aus Kolumbien und Peru wird über dieses Gebiet als Umschlagplatz auf den Weg in die Haupt-Konsum-Zentren in Nordamerika und Europa gebracht. Das System ist seit 2004 in Aktion und wird von den USA kontrolliert (musste aber vom brasilianischen Steuerzahler bezahlt werden). Bis heute ist dort kein einziger grösserer Kokain-Transport aufgeflogen! Zum SIVAM-Artikel geht es hier.


Veröffentlicht am 3. November 2008 in der Berliner Umschau

Sonntag, 2. November 2008

Zwei Gedichte

“Die freie Wirtschaft” und “Höhere Finanzmathematik“


Gefunden von Karl Weiss


In diesen Tagen der Finanzkrise, der zusammenbrechenden Banken und ihrer wundersamen Wiederauferstehung von Steuerzahlers Gnaden, gibt es, wie zu erwarten war, auch Talente, die sich die Mühe machen, das Ganze in Versform zu fassen.

Hier der Text zweier Gedichte zum Thema:

Die freie Wirtschaft

Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.
Ihr sollt auf euern Direktor vertrauen.
Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.
Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.
Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein,
wir wollen freie Wirtschaftler sein!
Fort die Gruppen - sei unser Panier!
Na, ihr nicht.
Aber wir.

Ihr braucht keine Heime für eure Lungen,
keine Renten und keine Versicherungen.
Ihr solltet euch allesamt was schämen,
von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!
Ihr sollt nicht mehr zusammenstehn -
wollt ihr wohl auseinandergehn!
Keine Kartelle in unserm Revier!
Ihr nicht.
Aber wir.

Wir bilden bis in die weiteste Ferne
Trusts, Kartelle, Verbände, Konzerne.
Wir stehen neben den Hochofenflammen
in Interessengemeinschaften fest zusammen.
Wir diktieren die Preise und die Verträge -
kein Schutzgesetz sei uns im Wege.
Gut organisiert sitzen wir hier ...
Ihr nicht.
Aber wir.

Was ihr macht, ist Marxismus. Nieder damit!
Wir erobern die Macht, Schritt für Schritt.
Niemand stört uns. In guter Ruh
sehn Regierungssozialisten zu.
Wir wollen euch einzeln. An die Gewehre!
Das ist die neuste Wirtschaftslehre.
Die Forderung ist noch nicht verkündet,
die ein deutscher Professor uns nicht begründet.
In Betrieben wirken für unsere Idee
die Offiziere der alten Armee,
die Stahlhelmleute, Hitlergarden ...
Ihr, in Kellern und in Mansarden,
merkt ihr nicht, was mit euch gespielt wird?
Mit wessen Schweiß der Gewinn erzielt wird?
Komme, was da kommen mag.
Es kommt der Tag,
da ruft der Arbeitspionier:
"Ihr nicht.
Aber Wir. Wir. Wir."



Höhere Finanzmathematik

Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.
Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen - echt famos!
Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.
Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.
Trifft's hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken -
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!
Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.
Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.
Für die Zechen dieser Frechen
hat der kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!
Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.
Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.

Freitag, 31. Oktober 2008

Verdienen Deutsche Banken Vertrauen?

Wer hat die wahnwitzigsten Räder gedreht?

Von Karl Weiss

Deutschland rauscht in diesem Moment in eine tiefe Wirtschaftskrise, wahrscheinlich die tiefste, die es je gab, seit es ein Land gibt, das Deutschland heißt. Da wird man aktive Banken brauchen, die billige Kredite bereitstellen, damit wenigstens ein Teil der Unternehmen überleben kann. Doch die Deutschen Banken geben als Folge der Finanzkrise keinerlei Unternehmenskredite zu normalen Bedingungen. Eine hohe Prozentzahl der Bundesbürger ist für die Verstaatlichung der Banken. Ackermann beklagt eine Krise des Vertrauens in die Banken. Verdienen die Deutschen Banken Vertrauen?

Will man diese Frage beantworten, muss man zunächst einmal auf deren Aktienkurse sehen. Dort wird ihr Wert ja von den „Marktteilnehmern“ bewertet, die es eigentlich wissen müssten. Nun, alle großen deutschen Banken haben so um die 80% ihres Wertes seit Juli verloren (Deutsche Bank: 84%, Commerzbank: 80%, Postbank: 78 %, die Dresdner Bank hat keinen Aktienkurs mehr, aber die Mutter Allianz hat ebenso viel verloren). Aber es könnte ja sein, die Marktteilnehmer wissen einfach nicht Bescheid. Könnten die Banken nicht trotzdem die Retter der Nation sein?

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Wenden wir uns also der Frage zu, ob diese Banken sich in übertriebener Weise der großen Hebel bedient haben. Hierzu muss man wissen: Unter Hebel versteht man riesengrosse Finanzräder zu drehen, wenn das Eigenkapital im Vergleich dazu verschwindend klein ist. Jeder benutzt natürlich Hebel (das wird im Verhältnis zwischen Eigenkapital und Bilanzsumme gemessen), aber es wird äußerst bedenklich, wenn dahinter nur noch 1 oder 2% an Eigenkapital stehen.

Sehen wir zum Beispiel wichtige internationale US-Banken wie die Bank of America, Wachovia oder Wells Fargo: Die haben etwa 8% Ihrer Bilanzsumme an Eigenkapital und können sich darüber streiten, wer pleite gegangene Banken aufkaufen darf.

Sehen wir als nächstes auf die beiden US-Grossbanken J.P.Morgan und Citigroup und die englische HSBC-Bank: Sie weisen etwa 5% ihrer Bilanzsumme als Eigenkapital auf. Da gibt es schon bestimmte Risiken, man hat bereits ein grosses Rad gedreht.

Der Rettungs-Plan

Als nächste Kategorie gehen wir zu den Banken, die etwa 3% ihrer Bilanzsumme als Eigenkapital aufweisen können. Das ist schon kritisch, das Rad kann zu gross gewesen sein. Hierzu zählen die US-Investmentbanken Goldmann Sachs , Morgan Stanley, Lehmann Brothers, die Belgisch-Holländische Gruppe Fortis sowie die BNP. Wie alle schon wissen, ist Lehman Brothers Pleite, Fortis musste mit Riesensummen Geld zum Verkauf in Bruchstücken fit gemacht werden und die BNP wird wohl grössere Mengen an Staatsgeldern brauchen.

Schliesslich kommen wir zu der Gruppe von Banken, die völlig absurde Hebel verwendet haben und das Geld der Anleger in extreme Gefahr gebracht. Sie haben nur etwa 2% oder weniger ihrer „Räder“ (Bilanzsumme) mit Eigenkapital abgesichert, da ist alles drin. Hierzu gehören die Commerzbank, die Postbank, die ING (die bereits Staatsgelder in Anspruch genommen hat) und mit deutlich unter 2% als Spitzenreiter unserer kleinen Liste die Deutsche Bank.

Woher, glaubt Ackermann, kann er unter diesen Umständen Vertrauen erwarten?

Schliesslich fragen wir die entscheidende Frage: Sind die Deutschen Banken, nachdem ihnen das Überleben mit Steuergeldern abgesichert wurde, dazu übergegangen, wieder Kredite zu normalen Bedingungen an Unternehmen zu geben? Die Antwort ist Nein.

Wer im Moment in seinem Unternehmen nicht genug Cash hat und auf Kredite angewiesen ist, ist arm dran. Entweder er nimmt Kredite zu Wucherbedingungen auf und wird wohl Pleite gehen, sobald ihn der Absatzeinbruch erwischt, oder er geht jetzt schon pleite, weil er Rechnungen nicht zahlen kann.

Die Banken sitzen auf Riesenmengen von Euro. Sie legen sie als Tagesgelder zu niedrigen Zinsen bei der Europäischen Zentralbank an, statt Kredite zu vergeben.

Der Grund also, der uns genannt wurde, warum man mit 500 Milliarden Euro die Banken retten muss, weil es sonst nämlich niemand mehr gäbe, der Kredit vergibt, ist vorgeschoben. Es gibt überhaupt keinen Kredit zu normalen Bedingungen!

Der wirkliche Grund des Milliardenpakets ist: Die Banken haben ihre Lakaien in den Parteien einfach angewiesen, ihnen dies Geld bereitzustellen. Sie haben nämlich das Sagen.


Veröffentlicht am 31. Oktober 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

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"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staaat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Können Sie das glauben?"

Donnerstag, 30. Oktober 2008

War Haider schwul?

Scheinheiligkeit ist schlecht

Von Karl Weiss

Unter Rechtsextremen und erst recht Faschisten ist Homosexualität mindestens genauso verpönt, wie Jude zu sein. Da wäre es gewissermaßen ein Trompetenstoss, wenn sich plötzlich über einen prominenten Rechtsaussen herausstellte, er wäre bisexuell, mindestens genauso wie vor einiger Zeit, als man erfuhr, der Recht-und-Ordnung-Schill schnupft Kokain. Nun gibt es klare Aussagen, wiederholt in seriösen Presseorganen, dass der österreichische Super-Rechts-Politiker Haider, vor zwei Wochen tödlich verunglückt, ein sexuelles Doppelleben hatte

Haider (mitte) mit Petzner (rechts)

Die ersten Gerüchte kamen auf, als in der Partei Haiders Widerstände gegen die Wahl des Generalsekretär Stefan Petzner zum Parteivorsitzenden der BZÖ auftauchten. Auch bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden in Wien fiel er durch. Jemand ließ das Wort „Lebensgefährte“ fallen. Petzner hat Haider sein „Lebensmensch“ genannt. In einigen Gegenden Österreichs gibt es die Bezeichnung "das Mensch" für eine Frau.

Dann kam die Aussage an das Tageslicht, dass Haider, der bei seinem Unfall von einer privaten Feier kam, dort praktisch nüchtern etwa zweieinhalb Stunden vor dem Unfall abgefahren war. In den zweieinhalb Stunden muss etwas vorgefallen sein, um auf 1,77 Promille Alkohol im Blut zu kommen.

Jetzt kam die entscheidende Information. Haider wurde während dieser Zeit in Begleitung in einem Homosexuellenlokal in Klagenfurt gesehen, wo er mehr als eine Flasche Wodka verköstigte.

Offiziell mit Frau und zwei Töchtern zusammenlebend, führte Haider anscheinend ein Doppelleben, hatte daneben wohlmöglich männliche Lebensgefährten, so wie angeblich Petzner, und wagte sich sogar in Homosexuellenlokale, obwohl sein Gesicht eines der bekanntesten Österreichs war.

Nun geht das eigentlich niemand etwas an, schließlich haben wir nichts gegen Homo- oder Bisexuelle und das sind Sachen des Privatlebens. Ja, wenn...

Wenn nicht die Rechtsextremisten geschworene Feinde der Homosexualität und Homosexuellen wären. Auch die FPÖ war zu Zeiten, als sie noch Haider-Partei war, strikt anti-homosexuell, was erst später geändert wurde. Es sei auch noch angemerkt: In faschistischen Staaten und auch Ländern mit stark rechtsgestrickten Regierungen (wie zum Beispiel im Moment in Polen) wurden und werden Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Neigung verfolgt. Unter Hitler wurden alle, deren man habhaft werden konnte (und noch einige mehr, die einfach denunziert worden waren) in die KZ gesteckt und dort besonders schlimm misshandelt. So gut wie keiner ist da lebend herausgekommen.

Auch der Kokain-Konsum Schills ist, abgesehen davon, dass dies natürlich eine kriminelle Handlung ist, nicht ein grösseres Problem als wenn der designierte Bundestrainer mit Kokain erwischt wird. Aber im Fall Schill waren es ja gerade die kleinen Vergehen, die er als Richter und später als Innensenator speziell im Visier hatte (Zero-Tolerance-Policy) und belegte sie mit langen Gefängnisstrafen. Dann kann man erwarten, dass er nicht selber zum Delinquenten wird.

Schill beim Koksen

Ebenso muss man sehen, die rechte Szene von vorwiegend christlich-extremistischer Provenienz in den USA und auch in einigen anderen Ländern sind fanatische Bekämpfer der Homosexuellen, wobei da in der Regel die Bisexuellen mit eingerechnet werden. In mehreren US-Bundestaaten sind die Anstrengungen der Republikaner darauf gerichtet, die Homosexualität als solche wieder strafbar zu machen. Vor kurzem geschah es zum Beispiel, dass eine solche christlich inspirierte Gruppe von Rechtsextremen auf der Beerdigung eines Soldaten erschien, der im Irak gefallen war und gegen die Aufnahme von homosexuellen Soldaten in den Militärdienst protestierten. Der Vater des toten Soldaten hat das bis heute nicht überwunden.

Eine Anzahl der Baptisten-Kirchen in den USA halten geschlossene Anstalten bereit, in die Jungen, die der eventuellen Homosexualität verdächtig sind, „umerzogen“ werden, d.h. faktisch so lange mit Elektroschocks im Intimbereich gequält werden, bis sie wirklich keine Sexualität mehr haben.

In den verschiedensten Ländern gibt es Fälle, in denen Rechtsextremisten, Faschisten, Skinheads oder „White Power“-Leute Jagd auf (wirkliche oder vermeintliche) Homosexuelle machen und sie zusammenschlagen und oft auch umbringen.

Zwar hat die BZÖ Haiders die Homosexuellen (wohl auf Initiative Haiders?) nicht auf der Liste der Erzfeinde gehabt, aber er hielt seine Neigungen doch lieber geheim. Er wollte wohl vorsichtshalber nicht ausprobieren, wie seine Wählerschaft darauf reagiert. Allerdings schienen schon eine Menge Gerüchte in der Partei umzulaufen.

Haider war treibende Kraft, als in der damaligen Rechtskoalition unter Schüssler das „Schutzalter“ für Sex mit Jugendlichen modifiziert wurde. Bis dahin war Sex mit Mädchen zwar ab 14 Jahren frei, aber mit Jungs erst ab 18. Eine Neunzehnjährige, die mit einem Siebzehnjährigen Sex hatte, konnte vorher in Österreich als Kinderschänderin angeklagt werden. Haider sorgte mit dafür, dass nun auch mit jüngeren Jungs Sex gemacht werden kann.

Nein, man darf wirklich nicht Homosexuelle für schlecht halten oder verfolgen, aber die meisten Leute halten Scheinheiligkeit für schlecht.


Veröffentlicht am 30. Oktober 2008 in der Berliner Umschau, hier redigiert und mit einem Zusatz und Bildern versehen

Originalveröffentlichung

Karl Weiss - Journalismus

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