Samstag, 7. Juni 2008

Eine rauschende Fussballnacht im Maracanã

Libertadores-Finale: LDU-Fluminense

Von Karl Weiss

Das war Fußball, wie es das Herz begehrt: 90 Minuten am späten Abend des 4. Juni 2008 im gefüllten Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro: Boca Juniors Buenos Aires, gegenwärtiger Titelhalter, gegen Fluminense Rio de Janeiro, Bester der Gruppenphase, vor 84 000 begeisterten Zuschauern. Wie immer, haben Duelle zwischen argentinischen und brasilianischen Vereinen eine besondere Aufmerksamkeit, wieviel mehr, wenn das Halbfinale der Kontinent- Meisterschaft Libertadores bestritten wird.



Während in der Endphase der Champions Leage, wenn Chelsea, Barcelona und Manchester United antreten, das Spiel zum Gähnen langweilig ist für jemand, der nicht einem der beiden Vereine anhängt, weil fast nur im Mittelfeld um den Ball gekämpft wird und man nur viertelstündig vor einem der Tore auftaucht, sind die Spiele der besten südamerikanischen Mannschaften und Mexikos voller Spannung, extrem ereignisreich und angefüllt mit Szenen vor beiden Toren

Zu den Gründen dafür hier.

Das Hinspiel war 2:2 in Buenos Aires ausgegangen, eine Spitzenleistung von Fluminense, denn dort kann man auch schon mal untergehen. Damit war ein einfacher Sieg zu Hause ausreichend und auch schon ein 0:0 und ein 1:1 unentschieden, um Fluminense ins Finale zu bringen.



Aber Fluminense hatte schon seit Jahren kein Maracanã mehr gefüllt, auch nicht, nachdem es renoviert und vollständig mit Sitzplätzen versehen wurde, was die Kapazität, die einmal bei 200 000 Stehplätzen lag, auf 84 000 verringert hat. Das lag daran, dass Fluminense, früher immer der Hauptrivale von Flamengo in Rio (die Lokalderbys Fla-Flu waren Legende), in den beiden letzten Jahrzehnten zu einem mittelklassigen Verein wurde. Man war sogar einmal bis in die dritte Liga abgestiegen.

Im letzten Jahr hatte man den brasilianischen Pokal gewonnen und von dann ab ging es aufwärts. In der brasilianischen Meisterschaft wurde man Dritter und dann konzentrierte man sich 2008 voll auf die Libertadores. Die Pflichtspiele in der Rio-Meisterschaft und jetzt auch in der brasilianischen bestritt man meist mit Reservemannschaften oder jedenfalls stark ausgedünnten Aufstellungen, was unter anderem dazu geführt hat, dass man in der Tabelle momentan mit einem einzigen Punkt auf dem letzten Platz steht. Doch die Priorität zahlte sich aus. Nicht nur, dass man die beste Gruppenmannschaft der Libertadores war und daher bis einschliesslich der beiden Endspiele den Vorteil hat, das jeweils zweite Spiel zu Hause austragen zu können, nicht nur, dass man jetzt in den Endspielen steht und damit zweimal die Einnahmen aus einem gefüllten Maracanã erhält, vor allem wurde der Name Fluminense wieder zu einem Fußball-Markenartikel, wie er das über lange Jahre des 20. Jahrhunderts war.

Fluminense - Boca: Palácio und Palermo haben eine grosse Chance vergeben

Zu Beginn des Spieles vor der beeindruckenden Kulisse versuchte Fluminense Druck zu machen, wie man es versprochen hatte. Washington vergab eine hervorragende Torchance und die Zuschauer kamen fast zum Delirium. Doch dann, im Verlauf der ersten Hälfte, wurde Boca immer überlegener und dominierte das Spiel. Folgerichtig taten sich Torchancen auf, die aber zum Teil vergeben wurden (Riquelme, Palermo, Palácio, Cáceres ) und zum Teil an irgendeinem fluminensischen Bein apprallten. Was durchkam, wurde Beute des Torhüters Fernando Henrique von Fluminense, der seine bisher beste Leistung zeigte und zum besten Spieler des Siegers avancierte. Nur in der ersten Halbzeit waren es bereits zwei „unmögliche“ Abwehrtaten von ihm, wozu in der zweiten weitere drei kamen.

Dass man zur Halbzeit nicht zurücklag, konnte nur als das Glück des Tüchtigen angesehen werden. In der zweiten Halbzeit ging es zunächst genauso weiter: Boca drückte, Fluminense verteidigte. So kam dann auch der Moment, in dem das Unausweichliche geschah: Boca ging 1:0 in Führung. Eine Flanke von links von Riquelme zielte unmittelbar vors Tor am zweiten Pfosten. Palermo trat blitzschnell an und stand plötzlich allein direkt vor dem Torwart, wenn auch in spitzem Winkel rechts vor dem Tor. Als die Flanke ankam, köpfte Palermo den Ball zwischen Pfosten und Torhüter ins Tor.



Hätten beide so weitergespielt, wäre das Finale Boca nicht zu nehmen gewesen. Doch nun zeigte die junge Mannschaft von Fluminense, was sie auch schon an gleichem Ort gegen Sâo Paulo bewiesen hatte: Sie kann zurückfighten. Das Bild änderte sich, Fluminense wurde gleichwertig und die Szenen vor beiden Toren wechselten sich jetzt ab. Bei Fluminense kam Dodô als zweiter Stürmer herein, der schon wiederholt als Joker eingesetzt worden war. Er war früher einmal eines der brasilianischen Supertalente gewesen, wurde dann aber nicht mehr als ein guter Stürmer, ohne den Sprung nach Europa zu schaffen. Jetzt, gegen Ende seiner Karriere, ist er der ideale Joker. Er kommt in der zweiten Halbzeit, wenn sich schon Ermüdungserscheinungen bei der Abwehr zeigen und kommt mit seinem technischen Fußball dann oft in aussichtsreiche Positionen.

An diesem Abend zeigte er auch ein Kabinettstückchen, das man selten zu sehen bekommt: Er bekam mit dem Rücken zum Tor den Ball, wurde aber von zwei Seiten angegriffen. Da schob er den Ball zwischen den Beinen in Richtung Tor und machte gleichzeitig eine Pirouette, die beide Abwehrspieler täuschte und war mit dem Ball in Richtung gegnerisches Tor unterwegs.



So war es denn auch Dodô, der kurz vor dem Strafraum gefault wurde. Der fällige Freistoss wurde von Washington direkt genau in den Winkel verwandelt: 1:1. Eigentlich ist es Riquelme auf der anderen Seite, der für diese Freistosstore zuständig ist, aber der hatte nicht den besten Tag erwischt. Seine beiden Freistösse schickte er übers Tor.

Mit diesem Ergebnis war es wieder Fluminense, das weitergekommen wäre. Boca griff nun immer wütender an, aber Fluminense erwies sich als gleichwertiger Gegner. In ihren Bemühungen musste die Mannschaft von Boca nun aber bis zu einem gewissen Grade die Abwehr vernachlässigen und das nutzte Fluminense kaltblütig aus.



Mit Conca ging das Team bereits kurz nach dem Ausgleichstor in Führung. Fast gelang Palácio in der Schlussminute der regulären Spielzeit der Ausgleich, aber der Ball verfehlte knapp das Tor. In der Nachspielzeit, als Boca verzweifelt um ein 2:2 kämpfte, das zu einem Elfmeterschiessen geführt hätte, setzte Dodô den Schlusspunkt. Boca zeigte eine Ungenauigkeit im Pass in der Abwehr, die Dodô fast frei vor das Tor kommen liess. Er liess mit einem gut gezirkelten Ball dem Torwart keine Chance. 3:1! Flu war in den Endspielen und das Stadion explodierte fast.



Das war etwa um 23.45 an diesem Abend, aber die Anhänger von Fluminense verliessen das Stadion erst lange nach Mitternacht.

Damit hat Fluminense das seltene geschafft, das nur wenige Vereine in Südamerika in den letzten zehn Jahren für sich reklamieren können, Boca Juniors aus dem Wettbewerb geworfen zu haben. Der letzte, dem das gelungen war, war der São Paulo F.C. im letzten Jahr in der Copa Sulamericana, dem Gegenstück zum UEFA Cup. In der Libertadores allerdings ist es Jahrzehnte her, dass Boca Juniors durch ein brasilianisches Team eliminiert wurde. Das letzte Mal war 1963 (!), gegen das Santos von Pelé im Endspiel.



Bereits am Vortag hatte sich LDU Quito aus Ekuador überraschend gegen America Mexiko Stadt durch ein 0:0 zu Hause für die Endspiele qualifiziert, nachdem man es geschafft hatte, im Aztekenstadion in Mexikos Hauptstadt ein 1:1 unentschieden zu erreichen. Das belegt eindrucksvoll, was der Berichterstatter bereits in einem früheren Artikel gesagt hat: LDU ist bärenstark. Eigentlich sehen die Verantwortlichen der Fussballszene immer etwas von oben herab auf Mannschaften aus den Höhenlagens Boliviens, Perus oder Equadors, die weit kommen in der Libertadores. Sie haben ja den Vorteil des Heimspiels gegen nicht an die Höhe adaptierte Gegner. Da die Spiele unter der Woche zwischen zwei Spielen im Heimatland stattfinden, kann keine Höheadaptation durchgeführt werden. Dies Argument trifft allerdings diesmal nicht zu, denn der Favorit aus Mexico Stadt lebt ja ebenfalls in etwa 3000 m Höhe und spielt dort. Er hatte also keine Probleme mit der Höhenluft.



Damit sind in beiden Halbfinalen die Favoriten ausgeschieden.

Für Fluminense wird allerdings wieder das Argument mit der Höhenlage zutreffen beim Hinspiel in Quito. Dort kann man immer froh sein, in einer Abwehrschlacht ein 0:0 zu erreichen. Wenn das gelingt, werden die Chancen gut sein auf den Titel. Kommt man aber mit einer Niederlage mit zwei Toren Unterschied ins Maracanã, dürfte gegen das starke Team von LDU kaum etwas drin sein.

Die beiden Endspiele sind terminiert für den 25. Juni in Quito und für den 2. Juli in Rio.

Zusätzlich seinen hier noch die beiden Halbfinalspiele des brasilianischen Pokals erwähnt, der ebenfalls in der Endphase ist. Beide Halbfinale, sowohl das zwischen Corinthians São Paulo und Botafogo Rio de Janeiro als auch das zwischen Vasco Rio de Janeiro und Sport Recife, wurden im Elfmeterschiessen entschieden. Corinthians und Botafogo hatten jeweils zu Hause 2:1 gewonnen. Corinthians war im Elfmeterschiessen glücklicher und gewann mit 5:4. Zwischen Sport Recife und Vasco gab es jeweils Siege mit 2:0 zu Hause. Das machte auch dort das Elfmeterschiessen nötig, wobei gleich der erste Elfmeter für Vasco von Edmundo in den blauen Himmel geschossen wurde. Alle anderen trafen und so gewann Sport mit 5:4. Damit waren beide Rio-Vereine ausgeschieden.

Am 4. Juni, zeitgleich mit dem Libertadores-Halbfinale im Maracanã, fand in São Paulo bereits das erste der beiden Endspiele um den Pokal statt, das Corinthians zu Hause mit 3:1 gewann. Das Rückspiel ist am 11. Juni in Recife. Damit gibt es erneut eine gute Chance für einen Zweitligisten, den Pokal zu gewinnen, wie das ja in vielen Ländern schon geschah.

Allerdings ist Corinthians kein normaler Zweitligist. Der Verein hat in São Paulo die bei weitem grösste Anhängerschaft und brasilienweit die zweitgrösste nach Flamengo. Er dürfte also kaum sehr lange in der zweiten Liga bleiben. Sollte er den Pokal gewinnen – und die Hälfte des Weges ist ja bereits zurückgelegt – stünde er bereits als erster Vertreter Brasiliens für die Libertadores des kommenden Jahres fest.


Veröffentlicht am 7. Juni 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Freitag, 6. Juni 2008

Deutschland als Einwanderungsland - für US-Amerikaner

Überraschungen aus der Statistik

Von Karl Weiss

Eine kleine Meldung nur in der Zeitung, doch sie hebt gleich ein ganzes Bündel von Vorurteilen aus den Angeln: Viele Deutsche wandern aus, andere wandern ein. Doch wohin wird ausgewandert, woher kommen die Einwanderer?

Osama Bin Laden

In schwärzesten Farben wird es von interessierten Kreisen an die Wand gemalt: Deutschland als Einwanderungsland. Dunkelhäutige und bärtige Gestalten kommen im Auftrag von Osama Bin Laden heimlich über die Grenze und machen die sowieso schon bestehende Enge unerträglich. Doch - von wo kommen die Einwanderer wirklich? Hauptsächlich aus Polen, in geringerem Masse aus Rumänien und aus den USA, Was, USA? Ja, USA

Aus der gleichen Ecke, nämlich der rechten, kommt das genau umgekehrte Schauergerücht: Deutschland wird menschenleer. Nur noch wenige Jahre und bestenfalls einige alte Leutchen schleppen sich noch über Deutschlands Strassen. Auch dieses Ammenmärchen ist natürlich falsch. Zwar vermehren sich die Deutschen nicht wie die Karnickel, aber aufgrund einer leichten Zuwanderung bei geringer Abwanderung bleibt die Zahl der Menschen in Deutschland etwa gleich. Es gibt auch keine Gefahr einer Vergreisung, denn die Zuwanderer sind typischerweise jung.

Der Saldo steht deutlich auf Zuwachs: 150 000 Auswanderern aus Deutschland (ein Zuwachs um 7%) im Zeitraum der ersten 11 Monate 2007 stehen 647 00 Einwanderer gegenüber. Also eine Bestätigung der schlimmsten Befürchtungen? Wir werden von Islamisten überschwemmt, die demnächst hier die Herrschaft übernehmen wollen, wie uns u.a. Henryk Broder und Konsorten weismachen wollen?

Die Überraschung kommt, wenn man sich ansieht, wohin denn ausgewandert wird und wo die Einwanderer herkommen

Die Auswanderung ist deutlich angestiegen in letzter Zeit. Die Gründe dafür liegen bis jetzt im Dunkeln. Ausgewandert wird nicht etwa, wie man meinen könnte, vor allem nach Australien, Kanada und Brasilien (wie der Schreiber dieser Zeilen), nein es geht hauptsächlich in die Schweiz (18 863, 12,6 %, darunter eine Familienangehörige des Autors), in die USA (13 433, 9,0 %) und nach Österreich (9 414, 6,3 %). Die niedrigen Prozentzahlen machen deutlich, es wird in eine Vielzahl von Ländern ausgewandert. Der Grund dürfte nur in Ausnahmefällen das allgemeine Unwohlsein in Deutschland sein. Weit überwiegend dürften die Gründe im persönlichen und familiären Bereich liegen, wenn man einen Partner aus einem anderen Land kennengelernt hat oder, wie beim Autor: Wenn man in Deutschland aus Altersgründen keinen Job mehr bekommt, muss man eben in ein Land gehen, wo nicht ein so hysterischer Jugendwahn herrscht wie in Deutschland

Überraschender aber als die Länder, in die ausgewandert wird, sind jene, aus denen das Gross der Einwanderer kommt. Türkei?, Afghanistan? Pakistan? Iran? Kosovo? Bosnien? Irak? Libanon? Syrien? Sudan? Marokko? Algerien? Die Überflutung durch islamische Horden?

Nichts dergleichen! Mit 21 % stellen Polen die bei weitem grösste Gruppe der Einwanderer: 135 700. Die seit Jahrhunderten intensiven Beziehungen zwischen beiden Ländern hatten bereits im 19. Jahrhundert dazu geführt, dass bedeutende deutsche Kolonien in Polen entstanden und dass in verschiedenen Teilen Deutschlands ganze Kolonien von Polen lebten. Das betrifft nicht nur die damaligen östlichen Teile von Deutschland, wie Ostpreussen, Schlesien und Danzig, wo es viele Polen gab, sondern auch das Ruhrgebiet. Eine bedeutende polnische Auswanderung kam im 19.Jahrhundert ins Ruhrgebiet, weil es dort Arbeitsplätze im Kohlenbergbau und in der Stahlindustrie gab. Die Namen, die auf –ski oder -sky enden, sind seitdem aus den deutschen Nachnamen nicht mehr weg zu denken. Da spielten zum Beispiel in der deutschen Fussball-Nationalmannschaft ein Tilkowski und ein Kwiatkowski, ebenfalls ein Szymaniak und auch im aktuellen Fussball kommen wir nicht ohne polnisch-stämmige aus: Klose hält zusammen mit Ronaldo die höchste Zahl von geschossenen Toren in Weltmeisterschaften. Bei der EM könnte es vorkommen, dass Borowski einen Pass auf Podolski gibt - und niemand meint, es sei von der polnischen Mannschaft die Rede, gegen die, wie es der Zufall will, das Auftaktspiel geht.

An zweiter Stelle nach den Polen bei der Einwanderung, aber mit weitem Abstand, stehen die Rumänen mit 37 900, das sind etwa 6% der Einwanderer, nur etwa 28% der Polnischen Einwanderer.

Den dritten Platz der Einwanderer nehmen – und das ist wohl die grösste Überraschung - die US-Amerikaner ein. 25 600 wanderten in den ersten elf Monaten 2007 nach Deutschland ein, das sind etwa 4% der Einwanderer und fast das doppelte, als Deutsche in die Vereinigten Staaten auswandern. Natürlich enthält die Zahl der „Einwanderungen“ auch Manager von weltweiten Konzernen, die in ein anderes Land geschickt werden, aber das kann ja keine Zahl von 25 600 in 11 Monaten begründen.

Erst danach kommen die Türken, die wohl die meisten an der ersten Stelle erwartet hätten, mit 24 600 (etwa 4%), das sind nur etwa 18% der eingewanderten Polen. Diese Zahl ist unbedeutend, überraschend niedrig, besonders wenn man bedenkt, wieviele Türken in Deutschland geboren werden und erst als „Einwanderer“ gezählt werden, wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen und wie viele ein Recht auf ein Leben in Deutschland haben aus Gründen der Familienzusammenführung.

Auch der fünfte Platz in der Liste der Nationalitäten, die nach Deutschland einwandern, dürfte eine Überraschung darstellen: es sind Ungarn mit 21 000 (etwa 3 %).

Es wird deutlich, die Frage von Einwanderung nach Deutschland hat wohl mehr mit der Ostausweitung der EU zu tun als mit der eingebildeten Verschwörung der Islamisten, uns zu überfluten.

Allerdings hat diese Statistik noch nicht die Deutschen berücksichtigt, die aus dem Ausland wieder nach Deutschland zurückkehren. Eben hat das Statistische Bundesamt die Statistik für 2007 veröffentlicht, in der diese mitgezählt werden.

Danach sind im Jahr 2007 nach vorläufigen Ergebnissen 683 000 Personen nach Deutschland zugezogen und 635 000 Personen aus Deutschland fortgezogen. Daraus ergibt sich ein Ein- bzw. Rück-Wanderungsüberschuss von 48 000 Personen.

Das reicht nicht ganz aus, um das Defizit durch die niedrige Geburtenrate auszugleichen, aber die jährliche Abnahme der Menschen in Deutschland liegt deutlich unter der 100 000–Menschen-Grenze. Das gilt als gleichbleibende Bevölkerung, denn bei 80 Millionen in unserem Land bräuchte man um die 1000 Jahre, um es zu leeren in diesem Rhythmus und in 1000 Jahren gibt es mit Sicherheit nicht mehr diese Probleme, so oder so.

Unter den 635 000 Personen, die nach Deutschland zogen, sind 572 000 Ausländer und 63 000 Deutsche (die also zurückkamen).

Diese hohe Zahl von Rückkehrern weist auch auf die Problematik dieser Statistik hin: Sie enthält unausweichlich jene Deutschen, die von ihren Firmen mit Mann und Maus ins Ausland geschickt wurden und diese Fälle können nicht von den wirklichen Auswanderungen unterschieden werden. Eine grobe Abschätzung macht aber deutlich: Wenn von 635 000 Einwanderern 63 000 Deutsche sind, dann handelt es sich grössenordnungsmässig um 10 % der Fälle.

Eine andere Unterscheidung ist auch nicht möglich: Die von Einwanderern im strengen Sinne und von Spätaussiedlern, also Deutschstämmigen, die das Recht haben, nach Deutschland umzuziehen. Es kann vermutet werden, dass es sich bei den Zahlen der Einwanderung aus Polen, aus Rumänien und aus Ungarn in nicht unerheblichem Masse um solche Fälle handelt.

Zusammengefasst: Insgesamt sind sowohl Ein- als auch Auswanderung nach und aus Deutschland zahlenmässig deutlich begrenzt, wenn auch nicht völlig unbedeutend. Es gibt weder irgendeine deutliche Fluchtbewegung aus Deutschland noch gibt es das an die Wand gemalte Phänomen der Überschwemmung mit Muslims.

Veröffentlicht am 6. Juni 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Donnerstag, 5. Juni 2008

' Am Ende werden wir weg sein'

Tun die Hardliner Israel wirklich einen Gefallen? - „Sic transit gloria mundi“

Von Karl Weiss

Der US-Journalist und Schriftsteller Alexander Cockburn berichtet (hier) anlässlich der Feierlichkeiten von 60 Jahren Israel von einem Interview, das er vor 30 Jahren führte, als 30 Jahre Israel begangen wurden. Sein Gesprächspartner war der damals bereits pensionierte israelische General Matti Peled. Der hatte zu jener Zeit nach der Pensionierung bereits seine Regierung aufgefordert, ernsthaft mit den Palästinensern zu verhandeln, die illegalen Siedlungen im besetzten Gebiet zu verlassen, an die Grenzen von 1967 zurückzugehen und alle anderen größeren Dinge zu klären, die einem gerechtem Frieden im Wege standen – und stehen.

Palestina land loss

Cockburn fragte ihn, was denn passieren würde, wenn sich keine israelische Regierung finden würde, stark genug, um dies zu tun. Die Antwort war beeindruckend: „Oh, ich glaube, wir werden enden wie die Kreuzfahrer. Es mag einige Zeit dauern, aber am Ende wird es uns gehen wie ihnen, wir werden weg sein.“

Cockburn schreibt dies aus Syrien. Er besuchte dort die größte und noch lange nach der Vertreibung der Kreuzritter aus Jerusalem gehaltene Burg ‚Krak des Chevaliers‘, die bis heute erhalten ist und restauriert wurde. Sie wurde von einem Teil der Kreuzritter insgesamt 162 Jahre gehalten.

Syrien: Krak de Chevalier

Saladin, der Jerusalem eingenommen hatte, konnte sie nie erobern. Erst im Jahre 1271 übergab das restliche Häuflein von Kreuzfahrern die Burg an den Mameluken-Sultan von Ägypten. Dann waren sie weg.

Sic transit gloria mundi.

Cockburn empfiehlt den Hardlinern in Israel und in den USA, diese Burg zu besuchen, die immerhin mehr als die dreifache Zeit überdauerte als das heutige Israel und zu reflektieren, ob sie den Interessen Israels, des jüdischen Volkes und aller, die in Israel leben, wirklich einen Gefallen tun mit ihrer Politik der Ausrottung, der summarischen Tötungen, des Landraubes, des Plündern und Raubens, des Zerstörens der Lebensgrundlagen und des „Alles oder nichts“.

Hinzugefügt sei, man hat sich in Israel und bei bestimmten Organisationen und Politikern in den USA noch nicht klargemacht, dass „Alles oder Nichts“ immer auch die Möglichkeit des „Nichts“ beinhaltet.

All dies ist nun erneut von höchster Aktualität, obwohl die 60-Jahre–Feiern alle schon zu Ende sind, denn der iranische Präsident hat erneut gesagt, was man schon früher von ihm gehört hatte: „Das zionistische Regime wird verschwinden und nur noch in den Seiten von Geschichtsbüchern gefunden werden.“ Wieder, wie schon beim ersten Mal, haben böswillige Übersetzer dies mit „wird von der Landkarte radiert werden“ übersetzt. Meistens wurde auch noch „vergessen“ dazuzusetzen, dass er ausdrücklich betont hat, dies habe nichts mit Aktivitäten des Iran zu tun, sondern werde auf jeden Fall eintreten. Erneut überschlagen sich die israelhörigen Medien, Ahmedinedschad habe den Bewohnern Israels die Ausrottung angedroht usw.

Es ist offensichtlich: Wir befinden uns in den Vorbereitungen eines Überfalls auf den Iran durch den „Westen“ und da werden solche „leicht frisierten“ Aussagen gebraucht. Hatte nicht vor kurzem bereits die Anwärterin für die demokratische Präsidentschaftskandidatur Hillary Clinton angekündigt, sie werde als Präsidentin den Iran auslöschen, falls der Israel angreifen sollte, was Ahmedinedschad niemals angekündigt oder angedroht hat? Nun, auch ihre Ambitionen waren zeitlich begrenzt. Heute wird sie nicht nur nicht Präsidentin, sondern ist nicht einmal mehr Anwärter auf den Posten des Kandidaten.

Sic transit gloria mundi.

Zusammen mit Cockburn muss man fragen, ob die momentane Politik der zionistischen Führer und ihrer US-amerikanischen Kettenhunde wirklich klug ist angesichts der realen Lage. Es gibt nicht die geringsten Anzeichen, dass sich die grossen Mehrheiten in den arabischen und anderen Völkern des Nahen und Mittleren Ostens in irgendeiner Weise tendenziell mit dem zionistischen Fremdkörper in ihrer Mitte abfinden würden, der wie ein Krebsgeschwür im Grunde für alle Spannungen und Kriege in der Region verantwortlich ist.

Die völlige Zerstückelung des palästinensischen Territoriums wird hier deutlich. Das ist keine Besatzung, das ist Annektion.

Auch in Europa, das von der Regierungsseite noch immer ein wesentlicher Faktor der Unterstützung der zionistischen Politik ist, haben die Völker sich in breiter Mehrheit bereits längst von den Meinungen verabschiedet, die ihnen die Medien und die Regierungen immer noch eintrichtern wollen. Die Umfragen sind eindeutig: Klare Mehrheiten der Europäer stimmen der Meinung zu, die US- und israelische Politik ist die Hauptgefahr für den Weltfrieden.

Wer unter diesen Bedingungen weiterhin auf „Alles“ besteht, hat eine hohe Chance, eines Tages mit dem „Nichts“ dazustehen.

Erinnern sich heute die Europäer der Kreuzzüge, so tun sie dies bestimmt nicht mit Stolz, sondern mit Unverständnis. „Wie konnten unsere Vorfahren so etwas schwachsinniges tun?“ Die Kreuzzüge sind zu einer kuriosen Fussnote der Geschichte geworden, an die man sich kaum erinnert, und wenn, dann eher mit Spott über die Primitivität der damaligen Anschaungen.

Sic transit ...

Wird in einer nicht allzu fernen Zukunft etwas ähnliches auf das zionistische Israel und seine Apologeten in den USA zutreffen? Wird der zionistische Staat zu einer eher peinlichen Fussnote in der Geschichte geworden sein? Wird in den arabischen Ländern wieder Frieden eingekehrt sein, so wie nach dem Abzug der letzten Kreuzritter?


Veröffentlicht am 5. Juni 2008 in der "Berliner Umschau"

Originalveröffentlichung

Dienstag, 3. Juni 2008

UN-Berichterstatter: Rio hat Sicherheitspolitik der Ausrottung

Polizisten foltern in der Freizeit Reporter

Von Karl Weiss

Der UN-Berichterstatter für summarische, willkürliche und außergerichtliche Hinrichtungen, Phillip Alston, hat im November 2007 Rio de Janeiro besucht und hat sich über die Sicherheitspolitik der Landesregierung informiert, der die Polizei untersteht. Er legte am Montag, den 2. Juni 2008 den vorläufigen Bericht darüber auf der Eröffnungssitzung des Menschenrechtsrates der UNO in Genf vor.

Favela in Belo Horizonte

Der Autor hatte Zugang zu einer Zusammenfassung des Berichts.

Wie um seinen Bericht zu unterstreichen, wurde in der vergangenen Woche bekannt: „Milicias“, wie sich Gruppen von Polizisten und Ex-Polizisten nennen, die ähnlich wie organisierte Kriminelle Favelas beherrschen und die Einwohner tyrannisieren, haben Mitarbeiter der Rio-Zeitung „O Dia“ als Geiseln genommen, verprügelt und gefoltert.

In jener Zusammenfassung des UN-Berichts werden vor allem die „Feldzüge“ in einem bestimmten Favela-Komplex hervorgehoben („Complexo de Alemão“), die sich über etwa ein Jahr lang wiederholten. Diese Feldzüge sind mit großem Polizeiaufwand (gepanzerte Fahrzeuge, Maschinenwaffen usw.) vorgetragene Eroberungszüge den Hügel hinauf (die Favelas in Rio de Janeiro sind meistens auf Hügeln gelegen), die üblicherweise damit begründet werden, es müssten bestimmte Führer der kriminellen Banden festgenommen werden, die sich meist auf den höchsten Stellen der Hügel verschanzt haben.

In der Operation im Juni 2007 wurden 19 Personen umgebracht und danach erklärten die Verantwortlichen der Sicherheitspolitik in Rio, dies sei eine Modell-Operation gewesen. Tatsächlich entwickelte sich diese Art des Vorgehens zum Modell: Im Januar 2008 wurde wieder der gleiche Hügel in Angriff genommen, mit dem Ergebnis von sechs Toten, erneut im 3. April: 11 Tote und wieder am 15. April: 15 Ermordete.

Danach, so wird berichtet, erklärte einer der obersten Verantwortlichen, die Polizei sei das beste „soziale Insektizid“, die Ermordeten mit Insekten vergleichend.

Der Berichterstatter der UN hatte Gelegenheit, mit den Bewohnern der Favela zu sprechen, mit Opfern, mit Familienangehörigen, sozialen Organisationen, wie auch mit Polizisten, mit Verantwortlichen der Polizei und mit den politisch Verantwortlichen. Er hebt hervor, die Toten waren nicht Ergebnis des intensiven bewaffneten Widerstandes bei der Besetzung des Favela, wie die Verantwortlichen in allen Fällen behaupten. Es wurden keine Polizisten getötet und nur wenige verletzt.

Es handelte sich schlicht um das Ergebnis der Taktik, auf alles zu schiessen, was Füsse hat – und das in einer dicht mit Menschen vollgepackten Favela. Die Überprüfung der Berichte der Gerichtsmediziner über die Leichen ergab eindeutig: Der grösste Teil wurde aus nächster Nähe erschossen und viele wiesen Schüsse in den Rücken, den Nacken und den Hinterkopf auf. Diese Tatsache wurde später in den offiziellen Berichten unterdrückt.

Alston charakterisiert dies als summarische, außergerichtliche Hinrichtungen, die wegen der hohen Anzahl als „Sicherheitspolitik der Ausrottung“ bezeichnet werden müssten. Wen er dies bereits als Ausrottung bezeichnet, was würde er dann sagen, wenn er die israelischen Schlächtereien untersuchte?

Er hebt hervor, dass die Ergebnisse der mehrmaligen Einfälle in die Favela völlig unzureichend waren. Weder wurden die gesuchten Verbrecher angetroffen noch wurden irgendwelche illegalen Stoffe, wie Waffen oder Drogen in erwähnenswerten Mengen gefunden und beschlagnahmt. Trotzdem bestehen die Polizei-Oberen und die Verantwortlichen, wie der Governeur des Staates Rio, der Minister für Sicherheit und der zuständige Staatssekretär darauf, dies sei die richtige Methode des Vorgehens gegen die kriminellen Organisationen, welche die Favelas beherrschen.

Alston betont, dass diese Methode der Sicherheitspolitik sich bereits in vielen Ländern als völlig kontra-produktiv erwiesen hat. Obrigkeitsstaatliche, gelegentliche Gewaltausbrüche, die jeden treffen können, ob Krimineller oder nicht, waren schon zu den Zeiten der Obrigkeitsstaaten unsinnig im Sinne der Eindämmung der Verbrechen.

Er sagt, dass in den Fällen krimineller Gross-Organisationen, die ganze Stadtviertel beherrschen, moderne Sicherheitspolitik angebracht ist, die auf vielen Hochschulen gelehrt wird. Er bezieht sich dabei u.a. auf unabhängige Untersuchungen von Tötungen durch Polizisten, auf die Bezahlung der Polizisten, auf technische Beweissicherung, auf Schutz für Opfer und Zeugen, auf eine institutionalisierte Polizei-Beschwerde-Stelle und auf das System der Gefängnisse.

Neben der Unterdrückung und Verfolgung der Verbrecher muss eine städtebauliche Politik durchgeführt werden, die den Slum-Charakter der Stadtteile aufhebt, es müssen Arbeitsplätze fur die Bewohner geschaffen werden und es muss durch intensive Durchsetzung mit staatlichen Hilfen und den Aufbau unabhängiger eigener Sprecher und Sprecherkreise der Bewohner in den betroffenen Stadtteilen der Schild-Charakter der Einwohner genommen werden, den solche kriminellen Organisationen sich zu nutze machen.

Eine entsprechende Politik wird in Rio de Janeiro nicht einmal ansatzweise versucht.

Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus

Alston sagt, diese Art von Sicherheitspolitik durch Ausrottung sei politisch motiviert. Für die Bevölkerung, die unter den Kriminellen leidet, ist vordergründig eine Ausrottungspolitik, die sich scheinbar gegen die Kriminellen richtet, erwünscht. Die Politiker stellen sich als Männer der harten hand dar und werden gewählt bzw. wiedergewählt. Nur ist dieses Vorgehen eben nicht wirksam gegen die kriminellen Organisationen.

Tatsächlich steigt die Zahl der schweren Delikte, wie Morde, bewaffnete Raubüberfälle und Geiselnahmen, in Rio weiterhin an.

In einem Teil seines Berichtes bezieht sich Alston speziell auf den Widerspruch als Schlüsselfrage, dass sich die Polizei einerseits in solchen Vorgehen der übertriebenen und nicht effektiven Gewalt bedient, während die gleichen Polizisten in ihrer Freizeit oft Teil der organisierten Kriminalität sind.

Genau dieser letzte Punkt wurde nun, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, mit aller Deutlichkeit bestätigt.

Es haben sich in Rio de Janeiro eine Anzahl von Gruppen von sogenannten ‚Milícias‘ gebildet, die eine Widerspiegelung der bereits bekannten Exterminationsgruppen sind. Sie setzen sich aus Polizisten, Ex-Polizisten und einigen anderen zusammen. Diese haben bereits in einer beträchtlichen Anzahl von Favelas (Rio hat etwa 600 Favelas) die kriminellen Organisation vertrieben und beherrschen dort jetzt selbst die kriminelle Unterwelt mit Drogen, 'Schutzgeldern' und nicht zuletzt Geldwäsche.

In einer dieser Favelas, Batan, wurde ein Reporter der Zeitung ‚O Dia‘ überwältigt, der über die Milícia recherchierte, zusammen mit einem Fotografen des Blattes, mit deren Fahrer und einem Bewohner der Favela von mehr als zehn mit Kapuzen unkenntlich gemachten Kriminellen. Sie wurden mit Handschellen gefesselt und offiziell als verhaftet erklärt. Die Vermummten wiederholten mehrmals, sie seinen keine Kriminellen, sondern Polizisten.

Es folgte eine Sitzung vom mehreren Stunden der Folter. Allen vier Betroffenen wurde immer wieder gesagt, sie würden nun zu Tode gefoltert, weil sie die gute Arbeit der Polizei schlecht machten. Die Zeitungsleute wurden grün und blau geprügelt und wurden einer nach dem anderen Elektro-Schocks ausgesetzt. Ihnen wurden Plastiktüten über den Kopf gestülpt, bis sie keine Luft mehr hatten und ohnmächtig wurden. Dann wurden sie mit Schlägen wieder aufgeweckt.

Einige der Folterer spezialisierten sich darauf, mit schweren Stiefeln Tritte zu geben. Der Reporter wurde gezwungen, das Material zugänglich zu machen, das er bereits über die Milicia gesammelt hatte. Dort war klar zu sehen, wie die Mitglieder der Bande, Polizisten in Zivil, sich immer wieder mit Polizisten im Dienst trafen und unterhielten und bewiesen, es handelt sich nicht nur um kleine Gruppen, sondern die offizielle Polizei-Politik der Stadt. Die Vermummten waren sich klar, dies Material würde viele von ihnen identifizieren und war bereits bei der Zeitung. Nach einigen Stunden weiterer Folter wurden die vier plötzlich freigelassen.

Sie hatten nicht den Mut zur Polizei zu gehen mit ihren Verletzungen, weil sie wussten, dort würden sie mit grösster Wahrscheinlichkeit auf Verbündete ihrer Folterer treffen. Erst mehrere Monate nach der Tat wurde sie jetzt veröffentlicht, weil man sich sicher war, die Polizei bis in höchste Stellen war in diese Taten eingeweiht und würde nicht untersuchen, sondern die Anzeige unterdrücken. Man befürchtete auch Gegenanzeigen mit erfundenen Beschuldigungen.

Erst jetzt, nach einer Vereinbarung des Gouverneurs des Staates mit der Chefredaktion von ‚O Dia‘, brachte man das Geschehen ans Tageslicht.

Die eigentliche Reportage wurde bis heute nicht veröffentlicht.

Bleibt noch zu erwähnen, der Hauptverantwortliche für all dies, der Gouverneur des Staates Rio, mit Namen Cabral, ist einer der engsten und wichtigsten politischen Verbündeten von Präsident Lula.


Veröffentlicht am 3. Juni 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Donnerstag, 29. Mai 2008

Die Tinner-Connection, Teil 1

Eine Hand wäscht die andere, oder: Haben die USA Atomgeheimnisse an den Iran geliefert, um einen Kriegsgrund zu haben?

Von Karl Weiss

Am Freitag, den 23. Mai 2008 gab der Innenminister der Schweiz bekannt, umfangreiche Akten und Computerdokumente über einen Atomdeal und dessen Inhalte, über die man seit 2003 verfügt, seien bereits im letzten Jahr vernichtet wurden, „um dem Diebstahl der Akten vorzubeugen“.

Wie? Wenn Akten sehr brisant sind, dann werden sie nicht besonders sicher aufbewahrt, sondern vernichtet? Seit wann?

Eine F14 der US-Luftwaffe, zum Training bemalt wie ein Flugzeug der iranischen Luftwaffe
Beleg für konkrete Kriegsvorbereitungen gegen ein bestimmtes Land: Eine US-F14, wie sie auch der Iran hat, wurde zum Üben des Luftkrieges gegen den Iran mit den Farben der iranischen Luftwaffe bemalt.

Die Story hört sich an wie ein Drehbuch für eine Art von James-Bond-Film, aber einem sehr schlecht gemachten. Warum? Sie ist einfach zu unwahrscheinlich. Jeder Filmkritiker würde einen entsprechenden Film in der Luft zerreissen, denn: Die US-Regierung wird darin dargestellt, als sei sie zu dumm, ihre Interessen gegen wichtige Feinde wahrzunehmen. Die Schweizer Regierung scheint ihre Neutralität nicht mehr für wichtig zu halten, sondern völlig einseitig den US-Interessen zuzuneigen. Andererseits würde die Schweiz aber gleichzeitig eben diese Interessen massiv beeinträchtigen. Dann kommt auch noch eines der grossen Bankhäuser der Schweiz ins Blickfeld, das Dinge tut, die selbsverständlich eine solche Bank nie tun würde.

Nur: Leider (mag man sagen) ist die Geschichte nicht erfunden, ist kein Drehbuch, sie ist die Wahrheit, die oft unwahrscheinlicher ist als es sich der ausgeflippeteste Drehbuchschreiber in seinen schlimmsten Träumen vorstellen mag. Sie ist, wie es die Neue Züricher Zeitung (NZZ), eines der konservativsten Organe der Presse, formulierte, „gut dokumentiert“.

Iranische Atomanlagen

Bevor die Geschichte erzählt wird, sei hier noch ein Link zu einer „seriösen Zeitung“ angebracht, denn der geneigte Leser glaubt oft, im Internet würde eine Menge Erfundenes erzählt, während „seriöse Zeitungen“ die Wahrheit sagen würden.

Eins nach dem anderem: Es handelt sich um „detaillierte Baupläne für Nuklearwaffen, für Gas-Ultrazentrifugen zur Anreicherung von waffenfähigem Uran sowie für Lenkwaffen“, also um die Essenz der Pläne, um Atomwaffen zu bauen und auch die Trägerraketen, das Brisante der Atomtechnologie, alles aus US-Quellen.

Diese brisanten Daten waren in die Hände von Abdul Khan gelangt, dem „Vater der pakistanischen Atomwaffe“. Wie sie dorthin gelangt sind, darüber haben wir hier schon in den beiden Teilen der „Türkei-Connection“ berichtet, Teil 1 und Teil 2.

Diese brisanten Unterlagen seien dann an die Schweizer Familie Tinner gelangt, einen Vater und zwei Söhne, alle drei Ingenieure. All dies, wie gesagt, „gut dokumentiert“ nach NZZ.

Tinners Haus in Haag in der Schweiz

Nun kommt der entscheidende Teil: Die drei Tinners haben, nach allem, was man heute weiss, diese Unterlagen an Libyen und an den Iran verkauft. Den IRAN??? Ja, den Iran!

Aber das würde ja bedeuten, ultrageheime Atom- und Raketen-Unterlagen der Vereinigten Staaten wären in die Hände des Erzfeindes Iran gelangt und die US-Regierung hätte nicht einmal davon gewusst???

Gemach, gemach, die CIA ist immer und überall. Natürlich hat man davon gewusst, hat es aber nicht verhindert. Warum? Ja, das wäre die Frage.

CIA-Hauptquartier Langley

Statt den Deal mit den beiden Erbfeinden der Vereinigten Staaten zu verhindern (damals galt Libyen auch noch als Hauptfeind), wartete man ab, bis alles übergeben war und erpresste dann die drei Tinner. Sie waren gezwungen, nun auch für die CIA zu arbeiten.

Zuerst Geheimnisse liefern, um dann Anlass für Krieg zu haben?

Wenn Sie den Berichterstatter fragen, warum man das so gemacht hat: Das bleibt im Dunkeln der Geschichte. Bleibt der Verdacht, man wollte absichtlich, dass die Feindstaaten in den Besitz dieser Unterlagen gelangten, um sie dann später anklagen zu können, nach dem Besitz von Atomwaffen zu streben und damit einen Krieg gegen sie zu begründen.

Urs Tinner

Wie auch immer, die Vereinigten Staaten haben kein Recht, den Iran anzuklagen, wenn sie selbst solche Unterlagen geliefert haben bzw. bewusst nicht verhindert haben, dass all dies dort ankommt!

Aber, zurück zur Geschichte, das Ganze blieb den Schweizer Behörden nicht lange verborgen und die drei Tinners wanderten in Untersuchungshaft. Es wurden all jene Unterlagen gefunden, deren Brisanz dann schnell klar war. Die Untersuchungshaft zog sich für die beiden Tinner-Söhne auf über 3 Jahre hin. Immerhin kein üblicher Fall. Eine Untersuchungshaft von mehr als eineinhalb Jahren gilt international als Bruch der Menschenrechte.

Doch was tun mit all der Brisanz? Die Unterlagen sind extrem kompromittierend für die Vereinigten Staaten, denn aus ihnen geht hervor, sie stammen von dort. Aber aus Gründen, die man nur vermuten kann, - und welch sinistre Vermutungen – wurden sie nicht zu den Gerichtsakten der Verfahren gegen die drei Schweizer gegeben. Ende des Jahres 2007 wurde vielmehr beschlossen, diese Unterlagen zu vernichten, insgesamt 30.000 Akten und Computerarchive!

Das stinkt meilenweit! Jetzt haben die Tinners nämlich eine schöne Ausrede: Auch entlastende Akten wurden vernichtet und damit wird man sie nicht mehr verurteilen können. Der Vater wurde schon aus der Untersuchungshaft entlassen.

Schon vorher hatte die Schweizer Regierung den Justizbehörden offiziell verboten, die Tinners wegen Spionage für eine fremde Macht anzuklagen.

Sie fragen: Aber warum denn das? Ja, das fragen sich alle.

Anscheinend hat die Schweizer Bundesregierung in der Sache Dreck am Stecken, aber wie? Sollten die Tinners etwa Schweizer Geheimdienstagenten sein, also Angestellte der Regierung?

Nun, auf jeden Fall – und nun wird es wirklich kompliziert: Die UBS, eines jener grossen, extrem geheimen und extrem zuverlässigen Schweizer Bankinstitute, war anscheinend in Geldwäsche- bzw. Steuerhinterziehungsdinge in den USA verwickelt (was beides meistens Hand in Hand geht). Der Spitzenmanager dieser Bank in den USA, Martin Liechti, wird im Moment in den USA festgehalten – als Zeuge. Es läuft ein Verfahren gegen einen Mitarbeiter der Bank. Sollte die Bank da verwickelt werden, wäre das ein Desaster für das Geldinstitut.

Doch da gibt es eine Reise des damaligen Justizministers der Schweiz, Christoph Blocher, in die USA, im Oktober 2007. Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurden die kompromittierenden Unterlagen aus US-Besitz vernichtet.

Nun erwarte die Schweiz, wie Berns Botschafter in Washington verlauten liess, der Fall möge “so behandelt werden, wie es der sehr guten Rechtstradition zwischen den USA und der Schweiz entspricht.“

Nachtigall, ick hör dir trapsen!

Eine Hand wäscht die andere?

Aber nur eine Person, die extrem bösartig ist und immer Schlechtes denkt, würde annehmen, hier sei ein Deal getätigt worden nach dem Motto: „Ich vernichte Unterlagen, die belegen würden, du hast selbst dem Erzfeind die Atomunterlagen geliefert und du hältst dafür meine Bank aus jenem Skandal heraus.“


Veröffentlicht am 29. Mai 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung


Zusatz zum Artikel

In der Originalveröffentlichung (Link oben) ist ein You Tube Video zu sehen, in dem die moderneren Waffen des iranischen Militärs gezeigt werden. Nichts besonders auffallendes, aber die USA würden bei einem Angriff auf den Iran auf deutliche Gegenwehr treffen.

Hier geht es zum 2.Teil des Artikels "Die Tinner-Connection"

Dienstag, 27. Mai 2008

Bodenhaftung - oder: Wie mache ich einen Politiker schlecht

Die bürgerlichen Medien und Lafontaine

Von Karl Weiss

Die Berichterstattung der „Süddeutschen“ (die sich gerne selbst als ‚Qualitätszeitung’ feiert) über den Parteitag der Linken in Cottbus vom 24. Mai ist ein deutliches Beispiel, wie deutsche bürgerliche Medien in die tiefe Kiste der Demagogie, der gezielten Auslassung, der Verschleierung und der versteckten Andeutungen greifen, wenn es darum geht, unliebsame Politiker schlecht zu machen. Ebenso zeigt sie: Es ist pure Illusion, Bericht und Kommentar trennen zu können.

Süddeutsche - historisches Foto des Redaktionsgebäudes in der Münchener Sendlinger Strasse

Der Artikel, gezeichnet von einem Subjekt namens Denkler, ist nicht als Kommentar gekennzeichnet, sondern steht im Teil der Berichterstattungen, die - nach der eigenen Ideologie bürgerlicher Medien – strikt objektiv und neutral sei. Nun, betrachten wir die Neutralität und Objektivität dieser Berichterstattung:

Die untergründigen Andeutungen beginnen schon in der Überschrift: „Oskar stellt die Überlebensfrage“. Also ist die Linke vom Untergang bedroht, es geht ums Überleben! Was hat Oskar Lafontaine wirklich gesagt? (Nebenbei, hat man bei Schröder auch „Helmut“ geschrieben, oder gilt der Vorname nur für Leute, die keinen Respekt verdienen?) Lafontaine hat einfach die Wahrheit ausgesprochen, die für jede Partei in Deutschland und vergleichbaren Ländern gilt: „...die Linke braucht immer ein eigenständiges Profil. (...)Wenn sie [das] nicht hat, wird sie nicht überleben.“ Ein deutlicher Wink an den rechten Flügel der Partei, immer unterscheidbar zu bleiben von der SPD. Wenn der Titelschreiber daraus macht, für die Linke stünde die Überlebensfrage, so ist das infam – oder sagen wir, reines Wunschdenken.

Was auf keinen Fall in den Artikel darf, ist natürlich, was Lafontaine gesagt hat. Nicht ein einziges zusammenhängendes Zitat von mehr als drei Zeilen aus seiner Rede.

Die nächste Aufgabe: Lafontaine muss als wildgewordener, hartleibiger Trottel dargestellt werden, der nie Kompromisse kennt, sondern immer ALLES will. Nichts einfacher als das: „Die Nato lehnt er ab, solange diese aus seiner Sicht völkerrechtswidrige Kriege unterstützt, und Hartz IV muss weg. Beides Ziele ohne Bodenhaftung...“

Ja, die Bodenhaftung. Was ist denn das? Kontakt zur Realität. Kontakt zum einfachen Bürger. Will also sagen, die Unterstützung der Nato und ihrer völkerrechtswidrigen Kriege, die 70% der Bevölkerung in der Bundesrepublik ablehnen, das ist mangelnde Bodenhaftung. Hartz IV, mit gleicher Mehrheit abgelehnt, das ist Bodenhaftung. Wer das ablehnt dagegen, der hat die Bodenhaftung verloren, der schwebt in den Lüften der Illusionen. Immerhin bemerkenswert, 70% der deutschen Bevölkerung in der Luft.

Wer hat in Wirklichkeit die Bodenhaftung verloren? Die korrumpierte Politikerkaste und die 30% der Bevölkerung, die sie noch (zeitweise) überzeugen kann oder die riesengrosse Mehrheit der Bevölkerung und mit ihnen Lafontaine? Dass man selbstverständlich völkerrechtswidrige Kriege nicht unterstützen darf, dass Hartz IV weg muss, das sind tatsächlich grundlegende Dinge, die nur Ignoranten als verhandelbar ansehen können. Ein bisschen völkerrechtswidrig darf sein? Ein bisschen Hartz IV darf sein?

Ein Student, der zwei Semester Völkerrecht gehört hat, kann bereits einstufen: Der Afghanistan-Krieg ist völkerrechtswidrig. Niemand hat das Recht, ein anderes Land zu überfallen, zu besetzen und dort eine Marionettenregierung einzusetzen, wenn das Land nicht seinerseits vorher andere Länder überfallen hat. Diese Regeln sind einfach und klar und Deutschland hat sie als UN-Mitglied ebenso ratifiziert wie die USA.

Und Hartz IV?.Seit 1948 in die Köpfe der Bundesbürger einhämmern: Nein, wir leben nicht in einem kapitalistischen Unnrechtsregime, wir leben angeblich in einem Sozialstaat. Wer arbeitslos wird, braucht sich keine Sorgen zu machen. Er wird ein Auskommen haben. Die Abgabe dazu ist Pflichtabgabe, nicht etwa freiwillig. Zwangsabgabe - 57 Jahre lang. Und dann nach 57 Jahren darf man das einfach aufheben (das Auskommen, nicht etwa die Abgabe) und die Arbeitslosen in absoluter Armut lassen? Ätsch! Wers geglaubt hat, ist selber schuld! Wer gezahlt hat, ist gelackmeiert! Hahahaha, leichtgläubiges Volk!

Wer hat die Bodenhaftung verloren? Die Hartz IV gemacht haben und sich übers Volk lustig machen? Oder das Volk, das nun in steigender Armut leben muss und selbstverständlich Hartz IV weghaben will?

Die Linke 2008

Aber auch das reicht noch nicht. Lafontaine muss auch noch als brutaler Machtmensch dargestellt werden, der im Zweifelsfall über Leichen geht. Nur kann man das ja nicht so einfach behaupten. Also sagen wir einfach, andere haben es behauptet: „Es ist einiges geschrieben worden im Vorfeld – vor allem über Lafontaine. Dass vielen in der Partei das Alleinherrscher-Gehabe ihres Vorsitzenden nicht passe, vielen sein Macho-Auftreten gegen den Strich gehe.“

Haben Sies gemerkt, wie man das macht? Man nennt nicht Ross und Reiter, aber hat gesagt, was man sagen wollte. Ist aber noch ein wenig schwach. Also tragen wir dicker auf: Wir setzen ein Foto von Lafontaine in den Artikel, auf dem er die Faust zeigt und schreiben drunter: „Oskar Lafontaine: Alleinherrscher-Gehabe, Macho-Auftreten“

Sie glauben es nicht? Sie meinen, die „Süddeutsche“ würde eine solche Schweinerei nicht machen? Sehen Sie selbst.


Veröffentlicht am 27. Mai 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Montag, 26. Mai 2008

Rettet Brasilien den Ölpreis?

„Alles was besteht, ist Wert, dass es vergeht“

Von Karl Weiss

In einem Artikel des New Yorker Wall Street Journal vom 23. Mai 2008 wird die Erwartung geäußert, die riesigen neu entdeckten Vorkommen durch die brasilianische Petrobras könnten dem knapper werdenden Öl den nötigen Nachschub verschaffen, um den Ölpreis im Zaum zu halten. Das ist aber eine eher vage Hoffnung. Währenddessen überstieg der Erdölpreis, vor wenigen Monaten noch bei 70 Dollar, die Grenze von 135 Dollar pro Barrel.

Brasilien (topographisch)

Wie bereits berichtet (hier und hier), wurden in den letzten Monaten zwei riesige und ein mittleres Feld von Erdöl vor der brasilianischen Küste gefunden. Es handelt sich um sogenannte Unter-dem-Salz-Ölfelder, die im Prinzip an mehreren Stellen der Welt bekannt sind, aber bisher noch nie erschlossen werden konnten. Sie liegen weit draußen im Meer. Eines der Felder, dessen geschätzte Kapazität in der vergangenen Woche bekanntgegeben wurde (eines der größten, das je gefunden wurde), liegt 250 km vor der Küste. Die Wassertiefen sind dort 2000 m oder noch mehr. Das Öl liegt aber nicht kurz unter dem Meeresboden. Dort finden sich vielmehr beträchtliche Salzschichten, die wegen ihrer Löslichkeit in Wasser zu gewaltigen Druckschwankungen neigen. Erst weitere zwei Kilometer unter dem Meeresboden trifft man das Öl an.

Die halbstaatliche brasilianische Petrobras und eine Anzahl von spezialisierten Firmen, die in Niteroi oder Macaé im Bundesstaat Rio de Janeiro angesiedelt sind, haben in den letzten zwei Jahrzehnten Methoden entwickelt, wie man in großen Meerestiefen nach Öl bohren und Öl fördern kann und im letzten Jahrzehnt auch, wie man Öl finden und pumpen kann, das weit unter dem Meeresboden liegt. Allerdings sind die Schwierigkeiten der Ausbeutung von Unter-dem-Salz-Ölfeldern bisher nur teilweise bekannt und man muss mit unangenehmen Überraschungen rechnen, die einen Förderbeginn beträchtlich verzögern können.

Logo Petrobras

Selbst wenn das nicht eintritt, kann man kaum vor 2020 damit rechnen, dass diese drei Felder nennenswert fördern werden. Die Mittel, die dafür bereitgestellt werden müssen, sind beträchtlich. Allerdings hat sich die Petrobras-Aktie seit den ersten Gerüchten über grosse Ölfunde raketenhaft entwickelt. Nicht zuletzt daher auch das Interesse des Wall Street Journal an dieser Entwicklung. Wer im Oktober 2007 für eine Million Dollar Petrobras-Aktien gekauft hat, hat heute zweieinhalb Millionen an Wert auf dem Konto

Und das bei einem Konzern, der noch zu über der Hälfte dem brasilianischen Staat gehört. Jedenfalls hat die Wertsteigerung des Konzerns dazu geführt, dass die Milliardenbeträge zum Erschliessen der Felder zur Verfügung stehen. In allen drei Fällen ist die Petrobras jeweils Führer eines Konsortiums, das auch andere Ölgesellschaften einschliesst, so zum Beispiel die portugiesische Galp Energia.

Die Petrobras ist heute eine der Firmen mit dem höchsten Wert in den Amerikas und hat bereits Microsoft und General Electric hinter sich gelassen.

Erdöl 1

Sollten sich alle Erwartungen erfüllen, könnte Brasilien in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts sogar Venezuela als größten lateinamerikanischen Ölförderer überholen.

Nur- dies alles hilft im Moment nicht im geringsten, das Hoch des Erdölpreises zu stoppen. Vor etwa sieben Jahren wird nicht ein Tropfen Öl aus den neuen Feldern kommen und bis dahin wird sich das Geschick des Ölpreises schon entschieden haben, so oder so.

Es rächt sich nun das Vertrauen in die bürgerlichen Ökonomen für alle jene Länder, die von importierten Produkten auf Erdölbasis abhängig sind, aber nicht in alternative Energien investiert haben, so wie die meisten entwickelten Länder Europas (mit Ausnahme Schwedens), die USA und Japan: Ihre Ölrechnung wird gewaltig ansteigen. Bisher war das noch nicht der Fall, weil in diesem Geschäft mit langfristigen Verträgen gearbeitet wird. Wenn aber ein Preis des Rohöls von über 130 Dollar pro Barrel breit wirksam werden wird, wird das Heulen und Zähneknirschen allgemein sein.

Einige Beobachter sprechen aber bereits von Ölpreisen von 150 Dollar oder 200 Dollar in nicht allzu ferner Zukunft. Das würde alles über den Haufen werfen, was bisher so liebevoll geplant wurde.

Was man an Preissteigerungen an den Zapfsäulen sieht , ist noch gar nicht die erhöhte Rechnung, sondern einfach die Vorwegnahme und Mitnahme von Profiten durch die Ölkonzerne. Die erhöhte Rechnung wird erst gegen Ende des Jahres und mit voller Wucht 2009 kommen. Dabei wird es dann nicht nur um hohe Benzin- und Dieselpreise gehen, sondern auch um eine generelle Inflation, weil der Transport überall teurer wird, was sich auf fast alle Produkte auswirkt.

Dies, während sich gleichzeitig die Wirtschaftskrise über die Länder ausbreitet. Schnell wird deutlich werden: Die Zentralbanken können machen, was sie wollen, es wird immer falsch sein. Erhöhen sie die Zinsen, um die Inflation im Zaum zu halten, vertiefen sie die Wirtschaftskrise, erniedrigen sie die Zinsen, um die Wirtschaft anzukurbeln, werden sie eine galoppierende Inflation bekommen, tun sie gar nichts, bekommen sie beides: Wirtschaftskrise mit Inflation.

Die bürgerlichen Ökomomen hatten uns immer wieder eingetrichtert: Alles bleibt, wie es ist! Grosse Veränderungen wird es nicht geben. Es braucht nicht auf alternative Energien umgestellt zu werden!

Die Ölpreise werden wieder auf das Niveau von 40 Dollar pro Barrel zurückgehen. Später dann: Die Ölpreise werden wieder auf das Niveau von 70 Dollar pro Barrel zurückgehen. Noch vor einer Woche versicherten alle: Das Übersteigen von 120 Dollar war nur zeitweise, bald wird sich die Spekulation gelegt haben.

Doch nun wird es langsam allen Beteiligten klar: Die bürgerlichen Ökonomen stehen in der Unterhose da, mit Nasen so lang wie Pinocchio. Nichts wird mehr so sein , wie es war. Der gute alte Karl Marx hat einmal wieder Recht behalten: “Alles, was besteht, ist Wert, dass es vergeht.“

Karl Marx

Es wird immer deutlicher: der Kapitalismus hat keine Lösung zu bieten, für keine einzige Frage der Menschheit, lediglich die Profite der Reichen, die werden (fast) unangetastet bleiben.

Veröffentlicht am 26. Mai 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Sonntag, 25. Mai 2008

Folter an Kindern

Fürchterlich schrille Schreie

Basiert auf einem Artikel von Elmar Getto

Angesichts neuer Meldungen, dass internationale Beobachter und Journalisten weiterhin und wiederholt berichten, in irakischen Gefängnissen (d.h. in der Gewalt der US-Regierung) würden Hunderte oder sogar Tausende von Kindern gefangen gehalten - und wohl auch gefoltert – soll hier noch einmal ein Ausschnitt eines Artikels von Elmar Getto veröffentlicht werden. Wenn die Frage der Besatzung im Irak ansteht, so ist das unmenschlichste neben den 1 Million Ziviltoten die Folter an Kindern.

Bild eines nackt angekettetn Gefangenen in Stress-Haltung aus Abu Ghraib
Bild eines nackt angebundenen Gefangenen in "Stresshaltung" in Abu Ghraib

Damals, kurz nachdem jene Bilder (von Abu Ghraib) um die Welt gingen, wurde bekannt, daß noch andere Bilder aus irakischen "Gefängnissen" existieren und auch Videos, die aber nicht veröffentlicht wurden.

An den Grenzen menschlicher Vorstellungskraft

Der US-Journalist Seymour Hersch gab an, sie gesehen zu haben und erklärte, es handele sich um viel weiter Gehendes, an die äußersten Grenzen menschlicher Vorstellungskraft gehende Folterbilder und -videos. Wo sind sie? Warum werden sie zurückgehalten?

Damals, im Juli 2004, der Skandal mit den bekanntgewordenen Bildern aus Abu Ghraib war gerade auf dem Höhepunkt, wurde veröffentlicht, wer die Bilder und Videos vorliegen hat:

Die US-Regierung,

das US-Repräsentantenhaus,

das Magazin „New Yorker" und

die Zeitung „Washington Post"

Bild aus Abu Ghraib eines Gefangenen auf einem Hocker mit Kapuze.
Bild aus Abu Ghraib eines Gefangenen in "Stress-Haltung" auf einem Hocker mit Kapuze

Bis heute, Jahre später, hat niemand von ihnen die Bilder und Videos der Öffentlichkeit zugängig gemacht.

Von der Regierung war das ja zu erwarten, denn diese Bilder beweisen, wie damals Seymour Hersch vom ‚New Yorker’ schon bemerkte, daß es sich bei den Folterfällen keineswegs um die Taten einiger weniger gehandelt hat, sondern daß Folter systematisch und auf Befehl von oben angewandt wurde - und wird.

Das bekannte Bild mit einem Gefangenen mit Kapuze auf dem Hocker, mit Drähten angebunden.
Gefangener in AbuGhraib mit Kapuze, mit Drähten angebunden

Doch im Repräsentantenhaus - gibt es da keine Opposition? Wo ist die demokratische Partei? Offensichtlich abgetaucht! Die US-Amerikaner sind genauso wie wir einer großen Koalition von eng miteinander Verbrüderten ausgesetzt, die zwar um die Fleischtöpfe der Macht gegeneinander kämpfen, aber ansonsten bestens miteinander auskommen.

Bild eines nackten Gefangenen in "Stress-Haltung"
Bild eines nackten Gefangenen in Abu Ghraib, angebunden in Stresshaltung, mit Unterhose über dem Kopf

Und was ist mit der Presse los, die Washington Post, die noch den Watergate-Skandal um Präsident Nixon ins Rollen bracht? Heute scheint alles gleichgeschaltet, selbst der ‚New Yorker’. Statt dessen haben die Medien von Prozessen gegen die zwei Sündenböcke von Abu Ghraib berichtet, als ob diese die Schuldigen wären und nichts offen blieb nach ihren Verurteilungen. Das waren Verdrehungen, deren sich jeder Journalist bis ins Grab schämen muß.

Das schockierendste von allem ist, daß Bush Kinder foltern ließ und läßt. Die ersten Meldungen darüber gab es in „Report Mainz" im Sommer 2004. Florian Westphal, ein Repräsentant des Internationalen Roten Kreuzes, berichtete dort, daß das Rote Kreuz bei seinen Inspektionen in den Gefängnissen der Besatzer im Irak 109 Kinder angetroffen hatten (die internationale Definition von "Kinder" ist "höchstens 14 Jahre alt").

Bild des "Berges der nackten Gefangenen"
Bild des "Berges der nackten Gefangenen mit Kapuze" aus Abu Ghraib

In der Sendung gab es auch einen Augenzeugenbericht von US-Staff Sergeant Samuel Provance, der über sexuellen Mißbrauch von Mädchen mit 15 und 16 Jahren berichtete.

Der beeindruckendste Zeugenbericht allerdings kam von Seymour Hersch, der von einem der Videos erzählt: „Dort wurden Kinder, Jungen gefoltert, indem man sie ‚sodomized’" (das ist der übliche US-Ausdruck für Analsex), sagte er. „Das schlimmste von allem war der Ton des Videos, wenn man die Jungen fürchterlich schrill schreien hörte. Und das ist unsere Regierung im Krieg!"

Abu Ghraib Folterszene - blutender, nackter Gefangener. Zu diesem Foto existieren verschiedene Versionen. Eine besagt, der Gefangene ist bereits tot, eine andere, er sei lediglich durch einen Hundebiss verletzt und es handele sich nicht um Folter.
Abu Ghraib-Folterszene: Blutender, nackter Gefangener

Mütter, Väter, könnt ihr euch vorstellen, wenn das mit Euren Töchtern, mit euren Söhnen gemacht würde? Könnt ihr euch vorstellen, daß manche dort im Irak sich entschließen, ihr eigenes Leben zu opfern, um Widerstand gegen diese Besatzer zu leisten?

Dazu kommt, daß laut Aussagen von Mitgliedern des Roten Kreuz Offiziere in den Gefängnissen selbst zugegeben haben, daß zwischen 70 und 90% der Inhaftierten in den Gefängnissen „versehentlich" gefangen genommen wurden, daß heißt sie sind - selbst nach US-Einschätzung - unschuldig.

Abu Ghraib 5-6
Foltertoter in Abu Ghraib

Es ist und bleibt einer der größten Medienskandale des ganzen Irak-Krieges, daß diese Tatsachen von den Medien nicht berichtet werden, daß die Bilddokumente nicht freigegeben werden, die Freigabe der Bilder und Videos nicht gefordert wird, daß man statt dessen jeweils die Versionen der US-Regierung veröffentlicht wie eine Herde von nachkäuenden Kühen.

William Rivers Pitt, ein US-Bestseller- und New-York-Times-Autor, sagte dazu: „Wer ist verantwortlich für diese Abirrungen? Kinder foltern für die Freiheit? Ist es das, zu was wir geworden sind?"

Amerkung: Die im Artikel eingestzten Bilder sind jene, die damals veröffentlicht wurden, nicht etwa jene "viel weiter gehenden".


Hier sind Links zu anderen Artikeln in diesem Blog zum Abbau von bürgerlichen Rechten in den USA:

- Kann man mit Telephon-Überwachung Terrorzellen ausheben?

- Die USA am Scheideweg: Innerhalb oder ausserhalb der zivilisierten Welt?

- USA: Faschisierung des Staatsapparates, Teil 1: Es geht gegen das eigene Volk

- USA: Faschisierung des Staatsapparates, Teil 2: 432 Millionen Dollar für ‚Internierungslager’

- Statistischer Beweis: Wahlfälschung bei den US-Präsidentschaftswahlen

- Wenn Regierungen Geiseln nehmen – Benattas, noch ein Fall von Geiselhaft

- USA: Wer Menschenrechte verteidigt, fliegt raus – CIA-Agentin entlassen

- Folter – CIA-Folterflüge und europäische Regierungen

- Anti-Terrorgesetze früher und heute – Das ‚Detainee Treatment’-Gesetz in den USA

- Wenn bürgerliche Rechte abgeschafft werden... USA – Land der Freiheit?

- USA: Absurditäten des religiösen Extremismus

- Interviews mit Gunatánamo-Insassen

- USA: Erst schiessen, dann fragen – Warlord Country

- USA: Sex unter 18? – 10 Jahre Gefängnis!

- Fürchterlich schrille Schreie von gefolterten Jungen

- Gedankenpolizei

- Justiz im US-Bundesstaat New Jersey: Kein Internet für ‚Sex offenders’

- Frau in Justiz-Zelle fast verdurstet


Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur Folter:

- Profimässig foltern – wie ist das?

- Bush und Rumsfeld foltern!

- Folter – CIA-Folterflüge und europäische Regierungen

- Warum wird gefoltert?

- Die USA am Scheideweg – Innerhalb oder ausserhalb der zivilisierten Welt?

- Beine zu Brei geschlagen – Folter in Afghanistan

- Interviews mit Guantánamo-Insassen

- Wenn bürgerliche Rechte abgeschafft werden... - USA-Land der Freiheit?

- Kann man durch Folter Wahrheit erfahren?

- Fürchterlich schrille Schreie von gefolterten Jungen

- Folter, Folter ohne Ende

Samstag, 24. Mai 2008

Fussball: Libertadores und Brasilien-Meisterschaftsrunde

Der Libertadores-Titel läuft auf Boca Juniors zu

Von Karl Weiss

Wie immer im Mai, hat die brasilianische Fußball-Meisterschaft begonnen, die bis Dezember laufen wird. Es gibt keinen herausragenden Favoriten. In der Copa Libertadores, dem südamerikanischen Gegenstück zur Champions Leage, haben die Achtel- und Viertelfinale stattgefunden und die Begegnungen der Halbfinale stehen fest.


Alle Fotos in diesem Artikel sind vom Rückspiel des Viertelfinals der Libertadores zwischen den beiden brasilianischen Clubs Fluminense und São Paulo im gefüllten Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro

Zunächst zur Libertadores, wo es überraschende und erwartete Ergebnisse gab und wo auf höchstem Niveau gespielt wird, auch wenn man die Champions Leage zum Vergleich heranzieht. Allerdings sind die Spiele in Südamerika weit interessanter, weil es viele Torszenen gibt und kein zehn- oder zwanzigminütiges Mittelfeld-Geplänkel.

In den Achtelfinalspielen lief alles, mit einer Ausnahme, wie erwartet.

Der beste der Gruppenersten aus der Gruppenphase, Fluminense Rio de Janeiro, setzte sich wie erwartet gegen den schlechtesten der Gruppenzweiten durch, Atletico Nacional aus Kolumbien, wenn auch mit Schwierigkeiten mit einem mageren 1:0 zu Hause und einem 2:1 beim Gegner im Norden des südamerikanischen Kontinents.

Flamengo Rio de Janeiro war zwar der zweitbeste der Gruppenphase und der mexikanische Meister America Mexiko Stadt nur der zweitschlechteste der Gruppenzweiten, aber trotz der Schwächephase blieb America einer der wesentlichen Favoriten und wurde dieser Rolle in überragender Weise gerecht. Flamengo hatte völlig überraschend in Nordamerika mit 4:2 gewonnen und es schien nur noch eine Kleinigkeit zu sein, die Qualifikation im Maracanã-Stadion in Rio nach Hause zu schaukeln. Doch America traf auf ein seltsam apathisches Flamengo-Team (Unterschätzung des Gegners?) und gewann mit 3:0 auf gegnerischem Platz doch noch den Einzug ins Viertelfinale. Mit dieser Leistung steht America nun gleichberechtigt mit Boca Juniors auf dem Podest des Favoriten.



Die einzige größere Überraschung im Viertelfinale war die Qualifikation von San Lorenzo Buenos Aires gegen den Lokal- Rivalen River Plate. San Lorenzo hatte dem berühmten argentinischen Club in dessen Stadion ein Unentschieden abgetrotzt und im eigenen gewonnen. Aber Lokalderbys haben immer eigene Gesetze.

Erwartungsgemäss setzte sich Atlas Guadalajara aus Mexico gegen den anderen argentinischen Verein Lanus durch. Mit einem Sieg in Argentinien hatte man schon des Sack zugemacht und brauchte dann zu Hause nur noch ein Unentschieden.

Ebenso erwartet war der Durchmarsch von Libertadores-Favorit Boca Juniors Buenos Aiores gegen Cruzeiro Belo Horizonte, auch wenn hier in Belo Horizonte viele nicht wahr haben wollten, dass ein Klassenunterschied besteht. Boca gewann beide Spiele mit 2:1.



Es ist eine Augenweide, den Angriffswirbel von Riquelme, Palacio und Palermo zu sehen, da dürfte auch Manchester United in Schwierigkeiten kommen. Aber auch die Abwehr mit den beiden Nationalspielern Cáceres und Ayala kann sich auch international sehen lassen.

Dass der schwächste der verbliebenen argentinischen Clubs, Estudiantes La Plata , sich nicht gegen die starke Mannschaft von LDU Quito aus Ekuador durchsetzen konnte, war ebenfalls schon im Artikel vom 25. April vorhergesagt worden. 2:0 hatte LDU schon in der Höhenlage von Quito vorgelegt und konnte dann 1:2 in Argentinien verlieren und doch noch weiterkommen.

Der andere Kolumbianische Vertreter Cúcuta musste sich gegen Santos zweimal mit 2:0 geschlagen geben.



Schliesslich schied noch der einzig verbliebene Vertreter Uruguays, Nacional, gegen São Paulo aus. Einem torlosen Unentschieden in Montevideo folgte ein 2:0 im heimischen Morumbi-Stadion in Brasiliens Metropole São Paulo.

So ergaben sich fast genau die im Artikel am 25. April vorausgesagten Vietelfinalbegegnungen, ausser der Abwesenheit von River Plate:

Zwei der drei verbliebenen brasilianischen Vereine kamen gegeneinander, Fluminense und São Paulo – Pokalsieger gegen Meister - kaum eine Voraussage war möglich. Mitfavorit Amerika Mexiko kam gegen Santos aus der Stadt mit Brasiliens und Südamerikas grösstem Hafen, sicher kein leichtes Siegen. San Lorenzo Buenos Aires bekam es mit LDU Equador zu tun, das in dieser Libertadores schon viele Überraschungen geschafft hat. Schliesslich gab es das Duell von Favorit Boca Juniors gegen Atlas Guadalajara, das – bei aller Liebe – eigentlich nur den argentinischen Verein als Sieger sehen dürfte.



Entgegen der Voraussage des Berichterstatters gewann Fluminense Rio gegen São Paulo, obwohl man sich im Hinspiel mit 1:0 geschlagen geben musste. Das Rückspiel im Maracana-Stadion in Rio wurde am 21. Mai zu einem Krimi. Zunächst ging die Heimmannschaft mit 1:0 in Führung und glich den Vorteil von São Paulo aus. Dann schaffte São Paulo das Unentschieden und sah schon wie der Sieger aus, denn nun musste Fluminense gegen die geballte Abwehr des brasilianischen Meisters (nur 15 Gegentore in der ganzen Saison des vergangenen Jahres!) zwei Tore erzielen, um weiterzukommen – und es war nur noch eine Halbzeit Zeit. Flu, wie man in Rio liebevoll den Traditionsverein abkürzt, schaffte dann das 2:1, aber damit wäre São Paulo immer noch weitergekommen, denn auch in der Libertadores gelten Auswärtstore doppelt. Die reguläre Spielzeit endete und auf der Bank des brasilianischen Meisters machte man sich schon zum Jubeln fertig, da schaffte Fluminense in der 92. Minute durch einen Kopfball von Washington nach einer Ecke das 3:1 gegen den Favoriten und war qualifiziert. Der Trainer von São Paulo, Muricy Ramalho, bemerkte, er werde Monate brauchen, um das zu verdauen.

Auch die hochfavorisierte Elf von Boca Juniors konnte zunächst den Erwartungen nicht entsprechen und legte zu Hause nur ein Unentschieden 2:2 gegen Atlas aus Mexiko vor. Doch dann, am 23. Mai in Nordamerika, platzte der Knoten: Mit 3:0 auswärts wurde man der Favoritenrolle gerecht.



Die am meisten umkämpften Spiele aber ergaben sich bei den beiden Duellen von America Mexiko Stadt und Santos. Das Hinspiel im Aztekenstadion von Mexiko Stadt, älteren Fußball-Fans noch ein Begriff aus 1986, als Deutschland dort im Endspiel der Weltmeisterschaft von Argentinien mit 3:2 geschlagen wurde, war ein offener Schlagabtausch, wie es das offensive Spiel von Santos ergab. Zwar musste Santos dort zwei Tore hinnehmen, schoss aber selbst auch ein reguläres Tor, doch dieses wurde vom Schiedsrichter wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung nicht gegeben. Santos ist bis heute empört über diese Entscheidung des argentinischen „Unparteiischen“ (natürlich, ein Argentinier!) und hat offiziell protestiert, aber wie üblich, ergab das gar nichts. Im Rückspiel am 23. Mai hatte Santos Chancen, um drei Spiele zu gewinnen, aber man schaffte nur ein 1:0, das nicht ausreichte (aber ausgereicht hätte, wäre das Tor in Mexiko anerkannt worden).

Schliesslich sind noch die Viertelfinalspiele des vierten Gespannes zu erwähnen, zwischen dem argentinischen San Lorenzo und dem Vertreter von Ekuador, LDU. Beide Spiele gingen 1:1 unentschieden aus und das fällige Elfmeterschiessen gewann in der Höhenlage von Quito der heimische Verein mit 5:3.

Damit ist seit vielen Jahren zum ersten mal die Situation eingetreten, dass weder von Brasilien noch aus Argentinien zwei Mannschaften im Halbfinale stehen. Es sind vielmehr noch vier Länder vertreten: Neben Argentinien und Brasilien Mexiko und Ekuador. Ebenfalls steht bereits fest: Entweder ein Mexikanischer oder Ekuadorianischer Verein wird im Finale stehen. Auch das, im Finale andere Vereine als Argentinier oder Brasilianer, ist bereits seit fünf Jahren nicht mehr vorgekommen.

Die beiden Halbfinal-Auseinandersetzungen sind anscheinend leicht vorherzusagen:

Zunächst (27. Mai) muss LDU (Ekuador) im mexikanischen Aztekenstadion (fast 3000 Meter Höhe) gegen America antreten, dann kommt das Rückspiel in der Höhenlage von Quito (ebenfalls etwa 3000 Meter über dem Meeresspiegel) am 3. Juni. Kaum vorstellbar, dass da LDU als Sieger hervorgeht.

Im anderen Halbfinale tritt Fluminese Rio de Janeiro, der letzte verbliebene brasilianische Verein, in Buenos Aires an (28. Mai). Zwar darf Boca in diesem Spiel nicht das eigene Stadion benutzen, sondern muss auf ein anderes Stadion in Buenos Aires ausweichen, weil beim Spiel gegen Cruzeiro Gegenstände geflogen sind und einen brasilianischen Funktionär verletzt haben, aber die Anhängerschaft von Boca wird einen kaum längeren Anfahrtweg haben, so dass hier einmal wieder das Niveau der „salomonischen“ Entscheidungen des südamerikanischen Fussballverbandes aufscheint. Das Rückspiel ist im Maracana-Stadion in Rio am 4.Juni und dann dürfte das Ausscheiden von Fluminense feststehen, denn, wie ein argentinischer Spieler richtig bemerkte: „Fluminense hat keine Tradition“. Der Club aus dem Rio-Stadtteil Laranjeiras (Orangenbäume) hat noch nie in der Libertadores Bäume ausgerissen.

Es müsste schon viel Unvorhersehbares passieren, wenn das Endspiel nicht America (Mexiko) gegen Boca Juniors (Argentinien) heissen würde. Das wäre dann auch seit fünf Jahren das erste Mal, dass kein brasilianischer Verein im Endspiel steht.

Diese Finale wäre dann aber wirklich unvorhersehbar. Boca hätte den wichtigen Vorteil, das Rückspiel zu Hause zu haben, aber man weiss nicht, wie die argentinischen Spieler mit der Höhenlage in Mexiko klarkommen. Bei Spielen mitten in der Woche zwischen Pflichtspielen gibt es ja keine Möglichkeit des Akklimatisierens. Man reist dann so kurz wie möglich vor dem Spiel an.

Währenddessen hat auch bereits die brasilianische Meisterschaft begonnen. Die ersten beiden Spieltage wurden bereits am 10./11. Mai und am 17./18. Mai ausgetragen.

Als Hauptfavorit hätte eigentlich São Paulo gelten müssen, aber das Team ist – jedenfalls im Moment – “von der Stange” und man weiss nicht, wann es sich wieder fängt. Theoretisch ist São Paulo dieses Jahr stärker als im letzten, als man Meister wurde, denn Adriano, der bullige Mittelstürmer, ist bei Inter Mailand ausgemustert worden und zu São Paulo zurückgekehrt.

Der zweite Favorit ist Palmeiras São Paulo, das eben die São –Paulo-Staatsmeisterschaft gewonnen und dabei im Halbfinale São Paulo ausgeschaltet hat. Aber gleich im ersten Spiel (auswärts bei Coritiba) musste man eine glatte 2:0-Niederlage hinnehmen. Ein dritter möglicher Favorit ist Cruzeiro Belo Horizonte, auch wenn man von Boca Juniors deklassiert wurde. Die beiden Auftakt-Siege in Bahia gegen Aufsteiger Vitória und zu Hause gegen Botafogo Rio de Janeiro haben den Spielern Selbstvertrauen gegeben. Von den Rio-Vereinen müssen hauptsächlich Rio-Meister Flamengo und Fluminense, das in der Libertadores glänzt, mit zu den Favoriten gezählt werden.

Aber die Saison ist lang und es kann noch viel passieren. Voraussichtlich wird die Meisterschaft wieder, wie in den Vorjahren, extrem ausgeglichen sein. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass sich einer der Favoriten früh absetzt.
Für den Abstieg kommen wohl als erste drei der Aufsteiger in Frage: Ipatinga, Vitória Salvador und Portuguesa São Paulo, aber im letzten Jahr haben einige der Aufsteiger überrascht, so wie dieses Jahr bereits Náutico Recife, das mit zwei Siegen und vier erzielten Toren an der Tabellenspitze steht.

Eine grosse Lücke hat sicherlich Absteiger Corinthians São Paulo hinterlassen, der Verein mit der zweitgrössten Anhängerschaft in Brasilien nach Flamengo, denn die Duelle mit Corinthians waren immer wieder mitreissend , sei es im gesteckt vollen Pacaembú-Stadion in São Paulo oder auch bei Auswärtsspielen, bei denen oft viele Corinthians-Anhänger anwesend sind, was dann den Reiz einer gemischten Kulisse ergibt.

Zuletzt sei noch erwähnt: Es finden die letzten Spiele des brasilianischen Pokals statt. In eines der Halbfinale haben sich Zweitligist Corinthians und Botafogo Rio durchgekämpft. Das erste Spiel in Rio ging 2:1 für Botafogo aus. Das andere Halbfinale findet zwischen Sport Recife und Vasco Rio statt, wobei Sport zu Hause ein 2:0 vorgelegt hat.

Der brasilianische Pokal hat die Besonderheit, dass er einen Platz in der Libertadores des darauffolgenden Jahres garantiert und ist deshalb besonders umkämpft.


Veröffentlicht am 24. Mai 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung


Zusatz zum Artikel

Wie der Berichterstatter erst nach der Veröffentlichung erfuhr, ist das Halbfinale zwischen Boca Juniors und Fluminense mehr als nur ein Halbfinale. Wird sich nämlich, wie erwartet, America Mexico Stadt gegen LDU Quito durchsetzen, so ist der Sieger des anderen Halbfinales bereits für die FIFA-Vereinsweltmeisterschaft im Dezember im Japan qualifiziert, unabhängig davon, wie das Finale ausgeht. Die Mexikanischen Vereine sind ja in der Copa Libertadores nur eingeladen, können zwar gewinnen, aber nicht den südamerikanischen Verband in Japan vertreten.

Dort wird es aller Voraussicht nach zum Endspiel zwischen Champions-Leage-Sieger Manchester United und dem südamerikanischen Vertreter kommen.

Noch eine andere Bemerkung: In der Originalveröffentlichung in der Berliner Umschau (Link oben) ist ein You-Tube-Video eingesetzt, das offenbar von fanatischen Fluminense-Anhängern aus Rio zusammengestellt wurde. Es zeigt Szenen und Fotos aus Libertadores-Spielen von Boca Junior und Fluminense. Dort kann man u.a. das phantastische 2:1-Tor von Dodô gegen São Paulo sehen, bei dem er die Flanke direkt aus der Luft nimmt und unhaltbar mit riesiger Wucht von ausserhalb des Strafraums verwandelt. Es wird aufgerufen, die "entscheidende Schlacht des Krieges" zu begleiten, das Halbfinal-Spiel gegen Boca Juniors in Rio. Das "dreifarbige Herz" solle bereitet werden.

In Brasilien werden Vereine, die nicht nur, wie üblich, zwei Vereinsfarben haben, sondern drei, wie Fluminense mit den Farben grün-weiss-rot, als "tricolor" bezeichnet. Fluminense ist der 'Tricolor Carioca' - Carioca heissen die Bewohner Rios - und der unterlegene Gegner aus São Paulo mit den Vereinsfarben schwarz-weiss-rot ist der 'Tricolor Paulista'.

Donnerstag, 22. Mai 2008

Warum wurde Nokia geschlossen?

Streik ist die einzige wirksame Waffe

Von Karl Weiss

Das Nokia –Werk in Bochum wurde am 16. Mai geschlossen. Die Belegschaft von 2300 Personen wird fast vollständig entlassen – tröpfchenweise. Jetzt gibt es eine Einigung von Nokia mit der Landesregierung, etwa 30 Millionen für „Arbeitsplatzbeschaffungen“ zur Verfügung zu stellen.

Sozialprotest DGB

Die Schließung des Nokia-Werks hat zum weiteren Mal die Maschinerie der Werksleitungen, Politiker, Medien und rechten Gewerkschaftsführer gezeigt, die in holder Eintracht am gleichen Kunstwerk arbeiten: Werke schließen, ohne dass die Arbeiter zu streiken beginnen. Die Rollen sind vom ersten Tag an verteilt. Die Bosse stellen sich stur (In Wirklichkeit ist längst vereinbart, was sie werden zahlen müssen – jedenfalls in der Grössenordnung). Die Politiker scheinen wütend und versprechen, die Interessen der Arbeiter zu vertreten. Die rechten Gewerkschaftsführer sind vom ersten Tag an stinksauer und voller Wut, sorgen aber gleichzeitig dafür , dass nicht gestreikt wird.

Denn - das hat sich am Beispiel des selbständigen Streiks von 10 Tagen bei Opel Bochum im Jahr 2005 gezeigt, der Streik mit Werksbesetzung („kein Produkt geht raus“) ist das einzige Mittel mit Aussicht auf Erfolg gegen Arbeitsplatzvernichtung. Das Opel-Werk in Bochum ist bis heute in Funktion, so sehr war allen da oben damals der Schreck in die Glieder gefahren, als die Arbeiter auf Streik entschieden und die Werkstore mit Gabelstaplern blockierten. Hinter den Kulissen wurde auf Hochtouren „Politik gemacht“ und nach 10 Tagen, als der Streik ausgesetzt wurde, war der Schließungsplan schon vom Tisch.

Ein modernes Werk wie das von Opel oder von Nokia in Bochum schafft pro Tag so viel Profit für die Kapitaleigner, dass ein Streik mit Werksbesetzung bereits innerhalb von Tagen weit mehr kostet als man durch die ganze Schließung überhaupt gewinnen kann. Deshalb ist dies Mittel so wirksam.

So lief aber bei Nokia alles ab wie bei AEG in Nürnberg und bei Infineon in München-Perlach. Streik wurde verhindert mit immer neuem „Warten wir erst einmal ab ...“ und am Ende „kämpft“ man um Abfindungen, die bereits am Anfang feststanden. Wie üblich, gibt es bei Nokia eine „Beschäftigungsgesellschaft“, doch die Erfahrungen damit sind nirgends gut. Nur für die wenigsten finden sich neue Arbeitsplätze, speziell die Älteren haben keine Chance.

Manche mögen neidisch auf die Abfindungen sehen. Einige Zig-Tausend Euro scheint eine Menge Geld. Aber die Arbeiter werden bald ernüchtert sein: Die Abfindung wird auf das Arbeitslosengeld im ersten Jahr angerechnet . Am Ende jenes Jahres ist es meist schon verbraucht. Wenn es nicht verbraucht ist, kommt es noch schlimmer, man bekommt nicht einmal Arbeitslosengeld II, denn zuerst muss „Vermögen“ aufgebraucht werden. So stehen fast alle nach eineinhalb Jahren auf blankem Hartz IV. Seit uns der SPD-Senator Sarrazin vorgerechnet hat, von welchem Frass wir leben müssen mit Hartz IV und nur Wasser trinken, weiss auch der letzte, das zahlt nicht einmal das Nötigste.

Hartz-Protest 02

Siehe zu Hartz IV auch die unten aufgeführten Artikel zu diesem Thema.

Und – das wichtigste: Die Arbeitsplätze sind verloren für die Jungen, die sie unbedingt gebraucht hätten. So ist das Gemeinschaftswerk der Bosse, der Politiker, der Medien und der rechten Gewerkschaftführer nicht nur eine sich stets wiederholende Farce, sondern auch ein Verbrechen.

Im Fall Nokia war die Schauspielerei besonders gekonnt inszeniert. Wer auch in der Politik etwas zu sagen hatte, zeigte sich „empört“ und forderte alles mögliche, nur eben keinen Streik. Es wurde sogar einem Boykott der Nokia-Handys das Wort geredet und in einer spekatakulären Aktion eine kleiner Haufen Nokia-Handys zerstört. Alles Inszenierung. Es ging nur darum, vom Streik abzulenken. Auch die Demonstrationen wurden von Politik und Gewerkschaftsführung dirigiert. Niemand durfte sprechen, der eventuell zum Streik hätte aufrufen können. Auch die Lichterkette: Alles, nur nicht Streik.

Die Betriebsratsvorsitzende Achenbach, SPD-Mitglied, machte sich besonders um den Betriebsfrieden verdient. Sie scheuchte Flugblattverteiler am Werkstor eigenhändig weg und beschimpfte sie.“Wir brauchen hier keine MLPD, die ihr Süppchen kochen will“. Die Flugblätter der MLPD hatten den Weg zum Streik dargelegt und die Erfahrungen von Opel berichtet. Wer in Wirklichkeit sein Süppchen kochte, waren die Nokia-Bosse in holder Eintracht mit ihren Lakaien, den Politikern, den Medien und den rechten Gewerkschaftsführern.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung machte diesmal sogar eine Sondereinlage und forderte medienwirksam die Rückzahlung der Subventionen von insgesamt 60 Millionen Euros (aktueller Wert), die man zusammen mit dem Bund aufgebracht hatte. Mancher mag geglaubt haben, unter dieser Drohung würde Nokia eventuell einknicken. Aber man hatte nicht durchschaut: Alles eingeübtes Theater. Man hat sich längst geeinigt, in welchem Rahmen die Firma zu zahlen haben wird an Abfindungen und Rückzahlungen. Doch die Illusion hielt vom Streiken ab.

Dann wird (wie üblich) argumentiert, mit dem Streik würde das Werk nur umso schneller geschlossen, doch die Erfahrungen sprechen das Gegenteil: Es muss unbedingt bis zum letzten Tag voll gearbeitet werden!

Wieder und wieder hämmerten die Medien in die Köpfe der unbedarften Leser und Zuhörer: Das Werk wird nach Rumänien verlagert, dort sind die Löhne niedriger. Aus einem Interview mit dem rumänischen Premier Popescu geht aber u.a. hervor: In Rumänien werden überhaupt nicht die gleichen Produkte hergestellt wie in Bochum.

Es geht Nokia gar nicht um die absolute Höhe der Löhne. Für einen Kapitalisten interessiert nicht, ob die Löhne hoch oder niedrig sind. Für ihn zählt nur, was für ihn dabei herauskommt: Er rechnet mit Lohnstückkosten, das heisst, was pro Euro gezahltem Lohn für ihn dabei an Profit entsteht. Es ist eine Legende, in Deutschland hätten wir hohe Lohnstückkosten. In Europa liegen wir im Mittelfeld mit der starken Tendenz zum unteren Rand. Warum? Deutsche Arbeiter sind extrem effektiv. Das zählt weit mehr als die Stundenlöhne. Dazu sind die Reallöhne in den letzten Jahren gewaltig gesunken.

Lohnstückkosten

Im Vergleich mit Entwicklungsländern (und in diesem Sinne muss Rumänien als Entwicklungsland gelten) sind die Lohnstückkosten in Deutschland meist niedriger oder bestenfalls auf gleicher Höhe, denn dort finden sich nur selten ausgebildete Arbeiter mit einem hohen Verständnisniveau für komplexe Produktionsvorgänge. (Näheres hierzu steht auch im „Dossier Arbeitsplätze und Lohnniveau".)

Die immer wieder wiederholte Behauptung, es würde nach Rumänien verlagert und die angeblich so hohen deutschen Löhne seien der Grund, ist nichts als ein Märchen für Leichtgläubige.

Aber warum wurde dann das Bochumer Werk geschlossen? Nokia macht sich den „Kreislauf der Subventionen“ zu Nutze. Einige nannten das „Karawanenkapitalismus“ oder „Subventionsheuschrecke“ . Von Zeit zu Zeit werden Werke geschlossen, wenn man gerade sowieso hohe Neuinvestitionen für eine neue Produktlinie machen müsste. Man kündigt einfach an einem anderen Ort die Neuinvestitionen an oder sogar ein neues Werk und sahnt dort die Subventionen ab. Näheres zum Subventionskarussel hier.

Die Gesamtinvestitionen für das eigentliche Werk in Bochum (was also nicht mitgenommen werden kann)werden auf 120 Millionen geschätzt und wir haben schon gehört, die Subventionen waren 60 Millionen und zusätzlich ein ungenannter Betrag von der EU. Alles, was beweglich ist, wird Nokia sowieso abtransportieren, die restlichen Investitionen sind also nicht verloren, aber an einem anderen Ort wird man wieder ein Werksgelände geschenkt bekommen, für das eigentliche Werk mehr als die Hälfte durch Subventionen reinholen und dann auch noch Steuerbefreiungen und andere Vergünstigungen bekommen.

So holt man aus den Steuerzahlern das meiste Geld für die eigenen Subventionen heraus und minimisiert bis ins Extremste die Kosten der Produktionswechsel, die gerade bei schnell wechselnden Artikeln wie Handys einen besonders hohen Anteil an den Gesamtkosten haben.

Die Zahlung von Abfindungen und jetzt auch 30 Millionen für neue Arbeitsplätze sind „peanuts“, Kleinigkeiten, die eine Nokia aus der Portokasse zahlt. Dazu kommt, die „neuen Arbeitsplätze“ werden wieder in Form von Subventionen an hoch profitable Konzerne vergeben werden, also die Perpetuierung des Subventionskarussels.

Die Schätzungen eines Fachmannes, den der Autor dazu befragen konnte, sind etwa folgende: Ein modernes Werk mit 2300 Beschäftigen, das zusätzlich noch Modeprodukte produziert wie Handys, schafft um die 10 Millionen Euro Profit am Tag (am Tag!). Hier handelt es sich nicht um den ausgewiesenen Gewinn (der wird nur aus Steuergründen errechnet), sondern um den wirklichen Profit (ein ähnlicher Wert wie jener, den die bürgerlichen Ökonomen „Rohertrag“ zu nennen pflegen). Ein Streik von nur 10 Tagen hätte also um die 100 Millionen Euros Verlust gebracht. Das ist weit mehr, als man nun zahlt und in anderen Werken an Subventionen einstreichen kann.

Man bedenke nur: Land, Bund und EU bezahlten mehr als die Hälfte des Werks und nun kann Nokia es verkaufen und bekommt schon wieder Bares in die Kasse. Am Ende hatte man keinen Heller Kosten für das Werk selbst, nur für die Ausrüstung, die aber mitgenommen wird. So lohnt es sich nicht, lange an einem Standort zu bleiben, man macht den berühmten Reigen: Wandern, wandern, von einem Ort zum andern - - - und an jedem Ort regnet es Subventionen.

Warum extrem profitträchtige Konzerne wie Nokia von unseren Steuergeldern zig Millionen an Subventionen bekommen, das haben die Medien, die „empörten“ Politiker und die „besorgten“ rechten Gewerkschaftführer uns bis heute nicht erklären können.


Veröffentlicht am 22. Mai 2008 in der Berliner Umschau

Originaleröffentlichung


Artikel zur Hartz IV im Blog:

"5 Millionen Arbeitslose einstellen"

"Hartz IV – Berliner Zeitung schert aus dem Chor der Missbrauchsankläger aus"

"Hartz IV – Absurd, absurder, am absurdesten – Das Chaos war geplant!"

"Dossier Hartz IV – Hindernisrennen ins Elend"

"Grundversorgung von 1600 Euro käme billiger als heute."

"Die neuesten Hartz-Sauereien – Das Mass ist voll!"

"Nicht genug zu essen – Hartz IV – Realität in Deutschland 2007"

"19 Fälle – Die Realität von Hartz IV"

"Arbeitslosigkeit ist zum Delikt geworden"

"Hartz IV führt in Obdachlosigkeit"

" Hartz-IV-Empfänger müssen im Dunkeln sitzen, kalt duschen und Wasser trinken "


Zusatz zum Artikel

Ein Satz des Artikels ist missverständlich und soll daher hier klargestellt werden: "So lief aber bei Nokia alles ab wie bei AEG in Nürnberg und bei Infineon in München-Perlach. Streik wurde verhindert..."
Das könnte so verstanden werden, dass auch bei AEG und Infineon nicht gestreikt wurde. Dort wurde aber sehr wohl gestreikt. Allerdings war es bei AEG nur ein Streik um bessere Abfindungen und und nicht verbunden mit Werksbesetzung. Bei Infineon wurde mit brutalen Polizeieinsätzen die Besetzung des Werkes verhindert.

Montag, 19. Mai 2008

'Dieser verdrehte, dumme und unerfreulich gewalttätige Mann'

Robert Fisk: Die Lage im Libanon

Von Karl Weiss

„Wo endet der Wahnsinn?“ ist die neue Kolumne von Robert Fisk im britischen ‚Independent’ überschrieben. Er bezieht sich auf die Berichterstattung über die Vorgänge im Libanon und speziell auf die Politik von George W. Bush. Wenn man wissen will, was im Nahen Osten wirklich vorgeht und nicht von den Nachplapperern der US- und israelischen Meinung getäuscht werden will, kommt nicht darum herum, die Kolumne von Fisk im ‚Independent’ zu lesen.

Robert Fisk

Fisk ist der einzige westliche Journalist im Nahen Osten, der sich nicht hat kaufen lassen und nicht dem US-/Israel-Mainstream seine Opfer in Form von Lügenartikeln darbringt. In dieser Woche nun sagt uns Fisk, was im Libanon vorging. Er sagt, die Regierung war sowieso schon schwach. Nun haben die Hizbollah-Brigaden ein wenig die Muskeln spielen lassen und haben gewonnen. Niemand wollte den fast schon angefangenen Bürgerkrieg weiterführen, denn alle wussten: Die Hizbollah hat gewonnen.

Diese Tatsache haben uns die anderen Quellen vorenthalten.

Es ist nicht so, wie man uns weismachen wollte, es bestünde weiterhin eine Art Doppelherrschaft im Libanon. Die Hizbollah hat gewonnen. Sie wird in Zukunft im Libanon sagen, was geschieht, möge das jemand gefallen oder nicht.

Und wir erfahren noch mehr. Er bezeichnet Bush wegen seiner diesbezüglichen Äußerungen wörtlich als „Dieser verdrehte, dumme und unerfreulich gewalttätige Mann“.

Bush, so berichtet er, habe nämlich genau zu diesem Zeitpunkt bei seinem Nahostbesuch gesagt: „Al Quaida, Hizbollah und Hamas werden verlieren, denn die Muslims der Region erkennen die Inhaltslosigkeit der terroristischen Sicht und die Ungerechtigkeit ihrer Sache.“

Angesichts dieser Aussage fragt Fisk, ob Worte überhaupt noch irgendeinen Sinn haben.

Er sagt: „Al Quaida ist nicht geschlagen. Hizbollah hat gerade ihren Haus-Krieg im Libanon gewonnen, so wie die Hamas schon vorher im Gaza-Streifen.“

Er sagt: „Afghanistan und Irak und Gaza sind Höllen-Desaster“.

Bild des "Berges der nackten Gefangenen"

Fisk Iraq 'Terrorist' 5

Fisk Iraq 'Terrorist' 6

Fisk Iraqi 'Terrorist' 7

Fisk Iraqi 'Terrorist' 8
Diese Bilder von "unschädlich gemachten" jungen "Terroristen" im Irak stammen auch von Robert Fisk. Wer es erträgt, mehr davon zu sehen, kann hier nachsehen: "Ein Weihnachtsartikel"

Er fragt ernsthaft, ob wir uns noch das Gerede von einer angeblichen Demokratie in Israel anhören müssen, wenn es für die Palestinenser keine Demokratie gibt, sondern ihnen weiterhin Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat das Land gestohlen wird, das seit Generationen ihres war.

Palestina land loss

Er betont: Es gibt keinen anderen Verbündeten des US-Imperialismus als Israel im Nahen Osten. Zwar gibt es eine einige Tyrannen dort, die entgegen dem Willen der Bevölkerung eine Allianz mit dem Mörder- und Weltenherrscherregime bevorzugen, wie Ägyptens Mubarak und die Könige von Saudi-Arabien, Marokko und Jordanien, aber wenn dort die Völker Gewicht hätten, würde niemand Verbündeter der USA sein.

Die völlige Zerstückelung des palästinensischen Territoriums wird hier deutlich. Das ist keine Besatzung, das ist Annektion.

Fisk macht deutlich: Der Nächste Präsident des Libanon wird der Armee-General Michel Sleiman sein und der wird keinerlei Krieg gegen die Hizbollah führen, ebensowenig wie sich mit Syrien anlegen. Der Libanon wird sich nicht Bushs „Jihad“ gegen den Welt-Terrorismus anschliessen.

Kurz: Bush ist zwar intim mit Israels Führern, aber er hat nicht die geringste Ahnung vom Nahen Osten. Israel ist da sein einziger Verbündeter und das wird nicht ausreichen.

Bush Deaths

Verdrehter, dummer und unerfreulich gewalttätiger Mann.


Veröffentlicht am 19. Mai 2008 in der Berliner Umschau

Originalveröffentlichung

Samstag, 17. Mai 2008

Amazonas-Urwald zum Abschuss freigegeben

Brasiliens Umweltministerin Marina Silva tritt zurück / Bis zu 40 Prozent des Regenwalds vor Abholzung

Von Karl Weiss, Belo Horizonte

Am vergangenen Dienstag hat die brasilianische Umweltministerin Marina Silva endgültig das Handtuch geworfen und ist zurückgetreten. Jetzt ist der Weg frei, auch noch die letzten Hemmungen abzulegen im Abbrennen und Abholzen des weltgrößen Regenwaldes im Amazonasbecken(„die Lunge der Menschheit“). Der parlamentarische Führer der brasilianischen Grossagrarier hat dies - wenn auch in verschleierter Form – bereits angekündigt.

Amazonas

Die Umwelt-Ministerin Marina Silva war eine der Ikonen der Regierung Lula in Brasilien. Sie kam aus Amazonien, sie war Begleiterin von Chico Mendez in seinem Kampf gegen die Grossagrarier und Holzkonzerne und für die Rechte der Kleinbauern und den Schutz des regenwaldes, bevor er im Auftrag von einem von ihnen ermordet wurde. Sie hat es von einer Analphabetin zu einer gebildeten Ministerin geschafft. Sie schien für die international Umwelt-Bewegten die Garantie zu sein, die Vernichtung des Regenwaldes würde gebremst werden.

Wenn man also später einmal im Rückblick ein Datum festlegen will, wann es endgültig klar wurde, das Ende der Menschheit, wie wir sie kennen, wird nicht mehr aufzuhalten sein, dann könnten einige der wenigen Überlebenden auf die Idee kommen, es könnte der 13. Mai 2008 gewesen sein.

Brasilien: Soja-Pflanzungen auf Regenwald-Gelände

Nach 6 Jahren des Kampfes für diese Ziele (Marina Silva war Umwelt-Ministerin seit dem ersten Amtsantritt Lulas; der Berichterstatter nimmt an, sie habe gekämpft, wirklich zu sehen war von außen nie etwas) und nachdem sie wieder und wieder zwar als Gallionsfigur genutzt wurde, sich aber nie durchsetzen konnte, hat sie nun aufgegeben. Die Wut, mit der sie das Handtuch geworfen hat, kann man an der Art und Weise ablesen, wie sie ihren Rücktritt inszenierte. Sie liess ihr Rücktrittsschreiben im Büro des Präsidenten abgeben, der aber damit beschäftigt war, unserer Merkelin die Aufwartung zu machen und deshalb nicht da war. Gleich danach gab sie eine Presse-Erklärung über ihren Rücktritt heraus und stellte somit sicher, Lula würde durch die Medien davon erfahren.

Nicht dass sich wirklich viel ändern würde mit ihrem Abgang. Auch in diesen 6 Jahren wurde die Vernichtung des Amazonasregenwaldes bereits fast ununterbrochen beschleunigt. Zwar gab es ein Jahr mit einem geringfügigen Rückgang der neu vernichteten Fläche, aber das lag an den extrem niedrigen Agrarpreisen. Jetzt, mit erhöhten Preisen für Soja und Fleisch und mit weiterhin himmelstürmenden Preisen für Tropenholz, sind endgültig alle Dämme gebrochen. Es locken Millionen und Abermillionen von leichten Profiten!

Brasilien (topographisch)

Falls die Ministerin noch ein Hindernis war, so ist auch dies jetzt beseitigt. Der neue Minister Minc hat bereits verlauten lassen, er werde die „Bürokratie“ für Umwelt-Zulassungen verringern. Nachtigall ick hör dir trapsen!

Dass die Ministerin doch noch eine gewissen Barriere darstellte und es nun noch schlimmer wird, geht auch aus einem Interview mit dem brasilianischen Bundestagsabgeordneten Valdir Colatto hervor. Dieser ist der Führer der „Frente Parlamentar da Agropecuária“, das sind die mit den Grossgrundbesitzern verschmurgelten Abgeordneten, etwa ein Drittel des Hauses, quer durch alle Parteien.

Regenwald

Er sagte in bemerkenswerter Offenheit zum Rücktritt, „die Ministerin erlitt die Konsequenzen der Reaktion des ‚produktiven Sektors‘“. Er bezeichnet als ‚produktiver Sektor‘ die Grossgrundbesitzer, die intensive Raubbau-Landwirtschaft betreiben.

Das Banner des Kampfes gegen die Vernichtung des Regenwaldes, so sagt er, sei eine ideologische Position, die lediglich vorgeschoben sei. Das wirkliche Ziel dieser Umweltschützer sei, in einem Land zu leben, in dem es nur Umweltschutz gebe, in dem nicht produziert würde und es überhaupt keine ökonomischen Aktivitäten gäbe.

Regenwald-Abholzung Brasilien

Er weist in dem Interview darauf hin: Es gibt in Brasilien offiziell das Gesetz mit der Nummer 4771, das erlaubt, 40% des Amazonas-Urwaldes zu vernichten. Er sagt, bisher seien erst 7% vernichtet (diese Zahl ist ‚leicht geschönt‘), also seien alle Aktivitäten des Abbrennens und Abholzens erlaubt.

Vom neuen Minister verlangt Colatto: „Er soll die Situation verstehen und die notwendigen Planungen durchführen, damit diese Frage [des Umweltschutzes] nicht auf den Privatbesitzer zurückfällt und den Schlaf derer raubt, die nichts anderes wollen als produzieren und als Gesetzesbrecher dargestellt werden.“
Kurz zusammengefasst: Der Amazonas-Urwald ist zum Abschuss freigegeben.

Alle Experten sind sich einig: Wenn das Amazonasgebiet zu einer Steppe und/oder Wüste geworden ist, gibt es keine Möglichkeit mehr, die Klimakatastrophe aufzuhalten, die dann zur Vernichtung der Menschheit, wie wir sie kennen, führen würde.

Veröffentlicht am 17. Mai 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

Karl Weiss - Journalismus

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