Fukushima - Die Atom-Mafia
Von Karl Weiss
Bei vielen politisch gegen die Bevölkerung durchgesetzten Projekten sind höchste Profite für bestimmte Personen und Gruppen im Spiel und damit meist auch Korruption. Wir kennen das in Deutschland ja gut aus den Fällen Strauss, Lambsdorf und Kohl CDU-Spendenaffäre. Nun wird deutlich: Auch in Japan sind diese Verhältnisse so. Bau und Betrieb von Atomkraftwerken sind von einer Mafia aus Industrie-, Betreiber-und Politiker-Interessen gespeist. Kein Wunder, dass da dann solche Katastrophen wie Fukushima herauskommen.
Während deutsche Medien sich zu diesem Thema der japanischen „Demokratie“ fein säuberlich zurückhalten, hat jetzt ein Insider in der Schweiz bei der „Basler Zeitung“ „ausgepackt“.
Eisaku Sato ist der frühere Gouverneur der Provinz Fukushima. Er wurde aus einem Befürworter von Atomkraftwerken zu einem energischen Gegner. Er sagt, Japan sei «fast wie ein faschistisches Land», wenn es um die Kernkraft gehe(...). «Wer wie ich sagt, Atomkraft ist gefährlich, wird als Staatsfeind behandelt.» Bisher galt die Doktrin: «Kernkraft ist absolut nötig für Japan, also ist sie absolut sicher.» Und weil die Kernkraft so wichtig für die Nation gewesen sei, hätten viele Beamte gemeint, es sei legitim, Störfälle zu vertuschen. Sato bezeichnet das als Japans «nuklearen Absolutismus».
Kommt Ihnen das bekannt vor?
Aber es geht noch weiter:
„ ... regelmässig meldeten sich bei ihm ‚Whistleblower‘ aus der Betreiberfirma Tepco mit Informationen, dass im AKW gepfuscht werde. 2002, nachdem publik geworden war, in welchem Ausmass Tepco die Sicherheitsnormen verletzte und Sicherheitsprotokolle fälschte, widerrief Sato seine Zustimmung zum Einsatz von MOX, dem gefährlichen Uran-Plutonium-Gemisch, in Fukushima I.“
Da wurde er mit einem Korruptionsverfahren überzogen und aus dem Amt gejagt. Der neue Gouverneur genehmigte natürlich die MOX-Brennstäbe, jetzt eines der schwierigsten Probleme des Super-Gaus von Fukushima.
In Japan, so heisst es im Artikel, ist eine Mehrheit der Abgeordneten korrupt. Wer von der „Linie“ abweicht, den klagt die Staatsanwaltschaft wegen Korruption an.
Und hören Sie weiter:
„Der neue Gouverneur von Fukushima, Yuhei Sato (...) ist der Neffe von Kozo Watanabe, einem der grossen alten Männer der japanischen Politik.Watanabe, im Parlament seit 1969, sagte einst, die Kernkraft erlaube den Leuten ein längeres Leben, weil sie das Energieproblem löse. (...) Er gehörte ... lange der Liberaldemokratischen Partei LDP an, die bis 2009 die Macht in Japan 54 Jahre lang monopolisierte. Für die LDP war er auch wiederholt Minister.“
Und jetzt hören Sie genau hin:
„Die japanische Regierung hat ihr Atom-Programm – vor allem die Wiederaufbereitung und den schnellen Brüter, der nicht vor 2050 kommerziell ans Netz gehen wird – stets als virtuelle nukleare Keule verstanden. Japan besitzt zwar keine Atomwaffen, das hätte das Volk nach Hiroshima und Nagasaki nicht akzeptiert. Aber es verfügt über die Technologie, binnen weniger Wochen Kernwaffen herzustellen. Und im Aufsichtsrat von Tepco sitzen derzeit zwei ehemalige Beamte, die zuvor für die Kontrolle der Firma zuständig waren. Sie konnten damit rechnen, sich mit diesen Jobs ihren Lebensabend zu vergolden. Deshalb dürften sie Tepco Pfusch und Fälschungen durchgelassen oder sogar mitgeholfen haben, dass die Sicherheitsnormen nur so weit verschärft wurden, dass sie Tepco nicht teuer zu stehen kamen. Umgekehrt hat die LDP dem früheren Kernkraft-Verantwortlichen von Tepco, dem heute 76-jährigen Tokio Kano, im Hinblick auf seine Pensionierung 1998 ein Mandat im Oberhaus zugeschanzt.“
Ein japanischer Video-Journalist nennt nach den Angaben des Artikels dieses Spiel zwischen Politik und Betreibern „Atom-Mafia“.
Kommt ihnen das eventuell auch bekannt vor?
Ein anderer Insider berichtet nach der Basler Zeitung:
„Viele LDP-Abgeordnete aus den Randprovinzen hätten sich in der Hauptstadt Tokio darum gerissen, Kernkraftwerke in ihre armen Präfekturen zu holen. Damit verschafften sie der lokalen Bauindustrie Aufträge; diese garantierten ihnen bei den nächsten Wahlen jeweils jene Stimmen, welche die LDP brauchte, um an der Macht zu bleiben. Und auch in Tokio gewann ein Politiker, der ein AKW an Land gezogen hatte, an politischem Gewicht. Kozo Watanabe aus der armen Land- und Fischerei-Präfektur Fukushima war ein solcher Politiker.“
Sogar der aussenpolitische Sprecher der LDP hat inzwischen eingesehen, wie die Korruption gewirkt hat:
„Alle Sicherheitssysteme waren korrumpiert“, sagt Taro Kono, (...) einer der wenigen Kritiker der japanischen Atom-Politik in der Partei.
Das waren eigentlich genau die Informationen, die noch fehlten, um zu verstehen, weshalb nicht die einfachsten Sicherheitsvorschriften in Fukushima befolgt wurden und die Auslegung der reaktoren schwerwiegende Sicherheitsmängel enthielt, die sich nun rächen. Auch duie amatuerhafte (um es vorsichtig auszudrücken) reaktion nach dem beginn der katastrophe wird nun langsam erklärlich.
Es geht im Kapitalismus nicht einfach nur um die Profite der banken und konzerne und die persönlichen Vorteile, das Ganze ist auch noch heftig mit Politik und Politikern gemischt. Und das sind kapitalistische Gesetze. So funktioniert er nun einmal.
Wir können also davon ausgehen, auch in Deutschland hat man weggeschaut, als es um die Sicherheitsaustattung der Atomkraftwerke ging, auch in Deutschland sind "Vorteile" geflossen für jene, die dafür sorgen, dass keine zu teuren Sicherheitsvorschriften erlassen werden und dass "verdiente Persönlichkeiten" ihren Teil abbekommen.
Wenn also bisher noch keine Gau oder Super-Gau in Deutschland vorgekommen sind, so ist das einfach Glück gewesen - alle anderen Arten von "Vorkommnissen" in den Atomkraftwerken und in den Lagern wie Asse und Gorleben sind ja schon passiert. Andauernd werden "Zwischenfälle" heruntergespielt oder gleich gar nicht erst gemeldet.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit.
Und sehen wir uns genau unser politisches System an, sehen wir uns an, wie Politiker direkt von politischen Posten in Wirtschafts-Manager-Positionen wechseln und wie Manager als Quereinsteiger in die Politik kommen. Wer würde solche Idiioten in seiner Firma haben wollen, wenn es nicht darum ginge, Konten zu begleichen.
Wir leben in keiner irgendwie gearteter Demokratie, wir leben im Kapitalismus, der absoluten Herrschaft des Finanz-Kapitals, das mit einem Parteienstaat verschwistert und verschwägert ist und gemeinsam eine Diktatur über uns ausübt.
Dies System muss weg, solange wir noch eine Chance haben zu überleben!
Aktualisierung vom 22. 04 2011 18 Uhr 43
Diese Aktualisierung passt haargenau ins Bild des Artikels: Die japanische Regierung hat jettz die Höchstbelastung an radioaktiver Strahlung für Kinder in Schulen und kindergärten auf 3,8 mikroSievert pro Stunde heraufgesetzt.
Geht man von Täglich acht Stunden aus, die Kinder dieser Strahlenstärke ausgesetzt sind, so kommt man in einem Jahr auf insgesamt 20 Millisievert, das ist genau die Jahresstrahlung, der Arbeiter in deutshcen Atomkraftwerken maximal ausgesetzt sein dürfen.
Wenn man weiss, dass kinder weit empfindlicher gegen Strahlung sind als Erwachsene, ist das ungeheuerlich.
Dies ist das Foto einer Wandzeichnung mit einem von der Krebsbehandlung gezeichneten Kind mit der Ruine von Tchernobyl im Hintergrund. Das schlimmste sind bei den Atomkatastrophen immer die hohen Zahlen der Kinder mit Krebs.
Edmund Lengfelder vom Otto Hug Strahleninstitut ist empört: "Man nimmt damit ganz bewusst zusätzliche Krebsfälle in Kauf."
Ja, so ist die Politik, so ist der Kapitalismus.
Jetzt erweist es sich als fast prophetisch, dass ich als Symbol der Katastrophe allen meinen Artikel zu Fukushima die Zeichnung nach einem Photo vorangestellt habe, in der ein kleines japanisches Kind mit dem Geigerzähler auf Strahlung untersucht wird.
Denken Sie an ihre Kinder. Wollen Sie , das sie auch eine solche Szene erleben?
Hier Links zu den anderen Artikeln im Blog im Zusammenhang mit dem Super-Gau von Fukushima
- Nur ein bisschen harmlose Radioaktivität?
- Radioaktivitätswerte dürfen nicht mehr veröffentlicht werden.
- Super-Gau Japan 3
- Fukushima – Es wird immer gruseliger
- Radioaktivität? - Alles unschädlich
- Was war der Auslöser des Fukushima-Super-Gaus?
- Strahlende Teilchen in Kanadas Trinkwasser – Fukushima 7
- Fukushima – Kernschmelze im Reaktor 4
- Fukushima – Düster, düsterer
- Streit um die Fukushima-Artikel dieses Blogs
- Nach Fukushima nun Kashiwasaki – Kariwa?
- Atomreaktor: 50 Jahre Abklingzeit
- Der Deutsche Atom-Gau
- Fukushima: Nuklear-Explosion?
- Fukushima: Vor einem neuen Ausbruch?
- Fukushima: Jetzt scheint es passiert zu sein
- Fukushima: Mein Gott, Walter
- Fukushima: Bei weitem das grösste Atomunglück aller Zeiten
- Fukushima: Jetzt hat es auch die ‚Süddeutsche‘ bemerkt
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