Mittwoch, 8. August 2007

Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1

Teil 1: Was die Experten zu den neuen Gesetzen sagen - Gefängnis für Sex unter 18

Von Karl Weiss

Völlig ohne jede inhaltliche Meldung in den bürgerlichen Massenmedien wird im Moment in aller Heimlichkeit eine Verschärfung des Sexualstrafrechts durch den Bundestag gezogen, die wesentliche Teile der Bevölkerung zu Verbrechern stempeln soll. Auch ein grosser Teil der Bundestagsabgeordneten scheint uninformiert.


Zusatz zum Artikel

Mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 4. November 2008 ( hier: http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl108s2149.pdf ) sind die wesentlichen Neuerungen dieses absurden Gesetzes nun Wirklichkeit in Deutschland geworden. Wie jeder weiss, hat keine Zeitung, kein Fernsehen, über die Verabschiedung berichtet. Man kann ohne Übertreibung sagen, es wurde heimlich durchgezogen. Dies vor allem, weil den einschlägigen Politikern natürlich klar war, was sie da beschlossen.

Das entscheidende ist, man hat nun Instrumente in der Hand, fast jeden beliebigen Menschen in Deutschland unter schwerste Anklagen zu stellen, die ihn der abscheulichsten Verbrechen anklagen, die man sich vorstellen kann („Kinderporno-Verbreitung“). Da die Regelung der „wirklichkeitsnahen Beschreibungen“, des neuen Kinderporno-Alters bis achtzehn und der Einbeziehung von Personen, die aussehen, als ob sie jünger wären, beschlossen wurden, ist nun fast jeder Porno auch gleich Kinderporno.

Man kann erwarten, dies wird keineswegs breit angewandt werden. Dazu haben die Staatsanwaltschaften auch keine Zeit noch Personal. Es geht darum, Material gegen Dissidenten zu haben. Kann man einen politischen Dissidenten mit einer Anklage wegen Kinderporno überziehen, ist er völlig unglaubwürdig geworden.


Da es einige Missverständnisse um diesen Artikel gegeben hat, hier noch eine Klarstellung: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält noch nicht alle vorgesehenen und bereits mehrfach geforderten Verschlimmbesserungen des Sexualstrafrechts, sondern nur die wesentlichsten, nämlich die Heraufsetzung des "Schutzalters" auf achtzehn Jahre, die Strafbarkeit von jeglichen Darstellungen und "Schriften", die als "aufreizend" eingestuft werden, die Abschaffung der Regelung, dass die Täter mindestens 18 Jahre alt sein müssen und einige weitere. Bisher noch nicht als Gesetzentwurf in Deutschland vorgelegt, aber bereits gefordert von "christlichen" Politikern oder in der Europäischen Rahmenverordnung oder in US-Vorlagen genannt (oder auch in der ersten Version der Rahmenverordnung, die von der europäischen Kommission stammte) sind: Die vierjährige Mindeststrafe, die Strafbarkeit des "Verleitens", die Einbeziehung von unter 14 -jährigen in den Täterkreis und die öffentlich zugängliche Sexualstraftäter-Datei u.a.. Ist das Gesetz erst einmal durchgebracht, werden wahrscheinlich diese noch weiter gehenden Punkte angegangen.


Bereits im letzten November wurde das neue Gesetz in erster Lesung durch den Bundestag gebracht, ohne dass die Massenmedien über den Inhalt informiert hätten. Nun ist das Gesetz in den Ausschüssen, die am 18. Juni 2007 eine Expertenanhörung durchgeführt haben – wiederum völlig ohne Berichte in den bürgerlichen Medien.

Das einzige was in den Massenmedien zu finden ist zum Thema, sind die Eigenlob-Äußerungen von Frau Zypriess und Frau Merkel, die großspurig verkündeten, nun würde mit dem angeblich durch das Internet aufgeblühten Kinderporno und mit den „Kinderschändern“ Schluss gemacht.

Tatsächlich aber wird das ganze Konzept des Sexualstrafrechts versucht zurückzudrehen zu jenen Zeiten, als es auf moralischen Verdammungen (hauptsächlich religiöser Natur) und auf schwammig-moralischen Definitionen beruhte.

Vor allem wird der Täterkreis für Herstellung und Besitz von Kinderpornos und von Missbrauch von Kindern von vorher „mehr als achtzehn Jahre“ aufgehoben, was alle gleichaltrigen und sogar jüngere Jugendliche und Kinder ebenfalls zu "Tätern" macht. Dadurch ist die vorher in vielen Jahrzehnten erreichte aufgeklärte Betrachtung von Sex unter Jugendlichen und Doktorspielen (sexuellen Handlungen) unter Kindern völlig auf den Kopf gestellt.

Zum anderen wird der „Opfer“-Kreis völlig willkürlich, ohne auch nur den Versuch einer Begründung, von Kindern (Personen bis zu 14 Jahren) auf alle Kinder und Jugendlichen ausgedehnt (Personen bis zu 18 Jahren). Begründet wird lediglich, dies sei in der europäischen Rahmenrichtlinie verlangt. Dadurch wird jeglicher einverständlicher Sex unter Jugendlichen zu einem schweren Verbrechen (genau gesagt zwei schweren Verbrechen, denn beide begehen jeweils eine "Vergewaltigung" am anderen).

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch: Sowohl in den USA als auch in Großbritannien gibt es bereits öffentlich zugängliche Register von „Sex Offenders“, in die alle unter diesen Paragraphen Verurteilten aufgenommen werden, meist lebenslänglich. Jeder kann sich dort informieren, wie die Verurteilten heißen, wo die 'Sex Offenders' wohnen, ein Bild von ihnen ansehen und eventuell auch erfahren, wo sie arbeiten, falls sie denn je noch eine Anstellung finden. Auch in Deutschland wurden schon von verschiedenen Politikern der so christlichen Parteien ein solches Register gefordert, so u.a. vom Nordrhein-Westfälischen Ministerpräsidenten Rüttgers.

Nicht ein einziger der Papagei-Journalisten in den Massenmedien hat sich die Mühe gemacht, nachzulesen, was da wirklich auf die Bevölkerung zukommt (Das folgende bezieht sich einerseits auf die europäische Rahmenrichtlinie und andererseits auf den konkreten deutschen Gesetzentwurf):
  • Mindeststrafe für alles, was unter die Sexualstrafgesetzgebung fällt, wird 4 Jahre Gefängnis sein.
  • Ab dann sind im Sinne der Sexualstrafgesetzgebung alle Personen bis 18 Jahre „Kinder“. Eine Unterscheidung von Kindern (bis 14 Jahre) und Jugendlichen (15 bis 18 Jahre) gibt es nicht mehr.
  • Da in der Sexualstrafgesetzgebung definiert it, dass „Kinder“ nicht in der Lage sind, ihre Zustimmung zu sexuellen Handlungen (im weitesten Sinne) zu geben – denn sie wissen ja nicht, zu was sie da eventuell zustimmen -, gilt jede sexuelle Handlung (im weitesten Sinne), auch dann, wenn der „Täter“ selbst ein „Kind“ ist, als „Kinderschändung“, oder im offiziellen Strafgebrauch als `sexueller Übergriff gegen Kinder`.
nudist-foto 125
Dieses Foto ist ein gutes Beispiel für den schmalen Grad, der da in Zukunft gegangen wird: In Wirklichkeit ist es ein völlig normales Familienfoto von einem FKK-Gelände, aber jemand könnte es für ein erotisches, ein "reizendes" Foto halten und irgendjemand könnte meinen, die Dame ist noch nicht 18. Unabhängig davon, wie alt sie wirklich ist, könnte dies Foto als "Kinderporno" (kein Witz) eingestuft werden und für den Besitzer in Zukunft 4 Jahre Gefängnis wert sein. Disclaimer: Dies Foto ist kein Familienfoto des Autors, sondern ein FKK-Familienfoto. Es ist längst veröffentlicht und ist heute "public domain". Siehe dazu auch den Kommentar des Lesers "steppenhund" unter diesem Artikel.
  • Praktisch jeglicher Sex von Personen unter 18 Jahren wird ein schweres Verbrechen sein - zumindest für eine der beiden involvierten Personen, meistens für beide (Mindeststrafe 4 Jahre). Dabei ist unter Sex schon jegliches „Doktor-Spiel“zu verstehen.
  • Kinder und Jugendliche werden genauso bestraft wie Erwachsene (!).
  • Jegliche Darstellung in Bild, Foto, Video, Zeichnung oder Kunstwerk von Personen unter 18 Jahren – nackt, wenig bekleidet, mit der Schamgegend sichtbar, ja sogar bekleidet, wenn in „aufreizender“ Pose, wird zum schweren Verbrechen – für jeden, der dies herstellt, besitzt, anderen zeigt, zur Verfügung stellt usw. (Mindeststrafe 4 Jahre)
Nudist Foto 123
Bei diesem Foto ist nicht das Alter die Frage, sondern die Frage, ob es "aufreizend" sein könnte. Es ist in Wirklichkeit ein typisches Foto von einem Aufenthalt in einem FKK-Camp, das Mädchen hält sogar noch den Preis in der Hand, den es in einem "Nudist"-Wettbewerb gewonnen hat, aber es besteht eben die Möglichkeit, dass ein alter Lüstling es für "aufreizend" halten könnte und dann ist es "Kinderporno" und wiederum mindestens 4 Jahre Gefängnis wert. Disclaimer: Dies Foto ist kein Familienfoto des Autors, sondern ein FKK-Familienfoto. Es ist längst veröffentlicht und ist heute "public domain". Siehe dazu auch den Kommentar des Lesers "steppenhund" unter diesem Artikel.
  • Das alles gilt auch, wenn eine Person beteiligt ist bzw. abgebildet ist, die zwar schon über 18 ist, aber von irgendjemand für jünger als 18 gehalten werden kann (4 Jahre Mindeststrafe).
Nudist Foto 147
Hier haben wir ein Foto aus einem Nudisten-Camp mit einem weiblichen und einem männlichen nackten Körper. Es ist so harmlos wie ein FKK-Foto nur sein kann. Aber es lauern wieder zwei Gefahren: Jemand könnte es für aufreizend halten, z.B. ein alter geiler Lüstling und jemand könnte der Ansicht sein, die beiden oder einer von ihnen könnte noch nicht 18 sein. Dann nämlich wird dieses Foto in Zukunft zu "Kinderporno"! Da kann man sehen, welch schlechte Phantasie die Gesetzesmacher haben! Disclaimer: Dies Foto ist kein Familienfoto des Autors, sondern ein FKK-Familienfoto. Es ist längst veröffentlicht und ist heute "public domain". Siehe dazu auch den Kommentar des Lesers "steppenhund" unter diesem Artikel.

„Das kann nicht wahr sein!“ sagt sich da jeder. „Wir leben in Deutschland, einem aufgeklärten Land!“ „Das wäre ja Wahnsinn!“ „Das würden die nie wagen!“

Und doch ist es genau so.

Der Kommentar eines Fachmannes von der Bremer Universität zu diesen Plänen findet sich im dritten Kommentar zu diesem Artikel: Sex?? Gefängnis!!

Es geht nicht um Kinderporno im Internet, es geht um das Durchsetzen der Moralvorstellungen extremistisch-christlicher Fanatiker mit den Mitteln des Strafrechts. In den USA hat man bereits mit der Einführung dieses „Rechts“ begonnen, nun wurde über eine UN-Organisation ein gleiches von allen anderen Ländern verlangt. Die EU hat aus diesem Grund eine Rahmenrichtline herausgebracht, die nun von der Regierung in Deutschland umgesetzt wird.

Wer es nicht glaubt, lese selber in den Stellungnahmen der Experten in der Anhörung im Bundestag nach.

Nudist Foto 179
Bei diesem Foto, ebenfalls einem typischen und normalen Familienfoto aus einem Nudisten-Bereich, geht es um die Frage des "Posing". Die Gesetzesmacher sagen nämlich ausdrücklich, wenn eine Person unter 18 eine "aufreizende" Position einnimmt, dann sei das "Posing" und das sei "Kinderporno". Nun, dieses Mädchen posiert für den Fotografen, das kann man erkennen, aber was ist daran pornographisch? Nur in der Phantasie gewisser Perverser wird daraus Pornographie. Disclaimer: Dies Foto ist kein Familienfoto des Autors, sondern ein FKK-Familienfoto. Es ist längst veröffentlicht und ist heute "public domain". Siehe dazu auch den Kommentar des Lesers "steppenhund" unter diesem Artikel.

Vor allem die Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. Graupner, Co-Präsident der österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung und herausragender deutschsprachiger Rechtsexperte für Sexualitätsfragen, zeigt, wenn man sie näher studiert, die ganze Tragweite und Absurdität der aus den extremistisch-christlichen Auswüchsen der USA herübergeschwappten völlig neuen Fassung des Sexualstrafrechts, das hier beraten wird. Aus seiner Stellungnahme wurden die meisten der unten genannten Beispiele entwickelt.

Auch die Stellungnahme von Dr. Philipp Thiee, der im Namen der Vereinigung der Strafverteidigerverbände sprach, lehnt den Entwurf vollständig ab und findet eindeutige und harte Worte für den vorgelegten Text.

Dr. Graupner wies nach, dass man wörtlich Begriffe aus Neufassungen von Gesetzen aus den USA übernommen hat, die hysterischen extremistisch-christlichen Ansichten über Moral entstammen, wie sie typisch für feudalistische Zeiten waren.

Dr. Helmut Graupner

Im Fall der „bildlichen Darstellungen“ (darunter fallen z.B. auch Zeichnungen, künstlerische Akte usw.) führt er aus:

„... definiert als „Kinder“-Pornografie alle bildlichen Darstellungen
eindeutig sexueller Handlungen unter Einbeziehung einer Person unter 18 Jahren. Eindeutig sexuelle Handlungen inkludiert dabei sogar „aufreizende Zurschaustellung der Genitalien oder der Schamgegend“. Diese Formulierung wurde, wie die gesamte Definition von „Kinder“-Pornografie, wortwörtlich aus dem § 2256 des US-amerikanischen Federal Criminal Code übernommen.

Wie extensiv diese Formulierungen sind kann man an der Entwicklung in den USA ersehen. 1994 hat der [US-] Kongress in Reaktion auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA ausdrücklich erklärt dass er bei der Beschlussfassung des Gesetzes beabsichtigte, dass der Anwendungsbereich der Wendung ‚Zurschaustellung der Genitalien oder der Schamgegend’ nicht auf Nacktbilder beschränkt sein sollte oder auf Abbildungen auf denen die Genitalien unter Kleidung erkennbar sind; bei Videoaufnahmen sollte es, um unter diese Bestimmung zu fallen, außerdem nicht notwendig, dass die Genitalien oder die Schamgegend auf dem Video zu sehen ist oder dass die minderjährige Person lasziv handelt oder posiert.“


Es wird also nicht mehr auf objektive Tatbestände abgehoben („sexuelle Handlungen“), auch wenn dieser Begriff noch benutzt wird, sondern mit dem Begriff „aufreizend“ eine Definition eingeführt, die beliebig extensiv ausgelegt werden kann. Wenn irgendjemand sich aufgereizt fühlen kann von einer Darstellung, z. B. der Papst oder ein katholischer Bischof, dann fällt die „Bildliche Darstellung“ unter das Kinderporno-Verbot mit 4 Jahren Haft als Mindeststrafe. Es ist offensichtlich, dass damit jegliche Rechtssicherheit bezüglich von Fotos und anderen (auch künstlerischen) Darstellungen von Kindern und Jugendlichen aufgehoben ist.

Der europäische Rahmenentwurf sieht auch das Delikt des „Verleitens“ von Kindern (bis 18 Jahren) zu sexuellen Handlungen vor, der allerdings im deutschen Gesetzentwurf nicht übernommen wurde, aber sehr wohl in anderen europäischen Ländern, z.B. Italien.

Da der Begriff „Verbreiten“ solcher Fotos (oder anderer Bilder) wiederum nicht definiert ist, kann darunter auch einfach verstanden werden, dass ein Foto im Familienkreis gezeigt wird oder jemand ein Familienalbum Freunden zeigt oder ein(e) Jugendliche(r) jemand ein Bild seiner Freundin/seines Freundes zeigt. Im Extremfall kann es aber auch ausreichen, ein entsprechendes Bild nicht unter Verschluss zu halten, so dass andere Personen Zugriff haben. Das kann heutzutage natürlich auch im Internet geschehen, wo es viele „Alben“ gibt und man sie Freunden und Bekannten oder Familienangehörigen, die weiter weg wohnen, zugänglich machen kann.

Was das bedeutet, kann man sich an einigen Beispielen deutlich machen:

Ferienfotos

Erika, 17, hat mit Hannes, 18 Urlaub gemacht. Beide sind bis über beide Ohren ineinander verliebt. Nach der Rückkehr werden Urlaubsfotos gezeigt. Man war an einem südlichen Strand, wo sich fast alle Damen „oben ohne“ sonnten, so auch Erika. Es sind also eine Anzahl von Fotos mit Erikas ausnehmend schönen Brüsten dabei. Ebenso ein paar Fotos, auf denen sich die beiden innig küssen. Auf einem der Fotos hat Hannes auch die Hand auf Erikas Po. Ein Bekannter, der zufällig beim Zeigen der Fotos dabei war, bekommt kurz danach Krach mit Erikas Vater und wird aus dem Haus geworfen. Er sinnt auf Rache. Da die neue Gesetzgebung gerade beschlossen wurde, zeigt er Erika und Hannes an - und auch Erikas Vater, in dessen Haus die Fotos gezeigt wurden, wegen Verbreitung von Kinderpornos.

Alle drei werden zur gesetzlichen Mindeststrafe von 4 Jahren Gefängnis verurteilt. Der Richter erklärt, er sei zwar keine Freund der neuen Gesetzgebung, aber er müsse sich an geltende Gesetze halten. Er hätte zwar erwogen, das Verfahren wegen geringer Schuld einzustellen, aber wegen der offen gezeigten Brüste und der Hand auf dem Po („sexuelle Handlungen“) sei das nicht möglich gewesen.

Ausserdem werden sie, die ja nun als Verbreiter von Kinderpornos als Schwerverbrecher angesehen werden, in die Sexualverbrecherkartei aufgenommen, die jeder einsehen kann und überprüfen, ob in seiner Nähe eventuell ein solcher `Kinderschänder` wohnt.

Erikas Vater hat seine Arbeit verloren, Hannes wurde aus der Lehre geworfen und Erika wird an keiner Schule mehr angenommen, weil sie dort als ‚Kinderschänderin’ ja Kontakt zu Kindern hätte. Das Leben der drei ist zerstört.

Anderes Beispiel:

Eine Zeichnung

Kurt, 17, der eine Begabung zum Zeichnen hat, skizziert ein paar Zeichnungen von seiner Freundin Heide, 16. Ohne Kleidung. Aus dem Gedächtnis. Er bringt es fertig, die Zeichnungen so gut zu teffen, dass man Heide eindeutig erkennen kann. Eine Zeit später verliebt er sich in ein anderes Mädchen und die beiden trennen sich. Noch später findet Kurts kleine Schwester Hanne, zu diesem Zeitpunkt 16, die Zeichnungen und zeigt sie Schulfreunden, um mit den Fähigkeiten des Bruders anzugeben. Die Schulkameraden erkennen Heide auf den Zeichnungen, die in die gleiche Schule geht und erzählen ihr von den Akt-Zeichnungen. Heide, die immer noch sauer auf Kurt ist, zeigt ihn wegen Herstellung von Kinderporno und Hanne wegen Verbreitung von Kinderporno an.

Ergebnis: Zwei weitere Leben zerstört. 4 Jahre Mindeststrafe! Sexualverbrecherkartei!

Nächstes Beispiel:

Nachbarschaftsstreit

Herr Kalter hat mit seinem Nachbarn Müller Ärger. Beide haben unterschiedliche Ansichten über Gartengestaltung und stehen in Dauerfehde. Einmal wurde Kalter sogar von Müller angezeigt. Das führte zwar zu nichts, aber Kalter lauert schon seit langem nach einer Möglichkeit, Müller mal wirklich eins auswischen zu können. Da sieht er eines Tages die 16-jährige Tochter Müllers mit ihrem Freund, eng umarmt. Er spioniert den beiden nach und wirklich, an einem der nächsten Abende fahren die beiden im Auto des Vaters des Freundes auf einen abgelegenen Waldparkplatz vor der Stadt und Kalter kann beobachten, wie das Auto in Schwingungen gerät. Er pirscht sich heran und kann ein hervorragendes Bild von beiden beim Sex im Auto aufnehmen.

Er zeigt das Mädchen wegen Verleitung zum Sex mit Kindern an, denn er hat herausgefunden, der Freund ist erst siebzehn. Müller reagiert mit einer Gegenanzeige wegen Verbreitung von Kinderporno, denn Kalter hat das Foto an die Polizei weitergegeben. Das Ende mag sich jeder selbst ausmalen.

Weiteres Beispiel:

Doktor-Spiele

Der kleine Uwe, 12 und seine Spielkameradin Eva, 10 haben Doktor-Spiele gemacht. Sie haben sich gegenseitig gezeigt, wie sie „da unten“ aussehen, haben sich angefasst und Eva hat auch Uwes Penis kurz in den Mund genommen. Evas Mutter hat alles herausbekommen und zeigt Uwe bei der Polizei an. Er wird zu einer Jugendstrafe verurteilt und ist für den Rest seines Lebens in der Kartei der sexuellen Straftäter, die öffentlich zugänglich ist.

Anderes Beispiel:

Petting unter Jugendlichen

Die beiden Schulkameraden Heide und Tom, beide 15, sind befreundet. Tom küsst Heide und sie küsst ihn zurück. Nach einiger Zeit beginnen sie auch Petting miteinander zu machen, d.h. Tom streichelt Heides Brüste unter der Kleidung und Heide rubbelt Toms Penis durch den Stoff der Hose. Später gehen sie auch dazu über, das Petting noch ausweiten, indem Heide in Toms Hose fasst und ihn stimuliert und Tom Heide ins Höschen fasst und sie an der Klitoris stimuliert. Sie werden einmal von einer Lehrerin dabei erwischt, die sie anzeigt. Beide werde zu langen Haftstrafen verurteilt, jeweils, weil sie den anderen "vergewaltigt" hätten und zu sexuellen Handlungen „verleitet“. Sie sind nun ihr Leben lang als Sexualstraftäter in den öffentlich zugänglichen Registern.

Oder:

Foto-Fan

Herr Valerio hat zwei Töchter, zwei bildhübsche kleine Mädchen. Da er ein Foto-Fan ist, macht er oft und in allen möglichen Situationen Fotos von ihnen. Er hat die elektronischen Fotos in seinem Computer gespeichert. Mit dem Bundestrojaner wird er bei einer umfassenden Fahndung wegen Kinderpornographie mit erfasst. Drei der Fotos von seinen Töchtern wurden von den Spezialisten als Kinderporno eingestuft, weil die Mädchen darauf „erotisch posieren“, wie das kleine Mädchen schon einmal tun. Es nützt Herrn Valerio nichts zu betonen, dass die beiden auf den Fotos voll bekleidet sind, weil die Nacktheit ausdrücklich nicht als Kriterium von „Kinderporno“ definiert ist. Er wird als Hersteller von Kinderporno und Leiter eines Kinderporno-Ringes im Internet zu langjähriger Haftstrafe verurteilt.

Aber es geht noch absurder:

Sex unter Eheleuten

Michael, 22, und Klara, 16, heiraten (das Mindestalter zur Eheschliessung bei Frauen ist 16 Jahre). Bereits nach weniger als einem Jahr Ehe bringt Klara einen gesunden Jungen zur Welt. Eine Person, die beiden nicht wohlgesonnen ist, zeigt Michael als Kinderschänder und Vergewaltiger an. Tatsächlich muss Klara vor Gericht zugeben, dass Michael sie nach der Hochzeit dazu angehalten hat, mit ihm Sex zu machen. Damit hat er nicht nur ein „Kind“ zu sexuellen Handlungen `verleitet`, sondern auch ein „Kind“ vergewaltigt, denn Klara als „Kind“ konnte ja keine gültige Zustimmung zum Geschlechtsverkehr geben. Michael wird einen wesentlichen Teil seines Lebens im Gefängnis verbringen.

Oder dieses Beispiel:

Fotos unter Jugendlichen

Kevin, 17, und Monika, 16 gehen miteinander. Kevin würde gerne Sex mit ihr machen, aber Monika will nicht. Kevin, der seinen Phallus für unglaublich schön hält, hat eine Anzahl von Fotos von seinem eregierten `Ding` gemacht. Auf einigen davon kann man auch ihn erkennen. Er zeigt ein paar dieser Fotos Monika. Er glaubt anscheinend, sie damit umstimmen zu können. Monikas Mutter erwischt ihn dabei und zeigt ihn an. Er wird verurteilt wegen Verbreitung von Kinderporno (4 Jahr Mindeststrafe) und wird sein Leben lang auf der Liste der „sexual offenders“ stehen, die im Internet eingesehen werden kann, mit Adresse, Lichtbild usw.

Aber auch noch weit häufigere Fälle werden erfasst:

Porno-Bilder

Ludwig, 31, so wie Millionen andere, hat ein Anzahl von Porno-Fotos und -Videos aus dem Internet auf seinen Computer heruntergeladen. Die Modelle in Pornos im Internet sind in der Regel über 18, meist wird dies auf den Websites auch ausdrücklich betont. Allerdings laden nur die wenigsten zusätzlich zu den Fotos auch die Eingangs-Site auf den Computer, wo dies steht. Ebensowenig werden Fotos und Videos zu den Sites zugeordnet, von denen sie heruntergeladen wurden.

So kommt es, wie es kommen musste: Bei der Suche nach Kinderporno im Internet mit dem Bundestrojaner wird routinemässig auch Ludwigs Computer in Augenschein genommen. Man findet unter den Porno-Fotos eine Anzahl, auf denen Modelle abgebildet sind, die jung aussehen, eventuell jünger als 18. Er wird wegen Besitz von Kinderporno angeklagt und verurteilt. Da Ludwig solche Fotos auch auf jenem Teil des Computers hatte, den er in Austauschbörsen im Internet für andere zum Herunterladen zur Verfügung stellt, wird er auch wegen Verbreitung von Kinderpornos im Internet und Leiten eines Internet-Kinderporno-Ringes angeklagt und verurteilt. Es nützt ihm nichts, darauf hinzuweisen, die Modelle seien alle über 18 gewesen, da der Gesetzestext ausdrücklich den Gegenbeweis in den Fällen ausschliesst, in denen Personen abgebildet sind, die jünger als 18 aussehen. Man ist also auch schuldig, wenn man beweisen kann, die Person war schon 18 Jahre alt.

Wer das beurteilen mag und welche Kriterien zu dieser Aussage führen („sieht jünger als 18 aus“), ist ausdrücklich offen gelassen worden. Damit entspricht das Gesetz nicht den mindesten Ansprüchen der Bestimmtheit, denen ein Gesetz eigentlich entsprechen muss, aber das ist im Unrechtstaat Bundesrepublik ja nichts Neues mehr, nachdem ja jetzt der Verdacht, eventuell ein Terrorist zu sein, bereits zur vorbeugenden Hinrichtung ausreichen soll.

Nehmen wir noch einen anderen extremen Fall:

Fotos unter Jugendlichen

Ein 17-jähriger schiesst einen Schnappschuss von seiner Freundin, ebenfalls 17, im Bikini, in dem man sie in einer „erotischen Pose“ sieht, die wohl manchem verklemmten Staatsanwalt als „aufreizend“ erscheinen mag. Selbst wenn er dies Foto niemand zeigt, hat er sich schon der Straftat der Herstellung von Kinderporno schuldig gemacht. Wenn man das Foto bei ihm findet (z.B. auf seinem Computer), er es also nicht unter sicherem Verschluss hat, kommt dazu das Delikt der Verbreitung von Kinderporno: 4 Jahre Haft dürften für all dies kaum ausreichen.

Oder nehmen wir den Webcam-Sex:

Webcam-Sex

Zwei Personen mit 17 Jahren, die sich im Internet kennengelernt haben, zeigen sich vor der Webcam der anderen und masturbieren bis zum Höhepunkt. Aus den Achiven der Site, auf der das ablief, kann die Polizei die Szenen leicht finden und den beiden Computern zurordnen. Die beiden werden gefunden und zu jahrelangen Gefängnisstrafen verurteilt. Sie haben nicht nur „Kinder“ zu sexuellen Handlungen ‚verleitet’, sondern auch Kinderporno auf öffentlich zugänglichen Seiten verbreitet.

Foto auf dem Nachttisch

Es können aber noch viel einfachere Tatsachen plötzlich zu schweren Verbrechen werden. Hat ein Jugendlicher z.B. ein Foto seiner ebenfalls jugendlichen Freundin, auf dem sie sich räkelt, auf dem Nachttisch, kann dies bereits als Besitz und eventuell sogar als Verbreitung von Kinderporno gelten (es könnten ja andere Personen ins Zimmer kommen und das Foto sehen).

Versuch strafbar

Hinzu kommt, dass für all diese Untaten nun auch der Versuch strafbar sein soll. Damit wird, um nur ein Beispiel zu nennen, bereits die Bitte eines 17-jährigen an seine gleichaltrige Freundin, mit ihm Sex zu machen, zu einem Verbrechen. Er versucht ja, sie zu sexuellen Handlungen zu ‚verleiten’. Weiterhin versucht er sie zu vergewaltigen, denn sie kann als ‚Kind’ ja keine gültige Zustimmung zu sexuellen Handlungen geben.

Kriminalisierung der Jugend

Berücksichtigt man, dass bereits die überwiegende Mehrheit der männlichen Jugendlichen vor 18 Jahren Sex haben und praktisch alle bereits „sexuelle Handlungen“ begangen haben oder an sich haben begehen lassen, berücksichtigt man, dass ein wesentlicher Teil der weiblichen Jugendlichen bereits Sex hatten, bevor sie 18 wurden und eine eindeutige Mehrheit von ihnen bereits „sexuelle Handlungen“ begangen haben oder an sich haben begehen lassen, so wird mit dieser Gesetzgebung praktisch die weit überwiegende Mehrheit der Jugend (mit wenigen Ausnahmen) kriminalisiert.

Kriminalisierung der FKK-Bewegung

Ebenso wird durch eine solche Gesetzgebung auch die ganze Naturisten- und FKK-Bewegung kriminalisiert. Wenn bereits Abbildungen von angezogenen Personen, die als erotisch angesehen werden, als Kinderporno interpretiert werden können, um wieviel mehr die von nackten jungen Personen. Durch die einzige Definition „aufreizend“ wird jegliche Abbildung nackter Personen unter 18, auch wenn sie sich lediglich im Hintergrund eines Bildes befinden, zum Schwerverbrechen.

Man wird also jegliche Fotoapparate aus den FKK-Camps entfernen müssen. Aber schlimmer noch, auch alte Fotos aus der Zeit, als FKK noch nicht kriminell war, sind natürlich verbrecherisch. Man wird also alle solchen Fotos feinsäuberlich aus allen Familienalben entfernen müssen und von allen Computern. Nicht genug, denn ein Computer speichert auch alle Abbildungen, die aus ihm entfernt wurden. Damit gibt es keine Möglichkeit mehr, sich des verbrecherischen Charakters seiner Aktivitäten zu entledigen, höchstens man verbrennt den Computer oder jedenfalls die Festplatte - aber mit dem Schweissbrenner.

Aber es geht nicht nur um Bilder aus FKK-Bereichen, sonden auch um das, was dort vorgeht. Umarmt jemand zum Beispiel eine Person unter 18, könnte dies natürlich bereits als „sexuelle Handlung“ausgelegt werden, speziell da sie unter Nackten vor sich geht. Die Interpretationen sind fast beliebig, da ja nicht mehr klar definierte „sexuelle Handlungen“ das Kriterium sind, sondern alles „aufreizende“. Und wer will schon wissen, von was manche Personen bereits aufgereizt werden.

Im Kern geht es darum: Hysterisch-extremistische Christen wollen ihre Moralvorstellungen der ganzen Gesellschaft aufzwingen und dies haben sie in den USA auch schon in grossen Teilen geschafft. Nun ist der Rest der Welt dran.

Alle oben genannten Beispiele beziehen sich ganz konkret auf Fälle, die von den Sachverständigen der genannten Anhörung genannt wurden.

Dies ist aber noch keineswegs alles.

Kriminalisierung von Kindern und Jugendlichen

In den USA, wo man in dieser Hinsicht schon weiter ist, wurde nun mehr und mehr auf Kinder und Jugendliche geachtet, die etwas taten, was extremistische Christen als sexuelle Übergriffe interpretieren, wir normalen Menschen als „Doktorspiele“ oder im allerschlimmsten Fall als „Ungehöriges“. Einen Artikel zu diesem Thema hat eine Journalistin in der „New York Times“ veröffentlicht.

Der Titel lautet: „Wie kannst du einen zukünftigen Pädophilen von einem Kind unterscheiden, das Probleme hat, Grenzüberschreitungen zu erkennen?“

Der insgesamt neun Seiten lange Artikel gibt einen interessanten Überblick über das, was auf dem Gebiet von Kindern und Jugendlichen, die nach US-Version „Sexual Offenders“ sind, in den letzten Jahren vor sich ging. Die Journalistin beschreibt unter anderem folgende Fälle:
  • Ein Elfjähriger hatte einem Mädchen in seiner Altersklasse unter Umständen, die nicht beschrieben wurden, zwischen die Beine gefasst, nur für einen Moment. Er wurde dafür in eine Art von Jugendgefängnis gesperrt und ist nun als „Sexual Offender“ in den öffentlich zugänglichen Listen von Kinderschändern. Er wird sein ganzes Leben lang mit Bild, Adresse usw. für jeden im Internet zugänglich sein als „Kinderschänder“.
  • Ein anderer Jugendlicher, dessen genaues Alter nicht genannt wird, hatte Kontakt mit einem zehnjährigen Jungen. Dabei lutschte ihm der Zehnjährige den Penis. Er wurde in eine Art von Irrenhaus gesperrt, wo er eine psychologische Heilbehandlung durchmachen musste, die u.a. beinhaltete: Er musste jeden Tag zunächst ein Geständnis über seine `Verbrechen` ablegen, bevor die Sitzung beginnen konnte.Auch er ist auf der „Sexual Offender“-Liste.
  • Ein „Johnny“ war elf, als er seine vier Jahre alte Schwester dazu brachte, ihm den Pimmel zu lutschen. Das galt als versuchte Vergewaltigung und er ist nun auf der Liste der „Sex Offenders“ mit Foto, Adresse usw.
  • Ein anderer Jugendlicher wurde als Kind von erwachsenen Personen sexuell missbraucht und lernte so sexuelle Dinge. Als Jugendlicher fasste er jüngeren Mädchen an den Hintern. Auch er ist nun eine Art von Vergewaltiger und auf den öffentlichen Listen.
  • Wieder ein anderer ist ein 13-jähriger, der einmal in der Schule einem jüngeren Mädchen an die Brust gegriffen hat. Auch dies machte ihn zum „Sexual Offender“.
  • Da war auch ein 13-jähriger, der seine Penis am Hintern einer Schulfreundin gerieben hat, die 10 war – beide bekleidet.
  • Oder der 14-jährige, der (ohne Erfolg) ein kleines Mädchen versucht hatte dazu zu bringen, seinen eregierten Penis zu lutschen.
In all diesen Fällen haben diese Jugendlichen keine Chnace, zum Beispiel vor einem ordentlichen Gericht, wie das jedem Erwachsenen zugestanden wird, einen Prozess zu bekommen, wo man einen Verteidiger hat, Gutachter bestellen kann und die Beweise einsehen. Die meisten von ihren wurden von ihren Eltern bei Psychologen oder Psychotherapeuten in Behandlung geschickt, die sie dann denunzierten. Sie werden durch Richter in einem einseitigen Akt in Besserungsheime geschickt, oder in Zwangstherapien oder einfach als „Sexual Offender“ gebrandmarkt ohne eine sonstige Strafe.

In über 25 der 50 Staaten der Vereinigten Staaten gibt es bereits die „Sex Offender“-Listen und die meisten von ihnen sind ohne Ablauffrist, d.h. der Jugendliche wird sein ganzes Leben lang auf der Liste stehen, auch wenn er erst 10 Jahre alt war, als er mit einem Mädchen Doktorspiele machte.

Nun wurde auf Befehl von Präsident Bush auch eine zentrale Liste ins Internet gestellt und alle „Sexual Offenders“ müssen sich alle 3 Monate bei den Behörden melden, damit man ihre aktuellen Wohnorte ins Internet stellen kann. Kommt einer dem nicht nach, wird er sofort zur Fahndung ausgeschrieben und muss mindest ein Jahr ins Gefängnis, wenn er gefasst wird.

Es gibt nichts Vergleichbares etwa für Jugendliche, die jemanden getötet haben. Sie sind nach Verbüssen ihrer Strafe frei und brauchen sich nirgendwo zu melden, noch werden sie in der Nachbarschaft als ehemalige Täter bekannt gemacht. Ebenso gibt es dies nicht für jemand, der einen Menschen auf Dauer zum Krüppel geschlagen hat oder für solche, die bewaffnete Raubüberfälle mit Körperverletzungen begangen haben.

Da wird deutlich, es geht um die Durchsetzung von Moralvorstellungen, nicht darum, Menschen vor eventuellen Wiederholungstätern zu schützen.

Die Statistiken zeigen: Der jugendliche „Sexual Offender“ neigt weniger dazu, erneut solche Taten zu begehen als zum Beispiel ein jugendlicher Dieb.

Die Bundestagsabgeordneten

Interessant war die Reaktion der Bundestagsabgeordneten des Ausschusses, der die deutsche Sexualstrafrechtsreform im Moment berät, auf die Aussagen der Experten am 18. Juni in Berlin. Die Abgeordneten der grossen Koalition hüllten sich in Schweigen, denn sie konnten ja nicht widerlegen, was die Experten gesagt hatten, sind andererseits aber an die Koalitionsdisziplin gebunden – werden das Gesetz also wohl durchwinken.

Ein Abgeordneter der FDP sagte, man müsse noch besser studieren, was da eigentlich im Gesetzentwurf stehe. Der grüne Abgeodnete zeigte sich entsetzt und will seine Fraktion gegen den Entwurf in Stellung bringen (was allerdings wohl keine realen Auswirkungen haben wird).

Man muss also befürchten, wenn es keine wirklich heftigen Proteste geben wird, wird man versuchen, dies alles durchzusetzen – oder jedenfalls sehr viel davon –– und das Ganze heimlich, still und leise.

"Gefährliche Doktorspiele" - Folter!

Es gibt aber noch eine andere, gefährliche Entwicklung in den USA auf diesem Gebiet, die u.a. auf dieser Site und auch hier unter dem gleichen Titel beschrieben wird.

Dabei geht es darum, dass man 12- oder 13-jährigen nicht zugestehen will, sie hätten bereits sexuelle Gefühle und Bedürfnisse. Sie werden vielmehr als „krank“ behandelt, wenn irgendwelche sexuellen Betätigungen (z.B. Masturbieren) oder sexuelle Interessen bemerkt werden.

Hierzu noch mehr im zweiten Teil.

Da gibt es zum Beispiel den Fall eines Kindes mit Namen Chad, also einen Jungen mit weniger als 14 Jahren, bei dem eine Schwulenzeitschrift gefunden wurde. Er kam in eine geschlossene Anstalt zur „Therapie“. Man befestigte Erektionsmessgeräte an seinem Penis. Dann zeigte man ihm Bilder von nackten Männern. Bekam er eine Erektion, wurde er mit Elektroschocks gefoltert. Nach Angaben einer Homosexuellen-Organisation werden im Moment etwa 50 000 Jugendlich jährlich in solche sexuellen Folterstationen eingeweisen.

Hierbei geht es darum: Ausgehend von der extremistisch-christlichen Anschauung bestimmter Sekten, dass Homosexualität keine natürliche sexuelle Ausrichtung, sondern eine kranke Abartigkeit darstellt, sollen eventuelle homosexuelle Neigungen bereits in frühem Alter erkannt und dann als Krankheit behandelt werden. Dabei wird ganz natürlich auf Folter zurückgegeriffen, ein weiteres Beispiel, wie tief die Selbstverständlichkeit von Folter als akzeptierter Methode bereits bei gewissen Teilen der US-Gesellschaft verankert ist.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen: In einer Reihe von Bundesstaaten der USA wurde bereits die erneute Strafbarkeit von homosexuellem Gechlechtsverkehr als Gesetz in die Parlamente eingebracht. Wir können also in etwa absehen, was als Nächstes nach Deutschland kommen wird, wenn diese Verschärfungen des Sexualstrafrechts widerstandslos durchgehen.

Zu guter Letzt sei noch auf das Problem der „Rächer“ hingewiesen. Wer auf einer „Sex Offender“-Liste in den USA steht, ist immer in Gefahr, verprügelt oder ermordet zu werden. Im Jahr 2005 hat ein Mann im Bundesstaat Washington zwei „Sexual Offender“ getötet, die er auf der Liste seines Staates gefunden hatte. Letztes Jahr war es ein Kanadier, der im Staat Maine eine Liste mit 29 Namen bei sich hatte, als er gefasst worden war, nachdem er zwei „Sexual Offender“ erschossen hatte. Einer der beiden Getöteten war 19, als er mit seiner Freundin Sex gehabt hatte, die zwei Wochen vor ihrem 16. Geburtstag stand. Das war sein Verbrechen gewesen, dass er nun mit dem Leben bezahlte.


Veröffentlicht am 8. August 2007 in "Nachrichten - heute", hier leicht redigiert

Originalartikel


Hier geht es zum Teil 2 des Artikels


Anmerkung in eigener Sache (9. August 2007)

Heute in den frühen Morgenstunden wurde dies Blog gehackt und ein Foto und Text in diesen Artikel eingesetzt. Offenbar war mein Passwort bekannt geworden. Ich habe die fremde Intrusion bereits entfernt und mein Passwort geändert.

Karl Weiss


Zusatz zum Artikel (10.8.07)

Scheinbar sind hier doch noch einige Worte nötig zu den Bildern, die ich hier im Blog in den Artikel gestellt habe. Man kann diese wohl missverstehen.

So schreibt z.B. "Adrima", die sich mit "Zynismus pur" vorstellt, im 'Zelda-Forum' zu diesem Artikel: "Ehrlich gesagt find ich es verwerflich Nacktbilder in den Artikel einzufügen."

Die Bilder sind „offizielle“ Naturisten-Bilder (in Deutschland wird die Naturisten-Bewegung FKK genannt). Ich habe sie, weil ich in den 70er-Jahren selbst Teil dieser Bewegung war und Ferien in Naturisten-Camps verbracht habe.

Die „Nudists“ (FKK-Anhänger) sind der Meinung, der menschliche Körper, auch und gerade nackt, ist ein wahres Kunstwerk und unglaublich schön. Er ist keine schreiende Aufforderung zum Sex, wie uns manche weismachen wollen, sondern eine der ästhetischsten Ansichten, die für uns Menschen möglich sind.

Nichts an einem nackten menschlichen Körper ist nach dieser Ansicht schlecht, sündig, „unschamhaft“ oder „unkeusch“. Er ist vielmehr das Meisterwerk der Natur (oder Gottes, je nach Glaubenseinstellung).

Aus diesem Grund haben viele Nudisten-Camps eine Foto-Bibliothek von besonders gelungenen Fotos von Nackten im Camp. Solche Fotos werden zum Teil von stolzen Eltern oder Ehepartnern dem Camp hinterlassen (mit Einverständnis der Abgebildeten), zum Teil bei Schönheitskonkurrenzen aufgenommen, die in der Ferienzeit in vielen Camps für Männlein und Weiblein und in allen Altersstufen üblich sind. Die Kandidaten bei diesen Konkurrenzen erklären sich einverstanden mit dem Fotografieren und dem Einstellen der Fotos in die Bibliothek.

Die Bilder der Bibliothek stehen den Camp-Feriengästen zur Verfügung. „Nudists“ tauschen auch solche Bilder untereinander. So bin ich an solche Bilder gekommen.

Es gibt auch websites, die solche Fotos im Internet ausstellen, z.B. diese US-Site oder diese Site eines deutschen Reiseunternehmens.

Wer die Bilder vorurteilslos ansieht, wird bestätigen, sie haben nichts „aufreizendes“ (im negativen Sinne) an sich und schon gar nichts pornographisches.

Man kann Naturisten-Bilder schon daran erkennen, dass sie praktisch immer im Freien aufgenommen sind und dass sie meist natürliche Situationen in einem Ferienkamp zeigen. Andere dieser Bilder sind typische Familienfotos, wie sie ein stolzer Vater aufnimmt oder ein Freund oder Partner.

Sie stehen hier im Blog, weil ich damit die Problematik der beabsichtigten Gesetze deutlich machen und die Aufmerksamkeit der Leser auf die Tatsache lenken will, wie schön und pornofrei Abbildungen des nackten menschlichen Körpers sein können.

Karl Weiss


Weiterer Zusatz zum Artikel

Auch diese Meldung vom 9.9.2007 gibt eine Vorstellung, zu welchen Absurditäten die extremistischen Christen von der Bush-Clique fähig sind:

Die 23-jährige Kyla Ebbert wurde kurz vor dem Start ihrer Maschine von San Diego, Kalifornien, USA, des Flugzeugs verwiesen, weil ihre Kleidung für die Fluggesellschaft Southwest Airline als zu provozierend angesehen wurde.

Kyla Ebbert in der beanstandeten Kleidung

Sehen Sie selbst das Bild von Kyla in der beanstandeten Kleidung und sie bekommen einen guten Einblick, was man in Zukunft auch in Deutschland von Merkel, Beckstein und Konsorten zu erwarten hat.

Als Begründung wurde angegeben, man sei eine Familienfluglinie. Das Abheben auf die ‚Werte der Familie’ eint seit jeher reaktionäre (und faschistische) Politiker und extremistische Christen. Wenn sich jemand auf die ‚Werte der Familie’ bezieht, wissen Sie, von was die Rede ist.

Wenn Sie hier Anklänge an islamistische Hysteriker erkennen, die glauben, ihre Frauen müssten sich vollständig verhüllen, so liegen Sie wohl nicht weit entfernt.

Religiöse Fanatiker, Bush und Bin Laden, ähnelten sich schon seit Urzeiten.

Quelle hier


Noch ein Zusatz zum Artikel


“Versuchsanordnung”

Hier eine Reaktion auf diesen Artikel, die es in sich hat. Obwohl der Artikel in dieser Hinsicht nicht misszuverstehen ist, versucht da ein gewisser „Versuchsanordnung“ (das Blog hat keinerlei Impressum, nicht einmal ein E-Mail) mich in den Schmutz von Kinderschändern zu ziehen. Das ist schon etwas dreist.

Sehen Sie sich den Text des Hysterikers an:

http://versuchsanordnung.twoday.net/stories/4422182/


"Die Kinderschänder sind los!" - Das stimmt.

Die Krumme 13 ist ein Verein, der sich für die ...ähm... 'Emanzipation' Pädo'philer' einsetzt. Weil die ja angeblich die Juden von heute sind.

Und 'man' ist gut im Networken. So findet sich - was für ein Zufall aber auch! - beim Herrn Weiss ein Dossier zum Thema 'Verschärfung des Sexualstrafrechts'.

Man kann sich sicher sein, Herr Weiss' Dossier trieft nur so vor Objektivität.

Und deshalb findet sich auf der Website der 'Krummen' im Verzeichnis 'Links - Private Pädoseiten & Blogs' auch - naha, dreimal darfste raten! - der/das Blog des Herrn Weiss. Eh klar. Dort steht, ich zitiere:

Karl Weiss - Journalismus

Er soll den Lesern meine (und Elmars) Artikel zugänglich machen, meistens aus der "Berliner Umschau" Alle sind aufgefordert, Kommentare, Kritiken, Anregungen zu schreiben. Auch ältere Artikel werden hier eingestellt.

Ein Besuch und Teilnahme wird empfohlen !

Herr Weiss eröffnet den 2. Beitrag seines 'Dossiers' mit den Worten 'Die Kinderschänder sind los!' Dem kann ich nur zustimmen. Die Kinderschänder sind los - und so mancher twoday-Bewohner unterstützt sie auch noch tatkräftig.

Die zukünftigen Opfer werden sich bedanken!
versuch4 - 7. Nov, 19:41"


Ich habe nicht die geringste Ahnung, was diese Site „Krumme 13“ ist. Wenn man sich für die „Emanzipation Pädophiler“ einsetzt (er hat das nicht verlinkt, man weiss nicht, ob es ein Zitat von der Site ist), heisst das ja nicht, sie sind dafür, dass jeder Pädophile seine Gefühle an jedem Kind ausleben darf („Kinderschänder“). Da er aber den Begriff Kinderschänder verwendet und von den zukünftigen Opfern redet, versucht er genau das zu suggerieren.

Wie gesagt, ich kenne „Krumme 13“ nicht, vielleicht sind die wirklich FÜR Kinderschänden, aber er hat nichts davon belegt.

Nun hat also jene Site diesen Artikel verlinkt. Da das Thema für Pädophile sicherlich interessant ist, liegt das ja auch nahe – wenn der Artikel auch für Pädophile nicht ergiebig ist, denn er weist ja gerade nach, die neuen Gesetze sind nicht für sie gemacht.

Was habe ich damit zu tun, dass jene Site meinen Artikel verlinkt hat? Gibt es im Artikel etwa auch nur eine Stelle, in der ich mich FÜR Kinderschänden ausspreche oder Kinderschänden verharmlose? Nein! Sonst hätte er auch sicherlich eine solche Stelle verlinkt.

Dann kommt die Infamie: Ich würde Kinderschänder unterstützen. Was??? Wie denn das? Wenn die meinen Artikel verlinken, dann unterstütze ich Kinderschänder????

Mit der Logik hat ers irgendwie nicht. Selbst wenn es Kinderschänder wären (was er nicht belegt hat), wieso hätte ich was mit denen zu tun? Sie haben meinen Artikel verlinkt, weil er zum Sexualstrafrecht geht. Ja und?

Er nutzt in infamer Weise aus, dass mein Blog da als Link unter „private Pädoseiten und Blogs“ steht. Da meine Site nun offensichtlich keine „private Pädoseite“ ist (wie er sich auch hätte leicht überzeugen können), kann sie also wohl nur unter „Blogs“ fallen. Es gibt also keinerlei Verbindung von mir zu Pädophilen oder Kinderschändern.

Aber mit Andeutungen und Auslassungen versucht er genau diesesn Eindruck zu vermitteln. Das haut doch wirklich dem Fass den Boden aus!

Dieser Herr „Versuchsanordnung“ ist wirklich --- na lassen wir das Wort weg und bleiben bei der Einschätzung „Hysteriker“.


Zusatz zum Artikel
anlässlich der Verabschiedung des neuen Sexualstrafrechts im Bundestag:

Um einen ungefähren Eindruck zu geben, wie es um den Sex von Jugendlichen in Deutschland bestellt ist, hier einige Zahlen aus der letzten Sex-Studie des Stern:

„Im Alter von 14 Jahren hätten nach den neuesten Zahlen zwölf Prozent der Mädchen und zehn Prozent der Jungen bereits einen Geschlechtsverkehr erlebt. Im Alter von 15 Jahren seien es 23 Prozent der Mädchen und 20 Prozent der Jungen, mit 16 Jahren 47 Prozent beziehungsweise 35 Prozent. Bei den 17-Jährigen berichteten 73 Prozent der Mädchen, schon Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Bei den Jungen seien es in diesem Alter praktisch unverändert 66 Prozent.“

Es ist also (73/66%) nicht irgendeine Minderheit, die vor dem Erwachsen-Sein bereits Geschlechtsverkehr hat. Und man darf im Zeitalter des Fotohandy davon ausgehen, dass in nicht unwesentlichen Teilen dieser Fälle Fotos und Videos aufgenommen werden. Diese sind nach neuer Gesetzgebung in Deutschland „Kinderpornos“, jedenfalls dann, wenn sie nicht unter völligen Verschluss und bei den beiden bleiben. Bereits das Verschicken per E-Mail-Anlage verwirkt eine Gefängnisstrafe! Umso mehr, wenn Mädchen ihr „Eroberung“ den Freundinnen zeigen oder Jungs ihren Freunden. Die Absurdität dieser Gesetzgebung ist nicht mehr zu überbieten.


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zu hysterischen Kinderporno-Verfolgungen, christlich-extremistischen Absurditäten und Sexualstrafrechts-Verschärfungen:

- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus

- Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger

- ...promt ging die Sache in die Hose –Rasterfahndung hätte um ein Haar eine Firma gekostet

- Schon in den USA, bald auch bei uns – Gefängnis für Sex unter 18

- Die Zukunft der USA unter den extremistischen Christen

- Sex?? Gefängnis!!

- Operation Ore, Teil 1: Der grösste Polizei-, Justiz- und Medien-Skandal des neuen Jahrtausends

- Operation Ore, Teil 2: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigten, die Rolle der Polizei

- Operation Ore, Teil 3: Die Rolle der Politik und der Medien

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2

- Die Dossiers Verschärfung Sexualstrafrecht

- Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!

- Schärferes Sexualstrafrecht soll Donnerstag durch den Bundestag

- Hurra! Sie haben es gestoppt

- Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für „Sex Offenders“

Dienstag, 7. August 2007

Jetzt werden die Folterwerkzeuge gezeigt

Die letzten Hemmungen fallen - Bundesregierung lässt gegen 17 Journalisten Verfahren eröffnen

Von Karl Weiss

Soeben hat die Bundesregierung, vertreten durch den Herrn Kauder von der CDU, 17 Journalisten der Beihilfe des Geheimnisverrats anklagen lassen.

Von der SPD wurde kein offizieller Protest eingereicht. Frau Merkel und Herr Schäuble haben das Vorgehen ausdrücklich verteidigt.

Stasi 2.0

Es ist atemberaubend: Die letzten Hemmungen der reaktionären Politiker fallen nun, man hat keine Angst mehr, das Volk direkt als Feind zu behandeln, wie das in allen Diktaturen der Fall ist. Die Zeiten, als man noch „Demokratie“ vorspielte, beginnt zu Ende zu gehen. Wir sind am Beginn der kapitalistischen Barbarei angelangt. Die Samthandschuhe sind ausgezogen. Jetzt gehts Schlag auf Schlag: Das Volk ist der Gegner!

Das ging los mit der Gesundheitsreform, dann kam Hartz IV, dann die Rente ab 67 und die Studiengebühren, nun die unverschämten Milchpreiserhöhungen. Aber es bleibt keineswegs auf Verarmen beschränkt. Es müssen auch politische Zeichen gesetzt werden. Großer Lauschangriff! Großer Spähangriff! Videoüberwachung! E-Mail-Überwachung! Handy-Verfolgung! Demonstrations-Filmen! Demonstrations-Behinderungen! Keine Unschuldsvermutung mehr! Rasterfahndung! Computer durchsuchen mit Trojaner! Vorbeugender Todesschuss!

Und nun Journalisten anklagen, die es wagen, „geheime“ Informationen zu veröffentlichen.

Es handelt sich um Journalisten des Spiegel, darunter der Chefredakteur, der Frankfurter Rundschau, der Zeit, des Tagesspiegel, der Berliner Zeitung, der Tageszeitung und der Welt.

Was war passiert? Die Journalisten waren (ausnahmsweise einmal) ihren Aufgaben nachgekommen und hatten Informationen veröffentlicht, die dem Bundestags-Untersuchungsausschuss zugegangen waren, der zu den Sauereien des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Außenministers, als er noch Staatssekretär im Bundeskanzleramt war, gebildet worden war.

Irgendjemand hatte diese Informationen, betreffend die damalige Mitteilung aus US-Geheimdienstkreisen, man wolle sich des in Guantánamo als Geisel gehaltenen Bremer Kurnaz entledigen, denn er habe nichts ausgefressen, an die Presse weitergegeben.

Wie bekannt, hatte Steinmeier dafür gesorgt, dass der Deutsch-Türke nicht aufgenommen wurde und ihn weiter in Guantánamo schmoren lassen.

Doch das Bekanntwerden dieser Information gefiel der Bundesregierung nicht. Was einen Minister belastet, darf nicht an die Öffentlichkeit und wird einfach zur Geheimsache erklärt. Wenn wir die undichte Stelle nicht finden, klagen wir einfach die Journalisten an, die das veröffentlicht haben, so wird das dann schon aufhören. Beim nächsten Mal wird sich jeder zweimal überlegen, Autoritäten anzugreifen.

Nicht dass man diesen Journalisten wirklich an den Kragen wollte, nein, sie sind ja in jeder Beziehung obrigkeitstreu und die Verfahren werden eingestellt werden. Aber ein wenig die Folterwerkzeuge zeigen, das will man schon.

Übung von KSK-Truppe gegen Zivilisten

So hat man das im Feudalismus gemacht, als Informationen, die einen der Feudalherren hätten in ein schlechtes Licht bringen können, geheimgehalten werden mussten, so wird es in jeder Diktatur gemacht: Wer öffentliche Verantwortung in einer Diktatur hat, darf nicht durch Informationen beeinträchtigt werden.

Demokratie? Scheiss drauf! Wir sind am Ruder!

Pressefreiheit? Nur für uns, nicht für das Volk! Sollen sie doch aufmucken, sie werden schon sehen, wie weit sie damit kommen! Hahahaha!

Und die haben wirklich geglaubt, dies sei eine Demokratie! Hahahaha!


Veröffentlicht am 3. August 2007 in der Berliner Umschau, hier leicht redigiert.

Originalartikel

Montag, 6. August 2007

Sind die Welt-Agrarpreise zu hoch oder zu niedrig?

Gezielte Desinformation und naives Nachplappern

Von Karl Weiss

Die aktuelle Milchpreiserhöhung (nicht nur) in Deutschland ist in aller Munde. Sind die Agrarpreise nicht einfach zu hoch? Von interessierten Kreisen wird die Mär verbreitet, der Hunger in den Entwicklungsländern (und nicht nur dort) würde darauf beruhen, dass die Lebensmittel zu teuer seien und die Armen sie sich deshalb nicht leisten könnten. Der Anbau von Bio-Sprit würde diese Preise noch weiter nach oben treiben. Wer schon einmal in einem Entwicklungsland war, weiss: Genau das Gegenteil ist der Fall. Die Agrarprodukte sind zu billig und das verursacht Hunger.

Wieso das?

Die weit überwiegende Mehrheit der armen Menschen in den Entwicklungsländern haben als die wesentliche mögliche Erwerbs- bzw. Unterhaltsquelle den Anbau von Agrarpflanzen oder das Halten von Nutztieren, also die landwirtschaftliche Betätigung. Das gilt auch für die Bewohner von Slums in oder an den Städten, denn diese Slums formen sich dort meist aus Leuten, die aus ländlichen Regionen kommen und in die Städte streben, weil sie von der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht mehr leben können und deshalb versuchen müssen, in den Städten Arbeit (oder jedenfalls Gelegenheitsarbeit) zu finden, um zu überleben.

Gigantische Agrar-Überproduktion

Es gibt eine weltweite gigantische Agrar-Überproduktion in der Größenordnung des Doppelten an Agrarprodukten, die hergestellt werden, als zum menschlichen Konsum gebraucht würde. Mit anderen Worten: Die Menschheit produziert Agrarprodukte für 12 Milliarden Menschen, während sie bisher „nur“ etwa aus 6 Milliarden besteht. Das führt zu niedrigeren Preisen.

Der Hauptgrund für die niedrigen Preise ist aber ein ganz anderer: Die entwickelten Industriestaaten, das betrifft vor allem die USA, Japan und die Länder der EU (in geringem Masse auch Kanada, Australien und Südkorea), haben einen höheren Lebensstandard als die Schwellen- und Entwicklungsländer. In den „reichen“ Ländern könnte sinnvolle landwirtschaftliche Produktion für die menschliche Ernährung aufgrund der niedrigen zu erzielenden Preise (Weltmarktpreise) für Agrar-Rohprodukte nicht betrieben werden. Um trotzdem nicht völlig ohne landwirtschaftliche Produktion dazustehen, subventionieren diese Staaten daher ihre Agrarprodukte, das heißt, sie kaufen sie von den Produzenten zu Preisen deutlich über Weltmarktniveau und verschleudern sie anschließend zu Preisen um oder unter Weltmarktpreisen auf den Märkten der Welt.

Dieser Mechanismus erniedrigt die Weltmarktpreise immer weiter. Zwar gab es in letzter Zeit bei einer Reihe von Agrarprodukten eine geringfügige Erholung, weil gegenwärtig eine hohe Anzahl von Menschen in die Kondition von Konsumenten von höherwertigen Agrarprodukten hineinwachsen, das betrifft vor allem Teile der Bevölkerung in China und Indien. Aber dieser Effekt ist zeitlich begrenzt und betrifft nur einige Agrarprodukte. Generell werden die Welt-Agrarprodukte zu Preisen gehandelt, die in der Herstellung für kleine Bauern selbst in den ärmsten Ländern der Welt nicht zum Lebensunterhalt ausreichen.

Nur wenn man sie in riesigem Umfang auf gigantischen Flächen in Mega-Monokulturen mit vollem Maschineneinsatz und anderen modernsten Methoden in Intensivlandwirtschaft anbaut, kann man zu diesen Preisen noch einen Überschuss erzielen.

Die niedrigen Preise treffen allerdings keineswegs auf industrialisierte Produkte zu. Wenn wir Produkte einer der großen Marken kaufen, z.B. Nestlé, so zahlen wir horrend hohe Preise, die wiederum zum Hunger auf der Welt beitragen, weil diese Produkte für die Armen wirklich unerschwinglich sind. Dafür machen die großen Agrarkonzerne aber Profite, die den Managern dort die Freudentränen in die Augen treiben.

Der offiziell angegebenen Profit (der wirkliche ist natürlich höher) von Nestlé z.B. für das Jahr 2006 ist 7,5 Milliarden Dollar.

Ausdruck von Raffgier

Auch die aktuelle massive Anhebung von Milch-Verkaufspreisen in den Supermärkten und Läden in Deutschland hat nichts mit diesem Problem zu tun, sondern ist schlicht Ausdruck von Raffgier. Die Konzerne der Agrarwirtschaft, die Großhändler und die Supermarkt-Giganten wollen absahnen. Sie halten ihre Profite für gering im Vergleich zu anderen Brachen und beschlossen, dies zu ändern.

Es geht also nicht um die Endverbraucherpreise von Lebensmitteln, es geht um die Ankaufspreise von Roh-Agrarprodukten. Zwischen beiden bestehen selbst bei Produkten, die so gut wie nicht verändert wurden, auf dem Weg vom Bauern zum Supermarktregal Preisunterschiede im Bereich des Dreifachen, des Vierfachen oder des Fünffachen.

Die jährlichen Ausgaben der EU allein für die Agrarsubventionen belaufen sich auf etwa 50 Milliarden Euro. Da sind aber noch nicht eingeschlossen die horrenden Ausgaben für die Bürokratie in Brüssel, die im Wesentlichen die Agrarsubventionen verwaltet. Zugute kommen diese Subventionen hauptsächlich Großagrariern und Konzernen. Damit konterkarieren sie auch noch ihren angeblichen Zweck, dem kleinen Bauern das Leben von der Landwirtschaft zu ermöglichen. Sie tragen im Gegenteil durch Begünstigung der Großagrarier in der Konkurrenz zusätzlich zum Bauernlegen bei.

Hier in Brasilien, von wo dieser Beitrag geschrieben wird, kann man all dies exemplarisch analysieren. Die Slums, hier Favelas genannt, in den großen Städten São Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte, gab es nicht (oder nicht so) in den Vierziger Jahren.

Brasilien: Unmöglich, noch ein Auskommen zu haben

Hauptsächlich im Nordosten Brasiliens, das im Landesinneren wegen des extrem trockenen Klimas sowieso schon schwierige Bedingungen für die Landwirtschaft hat, vermehrte sich die Bevölkerung in schnellem Rhythmus. Soweit sie Landarbeiter auf den Gütern der Großgrundbesitzer waren, wurden sie durch die beginnende Mechanisierung der Landwirtschaft zum Teil arbeitslos. Soweit sie ein Stück eigenes Land hatten, machten es ihnen die fallenden Preise der Agrarprodukte mehr und mehr unmöglich, noch ein Auskommen zu haben, speziell dann, wenn die Familie rasant größer wurde, ohne dass man die Möglichkeit gehabt hätte, zusätzliches Land hinzu zu kaufen oder zu pachten.

Das Ergebnis war die Abwanderung in die Ballungszentren im Südosten Brasiliens, konzentriert auf die drei genannten Großstädte. Insgesamt etwa 30 bis 35 Millionen Personen aus dem Nordosten zogen südwärts und siedelten sich dort, an ihren Rändern oder zum kleineren Teil auch in anderen Städten an. So bildeten sich die Favelas, in Rio de Janeiro hauptsächlich auf den Hügeln der Stadt, in São Paulo und Belo Horizonte an der Peripherie der Stadt.

Während der Zeit der brasilianischen Militärdiktatur (1964 bis 1988) wurde diese innere Migration noch verschärft durch die völlige Rechtlosigkeit, die in den weiten Flächen des Nordostens Brasiliens herrschte bzw. einzog. Großgrundbesitzer, eng mit den Militärs am Ruder verwoben, ließen Pistoleiro-Banden die Kleinbauern vertreiben und eigneten sich deren Land an.

Noch heute sind die weit überwiegende Mehrzahl der Familien in den Favelas sich bewußt, von wo sie kamen. Viele haben noch Verwandte im Nordosten. Die meisten können zumindest angeben, aus welchem Staat sie bzw. ihre Eltern oder Grosseltern kamen: Pernambuco, Bahia, Piauí, Alagoas, Rio Grande do Norte, Ceará, Maranhão usw.

In den Ballungszentren im Südosten wurde die Autoindustrie angesiedelt: VW, GM und Ford im Grossbereich São Paulo, Fiat in Minas Gerais in der Nähe von Belo Horizonte. Später kamen Peugeot in den Staat Rio de Janeiro und Renault nach Paraná. Da wurden Arbeitskräfte gesucht und dahin strebten die Migranten wie von Magneten angezogen.

Im Prinzip liesse sich diese Bewegung wieder umkehren. Man könnte den Familien wieder Land zur Verfügung stellen und sie würden das Leben dort mit Sicherheit dem in den Favelas vorziehen. Aber dafür müssten die landwirtschaftlichen Produkte zu Preisen verkauft werden können, die den Familien ein Auskommen ermöglichen.

Das Problem der Agrarpreise ist also: Sie sind zu niedrig, nicht zu hoch!

Zwar müssten die Kleinbauern dann (wenn die Agrar-Rostoffpreise auf ein vernünftiges Niveau ansteigen) auch mehr für die Lebensmittel zahlen, die sie nicht selbst erzeugen, aber das ist unbeutend, wenn man selbst bestimmen kann, was man erzeugt und damit alles wesentliche selbst hat. So wie früher auch in Deutschland, haben die Bauern meist auch Gärten, in denen sie für den eigenen Bedarf pflanzen. Das wichtigste für einen Kleinbauern ist, dass er vernünftige Preise für seine Erzeugnisse erzielen kann.

Das Problem ist also nicht, dass die Entwicklungsländer Agrarprodukte in die entwickelten Länder exportieren müssten oder sollten, damit es ihnen besser geht, wie irrtümlich in diesem Artikel von Sabine Kebir angenommen wird. Dies würde, wie sie richtig bemerkt, tatsächlich im wesentlichen den Superreichen in den Entwicklungsländern zugute kommen, die heute schon im Geld schwimmen.

Allerdings können Kleinbauern auch indirekt von Exportmöglichkeiten profitieren. Im „Minas-Dreieck“ (Triangulo Mineiro) in Brasilien z.B. gibt es noch eine ganze Reihe von kleineren Bauern und auch eine Anzahl von Kooperativen, also Zusammenschlüssen von Kleinbauern, die gemeinsam einen Maschinenpark unterhalten und eventuell auch gemeinsam ihre Produkte verkaufen und gemeinsam Dünger und Saatgut einkaufen.

Viele von ihnen bauen Baumwolle an, weil dort die Boden- und Klimabedingungen gut dafür sind. Der globale Handelskonzern Cargill hat dort in der Nähe der Stadt Ueberlandia eine grosse Aufbereitungsfabrik, die den Bauern und Kooperativen die Roh-Baumwolle abkauft. Der Preis orientiert sich am internationalen Roh-Baumwollpreis, der täglich in Dollar an der Chicagoer Rohstoffbörse festgelegt wird. Die aufbereitete Baumwolle wird von Cargill dann auf die internationalen Märkte gebracht.

Es geht aber hauptsächlich darum, dass Kleinbauern (im wesentlichen) für den heimischen Markt produzieren und damit ein auskömmliches Leben sichern können. Solange auf die Märkte der Entwicklungsländer aber subventionierte spottbillige Agrarprodukte aus reichen Ländern drängen, ist daran nicht zu denken.

In diesem Zusammenhang hat sich auch Fidel Castro bereits zum Problem des Anbaus von Pflanzen zur Erzeugung von Kraftstoffen geäussert. Er hat offenbar die Grundlagen kapitalistischer Landwirtschaft bis heute nicht gelernt und gemeint, die Verwendung eines Teils der Anbaufläche für Bio-Sprit würde die Lebensmittelpreise hochtreiben und damit den Armen nur schaden. Das ist, bezogen auf einen Markt, der mit einer etwa 100%igen Überproduktion arbeitet, schlicht Unsinn.

Das Problem der Armen ist nicht, dass es keine oder wenig Lebensmittel gibt, sondern das sie sie nicht kaufen können!
Dass sie sie nicht kaufen können, liegt nicht an zu hohen Preisen, sondern am Mangel an Geld! Der Mangel an Geld liegt an den zu niedrigen Ankaufspreisen für Agrarprodukte!


Hatte Fidel Castro recht?

Nun hat sich auch ein katholischer Dominikanerpater, der mit der inzwischen vom Papst verbotenen Befreiungstheologie zu tun hatte, Frei Beto, in Brasilien zu diesem Thema geäussert. Er meint, Fidel Castro habe recht. Er meint, die Bio-Treibstoffe, weil sie anstelle von Nahrungsmittel angebaut würden, seien für noch mehr Hungertote verantwortlich und nennt sie daher „Todes-Sprit“.

Er behauptet, durch die Umwidmung von Feldern in Brasilien zum Zuckerrohranbau für Bio-Ethanol als Benzinersatz würden in Brasilien weniger der traditionellen Nahrungsmittel angebaut, was zu horrenden Preiserhöhungen geführt hätte.

Zitat:
„In Brasilien selbst, (...) habe die Bevölkerung im ersten Halbjahr dieses Jahres für Nahrungsmittel dreimal soviel ausgeben müssen wie im gleichen Vorjahreszeitraum.“

Wenn das wahr wäre, würde der Berichterstatter hier nicht mehr im Internet schreiben. Eine Preiserhöhung um die behaupteten 200% hätte ganz Brasilien aus den Angeln gehoben und Millionen und Abermillionen von Hungertoten verursacht. Nichts dergleichen ist geschehen!

Zwar sind die Grundnahrungsmittel wirklich deutlich stärker in den Preisen angehoben worden als die offizielle Inflationsrate von 3,5% jährlich, aber eben auch nicht um mehr als 10 % in einem Jahr. Zudem haben die Gründe dafür mit der unendlichen Profitgier der Reichen zu tun und nicht mit dem Anbau von Zuckerrohr.

Frei Beto hat mit vielem in seinem Artikel recht. Tatsächlich sind die Arbeitsbedingungen der Landarbeiter, die auf brasilianischen Zuckerrohrfeldern arbeiten, katastrophal, während die Bezahlung zur gleichen Zeit kümmerlich ist. Tatsächlich gibt es im Zuckerrohranbau in abgelegenen Gegenden Sklavenhaltung, siehe hierzu auch im Artikel: „Brasilien und Sklaverei“.

Ethanol- und Zuckerfabrik in Brasilien

Tatsächlich sind die Grossgrundbesitzer, die Zuckerrohr für Alkohol anbauen, in grossem Masse in Aktionen des „Abzweigens“ öffentlicher Gelder in die eigenen Taschen verwickelt. Tatsächlich sind sie zu wesentlichen Teilen für die Binnen-Migration in Brasilien verantwortlich und damit auch für das Elend in den Favelas und die damit zusammenhängenden Probleme der Gewalttaten, des Drogenhandels, des Menschenhandels usw.

Nur hat das alles nichts mit der Verwendung eines großen Teils der Zuckerrohrernte zur Herstellung von Alkohol als Benzinersatz zu tun, den es ja erst seit einigen Jahrzehnten gibt und der heute verstärkt eingesetzt wird. Frei Beto sagt nämlich völlig zu Recht, das Meiste davon trifft bereits seit der Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal zu, also seit 1822.

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Frei Beto behauptet auch, es habe eine Ausweitung von Zuckerrohranbau in Gebiete hinein gegeben, wo vorher Soja angebaut wurde. Dadurch sei ein verstärktes Abholzen des Amazonas-Regenwaldes zum Gewinnen von Feldern für den Soja-Anbau verursacht. Das ist Unsinn.

Das Jahr für Jahr stärkere Abholzen und Abbrennen von Regenwald-Flächen, um darauf später Soja anzubauen, hat nichts mit einer Migration des Soja-Anbaus aus anderen Regionen zu tun. Die Vernichtung von Regenwald für Soja-Anbau wird bereits seit Jahrzehnten durchgeführt, lange vor dem gegenwärtigen Alkohol-Boom.

Regenwald-Abholzung Brasilien

Die Beschleunigung in den letzten Jahren hat dagegen sehr viel damit zu tun, dass man den Bock zum Gärtner gemacht hat im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso, der eine grössere Ausdehnung als Deutschland hat. Dort wurde vor 6 Jahren der „König der Soja“ und grösster Soja-Anbauer der Welt mit Namen Maggi zum Gouverneur (Ministerpräsident) des Staates gewählt und er baut seine Anbau-Areale seitdem mit noch höherer Geschwindigkeit in den Norden des Bundesstaates aus, der vor Jahren noch wesentlich aus unberührtem Regenwald bestand. Maggi ist Teil der Regierungskoalition Lulas und als solcher ein wichtiger Verbündeter des Präsidenten.

Siehe dazu auch „Abholzen und Abbrennen“:

Schließlich gibt es da noch die bewusst in die Öffentlichkeit lanzierte Tatsache, dass der Preis von Mais deutlich gestiegen ist, speziell in Nordamerika. Es wird wieder und wieder behauptet, dies sei durch die teilweise Verwendung des angebauten Mais für die Herstellung von Alkohol in den USA verursacht. Auch das ist eine Legende.

Der Grund für die höheren Mais-Preise ist Monsantos Genmais. Er ist inzwischen schon so weit in den USA und Kanada verbreitet, dass bereits fast alle Nicht-Gen-Maisfelder durch Samenflug verunreinigt wurden und mehr und mehr auch schon aus Gen-Mais bestehen. Monsantos Gen-Mais ist resistent gegen Monsantos Unkrautvernichtungsmittel ‚Roundup’ und damit ein idealer Profitbringer für den Chemie-Konzern.

Die Bauern, deren Maisfelder durch Gen-Mais verunreinigt wurden, können nicht etwa eine Entschädugung dafür von Monsanto fordern, nein, es ist genau umgekehrt: Monsanto weist mit Proben aus den Feldern nach, das dort zum Teil der von dem Konzern patentierte Mais wächst und verlangt Lizenzzahlungen von den Bauern. Auserdem dürfen die Bauern nicht mehr einen Teil der eigenen Ernte zur Aussaat im nächsten Jahr verwenden, sondern werden gezwungen, das Saatgut von Monsanto zu kaufen.

Die höheren Gerichte in den USA und Kanda haben in allen Fällen der Monsanto Recht gegeben und die Bauern verurteilt. Zudem müssen die Bauern jedes Jahr grössere Mengen von Roundup ausbringen, um Unkraut fernzuhalten.

Das hat den Anbau von Mais in Nordamerika deutlich verteuert und nun haben die Landwirte auch höhere Abnahmepreise für ihren Mais durchgesetzt. Dadurch sind in Mexiko, wo die Tortillas aus Mais Grundnahrungsmittel sind, die Lebensbedingungen der Armen noch weiter verschlechtert worden. Das wiederum hat nun zu ständig wiederholten Behauptungen geführt, dies hinge mit der Verwendung von Mais zur Alkoholherstellung zusammen, die dann von Fidel Castro und nun auch von Frei Beto aufgegriffen wurden.

In Wirklichkeit handelt es sich um gezielte Desinformationen aus Kampagnen, gesponsert von Konzernen der Ölindustrie, der Automobilindustrie und der Energieversorgung, die dann von gutgläubigen Menschen nachgeplappert werden oder von solchen, die sich glauben profilieren zu müssen.


Veröffentlicht in "Nachrichten - heute" am 6. August 2007

Originalartikel

Mittwoch, 1. August 2007

Flugzeugunglück: Elf Piloten reklamierten am Vortag

Brasilien: Die Piste war rutschig und mit Aquaplanung

Von Karl Weiss

Am Nachmittag des 31.Juli wurde in Brasilien ein ausschlaggebender Fakt durch die parlamentarische Untersuchungskommission zum Luftfahrt-Desaster veröffentlicht: Am Vortag (16.7.07) des Unglücks vom 17. Juli hatten unabhängig voneinander elf verschiedene Piloten offiziell eine Reklamation protokollieren lassen.

TAM Crash São Paulo

Alle bezogen sich auf die Piste der Haupt-Start- und Landebahn des Flughafens Congonhas in São Paulo, wo am darauffolgenden Tag das größte Unglück der brasilianischen Zivilluftfahrt mit 199 Toten geschehen sollte. Alle Reklamationen gingen darüber, die feuchte Piste sei rutschig und/oder es gäbe Aquaplaning bei Regen.

Trotzdem haben die Betreibergesellschaft des Flughafens, die Luftaufsichtsbehörde und die Luftfahrtgesellschaften die Piste nicht schließen lassen - jedenfalls bei Regen. Damit haben sie sehenden Auges das Desaster des folgenden Tages in Kauf genommen.

Nun steht fest: Das Unglück war ein grob fahrlässiger „Massenmord“!

Was viele Beobachter bereits vermuteten, hat sich bewahrheitet (auch wenn noch andere, untergeordnete Ursachen für dieses Luftfahrtdesaster auftauchen sollten): Es ist klar, der Hauptgrund war die Piste, die bei Regen hätte gesperrt werden müssen – schon gar für ein Flugzeug, bei dem die Schubumkehr nicht funktionierte!

Es ist schon klar, zumindest ein weiterer Fehler muss noch hinzukommen, denn das Durchstartmanöver hätte theoretisch funktionieren müssen, aber dies kann nicht mehr von der Hauptursache ablenken.

Reklamationen von Piloten müssen nach den Regeln der Zivilluftfahrt in eine Art Logbuch des Fluglotsen eingetragen werden. Allerdings gehen die Regeln nicht soweit, dass dieses Logbuch öffentlich sein müsste, nicht einmal für die mit der Luftfahrt beschäftigten Seiten.

Allerdings hat der Kommandierende General der brasilianischen Luftwaffe diese Eintragungen gesehen – in Brasilien ist die Luftwaffe für die Luftraumüberwachung zuständig - und hat die entsprechende Seite des Logbuchs der parlamentarischen Untersuchungskommission in Brasiliens Hauptstadt Brasilia zukommen lassen. Dort fand sich glücklicherweise niemand, der diese Information unterdrückt hätte. Im Einvernehmen mit den Kommissionmitgliedern hat der amtierende Kommissions-Präsident sie an die Medien freigegeben.

Im einzelnen wird erwähnt, welche Piloten von welchen Flügen reklamierten. So z.B. der Flugkapitän des Flugs 1879 der Gol, der bemerkte, die Piste „habe wenig Griff“. Dann der Pilot des Fluges 1203 der gleichen Luftlinie, der aufschreiben liess, die Landebahn sei „sehr rutschig“. Gleich danach war es der Kapitän des Fluges 3006 der TAM, der protokollieren liess, die Piste sei „ausgesprochen rutschig und mit Aquaplaning“. Daraufhin wurde eine Überprüfung der Landebahn angesetzt, die aber zum Ergebnis kam, es seien weder Pfützen noch Wasserflächen auf der Bahn.

Unmittelbar danach landete der Flug 4763 der Fluggesellschaft Pantanal dort und rutschte von der Piste, drehte sich um 180 Grad und kam auf dem Rasen zum Stehen, ohne dass sich jemand verletzt hätte.

Die Piste wurde für eine Zeit geschlossen, aber niemand hielt es für nötig, sie bei Regen zu sperren.

Der Präsident der Betreibergesellschaft der brasilanischen Flughäfen, ebenfalls ein General, war gerade in der Befragung durch den Untersuchungsausschuss, als die Nachricht dort ankam. Ein Abgeordneter befragte ihn dazu. Seine Antwort: Es hätte an jenem Tag andere Piloten gegeben, die nicht reklamiert hätten, sondern die Landebahn in perfektem Zustand befunden hätten.

So reagieren Leute, die wissen, sie haben 199 Menschenleben auf dem Gewissen.

Was sind die Gründe für so viele Irrtümer?

- Die Flugaufsichtsbehörde und die Regierung tat nichts, um die Landebahn oder den Flughafen zu sperren, denn sie war sowieso schon unter starkem Druck durch die gigantischen Verspätungen und Flugausfälle, die hauptsächlich durch defekte und veraltete Luftüberwachungsgeräte und andere Zeugen der mangelnden Investitionen der letzten Regierungen Brasiliens in die Infrastruktur der Ziviluftfahrt verursacht waren.

- Die Betreibergesellschaft der Flughäfen wäre ebenso unter stärksten Druck geraten, wenn sie noch mehr Verspätungen und Flugausfälle verursacht hätte. So entschied sie lieber einen Unfall zu riskieren.

-Die Fluglinien mussten sowieso schon Profit-Einbussen hinnehmen, denn die massiven Verspätungen und Flugausfälle hatten ihnen bereits Passagiere genommen. So waren auch sie zu jedem Risiko bereit, um noch massivere Verluste zu vermeiden.

So ist das mit dem Fluch der bösen Tat (in diesem Fall mangelnde Investitionen in die Zivilluftfahrt der letzten Regierungen), die immer neues Böse muss gebären: In diesem Fall eine Flugzeugkatastrophe mit 199 Toten!


Veröffentlicht am 1. August 2007 in der "Berliner Umschau"

Originalartikel

Donnerstag, 26. Juli 2007

Jede Waschmaschine hat mehr Sicherheitsmarge

Das Flugzeug-Unglück der TAM in São Paulo ist letztes Beispiel einer Fehlerserie


Von Karl Weiss


Es schält sich nun, einige Tage nach dem schwersten Flugzeugunglück der brasilianischen Luftfahrt, mehr und mehr heraus: Es handelt sich wiederum, wie schon beim Absturz der Boeing 737 der Gol im September letzten Jahres, um eine Reihe von Fehlern bzw. unglücklichen erschwerenden Umständen, die in ihrer Gesamtheit zur Katastrophe geführt haben.

TAM Crash São Paulo

199 wahrscheinlich Tote sind bereits gezählt, erst 63 Leichen sind identifiziert, denn die meisten sind verbrannt und dies teilweise bis zur Unkenntlichkeit. Bei einigen Überresten ist kaum noch festzustellen, dass dies überhaupt ein menschlicher Leichnam ist. Der Vergleich der typischen Zahn-Register zur Identifizierung ist in einer Reihe von Fällen nicht mehr möglich. Da hilft nur noch DNA-Vergleich.

Die gravierendsten Fehler, die sicherlich wesentlich zur Katastrophe beigetragen haben, sind:
  • Es ist ungeklärt, auf welcher Grundlage die Haupt-Start- und Landebahn des Flughafen Congonhas in São Paulo gegen Ende Juni nach einem teilweisen Neubelag der Piste freigegeben wurde. Der Grund für die Arbeiten an der Startbahn waren schon mehrfach aufgetretenen gefährliche Situationen, weil sich bei Regen Pfützen auf dem Rollfeld bilden. Die Betreibergesellschaft der brasilianischen Flughäfen Infra-Aereo hatte damals angegeben, es hätte eine Überprüfung der Konditionen der Landebahn durch ein Technologie-Institut in São Paulo stattgefunden. Alle waren davon ausgegangen, dieses Institut hätte die Rollbahn freigegeben. Nun wurde aber von dem Institut eine Mitteilung an die Öffentlichkeit herausgegeben, die besagt, die Ergebnisse der Untersuchung seinen noch gar nicht aus dem Institut herausgekommen. Sie seien erst (zufällig) einen Tag vor dem Desaster fertiggestellt und noch niemand zugestellt worden. Damit steht fest: Die Betreibergesellschaft des Flughafens hat die Freigabe ohne eine fach- und sachgerechte Überprüfung durchgeführt. Eventuell hat sie sogar eine technische Freigabe vorgetäuscht. Zwar habe man die Messung eines Koeffizienten durchgeführt, der eine genügende Reibung der Bahnoberfläche gezeigt hätte, aber das Entscheidende, das Anbringen von Rillen, um den Wasserablauf zu verbessern, war nicht geschehen. Der Vorstandsvorsitzende dieser Gesellschaft läuft in Brasilien immer noch frei herum.
  • Die TAM, die Fluggesellschaft des verunglückten Flugzeugs, veröffentlichte eine Mitteilung, das verunglückte Flugzeug habe vier Tage vor der Katastrophe einen Fehler an der Schubumkehr eines der beiden Triebwerke erlitten und sei seitdem mit abgeschalteter Schubumkehr geflogen. Sowohl TAM als auch die Herstellerfirma Airbus behaupten, dies sei üblich. Das Flugzeug sei auch ohne Schubumkehr sicher und es hätte nicht zur Reparatur aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Ein Fachmann, der Luftfahrtspezialist de Oliveira von der Universität São Paulo, ist da ganz anderer Meinung: „Auf einer kurzen (1950 Meter) und regennassen Piste wie jene von Congonhas am Tag des Unglücks, würde der Umkehrschub sicherlich wesentlich zum Bremsen des Flugzeugs beigetragen haben. Auf keinen Fall hätte ein Flugzeug mit 62,5 Tonnen dort unter diesen Bedingungen ohne die Schubumkehr landen dürfen.“ Sowohl der Vorstandsvorsitzende der TAM wie auch der von Airbus laufen ebenfalls weiter frei herum.
  • Der dritte wesentliche Fehler war ganz sicherlich, dass in Congonhas weder eine generelle Anweisung bestand, bei feuchter Piste oder jedenfalls bei starkem Regen keine Landungen zuzulassen noch dass in der konkreten Situation die Flugaufsicht zumindest so lange die Piste für Landungen gesperrt hätte, bis der starke Platzregen nachliess. Das Flugzeug hatte ja genug Treibstoff an Bord, um über eine Stunde im Auffangraum zu kreisen. Es hätte auch auf die naheliegenden Flughäfen Internationaler Flughafen von São Paulo in Cumbica oder Internationaler Flughafen von Campinas - Viracopos umgeleitet werden können. Auch die hierfür Verantwortlichen laufen frei herum.
  • Ausserdem ist – anscheinend aus der Auswertung der „black box“ - bereits das Gerücht durchgesickert, es habe einen technischen Fehler am Flugzeug bei der Landung gegeben.
Man kann sich jetzt ungefähr die Situation des Piloten vorstellen, als er in einem dichten Regenguss im Dunkeln (um kurz vor sieben ist es jetzt im Winter im Südosten Brasiliens bereits zappenduster) auf der Landebahn von Congonhas aufsetzte. Er dürfte gleich gemerkt haben, dass Aquaplaning ihm ein normales Bremsen mit den Bremsen an den Rädern unmöglich machte (wer schon einmal Aquaplaning im Auto erlebt hat, weiss: Es ist genau wie Glatteis). Ebenso wusste er ja, man hatte ihn veranlasst, diesen Flug durchzuführen, obwohl die Schubumkehr nicht funktionierte. Damit konnte er also ebenfalls nicht bremsen.

Er hat sich also wohl in Sekundenbruchteilen überlegen müssen, was ihm an Handlungsmöglichkeiten offenblieb. Die bei weitem naheliegendste war mit Sicherheit das Durchstarten. Die Geschwindigkeit, mit der er am Ende der Landebahn ankam, lässt auch mit guter Wahrscheinlichkeit annehmen, genau dies hat er versucht. Nun muss aber irgendein anderer Fehler aufgetreten sein, denn normalerwiese hätte die Länge der Landebahn für ein Durchstartmanöver ausreichen müssen.

Denkbar ist, er hat die Entscheidung zum Durchstarten zu spät getroffen. Oder aber, der Computer hat sie zu spät getroffen (siehe unten).

Was jedenfalls auffällt, in der allerletzen Phase des Rollens innerhalb des Flughafens hat das Flugzeug eine Linkskurve gemacht. Dort, am Ende der Landebahn, mündet ja die Zufahrtstrecke in die Landebahn und genau dort ist es nach links geschwenkt, so als ob bei dieser Geschwindigkeit eine so scharfe Kurve möglich wäre. Es ist völlig unklar, ob dies ein Steuermanöver des Piloten war – was eigentlich keinen Sinn ergibt – oder ob ein weiterer Fehler am Flugzeug auftrat, der dies verursachte.

Dadurch war ein Abheben und Durchstarten sowieso nicht mehr möglich, denn nun musste er nicht nur den einfachen Zaun am Ende des Flughafens durchbrechen, sondern eine Betonabsperrung, die ein so schweres Flugzeug bei etwa 250 km/h auch durchbrach, was aber jedes Hoffen auf ein Durchstarten unmöglich machte. Es wird wohl ungeklärt bleiben, ob das Durchstarten gelungen wäre, wenn diese Linkskurve nicht geschehen wäre.

Trotzdem hob das Flugzeug kurzzeitig ab, denn hinter dem Flughafenzaun geht es etwa dreissig Meter steil nach unten. Es flog über die belebte Avenida Washington Louis, um dann aber wenige Meter dahinter auf dem Boden aufzuschlagen, die Tankstelle abzurasieren und in das dahinter stehende grosse Beton-Gebäude hineinzuknallen, das den Jet umittelbar zum Stehen brachte und alles in einer Explosion aufgehen liess.

Die Betreibergesellschaft des Flughafens hat ein Video veröffentlicht, auf dem man einen Teil dieses Ablaufs verfolgen kann. Das Video ist von einer der feststehenden Kameras am Flughafengebäude aufgenommen worden. Im Blick ist bei dieser Kamera im Hintergrund der letzte Teil der Landebahn.

Zunächst hat man ein Video davorgestellt, das eine normalen Landung eines Flugzeugs in diesem Teil der Landebahn zeigt. Das Flugzeug bremst stark ab, kommt fast zum Stehen und rollt dann nach links aus dem Blickwinkel. Es ist etwa 11 Sekunden im Blickbereich.

Dann kommt das Video, das vom Durchlauf des Unglücks-Airbus auf genommen wurde. Die genaue Uhrzeit ist eingeblendet und kann verfolgt werden. Das Flugzeug rast mit hoher Geschwindigkeit durchs Bild. Eine Sekunde, nachdem es links aus dem Bild verschwunden ist, sieht man den Lichtschein einer riesigen Explosion von dort. Es hat nur drei Sekunden gebracht, um den Blickbereich zu durchmessen. Angesichts dessen, was passiert ist, laufen einem kalte Schauer über den Rücken beim Ansehen des Videos.

Im Zusammenhang mit diesem Desaster ist dem Berichterstatter auch ein Erlebnis von eine Südafrika-Reise wieder eingefallen. Am Flughafen von Johannesburg musste er beim Heimflug nach Deutschland nämlich Stunden auf den Abflug des Lufthansa-Jumbos warten. Es war von dem Warteraum zu erkennen, es wurde an dem Jumbo gearbeitet, genau gesagt an einem der Triebwerke. Als Grund für die Verzögerung wurde `Regen` angegeben. In Johannesburg ist Regen eine Seltenheit, aber an diesem Tag gab es dort einen Landregen.

Das schien zunächst keinen Sinn zu ergeben. Als man dann aber endlich ins Flugzeug durfte, klärte der Flugkapitän auf, um was es sich gehandelt hatte. In einem der Triebwerke habe die Schubumkehr nicht funktioniert. Da die Startbahn aber regennass war, durfte der Jumbo so nicht starten. Hätte der Startvorgang abgebrochen werden müssen, hätte die Schubumkehr auf beiden Seiten gleichmässig und von allen vier Triebwerken zur Verfügung stehen müssen, um ein sicheres Bremsen vor dem Ende der Startbahn zu gewährleisten.

Nun mag jemand einwenden, hier handelte es sich ja um einen Jumbo, also ein weit grösseres und schwereres Flugzeug als ein A 320. Stimmt, aber es handelte sich auch um den internationalen Flughafen von Johannesburg mit einer Startbahn von 3200 oder 3500 Metern und grossen Auslaufstrecken hinter der Startbahn ohne dicht bewohnte Gebiete.

Allerdings handelte es sich um die 80er-Jahre. Das war also im wesentlichen vor der allgemeinen Liberalisierung des Flugverkehrs, jedenfalls war die Lufthansa noch nicht direkt betroffen. Heute hat die generelle Liberalisierung (fast immer verbunden mit einer Privatisierung der staatlichen Linien) zu einem im wahrsten Sinne tödlichen Konkurrenzkampf der Fluglinien (und Flughäfen) untereinander geführt hat, dem schon reihenweise Fluggesellschaften zum Opfer gefallen sind, eine der letzten die früher staatliche brasilianische Varig, davor in Brasilien bereits die VASP und die Transbrasil. Es kann kein Zweifel bestehen, die völlige Unterwerfung der Luftfahrt unter die kapitalistischen Profitgesetze hat das Fliegen deutlich unsicherer gemacht.

Im Zusammenhang mit diesem tragischen Unglück einer A 320 muss auch an die Geschichte dieses Flugzeugs erinnert werden.

Bei einem Schauflug in Mulhouse in Frankreich im Jahr 1988 zur Vorstellung vor der Weltpresse ist ein Airbus 320 nämlich abgestürzt. Er flog sehr niedrig eine Ehrenrunde über den Flughafen und blieb dann genauso niedrig, als er hinter dem Ende der Startbahn auf ein Waldstück zusteuerte, anstatt schneller zu werden und nach oben zu ziehen.

Er streifte die Bäume und krachte in den Wald. Zum Glück wurde der Absturz durch die Bäume zum Teil abgefedert, sodass von 136 Insassen 133 überlebten, einschliesslich der Piloten.

Die Airbus behauptete, die Piloten hätten Fehler gemacht und versäumt, das Flugzeug zu beschleunigen und hochzuziehen. Vom ersten Moment an war aber zweifelhaft, warum so erfahrene Piloten so stümperhaften Fehler begangen haben sollten. Die Piloten dagegen gaben an, das Flugzeug habe auf die Steuer- und Bechleunigungs-Bewegungen nicht reagiert. Als es schliesslich reagierte, habe man schon die Bäume gestreift.

Die A 320 war nämlich das erste Serien-Flugzeug, das ausschliesslich vom Computer seine konkreten Befehle empfängt. Die Steuerung und die Hebel des Piloten geben lediglich Informationen in den Computer ein (rein digitale fly-by-wire-Steuerung, der Pilot fliegt mit Joysticks). Ein Fachmann gab damals ein Gutachten ab, der Computer könne tatsächlich die Befehle nicht sofort ausgeführt haben, weil sie für ihn völlig unlogisch erschienen sein mögen.

Der erste Prozess gegen die Piloten wurde unter ungeklärten Umständen abgebrochen.

Später fand ein neuer Prozess mit einem anderen Richter statt, in dem die Piloten verurteilt wurden. Ihre Einlassungen wurden zu Schutzbehauptungen erklärt. Sie hätten angeblich während des Fluges das automatische Flugkontrollsystem abgeschaltet. Dies wäre ein so unglaublicher Fehler, dass dies ernsthaft bezweifelt werden muss. Jener Gutachter war von der Bildfläche verschwunden. Es wollten die Gerüchte nicht verstummen, der Richter sei vom französischen Staat zur Staatsraison gezwungen worden. Der ganze Ruf der Airbus – nicht nur in Frankreich – stand auf dem Spiel und daher mussten die Piloten schuldig sein.

Sollte der Computer der A 320 in Congonhas etwa wieder verspätet auf die Befehle zum Durchstarten reagiert haben? Vielleicht weil die Räder, die ja bei Aquaplaning über einem Wasserkeil schwebten, eine weit niedrigere Geschwindigkeit dem Computer vorspiegelten als es die wirkliche war? Vielleicht hätte aus der dem Computer angezeigten Geschwindigkeit kein Durchstarten mehr erfolgen können und er verweigerte darum, sofort zum Durchstarten überzugehen?

Interessant auch ein anderes Unglück einer A 320, dem meist verkauften Verkehrsflugzeug der Welt (5000 Exemplare), das Lufthansa-Unglück in Warschau am 14. September 1993. Auch dort trat bei der Landung Aquaplaning auf. Der Computer liess deshalb keine Bremshilfen und keinen Umkehrschub zu, bis nur noch ein kleiner Teil der Landebahn zur Verfügung stand. Das Flugzeug schoss über die Landebahn hinaus und kam an einem Erdwall zum Stehen, wo es Feuer fing. Zwei Personen starben.

Die Parallelen zum Fall in São Paulo sind vielfach. Hätte es in Congonhas hinter dem Ende der Landebahn eine Auslaufzone mit einem Erdwall gegeben, wären wahrscheinlich auch nur wenige Tote zu beklagen gewesen. Die Lage des Flughafens mitten in der Stadt und ohne auch nur den geringsten Sicherheitsabstand zu Strassen und Gebäuden, auch unmittelbar am Ende der Start- und Landebahn, muss also als eine wesentliche Ursache für die katastrophalen Aussmasse des Unglücks angesehen werden.

Nach Angaben auf der Site

http://de.wikipedia.org/wiki/Airbus_A320

führten die Erkenntnisse aus dem Unfall in Warschau zu einer Änderung der Software für die Bodenkontakterkennung, aber eben nicht zu dem, was die Concorde (ebenfalls ein fly-by-wire-Flugzeug) hatte, einem Ersatzsystem, das im Notfall dem Piloten das direkte Fliegen ermöglicht, ohne dass der Computer, der eventuell fehlerbehaftet sein kann, gegen den Willen des Piloten Entscheidungen treffen kann.

Nun, die Tendenz bei allen Beteiligten in Brasilien ist jedenfalls, dem toten Piloten die Verantwortung in die Schuhe zu schieben.

Kurios noch: Das Flugzeug hat eine Passagier-und Crew-Höchstzahl von 185, aber es waren auch zwei Kleinkinder an Bord, die keinen eigenen Sitzplatz hatten, so dass in Wirklichkeit 187 Insassen an Bord waren. Zunächst war aber immer von 186 ausgegangen worden. Auch die veröffentlichte Passagierliste enthielt 186 Namen. Erst jetzt wurde bekannt, es war auf dem letzten freien Platz noch ein Angestellter der TAM im Flugzeug, der mit einem Spezial-Pass einsteigen konnte und daher nicht auf der Liste stand.

Zu diesen 187 Toten kommen drei Angestellte der TAM, die in dem Gebäude arbeiteten, in das der Airbus schoss, die bereits im Krankenhaus an den schweren Verbrennungen gestorben sind. Es werden unter den Personen, die an jenem Abend im Gebäude der TAM Express-Frachtgesellschaft waren, aber noch acht Personen vermisst, die nach jeglicher Wahrscheinlichkeit auch tot sein dürften. Das macht insgesamt 198 Tote.

Dazu wurde jetzt klar, in der Tankstelle, wo das Flugzeug zunächst aufschlug, stand ein Taxi. Seine verkohlten Überreste wurden nun in den Trümmern gefunden. Der 22-jährige Fahrer des Taxis war zunächst verschollen. Inzwischen wurde er bereits als einer Toten identifiziert. Damit erhöht sich die Zahl auf 199.

Die ANAC, die staatliche Aufsichtsbehörde über den Flugverkehr in Brasilien, hat am Samstag bekanntgegeben, es werde eine Kommission eingesetzt, die den Bau eines neuen nationalen Flughafens in São Paulo als Ersatz für Congonhas prüfen wird. Ebenso hat man Massnahmen angeordnet, die Zahl der Flüge über Congonhas zu verringern. Speziell sollen keine Zwischenlandungen in Congonhas mehr möglich sein. Das bezieht sich darauf, dass der verunglückte Airbus noch viel Sprit in den Tanks hatte, als er verunglückte, denn er hätte noch nach Belo Horizonte weiterfliegen sollen.

Der Berichterstatter, der schon oft in Congonhas gestartet und gelandet ist, kann noch das unwohle Gefühl nachtragen, das man dort oft hatte. Bei fast jedem Start rauschte man über das Ende des Flughafens in den Luftraum über der dichtbesiedelten Stadt nur ein bis zwei Sekunden, nachdem man abgehoben hatte. Bei fast jeder Landung musste ein wesentlicher Teil der Landebahn genutzt werden, um zum Stehen zu kommen. Bei einem jährlichen Passagieraufkommen von 20 Millionen auf diesem Flughafen ein etwas kritischer Zustand. Jede Waschmaschine hat mehr Sicherheitsmarge.

Inzwischen hat sich auch die Internationale Transportarbeiter-Föderation ITF zu diesem Desaster zu Wort gemeldet und es als vorhergesehen und vermeidbar bezeichnet. Ingo Marowsky, der Sekretär der Sektion Ziviluftfahrt der ITF, sagte dazu: “Wir und die brasilianischen Gewerkschaften haben wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass die Sicherheit gefährdet war. Es gibt keinen besseren Beweis dafür, als dass Vertreter der Beschäftigten der TAM mit solchen des Managments in jenem Moment eine Sitzung über Beschwerden wegen fehlender Sicherheit in jenem TAM-Gebäude abhielten, als das Flugzeug hineinkrachte.“

Auf der Site des internationalen Gewerkschafts-Zusammenschlusses kann man ein Dokument nachlesen, das bereits lange vor diesem Unfall wichtige Verbesserungen in der Zivilluftfahrt Brasiliens und der anderen Länder des Mercosur fordert:

http://www.itfglobal.org/news-online/index.cfm/newsdetail/1458


Veröffentlicht am 26. Juli 2007 in der Berliner Umschau


Originalartikel

Samstag, 21. Juli 2007

Massive Desinformation

Ölkartelle geben viel Geld für "leicht frisierte Wahrheit" aus

Von Karl Weiss

Die Öl- und die mit ihnen eng liierten Automobilkonzerne werden immer verzweifelter in ihren Bemühungen, ihre ‚Ikonen’ und hauptsächlichen Profitbringer Benzin und Diesel gegen den Ansturm von Bio-Treibstoffen zu verteidigen. Da werden denn auch schon mal ein paar schmutzige Tricks versucht, um die Biokraftstoffe zu verunglimpfen. Da schreibt zum Beispiel Mathias Gräbner in „Telepolis“, offenbar hereingefallen auf einen der Verdrehungsversuche der interessierten Industriekreise, Biosprit würde die Luftbelastung in den Städten vergrößern und dort zu vermehrten umweltbedingten Erkrankungen führen.

Ethanol- und Zuckerfabrik in Brasilien

Als Beleg nimmt er dabei eine Untersuchung, basierend auf Computermodellen, die Marc Jacoben von der Stanford University in Kalifornien angestellt hat. Nach diesen Untersuchungen sei in den bereits hochbelasteten Städten mit einem höheren Ozon-Niveau zu rechnen, wenn wesentliche Teile des Benzins durch Bio-Ethanol ersetzt würden.

Es geht aus dem zitierten Artikel nicht hervor, ob diese Untersuchung vielleicht zufällig durch einen Ölkonzern gesponsert wurde.

Die fünf wärmsten Jahre seit 1890

Liest man aber genauer nach, so wird gleich klar, es wurde nichts dergleichen nachgewiesen. Der Forscher arbeitet ausschließlich mit einer Computersimulation, in die voraussichtliche zukünftige Klimadaten, voraussichtlicher zukünftiger Verkehr, eine weiterhin hohe Luftbelastung durch Dieselmotoren und ein nicht näher spezifizierter voraussichtlicher Schadstoff-Ausstoß durch Ethanol-Motoren eingegeben wurden.

Als Ergebnis wurde eine um 4% höhere Ozonbelastung der Luft und damit eine entsprechend höhere Zahl von Todesfällen durch Ozon in den USA errechnet, wobei offen bleibt, ob dies auf höhere generelle Temperaturen, auf Steigerung des Verkehrs mit Dieselmotoren oder wirklich auf die Abgase von Ethanol-Motoren zurückzuführen wäre. Es ist deutlich, dass es keinerlei Möglichkeit gab, die Genauigkeit der Computersimulation zu verifizieren. Solche Computersimulationen haben (soweit sie überhaupt wissenschaftlich durchgeführt werden) üblicherweise – wenn sie nicht durch jahrzehntelange Arbeiten extrem verfeinert wurden – eine Schwankung von 10% nach oben und nach unten aufzuweisen.

Treffende Karikatur

Kein Ergebnis der Studie

Mit einer minimalen Erhöhung von 4% ist die Aussage also innerhalb der wahrscheinlichen Schwankungen. Mit anderen Worten: Es gibt kein Ergebnis der Studie. Sie hat im Gegenteil einen Hinweis darauf gegeben: Die Luft wird durch eine Umstellung von Benzin auf Alkohol nicht in messbarem Masse stärker mit Ozon belastet.

Die Behauptung der erhöhten Belastung durch Abgase von Ethanol-Motoren ist schlicht und einfach eine massive Desinformation – oder eine „leicht frisierte Wahrheit“.

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Hätte man wirklich wissen wollen, wie sich die Luftverschmutzung in den Städten entwickelt, wenn ein wesentlicher Teil des Benzins durch Alkohol ersetzt ist, hätte man einfach die Daten der Messungen (nicht Computersimulationen) in Brasiliens Grossstädten zu Rate ziehen können. In Brasilien ist nämlich bereits seit den 70er Jahren Alkohol als Treibstoff im Einsatz, verstärkt wieder in den letzten Jahren, sowohl als Zumischung zu den normalen Benzin-Fahrzeugen (25%) als auch in reiner Form bei den alten Alkohol-Autos und in jeder beliebigen Mischung bei den modernen Flex-Fuel-Fahrzeugen. Heute ist bereits 75% des Nicht-Diesel-Kraftstoffverbrauchs Alkohol.

Die Ergebnisse der Luftmessungen in den brasilianischen Städten (es liegen ausführliche Untersuchungen vor) sind eindeutig: Die Gesamt-Luftverschmutzung ist deutlich zurückgegangen, hauptsächlich wegen der erniedrigten Schwefeldioxid-Werte. Die anderen Werte wie Partikel (hauptsächlich durch Diesel-Fahrzeuge verursacht), Ozon bzw. NOX sind gleich geblieben und ‚sonstige Verschmutzungen’ haben sich verändert, aber nicht vermindert. So findet man deutlich weniger krebserregendes Benzol oder Toluol, dafür aber Formaldehyd und Acetaldehyd.

Brasilien Alkohol Zapfsaeule

Charakteristisch bei dieser Art von Auswertung von Computersimulationen: Es wurden nicht mit einem Wort die wesentlichen Vorteile erwähnt, wenn auf Alkohol umgestellt wird:

Der wichtigste Vorteil ist natürlich: Der Alkohol führt der Luft so gut wie kein zusätzliches Kohlendioxid zu, dem hauptsächlichen Verursacher der globalen Erwärmung, die schon zur beginnenden Klimakatastrophe geführt hat.

Zuckerrohrlastwagen in Brasilien mit Alkohol-Fabrik im Hintergrund

Ein anderer wichtiger Vorteil zur Luftverschmutzung: Alkohol enthält keinen Schwefel. Damit wird die Bildung von Schwefeldioxid in den Abgasen der Autos verhindert, der hauptsächlichen Ursache des sauren Regens.

Schliesslich ist es auch nicht zu unterschätzender Vorteil, dass man dann kein Erdöl mehr für diesen Teil des menschlichen Energiebedarfs braucht und die sich verringernden Reserven für wichtigere Zwecke verwenden kann.

Globale Erwärmung

Schliesslich auch die Preis- und Versorgungslage: Alle grossen Industrienationen wie auch China und Indien, die auch bereits zu den acht Ländern mit dem höchsten Brutto-Sozialprodukt (genau: „Gross Domestic Product“, GDP) gehören, müssen fast vollständig oder jedenfalls mehr als die Hälfte des benötigten Erdöls einführen. Die sich daraus ergebenden Abhängigkeiten (wie auch die Kriege um Erdölresourcen) können mit der Umstellung auf Bio-Kraftstoffe beschränkt werden.

Zudem ist das Erdöl ja bereits dabei, unbezahlbar teuer zu werden, während Bio-Ethanol in grossen Mengen z.B. von Brasilien der EU für 25 Cents vom Euro pro Liter angeboten wurde.

Tatsächlich löst der Austausch durch Alkohol keineswegs alle Luftverschmutzungs-Probleme des Strassenverkehrs. Zunächst darf man natürlich nicht, wie bei dieser Studie, dabei stehenbleiben und die ganzen Diesel-Brummis weiterhin ungestört die Luft verschmutzen lassen. Die müssen vielmehr auf Bio-Diesel umgestellt werden – jedenfalls in erheblichem Masse. Damit wird auch das Problem der Dieselabgase wesentlich verringert.

Übergangslösung

Zum anderen ist festzustellen: Alkohol als Benzin- und Bio-Diesel als Diesel-Ersatz sind keineswegs die Lösung der Energie-Probleme für den Transport der Menschheit. Sie können nicht mehr als eine Übergangslösung darstellen, bis genügend Sonnen-Energie-Paneelen in den Wüsten der Welt aufgestellt wurden, um den gesamten Energiebedarf der Menschheit zu decken.

Der Explosionsmotor ist nämlich aufgrund seiner generellen Eigenschaften ein Erzeuger von Luftverschmutzung durch NOX und durch Ozon, was keineswegs auf Dauer akzeptabel ist.

Schmelzendes Eis

Das Klima allerdings kann nicht warten. Es sind durchgreifende Sofortmassnahmen notwendig, um den CO2-Ausstos schnell zu verringern, sonst kann die Klimakatastrophe innerhalb von Jahren unumkehrbar werden. Dafür sind die Umstellung von Benzin auf Alkohol und die von Diesel auf Bio-Diesel (jedenfalls in wesentlichem Ausmass) gut geeignet - wenn sie auch keine endgültigen Lösungen darstellen – weil sie ohne übermächtigen Aufwand mit bereits bewährter Technik durchführbar sind.


Veröffentlicht am 21. Juli 2007 in "Journalismus - Nachrichten von heute"

Originalartikel


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur Klimakatastrophe und was man dagegen tun kann:

- Lulas Brasilien, Teil 4 – Abholzen und Abbrennen

- Kofi Annan: Keine Gegenargumente mehr

- Wie die Industrie der „Global Warming Sceptics“ funktioniert

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 1 – Bill Gates und George Soros investieren in Alkohol

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 2 – Was spricht gegen Bio-Kraftstoffe?

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 3 – Der 'Rush' gewinnt an Tempo

- Der Alkohol-Boom hat begonnen, Teil 4 - Endlich auch Bio-Alkohol in der Bundesrepublik

- Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet

- Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen

- Klimakatastrophe: IPCC-Report klammert entscheidende Frage aus

- Briefwechsel mit „Rettet den Regenwald“

- Das Klima kann nicht warten – Offener Brief an „Rettet den Regenwald“

- Wie wird der Verkehr der Zukunft angetrieben

- Stärkster Hurricane aller Zeiten

- Ein deutscher ‚Global Warming Sceptic’

- Klimahetzer? – Klimaketzer? Eine Auseinandersetzung um die beginnende Klimakatstrophe

- Brasilien plant völlige Umstellung auf Biodiesel

Donnerstag, 19. Juli 2007

Todesschuss den Jungterroristen!

Kloakenjournalismus


Von Karl Weiss


Ein geradezu klassisches Beispiel für hetzerischen Kloakenjournalismus a lá B… hat sich Associated Press (AP) an diesem Sonntag geleistet. Man nahm eine Umfrage von Demoskopen der Universität Bielefeld und „interpretierte“ sie nach eigenem Gusto. Es ging darum, die Demonstranten gegen die Politik der G8 noch nachträglich als „gewaltbereit“ und „illegal“ zu denunzieren.

Ob die ursprüngliche Untersuchung des „Zentrums für Kindheits- und Jugendforschung der Universität Bielefeld“ vielleicht sogar sinnvoll war, wissenschaftlich durchgeführt wurde und Ergebnisse gebracht hat, die für die herrschende Politikerkaste eine Lehre sein könnten, geht aus dem Text, wie er bei `yahoo-news` nachgedruckt wurde, nicht hervor.

Mal wieder werden weder der eigentliche Zweck der Untersuchung noch deren hauptsächlichen Ergebnisse vorgestellt. Es wird weder die Methodik angegeben, mit der gearbeitet wurde noch werden die Fragen und möglichen Antworten im Wortlaut vorgestellt. Die Methode z.B., mögliche Antworten vorzugeben und damit die tatsächlichen Meinungen zu verfälschen, wird von seriösen Soziologen strikt abgelehnt.

Befragt wuden 3576 der Teilnehmer an den Protesten in Rostock und Heiligendamm unter 25 Jahre. Nach welcher Methode diese aus den mindestens 80 000 ausgewählt wurden, erfährt man nicht. Vielleicht nach dem Motto: „Wir befragen alle, die ein wenig schräg ausssehen“?

Doch all dies interessiert die Textbereiter von AP nicht. Sie wollen hetzen. Da liest man dann:

„Als Motiv für die Teilnahme am Protest [gegen die Politik der G8-Politiker] gaben 88 Prozent Perspektivlosigkeit an.“ Da werden dann die Protestierer gleich zur „prekären Generation“.

Was? Wie? Wer völlig jede Perspektive verloren hat, geht auf Demos????

Da wird doch eher umgekehrt ein Schuh daraus: Gerade weil man eine Perspektive hat, aber eine andere, als die Herrschenden der G8, geht man hin.

Da man nicht erfährt, wie die Frage war und nicht, wie die Antwort war mit 88%, bleibt dies ein Geheimnis.

Doch das war nur der Auftakt. Jetzt gehts ans Eingemachte: 20% der Jugendlichen hätten sich als linksradikal erklärt. Wirklich? Mit diesen Worten? Das hätte man gern gesehen.

Und dann kommts, worauf man eigentlich hinauswill: Es gäbe eine hohe Bereitschaft unter den Befragten zu illegalen Aktionen, zum Beispiel Angriffen auf Firmeneigentum.

Na ist es denn die Möglichkeit, diese jungen Menschen wollen illegal werden, sogar Firmeneigentum angreifen. Na da muss man doch eingreifen! Eine Generation von Terroristen!!!

Na, da wird doch das Vorgehen der Polizei verständlich, nicht wahr? Da ist es doch nur angebracht, von Internierungslagern zu sprechen wie Schäuble und von „vorbeugendem Todesschuss“. Das sind doch offensichtlich alles „Gefährder“.

Die kleine Nebensächlichkeit, dass man keine Prozentzahl angegeben hat, ebensowenig wie den Wortlaut der Frage oder den der Antwort, bleibt ganz unbemerkt angesichts so klarer Aussagen, nicht?

Hat man vielleicht eine Frage gestellt vom Typ: „Wenn die Freiheit in Deutschland in Gefahr wäre, würdest du dann auch zu illegalen Mitteln greifen, z.B. Firmeneigentum angreifen?“

Wir werden es wohl nie erfahren.

Aber wichtig ist, nun muss irgendetwas getan werden gegen diese jungen Terroristen! War man doch bei „Internierungslagern“ etwas zurückhaltend, weil der Vergleich mit Konzentrationslagern sich natürlich aufdrängen würde. Nun ist es aber klar: Wenn eine ganze Generation von Terroristen heranwächst, dann gibt es keine andere Möglichkeit.

Stasi 2.0

Ebenso war die Sache mit dem vorbeugenden Todeschuss natürlich nicht von allen sehr wollwollend gesehen worden, aber nach diesen Ergebnissen gibt es nun natürlich keine andere Wahl mehr: Todesschuss den Jungterroristen!


Veröffentlicht am 19. Juli 2007 in "Journalismus - Nachrichten von heute"

Originalartikel

Mittwoch, 18. Juli 2007

Bis zu 200 Tote bei Flugzeugunglück in São Paulo

Tragödie mit Ansage - Airbus der brasilianischen Linie TAM abgestürzt

Von Karl Weiss

Am Abend des 17.7.2007, kurz vor 19 Uhr Ortszeit (Mitternacht europäische Sommerzeit), machte ein Airbus 320 der brasilianischen Linie TAM, kommend aus Porto Alegre im Süden Brasiliens, einen Landeanflug auf den Flughafen Congonhas, mitten in der Stadt São Paulo, dessen Haupt-Start- und Landebahn erst kürzlich nach einem teilweisen Neubelag wieder freigegeben worden war. Die Landung misslang. Das Flugzeug schoss noch in voller Geschwindigkeit über das Ende der Landebahn hinaus, kreuzte eine sechsspurige Hauptstrasse und knallte in eine Tankstelle und anschließend in ein Gebäude der eigenen Fluggesellschaft.

TAM Crash São Paulo

Zu diesem Zeitpunkt herrschten schwere Regenfälle in São Paulo. Die ersten Kommentare gehen davon aus, dass sich Pfützen auf der Start- und Landebahn gebildet hatten und ein effektives Bremsen des Flugzeuges verhinderten. Vielleicht hat der Flugkapitän auch ein Durchstarten versucht. Die Landebahn in Congonhas ist nur 2000 Meter lang.

Um sieben Uhr abends ist in São Paulo der Höhepunkt des abendlichen Stossverkehrs mit kilometerlangen Staus. Höchstwahrscheinlich war die Hauptstraße direkt am Flughafen in beiden Richtungen auf allen Spuren gestaut.

Der Airbus der TAM soll nach ersten Meldungen 176 Personen an Bord gehabt haben. Andere Meldungen besagen, es habe zumindest 4 Überlebende im Flugzeug gegeben. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass es auch Verletzte und eventuell Tote auf dem Boden gegeben hat, denn das Gebäude der TAM, in das der Jet gerast ist, war belebt.

Auch besteht die Möglichkeit, dass der Riesenjet, als er die Avenida Washington Louis kreuzte, eine Anzahl von Fahrzeugen dort mit sich gerissen hat. Eventuell ist das Flugzeug aber an dieser Stelle auch über sie hinweg geflogen. Das Ende des Flughafens liegt hier etwa 30 Meter über dem Strassenniveau.

Es muss wohl mit zwischen 170 und 200 Toten gerechnet werden, das ist aber offiziell noch nicht bestätigt.

Im Moment, als der Berichterstatter dies schreibt, etwa 2 einhalb Stunden nach dem Unglück, Originalübertragungen auf allen Fernsehkanälen beobachtend und im Internet die neuesten Nachrichten verfolgend, sind die Brände immer noch nicht gelöscht, obwohl mehr als 100 Feuerwehrfahrzeuge vor Ort sind. Sie werden offenbar genährt vom Kerosin des Flugzeugs selbst, von auslaufendem Benzin, Alkohol und Diesel von der Tankstelle und von einem Treibstoff-Depot, das laut Internet-Meldungen im Gebäude vorhanden gewesen sein soll.

Das Flugzeug sollte nach dem Zwischenstop in São Paulo nach Belo Horizonte weiterfliegen und war offenbar noch mit ausreichend Treibstoff für den Weiterflug versehen.

Laut einer Internet-Meldung hat ein Taxifahrer, der unmittelbar nach dem Unglück zum Katastrophenort kam, mindestens vier Personen aus dem Gebäude der TAM springen sehen, wo sie offenbar in einem Flammenmeer waren. Am Fernsehen wird eben berichtet, dass zumindest eine dieser Personen bereits tot im Krankenhaus ankam mit gebrochenem Schädel.

Bereits im Jahr 1996 war eine Fokker 100 der gleichen Fluggesellschaft TAM kurz nach dem Start von eben diesem Flughafen mitten in ein Wohngebiet gestürzt und hatte 98 Insassen und eine Person auf dem Boden in den Tod gerissen.

Die Stadt São Paulo hat, mit insgesamt 20 Millionen Einwohnern im Metropol-Gebiet die grösste der Südhalbkugel, wie so viele andere Städte, zwar einen internationalen Flughafen ausserhalb der Stadt, der weit genug von bewohnten Gebieten, Gebäuden und belebten Hauptstrassen entfernt ist, den Flughafen Cumbica, unterhält aber weiterhin einen kleineren nationalen Flughafen mitten in der Stadt, eben den Flughafen Congonhas. Wenige Meter hinter dem Flughafenzaun sind bewohnte Gebiete, andere Gebäude und zwei sechs- und teilweise sogar achtspurige Hauptstrassen.

Das gleiche gilt übrigens auch für die beiden anderen grossen Städte der Region Südosten Brasiliens, Rio de Janeiro und Belo Horizonte (von wo der Berichterstatter schreibt). In Rio ist es der Flughafen Santo Dumont, wo startenden Flugzeuge eine scharfe Kurve machen müssen, um nicht mit dem Zuckerhut zusammenzustossen. Hier in Belo Horizonte heisst der Stadtflughafen Pampulha, bevorzugt von den Passagieren wegen der kurzen Anfahrtzeit, obwohl ein sicherer Flughafen draussen vor der Stadt völlig unterausgelastet ist.

Aber dies ist ja nicht nur in Brasilien üblich. In Chicago in den USA heisst der Flughafen mitten in der Stadt Midway, in der deutschen Hauptstadt Berlin Tempelhof.

Alle diese Flughäfen entsprechen nicht den internationalen Luftfahrtrichtlinien, die zumindest ein oder zwei Kilometer freies Land hinter den Enden der Start- und Landebahnen verlangen.

In Brasilien kommt aber noch erschwerend hinzu, dass hier mit einer gewissen Häufigkeit die Regenfälle als tropische Sturzbäche auftreten.

Die Katastrophe vom 17.7.07 in São Paulo allerdings ist in einer Art und Weise angekündigt gewesen, dass eigentlich, wenn alles mit rechten Dingen zuginge, jetzt Personen der grob fahrlässigen Tötung angeklagt werden müssten.

Die Haupt-Start- und Landebahn von Congonhas ist nämlich bereits vor Monaten gesperrt worden durch einen Gerichtsbeschluss, beantragt von einem Staatsanwalt in São Paulo – und zwar genau aus diesem Grund: Bei Regen bildeten sich immer wieder grosse Pfützen, die sowohl Start- als auch Landevorgänge gefährdeten.

Man hat dann teilweise einen neuen Belag auf die Bahn aufgebracht und sie wurde erst vor wenigen Wochen wieder gänzlich freigegeben – durch Gerichtsbeschlüsse, welche die Flughafengesellschaft Infra-Aereo und die Fluggesellschaften beantragt hatten, während die Staatsanwaltschaft weiterhin für die Sperrung plädiert hat.

Doch diesmal gab es sogar noch eine unmittelbare Ansage: Einen Tag vor dem Desaster, am 16.6.07, rutschte ein kleineres Flugzeug der Fluggesellschaft Pantanal aus der Landebahn und bohrte sich in die Wiese, ohne dass allerdings jemand verletzt wurde. Der Flughafen war für eine gute Zeit gesperrt aufgrund dieses Beinahe-Unglücks. Auch an diesem Tag regnete es schon in São Paulo. Der Zwischenfall war ebenfalls auf Aquaplaning auf Pfützen auf der Rollbahn zurückzuführen.

Niemand wurde aufmerksam und sperrte nun die Piste, solange sie nass war. So kam es wie es kommen musste.

Dazu kommt, ein grosses Flugzeug wie der Airbus 320 dürfte auf einer so kurzen und gefährdeten Landebahn gar nicht zugelassen sein – aber die Fluggesellschaften wollen Reibach machen. Für sie lohnen sich vollbesetzte Grossflugzeuge an Tagesrandterminen wie diesem (Ankuft 19 Uhr) weit mehr als nur mit 100-Passagier-Flugzeugen zu fliegen, wie sie für kurze Landebahnen eher geeignet erscheinen.

Inzwischen ist es 22.30 h in Brasilien und man kann am Fernsehen in Originalübertragung sehen, wie jetzt, dreieinhalb Stunden nach der Katastrophe, immer noch bzw. schon wieder zig-meterhohe Flammen aus dem Gebäude schlagen, in das der Airbus gerast ist. Ein Teil des Gebäudes ist bereits eingestürzt und man wundert sich, wie der Rest immer noch standhält.

Als letzte Meldung kommt gerade: Die Fussball-Mannschaft von Gremio Porto Alegre, eben noch in den Endspielen der südamerikanischen Vereinsmeisterschaft „Libertadores“, ist nur um ein Haar dem Tod in der Flammenhölle dieses Desasters entkommen. Man war auf diesen Flug gebucht, wurde aber im letzten Moment auf einen anderen umgeleitet.

Informationen für Angehörige möglicher Unfall-Beteiligter finden Sie unter

http://www.tam.com.br/b2c/jsp/default.jhtml?adPagina=3&adArtigo=10742


Veröffentlicht am 18. Juli 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel


Zusatz vom 18.7.07, 9:30 Ortszeit

Inzwischen ist klar, es gibt keine Überlebenden aus dem Flugzeug. Man spricht bereits von mehr als 200 Toten. Insgesamt 7 der Angestellten der TAM, die in dem Gebäude gearbeitet haben, sind verletzt im Krankenhaus. Der erste identifizierte Leiche ist ein Kleinunternehmer, der gerade dabei war, Luftfracht in dem Gebäude aufzugeben, als der Airbus einschlug. Dort ist (war) u.a. die "TAM Express" untergebracht, eine Luftfracht-Gesellschaft.

Unglaublich: Die Start- und Landebahn des Flughafens ist gesperrt seit dem Unglück, aber die brasilianischen Autoritäten haben heute morgen bereits die Wiederaufnahme des Flugverkehrs auf dem Flughafen Congonhas auf der "Hilfspiste" genehmigt. Das ist jene Rollbahn, auf der die Flugzeuge zum Ende der Startbahn fahren, also noch kürzer und noch schmaler als die Hauptpiste.

Diese entmenschten Figuren dirigieren die Wirklichkeit, als ob es Show Business wäre: "The show must go on!"

Montag, 16. Juli 2007

Brasilien gewinnt die 'Copa América'

3:0 über Argentinien

Von Karl Weiss

Es ist nicht gerade selten, Brasilien im Fußball als den Sieger eines Turniers auszurufen, aber diesmal war vorher wirklich klar, Brasilien würde keine Chance gegen die argentinische „Tor-Maschine“ im Endspiel der „Copa América“ haben, dazu waren die vorher gezeigten Leistungen zu unterschiedlich gewesen.

Doch die großen Klassiker des internationalen Fußballs haben immer ihre eigenen Gesetze. Brasilien spielte plötzlich extrem aggressiv (35 Fouls), deckte „Pressing“, was diese Mannschaft sonst nie macht und siehe, auch die scheinbar übermächtigen Argentinier waren zu schlagen. Argentinien, das im ganzen Turnier erst drei Tore hatte hinnehmen müssen, wurde mit 3:0 unter Wert geschlagen. In Argentinien ist die Trauer grenzenlos. Eines der Fussball-Magazine dort textete "Mögen sie in Frieden ruhen".

Dazu kamen einige überragende Momente von eigentlich weniger bekannten Spielern, so wie der Pass über 30 Meter von Elano genau auf Julio Batista bereits nach 4 Minuten, als Julio Batista mit einer schnellen Bewegung den Verteidiger aussteigen ließ und zum 1:0 in den Winkel schoss. So einfach kann Fußball sein.

Auch der Pass von Vagner Love in der zweiten Hälfte bei einem schnellen Gegenangriff auf Daniel Alves (eingewechselt für den verletzten Elano) war genial, der den Ball direkt zum 3:0 verwandelte und die letzte Chance der Argentinier in Luft auflöste, noch eine Wende zu schaffen.

Natürlich hat der Tüchtige dann auch meistens noch Glück, so bei einem Pfostenschuss von Riquelme in der ersten Hälfte beim Stand von 1:0, als ein Tor die Geschichte des Spiels hätte ändern können und beim 2:0 noch in der ersten Halbzeit, als der unglückliche Kapitän der Argentinier, Ayala, in einen Pass in den Strafraum von Daniel Alves hineinrutsche und den Ball ins eigene Tor beförderte.

Im brasilianischen Team war bei diesem Endspiel alles anders. Robinho, der bis dahin als einziger im gelb-blauen Team eine durchweg überragende Leistung gezeigt hatte, verschwand völlig in der Versenkung. Das Mittelfeld wurde nicht von den argentinischen Superspielern Riquelme und Veron beherrscht, sondern von den international fast unbekannten Brasilianern Josué und Mineiro, die beide das Spiel ihres Lebens lieferten, so wie auch der eingewechselte Daniel Alves. Der Verteidiger Alex, der das ganze Turnier hindurch die entscheidende Schwachstelle in der Mannschaft gewesen war, ließ im Endspiel Bayerns Lúcio (verletzt) glatt vergessen.

Nichts bleibt, wie es ist.

Die Viertelfinale der Copa América waren durchweg mit hohen Siegen ausgegangen. Zunächst hatte Uruguay das überforderte Venezuela mit 4:1 ausgeschaltet, das als Gruppenerster gegen einen Gruppendritten spielte, aber im Viertelfinale wirklich auf der Höhe der Inkompetenz angekommen war.

Dann hatte noch am gleichen Tag Brasilien Chile mit 6:1 abgefertigt mit einer Galavorstellung von Reals Robinho, der auch zum Torschützenkönig des Turniers wurde mit 6 Toren.

Im dritten Spiel am darauffolgenden Tag hatte sich Mexiko mit Paraguay auseinanderzusetzen, was als ausgeglichene Begegnung angesehen werden musste. Doch bereits nach einigen Minuten wurde einer der Paraguayaner vom Platz gestellt und so stellte sich schnell eine generelle Überlegenheit der Mexikaner ein, die schliesslich auf ein 6:0 kamen.

Im letzten Vietelfinale spielte schliesslich Argentinien gegen Peru, eine ungleiche Begegnung. Immerhin gelang es Peru, sich eine Halbzeit lang gegen die argentinische Übermacht zu verteidigen, doch dann liessen die Kräfte nach und Argentinien kam noch in lässiger Manier zu einem 4:0.

Damit waren die beiden Halbfinalbegegnungen klar: Mexiko-Argentinien und Brasilien-Uruguay. Zuerst musste Brasilien ran. So wie (fast) immer, wenn es gegen Uruguay geht, wirkten die Brasilianer wie gelähmt.

Sie schafften zwar mit einer kämpferischen Leistung in der ersten Halbzeit ein 2:0, liessen sich aber in der zweiten Hälfte mit einer indiskutablen Leistung völlig in die eigene Hälfte drängen und mussten folgerichtig zwei Tore kassieren, die den Uruguayanern den möglichen Weg ins Endspiel aufzeigten.

Ohne Verlängerung ging es direkt zum Elfmeterschiessen. Zuerst verschoss ein Spieler der „Celeste“-Mannschaft (himmelblau wie die Nationalfarben und das Trikot), dann einer der Brasilianer. So stand es nach fünf Elfmetern von beiden Seiten 4:4 im Elfmeterschiessen. Nun mussten die Reservespieler ran. Der erste Schuss für Brasilien ging vorbei. Nun war Uruguay fast im Finale, nur noch einen Elfmeter verwandeln. Der Spieler lief an, ließ den Torwart in die andere Ecke streben und hatte das ganze Tor vor sich offen. Er brachte es fertig, genau den Pfosten zu treffen.

Der nächste Schuss für Brasilien traf. Dann kam ein Schuss für Uruguay genau in die Mitte des Tors. Der brasilianische Torwart Doni war bereits auf dem Weg in die rechte Ecke, konnte aber noch mit dem Fuss den Ball abwehren. Brasilien war im Endspiel – nach einigen Minuten heftigsten Schwitzens.

Dann das Spiel Mexiko, das immerhin bereits Brasilien mit 2:0 geschlagen hatte, gegen Argentinien. Die Argentinier waren nie gefährdet. Sie spielten mit den Mexikanern Katz und Maus. Die Überlegenheit war so eklatant, das man Mitleid mit den mexikanischen Spielern bekam. Das argentinische Team schien sich nicht einmal zu verausgaben, um Mexiko mit 3:0 zu schlagen. Messi und Riquelme in der Form ihres Lebens dürften praktisch jede Deckung auseinandernehmen, dachte man.

Damit war klar, wer die Copa América gewinnen würde, zumal Brasilien ja ohne Kaká und ohne Ronaldinho antereten musste (der Gerechtigkeit halber muss man aber auch sagen, dass bei Argentinien im Endspiel der verletzte Crespo schmerzlich vermisst wurde).

Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Am Rand sei noch der dritte Platz für Mexiko mit einem 3:1 über Uruguay erwähnt.

Am 15.7.07 war Brasilien-Tag. Zusätzlich zur Copa América im Fußball mit einer halben Reservemannschaft gewann man auch noch die Weltliga im Volleyball mit einem 3:1 über Russland. Dritter wurde dort das Team der USA.


Veröffentlicht am 16. Juli 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Samstag, 14. Juli 2007

Dossier `Operation Ore`, Teil 3: Die Rolle der Politik und der Medien

Teil 3: Die Rolle der Politik und der Medien

Von Karl Weiss

“Operation Ore”, das ist jene grosse Polizeioperation, die 1999 in den USA begann und viele Zehntausende von angeblichen Konsumenten von Kinderpornographie betraf, u.a. auch Pete Townshend. Es hat sich im April/Mai 2007 endgültig herausgestellt, dass sie alle – oder fast alle – Opfer von Ringen von Kreditkartenbetrügern wurden. Sie wurden angeklagt und zum Teil auch verurteilt aufgrund von völlig unzureichenden Anhaltspunkten (ihre Kreditkartendaten waren benutzt worden, um bestimmte Sites zu besuchen, unter denen auch Kinderporno-Sites gewesen sein sollen).

Obwohl jetzt aufgrund der zähen Arbeit des britischen Journalisten und Computer-Spezialisten Duncan Campbell erwiesen ist, sie dürften (fast) alle unschuldig gewesen sein, negiert die Polizei weiterhin die Rehabilitation der Verdächtigen, die zu Opfern wurden. Aber, was das Unglaubliche ist: Nicht eines unserer Massenmedien in Deutschland berichtet über diesen Skandal. Auch in Grossbritannien gibt es wenig öffentliche Information, wo es allein 39 Selbstmorde von so Angeklagten gab.


Die Rolle der Politik

Charakteristisch für die Teilnahme der Politiker an Internet-Kinderporno-Fällen ist die der sachsen-anhältischen Innenministerin im Fall „Operation Mikado“. Da waren ja insgesamt 22 Millionen Namen von Bundesbürgern anhand ihrer Kreditkarten von VISA und Mastercard (Eurocard) überprüft worden, eine Rasterfahndung mit Einbeziehen von Millionen Unbeteiligten, die vom Bundesverfassungsgericht mit Bezug auf einen früheren Fall ausdrücklich als grundgesetzwidrig eingestuft wurde.

Was die Ministerin dazu auf einer Pressekonferenz freudestrahlend verkündete, war atemberaubend: Man habe ja private Firmen mit der Auswahl der Betroffenen beauftragt (nämlich die beiden Kreditkarten-Unternehmen), daher könne von polizeilicher Rasterfahndung keine Rede sein.

Das lässt Düsteres für die Zukunft ahnen: Der Bundestrojaner wird dann wohl auch von privaten Unternehmen in unsere Computer eingeschleust werden, wenn alle Computerbesitzer der Bundesrepublik in ihren privatesten Äusserungen im Internet überwacht werden.

Das Thema der „Kinderschänder“, der „Pädophilen“ (die der damalige Kanzler Schröder gleich generell auf Dauer weggesperrt wissen wollte) und der „Internet-Porno-Ringe“ ist schlicht ein Lieblingsthema der Politker-Kaste. Es bietet alles, was den Stolz der Ungeliebten erfreut:
  • Zunächst lenkt es in idealer Weise ab. Man braucht nur die „Kinderschänder“ hochzuspielen (auch wenn sie sich dann nur als Verdächtige des Konsums von Kinderporno im Internet herausstellen) und schon wird das Herz jedes Bundesbürgers mit Abscheu erfüllt und er geht in holder Eintracht mit dem Politker auf die Jagd nach den abscheulichen Verbrechern. Da bleibt dann kein Platz mehr für Abscheu vor dem Politker, der gerade beschlossen hatt, kleine arme Länder wie Afghanistan mit Truppen und Bomben zu überfallen oder Hartz IV beschlossen hat, die Armut in der Bundesrepublik auf neue Höhen treibend, oder die Rente mit 67 (demnächst mit 70), oder die erneute Kürzung der Renten oder die Verpflichtung der Eltern, ihre Kinder von bis zu 25 Jahren weiter bei sich wohnen zu lassen, wenn sie keine Arbeit finden, oder sich in die enge Umarmung mit dem US-Präsidenten zu begeben, der „nur“ 600 000 Ziviltote im Irak auf dem Gewissen hat oder, oder ... oder.
  • Der arme vielgeplagte Politiker, der „leider“ Massnahmen gegen den kleinen Mann beschliessen muss, kann sofort wieder Punkte gut machen bei der Bevölkerung, wenn er mit dem Beben der Empörung in der Stimme nach der Identifizierung eines Kinderschänders oder Kindermörders fordert, nun müsse endlich Schluss damit sein, dass bekannte Kinderschänder wieder auf die Kinder im Land losgelassen würden. Er PERSÖNLICH werde dafür sorgen, dass nun endlich die Gesetze geändert werden und so etwas nicht mehr vorkommt. Da kommt im Herzen des Bundesbürgers die Wärme der Geborgenheit auf. Mit solchen Politikern wird endlich alles besser! Die kleine Nebensächlichkeit, dass es diese Gesetze längst gibt, dass alle, die Kinder vergewaltigt haben, bereits zu lebenslänglich und Sicherheitsverwahrung (Wegsperren auf Dauer) verurteilt werden können, ist ja nicht so wichtig, wenn es gilt, grosse Worte zu machen. Das sind die gleichen, die am darauffolgenden Tag Lafontaine des „Populismus“ anklagen.
  • Schliesslich lässt sich diese Sache noch parteipolitisch ausschlachten. Ist man im Land an der Macht und „die anderen“ im Bund, kann man auf die Gesetzgebungs-Verantwortung des Bundes hinweisen, die sträflich vernachlässigt wurde von „den anderen“. Im umgekehrten Fall kann man auf die Landeszuständigkeit für die Freilassung nach dem Abbüssen der Strafe verweisen, die auf unverantwortliche Weise von „den anderen“ zugelassen wurde usw.
Kurz, das Thema ist der Liebling aller Politiker. Nichts kommt einem Politker mehr zu pass, als wenn in regelmässigen Abständen Kinder ermordet oder vergewaltigt werden. Dann gibt man Erklärungen vor laufender Kamera ab und die kommen als erste Meldung in der ‚tagesschau’. Aber auch die Fälle von Internet-Taten kommen sehr gelegen, wie die sachsen-anhältische Innenministerin deutlich gemacht hat. Vorher wusste kaum jemand im Land, dass Sachsen-Anhalt eine Innenmisisterin hat! Dafür kann man denn schon mal 22 Millionen Bundesbürger überprüfen, nicht wahr?

Man darf ja nicht vergessen, solche gewaltigen „Operationen“ von Polizei, Staatsanwaltschaft, gegebenenfalls noch dem BKA, können ja nicht einfach von kleinen Gendarmen beschlossen werden. Sie alle unterstehen ja dem Bundeskanzler und/oder dem Innenminister und/oder dem Landes-Innenminister und die gehören alle Parteien an, die wissen, wann mal wieder das Durchsuchen der Kreditkarten der Bundesbürger angesagt ist.

„Operation Ore“ und „Pecunia“ sind nicht von der Politik zu trennen. Dies wurde auch deutlich in einer Anfrage eines Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags von Anfang 2003, als die „Operation Ore“ gerade in allen Zeitungen stand. Öffentlichkeitswirksam antwortete die Landesregierung mit stolzen Zahlen: 178 der 1400 in Deutschland angeklagten „Kinderschänder“ hätte man in Baden-Württemberg ausgemacht, man habe bereits 2176 Videos beschlagnahmt, 249 Computer und 17343 „Datenträger“. Man stelle sich nur vor, wie viele Polizei-Arbeitsstunden auf die armen baden-württembergischen Polizisten zukamen, um alle 17343 Datenträger, einen nach dem anderen, zu durchsuchen, um am Ende festzustellen, alle Verdächtigungen beruhten auf der falschen Aussage eines US-Polizisten.

Die Rolle der Massenmedien

Insgesamt ist die Rolle der Medien bei „Operation Ore“ so charakteristisch, dass einem bei genauerem Hinsehen die ganze wirkliche Aufgabe dieser Massenmedien im heutigen Kapitalismus klar wird nur an diesem einzigen Fall.

Die Rolle der Medien muss mindestens genauso ernst wie die von Politikern, Polizei und Staatsanwaltschaft eingeschätzt werden. Das Vorgehen der Polizei, die Frage, ob verhältnismässig zum Vorwurf vorgegangen wurde, hat nicht ein einziges der Medien gestellt. Die naheliegenden Fragen, z.B. ob man denn die entsprechenden Festplatten untersucht hätte oder ob man die Möglichkeit von Kreditkartenbetrug gebührend in die Erwägungen gezogen habe, wurden nie gestellt.

Die Medien, sei es in Grossbritannien oder Deutschland, stellen nichts mehr oder weniger als Papageien der offiziellen Verlautbarungen der Strafverfolgungsbehörden dar, ja in einigen Fällen wurde sogar „noch eine Schippe draufgelegt“.

Als charakteristisch seien hier die zwei Fälle der Artikel der FAZ und der taz angeführt unter einer grossen Zahl von Veröffentlichungen, als in Deutschland und im UK viele verhaftet wurden:

Hier, was die FAZ schrieb (März 2003):

„Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gab Scotland Yard (...) die Festnahme von (...) Männern bekannt. Sie stünden im Verdacht, Bilder von Kindesmissbrauch aus dem Internet heruntergeladen und zum Teil weiter verbreitet zu haben.(...)

Spektakulärster Fall war bislang im Januar die vorübergehende Festnahme von Rock-Gitarrist Pete Townshend. Der Mitbegründer der Gruppe „The Who“ hatte eine US-Webseite mit Kinderpornos besucht und dafür gezahlt. Nach seinen Angaben wollte er nur für seine eigene Biografie recherchieren. Er wurde auf Kaution frei gelassen.“


Wird im ersten Absatz noch von „Verdacht“ gesprochen (auch hier wieder die infame Behauptung, es handele sich zum Teil auch um Weiterverbreitung), so bleibt dies im zweiten Absatz bereits weg. Es steht bereits fest: „hatte ... besucht und dafür gezahlt“. Das Erwähnen seiner Erklärung mit der Biographie ist so verkürzt, dass jeder vernünftige Mensch nur zum Schluss kommen kann, dies sei eine Ausrede.

Die einfachsten Grundregeln eines verantwortlichen Journalismus, wie etwa keine feststehenden Tatsachen behaupten, solange die Person nicht dafür verurteilt ist, sondern immer Formeln benutzen wie „Verdacht auf“, „nach Angaben der Polizei“, "wird verdächtigt“, "ist angeklagt“ usw., werden missachtet.

Besonders infam ist hier die völlig verkürzte Aussage über Townshends Einlassung zur Biographie. Hat man nicht den Platz, um einen Sachverhalt inhaltlich darzustellen, muss man ihn weglassen und nicht in extrem verdrehter, verkürzter Weise bringen.

Shame on you, FAZ!

Glaubte jemand, dies sei nicht mehr zu toppen, so führe er sich den Artikel zum gleichen Zeitpunkt (Beginn 2003) von einem Subjekt (Journalist kann man das nicht nennen) mit Namen Kutzmany aus der ‚Taz’ zu Gemüte:

„Gitarrenschänder unter Verdacht (...)

Ob Pete Townshend tatsächlich ein Pädophiler ist, kann zurzeit noch niemand genau sagen. Fakt ist: Der Gitarrist von "The Who" ist einer von rund 7.300 verdächtigen Briten, deren Kreditkartendaten vom FBI bei einem amerikanischen Anbieter von Kinderpornografie entdeckt wurden.

Townshend (57), treibende Kraft von "The Who", die bei Liveauftritten gern Gitarren an den Verstärkern zerschlugen, (...)

Die Pädophilen kommen aus allen Berufen und sozialen Schichten. Politiker und Fernsehprominente sind dabei, Richter auch. 50 Polizisten finden sich auf der Liste. Die Prominenz Townshends bringt dem Thema in Großbritannien eine Aufmerksamkeit, die ihm in Deutschland versagt blieb: Schon Mitte September 2002 nämlich griffen die deutschen Behörden bei der "Aktion Pecunia" zu. 1.100 Durchsuchungen meldete das BKA. Es wurden 47.000 Datenträger und 25.000 Videos beschlagnahmt (...)

Sowohl "Operation Ore" als auch "Pecunia" stützen sich auf Daten, die das amerikanische FBI im Rahmen der "Operation Avalanche" ("Operation Lawine") gegen den Texaner Thomas Reedy sicherstellte. Der Geschäftsführer der Kinderpornofirma "Landslide" ("Erdrutsch")... (...) auf der Landslide-Homepage gab es ein Feld mit der Beschriftung: "Für Kinderpornos hier klicken". Auf diesen Knopf hat auch Pete Townshend gedrückt.

Seine Verwicklung in den Fall hat ihm jetzt sogar eine Erwähnung bei der Verleihung des American Music Awards eingebracht. Er sei "ganz erschüttert", sagte Elton John, der die Show eröffnet hatte.“


Da wird wieder, wie bei der Frankfurter Zeitung, hinter der angeblich ein kluger Kopf stecke, der gleiche Trick angewandt, um gar nicht erst den Verdacht aufkommen zu lassen, die „Pädophilen“ seinen eventuell unschuldig. Am Anfang spricht man noch von „verdächtigen Briten“ und betont, man könne noch nichts Endgültiges über die Schuld von Townshend sagen. Aber diese Zurückhaltung wird dann schnell durch Gewissheiten ersetzt: Es handelt sich nun um „Pädophile“ (diesen Vorwurf hat die Polizei nie erhoben, ein Pädophiler macht – im umgangssprachlichen Gebrauch - Sex mit Kindern), nicht um des Konsums von Kinderporno Verdächtige.

Pete Townshend

Landslide wird hier zur „Kinderpornofirma“, dabei konnte Reedy nie etwas anderes vorgeworfen werden, als Zugang zu Kinderpornoseiten ermöglicht zu haben. Dann kommt die Behauptung mit dem Knopf, auf den alle Verdächtigen geklickt haben müssen. Das hätte genauer nachgefragt werden müssen. Journalismus kann sich nicht darin erschöpfen, polizeiliche Angaben ungeprüft in die Zeitung zu schreiben.

Dann wird es noch abenteuerlicher: Townshend hätte auf diesen Knopf geklickt. Das hat weder die Polizei je behauptet noch ein Staatsanwalt, das hat er auch nicht zugegeben – es war schlicht nicht so. Es bleibt völlig offen, woher der „Journalist“ dies hat, wenn nicht aus den eigenen Fingern gesogen.

Die bei weitem infamste Dreckschleuderei ist aber die Überschrift des Artikel im Zusammenhang mit dem Begriff „Pädophile“. In Anlehnung an „Kinderschänder“ nennt der unsägliche Schreiberling Townshend „Gitarrenschänder“, weil die „Who“ in ihrer Anfangsphase öfters Gitarren zerschlagen haben. Damit ist klar, was Townshend ist, ein Schwerverbrecher. Hat sich nicht auch sein Kollege Elton John erschüttert gezeigt?

In einer ernsthaften Würdigung der „Who“ im deutschen Wikipedia

http://de.wikipedia.org/wiki/The_Who

wird das Zerschlagen der Guitarren ausdrücklich als „künstlerisches Element“ des Auftritts gekennzeichnet. Umso deutlicher wird da nun das unsägliche „Gitarrenschänder“.

Das ist Kloakenjournalismus der niedrigsten Kategorie, selbst Kloaken-‚Bild’ hätte das kaum besser gemacht. Shame on you, taz!

Wollen wir der ‚taz’ zu gute halten, dies sei ein einmaliger Ausrutscher gewesen. Den Herrn Kutzmany hat man hoffentlich längst entlassen.

Wie man an diesen beiden Beispielen sehen kann, haben deutsche Massenmedien sehr wohl – und schändlich – über ‚Operation Ore’ berichtet – damals, als es darum ging, ein ungehäures Netzwerk von Hunderttausenden von pädophilen Internet-Missbrauchern zu konstatieren.

Die Frage stellt sich, was berichten sie nun, da, beginnend im Jahr 2005 und nun ganz intensiv seit Januar bis Juni 2007 die Nachrichten eingehen, dass es sich im wesentlichen um die Verfolgung Unschuldiger handelt.

Im britischen Medienwald haben unter anderem einer der BBC-Sender, der ‚Guardian’ und der ‚Independent’, ebenso ‚BBC-News’ und die ‚Sunday Times’ hierüber berichtet, immer noch wenig angesichts der Grösse des Skandals.

Die deutschen Massenmedien dagegen üben sich in Schweigen – und zwar absolut! Man mache sich die Mühe, im Internet „Operation Ore“ oder "Operation Pecunia“ auf Deutsch zu googeln (man muss übrigens bei dieser Suche „Operation Ore“ in Anführungszeichen setzen, sonst bekommt man ein Unzahl von Ergebnissen, in denen die beiden Worte ohne Zusammenhang vorkommen. Ebenso muss man ausdrücklich darauf bestehen, nur Seiten auf deutsch zu bekommen, sonst wird die englischsprachige Literatur als Ergebnis geliefert, auch wenn man auf dem deutschen google.de ist).

Man wird nicht eine, ich wiederhole: NICHT EINE EINZIGE Notiz auch nur eines der Massenmedien in Deutschland finden, in der über die aufkommenden Zweifel an der Schuld der Angeklagten und schliesslich die Beweise für die Unschuld fast aller berichtet wird.

Mit anderen Worten: Nicht eine Zeitung, nicht ein grösserer Radiosender, nicht eine Fernsehstation, nicht ein angebliches Nachrichtenmagazin, nicht eine Illustrierte in Deutschland hielt es für nötig, nach der ausführlichen Berichterstattung über das Aufspüren von Hunderttausenden von angeblichen Kinderporno-Pädophilen im Internet in den Jahren 2002 und 2003 nun auch zu berichten, dass sich dies alles als völllig verfehlte Aktion gegen Opfer von Kriminellen oder mit anderen Worten als der grösste Polizei- und Justiz-Skandal (in Bezug auf die Zahl betroffener Opfer) des neuen Jahrtausends herausgestellt hat.

Damit weitet sich dieser Skandal auch noch zu einem Medien-Skandal aus.

Es ist somit bewiesen, die deutsche Landschaft der Massenmedien ist völlig gleichgeschaltet, zu 100%. Zunächst berichtete man nur, was die Polizei oder das BKA verlauten liessen, ohne eine einzige kritische Frage zu stellen. Wenn sich das Ganze dann als riesiger Fall der Verfolgung Unschuldiger herausstellt, sieht man weg und lässt die Opfer allein.

Es ist auch relativ leicht zu verstehen, wie so etwas zustandekommt: Polizei, Staatsanwaltschaften und BKA liefern den Massenmedien immer wieder „Privilegierte Informationen“ über Ermittlungen, die eigentlich der Geheimhaltung unterliegen, aber den Medien einen „Sensations-Vorsprung“ verschaffen. Es ist klar: Wer Negatives über die Polizeiarbeit berichtet, könnte nicht mehr in den Genuss dieser Privilegien kommen.

Trotzdem ist es bemerkenswert, dass im Gegensatz zu anderen Ländern sich nicht ein Einziges, vielleicht kleineres, in der Reihe der Massenmedien findet, das ausschert und auch einmal Kritisches zur Arbeit von Polizei, BKA und Staatsanwaltschaften berichtet.

Es kann ja den deutschen Massenmedien nicht entgangen sein, dass es Neues zu diesem Thema gibt, denn Berichte im BBC-Radio, der ‚Sunday Times’ und dem ‚Guardian’ sind schliesslich nichts Verstecktes oder wenig zugänglich, zumal all dies leicht findbar im Internet dokumentiert ist.

Machen Sie nur die Probe und googeln Sie die gleichen Worte im englischen ‚google.com’. Sie werden eine Unzahl neuerer Einträge finden. Man kann da tage- und wochenlang über dies Thema lesen.

Auch kann man in der deutschen ‚Wikipedia’ nachsehen. Es gibt keine Erwähnung der ‚Operation Pecunia’ und bei ‚Operation Ore’ wird man aufgefordert, selbst einen Artikel zu schrieben.

Lediglich auf der Site von Pete Townshend in der deutschen Wikipedia findet sich ein Hinweis:

„Die ‚Sunday Times’ berichtete am 3. Juli 2005, dass unabhängige Experten die beschlagnahmte LANDSLIDE-Webseite rekonstruiert hätten, und keinerlei Kinderpornografie gefunden hätten.“

Im Gegensatz dazu enthält die englische Wikipedia (oben schon verlinkt) eine eigene Seite hierfür mit allen Links zu den neueren Artikeln mit den Entdeckungen über ‚Operation Ore’ als das, was sie wirklich ist: Eine wirkliche Tragödie und ein dreifacher wirklicher Skandal.


Veröffentlicht am 14. Juli 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel



Zusatz zum Artikel

Auch diese Meldung vom 9.9.2007 gibt eine Vorstellung, zu welchen Absurditäten die extremistischen Christen von der Bush-Clique fähig sind:

Die 23-jährige Kyla Ebbert wurde kurz vor dem Start ihrer Maschine von San Diego, Kalifornien, USA, des Flugzeugs verwiesen, weil ihre Kleidung für die Fluggesellschaft Southwest Airline als zu provozierend angesehen wurde.

Kyla Ebbert in der beanstandeten Kleidung

Sehen Sie selbst das Bild von Kyla in der beanstandeten Kleidung und sie bekommen einen guten Einblick, was man in Zukunft auch in Deutschland von Merkel, Beckstein und Konsorten zu erwarten hat.

Als Begründung wurde angegeben, man sei eine Familienfluglinie. Das Abheben auf die ‚Werte der Familie’ eint seit jeher reaktionäre (und faschistische) Politiker und extremistische Christen. Wenn sich jemand auf die ‚Werte der Familie’ bezieht, wissen Sie, von was die Rede ist.

Wenn Sie hier Anklänge an islamistische Hysteriker erkennen, die glauben, ihre Frauen müssten sich vollständig verhüllen, so liegen Sie wohl nicht weit entfernt.

Religiöse Fanatiker, Bush und Bin Laden, ähnelten sich schon seit Urzeiten.

Quelle hier


Hier geht es zu Teil 1 von "Operation Ore", hier zu Teil 2


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zu hysterischen Kinderporno-Verfolgungen, christlich-extremistischen Absurditäten und Sexualstrafrechts-Verschärfungen:

- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus

- Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger

- ...promt ging die Sache in die Hose –Rasterfahndung hätte um ein Haar eine Firma gekostet

- Schon in den USA, bald auch bei uns – Gefängnis für Sex unter 18

- Die Zukunft der USA unter den extremistischen Christen

- Sex?? Gefängnis!!

- Operation Ore, Teil 1: Der grösste Polizei-, Justiz- und Medien-Skandal des neuen Jahrtausends

- Operation Ore, Teil 2: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigten, die Rolle der Polizei

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2

- Die Dossiers Verschärfung Sexualstrafrecht

- Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!

- Schärferes Sexualstrafrecht soll Donnerstag durch den Bundestag

- Hurra! Sie haben es gestoppt

- Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für „Sex Offenders“

Donnerstag, 12. Juli 2007

Dossier `Operation Ore`, Teil 2: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigten, die Rolle der Polizei

Teil 2: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigten und die Rolle der Polizei

Von Karl Weiss

“Operation Ore”, das ist jene grosse Polizeioperation, die 1999 in den USA begann und viele Zehntausende von angeblichen Konsumenten von Kinderpornographie betraf, u.a. auch Pete Townshend. Es hat sich im April/Mai 2007 endgültig herausgestellt, dass sie alle – oder fast alle – Opfer von Ringen von Kreditkartenbetrügern wurden. Sie wurden angeklagt und zum Teil auch verurteilt aufgrund von völlig unzureichenden Anhaltspunkten (ihre Kreditkartendaten waren benutzt worden, um bestimmte Sites zu besuchen, unter denen auch Kinderporno-Sites gewesen sein sollen).

Obwohl jetzt aufgrund der zähen Arbeit des britischen Journalisten und Computer-Spezialisten Duncan Campbell erwiesen ist, sie dürften (fast) alle unschuldig gewesen sein, negiert die Polizei weiterhin die Rehabilitation der Verdächtigen, die zu Opfern wurden. Aber, was das Unglaubliche ist: Nicht eines unserer Massenmedien in Deutschland berichtet über diesen Skandal. Auch in Grossbritannien gibt es wenig öffentliche Information, wo es allein 39 Selbstmorde von so Angeklagten gab.


Die betroffenen „Celebrities“

Der bekannteste Fall in Grossbritannien (ausserhalb der Musiker-Fälle) war der des Polizisten Brian Stevens, der zu jahrelangen entsetzten Äusserungen in Leserbriefen und im Internet führte.

Es hatte kurz vor dem Beginn der „Operation Ore“ in England einen Aufsehen erregenden Fall gegeben, indem zwei Mädchen, Holly und Jessika, entführt und ermordet worden waren. Stevens hatte als Polizist in besonders herausragender Weise während des ganzen Falls Jessikas Eltern beigestanden und sie auf dem Laufenden gehalten. Die Intimität mit der Familie ging so weit, dass sie den Polizisten auf der Beerdigung ein Gedicht vortragen liess. Die Revolverblätter hatten tränentreibende Geschichten veröffentlicht und Brian Stevens war fast zu einer Art von Nationalhelden geworden, jedenfalls zum Beispiel eines wirklich guten Menschen.

Eine Woche später ging die Nachricht durch den Blätterwald, er sei wegen Kinderporno im Internet festgenommen worden.

Das Entsetzen war englandweit. Wenn ein so guter Mensch zu so etwas fähig war, dann gab es niemand mehr, dem man trauen konnte, niemand, der noch Hoffnung auf eine Zukunft der Menschheit geben konnte, dann war alles verloren!

Selbst in deutschen Internetforen wurde dieser Fall diskutiert, unter anderem unter der Überschrift „Da fehlen mir die Worte“.

Stevens wurde vom Dienst suspendiert, musste Untersuchungshaft und Hausdurchsuchung sowie die öffentliche Anprangerung über sich ergehen lassen. Das letzte, was man von ihm gehört hat, ist der Prozess gegen ihn, dessen Ausgang noch offen ist und die Gewissheit, er werde aus dem Polizeidienst entlassen.

Einer anderer der Betroffenen war der Direktor der englischen Filiale der City Bank, John Adams. In den Jahren 1998 und 1999 wurde die Kreditkarte seiner Familie mehrmals von Verbrechern belastet, in diesem Fall die bekannte Gambino-Mafia-Familie, die später Vorbild der Fernsehserie „The Sopranos“ war. Die Gambinos verkauften die Daten zum Teil und nutzten sie auch selbst. Im Juni 1999 waren seine Kreditkarten-Daten erneut zweimal benutzt worden, diesmal um auf eine der Kinderporno-Seiten im Landslide-Netzwerk zuzugreifen (so jedenfalls 7 Jahre später die Anklage der Polizei).

Im Mai 2006 sah sich Adam einer Armee von Polizisten gegenüber, die in sein Haus eindrangen und alle persönlichen Sachen der Familie durchwühlten. Die herbeigeholten Anwälte machten die Polizisten auf die Möglichkeit des Kreditkartenschwindels aufmerksam, aber nach deren Aussage grinsten diese nur darüber. Sie hätten angeblich noch nie von Kreditkartenschwindel gehört. Erst eine zweitägige Gerichtsverhandlung im September 2006 konnte klären, was passiert war. Adams, der bereits wusste, was faul war, hatte sich auf keinen ‚Deal’ eingelassen.Schliesslich gab die Polizei zu, er sei unschuldig und entschuldigte sich bei ihm.

Ein anderer Berühmter unter den Opfern von „Operation Ore“ war Paul Grout aus Hull, ein Arzt, der einen Einsatz zur Rettung vom Menschenleben bei einem grossen Eisenbahnunfall in Selby geleitet hatte und seitdem als Nationalheld in England galt. Seine Kreditkartendaten wurden nicht Opfer der US-Mafia, sondern von zwei indonesischen Gangstern gephished. Im Oktober 2002 drangen Polizisten „wie Sturmtruppen“ in sein Haus ein, wie seine Frau berichtete. Danach kamen nach ihrer Aussage „18 Monate reine Hölle“. Auf seinen Computern und Datenträgern wurde nichts gefunden, trotzdem wurde er der Anstiftung zur Verbreitung von Kinderporno angeklagt. Erst nach zwei Jahren fand sich schliesslich ein Richter, der dem Albtraum ein Ende bereitete. Der Richter seines Prozesses sagte, die Anklage beruhe auf „Unsinn“ und wies die Geschworenen an, ihn freizusprechen. Er konnte mit dem Berühmten-Bonus rechnen, doch viele weniger Bekannte waren nicht so glücklich.

Ein dritter mehr oder weniger Berühmter unter den Opfern der modernen Hexenjagd war der leitende Manager einer Computerfirma Brian Cooper aus Brighton. Er kaufte Fahradteile im Internet bei einer US-Firma mit seiner Kreditkarte und wurde dabei von einem Hacker aus Indonesien seiner Daten beraubt (auch andere Betroffene in Grossbritannien gaben an, im Internet Fahradteile gekauft zu haben). Bei der Hausdurchsuchung, die auch bei ihm mit absolut übertriebenem Personalaufgebot durchgeführt wurde, sagte man seiner Frau, er stelle eine Gefahr für die Kinder dar.

Man brauchte 6 Monate, um die Computer zu untersuchen und fand nichts. Cooper hatte zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung bereits die falschen Abbuchungungen auf seiner Kreditkarte angezeigt, aber auch das half ihm nicht. Die Polizei weigerte sich, seine Unschuld zu bestätigen und sich zu entschuldigen. Die E-Mail-Adresse, unter der er angeblich Zugang zu Kinderporno erreicht haben sollte, lautete a@a.com, was jeden vernünftigen Polizisten bereits aufmerksam hätte werden müssen. Schliesslich, im April 2006, entschuldigte sich die Polizei von Sussex bei ihm und erklärte, die Untersuchungen seinen offensichtlich unnötig gewesen.

Die Musiker

Die bei weitem Berühmtesten unter den Betroffenen aber waren die Rock-Musiker. Da war einmal der „Massive Attack“-Star Robert del Naja (alias „3D“) und da war eben Pete Townshend, der legendäre Vormann, Textschreiber und Komponist von „The Who“, der auch als Solo-Musiker und in anderen Gruppen wichtige Erfolge hatte. Einer seiner Songs, „Who are you?“, ist heute Titelmelodie der häufig gesehenen US-TV-Serie CSI. Inzwischen gibt es auch wieder „The Who“, wobei von der Originalbesetzung Pete Townshend und Roger Daltrey übrig geblieben sind.

‚The Who’ sind eine der ersten grossen und einflussreichsten Bands in der gesamten Geschichte des Rock ´n Roll. Ab dem Moment, als ihr Song „My Generation“ 1965 in die Charts kam, war der Rock nie wieder derselbe. Ihr Album „Thommy“ von 1969 hat die Art, Alben zu machen, grundlegend verändert. Pete Townshend hat sogar die Anschlagtechnik der Gitarristen verändert, als er die bekannte „Windmühle“ erfand. Auf dem inzwischen legendären Festival von Woodstock in den USA waren die Who eine der Hauptattraktionen. Aus der heutigen Sicht kann Pete Townshend als einer der wesentlichsten Musiker des 20.Jahrhunderts angesehen werden.

Pete Townshend

Townshend und del Naja waren – stellvertretend für die anderen – vom ersten Moment der „Operation Ore“ an in den Mittelpunkt des Interesses getreten, denn die britische Polizei hatte beide Namen gezielt an die Presse durchsickern lassen, noch bevor die beiden selbst von ihrem Schicksal wussten.

Da immer mit dem Namen Pete Townshend verbunden, wurde die „Operation Ore“ zu einem Medienereignis, was die reine Mitteilung von Festnahmen und Hausdurchsuchungen niemals geworden wäre. Die gesamte europäische Presse, das Fernsehen, die Rundfunksender stürzten sich geifernd auf die neue Sensation: Pete Townshend ist Kinderschänder! Kein noch so kleiner Fernsehsender, der nicht seine Schwarte an dem Musiker wetzen musste: Pete Townshend ist Kinderschänder!

Das ist, vor allem wenn man die persönliche Tragödie von Pete Townshend in Betracht zieht, eine Ungehäuerlichkeit.

Als die Hausdurchsuchungen bei den Musikern begannen, auch hier von einem Riesenaufgebot von Polizisten durchgeführt, war bereits nach zehn Minuten die gesamte Presse und das Fernsehen mit laufender Kamera vor dem Haus. Die Musiker wurden abgeführt wie Schwerverbrecher, vor den Augen der Welt!

Sie wurden auch keineswegs nach kurzer Zeit wieder freigelassen, wie das eigentlich hätte selbstverständlich sein müssen, sondern bei del Naja wurde die volle Spanne von 48 Stunden ausgenutzt, die man einen Verdächtigen ohne Haftbefehl festhalten kann, während Pete Townshend die negative Seite der Berühmtheit kennenlernte: Es wurde Untersuchungshaft gegen ihn verhängt und eine Kaution festgelegt, bei deren Bezahlung er bedingt freikommen könnte. Kaution zahlen bedeutet aber immer gleichzeitig Anerkennung von Schuld. Wer unschuldig ist, braucht nicht auf Kaution freikommen. Theoretisch!

Auch viele anderen der Angeklagten der „Operation Ore“ wurden in Untersuchungshaft gesteckt und kamen nur gegen Kaution frei, wodurch sie schon ihre Schuld anerkannt hatten. Bei Pete Townshend, dem ersten in der Reihe, gab es ein besonderen Grund: Er hatte bei seinem ersten Verhör in Polizeigewahrsam zugegeben, sich im Internet Zugang zu einer Kinderporno-Site verschafft zu haben. Man hatte ihm verweigert, Details dessen, was man ihm eigentlich vorwarf, zu offenbaren und er war automatisch davon ausgegangen, die Polizei hätte seinen tatsächlichen Ausflug in die Welt des Kinderporno herausgefunden.

Pete Townshend hat nämlich ein spezielles Verhältnis zur Frage des sexuellen Angriffs auf Kinder: Er ist sich fast sicher, als Fünf- oder Sechsjähriger von einem Verwandten missbraucht worden zu sein, denn er hatte Blitz-Erinnerungen an solche Szenen. Dies ist typisch für vergewaltigte Kinder: Sie verdrängen die Erinnerungen, sie kommen aber in bestimmten Zusammenhängen als kurze, blitzartige ‚Flash-Lights’ in das Gedächtnis zurück.

Die Rock-Oper „Thommy“, deren Text und Musik von Pete Townshend ist, enthält u.a. auch die Szene des von seinem Onkel missbrauchten Titelhelden („I’m your wicked uncle Ernie“).

Aus diesem Grund hatte Pete Townshend, der an seiner Biographie arbeitete, versucht, sich besser an das Geschehene zu erinnern und zu diesem Zweck eine Kinderporno-Site im Internet besucht, denn er dachte, dann käme die Erinnerung an jene Szenen zurück. Nur war jene Kinderpornosite keine von den Landslide-Sites, es war ein völlig anderer Fall. Da er aber glaubte, erwischt worden zu sein, versuchte er den verhörenden Beamten zu erklären, warum er dies getan hatte.

Die hatten natürlich nichts anderes zu tun, als sofort der Weltöffentlichkeit mitzuteilen, Pete Townshend hätte gestanden.

Was daraus in den Massenmedien wurde, kann man sich vorstellen: Pete Townshend ist Kinderschänder und er hat bereits gestanden! Er hat behauptet, die Kinderpornosite für seine Biographie angeklickt zu haben! Das ist die lausigste Ausrede des Jahrhunderts!

Robert del Naja

Del Naja wurde bereits nach einem Monat in dürren Worten mitgeteilt, die Anklage sei fallengelassen worden, man habe nichts auf den Computern gefunden. Eine Entschuldigung hat er bis heute nicht erhalten. Allerdings hat das Britische Innenministerium im Jahre 2006 die neue Kinder-Schutz-Organisation der britischen Sicherheitskräfte mit einem Song an die Öffentlichkeit gebracht, der von Del Naja geschrieben wurde, „Teardrop“. Auch eine Art von Entschuldigung.

Pete Townshend dagegen war aufgrund seines voreiligen „Geständnisses“ tief im Fall verstrickt. In Wirklichkeit hatte man gar nichts gegen ihn in der Hand. Auf seinen Computern wurde keinerlei Kinderporno gefunden. Die Site, die er angeblich innnerhalb des Landslide-Netzwerkes angeklickt haben sollte, mit Namen „Alberto“, hatte ausserdem nichts mit Kinderporno zu tun.

Jedenfalls sahen seine Anwälte angesichts der allgemeinen Hysterie über den bekannten Rockmusiker als Kinderschänder (hatte man nicht schon immer gewusst, Rock-Musik ist kriminell?) keinen besseren Ausweg, als ihm die Annahme der Kautionszahlung und dann auch die Annahme des angebotenen Deals zu empfehlen. So ist Pete Townshend heute auf der offiziellen britischen Liste der „Sex Offenders“, wo eigentlich nur Kinderschänder und Vergewaltiger und ähnliche Verbrecher gelistet sein sollten.

Pete Townshend beschreibt fast wortgleich mit Anderen die Zeit unter Verdacht und Anklage als eine durchlebte Hölle und die ganze Aktion als eine Hexenjagd.


Die Rolle der Polizei und der anderen Sicherheitsorgane

Die Polizei hat vom ersten Augenblick der Operation Ore an immer versucht, den Unterschied zwischen Kinderschändern, die also selbst Sex mit Kindern machen oder sie dazu veranlassen, Sex zu machen sowie von Herstellern von Kinderpornos in Bild oder Video und von Kinderporno-Verkäufern im Internet einerseits und von reinen Konsumenten von Kinderporno andererseits zu verwischen. Dadurch appellierte sie an die einstimmmige Empörung der öffentlichen Meinung über Leute, die mit Kindern Sex machen und über Leute, die Kinder zu Sex veranlassen und fotografiern und filmen.

Nicht ein einziges Mal während der ganzen Vorgänge hat jemand von der Polizei klargestellt, es handele sich ausschliesslich um den Verdacht des KONSUMS von Kinderporno und nicht um Herstellung oder Verbreitung von Kinderporno. Im Gegenteil, es wurden bei einer Reihe von Angeklagten auch die Vorwürfe der Verbreitung von Kinderporno mit in die Anklage aufgenommen, obwohl dafür überhaupt keine Anhaltspunkte, geschweige denn Beweise vorlagen. Bis heute verteidigt die britische Polizei die völlig unverhältnismässigen Mittel der Operation u.a. damit, es sei ja eben auch in einer Anzahl von Fällen um Verbreitung von Kinderporno gegangen.

Verurteilt wurde nie jemand für die Verbreitung. Damit steht fest, Polizei und Staatsanwaltschaft haben böswillig gehandelt, als sie den Vorwurf der Verbreitung mit in einige Anklagen aufnahmen. Es ging darum, die Absurdität der ganzen Aktion zu verschleiern.

Hier ergibt sich auch eine Parallele mit der im Jahr 2007 von der Polizei in Sachsen-Anhalt durchgeführten ‚Operation Mikado’. Auch hier hatte man lediglich Konsumenten im Visier, weil es zu umständlich war, die Täter zu finden, die sich hinter einer philippinischen Site versteckten. Auch hier wurde wieder und wieder in den Medien die Aussagen der Polizisten und Staatasanwälte von ‚Kinderschändern’, von ‚Kinderporno-Ringen im Internet’ und von ‚Pädophilen’ widergegeben, während in Wirklichkeit nur nach Konsumenten gefahndet worden war.

In diesem Fall war ja die vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich verbotene Rasterfahndung angewandt worden, also das Anwendung eines Rasters, das automatisch und in der weiten Überzahl Nicht-Betroffene erfasst. Als ein Rechtsanwalt gegen diesen Verfassungsbruch Klage einreichte, tat der Vorsitzende des Verbandes der Kriminalbeamten ein Übriges, wiederum die Unterschiede verwischend und erklärt, ein Erfolg dieser Klage wäre ein Durchbruch für die „Kinderschänder“. Die Vermischung der Täter mit den Konsumenten hat also Methode.

Hauptsächlich aber haben Polizei, Richter und Staatsanwaltschaften gesündigt, als sie völlig unverhältnismässige Mittel im Verhältnis zum schlichten Vorwurf des Konsums eingesetzt haben (noch einmal: das entspricht in der Schwere einer einfachen Sachbeschädigung). Hausdurchsuchungen mit riesigen Anzahlen von Polizisten, Untersuchungshaft, Durchsickern-Lassen von Namen und Terminen von Hausdurchsuchungen an Presse und Fernsehen, Kautionen für Freilassung, Deals mit den Verteidigern, all dies war extrem unverhältnismässig zum Vorwurf des Konsums.

Der Eindruck bei allen, die irgendeinen Kontakt zu einem der Verdächtigten hatten, war: Es konnte sich nicht um einfachen Konsum von Kinderpornobildern handeln. Es musste auch zumindest die Mitgliedschaft in Internet-Kinderpornoringen mit betroffen sein.


In Teil 3 von `Operation Ore`: Die Rolle der Politik und der Massenmedien

Veröffentlicht am 12. Juli 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel


Hier geht es zum Teil 1 und hier zum Teil 3



Zusatz zum Artikel

Auch diese Meldung vom 9.9.2007 gibt eine Vorstellung, zu welchen Absurditäten die extremistischen Christen von der Bush-Clique fähig sind:

Die 23-jährige Kyla Ebbert wurde kurz vor dem Start ihrer Maschine von San Diego, Kalifornien, USA, des Flugzeugs verwiesen, weil ihre Kleidung für die Fluggesellschaft Southwest Airline als zu provozierend angesehen wurde.

Kyla Ebbert in der beanstandeten Kleidung

Sehen Sie selbst das Bild von Kyla in der beanstandeten Kleidung und sie bekommen einen guten Einblick, was man in Zukunft auch in Deutschland von Merkel, Beckstein und Konsorten zu erwarten hat.

Als Begründung wurde angegeben, man sei eine Familienfluglinie. Das Abheben auf die ‚Werte der Familie’ eint seit jeher reaktionäre (und faschistische) Politiker und extremistische Christen. Wenn sich jemand auf die ‚Werte der Familie’ bezieht, wissen Sie, von was die Rede ist.

Wenn Sie hier Anklänge an islamistische Hysteriker erkennen, die glauben, ihre Frauen müssten sich vollständig verhüllen, so liegen Sie wohl nicht weit entfernt.

Religiöse Fanatiker, Bush und Bin Laden, ähnelten sich schon seit Urzeiten.

Quelle hier



Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zu hysterischen Kinderporno-Verfolgungen, christlich-extremistischen Absurditäten und Sexualstrafrechts-Verschärfungen:

- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus

- Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger

- ...promt ging die Sache in die Hose –Rasterfahndung hätte um ein Haar eine Firma gekostet

- Schon in den USA, bald auch bei uns – Gefängnis für Sex unter 18

- Die Zukunft der USA unter den extremistischen Christen

- Sex?? Gefängnis!!

- Operation Ore, Teil 1: Der grösste Polizei-, Justiz- und Medien-Skandal des neuen Jahrtausends

- Operation Ore, Teil 3: Die Rolle der Politik und der Medien

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2

- Die Dossiers Verschärfung Sexualstrafrecht

- Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!

- Schärferes Sexualstrafrecht soll Donnerstag durch den Bundestag

- Hurra! Sie haben es gestoppt

- Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für „Sex Offenders“

Dienstag, 10. Juli 2007

Dossier 'Operation Ore': Der (bisher) grösste Polizei-, Justiz- und Medienskandal des neuen Jahrtausends, Teil 1

39 Selbstmorde wegen hysterischer Ermittler allein im UK

Teil 1: Der Fall „Operation Ore“

Von Karl Weiss

“Operation Ore”, das ist jene grosse Polizeioperation, die 1999 in den USA begann und viele Zehntausende von angeblichen Konsumenten von Kinderpornographie betraf, u.a. auch Pete Townshend. Es hat sich im April/Mai 2007 endgültig herausgestellt, dass sie alle – oder fast alle – Opfer von Ringen von Kreditkartenbetrügern wurden. Sie wurden angeklagt und zum Teil auch verurteilt aufgrund von völlig unzureichenden Anhaltspunkten (ihre Kreditkartendaten waren benutzt worden, um bestimmte Sites zu besuchen, unter denen auch Kinderporno-Sites gewesen sein sollen).

Obwohl jetzt aufgrund der zähen Arbeit des britischen Journalisten und Computer-Spezialisten Duncan Campbell erwiesen ist, sie dürften (fast) alle unschuldig gewesen sein, negiert die Polizei weiterhin die Rehabilitation der Verdächtigen, die zu Opfern wurden. Aber, was das Unglaubliche ist: Nicht eines unserer Massenmedien in Deutschland berichtet über diesen Skandal. Auch in Grossbritannien gibt es wenig öffentliche Information, wo es allein 39 Selbstmorde von so Angeklagten gab.




Auch wenn in Deutschland dieser unglaubliche Fall von Verfolgung Unschuldiger völlig von den Massenmedien unter den Teppich gekehrt wird, zeigt er doch exemplarisch, welche absurden Blüten die „Kinderporno“-Hysterie zu treiben vermag. 7272 Briten und mehr als 1400 Deutsche wurden 2002/2003 und später völlig unschuldig der Kinderporno-Herstellung bzw. des Zusammenhangs mit einem Internet-Kinderporno-Ring verdächtigt und öffentlich angeschwärzt.

Der Kinderporno-Vorwurf wird zum Ersatz der mittelalterlichen Hexenjagd.

Die ganze Aktion, in den USA genannt ‚Operation Avalanche’, in Grossbritannien ‚Operation Ore’, in Deutschland „Operation Pecunia“ oder „Aktion Pecunia“ begann 1999. In den USA hatte das FBI einen Hinweis auf Kinderporno-Sites im Internet bekommen und begann zu ermitteln. Man wurde dann auch schnell fündig. Es gab einen Zugangsschlüssel-Verkäufer für Internet-Sites, davon viele Porno-Seiten, mit dem Namen ‚Landslide’, dessen Besitzer ein gewisser Thomas Reedy war. Angeblich waren unter den vielen Websites und Porno-Sites, die über seine Eingangsseite unter der Bezeichnung ‚Keyz’ liefen(das ist eine Verballhornung von keys, also Schlüssel; man kaufte dort Schlüssel zum Zugang zu anderen Websites), auch Kinderporno-Seiten oder jedenfalls die Ankündigung von solchen.

Eigentlich war das von der Firma ‚Landslide’ im Internet angebotene ‚Keyz’-System eine Zahl- und Zugangsstelle für andere Websites (einschliesslich einer Altersprüfung in bestimmten Fällen; die Altersprüfung findet in den USA durch die Kreditkarten statt, die üblicherweise nur Erwachsenen haben). Es wurden über diese Zahl- und Zugangsstelle so viele Websites angelaufen, die eine Bezahlung zum Zugang verlangten, dass Reedy völlig die Übersicht verloren hatte, welche Sites das waren. In seinem Prozess konnte er glaubhaft versichern, er hatte nicht die geringste Ahnung, ob da eventuell auch Sites mit Kinderpornographie dabei waren. Das nahm man ihm allerdings nicht ab und er wurde verurteilt.

Das FBI erwirkte einen Durchsuchungsbefehl und beschlagnahmte die „Keyz“-Computer. Dort fand man die Nummern und Namen der Kreditkartenbesitzer, die sich Zugang zu Seiten bei ‚Landslide’ erkauft hatten. Auf richterliche Anordnung mussten die Kreditkartenorganisationen die Daten (Adressen usw.) der dazugehörigen Kartenbesitzer herausrücken. Es handelte sich weltweit um etwa 250 000 und allein in den USA um etwa 35 000 Personen, die so in den Verdacht gerieten, etwas mit Kinderpornographie zu tun zu haben. In Grossbritannien waren es 7 272, in Deutschland über 1 400 Personen, in der Schweiz erhielt die Operation den Namen ‚Genesis’ und betraf ebenfalls Hunderte von Verdächtigen. Offenbar sind auch andere Länder betroffen, aber darüber liegen keine Informationen vor.

Es war eine Mitteilung zusammen mit den anderen Dokumenten von den USA in die anderen Länder geschickt worden mit dem Inhalt: Auf der Startsite von ‚Landslide’ bzw. ‚Keyz’ habe es einen Knopf zum Klicken gegeben, der eindeutig als „Kinder-Pornographie“ gekennzeichnet war. Alle, die gezahlt hätten, mussten diesen Knopf angeklickt haben. Damit, so die britische (und wahrscheinlich auch bundesrepublikanische) Polizei, sei ihre Schuld bewiesen, auch wenn man kein Kinderporno auf den Computern findet.

Später (2005) stellte sich heraus, diese Behauptung stimmte nicht. Sie stammte aus der Aussage eines Polizisten, der mit Untersuchungen betraut war, eines gewissen Steve Nelson und wurde später widerrufen. Der Zugang zu ‚Landslide’ oder ‚Keyz’ hatte in Wirklichkeit zunächst nichts mit Kinderpornographie zu tun, wenn auch innerhalb dieses Netzwerks tatsächlich Kinderpornographie angetroffen wurden sein soll.

Duncan Campbell, ein englischer Journalist und Computer-Experte, der jahrelang Aufklärungs- und Recherche-Arbeit in diesen Fall gesteckt hat und der im Jahr 2006 Zugang zu Kopien der Original-Festplatten des ‚Keyz’-Netzwerks erhalten hat, beschreibt den Zusammenhang folgendermassen:

Wenn man auf die Startseite von ‚Keyz’ kam, war nicht der geringste Hinweis auf Kinderporno zu finden. Ging man dann auf eine bestimmte (von zig) Unterseiten, tauchten unten auf der Site sogenannte Fremdanzeigen auf, die ständig wechselten. Zu bestimmten Zeitpunkten konnte jemand, der auf diese Untersite gestossen war, dort den Hinweis finden: „Hier klicken für Kinderporno“. Die entsprechenden Seiten, die dort verlinkt waren (eventell auch nur eine) gab es zum Zeitpunkt der Untersuchungen 2006 nicht mehr.

Hätten die Ermittler in den USA damals direkt diese forensischen Untersuchungen vorgenommen, wären sie wahrscheinlich noch auf die tatsächlichen Kinderpornoseiten gestossen oder eventuell auch auf „Fake“-Seiten (die also nur abkassieren, aber gar nichts zeigen). Es gibt keinerlei Belege, dass die eigentlichen Hersteller der Kinderpornos auf diesen Seiten je zur Rechenschaft gezogen wurden, sofern da wirklich Kinderporno zu sehen war.

In den USA wurden denn auch von den 35 000 Betroffenen lediglich etwa 100 tatsächlich verurteilt, weil man zusätzliche Beweise gefunden hatte, z.B. Kinderporno im Computer. Nicht so in Grossbritannien. Scotland Yard gab sich mit der genannten Mitteilung zufrieden und klagte alle des Konsums von Kinderpornographie an, deren Kreditkarten-Nummer von den US-Behörden übermittelt worden waren.

Es hätte ausgereicht, die Computer von einem Fachmann untersuchen zu lassen, wie das nun erst im Jahre 2006 geschah. Der hätte sofort (und hat dann auch 2006/ Anfang 2007) die Spuren der Fälscher gefunden. Die Kreditkartenüberweisungen wurden nämlich nicht von einzelnen Websites, eine nach der Anderen, gemacht, sondern pulkweise von nur wenigen Sites. Die Ergebnisse der forensichen Untersuchungen der sechs Festplatten von ‚Keyz’ liegen seit Anfang 2007 vor und wurden im wesentlichen im April und Mai 2007 veröffentlicht.

Die britischen (und wohl auch deutschen) Behörden forderten aber gar nicht Kopien der Original-Computer-Festplatten zur forensischen Untersuchung an. Ebensowenig wurde Steve Nelson als Zeuge einvernommen.

So wurden Tausende von Personen völlig unschuldig des Konsums von Kinderporno angeklagt, aufgrund einer schriftlich übermittelten nicht überprüften Aussage eines Polizisten, der niemals in Grossbritannien, der Schweiz oder der Bundesrepublik aussagte. Immer nach dem Motto: „Grosser Bruder von jenseits des Atlantiks befiehl, wir folgen“.

Die Verfolgungen, Festnahmen, Durchsuchungen usw. in Europa begannen 2002/2003 und zogen sich bis vor kurzem hin. Ein Teil der Fälle ist bis heute noch nicht zu den Akten gelegt.

In der Folge der Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme von Hunderttausenden von Festplatten, CDs, DVDs, Disketten und anderen Datenträgern waren in den betroffenen Ländern für Jahre wesentliche Teile der Ermittlungskapazitäten der Polizeiapparate lahmgelegt, weil all dies Material auf Kinderpornos durchsucht werden musste. Es kann nur vermutet werden, wieviele ernsthafte Verbrechen ungesühnt blieben, weil man hinter vermeintlichen Kinderporno-Konsumenten her war.

Man lese nur, welch schwerwiegender Polizei-Fehler inzwischen bereits Teil einer Enzyklopädie, dem englischen ‚Wikipedia’ ist:

„...many of the people making charges at child porn sites were using stolen credit card information (and the police arrested the real owners of the credit cards, not the actual viewers). Plus, thousands of credit card charges were made where there was no access to a site, or access to only a dummy site. When the police finally checked, they found 54,348 occurrences of stolen credit card information in the Landslide database. The British police failed to provide this information to the defendants, and some implied that they had checked and found no evidence of credit card fraud when no such check had been done.“

„...viele der Leute, die für den Zugang zu Kinderporno-Sites zahlten, verwendeten gestohlene Kreditkarten-Informationen und die Polizei nahm die wirklichen Kreditkartenbesitzer fest und nicht jene, die wirklich Kinderporno sahen. Ausserdem wurden Tausende von Abbuchungen auf Kreditkarten gemacht, wo es überhaupt keinen Zugang zu Kinderporno-Sites gab oder nur Zugang zu Schein-Sites ohne Inhalt. Als die Polizei am Ende zusammenzählte, fanden sie 54 348 Fälle von gestohlenen Kreditkarten-Informationen in der ‚Landslide’- Daten-Basis. Die britische Polizei gab diese Information aber nicht an die Verteidiger der Verdächtigen weiter, einige Polizisten behaupteten sogar, sie hätten nach Anzeichen von Kreditkartenbetrug gesucht, aber nichts gefunden, obwohl eine solche Suche gar nicht stattgefunden hatte."

Es wird deutlich, was in England wirklich geschah: Anfänglich sonnte sich die Polizei in der positiven Öffentlichkeit, die sie gewann, als sie scheinbar Tausende von „abscheulichen Kinderschänder-Nestern“ aushob.

Ab dann war es nur noch der Versuch, die wirklichen Tatsachen unter dem Teppich zu halten und die anfänglich gemachten schwerwiegenden Fehler zu rechtfertigen und zu vertuschen. Dazu wurde gedreht, gefälscht und gelogen. Man entschied sich, die einmal erfundene Geschichte weiterhin zu unterstützen, auch wenn dafür alle Regeln der korrekten Polizeiarbeit missachtet werden mussten.

Die Folgen waren tragisch. Es wurde das Leben vieler, vieler Menschen zerstört. Auf der englischen Wikipedia-Site

http://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Ore

kann man nachlesen, was allein in Grossbritannien geschah:

“In the United Kingdom, it has led to 7,250 suspects identified, 4,283 homes searched, 3,744 arrests, 1,848 charged, 1,451 convictions, 493 cautioned, 879 investigations underway, 109 children removed from suspected dangerous situations and at least 35 suicides.”

„Im Vereinigten Königreich (Grossbritannien) hat die Operation zu 7 250 Verdächtigen geführt, 4 283 Wohnungen wurden durchsucht, 3 744 Personen wurden festgenommen, 1 848 Personen wurden angeklagt, 1451 verurteilt, 493 sind auf Kaution in Freiheit, gegen 879 wird weiterhin ermittelt, 109 Kinder wurden aus vermuteten „gefährlichen Situationen“ entfernt und mindestens 35 der angeklagten Personen begingen Selbstmord.“

Die Zahl der Selbstmorde, allein in Grossbritannien, ist inzwischen auf 39 gestiegen. Wie viele sich in Deutschland umgebracht haben, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.

In der Praxis sah das typischerweise so aus: Das Haus oder die Firma des Verdächtigen wurde von einer Heerschar von Polizisten heimgesucht. Der Presse und anderen Medien gab man bereitwillig Auskunft, wer und warum hier im Verdacht stehe. Innerhalb von kurzer Zeit wurde die Nachricht in alle Winde gestreut: „Der Herr X hat etwas mit Kinderporno im Internet zu tun!“

Die Familie, Nachbarn, Freunde, Kunden, Bekannte, Arbeitskollegen, Vorgesetzte, Richter in Scheidungsprozessen (und Personen, die bekannte Persönlichkeiten kannten,), Geschäftspartner, Kunden, alle wussten, der Mann war mit einem Grossaufgebot der Polizei wegen Kinderporno im Internet bedacht worden. Er musste also ein Schwerverbrecher sein.

In fast allen Fällen wurde der Beschuldigte zumindest zeitweise ins Gefängnis gesteckt, was für die Öffentlichkeit den Eindruck schwerster Verbrechen noch verstärkte. Viele kamen nur durch Bezahlen einer Kaution frei, was immer bereits ein Anerkennen der Schuld beinhaltete und in der Regel nur bei Verbrechen, nicht bei Vergehen, angewandt wird.

Angesichts der Tatsache, dass fast alle Menschen kaum jemand mehr verabscheuen als solche, die Kinder missbrauchen und daraus Vorteil mit Bildern im Internet schlagen, ist diejenige Person damit erledigt. Ausser vielleicht Kindermord gibt es keinen vernichtenderen Verdacht als diesen. Es gibt kaum einen Bekannten mehr, kaum ein Familienmitglied, kaum Freunde oder kaum Ehefrauen, die mit so einem Individuum noch etwas zu tun haben wollen.

Macht man sich klar, dass fast alle (oder sogar alle) Verdächtigen unschuldig waren und niemals Kinderporno im Net angesehen haben, geschweige denn etwas mit der Herstellung solcher Pornofilme oder –bilder zu tun hatten, ist das schwerwiegend.

Zwar gab es in vielen Fällen vereinzelte Ehefrauen, Freunde oder Bekannte, vor allem aber Mütter, die den verzweifelten Beteuerungen der Betroffenen Glauben schenkten, sie hätten nichts mit Kinderporno zu tun, aber fast alle wurden direkt in die Hölle befördert, wie die meisten von ihnen das beschrieben: Sie wurden entlassen, die Frauen liessen sich scheiden, Freunde kannten sie nicht mehr, jegliche sozialen Kontakte wurden fast unmöglich – aber am schwerwiegendsten war für die meisten, denen das geschah: Die Kinder wurden ihnen weggenommen.

Dies betraf nicht nur die oben genannten 109 „Entfernungen von gefährdeten Kindern“, sondern weit mehr, denn dazu kamen die Fälle, in denen die geschiedenen Ehefrauen, die natürlich die Kinder zugesprochen bekamen, mit dem Argument dieser Verdächtigung jegliches Besuchsrecht des Vaters verhindern konnten.

Auch heute noch, nachdem bereits klar geworden ist, dass es sich praktisch ausschliesslich um Unschuldige handelt, sind viele Väter völlig von ihren Kindern getrennt.

Eine andere schwere Folge für einen Teil der Betroffenen war die öffentliche Blossstellung gegenüber Geschäftspartnern ihrer Firmen. Wer wollte wohl noch mit verurteilten „Pädophilen“ irgendeine Art von Geschäften machen? Es ist nicht bekannt, wieviele Unternehmen schliessen mussten, aber auch der Verlust von allen Computern einschliesslich der Backup-Kopien und damit von jeglicher Dokumentation führt regelmässig in solchen Fällen schon zum Schliessen der Firma.

Dagegen steht das, was den Tausenden von Verdächtigen (in Wirklichkeit Opfern) überhaupt vorgeworfen wurde, in keiner Relation. Es handelte sich ja nicht um den Vorwurf, Kinder missbraucht zu haben oder Fotos von Sex mit Kindern ins Internet gestellt zu haben, sondern um den weit weniger schweren Vorwurf, sich im Internet zur Verfügung stehende Bilder von Sex mit Kindern angesehen zu haben.

Auf dieses Delikt (Konsum von Kinderporno) steht zum Beispiel in Deutschland maximal 2 Jahre Gefängnis in schweren Fällen, das entspricht dem Strafmass von Sachbeschädigung. Bei einer Erstverurteilung heisst das in der Regel Geldstrafe oder Strafe auf Bewährung. Der Schaden, der den Verdächtigten entstand, wäre also auch dann nicht angemessen zum Vorwurf gewesen, wenn es sich tatsächlich um Konsumenten von Kinderpornos gehandelt hätte. Es ist möglich, dass sich unter den Verdächtigten auch wirklich solche Konsumenten befanden, aber das kann heute gar nicht mehr festgestellt werden – vor allem nicht, da es keinen Zugang für eventuell von Verteidigern beauftragten Sachverständige zu den sechs Original-Festplatten des ‚Keyz’-Netzwerks oder Kopien davon gibt.

Schuldsprüche

Warum, so wird man nun natürlich fragen, sind dann aber wirklich Viele verurteilt worden? Nun, in den USA wurden, sei es Zufall oder nicht, bei etwa 100 der 35000 Betroffenen Kinderporno auf den Computern angetroffen, das sind also 3 Promille der Verdächtigen. Dies hätte schon zu Vorsicht in den anderen Ländern führen müssen, denn es ist extrem unwahrscheinlich, dass 99,7% derer, die Kinderporno im Internet kaufen, nichts davon auf ihren Computer herunterladen. Da hätte der Verdacht auf gestohlene Kreditkarten-Informationen schon automatisch kommen müssen.

In Grossbritannien wurden 1 451 Personen verurteilt, das sind fast hundert Mal mehr im Verhältnis zu den 7 250 Verdächtigen als im Vergleich in den USA. In den USA waren es 0,3%, in GB 20%. Das hätte die Gerichtsbarkeit im UK schon aufmerksam werden lassen müssen, denn die US-Gerichtsbarkeit hat nicht im mindesten den Ruf, Kinderporno-Fälle lasch zu bestrafen, eher im Gegenteil.

Gehen wir näher in die Verurteilungen in England, so stellt sich schnell heraus, fast alle beruhen auf einem ‚Deal’, so wie auch jene von Pete Townshend. Das angelsächsische Recht kennt die Möglichkeit von ‚Deals’, das bedeutet, gegen den Preis, sich schuldig zu bekennen, wird derAngeklagte nur zu einer geringen Strafe verurteilt (gering im Verhältnis zum ursprünglichen Vorwurf). Da in diesem Fall von Konsum von Kinderporno die möglichen Strafen sowieso schon niedrig waren, blieben teilweise nur noch symbolische Strafen übrig.

So erhielt zum Beispiel Pete Townshend, die berühmteste der Personen, die angeklagt waren, nur eine „Strenge Verwarnung“, musste sich dafür aber schuldig bekennen und dies ist auch als strafrechtliche Verurteilung in den Akten. Ebenso ist er auf der öffentlich zugänglichen Liste der „Sex-Offender“ (sexuelle Angreifer) geführt.

Pete Townshend

Nun benutzt die Polizei, im April 2007 zu diesen neuen Entdeckungen über den Kreditkartenschwindel im Fall befragt, diese Tatsache als Ausrede, um zu verhindern, sich entschuldigen und eigene Fehler zugeben zu müssen. Man höre die Antwort, die der leitende Polizist und Direktor des „Child Exploitation and Online Protection Centre“ und wesentlicher Leiter der 'Operation Ore' in England, Jim Gamble, dem BBC-Kanal 4 auf die Vorhaltungen bezüglich des polizeilichen Vorgehens sagte:

„Es handelt sich hier nicht um Kreditkarten-Fälschung (...) Der grösste Teil der Verurteilten hat sich ... vor Gericht ... für schuldig erklärt.“

Das ist, um es vorsichtig auszudrücken, infam.

Sehen wir uns die Situation der 1 451 verurteilten Peronen an (oder jedenfalls der überwältigenden Mehrheit von ihnen), als die Gerichtsverfahren eröffnet wurden: Fast alle hatten alles verloren, was ihnen lieb und teuer war, obwohl sie wussten, sie waren unschuldig. Soweit sie Polizisten waren, Richter, Lehrer oder Seelsorger (es war auch ein stellvertretender Schulleiter darunter), auch ihre Arbeit.

Zu all dem drohte ihnen nun auch noch eine Gefängnisstrafe, denn die Verteidiger mussten ihnen mitteilen: Trotz der unakzeptablen Beweislage (die eigentlich niemals hätte zu einer Verurteilung führen dürfen, noch nicht einmal zu Haftbefehlen) würde angesichts der aufgewühlten öffentlichen Meinung und der allgemeinen öffentlichen Hysterie angesichts von Kinderpornofällen eine Verurteilung extrem wahrscheinlich sein.

In dieser Situation wurde ihnen vom Staatsanwalt (der ja Verurteilungen vorweisen muss) der Deal angeboten: Wenn er sich des Delikts Konsum von Kinderporno schuldig erklärt, erhält er nur eine symbolische Strafe (wie Townshend) oder eine Bewährungsstrafe.

So ging ein grosser Teil von ihnen auf den ‚Deal’ ein, was heute von den verantwortlichen Polizisten als Beweis für das Zutreffen der Anklagen gewertet wird. So wird ein System sich selbst erfüllender Prophezeiungen geschaffen, basiert auf der allgemeinen Kinderporno-Hysterie. Die 'Organisation der Geschädigten von Operation Ore' nennt das moderne Hexenjagd.

Kreditkartenbetrug

Wie ging der Kreditkartenbetrug vor sich? Kriminelle Grossorganisationen wie auch kleine Einzelverbrecher beschaffen sich die Kreditkartennummern, Ablaufdaten, die dazugehörigen Namen und, wenn nötig, auch die zweistellige Nummer auf der Rückseite der Karte, die als Schutz gegen solchen Betrug gilt.

Dazu gibt es verschiedene Methoden. Die damals meist verwendete ist das Hacken von Internet-Verkaufsseiten, wo der Käufer alle diese Daten eingeben muss und wo sie der Hacker „abschöpft“. Ein guter Hacker kann so Tausende von Datensätzen pro Tag erlangen.

Eine andere Methode sind Lockvogel-Angebote zu unglaublich niedrigen Preisen im Internet, wo man die Datensätze gutgläubiger Käufer erlangt, das versprochene billige Gut aber natürlich nie den Käufer erreicht.

Dieser letzte Fall war der Trick, mit dem man eine grosse Anzahl der britischen Angeklagten der Operation Ore um ihre Kreditkarteninformationen gebracht hatte. Es handelte sich in diesem Fall um eine in Florida beheimatete Website, die Luxusgüter wie zum Beispiel ganze Garten-Grills und ähnliches im Internet zu interessanten Preisen zum Verkauf anboten. Das erklärt, warum relativ viele gutsituierte Personen unter den Verdächtigen in Grossbritannien waren.

Der dritte und heute meist verwendete Schwindel, um an einen Satz kompletter Kreditkarten-Daten zu kommen, ist das heute als „Phishing“ schon berühmte Verfahren. Man offeriert den Zugang zu einer grossen Porno-Website (oder einer anderen Site mit vielen Interessenten) zu einem extrem geringen Preis, in der Anfangszeit meist ein Dollar, heute üblicherweise 1,99 Dollars. Man muss zum Bezahlen alle Karten- und persönlichen Daten eingeben (angeblich, um eine Altersüberprüfung durchzuführen) und schon hat der Verbrecher einen kompletten Datensatz, den er selbst verwenden oder im Internet zum Verkauf anbieten kann.

Diese Art von Kreditkartenschwindel wird „Carding“ genannt. Die Daten wurden von Mitte der Neunziger Jahren an in internationalen Schwarzmärkten über das Internet zum Kauf angeboten. Es gab Websites mit nur Mitgliederzutritt und auch Chat-Gruppen, wie „Carders market“, „Dark market“, „Talk Cash“ und „The Vouchard“, in denen ganze Wagenladungen solcher gestohlener Kreditkarten-Informationen angeboten und verkauft wurden. Die Preise reichten von 30 Dollar für eine einzelne, noch nicht kriminell verwendete VISA-Gold-Karte bis hin zu einem „Bulk“ von 4000 gestohlenen American-Express-Karten-Daten zum Vorzugspreis von 10 000 Dollar, also gerade mal 2 Dollar 50 pro Stück.

„Carding“ über „Fake“- oder wirkliche Porno-Sites ist der einfachste Weg, Millionen zu machen, denn es braucht nichts geliefert zu werden. Man kann aus entfernten Ländern arbeiten (so war die Website bei der letzhin von der deutschen Polizei verfolgten ‚Operation Mikado’ auf den Philippinen gehostet).

Man öffnet eine Porno-Site, eventuell auch einfach nur ein Titelblatt mit einem fetzigen Titel und benutzt nun die Kreditkarten-Daten, die man gephished oder gekauft hat, um Abbuchungen von den Konten der Kreditkartenbesitzer vorzunehmen. Daher kommen dann Zahlungen im Bulk statt eine nach der anderen von einzelnen Seiten. Üblicherweise werden kleinere Beträge von unter 50 Dollar im Einzelfall abgebucht. Man wiederholt diese Abbuchungen monatlich, so als ob der Kreditkartenbesitzer sich Zugang gekauft hätte mit monatlichen Zahlungen.

Nur ein Teil der Kreditkartenbesitzer verlangen üblicherweise die Rückzahlung von ihren Kreditkartenorganisationen über die Bank, welche die Kreditkarte ausgestellt hat (was bei zurückliegenden Fällen extrem schwierig und arbeitsaufwendig ist, wie der Autor bestätigen kann, der selbst schon Opfer einer solchen Straftat geworden ist). Die meisten der Kreditkartenbesitzer bemerken diese Abbuchungen gar nicht oder können nicht herausfinden wie man Rückzahlungen bekommt.


Im zweiten Teil: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigen, die Rolle der Polizei; im dritten Teil: Die Rolle der Politik und der Massenmedien

Veröffentlicht am 10. Juli 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Hier geht es zu Teil 2 und zu Teil 3


Zusatz zum Artikel (6.8.07):

Die Nachveröffentlichung dieses Artikels in "Nachrichten - heute" wurde noch am Tag des Erscheinens mit einem Kommentar von einem "Konrad" versehen, der dann allerdings mit "Ralf" unterschrieb.

Dort wird eine dubiose Website verlinkt, die erneut zeigt, wie absurd und hysterisch die Reaktionen auf das Thema "Kinderporno" sind. Es wird ein Künstler (oder Möchte-gern-Künstler) denunziert, der in Wien ausstellt. Er würde Kinderporno herstellen. Als Beleg werden zwei Fotos auf die Site gestellt, die angeblich Kinderporno darstellen würden.

Der geneigte Leser mag sich hier die "Kinderpornos" ansehen und selbst urteilen:

Angebliches Kinderporno

Angebliches Kinderporno 2

Nun kann man über Geschmack streiten und darüber, was Kunst ist, nur Kinderporno ist das wirklich nicht.

Die Site, die diese hysterische Einordnung betreibt, tut noch ein Übriges. In ihrem Titel steht u.a.: "Madeleine McCann, ich kenne ihre Entführer".

Damit wird ein vermeintlicher Zusammenhang des "Künstlers" mit dem aufsehenerregenden Fall des Verschwindens einer englischen Vierjährigen von einem Ferienaufenthalt an der portugiesischen Algarve nahegelegt.

Wer ein wenig in die absurde Wahnsinnswelt der Hexenjäger von "Kinderpornos" Einblick nehmen will, kann sich diese Site ansehen.



Weiterer Zusatz zum Artikel

Auch diese Meldung vom 9.9.2007 gibt eine Vorstellung, zu welchen Absurditäten die extremistischen Christen von der Bush-Clique fähig sind:

Die 23-jährige Kyla Ebbert wurde kurz vor dem Start ihrer Maschine von San Diego, Kalifornien, USA, des Flugzeugs verwiesen, weil ihre Kleidung für die Fluggesellschaft Southwest Airline als zu provozierend angesehen wurde.

Kyla Ebbert in der beanstandeten Kleidung

Sehen Sie selbst das Bild von Kyla in der beanstandeten Kleidung und sie bekommen einen guten Einblick, was man in Zukunft auch in Deutschland von Merkel, Beckstein und Konsorten zu erwarten hat.

Als Begründung wurde angegeben, man sei eine Familienfluglinie. Das Abheben auf die ‚Werte der Familie’ eint seit jeher reaktionäre (und faschistische) Politiker und extremistische Christen. Wenn sich jemand auf die ‚Werte der Familie’ bezieht, wissen Sie, von was die Rede ist.

Wenn Sie hier Anklänge an islamistische Hysteriker erkennen, die glauben, ihre Frauen müssten sich vollständig verhüllen, so liegen Sie wohl nicht weit entfernt.

Religiöse Fanatiker, Bush und Bin Laden, ähnelten sich schon seit Urzeiten.

Quelle hier



Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zu hysterischen Kinderporno-Verfolgungen, christlich-extremistischen Absurditäten und Sexualstrafrechts-Verschärfungen:

- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus

- Schnüffeln im Sexualleben der Bundesbürger

- ...promt ging die Sache in die Hose –Rasterfahndung hätte um ein Haar eine Firma gekostet

- Schon in den USA, bald auch bei uns – Gefängnis für Sex unter 18

- Die Zukunft der USA unter den extremistischen Christen

- Sex?? Gefängnis!!

- Operation Ore, Teil 2: Die Berühmtheiten unter den Verdächtigten, die Rolle der Polizei

- Operation Ore, Teil 3: Die Rolle der Politik und der Medien

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 1

- Dossier Verschärfung Sexualstrafrecht, Teil 2

- Die Dossiers Verschärfung Sexualstrafrecht

- Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!

- Schärferes Sexualstrafrecht soll Donnerstag durch den Bundestag

- Hurra! Sie haben es gestoppt

- Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für „Sex Offenders“

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