Schuldenbremse? Pustekuchen!
Von Karl Weiss
Da haben die Parteien der Grossen Koalition eine Grundgesetzänderung zum Schulden-Bremsen verabschiedet, aber nun stellt sich heraus, das war alles nur aus dem Fenster hinaus gesprochen. In Wirklichkeit wird schon wieder haarsträubend viel Geld ausgegeben und die Nutznießer sind wiederum nicht die gebeutelten Bundesbürger, sondern die Banken. Das neue Banken-Unterstützungsprogramm wird völlig heimlich von der EU zusammen mit den Regierungen der EU-Länder durchgezogen.
Soll die Obergrenze der Schulden trotz dieses – wie auch schon der vorherigen – Programme eingehalten werden, wird man massivst Steuern erhöhen müssen.
So hat denn der Chef des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) auch bereits eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 25 Prozent ins Gespräch gebracht. Das wäre eine Steuererhöhung, die vor allem von den wenig Verdienenden aufgebracht würde, von annähernd 40%!!!
Man hält es für selbstverständlich, dass wir über die Preise die Spitzenprofite der Banken finanzieren, damit Ackermann wieder auf 25% Rendite über Kapital kommt. Nicht umsonst wird dies Programm völlig geheim gehalten.
Hätte die FTD (Financial Times Deutschland) am Freitag nicht aufgedeckt, was da gespielt wird, wüssten wir gar nichts davon.
So werden wir über den Löffel balbiert:
Die Europäische Zentralbank EZB, bekanntlich in Frankfurt beheimatet, stellt den Banken in der Eurozone „in gigantischem Umfang billigsten Kredit zur Verfügung“ (Originalton Jahnke, ehemaliger stellvertretender Chef der Europäischen Bank für Kredit und Entwicklung, hier:
http://www.jjahnke.net/rundbr56.html#plea
), nämlich zu 1% Zinsen jährlich.
Uns wird dann vorgeschwindelt, dafür würden die Banken billige Kredite geben, um die Wirtschaftstätigkeit wieder anzukurbeln. In Wirklichkeit denken die Banken natürlich nicht daran, deshalb nun riskantere Kredite oder solche zu geringeren Zinsen zu geben als vorher. Stattdessen kaufen sie Regierungsbonds zu 4% Zins dafür und können so enorme Gewinne machen und ihre Bilanzen aufbessern.
Der Trick besteht darin, dass die EZB genau diese Regierungsbonds als Sicherheiten für die Kredite zu 1% annimmt und damit das kostbare Eigenkapital der Banken nicht angetastet werden muss.
Auf Deutsch übersetzt heißt das: Man gibt Riesensummen praktisch umsonst an die Banken und nimmt das, was die Banken damit kaufen (und weiterhin ihnen gehört), als Sicherheiten für diese Summen. Das ist das Geschäft des Jahrhunderts!
So, und jetzt kommt der wesentlichste Teil: Der Umfang, in dem mit solchem Geld Regierungsbonds gekauft wurden, beträgt 250 Mrd. Dollar!
Das ist also nicht nur das beste, nein, auch eines der größten Geschäfte des Jahrhunderts.
Und wer wird die 3% Zinsschnitt über 250 Mrd. , also 7,5 Mrd. Dollar bezahlen?
Sie natürlich! Haben Sie nicht gelesen? Mehrwertsteuer auf 25%!
Haben Sie immer noch vor, eine der westdeutschen Blockflötenparteien CDU/CSU, SPD, FDP oder Grüne zu wählen?
Na, sehen Sie!
Veröffentlicht am 4. Juni 2009 in der Berliner Umschau
Karl Weiss - 5. Jun, 00:17
Bericht von „Greenpeace“
Von Karl Weiss
„Greenpeace“ ist eine der Organisationen, die sich immer noch um die Vernichtung des Amazonas-Regenwaldes sorgen, obwohl der Rest der Menschheit anscheinend angesicht von drohendem Arbeitsplatzverlust diese Gefahr nicht mehr sehen will. Es sei nur daran erinnert: Wenn aus dem Amazonasurwald eine Steppe wird, ist ein Überleben der Menschheit, wie wir sie kennen, nicht mehr möglich.
Zur Bonner Klimakonferenz hat „Greenpeace“ einen neuen Bericht zur Vernichtung des Regenwalds im Amazonasgebiet herausgebracht. Hier einen Auszug aus dem Bericht darüber in dem interessanten Informationsportal www.jjahnke.net:
„Wälder sind ein wichtiger Kohlenstoffspeicher. Sie speichern weltweit über eineinhalbmal mehr Kohlenstoff, als sich zurzeit in unserer Atmosphäre befindet. Die Zerstörung der Wälder ist für annähernd 20 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, mehr als der weltweite Transportsektor. (...) Der Ausstoß von Methan durch die Viehzucht verursacht rund 30 Prozent der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft als Ganzes ist für circa zehn bis zwölf Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Die Treibhausgasemissionen der Produktion von Rindfleisch betragen 13 Kilogramm CO2-äquivalent pro Kilo Fleisch. Damit ist der Verzehr von einem Kilo Rindfleisch genauso klimaschädlich wie 100 Kilometer Flug pro Person.
Zwischen 2000 und 2007 wurden im brasilianischen Teil des Amazonas-Gebiets pro Jahr durchschnittlich 20.000 Quadratkilometer entwaldet. Über die Gesamtzeit entspricht das einer Fläche größer als Griechenland. Brasilien liegt an Platz vier in der Rangliste der weltweit größten Klimaverschmutzer. Rund 75 Prozent der brasilianischen Treibhausgasemissionen stammen aus Entwaldung und Landnutzungsänderung, wiederum 59 Prozent davon aus Zerstörung und Brandrodung des Regenwaldes im Amazonas-Gebiet. Rinderzucht ist die Hauptursache für die Zerstörung des Regenwalds. Seit Beginn der 70er Jahre breitet sie sich kontinuierlich aus.
In Brasilien gibt es die weltweit größte kommerzielle Rinderhaltung. Seit 2003 ist das Land der größte Rindfleisch-Exporteur der Welt (...). Rund 40 Prozent aller brasilianischen Rinder befinden sich im Amazonas-Gebiet. Eine Greenpeace-Analyse von Daten der brasilianischen Regierung zeigt, dass im Jahr 2006 80 Prozent der genutzten Fläche im „Legal Amazon" für die Rinderzucht beansprucht wurde (...).“
Eine Graphik zeigt beeindruckend, dass Rinderbestand und Regenwaldvernichtung genau parallel verlaufen. Die Anzahl der Rinder im Gebiet, das von Brasilien als „Amazónia legal“ bezeichnet wird, von dem Bericht als „Legal Amazon“, stieg von 1990 bis 2003 von 26,6 Millionen auf 64 Millionen Tiere. Die Weideflächen wuchsen zwischen 1996 und 2006 um etwa 10 Millionen Hektar, das ist so groß wie ganz Island oder auch die gesamte deutsche Waldfläche.
Unter anderem werden mehrere in Deutschland tätige Gruppen aus der Lebensmittel-Vertrieb ausdrücklich in dem Report genannt, darunter: Aldi, Lidl, Spar, Wal Mart und Kraft Foods. Deutschland ist an fünfter Stelle unter den Ländern, die brasilianisches Rindfleisch importieren, nach den USA, Großbritannien, den Niederlanden und Italien.
Der Hintergrund dieser Entwicklung ist der weiterhin ansteigende Konsum von Fleisch und spezielle Rindfleisch in den entwickelten Ländern, trotz gesundheitlicher und Klimaschutz-Bedenken.
Hier in Brasilien wird in den Berichten zum „Greenpeace“-Report vor allem die Tatsache herausgestellt, dass die Brasilianische Regierung selbst eine Art von Teilhaberschaft an diesen riesigen Rinderzucht-Farmen hat.
Über die brasilianische staatliche Entwicklungsbank BNDES wurden insgesamt 5,2 Milliarden Reais (ein Real entspricht etwa 33 Cents) den grossen Rinderfarmern zur Verfügung gestellt, die für 50% der Fleischexporte Brasiliens verantwortlich sind.
Die brasilianische Regierung hat bereits auf den Bericht reagiert und behauptet, dass man die großen Kredite der BNDES nur Farmern zur Verfügung stellt, die eine Umwelt-Lizenz haben, was ausschließen würde, dass sie Regenwald vernichten.
Tatsächlich haben alle diese Grossgrundbesitzer eine Umweltlizenz, nur wurde die gekauft, was die Regierung natürlich in Wirklichkeit weiss, genauso wie alle Hölzer aus kontrolliertem Anbau, die in Deutschland ankommen, natürlich dieses Siegel gekauft haben – was die deutsche Regierung sehr wohl weiss.
Außer den oben bereits genannten Firmen prangert der Bericht noch folgende als Aufkäufer von Leder aus den Rinderhäuten bzw. von Rindfleisch aus dem Amazonasbecken an: Adidas/Reebok, Timberland, Geox, Carrefour, Honda, Gucci, Ikea und Nike.
Veröffentlicht am 3. Juni 2009 in der Berliner Umschau
Karl Weiss - 4. Jun, 02:27
Sexuelle Folter an Kindern
Von Karl Weiss, basiert auf einem Artikel von Elmar Getto
Angesichts neuer Meldungen über Fotos von sexueller Folter in Abu Ghraib und anderen "Gefängnissen" (man sagt wohl besser Konzentrationslagern) unter US-Verantwortung im Irak muss betont werden: Sie werden unter anderem deshalb nicht veröffentlicht, weil es sich teilweise um Fotos und Videos von Folter an Kindern handelt. Journalisten bererichteten schon vor Jahren, dass im Irak unter US-Verantwortung Hunderte oder sogar Tausende von Kindern gefangen gehalten und wohl auch gefoltert würden. Hier soll deshalb noch einmal ein Ausschnitt eines Artikels von Elmar Getto veröffentlicht werden. Wenn die Frage der US-Besatzung im Irak ansteht, so ist das Unmenschlichste neben den 1 Million Ziviltoten die Folter an Kindern.
Bild eines nackt angebundenen Gefangenen in "Stresshaltung" in Abu Ghraib
Damals, kurz nachdem jene Bilder (von Abu Ghraib) um die Welt gingen, wurde bekannt, daß noch andere Bilder aus irakischen "Gefängnissen" existieren und auch Videos, die aber nicht veröffentlicht wurden.
An den Grenzen menschlicher Vorstellungskraft
Der US-Journalist Seymour Hersch gab an, sie gesehen zu haben und erklärte, es handele sich um viel weiter Gehendes, an die äußersten Grenzen menschlicher Vorstellungskraft gehende Folterbilder und -videos. Wo sind sie? Warum werden sie zurückgehalten?
Damals, im Juli 2004, der Skandal mit den bekanntgewordenen Bildern aus Abu Ghraib war gerade auf dem Höhepunkt, wurde veröffentlicht, wer die Bilder und Videos vorliegen hat:
Die US-Regierung,
das US-Repräsentantenhaus,
das Magazin „New Yorker" und
die Zeitung „Washington Post"
Bild aus Abu Ghraib eines Gefangenen in "Stress-Haltung" auf einem Hocker mit Kapuze
Bis heute, Jahre später, hat niemand von ihnen die Bilder und Videos der Öffentlichkeit zugängig gemacht.
Von der Regierung war das ja zu erwarten, denn diese Bilder beweisen, wie damals Seymour Hersch vom ‚New Yorker’ schon bemerkte, daß es sich bei den Folterfällen keineswegs um die Taten einiger weniger gehandelt hat, sondern daß Folter systematisch und auf Befehl von oben angewandt wurde - und wird.
Gefangener in AbuGhraib mit Kapuze, mit Drähten angebunden
Doch im Repräsentantenhaus - gibt es da keine Opposition? Wo ist die demokratische Partei? Offensichtlich abgetaucht! Die US-Amerikaner sind genauso wie wir einer großen Koalition von eng miteinander Verbrüderten ausgesetzt, die zwar um die Fleischtöpfe der Macht gegeneinander kämpfen, aber ansonsten bestens miteinander auskommen. [Anmerkung von 2009: Jetzt, unter einer demokratischen Regierung, bestätigt sich diese Einschätzung]
Bild eines nackten Gefangenen in Abu Ghraib, angebunden in Stresshaltung, mit seiner Unterhose über dem Kopf
Und was ist mit der Presse los, die Washington Post, die noch den Watergate-Skandal um Präsident Nixon ins Rollen bracht? Heute scheint alles gleichgeschaltet, selbst der ‚New Yorker’. Statt dessen haben die Medien von Prozessen gegen die zwei Sündenböcke von Abu Ghraib berichtet, als ob diese die Schuldigen wären und nichts offen blieb nach ihren Verurteilungen. Das waren Verdrehungen, deren sich jeder Journalist bis ins Grab schämen muß.
Das schockierendste von allem ist, daß Bush Kinder foltern ließ und läßt. Die ersten Meldungen darüber gab es in „Report Mainz" im Sommer 2004. Florian Westphal, ein Repräsentant des Internationalen Roten Kreuzes, berichtete dort, daß das Rote Kreuz bei seinen Inspektionen in den Gefängnissen der Besatzer im Irak 109 Kinder angetroffen hatten (die internationale Definition von "Kinder" ist "höchstens 14 Jahre alt").
Bild des "Berges der nackten Gefangenen mit Kapuze" aus Abu Ghraib
In der Sendung gab es auch einen Augenzeugenbericht von US-Staff Sergeant Samuel Provance, der über sexuellen Mißbrauch von Mädchen mit 15 und 16 Jahren berichtete.
Der beeindruckendste Zeugenbericht allerdings kam von Seymour Hersch, der von einem der Videos erzählt: „Dort wurden Kinder, Jungen gefoltert, indem man sie ‚sodomized’" (das ist der übliche US-Ausdruck für erzwungenen Analsex), sagte er. „Das schlimmste von allem war der Ton des Videos, wenn man die Jungen fürchterlich schrill schreien hörte. Und das ist unsere Regierung im Krieg!"
Abu Ghraib-Folterszene: Blutender, nackter Gefangener
Mütter, Väter, könnt ihr euch vorstellen, wenn das mit Euren Töchtern, mit euren Söhnen gemacht würde? Könnt ihr euch vorstellen, daß manche dort im Irak sich entschließen, ihr eigenes Leben zu opfern, um Widerstand gegen diese Besatzer zu leisten?
Dazu kommt, daß laut Aussagen von Mitgliedern des Roten Kreuz Offiziere in den Gefängnissen selbst zugegeben haben, daß zwischen 70 und 90% der Inhaftierten in den Gefängnissen „versehentlich" gefangen genommen wurden, daß heißt sie sind - selbst nach US-Einschätzung - unschuldig.
Foltertoter in Abu Ghraib
Es ist und bleibt einer der größten Medienskandale des ganzen Irak-Krieges, daß diese Tatsachen von den Medien nicht berichtet werden, daß die Bilddokumente nicht freigegeben werden, die Freigabe der Bilder und Videos nicht gefordert wird, daß man statt dessen jeweils die Versionen der US-Regierung veröffentlicht wie eine Herde von nachkäuenden Kühen.
William Rivers Pitt, ein US-Bestseller- und New-York-Times-Autor, sagte dazu: „Wer ist verantwortlich für diese Abirrungen? Kinder foltern für die Freiheit? Ist es das, zu was wir geworden sind?"
Amerkung: Die im Artikel eingestzten Bilder sind jene, die damals veröffentlicht wurden, nicht etwa jene "viel weiter gehenden".
Hier sind Links zu anderen Artikeln in diesem Blog zum Abbau von bürgerlichen Rechten in den USA:
- Kann man mit Telephon-Überwachung Terrorzellen ausheben?
- Die USA am Scheideweg: Innerhalb oder ausserhalb der zivilisierten Welt?
- USA: Faschisierung des Staatsapparates, Teil 1: Es geht gegen das eigene Volk
- USA: Faschisierung des Staatsapparates, Teil 2: 432 Millionen Dollar für ‚Internierungslager’
- Statistischer Beweis: Wahlfälschung bei den US-Präsidentschaftswahlen
- Wenn Regierungen Geiseln nehmen – Benattas, noch ein Fall von Geiselhaft
- USA: Wer Menschenrechte verteidigt, fliegt raus – CIA-Agentin entlassen
- Folter – CIA-Folterflüge und europäische Regierungen
- Anti-Terrorgesetze früher und heute – Das ‚Detainee Treatment’-Gesetz in den USA
- Wenn bürgerliche Rechte abgeschafft werden... USA – Land der Freiheit?
- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus
- Interviews mit Gunatánamo-Insassen
- USA: Erst schiessen, dann fragen – Warlord Country
- USA: Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!
- Fürchterlich schrille Schreie von gefolterten Jungen
- Gedankenpolizei
- Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für ‚Sex offenders’
- Frau in Justiz-Zelle fast verdurstet
Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur Folter:
- Profimässig foltern – wie ist das?
- Bush und Rumsfeld foltern!
- Folter – CIA-Folterflüge und europäische Regierungen
- Warum wird gefoltert?
- Die USA am Scheideweg – Innerhalb oder ausserhalb der zivilisierten Welt?
- Beine zu Brei geschlagen – Folter in Afghanistan
- Interviews mit Guantánamo-Insassen
- Wenn bürgerliche Rechte abgeschafft werden... - USA-Land der Freiheit?
- Kann man durch Folter Wahrheit erfahren?
- Fürchterlich schrille Schreie von gefolterten Jungen
- Folter, Folter ohne Ende
Karl Weiss - 29. Mai, 14:42
OECD-Studie belegt, was viele schon ahnten
Von Karl Weiss
Irgendwie hatten viele dies schon geahnt, doch nun steht es schwarz auf weiss in einer OECD-Studie: Die Geringverdiener in Deutschland werden vom Staat relativ höher belastet als die „Gutverdienenden“.
Das hängt u.a. damit zusammen, dass die höheren Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze liegen, so dass für diesen Teil des Einkommens überhaupt keine Sozialabgaben mehr anfallen. Im Ergebnis führt dies wie auch andere Ungerechtigkeiten dazu, dass ein Einzelverdiener mit 110 000 Jahresgehalt in der Quote der Abgaben genau so hoch liegt wie ein Arbeiter mit 36 500 Euro im Jahr.
Liest man die OECD – Studie, kommt man zu dem Schluss, das deutsche Steuer- und Sozialabgabensystem ist unsozial und ungerecht, wie es ein Artikel auf der Heise-Website feststellt.
Heise sagt: „Dies führt zur paradoxen Situation, dass ein Spitzenmanager prozentual weniger von seinem Bruttogehalt abführen muss als ein Geringverdiener.“
Die Beitragsbemessungsgrenzen sind aber nicht der einzige Faktor, der dazu beträgt. Eine wesentliche andere Ungerechtigkeit ist vielmehr jene, die durch die extreme Bevorzugung der Steuerklasse 3 vor der 4 und der 1 entsteht.
Ein verheiratetes Paar mit nur einem Verdiener ist in Steuerklasse 3 eingestuft und liegt extrem viel niedriger in der Besteuerung als wenn es nicht verheiratet und der Verdiener in 1 eingestuft wäre oder wenn sie den gleichen Betrag verdienten, aber beide dafür arbeiten müssten und dann beide in Steuerklasse 4 wären.
Das heißt, das längst überholte Kirchen-Modell der Frau, die am Herd bleibt und die Kinder versorgt, genannt Kinder-Kirche-Küche, wird im deutschen Steuersystem extrem bevorzugt, während das, was heute die Regel ist, nämlich die Frau arbeitet ebenfalls (jedenfalls wenn sie Arbeit findet), oder man heiratet (noch) nicht, lebt aber zusammen, vom Steuersystem bestraft wird. Die westdeutschen Blockflötenparteien CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne sind uns bis heute eine Erklärung schuldig, warum sie das nie geändert haben.
Es ist einfach nicht einzusehen, warum ein Alleinverdiener, wenn er nicht verheiratet ist, so viel mehr Steuern zahlen muss, als wenn er verheiratet ist. Soll vermieden werden, dass die Leute nicht heiraten? Warum? Geht es um die Pfründe der Anwälte bei Scheidungen, denn immerhin ist ein wesentlicher Teil der Abgeordneten Anwalt?
Warum mischt sich der Staat in so extremer Weise in das Privatleben der Menschen ein, ob sie heiraten oder einfach so zusammenleben und ob beide oder nur einer arbeitet? Was soll das bezwecken?
Tatsache ist, bereits etwa 50% der Beschäftigten sind Frauen (jedenfalls war das so vor der Krise) und der Staat bereichert sich völlig unberechtigterweise an dieser Tatsache mit jenem ungerechten Steuersystem.
Die bei weitem größte Ungerechtigkeit allerdings ist jene, die durch die völlig unterschiedliche Behandlung von Einkommen aus Arbeit und Einkommen aus Vermögen verursacht wird.
Hat jemand Einkommen aus Vermögen, das ist also jener Teil des Einkommens, den er verdient, indem er im Sessel sitzt und Däumchen dreht, wird er lediglich mit einer Abgeltungssteuer von 25% zur Beteiligung an den Staatsausgaben herangezogen (sofern er es nicht vorzieht, dies Einkommen auf den Cayman-Inseln anfallen zu lassen und 0% Steuern zahlt). Wer dagegen Einkommen aus seiner Hände Arbeit hat, wird mit hohen Steuersätzen und Sozialabgaben von bis zu 52% belegt.
Das hängt zum einen damit zusammen, dass man dem Rentier (der also nur von Zinsen lebt) keinerlei Sozialabgaben auferlegt, ohne dass es dafür irgendeine Begründung gäbe. Zum anderen steigt der Steuersatz auch nicht, wenn er noch so hohe Vermögenserträge hat, während jener mit der Arbeit einen steigenden Steuersatz bei höherem Einkommen hat.
Kann irgendjemand erklären, was denn so unterstützenswert daran ist, im Sessel zu sitzen und Däumchen zu drehen?
Nun es gibt in allen drei Kategorien jeweils noch ein bis drei Länder im OECD-Vergleich, die noch ungerechter sind, aber kein einziges von ihnen ist in allen drei Kategorien vertreten. Kurz: Deutschland ist absoluter Weltrekordhalter bei Ungerechtigkeit und Unsozialem im Steuer- und Abgaben-System. Nun fragen Sie einmal einen der Repräsentanten der westdeutschen Blockflötenparteien, wie sie sich da herausreden wollen.
Nun, sie brauchen sich nicht herausreden. Sie werden nämlich nach der nächsten Wahl wieder irgendeine Regierung unter sich ausbaldowern, denn selbst wenn nur noch 10% zur Wahl gingen, sie halten sich immer noch für legitimiert.
Wir werden sie also nicht mit unserer Wahlenthaltung oder Ungültig-Stimme beeindrucken können, sondern nur, wenn wir auf die Straße gehen. Erinnern Sie sich an die Montagsdemonstrationen damals in der DDR? Na sehen Sie!
Veröffentlicht am 27. Mai 2009 in der Berliner Umschau
Karl Weiss - 27. Mai, 14:53
“Shareholder-Value” statt Kultur
Von Karl Weiss
Das letzte “Highlight”zum Thema Deutsche Unternehmenskultur wurde soeben über die Deutsche Telekom bekannt (Meldung des Handelsblatt von Ende letzter Woche): Man hatte Detektive auf Bereichsleiter angesetzt, um deren Privatleben zu erforschen.
Über eine davon bei der kroatischen Tochter wurde berichtet, sie sei „im Bett wie eine Tigerin“. „Insider“ versuchten laut jener Meldung ein solches Vorgehen sogar noch zu rechtfertigen. Das ist deutsche Unternehmenskultur 2009. Demnächst werden sie beginnen, unsere Pubse zu zählen. Weltmeister in Unternehmenskultur ist aber zweifellos die Bahn.
Es ist kein Zufall, dass die Telekom als ehemaliges Staatsunternehmen und die Bahn als Noch-Staatsunternehmen bei der Schnüffelei und Bespitzelung besonders glänzen.
In beiden Fällen handelte es sich um Staatskonzerne mit einer Kultur, die auf Dienst am Kunden abgestellt, aber gleichzeitig für die Beschäftigten mit einem Beamtenstatus oder einem vergleichbar komfortablen Beschäftigungsverhältnis verbunden war.
So war bei beiden eine Modernisierung überfällig. Aber statt sie zu modernisierten und klug durchrationalisierten Dienstleistungskonzernen zu machen, wurden sie auf „Sharholder-Value“ getrimmt. Fast die ganze Umstrukturierung ging auf Kosten der Beschäftigten und der Kunden, während für die neuen (bzw. zukünftigen) Aktionäre Feststimmung aufkam.
Die Bahn ist für einen wesentlichen Teil des Beschäftigungsabbaus in Deutschland in den vergangenen Jahren verantwortlich (mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze). Die Verschlechterung ihrer Instandhaltung ist bereits Industrielegende. Gleichzeitig wagte man sich auf gefährliche Gleise mit der Abkehr vom Prinzip, Radsätze grundsätzlich nur aus geschmiedetem Stahl am Stück herzustellen. Das Unglück von Enschede und das gerade noch bei der Ausfahrt aus dem Kölner Hauptbahnhof verhinderte der gleichen Grössenordnung belegen: Um Vorteile für die zukünftigen Aktionäre zu erreichen, wurde sogar das Leben der Kunden riskiert. Besonders nervös macht dabei: Man hat diese Experimente nach der Katastrophe von Enschede nicht eingestellt.
Natürlich gab es innerhalb der Bahn deutliche Widerstände. Ein nicht unwesentlicher Teil nicht nur der Arbeiter und Angestellten, sondern auch der Leute in den Führungsebenen war offensichtlich nicht damit einverstanden, die Bahn zu einem reinen Dienstleitungsbetrieb für Höherverdienende zu machen und das Gross der Bevölkerung auf das Auto zu verweisen und sich ausschliesslich am Wohl der Aktionäre zu orientieren. Was Mehdorn tat, um mit diesem Problem fertig zu werden, beschreibt die „Süddeutsche“ in einem Artikel mit dem Titel "Mehdorns Trümmerhaufen" folgendermassen.
„Als wäre eine Fessel abgefallen, beginnen viele in der Konzernzentrale zu reden; ihre Berichte sind Zeugnisse der Einschüchterung, Belege für ein Klima des Misstrauens. Bahn-Mitarbeiter erzählen von Manipulationen und Mobbing, zu Hunderten wurden ihre Festplatten gefilzt und Kontakte ausgespäht. Abteilungen wie die "Konzernsicherheit" und die "Konzernrevision" schnüffelten um die Wette. Jenseits von Expansion und Börsentraum ging es anscheinend finster zu. (...) Offenbar war es einfach so, dass die Spitze des Konzerns keine Widerrede duldete. Wer fundamentale Leitlinien missachtete, insbesondere die Doktrin eines Groß-Börsengangs der Bahn samt Schienennetz, hatte in Führungspositionen nichts mehr zu suchen. Wer eine andere Meinung vertrat und diese mit anderen teilte, konnte sich der besonderen Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten gewiss sein; vielfach ersetzte Repression die Diskussion.“
Man muss davon ausgehen, dass die „Süddeutsche“ hier noch extrem diplomatisch formuliert, um sich keine Prozesse auf den Hals zu holen. Also stellen Sie sich vor, was da wirklich geschah!
Und das „Shareholder-Value“-Denken und Handeln beschränkt sich ja keineswegs auf Telekom und Bahn. Auch andere deutsche Konzere haben „die Zügel angezogen“. Dort heisst es jetzt: „Order pariert oder krepiert“! „Teamarbeit“, „Partizipative Führung“, dafür hat man nicht einmal mehr ein müdes Lächeln übrig.
Die Doktrin des „Shareholder-Value“ fordert den puren Kapitalismus in Reinkultur, ohne abfedernde Nettigkeiten. Die Besitzer sind die Alleinherrscher (dazu zählt man auch die Vorstandsvorsitzenden) und der Rest sind bestenfalls noch nützliche Idioten. Die Zeiten, in denen die Mitarbeiter angeblich als Humankapital angesehen wurden, sind Vergangenheit – falls es sie denn gegeben hat. Deutlich wird das daran, dass die grossen Unternehmen kaum noch normale Arbeitsverträge abschliessen. Zeitarbeit, Praktikantenplätze, erzwungene Teilzeit und prekäre Unter-Tarif-Plätze sind heute angesagt.
„Shareholder-Value“, oder in anderen Worten Kapitalismus, das bedeutet aber nicht nur für die Beschäftigten einen Status nahe dem von Sklaven, das heisst auch: Die Kunden sind uns schnurzegal.
Die Automobilkonzerne geben da ein gutes Beispiel: Sie geben offen zu, neue Autos nicht mehr auf Herz und Nieren zu prüfen, bevor sie herauskommen. Man wartet auf die Reklamationen und bessert dann nach. Der Schreiber dieser Zeilen ist selbst schon Opfer dieses Vorgehens geworden. Und Vielflieger, Achtung! Auch die beiden verbliebenen Verkehrsflugzeug-Konzerne bedienen sich dieser Kostensenkung.
Für den Kunden besonders deutlich wird aber die völlige Missachtung, die man ihm entgegenbringt, an den Fällen, wenn man eine Reklamation oder Auskunft am Telefon anbringen will. Die „Service-Linien“, z.B. der Betreiber von Handy-Netzen, übertreffen sich darin, den Anrufenden endlos Zahlen eingeben zu lassen, bis er es entweder aufgibt oder schon vergessen hat, was er eigentlich wollte. Kommt man nach riesigen Zahlenkolonnen am Ende wirklich an die Stelle, wo man auf einen Menschen am anderen Ende der Leitung zu hoffen beginnt, wird man mit unakzeptablen Wartezeiten konfrontiert. Hat man auch diese Hürde genommen, so sieht sich der „Überlebende“ mit Angestellten konfrontiert, die offenbar auf prekären Arbeitsplätzen sitzen, von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, anscheinend keine richtige Ausbildung genossen haben und falsche Auskünfte geben.
All dies charakterisiert den Kapitalismus als System, so wie er sich uns nun aller Kleider beraubt darbietet. Zeit, die Diktatur des Monopolkapitals zu beenden.
Veröffentlicht am 26. Mai 2009 in der Berliner Umschau
Karl Weiss - 26. Mai, 16:13
15,2% Rückgang (auf Jahr gerechnet) im ersten Quartal
Von Karl Weiss
Das deutsche Brutto-Inlandsprodukt (BIP) ist im ersten Quartal 2009 um weitere 3,8% gegenüber dem bereits desaströsen 4.Quartal 2008 eingebrochen, was gegenüber dem Vorjahresquartal eine Verminderung von 6,9% bedeutet. Aufs Jahr umgerechnet würde das einen Fall ins Bodenlose von 15,2% bedeuten. Das ist eine Katastrophe.
Alle versuchen diese Zahlen zu verharmlosen, damit dem deutschen Michel vor der Wahl noch nicht die Tiefe der Krise bewusst wird. Da wird behauptet, das sei nur so schlecht, weil da im Ausland die Zahlen so schlecht sind und auf Deutschland ausstrahlen. Da wird behauptet, die Kreditkrise und Finanzkrise hätten damit etwas zu tun. Da wird gesagt, angesichts des leichten Rückgangs der Steilheit des Absturzes im April sei das bereits überholt. Die Krise sei bereits zu Ende. Doch das alles ist nichts als Schönreden. Man will heil bis zu den Wahlen kommen.
In Wirklichkeit sind diese Zahlen die Wahrheit. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass schnell ein Aufschwung einsetzen könnte, auch wenn der Abschwung natürlich nicht ewig in der gleichen Geschwindigkeit weitergehen kann. Aber auch, wenn der Tiefpunkt bereits erreicht wäre und keine zweite Welle von Einbrüchen käme (die kommt aber wahrscheinlich), wäre dies bereits die Katastrophe.
Tatsache ist, diese Krise ist hauptsächlich eine Krise des deutschen Binnenmarktes. Der war bereits seit langem am Schrumpfen, was aber durch monatlich neue Rekordmarken des Exports eine Zeit lang verschleiert werden konnte. Nun, der Einbruch im Export musste irgendwann kommen, das wusste jeder. Die anderen Länder lassen nicht auf Dauer und in so extremem Umfang ihre Arbeitsplätze nach Deutschland verlagern – und nichts anderes ist das Stützen allein auf den Export.
Nun sind die Länder mit den höchsten Exportanteilen am Brutto-Inlandsprodukt, Japan und Deutschland, am meisten von der Krise betroffen. Auch das war für vernünftige Menschen vorhersehbar. Aber Politiker und Ökonomen sind ja keine vernünftige Menschen, oder?
Deutschland ist einsamer Weltmeister im Reallohnabbau, belegt diese Graphik. Wer soll mit ständig sinkenden Reallöhnen all die immer grösser werdende Produktion kaufen?
Wer den Inlandskonsum gewaltsam abgewürgt hat, mit Hartz IV, mit den Ein–Euro-Jobs, mit der Freigabe der Zeitarbeit, die jederzeit Entlassbare schuf, mit der Weigerung, einen Mindestlohn festzulegen, mit der konsequenten Abbau der Reallöhne, mit dem Abziehen von Zehntausenden aus dem Schutz der Tarifverträge, mit der berühmten Flexibilisierung, wer dies alles durchsetzte, der ist heute der Hauptverantwortliche für die Tiefe der Krise in Deutschland. Das hat nichts mit den Bankern zu tun, die Roulette gespielt haben und nichts mit den den Sub-Prime–Hypotheken, das ist deutsche Krise hausgemacht!
Also sprechen wir Klartext: Das ist vor allem Herr Schröder mit der ganzen SPD und mit den dazugehörigen rechten SPD-Gewerkschaftsführern, zusammen mit den grünen Steigbügelhaltern, die heute nichts mehr von ihrer Verantwortung wissen wollen.
Da sind als zweites die Herren Ober-Wirtschaftswissenschaftler, die berühmten wirtschaftswissenschaftlichen Institute, die vier Weisen, das Ifo mit dem bekannten Herrn Sinn und die Heerscharen von superschlauen Wirtschaftsjournalisten, die heute ganz unschuldig dreinschauen. Sie, die es hätten besser wissen können, die sehr wohl wissen, dass ein Markt mit sinkender Nachfrage in die Krise führt, sie hätten all dies vorhersehen können und gegensteuern, doch sie haben im Auftrag ihrer Herren, der Monopolkapitalisten, die Geschichte von der Flexibilisierung erzählt, die Arbeitsplätze schaffen würde, vom Standort Deutschland, der auf Niedriglöhne und Export und nicht auf Binnenmarkt setzen müsse, die Geschichte vom Lohnverzicht, der Arbeitsplätze schüfe und das Märchen vom „über-die-Verhältnisse-gelebt“, während in Wirklichkeit der gesamte Umfang der steil steigenden Produktivität an die Superreichen ging, die damit die Spielhöllen betrieben, die heute geplatzt sind.
Diese Graphik macht deutlich: bereits seit 2002 steigt die Produktivität deutlich an, doch das führt ausschliesslich zu explosionsartig steigenden Vermögenseinkommen. Der Reallohn steigt nicht und ab Januar 2005 (Hartz IV) geht er deutlich zurück.
Und das sind als drittes die CDU/CSU und FDP, die alle diese Politiken schon früher gefordert hatten, nur mussten sie warten, bis ein SPD-Kanzler sie umsetzt, was sie zu Triumphgeheul veranlasste: „Wir haben es doch immer schon gesagt!“
Und, was wichtiger ist, als nur die Verantwortlichen beim Namen zu nennen: Niemand von ihnen hat jetzt, in der Krise, eingesehen, was sie falsch gemacht haben, im Gegenteil, sie schwafeln von den Bankern, welche die Krise verschuldet hätten, vom Ausland, das so bösartig ist, die deutschen Produkte nicht mehr zu kaufen und davon, das man das jetzt durchstehen müsse und dann müsse man genauso weitermachen. Originalton Merkel: "...und das wollen wir auch nicht ändern.“.
Deutschland: Einzelhandelsumsatz 2006 bis 2008 mit Trendlinie. Hier kann man es genau sehen: Die Leute hatten schon seit Jahren immer weniger zum Ausgeben.
Viele in Deutschland hoffen immer noch, die Krise werde hier gar nicht so richtig ankommen, werde kurz sein und dann werde alles wieder gut. Doch man kann diesen Zeitgenossen heute sagen: Minus 15,2% ist eine Katastrophe und wenn das heute am Arbeitsmarkt noch nicht in katastrophaler Weise angekommen ist, dann nur weil – wie die FTD schrieb – die Politik die Bosse anfleht, mit den großen Entlassungswellen bis zu den Wahlen im September zu warten. Doch am Tag nach den Wahlen ist Armageddon in Deutschland, dann werden sich die Schleusen öffnen und alle, die noch Hoffnung hatten, werden sie fahren lassen müssen. Dann heisst es nur noch: Hinnehmen und untergehen oder kämpfen um jeden Zentimeter!
Veröffentlicht am 25. Mai 2009 in der Berliner Umschau
Karl Weiss - 25. Mai, 13:49
Bundesregierung boykottierte letzten Monat die Anti-Rassismus-Konferenz der UN
Von Karl Weiss
Originalveröffentlichung
Fast möchte man meinen, Rassismus gegen Dunkelhäutige sei ausgestorben. Ist nicht der US-Präsident eine schwarz-weiss-Mischung? Sieht man allerdings, wie die afrikanischen Länder von den internationalen Kreditorganisationen Weltbank und IWF behandelt werden, dann kommen schon die ersten Zweifel. Nun aber scheint die deutsche Bundesregierung in aller Offenheit das Visier heruntergelassen und rassistische Vorschriften erlassen zu haben.
Die Bundesregierung, in Person des Finanzministers Steinbrück, SPD seines Zeichens, hat anscheinend eine Verordnung erlassen, dass die verbliebenen Kontrollen an Schengen-Grenzen (oder nur an der letzhin geöffneten Grenze zur Schweiz?) auf Dunkelhäutige konzentriert werden sollen.
Wie hier:
http://www.steinbergrecherche.com/sozialdemokraten.htm#Steinbrueck dokumentiert, wurde an der Deutsch-Schweizer Grenze in einem ICE in einem Abteil nur der einzige Dunkelhäutige nach dem Pass gefragt und ob er Waren zu verzollen habe. Nach Angaben des Ober-Zöllners auf Anweisung. Chef des deutschen Zoll ist Finanzminister Steinbrück.
Es handelte sich im genannten Fall um einen Kanadier, dessen Vorfahren aus Nepal stammten.
Sozialdemokratischer Rassismus.
Jetzt bekommt die Weigerung der Bundesregierung, an der Anti-Rassismus-Konferenz der UN letzten Monat teilzunehmen, ein ganz besonderes „Geschmäckle“, wie man im Südwesten der Bundesrepublik zu sagen pflegt. Zwar schob man zusammen mit den USA, den Niederlanden und Israel andere Gründe vor, aber es wird deutlich, man ist wirklich gegen Anti-Rassismus.
Karl Weiss - 24. Mai, 01:02
Interessante Voraussagen eines Analysten
Von Karl Weiss
Wenn man die Kolumne des Analysten Wolfgang Münchau in der „Financial Times Deutschland“ (FTD) liest, kann man sich immer auf deftig vorgetragenen Klartext einstellen. Diesmal (6.5.09) erklärt er ohne Umschweife: „Die deutsche Autobranche ist dem Untergang geweiht. Die Politik zögert ihren Tod nur künstlich hinaus."
Er konstatiert: Autos, die 50.000 bis 100.000 Euro kosten, werden auch in Zukunft noch Abnehmer finden, aber in so geringer Zahl, dass dies zum Nischenmarkt wird. Da weder Mercedes noch BMW noch Audi, geschweige denn Porsche, in den preislich darunter liegenden Marktbereichen besonders interessante Autos anzubieten haben, denen zudem nicht selten gleichwertige billigere Modelle entgegenstehen, wäre das die Vorhersage von klammen Zeiten in München, Stuttgart, Heilbronn, Ingolstadt und so weiter.
Allerdings sagt er nicht klar, woran das liegt. Er schreibt eher nebulös: „Die Zukunft der industriellen Massenproduktion von Fahrzeugen liegt aber woanders: Beim Tata Nano und seinen Brüdern, wie auch immer sie heißen mögen...“
Allerdings muss er auch zugeben, dass die EU so billige Kleinwagen wie den Tata Nano irgendwie von Binnen-Markt fernhalten wird.
Was er impliziert, aber nicht sagt: Die Einkommen in Europa werden sowohl von der Zahl der Einkommenempfänger als auch von ihrer Höhe deutlich schrumpfen, da wird nicht viel für den Hochpreismarkt übrigbleiben. Hören wir genau hin, was diese Leute sagen: Sie wollen unsere Einkommen noch einmal massiv absenken!
„Familienkutschen“, so sagt er, werden ausser dem Tata Nano noch gebraucht werden. Aber er sieht keine Möglichkeit, so etwas auf Dauer in Deutschland zu produzieren. Warum, sagt er wieder nicht. Ob er vielleicht immer noch das Märchen von den hohen Löhnen in Deutschland glaubt? Kann ja wohl nicht wahr sein.
Die Lohnstückkosten in Deutschland lagen immer bestenfalls im Mittelfeld der grossen Industrieländer – und das ist das einzige, was den Unternehmer interessiert. Lohnvergleiche in Währungsumrechnungen sind so relevant wie die berühmte Tür auf dem Mond, die zufällt.
Heute allerdings sind die Lohnstückkosten auf einem Wert unter allen anderen grossen Industrieländern gefallen – das vergisst Münchau zu erwähnen. In welchem Land sollen also die Familienkutschen hergestellt werden?
Kurz: Die Alarmglocke schrillte zu früh. Zwar werden die Luxusauto-Hersteller (nicht die wirklichen, wie Rolls-Royce, sondern die Hersteller mittlerer Luxusautos wie Mercedes, BMW und Audi) gewaltig an Umsätzen einbüssen, aber das wird noch nicht das Ende der Automobilindustrie sein.
Das wird erst kommen, wenn wir im Sozialismus sein werden und entscheiden, die Anzahl von Unfalltoten ist unmenschlich und kann nicht mehr hingenommen werden und wir werden im Laufe von vielen Jahrzehnten den gesamten Transport auf Schienen- und /oder Magnetschienen-gebundene Fahrzeuge umstellen.
Veröffentlicht am 22. Mai 2009 in der Berliner Umschau
Karl Weiss - 22. Mai, 14:22
Wie Frühverrentungen zum Niedergang führen können
Von Elmar Getto
Dieser Artikel wurde am 27.07.05 in der "Berliner Umschau" (damals noch "Rbi-aktuell") veröffentlicht. Er ist ein wichtiges Dokument, denn die heutige Krise ist nicht vom Himmel gefallen. Sie hat lang zurückreichende Ursachen. Die hier dargelegte Politik, der wahnwitzige Personalabbau um seiner selbst willen und die Frühverrentungen in kaum glaublichem Ausmass (die auch mit der Rentenkasse und der Arbeitslosenkasse aufräumten) sind ein wesentlicher Teil des Abbaus der Kaufkraft Deutscher Arbeitnehmer, die jetzt die wesentliche Krisenursache darstellt.(Anmerkung von 2009)
Im folgenden werden die Aussagen des (ehemaligen) Personalchefs einer größeren deutschen Firma wiedergegeben, die er in einem Interview mit Rbi-aktuell machte. Er besteht aus naheliegenden Gründen auf absoluter Anonymität. Wir haben darum auch Teile der Aussagen, die Rückschlüsse auf die Firma zulassen könnten, in der er arbeitete, weggelassen. Auch ohne sie ergibt sich ein eindrucksvolles Bild der ‚Fähigkeiten’ deutscher Spitzenmanager.
„Es begann Anfang der 80er-Jahre. Die Firma war erfolgreich, aber man konnte nicht die geplanten Steigerungsraten in Absatz und Umsatz erreichen, auch der Jahresgewinn vor Steuern nahm nicht mehr zu. (...)
Man hatte bereits seit Jahren einen großen Teil der Investitionen bei den Auslandsgesellschaften gemacht und für ...[neue Fabriken in Übersee] verwendet. Die Investitionen im deutschen Mutterhaus wurden nun praktisch ausschließlich für Rationalisierungsmaßnahmen und zur Automation verwendet.
Bereits seit 1979 gab es einen allgemeinen Einstellungsstop. Stellenausschreibungen mußten ausnahmslos vom Vorstand genehmigt werden – und der genehmigte so gut wie keine. 1982 begannen die ersten Entlassungen. Man hatte alle Abteilungsleiter angewiesen, die bekannten „Minderleister“ zu entlassen.
Wir in der Personalabteilung mußten diese als personenbedingte Entlassungen tarnen. Wir begannen Abmahnungen zu verteilen und dann – in angemessenem Zeitabstand – die Entlassung auszusprechen. Das wurde allerdings relativ teuer, denn fast alle gingen vor Gericht und erreichten einen Vergleich mit Zahlung einer Abfindung, die fast immer dem Lohn von mehreren Jahren entsprach. Es gab also keine kurzfristige Kostenentlastung – im Gegenteil. (...)
In diesen Jahren war immer mehr und mehr von Kostensenkung die Rede. Wir pflegten zu sagen, wir produzieren nicht mehr (...), sondern Kostensenkungen.
In jener Zeit war unser Lohnkostenanteil an den Gesamtkosten bereits auf 32% gesunken. Das paßte aber meinem Chef, dem Zuständigen im Vorstand für Personal und Entwicklung, nicht. Er wies mich an, eine andere Rechnung aufzumachen, in der ich den gesamten Anteil der Abschreibungen und der Zinsen aus den Kosten herausnahm und dann den Lohn- und Gehaltskostenanteil (einschließlich Sozialleistungen) an den „laufenden Kosten“ ermittelte. Da kamen wir damals immerhin noch auf 51%. (...)
Bei dieser Geschichte wurde auch deutlich, wie wenig unser Vorstand ein kollegiales Gremium war, wie wenig abgesprochen wurde und wie viele Intrigen dort gesponnen wurden. Etwa ein-einhalb Jahre danach wurde ich nämlich zu einer hochnotpeinlichen Befragung bei einigen Vorstandsmitgliedern vorgeladen. Sie wollten wissen, warum wir so deutlich höhere Personalkosten hatten als unsere Konkurrenten. Wir mit 51%, jene mit annähernd 30%. Ich erklärte, daß wir anders rechneten und daß dies auf Anordnung des Personal- und Entwicklungsvorstandes geschah. Kurz danach wurde jenes Vorstandsmitglied „auf eigenen Wunsch“ von seinen Aufgaben entbunden und ein junger Jurist wurde nun mein neuer Chef, der sich einen Sport daraus machte, ausschließlich im Befehlston mit mir zu sprechen.
Die nächsten Entlassungen bereiteten wir besser vor. Der Vorstand hatte uns aufgetragen, eine mindestens 3% des Personals umfassende Entlassungs-Kampagne zu planen. Wir beriefen also eine Sitzung mit dem Betriebsratsvorsitzenden und seinem Stellvertreter ein und erklärten, warum aus betriebsbedingten Gründen diese Entlassungen notwendig seinen. Die beiden erklärten uns, ihnen gehe es darum, solche Entlassungen ‚sozialverträglich’ zu gestalten und schlugen vor, eine Frühverrentungsaktion zu starten, die bis zu dem Lebensalter ginge, bei dem die 3% erreicht würden. Man bestehe aber darauf, daß wir zunächst das Ganze auf einer Betriebsversammlung als Entlassungen ankündigen.
Und so funktionierte es. Auf der Betriebsversammlung traten Betriebsratsmitglieder auf und schimpften schrecklich. Danach war die Belegschaft wegen anstehender Entlassungen verunsichert. Wir gaben vor, tagelang mit dem Betriebsrat zu verhandeln. Dann gab der Betriebsrat ein Rundschreiben heraus, er hätte in ‚zähen Verhandlungen’ die Entlassungen in eine „Frühpensionierung“ umwandeln können. Das sei ‚sozialverträglich’. Es würden lediglich jene betroffen sein, die 59 und älter seien. Auch werde das Ganze auf freiwilliger Grundlage ablaufen.
Dann begannen wir, alle ab 59 einzeln in die Personalabteilung vorzuladen und ihnen die Vorteile der Regelung anzupreisen. Sie würden offiziell erst mit 65 in Rente gehen, also keine Abstriche an der Rente hinnehmen müssen. Für die Übergangszeit bis dahin erhielten sie einen monatlichen „Frührente“-Betrag, der etwa in der Höhe ihrer späteren Rente lag, die wir jedem einzelnen vorrechneten. Dieser Betrag wurde zum Teil von der Bundesanstalt für Arbeit, zum Teil von den Rentenversicherungsträgern übernommen. Wir zahlten lediglich einige ‚peanuts’.
Fast alle nahmen das Angebot an. Eine kleine Anzahl an Ablehnungen hatten wir schon eingerechnet, sonst hätten wir das Anfangsalter auf 60 legen können. So aber erreichten wir sogar ein wenig mehr als die 3%. Das Ganze kostete fast nichts, wir hatten die Lohnkosten deutlich gesenkt und die erschrockene Belegschaft arbeitete locker für die drei Prozent mit. Allein die Senkung des Krankenstandes aufgrund des „Entlassungs“-Schocks und der Anstieg von freiwilligen unbezahlten Überstunden waren so bedeutend, daß wir hinterher mehr geleistete Arbeitsstunden hatten als vorher.
Etwa ab diesem Zeitpunkt begannen wir auch die Ausbildung herunterzufahren. Wir waren traditionell einer der großen Ausbildungsbetriebe der ganzen Region gewesen. Wir hatten sogar ein Lehrlingswohnheim für Lehrlinge aus den entlegenen Regionen der (...), das nun geschlossen wurde. Die Zahl der Ausbildungsplätze wurde zunächst um etwa 20% verringert und wir begannen jedes Jahr erneut eine Prozentzahl der Übernahmen nach der Lehre festzulegen, die nun nie mehr 100% erreichte.
Das war zu jener Zeit, als sich eine Gruppe von „Linksaußen“ in unserer Fabrik zusammengetan hatte und begann, Flugblätter an den Eingangstoren zu verteilen. Sie griffen den Betriebsrat an, daß er dem Abbau von Arbeitsplätzen ohne Kampf zugestimmt hatte, forderten die Übernahme aller Auszubildenden und ähnliches. Zuerst ließen wir sie einfach links liegen. Wir identifizierten lediglich die Flugblattverteiler, alles Studenten aus (...).
Bei den nächsten Betriebsratswahlen stellte die Gruppe eine Oppositionsliste gegen die Liste der [Name der DGB-Gewerkschaft] auf. Alle wurden aus der Gewerkschaft ausgeschlossen. Sie erhielten auch einen Betriebsratssitz. Allerdings hatten wir nun die vollständige Liste aller Mitglieder und konnten sie versetzen, so daß sie weit entfernt voneinander arbeiteten und sie unter spezielle Überwachung stellen, so daß ihnen Kontakte während der Arbeitszeit erschwert wurden. Wir schickten auch Leute zu ihren Treffen. Dort wurde klar, daß sie nie über zwei oder drei Leute aus dem Betrieb als „Sympatisanten“ hinauskamen, die sie versuchten, zum Beitritt zu ihrem Klub zu überreden. Und davon war einer noch „unser“ Mann.
Im Laufe der Zeit gelang es uns, alle aus dem Betrieb zu entfernen. Der Betriebsrat half uns dabei, denn man wollte auch keine unliebsamen Kritiker. Fast alle wurden personenbedingt entlassen. Wenn ein Meister z.B. ein Fehlverhalten bezeugte, gab es wenig zu deuteln an diesen Entlassungen. Einer z.B. hatte sich für einen Gang zum Betriebsrat abgemeldet, aber die Betriebsräte bestätigten, daß er nicht im Büro bei ihnen war. Wupps, war er draußen. Da wir diese Entlassungen über eine Anzahl von Jahren hinzogen, gelang es ihnen auch nie, eine Bewegung dagegen zu entfachen. (...)
Zwei Jahre nach der ersten Entlassungswelle über Frühpensionierungen war der Appetit des Vorstands auf eine neue Aktion dieser Art geweckt. Zwar gab es keinerlei Probleme mit den Steigerungsraten des Absatzes und auch der Gewinn war hervorragend, aber der Vorstand meinte, er könne höher sein. Diesmal mußten wir etwas erfinden, um die neue Welle der Frühpensionierungen zu „verkaufen“. Erneut „schluckten“ es aber sowohl die Älteren, die in Frührente gingen, als auch die Belegschaft und der Betriebsrat.
Die „Linken“, zu diesem Zeitpunkt noch im Unternehmen, versuchten eine Abwehrfront aufzubauen, aber es gelang ihnen nicht. Die Argumentation des Betriebsrates, nur so könnten betriebsbedingte Entlassungen verhindert werden, setzte sich durch.
Diesmal hatten wir die Altersgrenze auf 58 Jahre gelegt. Dadurch kamen die beiden Jahrgänge, die schon wieder hineingewachsen waren und ein weiterer Jahrgang in den Bereich der Frühpensionierung. Das waren zu diesem Zeitpunkt fast 4% der Belegschaft, die so hinausbefördert werden konnten.
Diesmal waren die Bedingungen für die Frührentner schon nicht mehr so günstig wie bei der ersten Aktion, doch die Früpensionierten hatten sich nicht alles durchgelesen und bemerkten es erst hinterher. Für uns war wiederum wesentlich, daß wir die Übergangszahlungen fast völlig auf die Rentenkassen und Arbeitslosenkassen abwälzen konnten. Wiederum klappte es im wesentlichen, daß der Rest der Belegschaft deren Arbeit mitmachte, wenn es auch zu einzelnen Reklamationen kam.
Dann kamen die neunziger Jahre. (...) Nun hatten wir auch einen Standort im Osten. Jede neue Produktionslinie wurde nun ausgeschrieben, ob man sie in [Ausland], im Osten oder im Mutterwerk ansiedelt. Alle mußten Kosten senken oder es wurde wieder mit Entlassungen gedroht. (...)
Das waren die großen Zeiten der Flexibilisierung. Wir konnten weitgehend die Überstundenzuschläge abschaffen. Das ergab deutliche Einsparungen. Die Produktionsarbeiter bekamen Stundenkonten, auf die ihre Überstunden kamen und wenn die Konten bis an die Grenze voll waren, akzeptierten die meisten weitere Überstunden, die dann verfielen. Auch dieser Effekt ergab Kosteneinsparungen. Zusammen mit den Automatisierungen konnten wir jetzt die Personalkosten auf 28% senken.
Dann kam die Öffnungsklausel im Tarifvertrag für „notleidende“ Unternehmen, die es erlaubte, den Samstag als Regelarbeitstag einzuführen und jegliche Zuschläge für Samstagsarbeit abschaffte. Es gelang uns, eine scheinbare „Notsituation“ im Mutterwerk zu simulieren, indem Mittel in den Osten verlagert wurden und schon fielen auch die Zuschläge für Samstagsarbeit weg.
Bei jeder der Tariferhöhungen rechneten wir nun auch unsere übertarifliche Leistungen an, so daß bis etwa zum Jahr 2000 solche Leistungen zur extremen Ausnahme geworden waren. Wir zahlten nun puren Tarif. So schafften wir es, unseren Personalkostenanteil bis dahin auf etwa 25% der Gesamtkosten zu reduzieren. (...)
Die Gerüchte über anstehende Entlassungen wurden nun die Regel. Im Werk im Osten wurde geflüstert, es würden Produktionen ins Ausland verlegt, im Mutterhaus, sie würden in den Osten verlegt. Die Drohung, in den Osten umziehen zu müssen, wirkte fast so gut wie die Entlassungsdrohung. (...)
Nun wurden in beiden Werken regelmäßig Frühverrentungen durchgeführt. Allerdings waren nun die Bedingungen für die Frührentner deutlich ungünstiger. Nach der vorherigen Frühverrentungsaktion waren die Kandidaten schon deutlich vorgewarnt, denn eine große Zahl der Frührentner vom letzten Mal hatte gedacht, die gleichen Bedingungen wie die ersten zu bekommen, bekam sie aber nicht.
Jetzt waren alle sehr skeptisch und fanden bald heraus, daß die Zeit bis zur Verrentung mit einem geringen Zuschuß überbrückt werden mußte und zusätzlich auch noch mit 63 oder bei Frauen mit 58 in Rente gegangen werden mußte und damit ein deutlicher Abschlag an der Rente hinzunehmen war. Diesmal bekamen wir nicht genug Freiwillige zusammen, obwohl wir diesmal die Aktion für alle ab 56 geöffnet hatten. Wir mußten eine Zwangs-Frühverrentung durchführen, was eine Menge mehr Arbeit bedeutet.
Nach dieser neuen Verrentungsaktion gab es erste Schwierigkeiten an einigen Stellen in der Produktion und im Lager und Versand. Es fehlten erfahrene Kräfte, die schon fast jeden Typ von Problemen erlebt hatten und wußten, wie zu reagieren war. Die Verbliebenen hatten außerdem nicht mehr die absolute Identifizierung mit der Firma, wie sie früher unsere Belegschaft ausgezeichnet hatte. Wenn man unter der ständigen Drohung von Entlassung steht, hebt das nicht die Arbeitsmoral. Die nun deutlich verjüngte Belegschaft ließ einige Male voraussehbare Fehlleistungen oder Unfälle sehenden Auges geschehen, weil – wie einer sich ausdrückte – „sollen die doch den Karren an die Wand fahren“. (...)
Diesmal konnten wir von der Frühverrentungsaktion nur geringfügig mit verringerten Kosten profitieren, denn den verringerten Personalkosten standen Anstiege anderer Kosten gegenüber. (...)
Zwar wurden die Fehlzeiten deutlich verringert wegen der ständigen Angst vor Entlassung, aber gleichzeitig gingen Genauigkeit und Arbeitsgeschwindigkeit zurück.
Auch im Osten machten wir eine Frühverrentungsaktion, die dort besser angenommen wurde, so daß wir dort bei der Freiwilligkeit bleiben konnten. Auch war die Arbeitsmoral dort besser, so daß wir eine Anzahl neuer Produktionslinien dorthin legten. Damit waren aber im Mutterwerk erneut Maßnahmen zum Personalabbau angesagt. Wir offerierten für Freiwillige die Übersiedlung in den Osten, das nahmen aber nur 9 Arbeiter an. Damit mußte nun schon die vierte Frühverrentung angesetzt werden, zu erneut verschlechterten Bedingungen. Diesmal setzten wir das Mindestalter auf 50 Jahre und planten das Ganze von Anfang an als Zwangs-Frühverrentung.
Der Vorstand hatte diesmal nicht die Frühverrentung vorgeschlagen, sondern die Summe genannt, die an Personalkosten eingespart werden sollte. Wir hatten nun einen deutlich verjüngten Vorstand (der nun fast ohne Fachleute auskam und im wesentlichen von Juristen und Betriebswirtschaftlern gebildet wurde), der den einzelnen Werksbereichen nun jährlich Vorgaben gab, die bis Ende des Jahres erreicht werden mußten. Für uns in der Personalabteilung waren das nun Personalkostenverringerungen.
Ich hatte im Gespräch mit dem für mich zuständigen Vorstandsmitglied darauf hingewiesen, daß meine Vorgabe nur mit massiver Personalabbau umgesetzt werden könnte und dies voraussichtlich zu Engpässen in Produktion, Vertrieb, Lager und Auslieferung führen würde. Auch die Instandhaltung würde wohl über alle Maßen ausgedünnt – speziell, wenn der Abbau wieder über Frühverrentungen abgewickelt würde.
Er beschied mir aber kühl, ich solle mich nicht um Bereiche außerhalb meiner Verantwortung kümmern, das müsse ich dem Vorstand überlassen. Wenn eine weitere Frühverrentungsaktion nachteilig sei, dann könne ich ja eine „einfache“ betriebliche Entlassungsaktion ansetzen. Die Gespräche mit dem Betriebsratsvorsitzenden ergaben aber, daß er Entlassungen quer durch die Abteilungen anhand von durch die Abteilungsleiter zu erstellenden Listen, wie ich sie als Alternativkonzept vorgesehen hatte, für ihn nicht akzeptierbar waren.
Er sagte mir, daß wir dem Betriebsrat immer einen Spielraum für gewisse „Verbesserungen“ lassen müßten, sonst könne der Betriebsrat und die Gewerkschaft nicht mehr garantieren, daß die Arbeiter im Betrieb still hielten, die sowieso schon eine ziemliche Wut im Bauch hätten. Konkret hieß das, ich kündigte die Entlassungsaktion an, die in diesem Fall 10% der Belegschaft betreffen sollte – und der Betriebsrat würde dann in „zähen Verhandlungen“ mit mir das Schlimmste abwenden und die Aktion in eine Frühverrentung umwandeln können. So geschah es.
So wurden praktisch alle, die 50 und mehr Jahre alt waren, aus der Firma in die Frührente abgeschoben. Die Abteilungsleiter standen Schlange bei mir, um zu protestieren, aber ich verwies sie alle auf den Vorstand – der sie dann wieder an mich verwies. (...)
Für jenes Jahr wurde dann auch eine generelle Nichtübernahme verkündet. Die Ausbildungsplätze waren zu diesem Zeitpunkt bereits auf 40% unseres früheren Standes zusammengestrichen worden. (...)
Tatsache war, daß nach dieser vierten und bei weitem größten Frühverrentungsaktion wirklich ernste Probleme in den schon genannten Bereichen auftraten.
Speziell die Instandhaltung war von der „Ausdünnung“ betroffen. Da die speziellen Probleme der Instandhaltung an keiner Hochschule gelehrt werden, waren hier die erfahrenen Mitarbeiter unersetzlich. Die Kenntnis von Hunderten von „Tricks“, die erfahrenen Instandhalter anwenden, waren mit den älteren Mitarbeitern verschwunden. Die Verbliebenen wußten zwar die Theorie, die Praxis ist aber weit vielfältiger. Das Ergebnis waren deutliche Anstiege an Ausfällen von Maschinen und Anlagen mit extrem kostenintensiven Ausfällen von Produktion und mit teuren und langandauernden Reparatureinsätzen, die von außerhalb zugekauft werden mußten.
Aber auch die Produktion als solche hatte nun Mängelrügen, Fehlchargen und andere kostspielige Ausfälle in einer weit höheren Anzahl als zuvor. Die vorher üblichen Maßnahmen, solche Ausfälle hereinzuarbeiten, klappten nicht mehr. Die Leistung der Arbeiter pro Stunde nahm ab statt zu. Andauernd standen Leute ohne Arbeit in den Hallen herum, weil technische Mängel aufgetreten waren. Die Meister, die vorher geschworen hatten, sie hätten alles im Griff, mußten nun zugeben, daß die erfahrenen Mitarbeiter, die oft wußten, was zu tun war, nicht so ohne weiteres ersetzt werden können. Viele Probleme hatten die Arbeiter und Vorarbeiter vorher selbst gelöst, ohne daß der Meister auch nur davon erfuhr. Nun waren die entscheidenden älteren und erfahrenen Vorarbeiter nicht mehr da.
Ähnliches galt für den Vertrieb, das Lager und die Auslieferung. Als die Abteilungsleiter merkten, daß sie plötzlich deutlich angestiegene Kosten in ihren Abteilungen hatten, versuchten sie, mit der Einführung striktester Regeln und ständigen Überwachungen dagegen vorzugehen. Aber das war die „falsche Medizin“. Es handelte sich nicht um die Folge von Undiszipliniertheiten, sondern um mangelnde Erfahrung. Nun fühlten sich die Verbliebenen auch zusätzlich noch nicht genügend respektiert, was erneut die Arbeitsmoral verschlechterte. Der vorher schon erwähnte Effekt des „laß sie es doch an die Wand fahren“ wurde so noch verstärkt und die Kosten stiegen noch mehr.
Das Jahr 1998 war dann ein gespanntes Jahr mit andauernden Krisensitzungen. Die Kosten waren höher als bei der Konkurrenz, das machte sich bemerkbar : Der Absatz stagnierte. Der Vorstand versuchte verzweifelt herauszufinden, was eigentlich die gestiegenen Kosten verursacht, war aber dabei auf der Suche nach Sündenböcken und nicht den wirklichen Ursachen. Ich wies mehrmals in solchen Sitzungen darauf hin, was wirklich vorgefallen war, aber der Vorstand wollte das nicht wahrhaben, denn damit hätte er seine eigene Verantwortung zugestanden.
Im Jahr 1999 zischelte mir sogar einer der Vorstände einmal zu, ich solle mich in Acht nehmen mit solchen Vorwürfen. Wie zu erwarten, wurde mir für Ende des Jahrtausends eine Frühverrentung verpaßt, angeblich zum 60. Geburtstag, aber ich wurde erst im Jahre 2000 Sechzig.
Noch im Jahre 99, ich hatte bereits eine schöne Übergangszahlung für die fünfeinhalb Jahre bis zur Rente im Vertrag, wechselte der Besitzer der Firma. (...)
Offenbar war es nicht verborgen geblieben, daß die Firma mit höheren Kosten als die Konkurrenz arbeitete und jemand glaubte, mit seinen Patentrezepten die Firma wieder auf Kurs bringen zu können und dann mit Gewinn wieder zu verscherbeln.
Es wurde in gigantischem Ausmaß in Automation und Computerisierung investiert, allerdings alles auf Pump. Ich bezweifelte damals schon, ob das der Ausweg wäre, aber es interessierte mich in Wirklichkeit schon gar nicht mehr.
Tatsache war, daß die Kosten nun erneut angestiegen waren durch die Zins- und Tilgungskosten der Finanzierung. (...)
Zwei Jahre nach meinem Ausscheiden wurde die Firma als Sanierungskandidat erneut verkauft. Inzwischen hatte es schon massive Entlassungen gegeben. (...)
Heute liegt die Firma in den letzten Zügen. Sie hat nur noch ein Drittel der Belegschaft. Voraussichtlich noch dieses Jahr wird ein Vergleichsverfahren erwartet – ob das noch etwas retten kann, ist zweifelhaft.
Ich hoffe, es wurde nicht auch die Kasse der Zusatzrente geplündert. Wenn ich mit meiner Rente auskommen müßte......“
Karl Weiss - 21. Mai, 01:22
2009 wird voraussichtlich Rekordjahr 2008 wiederholen
Von Karl Weiss
Gerade erst am 1. Mai dieses Jahres hatte Präsident Lula in einer kleinen Feierstunde das erste Erdöl aus dem „Pre-Sal“ vor der brasilianischen Küste in die Leitung strömen lassen, schon kommt bereits die dritte Meldung über ein neu gefundenes Ölfeld in der Bucht von Santos seit Februar 2009.
Der spanisch-argentinische Ölkonzern Repsol hat eine Anzahl von Lizenzen zur Erforschung nach Ölhaltigkeit für Gebiete vor der brasilianischen Küste erworben, die er zusammen mit der brasilianischen Petrobras und anderen betreibt. Im Februar hatte Repsol bereits Ölfunde in den Feldern „Piracucá“ und „Iguaçú“, beide vor der Küste von Santos, bekannt gegeben. Jetzt kommt der neue Fund dazu. Damit sind in den dortigen Feldern nun bereits 6 Bohrungen fündig geworden
Der neue Fund, bekannt geworden am 11. Mai, erhielt den Namen Panoramix und wurde in nur 170 Meter Wassertiefe erschlossen, was die Ausbeutung beachtlich erleichtert und mit einer fest auf dem Meeresgrund verankerten Plattform ausgebeutet werden kann. Allerdings wird dort auch nur eine Ausbeute von etwa 400.000 Kubikmetern Erdgas pro Tag und von etwa 1.500.000 Barril (Fässer) Erdöl täglich erwartet – das ist mittlere Grösse.
Brasilien hat seit letztem Jahr angefangen, auch das Erdgas aus den Ölfeldern zu nutzen und nicht mehr abzufackeln. Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll der gesamte Bedarf von Erdgas aus eigenen Quellen gewonnen werden, was Brasilien vom bolivianischen Erdgas unabhängig macht.
Auch die im Kern bereits beschlossene, aber nie zur Realisierung gebrachte grosse Erdgasleitung von Venezuela bis in den Südosten Brasiliens (und weiter nach Argentinien) könnte überflüssig werden.
Die wirklich bedeutenden der brasilianischen Ölfunde sind allerdings die im „Pre-Sal“ („Vor Salz“). Im Geologen-Chinesisch drückt das aus: Unter dem Salz.
In verschiedenen Teilen der Weltmeere gibt es Kilometer unter dem Meeresgrund dicke Salzschichten. In vielen Fällen befinden sich noch einmal einen halben oder ein Kilometer darunter Erdölfelder. So ist es mit einer der grössten Ansammlungen von grösseren Ölfeldern, das je gefunden wurde, das sich im Abstand von über hundert Kilometer vor der brasilianischen Küste von Gebieten vor dem Staat São Paulo bis nach Norden in Gebiete vor dem Staat Bahia hinzieht. Sie liegen 5 bis 6 Kilometer unter der Wasseroberfläche und in Wassertiefen von etwa 4 Kilometer. Solche Felder waren bisher nicht zugänglich. Die in Brasilien von verschiedenen, auch ausländischen, Gruppen entwickelte Technik des Bohrens und Förderns von schwimmenden Plattformen aus macht es nun erstmals möglich, solche „Pre Sal“-Ölfelder auszubeuten.
Es soll bis zum Jahr 2020 an etwa 15 verschiedene Stellen eine Ausbeutung dieser Ölfelder geben. Die Investitionen dafür sind gewaltig und können nicht allein von der Petrobras und dem brasilianischen Staat aufgebracht werden. Es wurden bereits Verträge über Milliarden-Investitionen mit China geschlossen, das später in Erdöl bezahlt werden soll.
Wenn all dies verwirklicht ist, kann Brasilien zu einem der ganz grossen Erdölexporteure werden, in etwa in der Grössenordnung des Iran.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Brasiliens Brutto-Inlandsprodukt zu etwa 75 % aus internem Konsum besteht. Das hat auch dazu geführt, dass Brasilien weit weniger von der derzeitigen Welt-Wirtschaftskrise betroffen ist als die meisten Industrieländer. Voraussichtlich wird Brasilien im Jahr 2009 ein Null-Wachstum aufweisen. Das bedeutet aber, dass sich das Rekordjahr 2008 wiederholen wird.
Auch als grosser Erdölexporteur wird also Brasilien nicht zu einem extrem von Exporten abhängigen Land werden - wie Deutschland es war und deshalb jetzt besonders leidet – oder wie es andere Entwicklungsländer zu völlig vom Erdölkonsum und –preis abhängigen Nationen macht, wie Venezuela, Nigeria oder den Iran.
Im Moment muss Brasilien noch heftige Mengen von Diesel importieren, weil ein grosser Teil der in Brasilien bisher gefundenen Erdölqualitäten extrem dickflüssig ist und von brasilianischen Raffinerien nicht verarbeitet werden kann. Ausser durch den Bau einer neuen grossen Raffinerie versucht Brasilien dies Problem durch Beimischen von Biodiesel zu bekämpfen. Heute hat bereits der gesamte in Brasilien verbrauchte Diesel-Kraftstoff 5% Bio-Diesel beigemischt.
Der Export von Erdöl dagegen ist bisher nur gering, aber offiziell gilt Brasilien bereits als Erdöl-autark. In brasilianischen Reais ergibt sich aber im Moment noch ein Defizit.
Wenn Russland und/oder Italien nicht aufpassen, wird Brasilien sie im Brutto-Inlandsprodukt überholen.
Veröffentlicht am 19. Mai 2009 in der Berliner Umschau
Karl Weiss - 19. Mai, 14:39
4 x Brasilien, 2x Argentinien, 1x Uruguay, 1x Venezuela
Von Karl Weiss
Folgende Spiele werden im Viertelfinale der Libertadores, dem südamerikanischen Gegenstück der Champions Leage, jeweils mit Hin- und Rückspiel ausgetragen (der erstgenannte hat jeweils Heimrecht im Rückspiel):
- Gremio Porto Alegre (Brasilien) – Caracas (Venezuela) (27.5. und 17.6.)
- São Paulo F.C. (Brasilien) – Cruzeiro Belo Horizonte (Brasilien) (27.5. und 17.6.)
- Boca Juniors Buenos Aires (Argentinien) – Estudiantes de La Plata (Argentinien) (28.5. und 18.6.)
- Nacional Montevideo (Uruguay) – Palmeiras São Paulo (Brasilien) (28.5. und 17.6.)
Zwar steht ein Spiel noch aus, aber es wird wohl keine Änderung mehr geben. Die Sieger der beiden ersten Spiele werden eines der Halbfinale bestreiten, die der dritten und vierten das andere. Es könnte also passieren, das Boca Juniors und drei brasilianische Vereine im Halbfinale stehen.
Praktisch alle Ergebnisse waren den Erwartungen entsprechend oder jedenfalls keine Überraschungen.
Gremio Porto Alegre, der brasilianische Meisterschaftszweite und Beste der Gruppenphase, hatte keine Probleme mit San Martin aus Peru und gewann zweimal mit zwei Toren Unterschied.
Caracas aus Venezuela musste sich zwar bei Deportivo Cuenca in Equador mit 2:1 geschlagen geben, konnte aber in Venezuela einen Kantersieg mit 4:0 erringen.
São Paulo aus der grössten Metropole der Südhalbkugel profitierte ebenso wie Nacional Montevideo aus Uruguay von der Aufgabe der beiden verbliebenen mexikanischen Vereine, nachdem die südamerikanische Föderation die Spiele in Mexiko wegen der neuen Grippe verboten hatte.
Cruzeiro Belo Horizonte aus der Stadt, aus der der Bürger-Journalist schreibt, konnte zweimal Universidad Chile besiegen, wobei der Auswärtssieg in Santiago de Chile als hervorragende Leistung eineschätzt wurde.
Boca Juniors erreichte im Hinspiel ein Unentschieden bei Defensor aus Uruguay. Der wenig bekannten Mannschaft aus Montevideo dürfte schwerlich einen Sieg in Buenos Aires auf der anderen Seite des Rio de La Plata gelingen gegen den Favoriten der Libertadores, also gehen wir davon aus, dass Boca weiterkommt.
Libertad aus Asunção, Paraguay, musste im Hinspiel ein glattes 0:3 gegen Estudiantes aus Argentinien hinnehmen. Da wird das Rückspiel zum Freunschaftsspiel und blieb dann auch bei einem spärlichen 0:0.
Schliesslich musste noch eine brasilianische Mannschaft ausscheiden, denn im letzten Achtelfinale spielten Palmeiras São Paulo und Sport Recife gegeneinander, die bereits zweimal in der Gruppenphase gegeneinander antreten mussten. Während am Ende der Gruppenphase Sport die Nase vorn hatte und Gruppensieger wurde, hatte diesmal Palmeiras das bessere Ende für sich. Nachdem beide zu Hause 1:0 gewinnen konnten, musste es in die Verlängerung gehen und dann ins Elfmeterschiessen, in dem der Palmeiras-Torhüter Marcos drei Elfmeter abwehrte und das ganze zu Gunsten von Palmeiras drehte. Das ist übrigens der gleiche Marcos, der schon die deutschen Stürmer im Weltmeisterschaftsfinale 2002 zur Verzweiflung brachte.
Veröffentlicht am 18. Mai 2009 in der Berliner Rundschau
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Karl Weiss - 18. Mai, 13:59
Militärdiktatur in Pakistan?
Von Karl Weiss
Originalveröffentlichung
Ein Kommentar in der „Financial Times Deutschland“ (FTD) lässt aufhorchen: Ein Volker Müller, Korrespondent der Zeitung in Indien, plädiert in aller Offenheit für eine Militärdiktatur in Pakistan: „Nur ein starker Militärherrscher kann das Land retten.“
Man höre, was man in diesem Land ganz offen in einer Zeitung schreiben kann – auch wenn es sich um eine Zeitung handelt, die hauptsächlich von den Herrschenden und ihren Lakaien gelesen wird:
„So sehr pakistanische Politiker dies auch bestreiten: Der Staat ist in Auflösung. (...) Besserung ist nicht in Sicht, zumindest nicht auf demokratischem Wege. Die Hoffnung des hochgerüsteten Atomwaffenstaats, dessen Zerfall US-Außenministerin Hillary Clinton gerade erst als gewaltiges Sicherheitsrisiko für die gesamte Welt bezeichnet hat, liegt in einem erneuten Putsch, einer Militärdiktatur. So ungeheuerlich das im Westen auch klingen mag. (...) ... wenn dazu ein Militärputsch nötig wäre, würde sich kein westlicher Staat abwenden. Die Kooperation mit Militärherrschern in Islamabad war für den Westen oft fruchtbarer als mit zivilen Regierungen.“
Das ist „der Westen“, der seine Angriffe gegen Länder überall auf der Welt damit begründet, man müsse diesen Ländern „die Demokratie bringen“.
So war es, bevor die Militärs in Griechenland putschten, in Brasilien, in Argentinien, in Chile und in anderen Ländern, wo „dem Westen“ die Regierung nicht passte: Lassen wir dort einen Militärputsch machen. Das demokratische Mäntelchen, das „westliche“ Politiker und ihre Vor- und Nachdenker tragen, fällt allzu leicht.
Als Begründung wird angeführt, die Taliban seien nicht nur in Afghanistan, sondern auch in Pakistan auf dem Vormarsch. Letzte Woche wurde ein Friedensabkommen Pakistans mit den Taliban angenommen, das ihnen das Swat-Tal als ihr Gebiet zugesteht.
Tatsächlich sind die religiösen Extremisten des Taliban nichts, das sich ein Demokrat irgendwo an der Regierung wünscht. Aber die Ursachen der Stärke des Taliban liegen im „Westen“. Selbst der Artikel, der zum Militärputsch hetzt, muss zugeben: „Dabei haben Militär und Geheimdienste die Taliban einst selbst gezüchtet, um Einfluss im Nachbarland Afghanistan zu gewinnen.“ Er vergisst hinzuzusetzen: Sie handelten dabei im Dienste „des Westens“.
Deutlicher wird dieser Aspekt in einem Artikel der „Süddeutschen“ vom 4.5.09 zum gleichen Thema: Die „Taliban, die der pakistanische Geheimdienst unter kräftiger Mithilfe der USA in den Achtzigern für den Kampf gegen die Sowjetunion in Afghanistan päppelte,...“
So ist das also: Solange es gegen die Sowjetunion ging, durfte man die religiösen Extremisten fördern. Damals sah kein Kommentator in keiner Zeitung ein Problem darin, dass Leute gefördert wurden, die Frauen nicht allein auf die Strasse lassen, die Mädchen nicht in die Schule gehen lassen, die noch das Hände-Abhacken für Diebe kennen und die Ehebrecher auf offenem Platz steinigen lassen.
Jetz, da sie nicht mehr die Feinde des Feindes sind, sondern „unsere“ Feinde, entdeckt man plötzlich all die schlechten Seiten an religiös fanatischen Extremisten. Nun darf man dies als Anlass nehmen, nach einer Militärdiktatur in jenem Land zu rufen. Auch wenn die wirklichen Gründe natürlich nichts zu tun haben mit den gleichen Rechten für die Frau, sondern mit der imperialistischen Oberhoheit des „Westens“ über eine ganze Region.
Aber es ist gut, wenn man von Zeit zu Zeit erinnert wird: Demokratie ist nur ein Vorwand, etwas Austauschbares, was zwar eine Zeit lang gelten kann, aber zum Abfall geworfen wird, wenn es nicht mehr genehm ist.
Nun verstehen wir auch immer besser, was Frau Merkel meinte, als sie auf einer Jubiläumsveranstaltung der CDU sagte: „Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“ (siehe genaueres hier:
http://karlweiss.twoday.net/stories/4364507/ )
Ja, hören wir genau hin, eine Zeit lang – vielleicht -, aber nicht auf alle Ewigkeit. Und, wie es der Teufel will, ist jetzt gerade der Zeitpunkt des Ende dieses Anspruchs erreicht, nicht wahr?
Diese gleichen Leute, die religiösen Extremismus, wenn er mohammedanisch ist, verteufeln, akzeptieren ihnn klaglos, wenn er von der christlichen Kategorie ist. Kein Wort kommt von der FTD oder von Frau Merkel gegen die Exzesse des christlich-extremistischen Eiferer in de USA. Nichts gegen die Staaten in den USA, die wegen Ehebruch zu schwersten Gefängnisstrafen bis hin zu lebenslänglich verurteilen (siehe hier:
http://karlweiss.twoday.net/stories/3303947/ ), nichts gegen jene, wo gerade Gefängnis für Homosexuelle wieder eingeführt wird, nichts gegen jene, wo Jugendliche, die noch nicht 18 sind, zu langen Gefängnisstrafen verurteilt werden (in einem Fall 10 Jahre), weil sie Sex gemacht haben ( siehe hier:
http://karlweiss.twoday.net/stories/3834997/ ) und nichts gegen jene, wo Kinder, die bei sexuellen Aktivitäten erwischt wurden, in spezielle Folterlager kommen, um ihnen ihr „Geisteskrankheit“ auszutreiben (siehe hier:
http://karlweiss.twoday.net/stories/4148132/ ). Ebenso nichts gegen jene, in denen bereits Fotos von Kindern in Badekleidung als „Kinderporno“ gilt (siehe hier:
http://www.sueddeutsche.de/reise/artikel/916/121755/ - vorletzter Absatz).
Das macht ebenfalls deutlich, die FTD oder die Süddeutsche, die zwar nicht direkt die Militärdiktatur fordert, aber ansonsten auf den gleichen Tasten spielt, haben keinerlei Mitleid mit den armen unterdrückten Muslim-Frauen. Sie benutzen dies, um uns schmackhaft zu machen, warum man denn eine Militädiktutaur in Pakistan begrüssen müsste.
Will irgendjemand eine Wette abschliessen, wie lange es noch dauert, bis die pakistanischen Militärs die Botschaft verstanden haben?
Karl Weiss - 16. Mai, 19:45