Oekonomie

Montag, 20. Oktober 2008

Banken gerettet - Staat Pleite?

Wer ist am Drücker?

Von Karl Weiss

Interessanterweise hat niemand die Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestags gefragt, woher sie denn die 500 Milliarden Euro für das Unterstützungspaket der armen, notleidenden Banken nehmen wollen. Nun, alle ahnen schon, woher: Man wird einfach neue Schulden aufnehmen. Das wird üblicherweise über Staatsanleihen bewerkstelligt. Was aber, wenn der Staat Bundesrepublik nicht mehr für so viel gut ist?

Reichstag - Bundestag

Nur dass man eine grobe Ahnung hat, was 500 Milliarden Euro darstellen – weil diese Summe nämlich für Menschen unvorstellbar ist: Für etwa 1 Milliarde kann man eine Autofabrik hinstellen, die mehrere Tausend Autos pro Tag herstellt (wir haben hier im Grossraum Belo Horizonte gerade eine solche Investition von Fiat). Der Betrag, den man den unersättlichen Bank-Herren in den Rachen stopft, wäre also groß genug, um 500 Autofabriken auf die grüne Wiese zu stellen, von denen jede mehrere tausend Autos am Tag (am Tag!) herstellen kann.

Jeder erinnert sich noch genau, wie genau jene Bundestagsabgeordneten, die jetzt das 500-Milliarden-Paket durchgewinkt haben und deren Parteikollegen aus der Landes- und Kommunalpolitik uns wieder und wieder erklärt haben, es sei kein Geld da. Nicht einmal 10 Millionen, das sind 0,02% jenes Betrages, konnten aufgebracht werden, wenn es um die Belange der Bürger ging. Doch jetzt, als es um die Belange des Finanzkapitals geht, ist Geld in rauhen Mengen vorhanden? Ein Freund des Verfassers nennt das „Wir werden verhohnepiepelt!“.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Hatte einmal irgendein dreister Typ gewagt darauf hinzuweisen, man könne ja Schulden aufnehmen, dann bekam er einen Vortrag, der sich gewaschen hatte: Ob man denn wahnsinnig sei? Die Schulden seien heute schon so hoch, dass sie kaum noch bezahlbar seien. Man würde den kommenden Generationen eine unerträgliche Bürde auferlegen, jede weitere Staatsverschuldung müsse vermieden werden. Man könne auch jetzt bald bereits den Bundeshaushalt ausgleichen.

Und nun? Man hatte nur nach 10 Millionen gefragt und jetzt werden 500 Milliarden aus der Schatulle gezaubert? Jetzt ist plötzlich der Untergang des Abendlandes nicht mehr angesagt, wenn die Staatsschulden um Beträge erhöht werden, die menschliches Vorstellungsvermögen überschreiten? Unsere Kinder und Enkel werden nun lachen über die Staatsverschuldung?

Verhohnepiepelt? Ist das Wort nicht etwas schwach dafür?

Der Kolumnist der „Financial Times Deutschland“, Wolfgang Münchau, fragt in seinem neuesten Kommentar, ob denn nicht vielleicht der Staat pleite geht, wenn man alle Banken rettet und ob damit etwas gewonnen sein wird. Er meint, statt mit Vollgas auf eine Wand zuzufahren, würde man jetzt mit Vollgas auf einen Abgrund zufahren. Er erinnert daran: Es steht ein wirtschaftlicher Abschwung bevor (er meint eine Wirtschaftskrise) und man wird ein umfangreiches Konjunkturprogramm brauchen, damit daraus nicht eine Depression wird (damit meint er eine extrem tiefe, langandauernde Wirtschaftkrise).

Bundestag - Reichstag

Er erinnert ebenso daran, dass nach den Banken als nächstes die Versicherungen und danach die Autoindiustrie kommen werden, die ebenfalls ihren Anteil vom grossen Staatskuchen haben wollen – und damit endet es sicher nicht. Er nennt das Problem: Die langfristige Solvenz des Staates.

Wie drückt sich das aus? Dadurch, dass der internationale Bond-Markt zusammenbricht. Bond-Markt, das sind die Staatsanleihen. Die US-Staatsanleihen heissen Dollar-Bond und die europäischen Euro-Bond. Wenn der Bond –Markt zusammenbricht – und das erwartet Münchau mit Sicherheit – dann werden die entsprechenden Währungen einen nachhaltigen Wertverfall erleben.

Ausgelöst würde das von weitaus zu hohem Abrufen der Regierung (zunächst wohl jene der USA) von Geld vom internationalen Markt für (Dollar-)Bonds. Plötzlich werden „lots“ (so nennt man einen Stapel von (Dollar-)Bond-Papieren), die man anbietet, nicht mehr vollständig verkauft werden.

Capitol, Washington (DC)

Dann muss man höhere Zinsen bieten, um überhaupt noch zu verkaufen, dann reicht auch das nicht mehr und schon beginnt die Spekulation gegen die Währung, was zu ihrem katastrophalem Wertverlust führt – das dürfte zunächst der US-Dollar sein, aber angesichts der Jumbo-Bankenrettungspakete von fast allen Euro-Ländern (wie auch von Grossbritannien mit seinem Pfund und der Schweiz mit ihrem Fränkli) werden dann wohl auch andere Währungen dran sein.

Wer Lust hat, sich die Details eines Staatsbankrotts anzusehen, der braucht nur nachzulesen, was in Argentinien am 21. Dezember 2001 und den folgenden Wochen geschah (Stichwort ‚Argentinazzo‘).

Münchau meint, weltweit wäre das eine Katastrophe. Eine Katastrophe, um einer anderen auszuweichen, deren genaues Gesicht uns bisher noch niemand klar gemacht hat.

Was wäre denn daran so schlimm, wenn – sagen wir – 4 der fünf grösseren Banken in Deutschland und 40 der mittleren und kleinen Banken über die Wupper gehen würden (die Zahlen vier und vierzig mag jeder nach Gusto durch andere ersetzen – insgesamt gibt es 2003 Banken in Deutschland)? Andere Banken würden deren Geschäft und wohl auch teilweise deren Personal übernehmen, einige würden schlicht aufgekauft. Ja und? Das ist schon in vielen Branchen so geschehen, ohne dass jemand den Untergang der Welt an die Wand gemalt hätte.

Was ist daran so entsetzlich, wenn viele grosse und auch mittleren Banken eventuell vom Markt verschwinden? Nun, die Antwort ist einfach: Im Kapitalismus ist das Finanzkapital (das sind die grossen und mittleren Banken) Teil der Monopole, die die Macht haben. Sie ordnen also einfach an, ihnen diese Summen zur Verfügung zu stellen. Es geht nicht darum, dass es noch Banken gibt und die das Kreditwesen aufrecht erhalten können, es geht darum wer die Macht hat. Den Bankherren ist völlig wurscht, ob der Staat später den Bach hinunter geht oder ob die Währung entwertet wird oder ob Millionen ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Da ist nicht ihr Bier. Sie sind am Drücker und sie haben Regierung und Parlament in der Hand.

Gut, dass wir das nun wissen. Wir sollten das wohl auch unseren Kindern und Enkeln erklären, die sicherlich diese Schulden nicht werden bezahlen wollen. Und: Am Tag nach der Revolution gibt es keine Staatsschulden mehr.


Veröffentlicht am 20. Oktober 2008 in der Berliner Umschau, hier mit einem kleinen Zusatz versehen

Originalartikel

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Montag, 13. Oktober 2008

USA: 28% effektive Analphabeten?

Amerika im Niedergang

Von Karl Weiss

Der US-Soziologe Richard Sennett vertritt die These eines allgemeinen Niedergangs der Vereinigten Staaten, weil nicht die Fertigkeiten der US-Bürger das Kapital darstellten, sondern die Finanzmanipulationen, deren Blase jetzt geplatzt ist. Die Aussagen Sennetts sind hier mit eigenen Recherchen und eigenen Anmerkungen angereichert.

Capitol, Washington (DC)

Sennett sagt, es gäbe in den USA 28% von „effektiven Analphabeten“, das seien solche, die einen Vertrag oder einen längeren Text nicht verstehen könnten. Das generelle Ausbildungsniveau dort sei zu gering.

Zwar gebe es die superteuren Spitzen-Universitäten, die tatsächlich Spitzen-Kräfte hervorbringen, aber das sei viel zu wenig für ein so grosses Land. Es würden viele Spezialisten aus dem Ausland angeworben, zum Beispiel Ingenieure und Programmierer. Das kann aber schnell zurückschlagen, wenn eine Wirtschaftskrise eintritt, so wie jetzt. Wer so flexibel ist, in die USA auszwandern, ist auch so flexibel, das Land wieder zu verlassen, wenn er den gut bezahlten Job verliert.

Er erkennt an, dass „Wall Street“und „Silicon Valley“ Spitzenprodukte auf dem Finanzsektor und dem IT-Sektor hervorbringen, sagt aber, das könne auf die grosse Zahl der US-Unternehmen nicht übertragen werden. Diese würden vielmehr keinen Wert auf die Fertigkeiten der Mitarbeiter lege, keine Weiterbildung anbieten, stattdessen neue Leute einstellen und die alten entlassen. Das führe nun, in der Krise, zu einem allgemeinen Gefühl des Niedergangs in der US-Bevölkerung.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Die US-Wirtschaft hat in den letzten zwanzig Jahren einen fundamentalen Verlust an Fertigkeiten aufzuweisen. Das ist überdeckt woden durch den Finanz-Boom des neuen Jahrhunderts, aber nun merkt der „kleiner Mann“ in den USA, er ist nicht der Gewinner in diesem Kapitalismus.

Sennet nennt u.a. den deutschen Maschinenbau als Gegenbeispiel, der weiterhin weltweit führend sei. US-Firmen, die da mithalten können, sind an den Fingern einer Hand abzuzählen.

All dies ist bisher nicht ans Tageslicht gekommen, weil die USA sich überall in der Welt bis über beide Ohren verschuldet habe und weil man einen Konsum-Boom auf Kredit erzeugt hat. Dies ist aber nun vorbei und die US-Bürger verlieren ihren Job, ihr Haus und ihre Kreditkarten. Damit bricht aber ihre Welt zusammen.

9-11-Foto

Deutlich werde dies, so Sennett, in der Attraktivität das Kandidaten-Gespanns der Republikaner, McCain und Palin, die nichts als Nostalgie nach den guten, alten US-Zeiten zu bieten haben. Nur seien diese Zeiten unwiderruflich vorbei.

Er weist die These zurück, in den USA sei die Arbeitslosigkeit niedriger als in Deutschland. Man zähle nur nicht die 1,5 Millionen Gefängnisinsassen mit und auch nicht jene, die nur Teilzeitjobs haben.

Als Beispiel für die schlechte generelle Schulbildung in den Vereinigten Staaten nennt er die Erfahrung von Lehrern, die beide Systeme kennen. Ein US-High-School-Absolvent sei ungefähr zwei Jahre hinter einem deutschen Abiturienten zurück.

Housing Slump

Weiter unten im System sei es noch schlimmer. Es gebe keine der deutschen Lehrlingsausbildung äquivalente Institution in den USA. Arbeiter sind Hilfsarbeiter und kommen nie über diesen Status hinaus.

Als eines der grössten Handicaps der US-Bevölkerung sieht Sennett das US-Konsumverhalten an, das völlig irrational sei: „Bist du unglücklich, geh einkaufen!“. Sparen gehört nicht zum Handwerkszeug des US-Amerikaners. Das wirkt sich jetzt speziell negativ aus.

Die Mängel des US-Schulsystems macht er auch daran deutlich, dass dort 600 Mal mehr für Sport als für Naturwissenschaften an den Schulen ausgegeben wird.

Immobilienkrise USA

Und die grosse Zahl der US-Nobelpreisträger? Er sagt: „Oben ist Amerika spitze, aber die große Masse der Gesellschaft droht zu scheitern.“

Er legt auch dar, dass neue kleinere Firmen in den USA weit häufiger schliessen müssen als in Deutschland oder Skandinavien. Er meint, die relativ starke Rolle der Gewerkschaften in Deutschland wirke sich jetzt in Deutschland positiv aus, in dem Sinne, dass 'good old Germany' seiner Ansicht nach nicht so katastrophal von der Krise getroffen wird wie der grosse Bruder auf der anderen Seite des Atlantiks.

Hier ist der Link zum Interview.

Als Zusatz noch die Erfahrung eines der Freunde des Berichterstatters, der in den USA arbeitete: „Es war Anfang der Neunziger Jahre. Ich war eingeladen worden, eine Firma zu besuchen, die tief in den Apalachen in Pennsylvania lag. Die Tochter des Firmenbesitzers fuhr mich vom Flughafen Pittsburg zum Hotel. Sie zeigte sich interessiert, etwas über die damals letzten Entwicklungen in Deutschland zu erfahren. Ich bemerkte verwundert, dass sie offenbar keine wirkliche Kenntnis über die deutsche Wiedervereinigung hatte und versuchte Einiges zu erklären. Sie war als Tochter des Besitzers einer Firma mit mehr als 100 Beschäftigten eine typische Mittelklasse-Vertreterin. Als wir an einer Ampel anhalten mussten, fragte sie, ob wir in Deutschland auch Ampeln hätten.“


Veröffentlicht am 13. Oktober 2008 in der Berliner Umschau


Originalveröffentlichung

Montag, 22. September 2008

Dossier (Neo-)Liberalismus: Das Waterloo des (Neo-)Liberalismus

Plötzlich ist Geld zur Genüge vorhanden

Von Karl Weiss

Wenn es noch jemanden gab, der den Glaubenssätzen des (Neo-)Liberalismus Vertrauen entgegenbrachte, der kann dies nun getrost zu den Akten legen. Wenn die Bibel der Neoliberalen nicht sowieso schon widerlegt war, so tut dies spätestens die momentane Situation der weltweiten Finanzkrise und des langsamen Eintauchens in die Welt-Wirtschaftskrise.

Reichstag - Bundestag

Wenn Napoleon bei Waterloo der endgültigen Niederlage ins Auge sehen musste, so sind diese Tage der Milliarden und Billionen Dollar (und Euro) Unterstützungen von Banken und anderen Kreditinstituten mindestens genauso endgültig das Waterloo des (Neo-)Liberalismus. Wer so vollständig alles „vergisst“, was er je gepredigt hat und genau das Gegenteil tut, das, was er bisher als „Sozialismus“ und Bolschewismus“ verteufelt hat, der hat jeden Rest von Glaubwürdigkeit verloren.

Nun bestehen allerdings kaum Aussichten, dass die (neo-)liberalen Politiker und die „Fachleute“, die Volkswirtschaftler und Börsengurus, die Bankiers, Bank-Vorstandvorsitzenden und Herren der Monopole, aufhören werden, ihr (neo-)liberales Einmaleins und ihre unverrückbaren Grundsätze verlauten zu lassen, ganz zu schweigen von unserem Lieblingspolitiker Westerwelle. Nur werden sie jetzt leicht durchschaubar sein.

Fragt man nach bei all diesen bürgerlichen „Fachleuten“, wieso dass, was gerade eben noch eine Todsünde war, nun von allerhöchster Stelle (Notenbanken und Regierungen) munter praktiziert wird, so kommt so manche dümmliche Ausrede, es wird vom Thema abgelenkt oder abgestritten, dass dies überhaupt unter jene Regeln falle – kurz, man weiss nicht mehr ein noch aus und muss frei erfinden.

Bundestag - Reichstag

Natürlich haben sie getönt, der Staat dürfe nie in die Abläufe des Marktes eingreifen, der Markt reguliere sich immer selbst und täte dies immer zum besten der Allgemeinheit. Natürlich ist das Hinauswerfen von Geld des Steuerzahlers für Leute, die sich verzockt haben, nicht mit (neo-)liberalen Grundsätzen vereinbar. Als es um ein halbwegs annehmembares Niveau einer Arbeitslosenhilfe ging, da haben sie gezetert, das käme nicht in Frage, das sei gegen alle Regeln der Marktwirtschaft (sprich Kapitalismus), auch wenn das bedeutete, Hunderttausende in die Armut, Zehntausende von Kindern in die Hoffnungslosigkeit zu stürzen. Nun aber, da es um ausgewachsene Banker und Bankiers geht, da laufen die Tränen des Mitleids in Strömen und das Füllhorn, von dem man gerade noch behauptet hatte, es sei leer, ist plötzlich bestens gefüllt.

Die angeblichen Regeln des Kapitalismus werden plötzlich recht dehnbar, wenn es ums Retten von Banken geht. Und selbst da gibts keine festen Regeln. Während Bear Stearns gerettet wurde, liess man die in jeder Beziehung vergleichbare Lehmann Brothers absaufen – erst später fand sich ein Käufer für den Rest mit Barclays.

Was da inzwischen bereits an Werten verbraten wurde, ist bemerkenswert. Allein die Garantien für die grössten Hypothekenbanken der Welt, Fannie Mae und Freddy Mac, die im Kern auf eine ‚weisse‘ Verstaatlichung hinauslaufen, werden zwischen 500 Milliarden Dollar (auf englisch: 500 Billion dollars) und 4 Billionen Dollar (auf englisch: 4 trillion dollars) geschätzt. Auch Merril Lynch musste mit Staatsgarantien in Milliardenhöhe versehen werden, damit sich mit der Banc of America ein Käufer fand.

Northern Rock Pleite

Die Northern Rock (verstaatlicht) ist schon fast vergessen, und in Deutschland hat man sich mal wieder als besonders absurd erwiesen. Die IKB, die keinerlei Bedeutung am Markt hatte, wurde mit Milliarden Euros gestützt, obwohl nicht der geringste Anlass bestand. Wie zu erwarten, stellte sich inzwischen heraus, die hatten gelogen, das reicht bei weitem nicht aus und nun wird man dem Schwachsinns-Geld noch viele weitere Milliarden Steuerzahlergeld hinterherwerfen.

Chávez und Lula

Wenn Hugo Chávez Öl, Gas und Banken faktisch verstaatlicht, dann ist dies das Böse in Person, wenn die US-Fed Fannie und Freddy faktisch verstaatlicht, dann ist das weise.

Evo Morales

Wenn Evo Morales bolivianisches Gas und Wasser verstaatlicht, dann ist das angeblich „linksextrem“, wenn die deutschen Landesbanken wie die Norddeutsche Landesbank, die Westdeutsche Landesbank, die Sächsische Landesbank, die Bayerische Landesbank, die Kreditgesellschaft für Wiederaubau - KfW und was da noch alles kommt, mit Beträgen gestützt werden, die zusammen in die Hunderte von Milliarden Euro gehen, dann haben die christlichen Politiker (rein zufällig alle unter christlicher Fuchtel) ihrer Christenpflicht Genüge getan.

Otto Wiesheu

Und – wir wissen – das war nur der Beginn. Die grössten Probleme noch im Kommen. Bisher ist noch fast kein Hedge Fond betroffen – und davon gibt es weit mehr als Banken. Auch die Auswirkungen auf die Versicherungen beginnen erst jetzt langsam am Horizont aufzutauchen. Die genaue Höhe der Hilfe für US-Versicherer American International Group, den weltweit grössten Versicherer, wurde nicht bekanntgegeben. Auch eine Sparkasse, Washington Mutual, ist Kandidat. Von den fünf grossen US-Investment-Banken haben bis jetzt nur Goldmann-Sachs und Morgan Stanley überlebt. Promt gehen deren Kurse auf Talfahrt. Auch bereits im Blickpunkt: Die britische Halifax Bank of Scotland.

Sehen wir uns nun die Glaubensätze des (Neo-)Liberalismus im Einzelnen an:



Glaubenssatz Nr. 1: Der Markt richtet alles!


Eigentlich war dieser Glaubenssatz längst widerlegt, spätestens seit jener Zeit Mitte des letzten Jahrhunderts, als Ford und GM das Bahnsystem in Los Angeles kauften und schlossen. Sie brachen damit Bahn (im wahrsten Sinne des Wortes) zu einer Entwicklung von Los Angeles zu einer reinen Straßenstadt (einer der hässlichsten und ungemütlichsten der Welt) und zum heutigen Verkehrschaos in der zweitgrößten Stadt der USA. Wer heute an einem Tag zwei Kunden an zwei Enden in Los Angeles besuchen will, schafft es oft nicht, weil er in stundenlangen Staus steht – und das, obwohl die Stadt so mit Straßen zugepflastert ist (wiederum im wahrsten Sinne des Wortes), dass sie als Stadt nicht mehr erkennbar ist. Man wohnt praktisch auf dem Autobahnkreuz.

Auch die Logik sagt einem schon: In einer Situation,in der die Gemeinschaft ein Interesse hat und der jeweilige Kapital-Herrscher nur das seines Profits, wird es unweigerlich zu Interessen-Konflikten kommen, die im Kapitalismus zugunsten des Kapitals und zuungunsten der Gemeinschaft ausgehen. Das heißt nicht, es könne auch Fälle geben, in denen beide Interessen zusammenlaufen, aber das ist eben selten und wird in der aktuellen Situation noch seltener bis praktisch unmöglich.

Jene Firma, die z.B. ein gut funktionierendes Hybrid-Auto Wasserstoff/Elektro mit Sonnen-Zellen auf dem Dach entwickelt hat, hat sicherlich Profitinteressen - und gleichzeitig hat die Menschheit ein tiefgehendes Interesse, dass diese Firma gedeiht und solche Autos massenweise auf den Markt bringen und vervollkommnen kann.

Was ist aber die Wirklichkeit? Die absolute Monopol-Situation der verbliebenen Automobil-Konzerne verhindert jegliche Möglichkeit, ein anderes Auto als jene des Automobil-Kartells könnte je zum Verkaufsschlager werden. Da die Konzerne aber keinerlei Interesse haben, in neue Technologien ernsthaft einzusteigen, denn es könnten ihre Monopol-Profite gefährdet sein, so radieren sie buchstäblich jede Chance eines Aussenseiters aus.

Gleichzeitig versichern sie ununterbrochen ‚glaubhaft’ seit Jahrzehnten, alle alternativen Konzepte wären noch nicht ausgereift. Da stimmen sie, welch Zufall, dann auch mit den Energie-Konzernen und denen des Öls überein. So kam es zu der Lachplatte, die hier in Brasilien die Runde machte: Ein hoher Vertreter eines der grossen Öl-Konzerne verkündete mit ernster Miene auf einem Symposium, die Verwendung von Alkohol als Benzin-Ersatz sei noch nicht ausgereift – und dies, nachdem die Alkohol-Autos in Brasilien bereits seit den siebziger Jahren fahren! Autos von Volkswagen, GM und Ford!



Wenn die GM jetzt ausschert und wirklich ein Elektro-Auto auf den Markt bringt, zeigt das nur den Grad der Verzweiflung der Manager dort angesichts eines kollabierenden Auto-Marktes.

In Wirklichkeit richtet „der Markt“ eigentlich immer nur eins: Die Profite des Mächtigsten und Rücksichtslosesten – und die regelmässgen Krisen.

Immobilienkrise USA

Denn „der Markt“ kann nicht erkennen, wann eine Überproduktionskrise droht, so eine wie jene, die im Moment weltweit eine Ökonomie nach der anderen packt. Der Kapitalist kann nämlich nicht „logisch“ handeln, denn dann müsste er die Löhne seiner Arbeiter Jahr für Jahr deutlich anheben, zumindest um die Inflation plus Produktivitätssteigerung, um damit genügend Kaufkraft zu erzeugen, damit seine Produkte einer ständig wachsenden Produktion gekauft werden können und müsste auch noch darauf vertrauen, dass die anderen Kapitalisten es genauso machen. Nun, wir wissen, Lohnerhöhungen in dieser Grössenordnung hat es zuletzt in den 70er-Jahren gegeben – und auch damals nur in Ausnahmefällen.

Der Kapitalist muss versuchen – bei Strafe, von den Konkurrenten abgehängt zu werden – seinen Profit pro Kapitaleinsatz (Profitrate) immer mehr zu erhöhen, doch er stösst damit unweigerlich auf die Probleme, die eine wesentlich erhöhte Produktion (die seine Profitrate garantieren soll) mit dem Absatz hat.

In einer chaotischen Marktwirtschaft, genannt Kapitalismus, hängt dieser Absatz davon ab, ob er irgendwie Vorteile gegenüber seinen Konkurrenten erreichen kann, was diese dann wiederum in eine Situation der massiven Nicht-Auslastung bringt.

Da sie aber auch die Produktionskapazitäten ausgeweitet haben, entsteht die Situation der Überproduktion. Die Produkte finden zu grossem Teil keinen Absatz mehr, denn die Löhne der Arbeiter wurden ja nicht, bzw. nicht nennenswert erhöht (Real-Netto-Löhne), so dass Kaufkraft fehlt. Die Wirtschaftskrise beginnt. Sie wird zum Schliessen von Firmen führen, zu Massenentlassungen, Neueinstellungen werden praktisch nicht mehr getätigt, die Löhne noch weiter versucht zu senken. Erst wenn genügend Kapital vernichtet ist, kann sich das jeweilige Land wieder langsam aus der Krise herausarbeiten und auf niedrigerem Niveau neu beginnen.

So ist das Bild geschlossener Fabriken – ganzer Komplexe von leeren Werkshallen, durch die der Wind pfeift, überall im Kapitalismus häufig und gibt Zeugnis über die unglaubliche Verschwendung von Resourcen, die mit der Chaos-Gesellschaft Kapitalismus einhergeht.

Dies ist der Ausdruck der Anarchie, die durch die Konkurrenzwirtschaft bedingt ist. Die Chefs der grossen Konzerne können sich ja nicht zusammensetzen und eine Aufteilung des Marktes beraten, die allen Luft zum Atmen lässt und allen gute Gewinne garantiert, denn damit würden ja die Regeln des Kapitalismus verletzt. Wenn sie dies wirklich einmal tun, so bilden sie vielmehr Kartelle, was die anderen Konkurrenten oft detoniert.

Karl Marx

Erst im Sozialismus wird die Gesellschaft statt der Anarchie die sinnvoll geplante Produktion einführen, in der genau das und genau so viel hergestellt wird, was und wie man bracht. Dann kann man die Umwelt schützen, ohne durch die Konkurrenz gezwungen zu sein, Umweltregeln zu verletzen, dann kann man die Energiegewinnung so gestalten, wie es am sinnvollsten ist statt so, wie bestimmte Konzerne am meisten Profit haben. Dann kann man sich überlegen, wie man sinnvoll den Transport von Menschen und Gütern im Kurzbereich, im mittleren Bereich, im Fernbereich sowie im Interkontinentalbereich organisiert und dann entsprechend danach handeln.


Glaubenssatz Nr.2: Öffentliche und Staatliche Unternehmen müssen immer privatisiert werden, nur dann sind sie „effektiv“

Auch dies längst widerlegt. Was privatisierte Unternehmen an „Effektivität“ gewinnen, ist ein Profit für die Neu-Aktionäre – und auch das ist nicht sicher, siehe der Fall Telekom. Dass die Dienste der Firma für die Gemeinschaft effektiver werden, ist dagegen durch nichts garantiert, oft geschieht sogar genau das Gegenteil.

Man sehe sich nur an, was die Privatisierung der Bahn in England für Verschlechterungen gebracht hat. Selbst die „Süddeutsche“, sonst fast immer „His Masters Voice“, schreibt in einem Kommentar am 29.4.08: „...gab es, zumal in Frankreich und Großbritannien, Privatisierungskatastrophen: das Waterleau von Grenoble oder die Auflösung der British Rail. (...) Deutschland ist von solchen ganz großen Desastern verschont geblieben.“

Bis jetzt wurde die Bahn ja auch noch nicht privatisiert.

Argentina - Trainmaps

Die Privatisierung der Bahn in Argentinien kann man direkt an diesem Schaubild beurteilen: Fast alle Linien wurden eingestellt.

Speziell im Fall von Unternehmen, die einen unersetzlichen Dienst an der Gemeinschaft leisten, ist die Privatisierung fast immer zu einem Desaster für diese Dienste geworden. Das gilt besonders für Dienstleistungen wie Öffentlicher Transport (Bahn, Nahverkehr), Krankenhäuser, Kindergärten, -krippen und Horte, Sozialwohnungen, Schwimmbäder, Wasserwerke, Elektrizitätswerke, Schulen, Universitäten, Post-Dienste, Telefon-Dienste usw.

Die Erfahrungen sind fast durchweg schlecht. So hatte man das System der Elektrizität in Deutschland privatisiert und grossmäulig versprochen, nun werden die notwendigen Investitionen gemacht und durch die Vielzahl der privatisierten Firmen würde ein funktionierender Wettbewerb (Markt) entstehen, der die Strompreise drücken würde.

Das Ergebnis kann man nun besichtigen, nur eine Anzahl von Jahren nach den Privatisierungen. Die Strompreise sind immens angestiegen, von Konkurrenz kann keine Rede sein, denn im Kapitalismus gibt es generell die Tendenz zur Konzentration: Es sind praktisch nur drei grosse und ein paar mehr oder weniger bedeutende Stromunternehmen übriggeblieben. Auch ein massives Investieren in neue, alternative und umweltfreundliche Techniken hat nicht stattgefunden. Statt dessen versucht man, die längst abgeschriebenen Atomkraftwerke, die jetzt reine Goldgruben sind, weiterlaufen zu lassen, obwohl man schon lange nichts mehr dort investiert hat und sie längst Schrott sind.

Atomkraftwerke Deutschland

Gut für die Profite, schlecht für unsere Sicherheit.

Ausserdem werden massiv Kohlekraftwerke gebaut und die Braunkohlewirtschaft ausgebaut anstatt eingeschränkt.

Kraftwerk

Gur für die Profite, schlecht für die Umwelt und das Klima.

Energieverbrauch Deutscland

Dies Schaubild des Bundesministeriums für Wirtschaft zeigt: Es ist überhaupt keine Einschränkung des Verbrennens fossiler Energiequellen vorgesehen. Die alternativen Energien sollen bis 2030 Alibi bleiben.

In Deutschland würde sich das massive Investieren in die Gewinnung von Biogas aus Pflanzen, aus tierischen und pflanzlichen Abfallstoffen sowie Abfall-Holz und das Verbrennen dieses Biogases in Wohnnähe mit Elektrizitäts–Wärme-Verbund anbieten, weil damit die deutsche Landschaftsstruktur am besten ausgenutzt wird, die fast ausschliesslich aus bebauten bzw. versiegelten Flächen und landwirtschaftlich nutzbaren Flächen (inklusive zur Holzgewinnung genutzter Flächen) besteht.

Vor allem würde dadurch der mit Milliardensummen subventionierten Landwirtschaft ein neues und sinnvolles Betätigungsfeld eröffnet, ohne dass sie am Tropf der Subventionen hangen bleiben würde. Gleichzeitig würde die massive Abhängigkeit Deutschlands von importierten Energieträgern verringert und es würden dafür Milliardenbeträge eingespart ebenso wie jene, die heute für das EU-Landwirtschafts-Desaster ausgegeben werden. Man sehe sich das Beispiel des Bio-Energie-Dorfes Jühnde in Niedersachsen an (siehe hier ). Mit den eingesparten Milliarden der Subventionen könnte ein wesentlicher Teil des Programms finanziert werden. Eine win-win-win-Situation für den Staat, die Bürger und die Unternehmen. Doch nichts davon geschieht.

Stattdessen investieren e-on, Vattenfall und RWE in neue riesige CO2-Schleudern wie Kohlekraftwerke und intensivieren den Abbau von Braunkohle, der schmutzigsten Energie der Welt.

Auch die angebliche Notwendigkeit von Privatisierungen, um die Haushalte der jeweiligen Staaten (oder Länder oder Städte) auszugleichen, erweist sich als ein Schuss, der nach hinten losgeht. Die an die jeweiligen Staatshaushalte gehenden Verkaufserlöse stellen fast immer nicht einmal einen Bruchteil des Werts der Unternehmen dar, die da privatisiert werden, während der Abgang an Staatsvermögen dann weit höher ist und auf die Dauer auch praktisch zählen wird, denn die Kreditwürdigkeit eines Staates (oder eines Bundeslandes oder einer Gemeinde) hängt natürlich eng mit seiner Vermögenssituation zusammen und damit auch die Zinssätze, die man auf dem Markt zahlen muss.

Ein besonders beeindruckendes Beispiel hierfür war die Privatisierung des zweitgrößten Welt-Unternehmens im Bergbau, der Compania Vale do Rio Doce, einem brasilianischen Staatsunternehmen, des Ende der Neunziger-Jahre privatisiert wurde. Ungefähr ein Jahr vor der Privatisiereng fiel dies traditionell extrem gewinnträchtige Unternehmen (im wahrsten Sinne des Wortes eine Goldgrube, denn man besitzt einige der grössten Goldminen der Welt) plötzlich in rote Zahlen. Was da genau manipuliert wurde, kam nie ans Licht der Öffentlichkeit.

Der Preis, der für die ganze Firma erzielt wurde, entspricht etwa dem Wert von zwei heutigen Monatsgewinnen der Firma, war also absurd niedrig. Laut Angaben des brasilianischen Gewerkschaftsdachverbandes CUT wurde bei der Festsetzung des Mindestpreises, zu dem dann auch verkauft wurde, nur ein Bruchteil der Liegenschaften, des Vermögens und der Schürflizenzen überhaupt gezählt. Die Gewerkschaft hat daher die Forderung nach der Rückgängigmachung des Verkaufs aufgestellt, weil nachweisbar geschwindelt wurde.

Bereits ein Jahr nach der Privatisierung hatte die Vale, wie sie jetzt heißt, ihre alte Profitabilität wieder erreicht und ist heute der lateinamerikanische Konzern mit dem höchsten Profit.

Das Ganze stank kilometerweit nach Korruption. Der damalige brasilianische Präsident Cardoso von der konservativen PSDB hatte sich persönlich besonders intensiv für diese Privatisierung eingesetzt. Ob er persönlich Bestechungsgelder erhalten hatte, war nie durch eine unabhängige Untersuchung geklärt worden. Tatsache ist, er lebt seit seiner Abwahl im wesentlichen in den Vereinigten Staaten - um keinen Zweifel zu lassen, für welchen Imperialisten er Brasilien geführt hatte - und diniert nach Aussagen
seines politischen Verbündeten Lembo abends in einem New Yorker Restaurant, in dem ein Gläschen Cognac umgerechnet 300 Euro kostet.

Dieser Fall weist darauf hin: Privatisierungen und Korruption sind Zwillinge.

Auch in Deutschland haben wir ausführlich Erfahrungen mit der unmittelbaren Verbindung von Privatisierung und Korruption. Da war nicht nur die Kölner Müllverbrennung, da war speziell auch der Fall Baganz, über den hier berichtet wurde:

„Bürgermeister Baganz von Mülheim legte sich nämlich eine Geliebte zu, eine gewisse Ute Jasper, Rechtsanwältin ihres Zeichens und lebte dann auch mit ihr zusammen. Genau dieser Frau gab er einen millionenschweren (1,4 Mio. Euro) Beratervertrag mit der Stadt Mülheim, als Bürgermeister!

Sie war als ‚Beraterin’ dafür verantwortlich, daß beim Verkauf der städtischen Werte die RWE und nicht die Gelsenwasser die Wasserwerke bekommen hat, obwohl jene 80 Millionen mehr geboten hatte. Ähnlich verhielt es sich beim Verkauf der Mülheimer Entsorgungsbetriebs-Anteile. Den Zuschlag bekam - ohne Ausschreibung - die vor allem in Köln inzwischen gerichtsnotorische Trienekens.

Es wurde nie eindeutig bewiesen, ob und wieviel die Rechtanwältin und/oder ihr ‚Lover’ für diese Liebesdienste von RWE und Trienekens erhielten, aber der gesunde Menschenverstand ...“

Ein anderer besonders Aufsehen erregender Fall einer Privatisierung war die Privatisierung der Wasserwerke von La Paz in Bolivien. Der französische Suez–Konzern hatte sich diese unter den Nagel gerissen und sofort die Wasserpreise immens erhöht. Die arme Bevölkerung konnte die Wasserrechnungen nicht mehr bezahlen und hätte verdursten müssen. Suez blieb davon völlig ungerührt. Als die Bevölkerung begann, Regenwasser in Zisternen aufzufangen, um nicht zu verdursten, stellte Suez auch Rechnungen für das Regenwasser aus.

Nur durch einen praktischen Volksaufstand konnte diese Privatisierung rückgängig gemacht werden, was in unmitelbarem Zusammenhang mit den angesetzten Neuwahlen stand, aus denen der jetzige Präsident Evo Morales als Sieger hervorging.

Also? Privatisierung? Offenbar wird nichts gehalten, was man davon versprochen hat. Dagegen sind die negativen Auswirkungen für die Bevölkerung Legion.

Es gibt auch die positiven Gegenbeispiele von Firmen, die nicht privatisiert wurden und ein wichtiges Mittel sozialer Politik in den Händen der Regierung geblieben sind. Typische dafür ist die staatliche frühere Monopolgruppe Petrobras in Brasilien.

Logo Petrobras

Man löste zwar das Monopol auf und erlaubte anderen Ölkonzernen, in Brasilien tätig zu werden, man gab zwar Aktien aus für etwas weniger als die Hälfte des Kapitals der Gruppe, aber das Sagen behielt der Staat in der Petrobras (das brasilianische Aktienrecht gibt Minderheitsaktionären keine weitgehenden Rechte).

Erdöl 1

Das hat sich angesichts des steigenden Erdölpreises als segensreich erwiesen. Während in fast allen anderen Ländern die Erdölpreise auf die Benzinpreise durchschlugen und nur durch drastische Statistik-Manipulationen verhindert werden konnte, dass die Inflation in zweistellige Raten hineinwuchs, ist in Brasilien der Benzinpreis (so wie die an ihn gekoppelten Preise für Alkohol und - mit Eimschränkungen - Diesel) seit September 2005 an der Raffinerie gleichgeblieben, zu einem Zeitpunkt, als der Preis für Rohöl bei 60 Dollar pro Barrel lag. An biligeren Tankstellen in der Nähe von Raffinerien ergaben sich daraus Endverbraucherpreise für den Liter Benzin (Gasolina) von zwischen 2,20 und 2,30 Reais (etwa 83 bis 87 Euro-Cent) – die ganze Zeit bis heute, unverändert seit 2005.

Treibstoffpreise Brasilien
Benzinpreis (gasolina) in Brasilien Juli 2007

Treibstoffpreise Brasilien Juli 08
Benzinpreis Brasilien Juli 2008

Das wurde schlicht von der Regierung Lula beschlossen und die Petrobras hatte danach zu handeln. So konnte die ganze Zeit die Inflation in Brasilien am deutlichen Steigen gehindert werden und dies wirklich und nicht durch Statistik-Manipulationen. Auch in diesem Moment, in dem in vielen Ländern die Inflationsraten in die Höhe schiessen und nur noch durch dreistete Fälschungen in niedrigen Zahlen gehalten werden können, bleibt die Inflation in Brasilien unter 5%.

Natürlich musste die Petrobras dafür auf Profit verzichten, aber das war leicht zu verkraften, denn sie ist als ständig wachsender Rohölförderer zu einem der profitstärksten Unternehmen in ganz Lateinamerika geworden (im Moment an zweiter Stelle in Lateinamerika nach der schon erwähnten Vale). Näheres dazu in diesem Artikel: „Brasilien – die Insel der Glückseligen?“.



3. Glaubenssatz: Der Staat muss sich vollständig aus den Märkten heraushalten, sie regeln sich selbst

Nach diesem Glaubenssatz wird jede Überwachung oder gar Regulierung, ganz zu schweigen von einem direkten Eingreifen des Staates oder öffentlicher Stellen auf den Markt oder irgendeine auf dem Markt gehandelte Ware oder die Fabriken der Kapitalisten oder über die „freien Entscheidungen der freien Agenten des Marktes“, ganz zu schweigen von den Finanz-Dienstleistern abgelehnt, ja meistens sogar als „bolschwewistisch“ oder schlimmer gebrandmarkt.

Nun geschah aber etwas sehr „bolschewistisches“ in Berlin: Die Bankgesellschaft Berlin hatte spekuliert und war in Schieflage geraten. Die CDU Berlin war intensiv verwickelt, auch einige SPD-Politiker. Nun liess man aber die Bank nicht Pleite gehen und die Zocker die Folgen tragen, nein, der Berliner Steuerzahler wurde herangezogen, um die Fehlbeträge auszugleichen, die in die Milliarden Euro (mindestens 9,8 Milliarden Euro nach einer Zeitungsmeldung) gingen und um den armen Zockern unter die Arme zu greifen.

Das war ein direktes Eingreifen des Staates in das Geschehen des freien Marktes. Es war der Beweis, im Grunde ist der liberale Glaubenssatz nicht wirklich ernst gemeint. Man will eigentlich nur, dass der Staat nicht die Sauereien aufdeckt, die man macht und einfach alles als gottgegeben hinnimmt, was „die Wirtschaft“ (sprich: das Kapital) entscheidet.

In Wirklichkeit legt man sehr viel Wert auf das Eingreifen des Staates, wenn es gegen die Arbeiter und kleinen Leute geht und wenn dadurch die Kapitalrendite garantiert wird. Dann ist plötzlich der Staat sehr wichtig als Regulierer und ganz speziell natürlich als Steuereintreiber beim kleinen Mann, um das Geld in den Vorstandsetagen und Banken abzuliefern.

Housing Slump

Hatte man den Fall der Bankgesellschaft Berlin noch unter Ausnahmen von der Regel ablegen wollen, es war ja wirklich nur ein Fall in Jahren, so sind wir nun, am Beginn der internationalen Wirtschaftskrise und mit der Finanzkrise, die vor allem durch unseriöse Kreditvergabe auf der Basis von weit überhöhten Wertschätzungen von Immobilien, vor allem in den USA, ausgelöst wurde, in einen praktisch wöchentlichen Rhythmus von Eingreifen verschiedener Staaten in die Bankenwelt eingetreten, was den Glaubenssatz nun wirklich in der Luft zerrissen hat.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Deutschland war einer der ersten Staaten, der in diesem Fall eine Privatbank mit Namen IKB aus der Bredouille half mit Milliarden von Steuergeldern.

Und die Landesbanken, das war gleich die nächste Reihe von Fällen, in denen man Milliardenbeträge zur Unterstützung aus Steuergeldern plötzlich zur Verfügung hatte. Nun war plötzlich Geld da!

Das zauberten die gleichen Politiker aus dem Nichts, die uns immer und immer wieder mit einem Kuhblick in den Augen versichern, es sei kein Geld da, man könne wirklich beim besten Willen nicht einen Heller auftreiben für eine menschenwürdige Arbeitslosenunterstützung, für die benötigten Kinderkrippen, Kindergärten und Horte, für den öffentlichen Personennahverkehr, für ein Sozialticket auf diesem, für das Offenhalten von Schwimmbädern, für die Finanzausstattung von Universitäten, damit keine Studiengebühren gefordert werden, für die Einstellung von Lehrern, um die hohen Stundenausfälle auszugleichen und die Klassengrössen zu verkleinern, nein, für all dies, so hörten wir wieder und wieder, war kein Geld da. Es war kein böser Wille, wirklich nicht, nur man kann einem nackten Mann eben nicht in die Tasche greifen.

Doch nun, aus Quellen, die man uns vorsichtshalber vorenthält, sind Milliarden und Abermilliarden da, für die Landesbanken, für die KfW und was da noch alles kommt.

Aber da ist nicht nur in Deutschland plötzlich ausreichend Geld für so manches Geldinstitut da, auch in den USA wird mit 200 Milliarden Dollar aus Steuergeldern die Investmentbank Bear Stearns zum Verkauf fit gemacht. In Grossbritannien wird Northern Rock schlicht und einfach vom Staat übernommen und die gesamten Verluste aus dem Staatssäckel bezahlt.

Doch was nun in den Vereinigten Staaten der Krise endgültig den Garaus machen soll und sofort auf begeisterte Zustimmung der Anleger gestossen ist, geht noch weit darüber hinaus. Es soll eine Auffanggesellschaft gegründet werden, die den Banken, den Hedge Fonds, den Versicherern, schlicht jedem Finanzdienstleister, zu festgelegten Kursen alle faulen Papiere abnimmt, obwohl diese nicht einmal mehr das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind.

Das ist der absolute Freibrief. Jeder kann so viel gezockt haben wie er will, kann soviel verloren haben wie er will, die Lasten werden alle dem Steuerzahler auferlegt, während die Zocker und Verlierer heil davon kommen und sogar noch belohnt werden. Doch dies gilt nur für Finanzdienstleister. Für alle anderen bleiben die Regeln die vorherigen. Wer eine Firma hat und zahlungsunfähig wird, geht weiterhin den Bach hinunter wie ehedem. Warum sind nun alle Banken und sonstigen Finanzdienstleister von jeglichem Risiko in ihren Geschäften befreit? Warum lässt man Banken und Versicherungen wie auch Hedge Fonds nicht einfach Pleite gehen? Es könnten ja danach neue gegründet werden von jenen, die Kapital dafür haben.

Nun, die Antwort ist klar: Weil sie die Herrscher sind! Sie, das sind die grossen Banken und Versicherer, die Produktionsmonopole in ihrer Gesamtheit. Sie sind die Sonnenkönige, die absolutistischen Alleinherrscher. Die gesamte Gesellschaft ist nur dazu da, ihnen zu diesen. Sie sagen den Regierungen, was zu tun ist. Und jetzt ist Zahltag.

Ob sie mit der Rettung jedes einzelnen Finanzdienstleisters allerdings ihr System, den Kapitalismus, retten können, bleibt dahingestellt. Was allein der US-Steuerzahler dafür wird aufbringen müssen, wurde vorsichtig mit 800 Milliarden Dollar (auf englisch: 800 Billion dollars) veranschlagt, aber manche warnen schon, es könne bis zu 9 Billionen Dollar (auf englisch: 9 Trillion dollars) ausmachen. Das wäre das Ende des Dollars und damit das der USA als Supermacht.

Auch andere Länder mit grossen Brutto-Inlands-Produkten, wie Grossbrittanien , Frankreich und die Bundesrepublik wurden schon aufgefordert, eine ähnliche Auffanggesellschaft zu gründen.

Es ist Geld da!

Man sollte sich nun langsam daran gewöhnen, keinem Politker mehr zu glauben, der behauptet, es sei kein Geld da. Das Gegenteil ist bewiesen.

Von unseren Medien der Hofberichterstattung zu erwarten, dass sie bei ihren Freunden, den Politikern, doch bitte mal nachfragen, wo sie das Geld denn die ganze Zeit versteckt hatten, ist natürlich zuviel verlangt. Majestätsbeleidigung ist strafbar! Sie Wicht!

Der (Neo-)Liberalismus hat nun wirklich die Hosen herunter gelassen und jeder kann jetzt sehen, was an den Argumenten dran war: Sie waren nichts als der Versuch, die nackte unmenschliche kapitalistische Wirklichkeit hinter Scheinargumenten zu verstecken.


Teile dieses Dossiers waren schon in einem Artikel am 6.Mai 2008 veröffentlicht worden, aber hier wird nun der gesamte Überblick über das endgültige Ende des (Neo-)Liberalismus in Form eines Dossiers gegeben.

Veröffentlicht am 22. September 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Freitag, 19. September 2008

Gross-Konzern = kriminelle Vereinigung?

Die kapitalistische Barbarei

Von Karl Weiss

Die Begriffe “Gross-Konzern” und “kriminelle Machenschaften“ werden mehr und mehr identisch. Die eigentlichen Mafia-Organisationen werden längst von solchen in Anzug und Krawatte übertroffen. An diesem Sonntag wurden zufällig gleichzeitig zwei dieser Gentleman-Verbrecherorganisationen an die Öffentlichkeit gebracht: Siemens (das größte deutsche Unternehmen) und Pirelli/Telecom Italia, während zwei Tage vorher veröffentlicht wurde, dass Lidl eine Millionenstrafe wegen des Ausspionierens der Mitarbeiter zu erwarten hat.

München

Siemens, so steht an diesem Tag in der Zeitung, hat seit den Fünfziger Jahren systematisch bestochen und dafür illegale schwarze Kassen angelegt

Wie die brasilianische Zeitung „Estado de Minas“ am 13.9.08, informiert, haben zwei italienische multinationale Konzerne, die Pirelli und die Telecom Italia, mit Millionenaufwand Telefone und E-mails abgehört bzw. ausspioniert, in Brasilien, daneben auch in Frankreich und in Uruguay. Es ging um den millionenschweren Markt der Telekommunikation, also von Festnetztelefonen und vor allem von Handys.

Die brasilianischen Gruppen der Telekommunikation wurden in den 90er-Jahren privatisiert und im Verlauf der letzten zehn Jahre wurden immer neue Lizenzen für Provider von Mobil-Telefonnetzen vergeben. Wie immer in solchen Fällen, setzt nach einiger Zeit der Prozess der Konzentration ein. Die kleineren werden von den Großen aufgekauft, einige werden zahlungsunfähig und verschwinden vom Markt.

In diesem Fall ging es in Brasilien um die Brasil Telecom, die einen Anteil am Festnetz hat und vor allem den höchsten Anteil an Auswärts- und Auslandsgesprächen aus dem brasilianischen Festnetz. Die Telecom Italia besaß bereits einen der drei großen Provider für Mobil-Telefone in Brasilien, aber noch keinen Festnetzanteil, wie seine beiden größeren Konkurrenten.

Die Brasil Telecom war seit zwei Jahren Kandidat zum Verkauf. Der größte Aktionär des Unternehmens war die Banco Opportunity der schillernden Person mit Namen Dantas, einem Lebemann, der inzwischen bereits zweimal einige Nächte im Gefängnis zubringen musste, aber vom höchsten brasilianischen Bundesgericht immer wieder in Freiheit gesetzt wurde (eine allgemeine Praxis hier: Reiche bleiben hier nie in Gefängnissen).

Es gab aber Konkurrenten beim Rennen um den Kauf der Brasil Telecom. Da war eine US-Firma mit Namen Kroll, die im Auftrag einer ungenannten US-Firma arbeitete und ebenfalls das Mittel des Anzapfen von Telefonleitungen und das Abschöpfen von E-Mails verwendete.

Ausserdem gab es einen dritten Kandidaten, der von der Politik, d.h in diesem Fall von Personen aus dem Umkreis von Präsident Lula und seiner Partei PT, favorisiert wurde: Eine im Besitz von Brasilianern befindliche Festnetzfirma mit Namen Telemar, die zwar auch einen Handy-Netz-Provider hat, der aber weit kleiner ist und kaum überleben könnte.

Nun begann der Krieg und der wurde mit grossem Aufwand geführt. Nach Auskünften der italienischen Staatsanwaltschaft hat die Telecom Italia über 17 Millionen Euro in die illegalen Abhör- und Spionage-Aktivitäten investiert.

Da wurden Ex-CIA-Agenten angeworben, die Erfahrungen in illegalem Abhören haben, da bezahlte man italienische Polizei-Spezialisten, darunter solche der „antimafia“ und der „carabinieres“, französischen Ex-Agenten der „Europol“ (Europa-Polizei), sogar einen ausgewachsenen ehemaligen Geheimdienstagenten der Sowjetunion und nicht zuletzt eine Unmenge von Brasilianern. Darunter waren aktive Agenten des brasilianischen Geheimdiestes Abin wie auch Ex-Agenten dieser dubiosen Organisation sowie brasilianischen Bundespolizisten in Pension.

Allein in Brasilien wurden die Telefongespräche von etwa 2000 (in Worten zweitausend) Personen abgehört und deren E-Mails überwacht, von denen man vermutete, sie könnten diesbezügliche Informationen haben und austauschen, darunter Politiker, Manager der beteiligten Unternehmen und sehr viele Journalisten, wie auch Personen des unmittelbaren Umfeldes von Präsident Lula.

In diesen Fällen geht es darum, jeden Schachzug des Verkaufskandidaten und der gegnerischen Parteien frühzeitig zu erfahren und Gegenmassnahmen zu ergreifen.

Auch die Konkurrenten bedienten sich der gleichen Mittel, so wurde von der Kroll u.a. die Ministerin Marta Suplicy abgehört und der Exminister Palloci. Die Kroll selbst wurde wiederum von Leuten der Opportunity ausspioniert, ebenso wie von der Telecom Italia usw. usf.

Die Anklagen bei der italienischen Staatsanwaltschaft beschäftigen sich mit illegaler Spionage, mit Geldwäsche, mit Korruption (Bestechung von Amtsträgern) und anderen.

Die brasilianische Übersetzerin, die von einer Firma beschäftigt wurde, welche für die Telecom Italia arbeitete und über lange Zeiträume ganze CDs mit abgehörten Telefongesprächen und ausspionierten E-Mails zu übersetzen hatte, erzählt aber, was die Inhalte der interessanten Teile der Kommunikationen waren und macht so deutlich, da ist noch mehr Illegales im Spiel:

„Was ich zu übersetzen hatte, bezog sich auf Marktstrategien, gefälschte Bilanzen, Manöver, um bestimmte Personen in einer Firma durch andere ablösen zu lassen, Informationen über das Privateben von wichtigen Figuren bestimmter Firmen und bestimmter Parteien und Informationen, wer wen als Strohmann verwendet beim Kauf und Verkauf von Immobilien und Unternehmen, weil der eigentliche Käufer/Verkäufer nicht in Erscheinung treten will.“

Und dies alles, kurz nachdem wir ausführlich darüber informiert wurden: Hunderte von Firmen haben sich unsere persönlichen Daten beschafft, oft einschliesslich der Kontonummern und haben ein Millionengeschäft aufgemacht, indem sie diese Datenbündel an interessierte Unternehmen verkauften.

Und Lidl war ja keineswegs die einzige Firma, welche die Mitarbeiter ausspioniete. In den USA ist es sogar schon für legal erklärt worden, die eigenen Mitarbeiter auszuspionieren.

Auch die Kreditkartendaten von Hunderten von Bürgern zusammen mit dem richtigen Namen sind Millionen wert.

Wenn die Herrschaften dieser Bundesreublik sich über die Stasi aufregen, die kam auch nie in die Nähe des Umfangs des Ausspionierens der Privatspäre wie die Bundesrepublik Deutschland.

Selbst die Einwohnermeldeämter haben unsere persönlichen Daten weitergegeben und entsprechende Firmen haben daraus Datensätze zum Verkauf gemacht, die von Propagandisten gekauft werden.

Und da kamen nun die Politiker auf die blendende Idde, man könne ja ein Gesetz machen, dass die Firmen ausdrücklich um unsere Zustimmung bitten müssten, wenn sie unsere Daten speichern und handeln. Da sind die jetzt schon draufgekommen???? Wo waren alle diese Politiker, diese Parteien von CDU/CSU über FDP, SPD und Grüne die letzten 20, 30 Jahre? Auf dem Mond?

D.h. ein wesentlicher Teil dieses Einbruchs in unsere Privatspäre war die ganze Zeit auch noch legal. Soweit illegal, ist es lediglich mit symbolischen Strafen belegt, denn die Politiker haben sich die ganze Zeit nicht im geringsten um unsere Privatsphäre geschert.

Und alle jene kriminellen Spionierorganisationen und alle jene, die unser Daten kaufen, sei es um Propaganda gezielt loszuwerden oder um unsere Konten abzuräumen oder unseren Kreditkartenrahmen ausznutzen, alles dieses sind Firmen, grosse Firmen – und gleichzeitig Mafiaorganisationen.

Wenn Sie oder ich noch ein klitzekleines Geheimnis haben, wir können sicher sein, bald weiss eine Firma davon und verwendet es, um Profit zu machen.

Das nennt man die kapitalstische Barbarei.


Veröffentlicht am 19. September 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Donnerstag, 4. September 2008

Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise

Deutschland ist unter den großen Ländern bereits am schlimmsten betroffen

Von Karl Weiss

Die Zahlen von Eurostat, veröffentlicht am 3. September, sind klar: Im zweiten Quartal sank das Bruttosozialprodukt (jetzt: „Brutto-Inlandseinkommen (BIE)“) der Euro-Zone um 0,2 % gegenüber der Zahl des vorherigen Quartals, von ganz Europa um 0,1% im gleichen Vergleichszeitraum. Damit tritt ein, was bereits vorausgesagt wurde: Auch die EU wird von der internationalen Wirtschaftskrise erfasst. Wird das dritte Quartal auch ein Minus ergeben, ist man auch formal in der Wirtschaftskrise, von den bürgerlichen Ökonomen schamhaft Rezession genannt.

Northern Rock Pleite


Wie bereits in diesem Artikel veröffentlicht, befinden sich Spanien, Irland und Dänemark bereits offiziell in der Wirtschaftskrise, doch die anderen Länder Europas und der EU hatten bisher noch ein geringes Wachstum aufzuweisen. Jetzt aber sinkt dieses übrig gebliebene Wachstum schnell und die ersten Länder haben bereits (für ein Quartal) den Rubikon überschritten und stehen im Minus. Die offizielle Definition der Wirtschaftskrise ist: Zwei aufeinanderfolgende Quartale im Minus beim Gross-Domestic Product (BIE), dem international verwendeten Vergleichsmaßtab, im Vergleich zum vorhergehenden Quartal

Die nun veröffentlichten Zahlen (das sind alles Schätzungen) für einzelne Länder in Europa sind (2. Quartal gegenüber 1. Quartal): Estland: - 0,9%, Deutschland und Lettland: - 0,5%, Frankreich und Italien: - 0,3%. Bei +/- 0 lagen Vereinigtes Königreich, Schweden und Niederlande. Ein deutliches Plus weisen nur noch die Slowakei (+ 1,9%), Polen (1,5%) und Tschechien sowie Litauen mit je 0,9% auf.

Zwar ist Europa als Ganzes im Jahresvergleich immer noch im positiven Bereich (Eurozone: 0,7%, EU: 0,6%), aber auch diese Zahlen sinken schnell, wenn man erst einmal in der Wirtschaftskrise ist (in diesem Quartal gab es bei beiden betrachteten Ländergruppen bereits ein Minus von 0,7 Prozentpunkten gegenüber den vorherigen Zahlen).

Übrigens rutscht auch Japan im Moment in die Krise: - 0,5% im Vergleich zum vorherigen Quartal.

Nach diesen Zahlen wird also Deutschland gegen Ende des Jahres, wenn die Zahlen des dritten Quartals veröffentlicht werden, sogar eines der ersten Länder sein, das offiziell in die Wirtschaftskrise eintritt – und vor allem: Das erste der großen EU-Länder.

Das Schönreden, die Beschwörung des Aufschwungs, die Statistikmanipulationen bei den Arbeitslosenzahlen von Frau Merkel und der ganzen grossen Koalition helfen also nicht (was auch nicht schwer vorauszusagen war): Der Export, das letzte Faden, an dem die deutsche Wirtschaft noch hing, nachdem der Inlandskonsum bereits vorher in die Miesen abrutschte, bricht in diesem Moment mit zweistelligen Minus-Raten ein.

Nun wird sich rächen, das man ausgerechnet in dieser Situation vor der Wirtschaftskrise den Inlandskonsum mit aller Macht abgewürgt hat: Millionen von Bundesbürgern wurde in prekäre Arbeit gezwungen, die einen Lohn aufweist, der nicht zum Leben reicht. Hartz IV ist das Schicksal von über 6 Millionen Deutschen.

Speziell die Familien mit Kindern und alleinerziehende Mütter werden zwanghaft in die Armut getrieben. Man braucht nur einmal den Andrang bei einer der „Tafeln“ ansehen. Frau Merkel und Herr Beck haben Riesenmengen von Geld aus der normalen Bevölkerung herausgepresst und an die Grosskonzerne ausgeschüttet.

Dazu kam die härteste Steuererhöhung für den kleinen Mann (Erhöhung der Mehwertsteyuer, die speziell die niedrig Besoldeten trifft, um etwa 20%, höchste Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik) bei gleichzeitigen Steuerkürzungen für Grosskonzerne und für Reiche.

Und – bemerkenswert, wie schlau dies Politiker-Gesindel auch noch ist - man hat die Bundestagswahlen und den Moment des grössten Impakts der Krise genau auf den gleichen Zeitpunkt gelegt: 2.Hälfte 2009. Herzlichen Glückwunsch für ihr Näschen, Frau Merkel und meine Herren Politiker! Der verdiente Lohn ist Ihnen sicher!

So erklärt sich denn auch, warum der Euro seinen Höhenflug gegen den Dollar unterbrochen hat und am gleichen Tag dieser Meldung mit dem Unterschreiten von 1,44 US-$ den niedrigsten Stand seit vielen Monaten ereichte. Das nützt natürlich dem Export jetzt auch nichts mehr, denn Exporte werden nicht im Tagesrhythmus errungen, sondern in Monaten von Arbeit.

Gleichzeitig wird erneut deutlich: Die Spekulanten glauben den offiziellen Zahlen. Obwohl alle vernünftigen Kommentaristen auch die USA bereits in der Krise sehen und den offiziellen Zahlen von 3,3% Wachstum keinen Glauben schenken, bewegt sich der Dollar gegen den Euro genau entsprechend diesen Zahlen, so als ob die USA nicht in der Wirtschaftskrise wären. Na, denn spekuliert mal hübsch weiter!

Aus diesem Artikel („FTD: Dramatischer Dollar - Verfall bedroht deutschen Export - Die Wirtschaftskrise in Deutschland wird fürchterlich“) vom 1.Dezember 2006 hier noch eine Vorhersage, die sich jetzt anfängt zu bewahrheiten:

„ (...) Nun kommt aber die Wirkung der Krise als solche dazu: Massenentlassungen, Anstieg der Zahl der Arbeitslosen (der wirklichen, die veröffentlichten Zahlen mag man manipulieren können), Kurzarbeit, Werksschließungen, Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerungen usw. Das wird die Massenkaufkraft zusätzlich schwächen und weitere Prozente ausmachen, schätzen wir konservativ ebenfalls 2%. Damit sind wir bei –4%

Nun aber: Der Dollar wird nicht etwa bei 1,40 im Vergleich zum Euro stehen bleiben. Er wird bis zu 1,50 gehen. Damit bricht der deutsche Export, die einzige Hoffnung in Deutschland, weiter ein: Weitere 2%, damit kommen wir auf –6%. Das würde bereits die bei weitem tiefste Wirtschaftskrise der Geschichte der Bundesrepublik ausmachen.

Der Rückschlag der Wirtschaftskrise aus anderen Ländern käme noch dazu: Die können nicht mehr soviel deutsche Produkte kaufen, da sie selbst in der Krise stecken. Sind glatt noch einmal 2%, da sind wir auf –8%.

(...) Das kann in seinen desaströsen Auswirkungen bestenfalls noch mit der massiven Weltwirtschaftskrise verglichen werden, die 1929 begann und bis tief in die Dreißiger Jahre hinein ging – und selbst die könnte noch übertroffen werden.

Der Kommentator der Financial Times nennt es eine tektonische Umschichtung, was uns für die nächsten Jahre bevorsteht.“

Und hier aus dem gleichen Artikel auch noch die Schlussfolgerung:

Karl Marx

„Weit mehr Bundesbürger werden nun endgültig sehen: Der Kapitalismus hat keine Zukunft für sie und ihre Kinder. Ein System, das nur unermeßlichen Reichtum für eine winzige Minderheit und Arbeitslosigkeit, Krisen, Hunger, Not, Elend, Kriminalität, Krieg und Gewalt produzieren kann, muß weg! (...) Die Zeiten, als kaum einer den Kampf für nötig hielt, werden bald definitiv vorbei sein. Lebhafte, revolutionäre Zeiten stehen an!“


Veröffentlicht am 4. September 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung


Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"

Montag, 1. September 2008

US-Angaben über Wachstum extrem unglaubwürdig

Es wird gefälscht, dass es eine Art hat

Von Karl Weiss

Ein Artikel der „Financial Times Deutschland“ (FTD) ironisiert in sarkastischer Weise die Veröffentlichung der US-Regierung, im zweiten Quartal 2008 habe es ein Wachstum des Bruttosozialprodukts (genau: Gross National Product, GNP) von 3,3% gegeben. Der Titel des Artikels spottet über die Anleger: „Sie wollen es immer noch glauben“ und im weiteren wird mit knallharten Zahlen belegt: Die US-Wirtschaft ist bereits in der Krise, das Erfinden von angeblichem Wachstum soll davon nur ablenken.

Housing Slump

Im Einzelnen wird dargelegt: „...die nichtagrarische Beschäftigung im zweiten Quartal [ist] mit einer Jahresrate von 0,6 Prozent gefallen (...) Die Baubeginne haben neuerlich um knapp elf Prozent nachgelassen, und der Autoabsatz ist im Vergleich zum Vorquartal sogar mit einer annualisierten Rate von einem Viertel eingebrochen. Der US-Ölverbrauch ist im ersten Halbjahr so stark gesunken wie seit 26 Jahren nicht mehr.“ Außerdem ist die Industrieproduktion um 3,2 % gesunken in diesem Quartal. Da hilft es auch nicht, dass die Exporte erneut nominal anstiegen (kein Wunder bei den niedrigen Dollarkursen), denn aus alldem kann unmöglich wirtschaftliches Wachstum entstehen.

Der Export stellt ja in den USA nicht einen der ganz großen Wirtschaftsfaktoren dar wie in Deutschland, sondern nur einen relativ geringen.

Auch das Budget-Defizit (Relation Staatseinnahmen/Staatsausgaben) ist ein 'Fake'. Es soll angeblich unter 3% betragen, während die OECD diesen Wert, der die Neuverschuldung des Staates im Jahr darstellt, bereits auf wahrscheinliche 5,5% des BIP (Brutto-Inlands-Produkt) geschätzt hat. Auch daneben kennt die FTD noch eine Anzahl von Wirtschaftsdaten, die lächerlich manipuliert sind, aber wir haben hier weder Zeit noch Muße, uns im Einzelnen die genauen Begründungen anzuhören.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Kurzum: Die US-Regierung, die schon einen „geringfügigen Fehler“ machte, als sie den Irak wegen Massenvernichtungswaffen überfiel, die dann gar nicht da waren, manipuliert die Wirtschaftsdaten des Landes, wie es ihr gefällt. Denn all diesen Zahlen, veröffentlicht kurz nach Ende des Zeitraums (in diesem Fall 2. Quartal 2008) sind Schätzungen. Und schätzen kann man, was man will.

Und sie schafft es tatsächlich, so unglaublich dies klingen mag, die Anleger zu täuschen: Sie investieren (zumindest kurzzeitg) erneut in US-Aktien, in US-Dollar-Bonds. Auf sie bezieht sich denn auch die Überschrift: „Sie wollen es immer noch glauben.“

Immobilienkrise USA

Wir kennen das ja auch aus Deutschland, wo man sich Zahlen von 3 Millionen Arbeitslosen aus den Fingern saugt, während weiterhin fast sechs Millionen in Hartz IV stecken.

Sind die Präsidentenwahlen in den USA erst einmal gelaufen, wird der neue Präsident im Januar eingeführt, wird es sich zeigen: Im Falle der Kontinuität wird man weiterhin massiv verfälschen. Wird die Opposition gewählt, wird der neue Präsident am Anfang nicht wissen, wie man die Zahlen zurechtbiegt. Es wird, exakt mit seinem Amtsantritt, einen massiven zahlenmässigen Wirtschaftseinbruch geben. Und dann soll noch irgendeiner sagen, er sei nicht Schuld daran.

Bereits in diesem Artikel wurde vorhergesagt: "... in einem Jahr, in dem ein neuer Präsident gewählt wird. Man darf erwarten: Die statistischen Zahlen werden manipuliert werden, um das offensichtliche Eintreten in die Krise auf nach den Wahlen zu verschieben, ..."

So ist das, wenn alle Hemmungen gefallen sind, wenn niemand mehr Angst hat, entlarvt zu werden, weil alle bürgerlichen Medien (fast immer) gleichgeschaltet sind.

Bush

Wenn alle Scham endgültig zur Seite gelegt ist, wenn nur noch der Zynismus herrscht, das ist der endgültige Beginn der kapitalistischen Barbarei. Das zynische Lügen und Verdrehen im Grossmassstab, das breite Grinsen, während man peinliche Befrager zu solchen Dingen mit Gewalt abführen lässt, das wird mehr und mehr das Markenzeichen der Politik der kapitalistischen Oligarchien und ihrer Politiker.

Lassen wir sie unsere Kraft spüren!


Veröffentlicht am 1. September 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Donnerstag, 7. August 2008

Wirtschaftskrise in den USA

Wie sieht es wirklich aus?

Von Karl Weiss

Nach offiziellen Zahlen ist die USA noch nicht in einer Wirtschaftskrise. Vierteljahr um Vierteljahr wird noch ein geringes Wachstum der US-Wirtschaft um 0,6% gemeldet. Ein Artikel legt aber die wahren Verhältnisse klar. Nach dieser Information ist die USA bereits seit Ende 2006 in der „Rezession“, wie die Wirtschaftskrise schönfärberisch bezeichnet wird. Im Moment verschärft sie sich zusehends. Der Artikel enthält eine Menge Details, die dies belegen.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Er ist von F. William Engdahl in info.kopp-verlag.de, hier.

Die entscheidende Aussage ist: Die Wirtschaft der USA ist zu 70% vom Inlandskonsum abhängig, der im Moment in den Keller fährt.

Dieser wurde durch die extrem niedrigen Zinsen in den Jahren 2003 bis 2006 und durch die damals breit angewandten „Sub-Prime“-Hypotheken (Hypotheken auf Immobilien, deren Besitzer nicht die Mindestvoraussetzungen für normale Hypotheken erfüllen) künstlich angeheizt, was eine Schein-Konjunktur hervorrief, die jedoch ohne reale Grundlage war, denn sie wurde durch „leichtes Geld“ für US-Bürger hervorgerufen, die zwar ein Häuschen haben, aber kein wirklich ausreichendes Einkommen.

Das musste schief gehen und ging schief. Fast alle diese Familien mit mittlerem bis geringem Einkommen müssten jetzt Monatsraten zahlen, die sie nicht aufbringen können und verloren oder verlieren damit ihre Häuser bzw. Eigentumswohnungen. Das löst aber die Probleme der Banken und Hypothekeninstitute nicht, denn auch wenn ihnen nun diese Häuser und Eigentumswohnungen gehören, sie können sie nicht zu akzeptablen Preisen verkaufen, weil Millionen solcher Immobilien auf dem Markt sind und nur wenige Käufer.

Immobilienkrise USA

Die Banken und Hypothekeninstitute können diese Häuser zwar noch eine Zeit lang unter ihrem vormaligen Wert in den Büchern führen, müssen aber irgendwann auf die wahren Werte übergehen, was ihre „Aktiva“ plötzlich einbrechen lässt. So hat die grösste Bank der Welt, die Citi Group, bereits über 40 Milliarden Dollar an solchen oder ähnlichen Werten als Verluste abgeschrieben. Nur mit dem Verkauf grosser Teile ihres Vermögens konnte sie überleben. Es wird vermutet, dass fast alle US-Banken heute bankrott wären, würden sie gezwungen, alle Immobilien nur zu den Preisen in die Bilanzen aufzunehmen, die heute wirklich zu erzielen wären.

Northern Rock Pleite

Die wichtigsten Details im Artikel sind in der Liste der Einzelhandelsketten enthalten, die Läden schliessen.

Man sehe sich diese beeindruckende Liste an:

Ann Taylor schließt landesweit 117 Läden.

Eddie Bauer hat im ersten Quartal 27 Läden geschlossen, jetzt folgen weitere.

Cache, ein Damenbekleidungsgeschäft, schließt dieses Jahr 20 bis 23 Läden.

Lane Bryant, Fashion Bug, Catherines schließen landesweit 150 Läden.

Talbots, J. Jill schließen Läden. Talbots wird alle 78 Kinder- und Herrenbekleidungsgeschäfte schließen, plus 22 schlechtgehende Geschäfte. Die 22 Läden gehören teils zu Talbots-Damenbekleidungsgeschäften und J. Jill.

Gap Inc. schließt 85 Läden.

Foot Locker schließt 140 Läden.

Wickes Furniture macht alle Läden dicht. Das seit 37 Jahren bestehende Möbelhaus zählte vor allem Familien aus den mittleren Einkommensschichten zu seinen Kunden.

Levitz gab die Schließung all seiner 76 Niederlassungen zum Jahresende bekannt. Das Möbelhaus hatte seit 1910 bestanden.

Zales, Piercing Pagoda plant die Schließung von 82 Niederlassungen zum 31. Juli, danach sollen weitere 23 schlechtgehende Geschäfte geschlossen werden.

Disney Store: der Besitzer ist berechtigt, 98 Geschäfte zu schließen.

Home Depot schließt 15 Niederlassungen wegen der lahmenden US-Wirtschaft und des zusammenbrechenden Eigenheimmarktes. Von dem Schritt sind 1300 Angestellte betroffen. Es ist das erste Mal, dass die größte Baumarktkette der Welt einen Vorzeigeladen schließt.

CompUSA (geschlossen).

Macy’s – neun Niederlassungen geschlossen.

Movie Gallery – der Video-Verleiher plant die Schließung von bis zu 400 der 3.500 Movie-Gallery- und Hollywood-Video-Läden, und das zusätzlich zu den bereits im letzten Herbst im Rahmen eines Konkursverfahrens geschlossenen Läden.

Pacific Sunwear – 153 Demo-Läden werden geschlossen.

Pep Boys – 33 Läden des Autoteilelieferers werden geschlossen.

Sprint Nextel – 125 Verkaufsstellen mit 4.000 Angestellten werden geschlossen, bereits im Vorjahr wurden 5.000 Mitarbeiter entlassen.

J.C. Penney, Lowe’s und Office Depot schalten zurück.

Ethan Allen Interiors plant die Schließung von zwölf ihrer 300 Geschäfte zur Kostensenkung.

Wilsons the Leaher Experts – schließen 158 Geschäfte.

Bombay Company wird alle 384 Läden in den USA schließen.

KB Toys schließt im Rahmen des Neubeginns nach dem Konkurs 356 Läden.

Dillard’s Inc. wird in diesem Jahr sechs weitere Läden schließen.

Diese Liste ist sicherlich nicht vollständig.

Es wird gerade an ihr deutlich: Es handelt sich um den unteren und mittleren Teil der breiten Mittelschicht in den USA, die in grossen Teilen drastisch weniger auszugeben haben und daher nur noch das Nötigste kaufen. Das trifft Läden für langlebige Güter, aber auch Restaurants und alle, die Güter des gehobenen Bedarfs verkaufen bzw. herstellen. Auch andere Güter und Dienstleistungen, die man streichen kann, ohne dass dies das Leben wesentlich verändern würde, werden gestrichen, wie z.B. das Ausleihen von Filmen. In diesen Bevölkerungsschichten hat entweder einer (oder mehrere) in der Familie seinen Arbeitsplatz verloren oder musste(n) einen Job mit weit geringerem Einkommen antreten oder die Familie hat ihr Haus verloren und muss nun Miete aufbringen oder sie kann gerade noch die erhöhten Monatsraten der Hypotheken zahlen, muss sich aber darum extrem einschränken.

Vor drei Jahren war es ausserordentlich leicht, selbst grössere Anschaffungen zu machen, denn man konnte leicht Kredite in Form von Hypotheken aufs Häuschen bekommen, die fast keine Zinsen kosteten. Heute sind die Kreditlinien extrem eingeschränkt. Wer das Geld nicht flüssig hat, kann kaum ein Anschaffung machen.

So ist es auch verständlich, warum der Verkauf von Automobilen grösseren Kalibers zum Teil um bis zu 50% zurückgegangen ist. Der obere Teil der Mittelschicht und die Reichen in den USA - eine Minderheit - sind weiterhin wenig betroffen von dieser Krise, aber die breite Mehrheit der Bevölkerung dort leidet bereits jetzt schwer unter ihr. Kurzarbeit ist bereits weit verbreitet und die Verringerung der Autoverkäufe wird zu weiteren Massenentlassungen führen, nicht nur in der Atomobilindustrie, sondern auch bei vielen Zulieferern und verbundenen Unternehmen, was die Situation noch verschärft.

Housing Slump

Eine andere wichtige Information des Artikels ist: Die offizielle USA verfälscht seit langem systematisch die Statistiken der Wirtschaftsdaten, um diese Probleme nicht aufscheinen zu lassen bzw. zu verniedlichen. Wer realistischere Schätzungen als die offiziellen Statistiken anstellt, wird zum Beispiel statt der offiziellen Arbeitslosigkleit von 5,5% auf eine von etwa 13% kommen. Auf solchen Schätzungen beruht auch die Aussage, die Wirtschaft der USA schrumpfe bereits beständig seit Ende 2006.

So muss auch die Meldung betrachtet werden, die nun bereits zum dritten Mal hintereinander kam: Das Brutto-Inlandsprokt (BIP) der USA habe im letzten Quartal um 0,6% zugelegt, hiess es nach dem 4.Quartal 2007, nach dem 1. Quartal 2008 und nach dem zweiten Quartal 2008. Ein Artikel in der Financial Times Deutschland macht klar, man kann diesen Zahlen nicht trauen, sie beruhen nämlich auf einer Schätzung, die meist von den Interessen der Schätzenden abhängig ist. Hier zwei Zitate aus dem Artikel:

„... die mit dem BIP-Bericht gelieferten Revisionen seit 2005. Danach ist das US-BIP im vierten Quartal 2007 nicht um 0,6 Prozent gestiegen, sondern um 0,2 Prozent gefallen;“

„... im Sommer 2001 seine jährliche Revision vorgestellt hatte, wurde immer noch vermutet, dass das US-BIP im dritten Quartal 2000 um 1,3 Prozent zugelegt hatte. Im Vergleich zur Schnellschätzung im Oktober 2000 war das bereits eine Halbierung. Aber nach dem aktuellen Stand der Dinge war das BIP im dritten Quartal 2000 um 0,5 Prozent gesunken.“

Auch wir in Deutschland kennen ja diese Mogelpackungen vom Typ Merkels Märchen, mit denen ein angeblicher Wirtschaftaufschwung „belegt“ wurde, von dem aber, welch Zufall, nur die Superreichen etwas gemerkt haben. In Wirklichkeit sind die Zahlen der Empfänger von Hartz IV seit 2006 nie unter 6 Millionen gesunken (von 2005 bis 2006 waren sie von etwas über 5 Millionen auf über 6 Millionen gestiegen).

Zwar können die USA wegen des gesunkenen Dollarkurses mehr exportieren, aber das wiegt nicht den verringerten Inlandsabsatz auf, es federt lediglich die Abwärtsbewegung etwas ab.

Schliesslich gibt es auch noch eine alarmierende Aussage in diesem Artikel für alle, die meinen, mit einem Präsidenten Barack Obama werden sich die Probleme der USA lösen: Der Chef der Kampagnenfinanzierung von Obama ist der Milliardär Pritzker (u.a. Erbe der Hyatt-Hotelkette), der zusammen mit der Bank Merryl Lynch die „Sub-Prime“-Kredite erfunden hat!

So hat sich denn auch Obama schon seit einiger Zeit von Aussagen verabschiedet, die früher nahegelegt hatten, er werde die Massensteuern senken und diejenigen der Superreichen und der grossen Konzerne erhöhen. Er behauptet nun, niemals massive Veränderungen der Steuern angekündigt zu haben, lediglich Korrekturen von ‚Exzessen‘.

Ausserdem: Die Wirtschaftskrise beginnt sich bereits auf andere Länder auszuweiten. So hat die japanische Industrie z.B. gerade in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen verminderte Produktionszahlen gemeldet. Drei europäische Lander sind schon offiziell in der Wirtschaftskrise, siehe hier.


Veröffentlicht am 6. August 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Andere Artikel zur Weltwirtschaftskrise:

"Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Full Crash- Zweites Anzeichen Wirtschaftskrise?"

"Stehen wir am Beginn einer grossen Weltwirtschaftskrise?"

"25% Fall des Dollars?"

"Der Mini-Crash - 10 Monate zur Wirtschaftskrise?"

"Drittes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Die Zinswende der Langzeitzinsen leitet das Abgleiten in die Weltwirtschaftskrise ein."

"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

"USA: Global Alpha, Red Kite, Fed-Chef, Immobilien-Crash"

"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Fannie und Freddie in der Bredouille"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"

Donnerstag, 24. Juli 2008

Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise

Spanien, Irland und Dänemark haben die USA überholt

Von Karl Weiss

Ein Dossier der Financial Times Deutschland (FTD) enthüllt: Im Prozess des fortschreitenden Eintauchens in eine Weltwirtschaftskrise haben drei europäische Länder bereits die USA überholt. Sie haben bereits zwei aufeinanderfolgende Quartale mit fallender Wirtschaftsleistung und damit das offizielle Kriterium der Wirtschaftskrise erfüllt (von den bürgerlichen Ökonomen schamhaft „Rezession“ genannt).

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Es handelt sich um Spanien, Irland und Dänemark. Im internationalen Vergleich der GDP (Gross Domestic Products) für 2007 mittels der PPP-Vergleiche, nach der Liste des Internationalen Währungsfonds (IWF), ist Spanien Nummer 11 der Länder, also keineswegs ein unwesentliches Land.

Das trifft eher auf die beiden anderen europäischen Staaten zu: Dänemark ist Nummer 49 der Liste und Irland Nummer 51.

Wesentlicher als die genaue Bedeutung dieser Länder ist aber, ob es Ausnahmeerscheinungen sind oder Vorboten. Was genau geht in den drei Ländern vor?

Housing Slump

Alle drei haben – ähnlich wie die USA – eine Immobilienblase aufgebaut in den vergangenen Jahren, also eine starke Überbewertung von Immobilienwerten, die dann, im Verlauf des letzten und diesen Jahres, in sich zusammenfiel und dabei viele kleine Immobilienbesitzer mit sich zog. Wie in den USA, haben in diesen Ländern Viele ihr Häuschen oder ihre Eigentumswohnung verloren, weil plötzlich die Monatsraten explodierten und/oder der Restwert der Immobilie geringer wurde als der noch geschuldete Betrag.

Dadurch platzten viele Hypotheken und die darauf spezialisierten Banken mussten riesige Abschreibungen vornehmen oder gingen sogar Pleite.

Das entscheidende: Hierdurch wurde in gewaltigem Masse Kaufkraft aus der Bevölkerung genommen, was die Inlandsabsätze in den Keller gehen ließ. Alle drei Länder haben nur begrenzte Exporte – und so rutsche das Inlandsprodukt ins Negative, für zwei aufeinanderfolgende Quartale im Vergleich zum vorherigen. In allen drei Ländern macht zudem die Bautätigkeit etwa 10 % der Wirtschaftsleistung aus, weit mehr als etwa in den USA oder Deutschland.

Immobilienkrise USA

Ist nun die Sache mit der Immobilienblase immer Vorläufer der Wirtschaftskrise? Keineswegs. In den letzten Jahren allerdings war von den Grossinvestoren in gewaltigem Masse auf steigende Immobilienpreise in vielen Ländern gewettet worden. Dadurch wird in einer Anzahl von Ländern der Beginn der Wirtschaftskrise mit einem Platzen der Immobilienblase einhergehen.

Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die drei Länder nur Vorboten sind. Es sind auch schon die nächsten beiden Kandidaten bekannt: Laut einem Ökonomen der Commerzbank, so berichtet die ‚Finanzial Times Deutschland’, sind dies das Vereinigte Königreich und Frankreich. In England ist schon die erste Hypothekenbank (Northern Rock) Pleite gegangen und die Immobilienpreise sinken. In Frankreich gibt es auch bereits erste Anzeichen einer beginnenden Immobilienkrise.

Northern Rock Pleite

Kleinere Länder ohne riesige Rücklagen in den Zentralbanken haben nicht die Möglichkeit, wie etwa die USA, einfach riesige Staatsausgaben, wie etwa die für den Irak-Krieg, zu inszenieren, was natürlich den formalen Beginn der Wirtschaftskrise hinauszögern kann.

Doch auch die US-Regierung wird ihre Schulden nicht weiterhin bis ins Unendliche erhöhen können. Wenn sie eine gewise Höhe erreicht haben werden, gibt es für die Gläubigerstaaten, allen voran China, Japan, Süd-Korea, Grossbritannien und Deutschland, keinen anderen Ausweg mehr, als grosse Mengen von US-Staatsanleihen auf den Markt zu werfen, was zweifellos der Beginn des Falls eines Weltreiches sein wird.


Veröffentlicht am 24. Juli 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

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Montag, 14. Juli 2008

Fannie und Freddie in der Bredouille

Der nächste Schritt beim Rutsch in die Weltwirtschaftskrise

Von Karl Weiss

Hier bereits mehrfach vorausgesagt, erleben wir im Moment das Abrutschen in die Weltwirtschaftskrise, das eben in die zweite Phase eingetreten ist. Auslöser (aber nicht Ursache) war die US-amerikanische Immobilienkrise, aber die eigentliche Krise besteht im Rückgang der weltweiten Produktion, im Schließen von Fabriken und Firmen und Vernichten von Produktionskapazitäten.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Die zweite Phase begann am Freitag und hängt wiederum mit dem US-Immobilienmarkt zusammen. Die riesigen Immobilien-Finanzierer Fannie Mae und Freddie Mac seien in seriösen Finanzierungsproblemen, wurde berichtet, nachdem die US-Regierung bereits die wesentlich kleinere Immobilien-Bank Indy Mac übernahm. Die Kurse (Dow Jones) in New York reagierten mit einem Verlust von 2% an einem Tag und der Index rutschte unter die Marke von 11.000 Punkten, die eigentlich eine starke Stopp-Linie hätte darstellen sollen.

Man erinnere sich daran: Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde die Marke von 20.000 Punkten für möglich gehalten.

Housing Slump

Indy Mac, eine Hypotheken-Bank, war praktisch Pleite gegangen und wurde von dem Hilfsfond aufgefangen, den die Regierung den Banken vorgeschrieben hatte, nachdem die Sparer insgesamt 1,3 Milliarden Dollar abgezogen hatten. Das ist der zweitgrößte (oder drittgrösste) Banken-Crash in der ganzen US-Geschichte!

Dies allein hat aber noch keine verheerenden Folgen. Die kündigen sich vielmehr an, wenn die beiden riesigen US-Immobilien-Banken „Federal National Mortgage Association“, genannt Fannie Mae, die größte Hypothekenbank der Welt, und die zweitgrößte, „Federal Home Loan Mortgage Corporation“, genannt Freddie Mac, in ernste Schwierigkeiten geraten, was für diese Woche erwartet wird.

Die beiden Banken bedienen im Moment praktisch alleine die Immobilien-Darlehen und Hypotheken in den USA, nachdem sich alles, was Beine hatte, aus diesem Markt zurückgezogen hat. Es ist undenkbar, die beiden würden Pleite gehen, denn damit wäre der gesamte Immobilien-Sektor gestoppt. Niemand könnte mehr bauen oder kaufen (es sei denn, er hätte alles Geld bereits vorher flüssig).

Immobilienkrise USA

Man kann also sicher davon ausgehen, die US-Regierung wird die beiden auffangen, sei es mit Steuergeldern und/oder mit Hilfe anderer Banken.

Trotzdem wäre eine solche Auffangaktion ein Desaster. Die Bedingungen, zu denen noch Hypotheken und Bau-Finanzierungen gewährt würden, verschlechterten sich gewaltig und die Bautätigkeit würde zusammenschnurzeln wie ein Hamburger in der Bratpfanne

Auch international hätte dies schwere Auswirkungen, denn der Hypothekenmarkt ist auch bereits globalisiert, wie sich u.a. an den Problemen der deutschen Landesbanken gezeigt hat.

Zwar ist noch nicht sicher, ob eine grosse Auffangaktion notwendig sein wird, aber die Börsen – auch ausserhalb der USA – werden bereits auf die Möglichkeit reagieren. Die Aktienkurse der beiden Institute brachen seit Beginn der Immobilienkrise bereits um etwa 90% ein. Am vergangenen Freitag verlor die Fannie-Aktie etwa 30%, die von Freddie um die 28%.

„Wir befinden uns inmitten eines Tsunamis im Finanzsektor. Dies ist ein Sturm, den die USA zuvor noch nie erlebt haben", sagte Peter Kenny, Direktor von Knight Equity Markets, laut einer Meldung der Wiener „Presse“.

In einer anderen Presemeldung wird berichtet, die Analysten erwarten in Deutschland einen Dax von 5600 für diese Woche.

Wichtig ist aber zu sehen: Die Weltwirtschaftskrise steht erst am Anfang. Bisher hat sie im engeren Sinne noch gar nicht begonnen. Das offizielle Kriterium einer Weltwirtschaftskrise ist, wenn die wesentlichen OECD-Länder zwei aufeinananderfolgende Quartale mit Verringerung des GDP (so etwas wie das das Bruttosozialprodukt) aufweisen. Das ist bisher noch in keinem Land der Fall.

Wenn das im Moment ein Tsunami ist, dann stelle man sich vor, welche Worte man verwenden wird, wenn die Weltwirtschaftskrise im engeren Sinne wirklich ausbricht.


Veröffentlicht am 14. Juli 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Zusatz zum Artikel vom 15.7.08
Wie sich die Immobilienkrise in den USA konkret auswirkt, zeigt eine Meldung, die heute um die Welt ging: In der grossen Industriestadt Cleveland, Ohio sind bereits 10% aller Häuser im Besitz der Banken, d.h. die ehemaligen Besitzer haben sie an die Bank verloren, weil die Raten zu hoch wurden. Die Banken warten auf bessere Zeiten, um die Häuser zu versteigern, denn im Moment sind die Preise auf Niedrigst-Niveau.
Wie die Wirtschaftskrise in den USA voranschreitet, sieht man an einer anderen Meldung: General Motors hat heute angekündigt, die noch vorhandenen Personalkosten um 10% vermindern zu wollen, also Massenentlassungen, nachdem man vorher bereits das Schliessen von vier der Fabriken angekündigt hatte.


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"Viertes Anzeichen Weltwirtschaftskrise"

"Können die USA bankrott gehen?"

"Wann kommt die Wirtschaftskrise?"

"Dollar-Verfall bedroht deutschen Export – Die Krise wird fürchterlich"

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"Globaler Einbruch der Börsen"

"Weltwirtschaftskrise – Der konkrete Übergang in die Barbarei"

"USA: Wirtschaftskrise beginnt"

"Hellseherei? Die Wirtschaftskrise"

"General Motors könnte pleite gehen"

"Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise"

"Wirtschaftskrise in den USA"

"Europa sinkt in diesem Moment in die Wirtschaftskrise"

"Banken gerettet – Staat pleite?"

"Weitere gigantische Finanzmarkt-Risiken"

"Verdienen deutsche Banken Vertrauen?"

"Können Sie das glauben?"

Montag, 7. Juli 2008

Exxon Valdez-Fall mit Taschengeldzahlung beendet

Strafe auf 500 Millionen Dollar reduziert – Exxon verbucht Gewinn im Fall

Von Karl Weiss

Die Exxon, heute Exxon Mobil, war im Jahre 1989 für das verheerendste Tankerunglück der Geschichte verantwortlich, bei dem in Alaska der Supertanker Exxon Valdez auf einen Felsen fuhr und seine gesamte Ladung von 100 000 Tonnen Rohöl (nach anderen Angaben 50 000 Tonnen) ins Meer nahe der Küste laufen ließ. 1900 km (!) der Küste von Alaska, die extrem fischreich war, wurde mit Öl und Schlamm bedeckt.

Exxon Valdez Spill

An der Katastrophe verdient

Bis heute hat sich die Meeresfauna und –flora dort nicht vollständig erholt. Doch die Exxon hat an dieser Katastrophe verdient - so unglaublich es erscheinen mag. Soeben wurde vom Obersten US-Bundes-Gerichte die Strafe auf ein Taschengeld zusammengekürzt

Die Verantwortung des Konzerns für das Unglück ergab sich aus zwei Fakten: Erstens hatte er als Kapitän auf dem Schiff einen für seine Trunksucht bekannten Mann eingesetzt. Zweitens war der Tanker (wie auch fast alle anderen Öltanker bis heute) nicht mit einer doppelten Wandung ausgestattet.

Die Exxon Valdez fuhr in jener Nacht im gut ausgeschilderten Prince William Sound, als der Kapitän seinen Posten verließ. Der als Alkoholiker bekannte Mann hatte nach einer Zeugenaussage im Prozess auch an diesem Tag zumindest vier Wodka getrunken. Obwohl das Fahren in einer landnahen Wasserstrasse (das Unglück geschah nur wenige hundert Meter vom Land entfernt) höchste Aufmerksamkeit verlangt, ging der Kapitän von der Brücke. Tatsächlich kam die Exxon Valdez dann von der Fahrrinne ab und krachte in einen Felsen.

Hätten die Supertanker wenigstens eine Unterteilung in verschiedene Tanks, sodass bei einem Loch in der Aussenhaut nur einer der Tanks ausläuft und nicht gleich die ganze Ladung, so wäre der Umfang der Schäden durch Unglücke geringer. Aber die großen Ölkonzerne sind die Besitzer der Welt und kümmern sich einen feuchten Kehricht m Umweltschäden. Zum Verhältnis der Ölkonzerne zur Umwelt siehe auch diesen Artikel: http://karlweiss.twoday.net/stories/3049483/

Jeder kleine Besitzer einer Tankstelle ist gezwungen, Tanks mit doppelter Wandung zu benutzen und zusätzlich eine automatische Warnung einzubauen, um Lecks sofort zu melden. Die Ölkonzerne dagegen dürfen Riesenmengen des extrem umweltschädlichen Rohöls durch die Weltmeere schippern ohne die geringsten Sicherheitsvorkehrungen – und sogar noch Alkoholiker als Kapitäne einstellen.

Der Exxon-Valdez-Fall war darum so desaströs, weil der Unfall in Landnähe geschah und die schmierige schwarze Pampe sich auf 1900 km der Küste von Alaska legte. Dort sind die Laichplätze der wichtigsten internationalen Fisch-Populationen. Vor allem wurden Milliarden von Heringseiern vernichtet. Aber auch die Lachse laichen in den dortigen Gewässer, in diesem Fall weiter die Flüsse hoch, in den Süsswasserbereichen, die aber ebenso von der Ölpest betroffen waren.

Exxon Valdez Spill 1

Es waren 32 000 Menschen bzw. Familien unmittelbar von den Auswirkungen betroffen, vor allem Ureinwohner (Eskimos), die vollständig von der Fischerei für ihre Ernährung abhängen, aber auch andere Fischer, die ihren Broterwerb verloren, ebenso wie Besitzer von Küstenstreifen, die nun zu nichts mehr benutzt werden konnten.

Jeder dieser 32 000 Familien (das betrifft nur jene, die sich gemeldet haben; die Schätzungen gehen auf weitere Zehntausende, die nie Gelegenheit hatten, sich zu melden) hat die Exxon einen Betrag von etwa 15 000 Dollar als Entschädigung bezahlt. Es ist offensichtlich, dass dieser Betrag, den ein normaler Unterabteilungs- oder Gruppenleiter bei der Exxon im Monat verdient, bestenfalls symbolisch genannt werden kann.

Insgesamt hatte die Exxon damals etwa 500 Millionen Dollar an Entschädigungen gezahlt und für Reinigungsmaßnahmen ausgegeben, das ist für die Exxon Mobil ein Taschengeld, denn die Gruppe macht heute einen jährlichen Reingewinn von 43 Milliarden Dollar (Milliarden, nicht Millionen! Reingewinn, nicht Umsatz!) – und das, bevor der Ölpreis begann zu explodieren! Die gesamten Entschädigungen machten also gerade 1 % eines einzigen Jahresgewinns aus, während die Fisch-Populationen sich heute, 19 Jahre später, immer noch nicht erholt haben.

Exxon behauptet, alle Küstenbereiche gesäubert zu haben, aber die Wahrheit ist weit trauriger. Nur an Küstenstrichen und Stränden, die leicht für Menschen zugänglich sind, wurde gereinigt. Alle unzugänglichen Stellen sind bis heute verschmiert.´


Tausende von Familien von Ureinwohnern mussten in die nächsten Städte ziehen und dort um Almosen betteln, wie auch die Familien von Fischern.
Es waren in jenen Gewässern auch industrielle Fischfänger unterwegs, vor allem sieben Firmen, die in Seattle ihren Sitz haben, die sogenannten „Seattle Seven“. Exxon brachte es fertig, sie mit jeweils etwa 7 Millionen Dollar abzufinden, was bestenfalls für einen Monatsfang reichte. Man schaffte dies mit der Drohung, die Firmen würden sonst überhaupt keine Geld sehen, bis das oberste US-Bundesgericht entschieden hätte.

Wie lange das dauert, konnte man nun sehen. Die New York Times berichtete am 26. Juni 2008 über das abschließende Urteil des Obersten US-Gerichtshofs zur „Bestrafung“ des Konzerns, also etwa 19 Jahre nach der Katastrophe. Die ursprünglich als Strafe für das Fehlverhalten der Firma festgesetzte Summe von 5 Milliarden Dollar wurde auf ein Zehntel gekürzt, auf 500 Millionen Dollar, das ist, wie oben schon gesagt, ein Taschengeld für die Exxon Mobil.

Das Argument der Obersten Bundesrichter für diese Kürzung war, die Bestrafung und die Entschädigungszahlen müssten in etwa im Verhältnis 1:1 stehen. Die Tatsache also, dass völlig unzureichende Entschädigungen gezahlt wurden, wird nun als Argument genommen, um auch die Bestrafungssumme zu kürzen.

Nun mag jemand sagen, zwei Mal 500 Millionen Dollar, also insgesamt 1 Milliarde Dollar, das tut doch selbst einer Exxon Mobil weh. Nun, das sind etwa 2% eines heutigen Reingewinns in einen Jahr.

Aber es fragt sich: Hatte die Exxon Mobil dies wirklich zu zahlen? Die Antwort ist nein.

Die damalige Exxon konnte gleich nach den Desaster den ursprünglich vorgesehen Bestrafungsbetrag von 5 Milliarden Dollar als erlaubte und nicht zu versteuernde Sonderrücklage anlegen. Was man damit an Steuern gespart hat und an Zinsen und Zinseszinsen eingenommen hat, übersteigt heute, nach 19 Jahren, bereits bei weitem die 1 Milliarde Dollar, die zu zahlen waren bzw. sind. Mit anderen Worten: Die Exxon Mobil hat an der von ihr verursachten Katastrophe noch verdient!

Nicht einmal den Supertanker hat die Exxon verloren: Die Exxon-Valdez wurde repariert und fährt heute unter dem von der Konzernbezeichnung bereinigten Namen „SeaRiver Mediterannean“ auf den von Unterwasser-Felsen bedrohten Gewässern. Findet sie wieder einen solchen Felsen, werden wiederum 100 000 (oder 50 000) Tonnen Rohöl auslaufen. Weder Konzerne noch Regierungen haben also auch nur versucht, aus dem Desaster zu lernen.

So ist das im staatsmonopolistischen Kapitalismus: Die Monopolkonzerne haben sich Staat und Gesellschaft vollständig untergeordnet und müssen keinerlei andere Autorität fürchten, ausser natürlich der Revolution!


Veröffentlicht am 7. Juli 2008 in der Berliner Umschau


Originalveröffentlichung

Karl Weiss - Journalismus

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